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Grundlagen und Probleme der Personalbedarfsermittlung in Inbound-Call Centern von Stefan Helber und Raik Stolletz * Überblick Call Center sind Dienstleistungsbetriebe, deren Anzahl und Beschäftigten- zahl auf bereits hohem Niveau schnell weiter wächst. Der größte Kostenblock beim Betrieb von Call Centern sind die Personalkosten, so daß einem effizi- enten Personaleinsatz entscheidende Bedeutung zukommt. Die Leistungsprozesse in Call Centern sind durch massive Economies of Sca- le gekennzeichnet, die in der operativen Personalbedarfsrechnung berück- sichtigt werden müssen. Darüber hinaus schwankt das Anrufaufkommen in Call Centern im Tagesablauf oft ganz erheblich, so daß präzise Prognosen für einen effizienten Personaleinsatz erforderlich sind. Anhand von Praxisdaten wird gezeigt, wie solche Prognosen vorgenommen werden können. Die Analyse von Simulationsergebnissen ergibt, daß die in der Praxis einge- setzten Methoden der Personalbedarfsermittlung zum einen zahlreiche fun- damentale Merkmale der Leistungserstellung in realen Call Centern vernach- lässigen. Zum anderen wird deutlich gemacht, daß die Personalbedarfsermitt- lung oft an einer ungeeigneten Zielgröße orientiert ist, die einerseits wenig aussagekräftig und andererseits nur schwer zu bestimmen ist. Stand: 5. Oktober 2001 * Prof. Dr. Stefan Helber, Dipl.-Math.oec. Raik Stolletz, Technische Universität Claus- thal, Institut für Wirtschaftswissenschaft, Abteilung für Betriebswirtschaftslehre und Produktionswirtschaft, Julius-Albert-Str. 2, 38678 Clausthal-Zellerfeld, E-Mail: [email protected] c Stefan Helber und Raik Stolletz

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Grundlagen und Probleme der Personalbedarfsermittlung inInbound-Call Centern

von

Stefan Helber und Raik Stolletz∗

Überblick

• Call Center sind Dienstleistungsbetriebe, deren Anzahl und Beschäftigten-zahl auf bereits hohem Niveau schnell weiter wächst. Der größte Kostenblockbeim Betrieb von Call Centern sind die Personalkosten, so daß einem effizi-enten Personaleinsatz entscheidende Bedeutung zukommt.

• Die Leistungsprozesse in Call Centern sind durch massiveEconomies of Sca-le gekennzeichnet, die in der operativen Personalbedarfsrechnung berück-sichtigt werden müssen. Darüber hinaus schwankt das Anrufaufkommen inCall Centern im Tagesablauf oft ganz erheblich, so daß präzise Prognosen füreinen effizienten Personaleinsatz erforderlich sind. Anhand von Praxisdatenwird gezeigt, wie solche Prognosen vorgenommen werden können.

• Die Analyse von Simulationsergebnissen ergibt, daß die in der Praxis einge-setzten Methoden der Personalbedarfsermittlung zum einen zahlreiche fun-damentale Merkmale der Leistungserstellung in realen Call Centern vernach-lässigen. Zum anderen wird deutlich gemacht, daß die Personalbedarfsermitt-lung oft an einer ungeeigneten Zielgröße orientiert ist, die einerseits wenigaussagekräftig und andererseits nur schwer zu bestimmen ist.

Stand: 5. Oktober 2001

∗Prof. Dr.Stefan Helber, Dipl.-Math.oec.Raik Stolletz, Technische Universität Claus-thal, Institut für Wirtschaftswissenschaft, Abteilung für Betriebswirtschaftslehreund Produktionswirtschaft, Julius-Albert-Str. 2, 38678 Clausthal-Zellerfeld, E-Mail:[email protected]

c©Stefan Helber und Raik Stolletz

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1 Bedeutung und Kostenstruktur von Call Centern

Als Call Centerbezeichnet man Organisationseinheiten, in denen mehrere Mit-

arbeiter zur systematischen Durchführung einer größeren Zahl von Telefongesprä-

chen zusammengezogen werden. Dies geschieht vielfach durch eine räumliche Zu-

sammenfassung in (Großraum-) Büros. Es ist jedoch auch möglich, an verschiede-

nen Orten eingesetzte Mitarbeiter durch Einsatz entsprechender Telekommunika-

tions-Anlagen so zu verbinden, daß sie sowohl aus der Sicht der externen Ge-

sprächspartner als auch aus Sicht des Call Center-Managements als eine Einheit

zu betrachten sind.

Call Center werden im privaten Sektor vielfach im Handel (Telemarketing),

Bankwesen (Direktbanken), Versicherungswesen, der Telekommunikation oder bei

Transportunternehmen (Eisenbahn- und Fluggesellschaften) eingesetzt. Hier wer-

den häufig Aufgaben des Vertriebs und der Kundenbetreuung wahrgenommen. Im

öffentlichen Bereich finden sich Call Center z.B. bei Strom-, Gas- und Wasserver-

sorgern oder großstädtischen Notrufzentralen. Speziell im privaten Sektor stellt das

Call Center zunehmend einen wichtigen Kommunikationskanal zwischen Kunden

und Unternehmen dar und prägt dessen Wahrnehmung des Unternehmens in erheb-

lichem Maße.

Die Anzahl der Call Center steigt in den entwickelten Volkswirtschaften auf

einem bereits hohen Niveau rasch weiter an. Stark unsicherheitsbehaftete Schät-

zungen gehen von ca. 1,5 Millionen Beschäftigten in Call Centern in den U.S.A. im

Jahr 1998 aus, ca. 3% der dortigen Erwerbsbevölkerung (CC (2000)). Für das Jahr

2001 liegt die geschätzte Beschäftigtenzahl (o.V. (2001)) in den ca. 2.900 deutschen

Call Centern bei 265.000 mit einer geschätzten jährlichen Wachstumsrate von 20%

(o.V. (2000b)).

Call Center sind Dienstleistungsbetriebe mit einer hohen Personalintensität. Mit

ihnen kann die Produktion der Dienstleistung räumlich von ihrem Konsum getrennt

werden, sofern die jeweiligen Orte durch hinreichend leistungsfähige Telefonein-

richtungen verknüpft sind. Daher gilt die Ansiedlung von Call Centern speziell in

strukturschwachen Regionen mit einem nur gering ausgeprägten industriellen Kapi-

talstock als attraktive Möglichkeit zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Der damalige

niedersächsische Wirtschaftsminister Peter Fischer bezeichnete Call Center im Jahr

1999 als den „ ... Wachstumsmotor Nr. 1 bei den Arbeitsplätzen“ (Strawe (1999))

und wies darauf hin, daß in Niedersachsen bereits mehr Arbeitskräfte in Call Cen-

tern beschäftigt sind als im traditionellen Schiffsbau.

Aufgrund der hohen Personalintensität hängt der wirtschaftliche Erfolg eines

Call Centers zentral von einem effizienten Personaleinsatz ab. Dies wird durch den

1

Page 3: callcenterbedarfsermittlung_v2

Tabelle 1: Kostenstruktur in Call Centern, Quelle: Henn et al. (1998, S.99)

Personalkosten 61%Ausbildungskosten 4%Raumkosten 6%Telefonkosten 9%I+K-Einrichtung 19%Sonstige 1%

hohen Anteil der Personalkosten von 60% bis 70% (Henn et al. (1998, S.119)) an

den Gesamtkosten eines Call Centers verdeutlicht (siehe Tabelle 1). Werden in ei-

nem Call Center vor allem von außen eingehende Anrufe bearbeitet, so ist der Perso-

naleinsatz durch einen Zielkonflikt zwischen den Personalkosten auf der einen und

den Wartezeiten der Anrufer auf der anderen Seite geprägt. Über diesen Personal-

einsatz muß zeitlich vor der eigentlichen Leistungserstellung entschieden werden,

so daß den Problemen derAnrufprognoseund derWartezeitabschätzungzentrale

Bedeutung zukommt.

Die vorhandeneLiteratur zu Call Centern ist vielfach stark praxisorientiert

(Anton et al. (1999), Hachenberger (1999), Henn et al. (1998), Menzler-Trott (1999),

Thieme und Steffen (1999), Wiencke und Koke (1999)) und stellt für das Call

Center-Management die mit der Einrichtung und dem Betrieb eines Call Centers

verbundenen Probleme und Lösungsmöglichkeiten qualitativ und im Überblick dar.

Hinsichtlich der Leistungsanalyse erfolgt allenfalls der Hinweis, daß dies eine nicht

näher erläuterte “Erlang-C-Formel” in der sog. “Workforce-Management-Software”

erledige. Einen allgemeinen Überblick über die gegenwärtig inDeutschlandbetrie-

benen Call Center gibt die Call Center Benchmark-Studie Deutschland 2000 (o.V.

(2000a)). In der wissenschaftlichen Literatur geben aus produktionswirtschaftlicher

Sicht Grossman et al. (1999) sowie Pinedo et al. (2000) einen Überblick über Tech-

nologien und Planungsansätze für Call Center. Aus Sicht der Organisation und des

Marketing werden Call Center u.a. behandelt von Denger und Wirtz (1999), Hoff-

jan (2000), Link (2000), Meier (1997), Nippa und Hachenberger (1999) sowie in-

nerhalb der Wirtschaftsinformatik von Hampe und Schönert (1997a,b).

Ziel dieses Aufsatzes ist es, die Grundlagen der Ermittlung des Personalbedarfs

für derartige Call Center zu kennzeichnen und aus der Analyse der gegenwärtig

verfügbaren Methoden Ansatzpunkte für praxisgerechtere Verfahren aufzuzeigen.

Dazu werden im zweiten Abschnitt zunächst die wesentlichen Komponenten, Be-

triebsweisen und Prozesse von Call Centern analysiert. Dabei stehen die typischen

Economies of Scalederartiger Dienstleistungssysteme im Vordergrund. Im dritten

Abschnitt werden verschiedene Methoden der Prognose des Anrufaufkommens un-

2

Page 4: callcenterbedarfsermittlung_v2

tersucht. Der vierte Abschnitt ist vor allem den offenen Problemen der Leistungs-

analyse gewidmet und konzentriert sich auf Systeme mit beschränkter Leitungszahl

und ungeduldigen Anrufern.

2 Struktur, Leistungsgrößen und Planungsprobleme von Call Centern

2.1 Aufgaben, Betriebsweisen und Formen

Call Centerwerden eingerichtet, um über einen längeren Zeitraum systematisch

eine größere Anzahl ähnlicher Telefongespräche abwickeln zu können. Durch spe-

zialisierte Mitarbeiter (die sogenannten Agenten) und Telekommunikations (TK)

-Anlagen sollen dabeiEconomies of Scalegenutzt werden können. Wenn die Te-

lefongespräche, wie z.B. bei telefonischen Umfragen, vom Call Center ausgehen,

spricht man vom „Outbound“-Betrieb. Hier stellen die Art, Anzahl und zeitliche

Verteilung der Gespräche Entscheidungsvariablen dar, die vom Management des

Call Centers bestimmt werden können. Im Inbound-Call Center gehen die Anrufe

dagegen von außen ein. In der Praxis finden sich vielfach Mischtypen, bei denen

Agenten je nach Systemlast im In- oder Outbound-Betrieb tätig sind. Dann kön-

nen z.B. Anrufer im Inbound-Betrieb Nachrichten hinterlassen, wenn für sie kein

Agent verfügbar ist. In Phasen eines schwächeren Anrufaufkommens werden diese

zurückgerufen.

Wenn zusätzlich zu den telefonischen Anrufen durch die Agenten auch Brie-

fe, Faxe, E-Mails und andere Internet-basierte Kundenanfragen bearbeitet werden,

spricht man auch von einenCustomer Service Center. Diese Medien erlauben im

Gegensatz zum Telefon eineasynchroneKommunikation. Hier treten noch anspruchs-

vollere Probleme der Personalbedarfsermittlung auf als in “reinen” Inbound-Call

Centern, weil zu der Arbeitslast durch Anrufe nun auch noch die durch “begrenzt

lagerfähige” E-Mails etc. hinzukommt, und weil eine schlechte Erreichbarkeit via

Telefon zu einem erhöhten Aufkommen an E-Mails und Faxen führen kann.

2.2 Komponenten von Call Centern

Neben den Agenten, welche die Telefongespräche führen, stellen Telefonanla-

gen und (zunehmend mit ihnen verknüpfte) Computer sowie die Telefonleitungen

die zentralen Komponenten eines Call Centers dar.

Wesentliche Merkmale derAgenten sind ihre Qualifikation für die verschie-

denen Arten von Anrufen (z.B. Vertrieb, technische Unterstützung etc.) und ihre

zeitlich beschränkte Verfügbarkeit. Hinsichtlich der Qualifikation kann zum einen

berücksichtigt werden, ob ein Agent prinzipiell für eine Tätigkeit qualifiziert ist und

3

Page 5: callcenterbedarfsermittlung_v2

mit welcher Geschwindigkeit er arbeitet.

Die Telefonleitungenkönnen dabei verschiedenen Telefonnummern zugeord-

net sein, wenn etwa ein Call Center im Bereich des Handels für verschiedene Unter-

nehmen eventuell verschiedener Branchen Dienstleistungen der Kundenbetreuung

übernimmt. So kann bereits über die vom Anrufer gewählte Telefonnummer auf die

benötigte Qualifikation des Agenten geschlossen werden. Sind alle Telefonleitun-

gen belegt, so hört ein Anrufer nur das Besetzt-Zeichen und ein Kontakt kommt

(vorerst) nicht zustande.

Bei sich häufig wiederholenden Anliegen der Anrufer (z.B. Abfrage eines Kon-

tostandes) ist es vielfach möglich, den Anrufer (zunächst) lediglich mit einem Com-

puter kommunizieren zu lassen, indem man ihn durch ein Menü von Angeboten

führt („Wenn Sie eine Bestellung aufgeben wollen, dann drücken Sie bitte die Eins.“).

Auch auf diese Weise läßt sich vorab ermitteln, welche Qualifikation (des Agenten)

für die Bearbeitung des Anrufs erforderlich ist. Durch diese alsInteractive Voice

Response(IVR) bezeichnete Technologie können die vergleichsweise teuren Agen-

ten von einfachen Routinetätigkeiten entlastet werden. Hier stellt sich das Problem,

das Menü, dem der Anrufer ausgesetzt wird, so zu strukturieren, daß jeder Anrufer

schnell sein Anliegen durch Spracheingabe oder über die Telefontastatur bekannt-

geben kann, da er sich sonst entscheidet, sofort einen der Agenten zu verlangen und

deren angestrebte Entlastung gerade nicht erreicht wird.

Eine weitere zentrale Komponente eines Call Centers ist dieautomatische An-

rufverteilung (Automatic Call Distribution, ACD). Durch die ACD-Anlage werden

die eingehenden Anrufe ggf. in eine Warteschlange eingestellt und nach festzule-

genden Regeln frei werdenden Agenten zugewiesen. Neben der Verwaltung und

Weiterleitung der wartenden Anrufe wird durch die ACD-Anlage ständig auch eine

Vielzahl von Daten über das Anrufvolumen, Wartezeiten, Bearbeitungszeiten und

Abbruchraten erfaßt, die dem Call Center-Management jederzeit einen Überblick

über den aktuellen Systemzustand geben. Dieser Systemzustand kann sich durch

das zufällige und dynamische Anrufaufkommen und die Schwankungen der Mitar-

beiterverfügbarkeit, etwa durch Pausen oder Besprechungen, schnell ändern. Durch

die Anrufweiterleitung können auch Überlaufregelungen zwischen physisch ge-

trennten Call Centern realisiert werden, so daß diese dem Anrufer wie eine zusam-

mengehörige Einheit erscheinen. Eine weitere wichtige Funktion der ACD-Anlage

ist die Sammlung der Daten für die Prognose der künftigen Anrufströme.

4

Page 6: callcenterbedarfsermittlung_v2

2.3 Wartezeit der Anrufer als Service-Ziel im Inbound Center

Eine wichtige Dimension der Service-Qualität eines Inbound-Call Centers ist

die Wartezeit der Anrufer. Da sowohl die Zeitpunkte der Anrufe als auch die jewei-

lige Gesprächsdauer vorab nicht bekannt sind, lassen sich Wartezeiten der Anrufer

auf freiwerdende Agenten bzw. Leerzeiten der Agenten (d.h. Wartezeiten der Agen-

ten auf Anrufer) grundsätzlich nicht vermeiden. Der Zusammenhang zwischen den

Wartezeiten der Anrufer auf Agenten und der Auslastung der Agenten ist durch

Economies of Scalegeprägt, welche durch ein grundlegendes Modell der Warte-

schlangentheorie verdeutlicht werden können. Dazu bildet man ein Call Center ge-

mäß Abbildung 1 durch einM/M/C-Bediensystem ab. Es wird vielfach auch als

“Erlang-C”-Modell bezeichnet.

Abbildung 1: Modellierung eines Call Centers alsM/M/C-Bediensystem

...

1

2

c

µ

µ

µ

λ Warteraum

...

Agenten

In diesem “Erlang-C”-Modell unterstellt man, daß allec Agenten und ebenso

alle Anrufer jeweilshomogensind. Der “Vorrat” an Anrufern, die Größe des Warte-

raums und die Geduld eines jeden Anrufers wird als unendlich groß angenommen -

wartende Anrufer legen also niemals auf. Die Zwischenankunftszeiten aufeinander-

folgender Anrufe seien exponentialverteilt mit der Rateλ. Die Bearbeitungszeiten

der Agenten seien ebenfalls exponentialverteilt mit der Rateµ. Ein derartiges Sys-

tem ist nur dannstabil, wenn die Ankunftsrate der Anrufeλ strikt kleiner ist als die

kollektive Bearbeitungsrate aller Agenten zusammen, wenn also

λ < cµ (1)

gilt. Definiert man das Arbeitsvolumena = λµ, so ist in einem stabilen System

entsprechend das Arbeitsvolumen kleiner als die Anzahl der Agenten, es gilt also

a < c.

Die Anzahl der Anrufer im System (wartend oder in Bedienung) läßt sich durch

einen sog. Geburts- und Sterbeprozeß gemäß Abbildung 2 modellieren, in dem die

5

Page 7: callcenterbedarfsermittlung_v2

Abbildung 2: Geburts- und Sterbeprozeß

1 2 3 c-1 c c+1 c+2

λ λ λ λ λ λ λ λ

0

λ

µ 2 µ 3 µ ( c -1) µ c µ c µ c µ c µ

...

jeweiligen Raten der Übergänge in benachbarte Zustände an den Pfeilen angegeben

sind. Aus diesem Modell läßt sich ableiten (s. Gross und Harris (1998, S. 69ff.)),

daß die WahrscheinlichkeitP (W ≤ t), daß die WartezeitW nicht größer ist als ein

vorgegebener Wertt, folgendermaßen berechnet werden kann:

P(W ≤ t) = 1− ac

c!

c

c− a

( c−1∑n=0

an

n!+

ac

c!

c

c− a

)−1

e−µ(c−a)t (2)

Diese Gleichung zeigt bereits unmittelbar, daß die Wahrscheinlichkeit geringer

Wartezeiten hoch ist, wenn die Bearbeitungsdauer eines Gespräches niedrig und

entsprechend die Bearbeitungsrateµ hoch ist. Läßt man in einer Grenzbetrachtung

bei gegebener Auslastung eines stabilen Call Centers die mittlere Gesprächsdau-

er gegen Null und damit die Bearbeitungsrate gegen Unendlich gehen, so geht

die Wahrscheinlichkeit gegen Eins, innerhalb einerbeliebigenWartezeitschranke

t einen Agenten zu erreichen:

limµ→∞

= P(W ≤ t) = 1 (3)

Umgekehrt steigen bei gleichem Arbeitsvolumen (und damit gleicher Auslas-

tung eines jeden Agenten) die Wartezeiten der Anrufer bereits dadurch an, daß die

mittlere Gesprächsdauer trotz einer entsprechend geringeren Anzahl an Gesprächen

ansteigt.

Die Gleichung (2) wird in der gegenwärtig in Inbound-Call Centern verwende-

ten Software zur Personalbedarfsermittlung und -einsatzplanung eingesetzt. In der

Praxis gibt man also ein sogenanntes “X/t”-Serviceziel derart vor, daßX Prozent

der Anrufer nicht länger alst Sekunden warten sollen, mithin die entsprechende

WartewahrscheinlichkeitX = P (W ≤ t) betragen soll.

Ein weiteres Wartezeit-bezogenes Servicemaß ist diemittlere Wartezeitder be-

dienten Anrufer. Darüber hinaus sind auch der Anteil der über das Besetzt-Zeichen

blockierten Anrufer, der Anteil der Aufleger und die Auslastung der Agenten wich-

tige Kenngrößen, die zu Zielen der Personaleinsatzplanung erhoben werden können.

6

Page 8: callcenterbedarfsermittlung_v2

2.4 Economies of Scale im Inbound-Call Center

Der Trade-Off zwischen Wartewahrscheinlichkeit und Auslastung der Agenten

läßt sich an den folgenden Beispielen vonM/M/C-Modellen verdeutlichen, in de-

nen immer angenommen sei, daß die durchschnittliche GesprächsdauerTb = 1µ

=

59 Sek betrage und als Serviceziel gefordert sei, daß ein zufällig gewählter Anru-

fer mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% nicht länger als fünf Sekunden warten

soll, bis er einen Agenten erreicht. Für eine gegebene Anzahl an Agenten kann über

Gleichung (2) die Wahrscheinlichkeit eines einzelnen (zufällig gewählten) Anrufers

errechnet werden, nicht länger als fünf Sekunden zu warten. Diese Wahrscheinlich-

keit entspricht auch demAnteil der Anrufer, die nicht länger als fünf Sekunden

warten müssen. Im ersten Beispiel wird in Abbildung 3 ein sehr kleines Call Center

mit nur 30 Anrufen in 30 Minuten untersucht, in dem also die mittlere Zwischenan-

kunftszeit von Anrufen bei 60 Sekunden liegt.

Abbildung 3: Service vs. Agentenzahl im kleinen Call Center

Ein kleines Call Center: 30 Anrufe in 30 Minuten

Anzahl Agenten

0 1 2 3 4 5

Anr

ufer

inne

rhal

b de

s W

arte

zeitl

imits

[%]

0

20

40

60

80

100

In diesem Fall reicht bereits ein Agent aus, um ein stabiles System zu betrei-

ben, die Wartezeiten fast aller Anrufer sind jedoch höher als die angestrebten fünf

Sekunden. Erst wenn manfünf Agenten in dem Call Center einsetzt (ein Zuwachs

um 400%), erreicht man das angestrebte Service-Maß. Dann ist jeder Agent aber

nur zu knapp 20% ausgelastet. Aus ökonomischer Sicht hat man in diesem kleinen

Call Center also die “Wahl” zwischen langen Wartezeiten der Anrufer oder einer

niedrigen Auslastung der Agenten (und damit hohen Personalkosten).

Den anderen Extremfall stellt ein sehr großes Call Center mit 30.000 Anrufen in

30 Minuten dar, wie sie z.B. bei Telefon-Auskunft-Diensten auftreten können. Hier

7

Page 9: callcenterbedarfsermittlung_v2

sind minimal 984 Agenten erforderlich, um gemäß Ungleichung (1) überhaupt das

Arbeitsvolumen bewältigen zu können.

Abbildung 4: Service vs. Agentenzahl im großen Call Center

Ein großes Call Center: 30.000 Anrufe in 30 Minuten

Anzahl Agenten

980 990 1000 1010 1020

Anr

ufer

inne

rhal

b de

s W

arte

zeitl

imits

0

20

40

60

80

100

Die Abbildung 4 verdeutlicht, daß nun gemäß Gleichung (2) bereits 35 zusätzli-

che Agenten (ein Anstieg um 3,6%) ausreichen, um den gewünschten Service hin-

sichtlich der Wartezeiten bieten zu können. Damit sind die Agenten rechnerisch zu

mehr als 95% ausgelastet. In der Realität ist eine derart hohe Auslastung auf Dau-

er nicht praktikabel, weil die Tätigkeit des Telefonieren zu anstrengend ist. Daher

wird man u.U. zusätzliche Agenten einsetzen müssen. Senkt man auf diesem Weg

die Auslastung der Agenten auf ein Niveau, welches diese über mehrere Stunden

durchhalten, so sinken die Wartezeiten gemäß Gleichung (2) noch unter den vorge-

gebenen Grenzwert. Dieses Beispiel zeigt also, daß in einem großen Call Center mit

homogenen Anrufern und Agenten gleichzeitig eine hohe Auslastung und geringe

Wartezeiten erreichbar sind, während dies für kleine Call Center nicht gilt.

Damit gibt es technologisch begründeteEconomies of Scalein Inbound Call

Centern, die den Betreibern großer Call Center Wettbewerbsvorteile verschaffen:

Wenn ein Call Center eine bestimmte Größe erreicht, so läßt es sich gleichzeitig mit

einer hohen Auslastung der Agenten (und entsprechend niedrigen Personalkosten

je Anruf) und mit geringen Wartezeiten der Anrufer betreiben. Welche Größe (oder

welches Arbeitsvolumena) jedoch dazu erforderlich ist, hängt gemäß den Glei-

chungen (2) und (3) auch von der mittleren GesprächsdauerTb = 1µ

ab: Je länger

die mittlere Gesprächsdauer ist, desto größer sind bei gleichem Arbeitsvolumen die

Wartezeiten der Anrufer.

8

Page 10: callcenterbedarfsermittlung_v2

2.5 Operative Personalplanung im Inbound-Call Center im Überblick.

Die operative Personalbedarfsermittlung und -einsatzplanung erfolgt in der Re-

gel in den folgenden drei Schritten:

1. Prognose des Anrufaufkommens je Zeitabschnitt (Woche, Tag, Halb- oder

Viertelstundenintervall)

2. Ermittlung der erforderlichen Zahl von Agenten je Zeitintervall (Leistungs-

analyse) für einen vorgegebenen Servicegrad hinsichtlich der Wartezeit

3. Zeitliche Einplanung der Mitarbeiter (oder zeitliche Einplanung “anonymer”

Schichten mit anschließender Zuordnung der Mitarbeiter zu den Schichten)

An die Personaleinsatzplanung im Schritt 3 schließt sich noch eine Echt-Zeit-

Steuerung an, in der in Abhängigkeit des aktuellen Systemzustandes z.B. die Toi-

lettenpausen der Agenten, Besprechungen oder Trainingsmaßnahmen zeitlich fest-

gelegt werden.

Innerhalb der operativen Personalbedarfsermittlung und -einsatzplanung wird

auf unterschiedlichen Aggregationsgraden mit unterschiedlichen Planungshorizon-

ten gearbeitet. Auf der detailliertesten Planungsebene wird für die einzelnen Halb-

oder Viertelstundenintervalle der kommenden Wochen die Anzahl der benötigten

Agenten ermittelt und eingeplant. Dabei ist ein erhebliches Datenvolumen zu ver-

arbeiten, so daß die Planung nur rechnergestützt durchgeführt werden kann. Die

hier betrachtete Personalbedarfsermittlung betrifft die ersten beiden Schritte, die im

folgenden näher untersucht werden.

3 Prognose des Anrufaufkommens je Zeitabschnitt

Das Anrufaufkommen in Inbound-Call Centern schwankt zeitlich vielfach sehr

stark, so daß das Beispiel des Auskunftsdienstes der Telegate AG, München, für die

Woche vom 2.-8.11.1998 in Abbildung 5 als typisch gelten kann.

Während der fünf Wochentage von Montag bis Freitag ist das Anrufaufkommen

deutlich höher als am Wochenende. Innerhalb eines jeden Wochentages ist die Mit-

tagspause deutlich als temporärer Rückgang des Anrufaufkommens zu identifizie-

ren, dem nachmittags ein weiterer Anstieg folgt. Bemerkenswert ist vor allem der

starke Anstieg der Anruferzahlen am Vormittag, durch den die mittlere Anrufrate

aufeinanderfolgender Halbstundenintervalle durchaus um mehrere hundert Prozent

zunehmen kann. Aufgrund dieser starken Dynamik muß auch die Prognose des An-

rufaufkommens auf Basis kleiner Zeitabschnitte von 15 oder 30 Minuten erfolgen,

9

Page 11: callcenterbedarfsermittlung_v2

Abbildung 5: Anrufaufkommen und Prognose in Halbstundenintervallen

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

14000

16000

18000

20000

0:00 12:00 0:00 12:00 0:00 12:00 0:00 12:00 0:00 12:00 0:00 12:00 0:00 12:00

Zeit

be

ob

ac

hte

teu

nd

pro

gn

os

tizie

rte

An

rufe

beobachtete Anrufe ARIMA(0,0,1)(0,1,1)^336 Mittelwerte Exponentielle Glättung 1. Ordnung

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

und zwar über einen Zeitraum von ggf. mehreren Wochen. Dies macht deutlich, daß

der Prognoseaufwand erheblich ist.

Eine einfache und technisch problemlose Möglichkeit der Prognose besteht dar-

in, über Mittelwerte oder Verfahren der exponentiellen Glättung jeweils die korre-

spondierenden Halbstunden-Intervalle der vergangenen Wochen heranzuziehen, al-

so die Prognose für den Zeitraum von 10:00 Uhr bis 10:30 des kommenden Montags

auf Basis der entsprechenden Zeiträume der vergangenen Wochen durchzuführen.

Ausgefeiltere Prognoseverfahren auf Grundlage von ARIMA-Modellen (vgl. Box

et al. (1994)) führen zu deutlich besseren Ergebnissen.

Einen ersten Eindruck von der erreichbaren Prognosegenauigkeit vermittelt Ab-

bildung 5. Die Abbildung zeigt, daß ein Verfahren der exponentiellen Glättung und

auch das ARIMA-Modell zu einer besseren Prognose führen als die Verwendung

von Mittelwerten. Das ist darauf zurückzuführen, daß in der Zeitreihe ein leicht an-

steigender Trend enthalten ist, was vor allem bei der Prognose auf Basis von Mittel-

werten über ein ganzes Jahr zu einer starken Unterschätzung des Anrufaufkommens

führt.

Die Verwendung von ARIMA-Modellen zur Prognose des Anrufvolumens ist

auch insofern attraktiv, als diese Modelle in einer systematischen Weise um die

Berücksichtigung von Ausreißern in den Daten oder um exogene Einflüsse wie z.B.

Feiertage, Werbekampagnen o.ä. erweitert werden können.

In einer umfassenden experimentellen Untersuchung (Hauenschild (2000)) wur-

10

Page 12: callcenterbedarfsermittlung_v2

den verschiedene Prognoseverfahren anhand realer Daten aus den Call Centern der

Telegate AG aus den Jahren 1998 und 1999 getestet. Dazu wurden die Prognose-

modelle zunächst mit den Beobachtungswerten vom 1.10.1998 bis zum 31.9.1999

“gefüttert”. Dies waren365 · 48 = 17520 Beobachtungswerte, weil die Call Center

durchgehend betrieben wurden und die Daten auf 30-Minuten-Basis erfaßt wur-

den. Anschließend wurde für einen Zeitraum von fünf Wochen eine Prognose auf

Halbstunden-Basis erstellt, also über5 · 7 · 48 = 1680 zukünftige Halbstunden-

Intervalle. Die Prognosen für die erste Woche wurden als Planungsvorlauf ignoriert,

während für die Ergebnisse der verbleibenden 1344 Halbstunden-Intervalle durch

den Vergleich von prognostizierten und tatsächlich realisierten Daten die Ex-Post-

Prognosefehleret ermittelt wurden. Als aggregiertes Fehlermaß wurde dann der

root mean square error (RMSE)gemäß

RMSE =

√√√√ 1

1344

1344∑t=1

e2t (4)

für die verschiedenen Prognoseverfahren berechnet. Die untersuchten Prognosever-

fahren gliedern sich in zwei Gruppen. In der ersten Gruppe wurde explizit berück-

sichtigt, ob ein bestimmter Tag ein Feiertag war oder nicht. Dies gilt für die Progno-

se durch Mittelwerte, Exponentielle Glättungen erster und zweiter Ordnung und ein

Modell der Struktur ARIMA(0, 0, 0)(0, 1, 2)336, in welchem über Interventionen-

Variablen die Feiertage abgebildet werden konnten. In der zweiten Gruppe von Ver-

fahren wurden Feiertagenicht berücksichtigt. Hier wurde zur Prognose zum einen

ein in Glaser (1999) entwickeltes Neuronales Netz und zum anderen das Modell

ARIMA (0, 0, 0)(0, 1, 2)336 ohne Interventionen-Variablen eingesetzt.

Die Abbildung 6 (Hauenschild (2000, S. 117)) stellt die Ergebnisse für die ver-

schiedenen Verfahren gegenüber. Die Prognose auf Basis von Mittelwerten führt zu

den größten Prognosefehlern. Nur unwesentlich aufwendiger ist die Prognose auf

Basis einer exponentiellen Glättung erster Ordnung (hier mit einem Glättungsfaktor

von 0,3), die jedoch einen wesentlich geringeren Prognosefehler ergibt. Die Zeitrei-

he enthält zwar insgesamt einen leicht ansteigenden Trend, aber dennoch konn-

te die exponentielle Glättung zweiter Ordnung keine besseren Ergebnisse liefern

als die erster Ordnung. Die deutlich höchste Prognosegüte erreicht man mit einem

ARIMA-Modell, in welchem die Feiertage über Interventionen-Variablen berück-

sichtigt werden. Verzichtet man auf die Berücksichtigung der Feiertage, so liefern

sowohl das Neuronale Netz als auch das ARIMA-Modell immer noch bessere Er-

gebnisse als die Prognose auf Basis von Mittelwerten unter Berücksichtigung der

Feiertage. Diese Verfahren erfordern jedoch einen erheblich größeren Aufwand als

11

Page 13: callcenterbedarfsermittlung_v2

Abbildung 6: Prognosefehler verschiedener Prognoseverfahren

Prognosefehler RMSE0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800

ARIMA

Neuron. Netz

ARIMA/Feier

ExpGl. 2. Ord.

ExpGl. 1. Ord.

Mittelwert

Feiertage berücksichtigt

Feiertage nicht berücksichtigt

die hier vergleichsweise leistungsfähige Exponentielle Glättung erster Ordnung.

4 Leistungsanalyse für realitätsnahe Call Center-Konfigurationen

4.1 Probleme der Verwendung des “Erlang-C”-Modells

Die Anzahl der benötigten Agenten je Zeitabschnitt hängt ab von dem prognos-

tizierten Anrufaufkommen, der Gesprächsdauer und dem angestrebten Serviceziel.

In der Praxis ermittelt man diese vielfach durch das in Abschnitt 2.3 vorgestell-

te M/M/C- (oder Erlang-C-) Modell über Gleichung (2). Die Annahmen dieses

Modells sind jedoch in der Realität vielfach nicht erfüllt, so daß sich im Ergebnis

andere als die geplanten Systemzustände ergeben. Kritisch sind insbesondere die

folgenden Punkte:

1. Dynamische Ankunftsraten: In der Planung wird die prognostizierte Zahl

von Anrufen je 30-Minuten-Intervall als Rate der Ankünfte im jeweiligen

Zeitabschnitt verwendet. In demM/M/C-Modell geht man dabei davon aus,

daß zwar die Zwischenankunftszeiten exponentialverteilt sind, daß sich aber

i) die (mittlere) Rate der Ankünfte innerhalb des 30-Minuten-Intervalls nicht

ändert und daß ii) das Bediensystem einen eingeschwungenen Zustand er-

reicht hat, in welchem sich die Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen Sys-

temzustände nicht ändern. In einem realen Call Center ist jedoch die An-

kunftsrate auch innerhalb eines Halb-Stundenintervalls zeitvariant, so daß das

System den unterstellten eingeschwungenen Zustandnicht erreicht. Damit

12

Page 14: callcenterbedarfsermittlung_v2

hängt die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Wartezeit von der (Uhr-)Zeit ab,

und man kann allenfalls anstreben, über dieM/M/C-Formel Schranken die-

ser zeitvarianten Wartezeit einzuhalten (Green und Kolesar (1991, 1997)).

2. Endliche Geduld der Anrufer: Das M/M/C-Modell beruht auf der An-

nahme, daß jeder Anrufer so lange wartet, bis er von einem Agenten bedient

wird. In einem realen Call Center dagegen legt ein Teil der Anrufer bereits

dann auf, wenn er nicht sofort bedient wird, und ein anderer Teil, nachdem er

eine gewisse Zeit gewartet hat ohne bedient zu werden. Dieses Problem tritt

insbesondere bei kleinen und mittleren Call Centern oder solchen mit lan-

gen Gesprächsdauern auf und führt zu einer erheblichen Überschätzung der

Wartezeiten jener Anrufer, welche tatsächlich bedient werden. Mit derartigen

Problemen beschäftigen sich Boxma und Waal (1994), Garnett et al. (1999)

sowie Whitt (1999a,b).

3. Endlicher Warteraum: In realen Call Centern ist die Anzahl der Telefon-

leitungen begrenzt und damit auch die Anzahl an Anrufern, die gleichzeitig

im System sein können (wartend oder in Bearbeitung). DasM/M/C-Modell

geht dagegen von einem unendlichen Warteraum aus und führt insbesondere

bei kleinen Call Centern zu einer gravierenden Fehleinschätzung der Leis-

tungsgrößen.

4. Heterogene Anrufer- und Agentengruppen:In realen Call Centern können

die Anrufer im Gegensatz zu den Annahmen desM/M/C-Modells hetero-

gen sein. Zwar fragen sie im einfachsten Fall bei den Agenten die gleichen

Leistungen nach, unterscheiden sich aber durch unterschiedliche Prioritäten,

die ihnen zugewiesen werden. In einem derartigen Fall wird man bestrebt

sein, jeder Prioritätsgruppe einen vorgegebenen Service zu bieten, ohne daß

dies durch das Erlang-C-Modell oder die in der Praxis eingesetzte Softwa-

re zur Personalbedarfsrechnung unterstützt wird. (Zur simulativen Analyse

eines derartigen Falls vgl. Saltzman und Mehrotra (2000)). Vielfach sind je-

doch die Anliegen der Anrufer so unterschiedlich, daß nur bestimmte Agen-

ten(gruppen) die Qualifikation zur Bearbeitung der Anrufe haben. In diesem

Fall hängt der Vektor der Servicemaße für die verschiedenen Anrufergruppen

ab vom Vektor der Anzahl eingesetzter Agenten über die durch die Qualifika-

tion definierten Agentengruppen. Erste Modelle werden in Shumsky (1999)

sowie Pinker und Shumsky (1999) beschrieben.

Die genannten Problemaspekte realer Inbound-Call Center können z.T. auch in

Kombination auftreten und eröffnen damit ein an Problemen reiches Forschungs-

13

Page 15: callcenterbedarfsermittlung_v2

feld von hoher praktischer Relevanz. Im folgenden wird anhand von Simulationser-

gebnissen hypothetischer Call Center gezeigt, welche Fehleinschätzungen aus der

Verwendung des in der Praxis vielfach eingesetzten Verfahrens resultieren können.

Die Simulationen wurden mit Call$im/Arena durchgeführt, die Simulationsergeb-

nisse stellen jeweils die Mittelwerte der betrachteten Größen sowie deren 95%-

Konfidenzintervalle dar.

4.2 Endliche Geduld der Anrufer und endliche Leitungskapazität

Zunächst wird ein Call Center untersucht, in welchem im Mittel 10 Anrufe

pro Minute eingehen und die mittlere Anrufdauer 59 Sekunden beträgt. Die Zwi-

schenankunftszeiten und die Bearbeitungszeiten sind exponentialverteilt und von-

einander unabhängig. Insgesamt verfügt das Call Center über 30 Telefonleitungen.

Der virtuelle Warteraum ist damit im Gegensatz zu den Annahmen des Erlang-C-

Modells begrenzt. Die Anrufer wie auch die Agenten sind hinsichtlich ihrer Anlie-

gen bzw. Fähigkeiten homogen. Der wartezeitbezogene Service wird wieder über

den Anteil der Anrufer ausgedrückt, die nicht länger als fünf Sekunden auf einen

Agenten warten müssen. Die entspricht der Wahrscheinlichkeit eines zufällig ge-

wählten Anrufers, innerhalb von fünf Sekunden einen Agenten zu erreichen.

Abbildung 7: Servicelevel in Abhängigkeit der Agentenzahl

0

20

40

60

80

100

0 5 10 15 20

Ant

eil i

m S

ervi

cezi

el [%

]

Agenten [Anzahl]

Bed. Anrufe (U)Alle Anrufe (U)

Bed. Anrufe (G)Alle Anrufe (G)

Erlang-C

In Abbildung 7 werden Simulationsergebnisse für den Fall ungeduldiger (U)

und den Fall geduldiger (G) Kunden verglichen mit den Ergebnissen des Erlang-C-

Modells über Gleichung (2). Aus Sicht desM/M/C- bzw. Erlang-C-Modells sind

mindestens 10 Agenten erforderlich, damit das System gemäß Gleichung (1) stabil

ist. Bei nur 10 Agenten würden aber nach diesem Modell nur gut sieben Prozent der

14

Page 16: callcenterbedarfsermittlung_v2

Anrufer innerhalb von fünf Sekunden bedient.

Im Fall der ungeduldigen Anrufer wird im Gegensatz zu den Annahmen des

Erlang-C-Modells unterstellt, daß die Anrufer durch eine exponentialverteilte War-

tezeittoleranz gekennzeichnet sind. Wenn die tatsächliche Wartezeit die Wartezeit-

toleranz von im Mittel 10 Sekunden erreicht hat, dann legt der Anrufer auf und ver-

schwindet aus dem System. Jeder wartende Anrufer, der vor dem Erreichen eines

Agenten auflegt, verkürzt die Wartezeiten der anderen Anrufer, die hinter ihm in der

Warteschlange stehen undnichtauflegen. Allerdings blockiert er in der Zeit bis zum

Erreichen seiner individuellen Wartezeittoleranz eine Telefonleitung, so daß andere

Anrufer (mit u.U. größerer Geduld) möglicherweise das Besetzt-Zeichen hören und

nicht in das System hineinkommen.

Aufgrund der endlichen Leitungskapazität kann die Anruferzahl in einem rea-

len Call auch dann nicht überlaufen, wenn die Anzahlc der eingesetzten Agenten

kleiner ist als das in “Erlangs” angegebene Arbeitsvolumena. Aus diesem Grund

ist in Abbildung 7 auch der simulierte Service für weniger als 10 Agenten angege-

ben. Entscheidend ist hier, ob man die Anzahl der rechtzeitig bedienten Anrufer auf

die Anzahl der bedienten Anrufer oder die Gesamtzahl aller Anrufer bezieht. Die

Abbildung 7 zeigt, daß im Fall (U) der ungeduldigen Anrufer der Service der tat-

sächlichbedientenKunden sehr viel besser ist als dies durch dasM/M/C-Modell

prognostiziert wird. Beim Einsatz von 10 Agenten müssen ca. 75% der Anrufer we-

niger als fünf Sekunden warten, während das Erlang-C-Modell dies nur für 7% der

Anrufer prognostiziert. Dieses extreme Beispiel zeigt, daß man grundsätzlich die

Ungeduld der Anrufer berücksichtigen muß und daß die Planung auf der Grundlage

des Erlang-C-Modells einen effizienten Personaleinsatz verhindern kann.

Abbildung 8: Mittlere Wartezeit in Abhängigkeit der Agentenzahl

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

0 5 10 15 20

Mitt

lere

War

teze

it [M

inut

en]

Agenten [Anzahl]

Erlang-CBed. Anrufe (G)Bed. Anrufe (U)

15

Page 17: callcenterbedarfsermittlung_v2

Abbildung 9: Blockieren und Auflegen in Abhängigkeit der Agentenzahl

0

20

40

60

80

100

0 5 10 15 20

[%]

Agenten [Anzahl]

Blockiert (G)Blockiert (U)

Aufgelegt (U)

Abbildung 10: Auslastung in Abhängigkeit der Agentenzahl

50

60

70

80

90

100

0 5 10 15 20

Aus

last

ung

der A

gent

en [%

]

Agenten [Anzahl]

Erlang-CGeduldige Anrufer

Ungeduldige Anrufer

In Abbildung 8 wird die mittlere Wartezeit derjenigen Anrufer dargestellt, die

tatsächlich bedient werden. Auch dieses Servicemaß wird insbesondere bei kleiner

Agentenzahl über das Erlang-C-Modell vollkommen falsch eingeschätzt.

Aus der Abbildung 9 erkennt man, daß im Fall (G) der geduldigen Anrufer bei

geringer Agentenzahl ein erheblicher Teil der Anrufer abgewiesen wird. Diejenigen

Anrufer, die in das System hineingelassen werden, erfahren erhebliche Wartezeiten.

Sind dagegen die Anrufer ungeduldig, so werden praktisch alle zunächst in das

System eingelassen, ein großer Teil legt jedoch bei geringer Agentenzahl wieder

auf. Setzt man z.B. nur vier Agenten ein, so werden gemäß Abbildung 7 knapp

30% aller ungeduldigen Anrufer innerhalb von fünf Sekunden von einem Agenten

16

Page 18: callcenterbedarfsermittlung_v2

bedient, 60% der Anrufer legen jedoch gemäß Abbildung 9 auf, bevor sie einen

Agenten erreichen.

In Abbildung 10 wird die Auslastung der Agenten angegeben. Man erkennt, daß

die Auslastung insbesondere dann durch das Erlang-C-Modell überschätzt wird,

wenn die Anrufer ungeduldig sind. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn so viele

Agenten eingesetzt werden, daß es kaum noch zu Wartezeiten kommt. Dies kann

aufgrund der in Abschnitt 2.4 beschriebenen Größendegressionseffekte insbeson-

dere bei großen Call Centern der Fall sein.

4.3 Premium- vs. Standard-Kunden

Es kann der Fall auftreten, daß zwar die Agenten homogen sind, sich aber die

Anrufer in zwei (oder mehr) Gruppen aufteilen lassen und einer der beiden Anru-

fergruppen Priorität gegenüber der anderen Gruppe eingeräumt wird. Dies können

z.B. Premium-Kunden seien, die einen Aufpreis für besonders schnelle Bedienung

zahlen oder dgl. mehr.

Abbildung 11: Struktur eines Call Centers mit Premium-Service

c

λ A

λ Β

µ

In Abbildung 11 ist die Struktur eines solchen Call Centers angedeutet. Es sei

wieder angenommen, daß 10 Anrufe pro Minute eingehen und jeder im Mittel1µ

=

59 Sekunden dauert. Alle Anrufer seien unendlich geduldig. Im Call Center arbeiten

11 Agenten, so daß das Call Center auf lange Sicht nicht überlaufen kann. Zunächst

wird unterstellt, daß es 1000 Leitungen für Premium- und weitere 1000 Leitungen

für Standard-Anrufer gibt. In der Simulation trat für diese Konfiguration kein Blo-

ckieren mehr auf und alle Anrufer wurden letztlich bedient. Nun wird zunächst in

Abbildung 12 untersucht, welchen Einfluß der Anteil der Premium-Kunden an der

Gesamtzahl von Anrufern auf den Anteil der innerhalb von fünf Sekunden bedien-

ten Kunden hat.

17

Page 19: callcenterbedarfsermittlung_v2

Abbildung 12: Anteil der rechtzeitig bedienten Kunden (1000 Leitungen je Gruppe)

0

20

40

60

80

100

0 20 40 60 80 100

Ant

eil i

m S

ervi

cezi

el [%

]

Anteil Premium-Kunden [%]

StandardPremium

Erwartungsgemäß ist der Service der Premium-Kunden besser als jener der

Standard-Kunden. Der Vorteil wird jedoch um so geringer, je größer der Anteil

der Premium-Kunden an der Gesamtzahl an Anrufern ist. Darüber hinaus zeigt

sich jedoch ein möglicherweise kontraintuitives Ergebnis: Der Anteil der Standard-

Kunden, die innerhalb von fünf Sekunden bedient werden, geht mit steigendem

Anteil an Premium-Kunden kaum zurück. Dies könnte zu der Einschätzung führen,

daß die Wartezeit der Standard-Kunden nur unwesentlich vom Anteil der Premium-

Kunden abhängt. Tatsächlich hängt diemittlereWartezeit der Standard-Kunden sehr

wohl vom Anteil der Premium-Kunden ab.

Betrachtet man in Abbildung 13 statt desAnteils der rechtzeitig bedienten An-

rufer die Wartezeit aller bedienten Anrufer, so zeigt sich daher ein ganz anderes

Bild: Mit steigendem Anteil an Premium-Kunden steigt die mittlere Wartezeit der

Standard-Kunden deutlich an. Zusammen mit dem - dennoch korrekten - Ergebnis

in Abbildung 12 bedeutet dies, daß sich bei größer werdendem Anteil von Premium-

Kunden im System ein etwa konstanter Anteil von Standard-Kunden auf immer

längere Wartezeiten einstellen muß. Es ändert sich also die Form der Wahrschein-

lichkeitsverteilung der Wartezeiten der Standard-Kunden.

Dieses Ergebnis ist unmittelbar managementrelevant, denn es zeigt, daß die in

der Praxis vorgenommene Personalbedarfsermittlung auf Basis der Wahrscheinlich-

keit, nicht länger alst Sekunden zu warten, eine zumindest problematische Zielset-

zung ist: Die Wartezeit derjenigen Anrufer, dielänger als die vorgegebene Zeit-

spanne warten, wird bei diesem Service-Maßnicht berücksichtigt. Mit diesem Maß

wird lediglich eineinziger Punktder Verteilung der Wartezeiten zur Leistungsana-

18

Page 20: callcenterbedarfsermittlung_v2

Abbildung 13: Mittlere Wartezeiten (1000 Leitungen je Gruppe)

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

4

0 20 40 60 80 100

Mitt

lere

War

teze

it [M

inut

en]

Anteil Premium-Kunden [%]

StandardPremium

lyse herangezogen. Betrachtet man dagegen diemittlere Wartezeit, so fließt in die-

ses aggregierte Maß dasgesamte Wissenüber die Verteilung der Wartezeiten ein.

Dieser Befund erstaunt umso mehr, als sich die mittlere Wartezeit über das Gesetz

von Little unmittelbar aus dem i.d.R. vergleichsweise leicht zu ermittelndem mitt-

leren Bestand errechnen läßt, während die Verteilung der Wartezeit i.d.R. ungleich

aufwendiger zu ermitteln ist. Es erscheint also zweckmäßiger, die Personalbedarfs-

ermittlung auf der Basismittlerer Wartezeiten vorzunehmen.

Auch im Fall von Systemen mit Premium- vs. Standard-Anrufern ist es instruk-

tiv, den Einfluß einer endlichen Anzahl von Telefonleitungen zu studieren. Im Ge-

gensatz zu den bisherigen Annahmen in diesem Abschnitt sei unterstellt, daß nun

für Premium- wie für Standard-Kunden statt 1000 Leitungen nur 15 zur Verfügung

stehen.

In Abbildung 14 wird für beide Gruppen der Anteil der rechtzeitig bedienten

Kunden angegeben und in Abbildung 15 jeweils die mittlere Wartezeit. Hier zeigt

sich zum einen der bereits aus Abschnitt 4.2 bekannte Effekt der geringen Anzahl

an Telefonleitungen: Bei nur 15 Leitungen je Anrufergruppe wird ein Teil der An-

rufer abgewiesen. Dies reduziert die Last im System und verbessert den Service der

anderen, die in das System eingelassen wurden.

In diesem Beispiel tritt jedoch noch ein anderer interessanter Effekt auf: Ab

einem Anteil von ca. 70% an Premium-Anrufernsteigtder Service derbedienten

Anrufer wieder! Dies ist darauf zurückzuführen, daß aufgrund der festen Anzahl

von 15 Leitungen und der ebenfalls festen Gesamtzahl an Anrufern für jede Gruppe

mit zunehmender Zahl an Premium-Kunden immer mehr Premium-Kunden blo-

ckiert werden, während dies für die Standard-Kunden in immer geringerem Maße

19

Page 21: callcenterbedarfsermittlung_v2

Abbildung 14: Anteil der rechtzeitig bedienten Kunden (15 Leitungen je Gruppe)

0

20

40

60

80

100

0 20 40 60 80 100

Ant

eil i

m S

ervi

cezi

el [%

]

Anteil Premium-Kunden [%]

StandardPremium

Abbildung 15: Mittlere Wartezeiten (15 Leitungen je Gruppe)

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

0 20 40 60 80 100

Mitt

lere

War

teze

it [M

inut

en]

Anteil Premium-Kunden [%]

StandardPremium

der Fall ist. In der Folge reduziert sich die Last im System und die Wartezeiten

sinken für diejenigen Kunden, die überhaupt in das System Einlaß finden. Diese

“Verbesserung” bezieht sich also nur auf diejenigen Anrufer, die überhaupt bear-

beitet werden, und sie spiegelt nicht den Service-Eindruck derjenigen wieder, die

sofort vom System abgewiesen werden.

5 Fazit

Die Dienstleistungsproduktion in Inbound-Call Centern ist durch dynamische

und stochastische Anrufeingänge und stochastische Bearbeitungsprozesse gekenn-

20

Page 22: callcenterbedarfsermittlung_v2

zeichnet. Für die operative Personalbedarfsrechnung sind zum einen leistungsfä-

hige Prognoseverfahren erforderlich und zum anderen flexible Verfahren zur Be-

rechnung der Wartezeit in Abhängigkeit der Anzahl eingesetzter Agenten. Einfache

warteschlangentheoretische Ergebnisse des “Erlang-C”-Modells geben zwar einen

ersten Einblick in die erheblichenEconomies of Scaledieser Dienstleistungspro-

duktion, können aber zur Quantifizierung der Wartezeiten bei vielen praktisch re-

levanten Call Center-Konfigurationen nicht eingesetzt werden. In realen Inbound-

Call Centern ist die Anzahl der Telefonleitungen ebenso begrenzt wie die Geduld

der Anrufer. Darüber hinaus können sowohl die Anrufer als auch die Agenten hete-

rogen sein in bezug auf ihre Anforderungen bzw. Qualifikationen. All dies wird in

der derzeit gängigen Software zur Personalbedarfsermittlung und -einsatzplanung

nicht berücksichtigt und kann dazu führen, daß man sowohl zuviel als auch zu-

wenig Personal einsetzt. Insbesondere die in der Praxis vorzufindende Zielsetzung,

einen bestimmte Anteil der Anrufer innerhalb eine bestimmten Wartezeitschranke

anzunehmen, erscheint wenig zweckmäßig. Einerseits muß man für eine derart ori-

entierte Personalbedarfsermittlung die gesamte Wahrscheinlichkeitsverteilung der

Wartezeiten ermitteln, und dies kann für reale Call Center methodisch außerordent-

lich anspruchsvoll sein. Andererseits bleibt bei diesem Serviceziel unklar, wie lange

diejenigen Anrufer gewartet haben, dieirgendwanninnerhalb der Wartezeitschran-

ke bedient wurden. Dies gilt analog auch für die Anrufer, die länger als die vorgege-

bene Wartezeit warten mußten. Orientiert man dagegen den Personalbedarf an der

mittleren Wartezeitaller Anrufer, so bekommt man zum einen einen besseren Ein-

druck vominsgesamtgebotenen Wartezeit-bezogenen Service. Dieses Servicemaß

ist dazu auch noch leichter zu berechnen. Aus diesen Gründen benötigt man einen

Satz an Modellen der Leistungsanalyse, in denen die genannten Problemaspekte

aufgegriffen werden.

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24

Page 26: callcenterbedarfsermittlung_v2

Zusammenfassung

Call Center sind volkswirtschaftlich wichtige Dienstleistungsbetriebe, bei de-

ren Betrieb einem effizienten Personaleinsatz entscheidende Bedeutung zukommt.

Die Wartezeiten der Anrufer in Inbound-Call Centern hängen in nicht-linearer Wei-

se von der Anzahl eingesetzter Agenten ab. Deren Anzahl muß dem im Tagesab-

lauf dynamisch schwankenden Anrufaufkommen folgen. Simulationsuntersuchun-

gen zeigen, daß bei der Ermittlung des Personalbedarfs Aspekte wie die der be-

grenzten Geduld der Anrufer oder der beschränkten Leitungskapazität berücksich-

tigt werden müssen, wenn ein effizienter Personaleinsatz erreicht werden soll.

Summary

Call Centers are an economically important type of service operation. Efficient

workforce scheduling is crucial to offer limited waiting times to customers at mode-

rate labor costs. The number of incoming calls per time unit is extremely dynamic

and the relationship between the number of agents and the customer’s waiting ti-

mes is non-linear. Simulation studies show how the impatience of customers and

the limited number of phone lines affect the performance of a call center. These

phenomena need to be considered in the operation of call centers.

25