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IMPULSE Centre for Sustainability Management (CSM) www.leuphana.de/csm | 2/2014 Geschäftsmodelle für unternehmerische Nachhaltigkeit Geschäftsmodellinnovationen für unternehmerische Nachhaltigkeit Erik G. Hansen, Florian Lüdeke-Freund & Stefan Schaltegger Nachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellbewertung Birte Freudenreich & Marten Stock Geschäftsmodellinnovation und -evolution am Beispiel BP Solar Florian Lüdeke-Freund Geschäftsmodellinnovation in der Praxis Samuel Wicki Wandel der Mobilität? Herausforderungen von Elektro- mobilitätsprojekten für erfolgreiche Geschäftsmodelle Matthias Schock Nachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellinnovation im internationalen Vergleich Dorli Harms & Jacob Hörisch

Centre for Sustainability Management (CSM) ... · von Geschäftsmodellen zur Verwer-tung von Elektro-Altgeräten). Wir freuen uns mit Ihnen in den beid-seitig innovationsfördernden

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IMPULSECentre for Sustainability Management (CSM) www.leuphana.de/csm | 2/2014

Geschäftsmodelle für unternehmerische Nachhaltigkeit

Geschäftsmodellinnovationen für unternehmerische NachhaltigkeitErik G. Hansen, Florian Lüdeke-Freund & Stefan Schaltegger

Nachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellbewertung Birte Freudenreich & Marten Stock

Geschäftsmodellinnovation und -evolution am Beispiel BP SolarFlorian Lüdeke-Freund

Geschäftsmodellinnovation in der PraxisSamuel Wicki

Wandel der Mobilität? Herausforderungen von Elektro- mobilitätsprojekten für erfolgreiche GeschäftsmodelleMatthias Schock

Nachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellinnovation im internationalen VergleichDorli Harms & Jacob Hörisch

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Geschäftsmodelle & Nach-haltigkeitsinnovationen

E D I T O R I A LGeschäftsmodelle bieten Potential für Nachhaltigkeitsinnovationen 3

F O K U SGeschäftsmodellinnovationen für unternehmerische Nachhaltigkeit 4

F O K U SGeschäftsmodellinnovation und -evolution am Beispiel BP Solar 6

F O K U SNachhaltige Geschäftsmodellinnovation: Erfahrungen aus der Praxis 9

B E R I C H TNachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellbewertung:Das SUST-BMA-Projekt 11

B E R I C H TWandel der Mobilität? Herausforderungen von Elektro- mobilitätsprojekten für erfolgreiche Geschäftsmodelle 13

B E R I C H TEntwicklung von Geschäftsmodellen zur Verwertung von Elektro-Altgeräten 15

B E R I C H TNachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellinnovation im internationalen Vergleich 17

T A G U N G E NExperten diskutieren: Beitrag der Schwungradspeicher- Technologie zur Energiewende 19

CSM engagiert bei Leuphana Energieforum 2014 20

N E U I G K E I T E N A U S D E M C S M

P e r s o n a l i a 21

P U B L I K A T I O N E N 22

Das Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg analysiert Ursachen, Strukturen und Prozesse von Umwelt-, Gesellschafts- und Nachhaltig-keitsproblemen anhand von Methoden der Managementwissenschaften, des Unter-nehmertums (Entrepreneurship) sowie der Umwelt- und Nachhaltigkeitswissenschaften. Darauf aufbauend werden Konzepte und Nach-haltigkeitslösungen für Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft entwickelt. Ein Schwerpunkt liegt auf der Verknüpfung der ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen des Nachhaltigkeitsmanagements.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich des Wissenstransfers mit Ansätzen und Foren wie dem Sustainability Leadership Forum (SLF) und dem Innovationsnetzwerk Nachhaltiger Mittelstand (INaMi). Am CSM sind derzeit folgende Professuren angesiedelt:

Juniorprofessur für Social Entrepreneurship: J.-Prof. Dr. Jantje Halberstadt

Gastprofessur Management der Energie-wende: Univ.-Prof. Dr. Erik G. Hansen

Professur für Nachhaltigkeitsmanagement: Univ.-Prof. Dr. Stefan Schaltegger

I M P R E S S U MErscheinungsmonat: 1/2015

Herausgeber: Centre for Sustainability Management Prof. Dr. Stefan Schaltegger Leuphana Universität Lüneburg Scharnhorststraße 1 21335 Lüneburg

Redaktion: Birte Freudenreich, Marten Stock Layout: Olaf Ledderboge

Bildnachweis: Leuphana Universität Lüneburg

Druck: Die Umweltdruckerei

Kostenloser Download (PDF): www.leuphana.de/csm

Sustainability Management Blog: www.leuphana.de/csm/aktuelles

ISSN: 1614-2403

Gedruckt auf Recycling-Papier

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Viele innovative Geschäftsmodel-le basieren auf einer Veränderung des Angebots vom konventionellen Verkauf zur (Mit-)Nutzung. Aufbau-end auf dieser Grundidee werden Firmen gegründet, die zum Beispiel Kinderspielzeug über Online-Porta-le vermieten. Verliert ein Kind das In-teresse an einem Spielzeug, wird der Gegenstand zurückgesandt und ein anderer gemietet. So können mehre-re Kinder das gleiche Spielzeug über sein Produktleben nutzen, womit im Vergleich zum konventionellen Ver-kauf von Spielzeugen weniger herge-stellt, mehr repariert und Ressourcen geschont werden. Dabei verändert der Wandel von der Herstellung zum Vermieten zentrale Elemente des Un-ternehmensverständnisses wie das Wertangebot, die Leistungsprozesse, das Netzwerk an wertschaffenden Stakeholdern oder das Finanzierungs-modell.

Während diese sogenannte „Sharing economy“ auf den ersten Blick wie die Realisierung einer auf Tausch und Teilen basierenden alternativen Kommunenutopie erscheinen mag, handelt es sich aus ökonomischer Sicht vielmehr um den Ausdruck ei-ner fortschreitenden Tertiarisierung der Wirtschaft, also der Substitution von industrieller Produktion durch Dienstleistungen. Auf Unternehmens- ebene äußert sich die Tertiarisierung in Dienstleistungsinnovationen, die den Verkauf eines materiellen Gutes (z.B. Spielzeug) durch Dienstleistun-gen (z.B. Online-Plattform, Mietverträ-ge und Logistik) ersetzen und mit we-niger Materialeinsatz den gleichen oder sogar einen größeren Nutzen schaffen. Für die Kunden ergeben sich idealerweise Vorteile, wie etwa Verfügbarkeit ohne Investitionskos-

ten, weniger Platzbedarf (z.B. weil kein ungenutztes Spielzeug mehr im Haus verstaubt) oder die Verlage-rung der Instandhaltung zum Dienst-leister.

Für Unternehmen, die Nachhaltigkeit-sinnovationen entwickeln und damit wirtschaftlich erfolgreich sein wollen, ist ein klares Verständnis des eigenen Geschäftsmodells essenziell. Da viele aber nur ein implizites, diffuses Ver-ständnis von ihrem Geschäftsmodell haben, besteht Bedarf nach Manage-mentansätzen für Geschäftsmodell- innovationen, die eine nachhaltige Entwicklung wirksam unterstützen. Bisherige Geschäftsmodelle müssen strukturiert analysiert und das Zusam-menspiel von Angeboten und Kun-dengruppen, die Art der Herstellung, Kommunikations- und Logistikkanäle sowie die Umsatz-und Finanzlogik ex-plizit gemacht und die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsinnovationen durchgespielt werden.

Das CSM befasst sich in Forschung, Projekten und der Lehre mit Ge-schäftsmodellen und Nachhaltigkeit auf konzeptioneller Ebene (siehe den Artikel Geschäftsmodellinnovationen für unternehmerische Nachhaltig-keit), führt empirische Untersuchun-gen durch (vgl. Text „Nachhaltigkeits- orientierte Geschäftsmodellinno- vation im internationalen Vergleich“) und bearbeitet anwendungsbezo-gene Fallstudien (vgl. Entwicklung von Geschäftsmodellen zur Verwer-tung von Elektro-Altgeräten).

Wir freuen uns mit Ihnen in den beid-seitig innovationsfördernden Aus-tausch zu Nachhaltigkeit durch Ge-schäftsmodellentwicklung zu treten.

Ich wünschen Ihnen spannende Ein-sichten bei der Lektüre unserer aktu-ellen Ausgabe „CSM-Impulse“ und freue mich auf Ihre Kommentare und Anregungen!

Univ.-Prof. Dr. Stefan Schaltegger

E D I T O R I A L

Geschäftsmodelle bieten Potential für Nachhaltigkeitsinnovationen Nachhaltige Entwicklung in Unternehmen wird häufig nicht mehr primär durch technische Innovationen, sondern insbesondere durch Veränderungen von Geschäftsmodellen vorangetrieben. Damit rückt die geamte Wertschöpfungslogik in den Fokus. Diese komplexere Sichtweise birgt neue Potentiale für Nachhaltigkeitsinnovationen, ist aber auch mit neuen Herausforderungen verbunden.

IMPULSE | 02/2014 - 3 - www.leuphana.de/csm

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Nachhaltige Unternehmer sind gefordert, ihre teils visionären ge-sellschaftlichen Ziele geschäftlich erfolgreich zu erreichen. Das in den letzten Jahren entstandene Wissen über die Bedeutung von Geschäftsmodellen wird zuneh-mend genutzt, dieser zentralen Herausforderung der unterneh-merischen Nachhaltigkeit zu begegnen. Die gezielte Verbin-dung von Nachhaltigkeitsstrate-gien und Geschäftsmodellinno- vationen bietet einen geeig-neten Ansatzpunkt zur geziel-ten Schaffung von „Business Cases for Sustainability“.Das Geschäftsmodellkonzept gehört seit gut 15 Jahren zur wissenschaftli-chen und praktischen Auseinander-setzung mit strategischen und inno-vationsorientierten Fragestellungen. Zunehmend wird es auch im Kontext des nachhaltigen Unternehmertums und unternehmerischen Nachhal-tigkeitsmanagements als Ansatz zur Lösung gesellschaftlicher Probleme diskutiert. Was wie eine Manage-mentmode erscheinen mag, sollte eher als Ausdruck des Bedarfs an Konzepten verstanden werden, die Unternehmen und ihre Wertschö- pfungsprozesse systemisch und er-folgsorientiert mit ihrer ökologischen und sozialen Umwelt verknüpfen. Als grenzübergreifendes und systemi-sches Konzept bietet das Geschäfts-modell entsprechende Ansatzpunkte. Im Zentrum dieses Beitrags steht die Rolle von Geschäftsmodellinnova- tionen für die gezielte Gestaltung von Geschäftsfällen und Geschäftsmo-dellen der Nachhaltigkeit.

Geschäftsmodelle für Nachhaltigkeit

Die Idee, dass Geschäftsmodellin-novationen zur unternehmerischen Nachhaltigkeit beitragen können, lei-tet sich aus dem sog. „Business Case for Sustainability“-Konzept ab. In der Forschung zum unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagement wird ein Business Case als das gleichzeitige bzw. sich gegenseitig bedingende Er-

reichen von Geschäftserfolg und Bei-trägen zu einer nachhaltigen Entwick-lung von Wirtschaft und Gesellschaft definiert. Business Cases gehen über die Einhaltung rechtlicher Vorgaben hinaus und resultieren aus freiwilligen und gezielten Maßnahmen, um po-sitive Verknüpfungen zwischen einer nachhaltigen Entwicklung des Unter-nehmens, der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt herzustellen (z. B. Schaltegger & Lüdeke-Freund 2013). So können Öko-Effizienz-Maßnahmen in der Produktion nicht nur Kosten re-duzieren sondern auch ökologische und soziale Verbesserungen in der Lieferkette bewirken, zu Produktin-novation (z. B. Ökostrom-Angebote oder das Fairphone) und Gewinnstei- gerungen durch neue Marktseg-mente führen, die Unternehmensre-putation erhöhen und somit auch zur Mitarbeiterbindung und -gewin-nung beitragen. Das grundlegende Business Case-Konzept wurde nun erweitert, um die Wechselwirkungen mit unternehmerischen Nachhaltig-keitsstrategien und Geschäftsmodell- innovationen besser untersuchen zu können (vgl. Schaltegger et al. 2012; siehe Abbildung 1).

Nachhaltigkeitsstrategien und Geschäftsmodellinnovationen

Nachhaltigkeitsstrategien können als Handlungsprogramme zur Aus-gestaltung von Erfolgstreibern von Business Cases interpretiert werden (z.B. eine Kostenführerstrategie dient der Reduktion von Energiekosten als Treiber eines Business Case). Diese Strategien können auf einem Konti-nuum von reaktiv bis proaktiv klassi-fiziert werden, um unterschiedliche Grade der freiwilligen Berücksichti-gung gesellschaftlicher Anliegen zu unterscheiden. Der erwartete positive Einfluss von Nachhaltigkeitsstrategien auf die Erfolgsfaktoren und somit die Schaffung von Business Cases wird im linken Bereich von Abbildung 1 dar-gestellt. Dieser Einfluss kann bei ge-gebenen Geschäftsmodellen jedoch nicht beliebig gesteigert werden, da die operativen Grenzen jedes

Geschäftsmodells zu Trade-Offs zwi-schen ökonomischen, sozialen und ökologischen Aktivitäten eines Unter-nehmens führen können. Geschäfts-modellinnovationen können wie ein zusätzlicher Hebel genutzt werden, um die Wirksamkeit von Nachhaltig-keitsstrategien zu verbessern, indem die durch ein gegebenes Geschäfts-modell bedingten Grenzen gezielt aufgebrochen werden (vgl. auch Hansen et al. 2009).

Geschäftsmodellinnovationen, dar-gestellt im rechten Bereich von Ab-bildung 1, können unterschiedlich weit reichen und dementsprechend eine Justierung, Adaption, Verbesse-rung oder Neugestaltung darstellen (Tabelle 1). Da diese Skala lediglich eine heuristische Funktion besitzt, weist sie definitorische Unschärfen auf (z. B. bzgl. der „genauen“ Grenzen zwischen den Innovationsgraden). Sie stellt dennoch einen hilfreichen Analyserahmen dar, um Geschäfts-modellinnovationen und deren Aus-prägungen unterscheiden zu können. Anhand von zwei Extrembeispielen aus der Energiewirtschaft kann dies verdeutlicht werden (vgl. Schalteg-ger & Hansen 2012):

Justierung: Das Geschäftsmo-dell des Energiekonzerns RWE AG basiert im Wesentlichen auf abge-schriebenen Kohlekraftwerk- en (sowie noch einigen Atomkraft-werken). Im Laufe der deutschen Energiewende hat RWE eine reakti-ve Strategie gegen die Energie-wende verfolgt, um das alte Ge-schäftsmodell möglichst (lange) unangetastet zu lassen. Dennoch wurden Infrastrukturanpassungen vorgenommen. So wurde mit der RWE Innogy eine Geschäftseinheit gegründet, die in erneuerbare Energien (insbesondere Offshore Wind) investiert und es wurde ein sog. Ökostrom-Tarif als Wahlpro-dukt eingeführt. Im Vergleich zum Gesamtgeschäft der RWE nehmen erneuerbare Energien aber einen unbedeutenden Teil ein und das Wertangebot bleibt insgesamt weitgehend unverändert.

F O K U S

Geschäftsmodellinnovationen für unternehmerische Nachhaltigkeit

IMPULSE | 02/2014 - 4 - www.leuphana.de/csm

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IMPULSE | 02/2014 - 5 - www.leuphana.de/csm

Neugestaltung: Von einem Stadtwerk, das fossile Energien von Lieferanten bezieht und diese an die regionalen Kunden verteilt, hat sich die HEAG Südhessische Ener-gie AG (HSE) mit ihrer Vertriebs- organisation Entega seit 2008 zu ei-nem modernen Stadtwerk mit Klimamission entwickelt. Aus der Beschaffung von Atom- und Kohle- strom hat man sich frühzeitig ver-abschiedet. Das Wertangebot wurde von einem konventionellen Wertangebot des günstigen Regio-nal-Energieversorgers (bei dem pro gelieferte Energieeinheit der Um-satz stieg) auf ein Wertangebot „Klimaneutrale Energie“ basierend auf erneuerbaren Energien, Ener-gieeinsparung und Klimaneutrali-sierung durch CO2-Zertifikate um-gestellt. Damit wurden das Wertangebot und die Wertschöpf- ungsprozesse durch neue ökologi-sche Produkte und insbesondere Dienstleistungen radikal verändert. Auch die zugrunde liegenden Inf-rastrukturen (erneuerbare Energie-erzeugung), Kundenbeziehung und Finanzflüsse werden in Rich-tung Nachhaltigkeit sehr stark ver-ändert. Insgesamt stammen bereits knapp 60% der unternehmenseige-nen Energieerzeugung aus erneu-erbaren Quellen (weiterhin beste-hen nachfragebedingt jedoch einige Lieferverträge aus konventi-onellen Energiequellen). Zeitweise war HSE/Entega Deutschlands größter Ökostrom-Anbieter.

Die wichtigste praktische Implikation dieses konzeptionellen Rahmens ist, dass die Abstimmung zwischen Nach-haltigkeitsstrategien und Geschäfts-modellinnovationen für die Schaffung erfolgreicher Business Cases essentiell ist. Entscheidet sich ein Unterneh-men bspw. für die Entwicklung und Kommunikation einer ambitionierten Nachhaltigkeitsstrategie, ohne zu prü-fen, ob das eigene Geschäftsmodell diese überhaupt umsetzen kann und ob genügend Spielraum für Anpas-sungen besteht, können ambitionier-te Nachhaltigkeitsvorhaben an der Rigidität des eigenen Geschäftsmo-dells scheitern. Nicht zu unterschät-zen sind dabei Pfadabhängigkeiten, die u. a. aus teuer erworbenen Fä-higkeiten, langjährigen Beziehungen zu Partnerunternehmen und Kunden sowie langen Amortisationszeiten großer Investitionen (z. B. in Kraft-werkparks) resultieren können. Das politisch-regulatorische Umfeld spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Bewertung unterschiedlicher Ge-schäftsmodelloptionen.

Dr. Florian Lüdeke-Freund, Prof. Dr. Erik G. Hansen & Prof. Dr. Stefan Schaltegger

Abb. 1:„Business Cases for Sustainability“ als Ergebnis aus Nachhaltigkeitsstrategie und Geschäftsmodellinnovationen

Innovationsintensität

Justierung

Adaption

Verbesserung

Neugestaltung

Beschreibung

Separate Modifikationen von einzelnen Geschäftsmodellelementen bei unveränder-tem Wertangebot (z.B. neue Produktionspartner oder neue Vertriebskanäle)

Modifikation des Wertangebots, um im Wettbewerb bestehen zu können; betrifft we-nige Elemente und vor allem solche mit direktem Bezug zum Wertangebot (z.B. neue Services durch ergänzte Kundenkanäle)Systemische Modifikation einer Vielzahl von Geschäftsmodellelementen bei gleichem Wertangebot (z.B. Fremdbezug von Vorleistungen und externe Vertriebspartner statt Integration)Grundlegende Modifikation von Wertschöpfungslogik und Wertangebot durch ak-kumulierte Justierungen, Adaptionen und Verbesserungen; neue Modelle aufgrund neuer Wertangebote (z.B. vom physischen Produkt zum Service)

Tab. 1: Unterscheidung des Ausmaßes von Geschäftsmodellinnovationen

Literatur:

Hansen, E.; Große-Dunker, F. & Reich-wald, R. (2009): Sustainability Innova-tion Cube - A Framework to Evaluate Sustainability-Oriented Innovations, Int. Journal of Innovation Manage-ment, Vol. 13, No. 4, 683–713.

Schaltegger, S. & Hansen, E. (2012): Wirtschaftswende durch nachhal-tiges Unternehmertum, in: Altner, G.; Leitschuh-Fecht, H.; Michelsen, G.; Si-monis, U.; Sommer, J. & von Weizsäck-er, E. (Hrsg.): Wende überall? Von Vorreitern, Nachzüglern und Sitzen-bleibern – Jahrbuch Ökologie 2013. Stuttgart: Hirzel, 64–75.

Schaltegger, S.; Lüdeke-Freund, F. & Hansen, E. (2012): Business Cases for Sustainability: The Role of Business Model Innovation for Corporate Sus-tainability, Int. Journal of Innovation and Sustainable Development, Vol. 6, No. 2, 95–119.

Schaltegger, S. & Lüdeke-Freund, F. (2013): Business Cases for Sustainabil-ity, in: Idowu, S.; Capaldi, N.; Zu, L. & Das Gupta, A. (Eds.): Encyclopedia of corporate social responsibility. Berlin/Heidelberg: Springer, 245–252.

Kontakt: Dr. Florian Lüdeke-Freund Tel.: +49-(0)-40-42838-6468 [email protected]

Prof. Dr. Erik G. Hansen Tel.: +49-(0)-4131-677-2260 [email protected]

Prof. Dr. Stefan Schaltegger Tel.: +49-(0)-4131-677-2180 [email protected]

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British Petroleum (BP) gehörte zu den ersten Ölkonzernen, die So-lartechnologien im großen Stil kommerzialisierten. Das Tochte-runternehmen BP Solar war zeit-weise eines der größten Solarun-ternehmen der Welt. Es wurde in Folge der Ölkrisen der 1970er Jahre gegründet und avancierte zum Kernelement der Nachhaltig-keitsaktivitäten des Konzerns. BP Solar wurde 2011 aufgrund unzu-reichender Erfolgsaussichten auf-gelöst. Die vorgestellte Fallstudie rekonstruiert BP Solars Geschäfts-modell und dessen Evolution im Zeitraum 1998 bis 2011.Die Fallstudie veranschaulicht, wie Geschäftsmodelle systematisch und unter Bezugnahme auf aktuelle theo- retische und methodische Diskurse zum Nachhaltigkeitsmanagement untersucht werden können. Wesent-liche Geschäftsmodellinnovationen der Solarsparte des britischen Öl- und Gaskonzerns BP wurden rekonstruiert und schließlich als Geschäftsmodell- evolution neu interpretiert. Dieser Bei-trag soll über fallspezifisches Wissens hinaus eine gezielte Verbindung zwi-schen konventioneller und an Nach-haltigkeitsthemen orientierter Ge-schäftsmodellforschung herstellen.

BP SolarBP Solar ist aus mehreren Gründen ein spannender und relevanter Untersu-chungsfall. Es wird oft übersehen, dass die großen multinationalen Ölkonzer-ne wichtige Beiträge zur Verbreitung und Skalierung erneuerbarer Ener- gien wie Wind- und Solarstrom geleis-tet haben. Als Folge der Ölkrisen der 1970er Jahre und des zunehmend ins öffentliche Bewusstsein rückenden Kli-mawandels baute BP seine Solarspar-te auf. Sie wurde um 1980 gegründet und über dreißig Jahre später im De-zember 2011 geschlossen. Das Unter-

nehmen gehörte zu den kommerziel-len Solarpionieren und war mit einem zeitweiligen Weltmarktanteil von über 20 % eines der größten vollintegrier-ten Solarunternehmen der Welt. Ins-gesamt verkaufte BP Solarmodule im Umfang von 1.600 Megawatt in über 160 Ländern.

Qualitative InhaltsanalyseFür die Rekonstruktion des Geschäfts-modells wurden die Jahres- und Nachhaltigkeitsberichte des Konzerns aus dem Zeitraum 1998 - 2011 sowie weitere öffentlich zugängliche Unter-nehmenspublikationen mithilfe der Textanalysesoftware MAXQDA theo-riegeleitet kodiert und ausgewertet. Die Datenbasis bestand aus 28 Be-richten, 177 Redemanuskripten und 182 Pressemitteilungen. BP Solar konn-te nicht getrennt vom Mutterkonzern untersucht werden, da für den Solar-bereich keine separate Berichterstat-tung existiert. Daher musste mit einem eingebetteten Fallstudiendesign ge-arbeitet werden.

GeschäftsmodellinnovationenDie Auswertung der Unternehmens-quellen zeigte, dass BP Solar auf einem Geschäftsmodellportfolio basierte, das im Zeitverlauf durch Geschäftsmodellinnovationen aus-geprägt wurde und schließlich zu ei-nem letzten Modell konvergierte (Ge-schäftsmodellevolution). Das Portfolio bestand im Kern aus vier kundenspe-zifischen Modellen:

Home Solutions: 2003 brachte BP die ersten mit einer bekannten Marke versehenen Solarprodukte für private Hausbesitzer auf den US-amerikanischen Markt. Dieses Modell basierte auf einem neuen Vertriebskonzept, das Privatkun-den durch direkte Vertriebskanäle und begleitende Services, Dienst-leistungen, Anschaffung und Instal-lation vereinfachte. Der weltgrößte Baumarkteinzelhändler „The Home Depot“ spielte eine zentrale Rolle als Vertriebspartner und „Market Maker“.

IMPULSE | 02/2014 - 6 - www.leuphana.de/csm

F O K U S

Geschäftsmodellinnovation und -evolution am Beispiel BP Solar

Abb. 1: Geschäftsmodellinnovationen bei BP Solar

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Builder Solutions: Eine weitere Vertriebsinnovation wurde 2006 in Kooperation mit Kaliforniens da-mals größter Dachdeckerei Old Country Roofing eingeführt. Das Vertriebskonzept zielte auf soge-nannte „Solar Homes“ und „Solar Communities“, die sich dadurch auszeichnen, dass sie Solarenergie direkt in die Bauplanung neuer Häuser und ganzer Siedlungen in-tegrieren. Für diesen Vertriebskanal lieferte BP speziell angepasste So-larsysteme.

Business Solutions: Die wesentli-chen Geschäftsmodellinnovatio-nen für Unternehmenskunden wa-ren verschiedene Finanzierungs- und Eigentümermodelle, die Barrieren wie hohe Vorabinvestitionen und lange Amortisationszeiten abbau-ten. Drei Varianten wurden ange-boten: Asset Purchase, Energy Contracting und Leasing. Letztere basierten auf verschiedenen For-

men der Eigentümerschaft durch Dritte.

Utility and Investor Solutions: Die-ses Modell zielte auf Energieversor-ger und Investoren, die an großen Solarkraftwerken in Größenordnun-gen von mehreren hundert Mega-watt interessiert waren. BP agierte als Projektentwickler und Technolo-gielieferant. Dem Projektentwickler obliegt die Verantwortung für den gesamten Entwicklungs- und Reali-sierungsprozess, inklusive Aufbau eines Finanzierungsmodells, das große Fremd- und Eigenkapitalge-ber zusammenbringen muss.

GeschäftsmodellevolutionMithilfe einer einfachen Heuristik wurden die wichtigsten Innovations-schritte ausgehend von BP Solars Basismodell eines vollintegrierten Mo-dulherstellers in zwei Pfaden zusam-

mengefasst. Abbildung 1 unterschei-det in der Vertikalen inkrementelle und radikale Modifikationen sowie in der Horizontalen deren Fokussierung auf die Wertbereitstellung (Elemente, die vorrangig die Geschäftsinfrastruk-tur und das Finanzmodell betreffen) oder auf das Wertangebot (Modifi-kationen, die das Wertangebot und eng damit verbundene Elemente verändern). Zwei Innovationspfade wurden sichtbar (Abbildung 2).

Der erste ist der Optimierungspfad. Zwei Meilensteine lassen sich benen-nen. Zum einen die von 2002 bis 2004 durchgeführte Restrukturierung der Modulproduktion und des Vertriebs-netzes sowie die Konsolidierung des Sortiments (ohne erkennbare Verän-derungen des Wertangebots). Dies zielte auf Kosteneinsparungen ab, um im internationalen Kosten- und Preis-wettbewerb bestehen zu können. Zum anderen wurden zwischen 2008 und 2011 radikale Schritte zur Verbes-

IMPULSE | 02/2014 - 7 - www.leuphana.de/csm

Abb. 2: Geschäftsmodellevolution bei BP Solar

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serung der Wertbereitstellung einge-leitet. Die vormals eigene Produktion wurde geschlossen und stattdessen wurden Joint Ventures aufgebaut (z. B. Tata BP in Indien) und Lizenzpro-duzenten beauftragt (z. B. JA Solar in China).

Der zweite Pfad kann als Marktent-wicklungspfad interpretiert werden. Er beinhaltet neue Wertangebote, Nutzenkategorien und Kundenka-näle. Der erste Meilenstein waren Anpassungen für Endkunden, d.h. neue Vertriebskanäle, Services und mehr „Convenience“. Hiermit hatte BP Solar in Kalifornien, wo die Home und Builder Solutions zuerst eingeführt wurden, einen zeitweiligen Marktan-teil von 25 %. Der zweite Meilenstein waren neue Business-to-Business-For-mate, die ab 2006 aufgebaut wur-den. Die später eingeführten Business Solutions für kommerzielle Kunden-segmente (ca. 2008) brachten neue Wertangebote, die in den vor- herigen Modellen nicht enthalten waren. Neue Eigentümer- und Finanz-modelle halfen Kunden wie Walmart oder FedEx, Solarstrom aus mittleren und großen Anlagen zu beziehen.

In der letzten Phase 2009-2011, fügten sich Teilaspekte der beiden Pfade zu-sammen. Diese Geschäftsmodellevo-lution führte von einem vollintegrier-ten Solarunternehmen mit eigenen Modulfabriken und einem Einzelhan-delsnetz zu einem Projektentwickler für Großkraftwerke, deren Module von Drittproduzenten bezogen wur-den (Abbildung 2). Ursprünglich be-saß das Unternehmen eine vollin-tegrierte Wertschöpfungskette, die

sukzessive aufgelöst wurde und der Fokussierung auf das Projektgeschäft wich. Wie die Geschichte des Falles zeigt, waren die hiermit verbundenen Geschäftschancen für das Konzern-management dennoch zu klein für eine Fortführung dieser Aktivitäten.

Dr. Florian Lüdeke-Freund

Weitere Informationen und Projekt:

Dr. Florian Lüdeke-Freund arbeite-te von 2006 bis 2014 am CSM und hat seine Dissertation „Business Models for Sustainability Innovation“ im Herbst 2013 abgeschlossen. Seit Frühjahr 2014 arbeitet er als wissen-schaftlicher Mitarbeiter und Habi-litand an der Professur für Kapital-märkte und Unternehmensführung an der Universität Hamburg.

Literatur:

Lüdeke-Freund, F. (2013): Business Models for Sustainability Innovation.Conceptual Foundations and the Case of Solar Energy. Dissertation. Lüneburg: Leuphana Universität.

Lüdeke-Freund, F. (2014): BP‘s Solar Business Model. A Case Study on BP‘s Solar Business Case and its Drivers, International Journal of Business Environment, Vol. 6, No. 3, 300-328.

Lüdeke-Freund, F. (2014): Innova-tion und Evolution von Geschäfts-modellen dargestellt am Beispiel BP Solar, in: Schallmo, D. (Eds.): Kompendium Geschäftsmodell-In-novation. Wiesbaden: Springer, 257-281.

Lüdeke-Freund, F. & Zvezdov, D. (2013): The Manager’s Job at BP: Decision Making and Responsibili-ties on the High Seas, International Journal of Case Studies in Manage-ment, Vol. 11, No. 2, 1–32.

KontaktDr. Florian Lüdeke-FreundProfessur für BWL, insbes. Kapital-märkte und UnternehmensführungUniversität HamburgResearch Fellow, Centre for Sustain-ability Management (CSM)Tel.: +49-(0)[email protected] hamburg.de

Abb. 3: Logo BP Solar

IMPULSE | 02/2014 - 8 - www.leuphana.de/csm

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F O K U S

Nachhaltige Geschäftsmodell-innovation: Erfahrungen aus der Praxis

Bei einer Geschäftsmodellinno-vation wird die Geschäftslogik überdacht. Bestehende Unter-nehmen tun dies zum Beispiel, um die Erfolgschancen eines Nach-haltigkeitsproduktes zu erhöhen. Da Geschäftsmodellinnovationen in der Praxis häufig durch teilwei-se teure Trial-and-Error Prozesse gekennzeichnet sind, ist die Ent-wicklung ressourcenschonender Innovationspfade wichtig.Aus der Überlegung, dass gerade auch aus Misserfolgsfällen gelernt werden kann, analysiert das CSM derzeit ein gescheitertes Projekt im Bereich regenerativer Energie im De-tail. Die bisherige Forschung zu Nach-haltigkeitsinnovationen ist dagegen meist konzeptionell oder an Erfolgs-beispielen aus der Praxis orientiert.

Um Innovationspfade von Nachhal-tigkeitsprodukten besser zu verstehen, untersucht das CSM ein mittelständi-sches Technologieunternehmen, des-sen Kernkompetenzen im Bereich der hochspezialisierten Steuerung von schnelldrehenden Motoren für den Werkzeugmaschinenmarkt liegen. Auf diesem Anwendungsfeld nimmt es eine Weltmarktführungsposition ein. Im vorliegenden Fall sah die Ge-schäftsführung vor einigen Jahren die Notwendigkeit, das Angebot zu erweitern und sah Chancen die be-stehenden Kernkompetenzen auch im Markt für erneuerbare Energien anzuwenden. Das Unternehmen hat ein neues Produkt (Wechselrichter) für kleine Windenergieanlagen produ-ziert, dessen Entwicklung über meh-rere Jahre parallel zum Kerngeschäft lief. Die Innovation scheiterte aber am Markt und das Projekt musste ohne den erhofften kommerziellen Er-folg beendet werden.

Dieser Misserfolg kann aus der Ge-schäftsmodellperspektive untersucht werden. Im Geschäftsmodell für den Werkzeugmaschinenmarkt werden

hochspezifische technologische Pro-dukte entwickelt, weitgehend allei-ne produziert und an eine sehr klei-ne Gruppe von Firmen international verkauft. Die Kundenbeziehung ist langjährig und persönlich. Da das Produkt auf die Anwendung des Kun-den spezifisch angepasst ist, verläuft der Vertrieb weitgehend durch Ing- enieure. Eine Marketingabteilung, wie in Konsumgütermärkten üblich, ist hierfür nicht notwendig. Das Ge-schäftsmodell ist an den reifen Ma-schinenmarkt und industrielle Groß-kunden angepasst.

Der Markt für erneuerbare Energie-technologien funktioniert anders. Er lässt sich im Wesentlichen durch sein geringes Alter, hohe Volatilität und starke staatliche Eingriffe charakte-risieren. Das neue Produkt wurde je-doch analog zum Erfolgsrezept des alten Marktes verkauft. Die Innovation wurde hauptsächlich von der tech- nischen Seite betrachtet und es fand keine Geschäftsmodellinnovation statt. Das bestehende Geschäftsmo-dell ist für die Sicherung von Marktan-teilen in einem reifen Markt geeignet. Das neue Produkt hätte jedoch eine Anpassung des Geschäftsmodells an den Technologiewettbewerb in vola-tilen Märkten erfordert.

Eine erforderliche Anpassung läge beispielsweise im Verkauf. Die Ver-käufer haben das neue Produkt mit den Verkaufsgewohnheiten des Werkzeugmaschinenmarktes im neu-en Markt verkauft, obwohl dieser mit anderen Regeln funktioniert. Der Markt für Kleinwindenergieanlagen ist auf den Endkunden ausgerichtet: Generalunternehmer kaufen Techno-logieprodukte gezielt im Auftrag von

Endkunden. Dies würde eine flexible Anpassung des Geschäftsmodells an die sehr unterschiedlichen, sich ver-ändernden Erfordernisse der Endkun-den erfordern.

Eine weitere Anpassung würde die Produktentwicklung erfordern. Das neue Produkt wiederspiegelt Ähnlich-keiten mit den bisherigen Produkten, die für den Werkzeugmaschinen-markt entwickelt wurden. Merkmale sind hohe Qualitätsstandards und hohe Anpassbarkeit; also Produkte für das mittlere bis obere Preissegment. Ob das neue Produkt für den Markt- erfolg die gleichen Merkmale auf-weisen muss, ist angesichts deutlicher Marktunterschiede fraglich. Die For-schung zeigt, dass ein Geschäftsmo-dell, das auf der Zusammenarbeit mit externen Akteuren, wie beispielsweise „Lead-users“ (trendführende Nutzer) aufbaut, gleichzeitig zu innovativeren Produkten und höherer Ausrichtung an den Kundenbedürfnissen führen kann. Kollaborative Innovationspro-zesse werden besonders für die Ent-wicklung eines neuen Produktes für einen noch unbekannten Markt und volatile Industrien (wie z.B. IT-Branche) diskutiert.

Das mittelständische Unternehmen hat aus diesem Misserfolg gelernt, dass die Erfolgschancen einer tech-nischen Innovation durch die Beglei-tung eines innovativen Geschäfts-modells wesentlich erhöht werden könnten. Weil Nachhaltigkeitsmärkte für viele Unternehmen neu sind, ist die Entwicklung eines Geschäftsmodells bzw. neuer Geschäftsmodelle wich-tig, die neues Wissen und komple-mentäre Kompetenzen ins Unterneh-men bringen.

IMPULSE | 02/2014 - 9 - www.leuphana.de/csm

„Der Markt für erneuerbare Energietechnologien funktioniert anders, als viele Industriegütermärk-

te. Er lässt sich im Wesentlichen durch sein geringes Alter, hohe Volatilität und starke staatliche Eingriffe

charakterisieren.“

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Nach dem Misserfolg hat das Unter-nehmen nach weiteren Absatzmög-lichkeiten für seine Kernkompetenz im Markt für erneuerbare Energietech-nologien gesucht und arbeitet nun an einem Steuerungssystem für eine Energiespeichertechnologie, die auf der schnelldrehenden Rotation von Masse basiert (sog. Schwungmassen-speicher). Diesmal wird aber versucht, den spezifischen Markt genauer zu sondieren und vorab Vermarktungs-wege zu entwickeln. Beispielsweise werden Partnerschaften mit System- entwicklern ausgelotet, die das Steu-erungssystem in ein Endprodukt ein-bauen. So könnte der Vertrieb an den Endkunden vollständig vom Sys-tementwickler übernommen werden. Die Anpassung liegt darin, dass der Vertrieb durch einen Partner, der er-gänzendes Wissen ins Unternehmen bringt, realisiert wird.

Die Praxiserfahrung zeigt, dass Ge-schäftsmodellinnovationen helfen können, technische Nachhaltigkeit-sinnovationen im Markt zu etablieren. Weil Innovationspfade häufig lange dauern, kostenintensiv sind und die Erfolgschancen unsicher sind, sollten dazu gehörige Trial-and-Error Prozes-se möglichst ressourcenschonend angegangen werden. Dies kann zum Beispiel durch kleine Experimente erreicht werden, deren eventuelles Scheitern kein größeres Problem für das Unternehmen darstellt. Deshalb sollte jedes Experiment so geplant werden, dass es ein geringes Risiko darstellt, wenig Kosten verursacht und daraus möglichst viel gelernt werden kann. Ein solcher Trial-and-Error Pro-zess erlaubt es dem Unternehmen, über die Zeit das Geschäftsmodell zu verfeinern und die Erfolgschancen für Nachhaltigkeitsinnovation zu erhö-hen.

Das untersuchte mittelständische Unternehmen hat auf die bisherigen Erfahrungen mit der Auslotung einer Partnerschaft mit Systementwicklern reagiert und arbeitet jetzt an weite-

ren Ideen für neue Geschäftsmodel-le. Dadurch können die Kosten des In-novationsprozesses reduziert werden, bevor mit einem neuen Produkt in die Produktion gegangen wird.

Neben der Untersuchung von In-novationsmanagementprozessen hat das Centre for Sustainability Management (CSM) verschiedene Vernetzungsformate entwickelt, um Unternehmen bei Geschäftsmodellin-novationen zu unterstützen. Im Rah-men des Verbunds Nachhaltiger Mit-telstand (INaMi) werden zum Beispiel den teilnehmenden Unternehmen regelmäßig Workshops angeboten, in denen Probleme thematisiert und be-arbeitet werden können, die entlang von Innovationsprozessen auftreten.

Samuel Wicki

management competences and organisational capabilities rarely found in traditional business-led, technology-driven innovation. The project’s primary aim is thus to rese-arch how companies manage the transformation of business proces-ses and business models related to SDI as a multi-actor process. These management practices will be stu-died by individual researchers em- bedded with associated partners engaged in SDI.

Projekt:

Innovation for Sustainability - I4S

Projektleitung:

Prof. Dr. Stefan Schaltegger & Prof. Dr. Erik G. Hansen

Wissenschaftliche Mitarbeit:

Samuel Wicki

Weitere Informationen:

http://www.leuphana.de/csm

Kontakt:

Samuel Wicki Tel.: +49 4131 677 2224 [email protected]

IMPULSE | 02/2014 - 10 - www.leuphana.de/csm

I4S (Innovation for Sustainability) is a project funded by the Europe-an Union in support of its strategic commitment to ‘smart, sustain- able and inclusive growth’. Under the leadership of The Academy of Business in Society (EABIS), Leu-phana University together with se-ven leading universities (Copen-hagen Business School, Nyenrode Business Universiteit, University of Exeter, University of Manchester, Erasmus University Rotterdam, University of Cape Town and Vlerick Leuven Ghent Manage-ment School) and their corporate partners collaborate to study sus-tainability-driven innovation (SDI) – which is understood as inno-vation not only directed at eco-nomic gains but also at positive ecological and social effects. Pre-liminary research and prospective studies suggest that SDI involves

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B E R I C H T

Nachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellbewertung – Das SUST-BMA-Projekt*

*Sustainability-Oriented Business Model Assessment

Unternehmerisches Nachhaltig-keitsmanagement ist häufig auf die Verbesserung der Herstel-lungsprozesse und der Eigen-schaften physischer Produkte fokussiert. Damit werden große Potentiale, die Geschäftsmodel-linnovationen bieten können, nicht ausgeschöpft. Eine Nach-haltigkeitsbewertung von Ge-schäftsmodellen kann die Ent-wicklung solcher Innovationen unterstützen, findet bisher in der Regel aber lediglich anekdotisch und ohne strukturierte Bewer-tungsmethodik statt.Innovationen von Geschäftsmodel-len besitzen ein großes Potential zur Verbesserung der unternehmerischen Nachhaltigkeitsleistung, was ein Beispiel aus der Automobilindustrie verdeutlicht: Namenhafte Automo-bilkonzerne haben neue Geschäfts-modelle in ihr Portfolio aufgenom-men, die nicht mehr das Eigentum eines Automobils, sondern Mobilität mit kurzzeitig geliehenen Autos als zentralen Wert anbieten - Carsharing. Die Eigenschaften des physikalischen Produktes - des Autos - und dessen Herstellungsprozess bleiben unverän-dert, während zur Bedienung indivi-dueller Mobilität weniger Fahrzeuge benötigt werden. Damit kann durch Carsharing der Ressourcenverbrauch stark gesenkt, ein positiver Nachhal-tigkeitseffekt und Umsatz realisiert werden.

Wie lassen sich Nachhaltigkeitseffek-te von Geschäftsmodellen bewerten und wie können Potentiale für eine verbesserte Nachhaltigkeitsleistung alternativer Geschäftsmodelle syste-matisch identifiziert werden?

Diese Fragen untersuchen Mitarbei-ter des CSMs seit Mai 2014 im Projekt „Sustainability-Oriented Business Mo-del Assessment“ (SUST-BMA). In Zu-sammenarbeit mit Partnern aus der

erweiterten Region Lüneburg (DEL-TA plus Datensysteme GmbH, Groß-wäscherei Wilhelm Wulff, Bauck Hof Rosche, nabuko GmbH und Biber GmbH) wird eine Methodik zur Bewer-tung der Nachhaltigkeitsleistung von Geschäftsmodellen entwickelt.

Das Vorgehen zur Entwicklung der Methodik lässt sich in drei Abschnitte gliedern: Definition des Bewertungs-gegen-standes, Identifikation von Be-wertungskriterien und Interpretation der Bewertungsergebnisse.

Definition des Bewertungsgegen-standesDie Klärung und Definition des Bewer-tungsgegenstandes ist für eine kon-sistente Bewertungslogik notwendig, um die Vergleichbarkeit unterschied-licher Geschäftsmodelle zu gewähr-leisten. In der Literatur ist eine Vielzahl von Definitionen und Beschreibungen von Geschäftsmodellrahmenwerken zu finden. Häufig werden die folgen-den Elemente genannt: Wertange-bot (Produkt oder Dienstleistungen mit materiellen und immateriellen Eigenschaften), Werterstellung (wie Herstellungsprozesse, Humanressour-cen, Materialien, die zur Erstellung der Wertangebots benötigt werden), Erlösmodell (Generierung von Um-sätzen durch das Wertangebot) und Kundensegmente (Beschreibung der Kundengruppe, an die das Wertan-gebot gerichtet ist).

Die meisten Geschäftsmodellrah-menkonzepte sprechen ökologische und soziale Aspekte, die für eine nachhaltigkeitsorientierte Bewertung von Geschäftsmodellen zu berück-sichtigen sind, nur indirekt an. Aus diesem Grund wird in dem SUST-BMA-Projekt ein neues Geschäftsmodell-rahmenkonzept entwickelt.

Um alle relevanten Elemente für eine umfassende Nachhaltigkeitsbewer-tung zu erfassen und dann auch messen und managen zu können, wird das neu entwickelte Geschäfts-

modellrahmenkonzept mit der Sus-tainability Balanced Score Card ver-knüpft. Dieses am CSM entwickelte Konzept integriert Nachhaltigkeit in die konventionelle Balanced Score Card (Figge et al. 2002; Schaltegger & Dyllick 2002).

Das Geschäftsmodellrahmenkonzept dient der systematischen Erfassung aller geschäftsmodellspezifischen In-formationen, die für eine Bewertung der Nachhaltigkeitseffekte benötigt werden.

Identifizierung von Bewertungskri-terienEine Vielzahl von Methoden und Stan-dards zielen auf die Nachhaltigkeits-bewertung von Produkten, Prozessen und Unternehmen ab. Dabei ist das Verständnis, welche Kriterien für eine Bewertung der Nachhaltigkeitswir-kung relevant sind, sehr divers. Der Umfang der angesprochenen Krite-rien reicht z.B. vom Beitrag zur Klima-veränderung bis zu der Beeinflussung der Rechte indigener Völker.

Um einen breiten Kriterienkatalog zu erhalten und dennoch eine rasche Fokussierung auf die im spezifischen Unter-nehmensfall relevanten The-men zu erreichen, wird der Global Reporting Initiative Leitfaden aus dem Nachhaltigkeitsberichtswesen genutzt. Dieser Standard umfasst 91 Aspekte (9 ökonomische, 34 ökologi-sche und 48 soziale), die in einem um-fassenden Multistakeholder-Dialog entwickelt worden sind.

Um eine effiziente Vorgehensweise si-cherzustellen, werden nur diejenigen Kriterien aus dem gesamten GRI Indi-katorenset verwendet, die einen kla-ren Bezug und eine hohe Relevanz für ein Geschäftsmodell aufweisen. So ist beispielsweise das Thema Energie für ein Geschäftsmodell mit einem ener-gieeffizienten Wertangebot von ho-her Bedeutung, während gerechte Entlohnung für ein Geschäftsmodell mit einer Textilproduktion in Entwick-

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lungsländern wichtig ist. Mit Hilfe einer ABC-Analyse kann die Bedeutung der relevanten Kriterien für Stakehol-der und für das Geschäftsmodell in einem Koordinatensystem visualisiert werden. Für das Modell Carsharing kann z.B. das Bewertungskriterium Ressourcenverbrauch mit einer ho-hen Priorität identifiziert werden.

Interpretation der Bewertungser-gebnisseWurde das Geschäftsmodell mit ei-nem Fokus auf die hoch priorisierten Nachhaltigkeitsthemen untersucht, können die Ergebnisse interpretiert und zur Entwicklung von Verbesse-rungsansätzen und Innovationen verwendet werden. Zunächst wird die Höhe des direkten Beitrags eines Geschäftsmodellelements (Werter-stellung, Wertangebot etc.) zu einem Bewertungskriterium gemessen. Bezo-gen auf das Automobil-Beispiel hat das Kriterium Ressourcenverbrauch für die Werterstellung den höchsten Beitrag. Weiter können die Beziehun-gen der Geschäftsmodellelemente untereinander analysiert werden. Beim konventionellen Automobilge-schäft entsteht z.B. zwar ein hoher Ressourcenverbrauch in der Werter-stellung (Produktion). Er wird jedoch mit dem Wertangebot (Produkt wird zum Kauf angeboten) verursacht, da dieses auf den Kauf und Eigentum (und einer häufig damit verbunde-nen geringen Nutzung) des Produktes basiert. Im Wertangebot liegt somit der größte Hebel zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs in der Produk-tion. Schließlich ist es möglich, über ei-nen Vergleich mit einem alternativen Geschäftsmodell eine Einordung der Qualität der gemessenen Nachhal-tigkeitskriterien zu erlangen. Wird z.B. ein Carsharing-Geschäftsmodell mit dem konventionellen Geschäftsmo-dell aus der Automobilbranche vergli-chen, ergibt sich eine wesentlich bes-sere Nachhaltigkeitsleistung in Bezug auf den Ressourcenverbrauch.

Das SUST-BMA Projekt dient der Ent-wicklung eines Vorgehenskonzep-tes, um Nachhaltigkeitseffekte be-stehender und möglicher neuer Geschäftsmodelle zu erfassen. Nach-haltigkeitswirkungen von Geschäfts-modellinnovationen können mit Vergleichen analysiert und Verbesse-rungspotentiale aufgezeigt werden.

Die Veröffentlichung der Ergebnisse ist für Ende 2015 geplant.

Birte Freudenreich & Marten Stock

Projektpartner:

IMPULSE | 02/2014 - 12 - www.leuphana.de/csm

Projekt:

Sustainability-Oriented Business Mod-el Assessment (SUST-BMA), Innova-tions Inkubator Lüneburg. Mai 2014 bis Juli 2015

Projektleitung:

Prof. Dr. Stefan Schaltegger

Literatur:

Figge, F.; Hahn, T.; Schaltegger, S. & Wagner, M. (2002): The Sustainability Balanced Scorecard. Linking sustain-ability management to business strat-egy, Business Strategy and the Envi-ronment, Vol. 11, No. 5, 269–284.

Schaltegger, S. & Dyllick, T. (Hrsg.) (2002): Nachhaltig managen mit der Balanced Scorecard. Konzepte und Fallstudien, Wiesbaden: Gabler.

Schaltegger, S.; Lüdeke-Freund, F. & Hansen, E. (2012): Business Cases for Sustainability. The Role of Business Model Innovation for Corporate Sus-tainability, International Journal of Innovation and Sustainable Develop-ment, Vol. 6, No. 2, 95-119.

Kontakt:

Birte Freudenreich Tel.: +49-(0)-4131-677-1576 E-Mail: [email protected]

Marten Stock Tel.: +49-(0)-4131-677-1576 E-Mail: [email protected]

Projektwebsite:

www.leuphana.de/nachhal-tige-geschaeftsmodelle

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B E R I C H T

Wandel der Mobilität? Herausforderungen von Elektro-mobilitätsprojekten für erfolg-reiche Geschäftsmodelle

Die Mobilität in Deutschland wan-delt sich zunehmend – nicht zu-letzt dank neuer Technologien wie dem Elektroantrieb. Über-zeugenden Vorteile dieser Tech-nologie stehen allerdings auch erhebliche Probleme entgegen: Elektromobilitätsprojekte sind oft mit hohen Investitionskosten ver-bunden. Die Bundesregierung hat Anreizstrukturen entwickelt und stellt zur Anlauffinanzierung Fördergelder zur Verfügung. Er-gibt sich hier ein lukratives Feld für neue Geschäftsmodelle?Mobilität steht im Verruf - insbeson-dere wenn sie auf herkömmliche Ver-brennungsmotoren angewiesen ist. Motorisierter Individualverkehr (Pkw) und Schwerlastverkehr emittieren in erheblichem Maße klimaschäd-liche Gase und werden seit Jahren zunehmend politisch reglementiert. Große Erwartungen werden daher mit nachhaltigen Mobilitätsinnovatio-nen verbunden. Ins globale Interesse rückt die auf Akkumulatoren basie-rende Elektromobilität. Ihre Vorteile überzeugen: einerseits wesentlich ge-ringere Emissionen – unter Annahme eines mindestens gemäß EU-Mix oder sogar rein aus erneuerbaren Ener- gien gewonnenen Stroms – gegen-über konventionellen Motoren bei Pkw und Schwerlastverkehr, ander-seits größerer Anwendungsnutzen bei Fahrrädern mit unterstützendem Elek-troantrieb (Pedelecs) dank höherer Geschwindigkeiten und geringerem Trittaufwand für den Nutzer.

Wandel der Mobilität durch staat-liche Förderung?Nachteilig wirken sich bislang hohe Investitionskosten bei Batterieproduk- tion und Aufbau von Ladeinfrastruk-tur auf die aktuelle Marktdurchdrin-gung von Elektromobilitätsprojekten aus. Steigende Ölpreise und schär-fere Emissionsauflagen lassen aber

in Zukunft erhebliches Marktpotenzial erwarten. Deshalb hat die Bundes-regierung bereits im Jahr 2008 den Nationalen Entwicklungsplan Elektro-mobilität eingesetzt und Fördergelder sowie steuerliche Anreize für Elektro-mobilitätsprojekte in Aussicht gestellt.

Da sich die Elektromobilitäts- förderung in Deutschland nicht auf große Industrieprojekte beschränkt, sondern tendenziell breiter und in kleinteilige Projekte gestreut wird, sind unterschiedliche Einsatzmöglichkei-ten für Elektromobilitätsanwendun-gen im Alltags-, Tourismus- oder be-rufsbezogenem Verkehr und in daran anknüpfenden Geschäftsmodellen denkbar. Der Innovationsverbund Nachhaltiger Mittelstand (INaMi) am CSM hat seit 2012 mehrere Umset-zungsmöglichkeiten für elektromobile Anwendungen auf ihre Tragfähig-keit in der Praxis geprüft. Dabei lag der Projektfokus auf der so genann-ten leichten Elektromobilität, z.B. im Einsatz mit Pedelecs und ihrer An-wendbarkeit in Mittelzentren und im ländlichen Raum. Von mehreren IN-aMi-Projekten werden im Folgenden drei skizziert.

Einsatzmöglichkeiten für leichte Elektromobilität – im Tourismus-verkehr…In Kooperation mit INaMi und dank einer finanziellen Förderung aus ei-nem Klimawettbewerb des Landes Niedersachsen hat der Landkreis Lü-chow-Dannenberg am Ost-Bahnhof in Dannenberg ein Verleihsystem mit 20 hochwertigen Pedelecs einge-richtet. Neben Bewohnern der Stadt Dannenberg gehören vor allem Tages- touristen, die von Dannenberg aus die umliegende Tourismusregion Wendland erkunden wollen, zur Ziel-gruppe des Verleihsystems. Betrieben wird das am Bahnhof angesiedelte System von einer lokalen Einrichtung, die auch den Alltagsbetrieb des Bahnhofs mit Gastronomie und Fahr-kartenverkauf gewährleistet.

In den beiden ersten Betriebsjahren war der Pedelec-Verleih trotz attrak-tiver Preisgestaltung sowie intensiver Vermarktung und Verknüpfung mit den übrigen Tourismusaktivitäten des Landkreises nicht immer voll ausgelas-tet. Kombinierte Pakete mit Pedelecs und Elbebootstour trugen durchaus zur regelmäßigen Nutzung des Ver-leihangebots bei. Aus unseren Untersu-chungen ließ sich jedoch festhalten, dass viele Tagestouristen bislang mit dem Pkw anreisen und vor Ort eher selten aus dem Pkw auf ein Pedelec umsteigen. Eine Chance zur stärkeren Auslastung des Pedelec-Verleihange-bots liegt daher insbesondere in der Optimierung der bisherigen Verkehr-sanbindung mit Regionalzugverbin-dungen aus Hamburg über Lüneburg bzw. aus Uelzen. Auf Bestreben des Landkreises werden ab Ende 2014 der Dannenberger Bahnhof in den Nah-verkehrsverbund der angrenzenden Metropolregion Hamburg aufgenom-men und die Zugfrequenztakte am hiesigen Bahnhof neu eingerichtet. Dadurch versprechen sich Landkreis und INaMi Vorteile für Tagestouristen, die aus der Metropolregion Hamburg anreisen und per Kombi-Ticket vom Zug direkt auf das Verleih-Pedelec steigen können. Durch diese ver-netzte Verkehrssysteintegration lässt sich mittelfristig eine Stärkung für das Geschäftsmodell des Pedelec-Ver-leihsystems erwarten.

…sowie im berufsbezogenen Ver-kehrNeben der Anwendung leichter Elektromobilität im Tourismusbereich wurden auch mehrere Teilprojekte im Berufspendelverkehr von INaMi untersucht. Unter anderem hat der mittelständische Projektpartner Werk-haus Design + Produktion GmbH ein Pedelec-System für Mitarbeiter reali-siert. Aufgrund seines Firmensitzes im ländlich geprägten Raum und eines im Mittel auf den Landkreis ausge-dehnten Wohnortsradius der Mitar-

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beiter ist der Anteil an per Pkw an-reisenden Berufspendlern sehr hoch. Daher hat die Geschäftsführung des u.a. auf ökologische Nachhaltigkeit und klimaschonenden Wirtschaftens bedachten Unternehmens ein spe- zielles Pedelec-Angebot für interes-sierte Mitarbeiter entwickelt.

Umgesetzt wurde das Projekt direkt mit einem in Deutschland ansässigen Pedelec-Produzenten und einem Fi-nanzierungspartner für das Leasing der Fahrräder, ohne einschlägige Dienst-

radanbieter einbinden zu müssen. Im Sommer 2014 wurden S-Pedelecs, die dank der Elektromotorunterstüt-zung höhere Geschwindigkeiten bis 45 km/h ohne übermäßige Anstren-gung ermöglichen, an 15 Mitarbeiter übergeben. Diese absolvieren damit täglich Strecken zwischen Wohn- und Arbeitsort von vier bis 30km. Etwa drei Viertel der Nutzer sind zuvor mit Pkw gependelt. Auch die beiden Ge-schäftsführer, Eva und Holger Danne-berg, nutzen das neue Mobilitätsan-gebot und absolvieren täglich über 20km Fahrstrecke je Richtung – über-zeugend ist für sie die „Kombination aus produktivem Sporttreiben und täglicher Anreise zum Betriebssitz“.

Die teilnehmenden Mitarbeiter hin-terlassen nach eigener Einschätzung einen ausgeglichenen Eindruck im Berufsalltag und begrüßen ihre ge-sunkenen persönlichen Kosten bei der Anreise zum Arbeitsplatz. Dank steuerlicher Anreize der Bundesregie-rung in Form eines geldwerten Vorteils unterbieten die persönlichen Kosten der Pedelec-Nutzer anfallende Ben-zinkosten bei der Pkw-Anreise teils er-

heblich und werden monatlich direkt vom Gehalt abgezogen. Werkhaus Design + Produktion GmbH bietet seinen Mitarbeitern zudem die Mög-lichkeit, die Batterien der Pedelecs direkt am Firmensitz mit Strom aus der firmeneigenen PV-Anlage kostenfrei aufzuladen. Inzwischen ist die betrieb-sinterne Nachfrage so gestiegen, dass die nächsten 10 Pedelecs bestellt wur-den.

Daneben wird auch am Standort Verden, einem Mittelzentrum mit

prosperierenden Gewerbegebieten und hohem Pendleraufkommen, ak-tuell eruiert, wie mit passgenauen Angeboten leichter Elektromobilität der hohe motorisierte Pendlerindivi-dualverkehr verringert werden kann. Im ersten Schritt wurde eine speziell auf die Gewerbegebiete und den Personenzugverkehr abgestimm-te Nahverkehrsbuslinie eingerichtet, die laut Auskunft des Projektpartners AllerBus sehr gut angenommen wird und zu den Schichtwechselzeiten der Gewerbegebietsunternehmen stark frequentiert ist. Um die Mobilitätsbe-dürfnisse der Unternehmen und ihrer pendelnden Mitarbeiter noch be-darfsgerechter und zugleich ressour-censchonender bedienen zu können, wird in Zusammenarbeit mit INaMi geprüft, ob ein lokales Pedelec-Ver-leihsystem zur Ergänzung der Busli-nie und zur nutzerorientierten Trans-portbedienung eingerichtet werden könnte.

FazitDie Projekte zeigen, dass Anwen-dungspotenziale und Geschäftsmo-delle für Lösungen leichter Elektromo-bilität realisiert werden können – und das nicht nur, wie anderorts vielfach erprobt, in urbanen Zentren, sondern auch in Mittelzentren und im ländli-chen Raum. Um erfolgreich zu sein, sollten Elektromobilitätsprojekte mög-lichst nutzerorientiert in bestehende, stark frequentierte Verkehrseinheiten integriert werden, was insbesondere im ländlichen Raum nicht immer einfach und schematisch umgesetzt werden kann. Erfolgsmodelle wie das Beispiel Werkhaus Design + Produktion GmbH verdeutlichen, dass der Wandel hin zu einer nachhaltigeren, in den Alltag integrierten Mobilität ohne Verzicht, kosteneffizient und bedürfnisorientiert stattfinden kann. Hieran sollten sich er-folgreiche Geschäftsmodelle für Elektro-mobilität in Zukunft orientieren.

Matthias Schock

Projekt:

„Leichte Elektromobilitätsangebote für Unternehmen und Organisationen in der Konvergenzregion Lüneburg“

Projektleitung:

Prof. Dr. Stefan Schaltegger; Dr. Holger Petersen

Kontakt:

Matthias Schock Tel: 04131 677 2211 E-Mail: [email protected]

„Die Projekte zeigen, dass Anwendungspotenziale und Geschäftsmodelle für leichte Elektromobilität realisiert werden können – und das nicht nur, wie anderorts vielfach erprobt, in urbanen Zentren.“

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B E R I C H T

Entwicklung von Geschäfts-modellen zur Verwertung von Elektro-Altgeräten

Zunehmend mehr Elektrogeräte werden hergestellt; ihre Nutzungs-phase und somit ihr Leben wer-den immer kürzer. Neben dem steigenden und bereits hohen Ressourcenverbrauch in der Her-stellung führen Elektro-Altgeräte zu einem weiteren Problem: wo-hin mit den alten Geräten? Dieser Frage geht die Forschungsgrup-pe „Geschäftsmodelle zur Ver-wertung von Elektro-Altgeräten“ nach. Zusammen mit verschie-denen Partnern aus der Region Lüneburg untersucht das CSM die Barrieren, aber auch die Anreize zur Überwindung dieser Heraus-forderung. Im Vordergrund ste-hen dabei Geschäftsmodelle für IT- und Kommunikationstechnik-geräte, da Letztere durch einen besonders kurzen Lebenszyklus gekennzeichnet sind.

Welches Potenzial verbirgt sich?Dass sich die Verwertung von alten Elektrogeräten lohnen kann, gilt heu-te weitestgehend als selbstverständ-lich. Oft wird darunter primär eine stoffliche Verwertung (Recycling) verstanden, bei der Wertstoffe wie Edelmetalle extrahiert und zu Sekun-därrohstoffen aufbereitet werden. Dennoch ist die stoffliche Verwertung die möglicherweise unwirtschaftlichs-te Lösung, denn Elektrogeräte kön-nen oft ein längeres Leben haben als der Erstbesitzer erwartet (Abbildung 1). Der Wert der Wertstoffe in einem gebrauchten Laptop beträgt derzeit ca. 25 Euro und stellt somit ein Bruch-teil des Restwertes des Gerätes dar, wenn dieses eine weitere Verwen-dung findet.

So können alte Elektrogeräte, insbe-sondere elektronische Produkte wie etwa Rechner oder Mobiltelefone, oft ohne Weiteres auch nach der

abgeschriebenen Lebenszeit (ggf. zweckentfremdet) verwendet wer-den. Beispielsweise können alte, i.d.R. leistungsstarke Firmenrechner für den weniger anspruchsvollen privaten Gebrauch eingesetzt werden. Des Weiteren werden Geräte, die nach ihrer Garantie ausfallen, oft nicht re-pariert, da dies sich für den Besitzer nicht lohnen würde.

In diesen beiden realtypischen Bei-spielen würden die Geräte recycelt werden, da dies gesetzlich vorge-schrieben ist. Die dadurch entstehen-de Wertvernichtung (s. Abbildung 1) wurde jedoch bereits als Geschäfts-feld wahrgenommen. So gibt es ei-nige Unternehmen, die besonders attraktive Geräte wiederaufbereiten und dem Markt wiederzuführen. Lei-der ist dies zurzeit die Ausnahme. Ein Großteil der 1,8 Millionen Tonnen Elek-trogeräte, die in Deutschland jährlich im Abfall landen, hatte nur einen Be-sitzer.

Warum wird dieses Potenzial nicht ausgeschöpft?Der ökonomische Anreiz, alte Elekt-rogeräte zu sammeln, aufzubereiten und abzusetzen, ist in vielen Fällen ge-

geben. Doch einige Gegebenheiten verhindern, dass eine umfangreiche Verwertung zum Selbstläufer wird.

Zum einen fallen unterschiedliche Ar-ten von Abfällen an. So haben bei-spielsweise kleine Geräte wie etwa Handys eine andere Zusammenset-zung als größere Geräte, weshalb unterschiedliche Vorgänge in der Re-paratur oder Widerherstellung vonnö-ten sind. Um die Wirtschaftlichkeit der Aktivitäten zu sichern, wird eine hohe Effizienz vorausgesetzt, die einen ho-hen Spezialisierungsgrad erfordert. So ist ein auf stoffliche Verwertung spe-zialisiertes Unternehmen nicht in der Lage, die Reparatur und den Vertrieb auf einem Sekundärmarkt effizient zu übernehmen.

Ein weiterer, im Rahmen des Projek-tes identifizierter Grund für die nicht ausgeschöpften Potenziale ist der Zugang zu alten Geräten bzw. der damit verbundene Aufwand. So sind große Unternehmen oft mit langfristi-gen Verträgen an Entsorger gebun-den, die die gebrauchten Geräte ex-portieren. Zweck des Exportes ist i.d.R. kostengünstiges Recycling, das aber unter schlechten ökologischen und sozialen Bedingungen durchgeführt werden kann.

Abb. 1: Wertvernichtung durch Recycling von funktionstüchtigen oder wirtschaft-lich reparierbaren Geräten

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Geschäftsmodell: Unterschied- liche Spezialisten zusammenfüh-renDie bisherigen Ergebnisse der Arbeits-gruppe führen zur Erkenntnis, dass die obigen Hürden mit einer Zusam-menarbeit verschiedener Spezialisten überwunden werden können. Eine beispielhafte Aufstellung dieser Ak-teure zeigt Abbildung 2.

Zunächst erfordert eine großflächige Sammlung von Geräten von privaten Haushalten eine Organisation, die ein effizientes Sammeln ermöglicht. An-satzpunkte für hohe Effizienz stellen hierbei Skalenerträge sowie Sichtbar-keit und gesellschaftliche Akzeptanz dar. Dies ist die typische Domäne lokaler und regionaler Entsorgungs-unternehmen. Regionale Entsorger sind in der Regel jedoch auf die stoff-liche Verwertung von Elektrogeräten mit nur einer einfachen Vortrennung ausgerichtet, sodass die wiederge-wonnen Wertstoffe einen niedrigen Marktwert erzielen.

Ein wesentlich höherer Erlös der wie-dergewonnen Rohstoffe ist nur mit einem erhöhten Aufwand zu erzie-len. Weil dieser Aufwand in der Regel nicht durch eine mechanische Ratio-nalisierung zu ersetzen und unter den Marktbedingungen in Deutschland selten lohnenswert ist, übernehmen nur wenige Unternehmen diese Auf-gabe. Ein Beispiel für das Begegnen dieser Herausforderung stellen Unter-nehmungen dar, die einen alterna-tiven Zugang zum Arbeitsmarkt ge-funden haben. Ein konkretes Beispiel hierfür sind Organisationen, die Men-schen mit körperlicher oder geistiger Behinderung beschäftigen.

Auch der Verkauf aufbereiteter Gerä-te erfordert eine Professionalisierung, oft neue Infrastruktur (z.B. Geschäf-te) sowie durchdachte Konzepte der Preisgestaltung.

Zu den Gründen, weshalb Koopera-tionen wie in Abbildung 2 dargestellt

noch nicht zu beobachten sind, ge-hören: Zum einen ist die Organisation dieser Wertschöpfungsketten auf-wändig. Zum anderen müssen die Absatzmärkte für aufbereitete IT-Ge-räte noch entwickelt werden.

FazitDie steigenden Mengen an Alt-Elek-trogeräten stellen eine klar wahr-nehmbare Herausforderung für die Gesellschaft dar. Entgegenwirkende politische Maßnahmen waren bisher wenig erfolgreich. Einfache Maßnah-men einzelner wirtschaftlicher Ak-teure wurden bereits mehrfach aus-gelotet. Doch ein gesellschaftlicher Wandel geht selten an der Involvie-rung ökonomischer Akteure vorbei. Die Entwicklung neuer, skalierbarer Geschäftsmodelle kann deshalb nicht ohne die Beteiligung verschie-dener Spezialisten erfolgen.

Dr. Dimitar Zvezdov

Abb. 2: Zusammenarbeit von Spezialisten zur Wiederverwendung und Verwertung von IT-Geräten

Projekt:

„Geschäftsmodelle zur Verwertung von Elektro-Altgeräten“

Projektpartner:

Unternehmen und Organisationen aus der Region Lüneburg

Kontakt:

Dr. Dimitar Zvezdov Tel.: 04131 677 2013 E-Mail: [email protected]

IMPULSE | 02/2014 - 16 - www.leuphana.de/csm

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B E R I C H T

Nachhaltigkeitsorientierte Geschäftsmodellinnovation im internationalen Vergleich

Westeuropäische und ostasia-tische Großunternehmen nut-zen die Potenziale nachhaltiger Geschäftsmodellinnovation am konsequentesten. In Deutschland bleiben die damit einhergehen-den Chancen dagegen teilweise ungenutzt. Dies ergab eine vom Centre for Sustainability Manage-ment koordinierte internationale Studie unter Großunternehmen aus elf Ländern.

Von Nachhaltigkeitsmanagement ver-sprechen sich deutsche Großunter-nehmen zunehmend positive Effekte auf Ihren Geschäftserfolg und ihre Wettbewerbsfähigkeit (Schaltegger et al. 2012). Um dieses Ziel zu errei-chen, lassen sich unterschiedliche Erfolgstreiber identifizieren, die zur Schaffung von „Business Cases for Sus-tainability“ beitragen. So können Un-ternehmen z. B. Umsatzsteigerungen durch das Bewerben nachhaltiger Produkte erzielen oder ihre Reputa-tion durch die Außenkommunikation von Umwelt- oder Sozialmaßnahmen

fördern. Darüber hinaus haben Un-ternehmen die Möglichkeit, durch ihr Nachhaltigkeitsmanagement neue Geschäftsbereiche mit Nachhaltig-keitsbezug zu entwickeln und so zu-sätzliche Business Cases zu schaffen (vgl. Schaltegger et al. 2011). Bislang ist allerdings wenig darüber bekannt, inwieweit Großunternehmen von die-ser Möglichkeit Gebrauch machen und wie sich die Bedeutung von Ge-schäftsmodellinnovationen im inter-nationalen Vergleich unterscheidet.

Um diese Forschungslücke zu adres-sieren, hat das Centre for Sustaina-bility Management im Rahmen des „International Corporate Sustainabi-lity Barometer“ (ICSB; Schaltegger et al. 2014) erhoben, welche Treiber von Business Cases for Sustainability von Großunternehmen weltweit genutzt werden und inwieweit sich Unterneh-men dadurch positive Auswirkungen auf Geschäftsmodellinnovationen versprechen. Zu diesem Zweck un-tersucht das ICSB Projekt den inter- nationalen Praxisstand und Fortschritt von unternehmerischer Nachhaltig-

keit und Corporate Social Respon-sibility (CSR). Für die Studie wurden Managerinnen und Manager in den Bereichen Nachhaltigkeit, Umwelt, Arbeitsschutz und -sicherheit bzw. CSR der größten Unternehmen in elf verschiedenen Ländern aus Europa, Asien, Australien und Nordamerika gebeten, einen Fragebogen auszu-füllen. Insgesamt umfasst die Studie Daten von 468 Unternehmen, mit ei-ner Rücklaufquote von 22,5%. Das Projekt baut dabei auf einer mehr als zehnjährigen Erfahrung des CSM mit einer Reihe vorangegangener Befra-gungen in Deutschland auf.

Mit Hinblick auf die Nutzung von nachhaltigkeitsorientierten Ge-schäftsmodellinnovationen zur Stei-gerung der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit verdeutlichen die Ergebnisse der Studie, dass Un-ternehmen im Vergleich zu anderen Treibern nur selten Maßnahmen er-greifen, die Geschäftsmodellinnova-tionen bezwecken. Deutlich häufiger werden dagegen interne Prozess- optimierung und Reputation ange-sprochen. Nichtsdestotrotz geben nur 12% der befragten Unternehmen an, den Treiber Geschäftsmodellinnova-tion nie zu nutzen. Im internationalen Vergleich zeigen sich bezüglich der Nutzung von nachhaltigkeitsorien-tierten Geschäftsmodellinnovation zur Steigerung des Unternehmenser-folges darüber hinaus beträchtliche Unterschiede. Abbildung 1 verdeut-licht, dass in erster Linie westeuropä-ische (v. a. Frankreich) und ostasiati-sche (v.a. Japan) Unternehmen den Treiber Geschäftsmodellinnovation adressieren. Dementsprechend wird in diesen Ländern auch vermehrt ein positiver Effekt des Nachhaltigkeits-managements auf Geschäftsmodel-linnovationen erwartet (Abb. 2). Am seltensten nutzen Unternehmen in Australien und den USA die Möglich-keit durch Nachhaltigkeitsmanage-ment Geschäftsmodellinnovationen

Abb. 1: Anwendung des Business Case Treibers ‚Geschäftsmodellinnovation‘ im inter-nationalen Vergleich.

IMPULSE | 02/2014 - 17 - www.leuphana.de/csm

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zu erzeugen (Abb.1). Die deutschen Großunternehmen liegen bezüglich der Nutzung des Business Case Trei-bers ‚Geschäftsmodellinnovationen‘ im vorderen Mittelfeld. Eine positi-ve Wirkung erwarten die deutschen Nachhaltigkeitsmanager dennoch nur vergleichsweise selten.

Um die positiven Effekte des Nachhal-tigkeitsmanagements auf Geschäfts-modellinnovationen zu stärken, sind deutsche Großunternehmen daher gefordert sich an (internationalen) Best-Practice Beispielen zu orientie-ren. Zudem könnte ein verstärkter Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis dazu beitragen, Potenziale, die mit nachhaltigkeitsorientierten Ge-schäftsmodellinnovationen einher-gehen, zukünftig noch umfassender zu nutzen. Dies würde es deutschen Großunternehmen ermöglichen, ih-ren Geschäftserfolg z. B. durch nach-

haltigkeitsorientierte Diversifizierung zu sichern. Gleichzeitig könnte eine verstärkte Ausrichtung des Nachhal-tigkeitsmanagements auf Geschäfts-modellinnovationen einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung von Gesellschaft und Umwelt leisten, in-dem Konsumenten neue Produkte und Dienstleistungen mit Nachhaltig-keitsbezug angeboten werden.

Dr. Dorli Harms & Dr. Jacob Hörisch

Abb. 2: Ausmaß zu dem von Nachhaltigkeitsmanagementaktivitäten eine positive Wirkung auf Geschäftsmodellinnovation erwartet wird.

Literatur:

Schaltegger, S.; Hörisch, J.; Windolph, S.E. & Harms, D. (2012): Corporate Sustainability Barometer 2012: Prax-is-stand und Fortschritt des Nachhal-tigkeitsmanagements in den größten Unternehmen Deutschlands. Lüne-burg: Centre for Sustainability Man-agement.

IMPULSE | 02/2014 - 18 - www.leuphana.de/csm

Schaltegger, S.; Lüdeke-Freund, F. & Hansen, E.G. (2011): Business Cases for Sustainability and the Role of Busi-ness Model Innovation. Developing a Conceptual Framework. Lüneburg: Centre for Sustainability Manage-ment.

Schaltegger, S.; Windolph, S.E.; Harms, D. & Hörisch, J. (Eds.) (2014): Corpo-rate Sustainability in International Comparison: State of Practice, Op-portunities and Challenges. Cham: Springer International Publishing

Weitere Informationen:

http://www.leuphana.de/institute/csm/forschung-projekte/corpo-rate-sustainability-barometer.html

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IMPULSE | 02/2014 - 19 - www.leuphana.de/csm

35 Experten aus Industrie und Wis-senschaft haben am 16. Septem-ber 2014 am CSM die Fortschritte und neuen Anwendungsfelder der Schwungradspeichertechnik disku-tiert. Motivation des Expertentreffens war die zunehmende Bedeutung von Speichertechnologien in der Energie-wende.

Gegenüber konventionellen Spei-chertechnologien bieten die rein mechanischen Schwungradspeicher wesentliche Umweltvorteile und kön-nen, wenn alle Lebenszykluskosten vollständig betrachtet werden, auch eine ökonomisch wettbewerbsfähige Alternative zu konventionellen Spei-chern darstellen. So ist am CSM die Idee geboren worden, die Entwick-lung der Nischentechnologie durch Vernetzung wesentlicher nationaler und internationaler Akteure zu unter-stützen und dadurch entstehende Innovationsprozesse zu erforschen. Ermöglicht wurde die Durchführung durch die Kooperation des EU-ge-förderten Innovations-Inkubators und des am Centre for Sustainabi-lity Management durchgeführten EU-Projekts „I4S“ (Innovation for Sus-tainability) der Leuphana Universität Lüneburg.

Der Vormittag des Workshops war durch Impulsvorträge von Exper-ten aus Wissenschaft und Indus-trie geprägt: Zunächst gab Prof. Dr. i.R. Wolf-Rüdiger Canders von der Technischen Universität Braun-schweig einen Überblick aktueller technologischer Entwicklungen und daraus resultierenden stationären und mobilen Anwendungsfeldern.

Dr. Hendrik Schaede von der Tech-nischen Universität Darmstadt zeig-te den Forschungsstand im Bereich leichter Verbundmaterialien und rei-bungsarmer Magnetlagertechnik auf, die schneller drehende Schwungrä-der, und dadurch Speicher mit mehr Leistung, ermöglichen. Abschließend gab Dipl.-Ing. Ralph Sawallisch vom

Unternehmen SIEB & MEYER AG einen Einblick in die Möglichkeiten und He-rausforderungen der elektronischen Steuerung von Hochgeschwindig-keitsschwungrädern.

Im Anschluss wurden neue Anwen-dungsfelder der umweltfreundlichen Speichertechnologie in intensiven Kreativitätssessions ausgearbeitet und ihr Marktpotenzial kritisch be-wertet. Dabei wurde das Potential für sehr vielfältige Anwendungsfelder deutlich: Sie lassen sich für die Stabili-sierung von Stromnetzen stationär ein-setzen, zum Ausgleich fluktuierender erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne, zur Bremskraftrekuperation

oder Leistungssteigerung in mobilen Anwendungen (z.B. Straßenbahnen), oder sogar für die Gestaltung von autarken Energiesystemen auf Inseln. Auch wurden einige Anwendungsfel-der kritisch beleuchtet: So wurde der Schwungradspeichereinsatz in Privat-gebäuden als eher schwierig einge-schätzt, da für die Zukunft ein hohes Volumen an ausrangierten Batterien aus Elektrofahrzeugen für eine Zweit-verwendung in Häusern günstig ver-fügbar sein wird.

Der Expertenworkshop ist zum ersten Treffen der Schwungradspeicher-branche geworden. Während der Abschlussdiskussion haben die Teil-nehmer das Bedürfnis nach besserer Vernetzung ausgesprochen und zahl-reiche Ideen entwickelt, wie diese in Zukunft gestärkt werden könnte. Der Lüneburger Expertenworkshop ist da-mit auf einen eindeutigen Bedarf ge-stoßen.

Die Organisatoren untersuchen der-zeit mögliche Optionen für die wei-tere zukünftige Vernetzung der noch jungen Industriebranche.

Kontakt:

Prof. Dr. Erik G. Hansen [email protected]

Samuel Wicki [email protected]

T A G U N G

Experten diskutieren: Beitrag der Schwungradspeicher- Technologie zur Energiewende

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IMPULSE | 02/2014 - 20 - www.leuphana.de/csm

Eröffnet wurde das Energieforum mit einer Podiumsdiskussion mit SPD-Poli-tikerin Nina Scheer, Prof. Dr. Erik Han-sen, Gastprofessur Management der Energiewende vom CSM, Positiv-Ener-gie-Unternehmer Wolfgang Schmalz, Geschäftsführer, J.Schmalz GmbH und Lothar Nolte, Leiter der neu ge-gründeten Klimaschutz- und Energie-agentur Niedersachsen (siehe Bild). Auch Klaus Töpfer, Bundesumweltmi-nister a.D., war für eine Rede zur Ener-giewende zu Gast.

Das CSM bot am Nachmittag zwei Workshop-Sessions an.

I. Workshop Energiemanagement für den MittelstandDer Innovationsverbund Nachhal-tiger Mittelstand (INaMi) gestaltete auf dem Leuphana Energieforum Ende September einen Workshop zum Energiemanagement für den Mittelstand. Matthew Johnson und Ursula Weber stellten zahlreichen Unternehmensvertreterinnen und -vertretern die Vorgehensweise und Ergebnisse der INaMi-Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeitsmanagement mit System für KMU“ vor. Eva Danneberg, Geschäftsführerin der Werkhaus De-sign + Produktion GmbH, präsentier-te die Maßnahmen und Erfahrungen des mittelständischen Unternehmens (z.B. Holzheizwerk, LED-Leuchten und E-Bikes für die Mitarbeitenden), die gemeinsam mit den Wissenschaftlern erarbeitet wurden.

Mit dabei war auch das Compet- ence Centrum mittelständische In-dustrie GmbH mit Geschäftsführer

Professor Dr. Heinrich Schleich, der den ganzheitlichen, prozessorientier-ten Ansatz seines Beratungsunterneh-mens zur Steigerung der Energieeffizi-enz aufzeigte. In dem gut besuchten Forum aller Teilnehmenden am Ener-gieforum ergab sich im Anschluss eine interessante Diskussion über Kosten und Nutzen von Managementsyste-men im Energiebereich.

Kontakt: Ursula WeberInnovations-Inkubator und Centre for Sustainability Management (CSM) [email protected]

II. Praxisforum Wärmewende durch Haustechnik – Trends, Technik, Thesen Da ein Großteil des Energieverbrauchs in Deutschland auf Wärmeenergie in Haushalten zurückgeht, wurde in die-sem Forum Lösungsansätze rund um die Haustechnik diskutiert.

Abbildung: Herr Helmut Jäger, Geschäfts-führer Solvis GmbH & Co KG zur Solarther-mie

Expertenvorträge lieferten den the-matischen Grundstoff:

Zunächst präsentierte Helmut Jä-ger, Geschäftsführer der Solvis GmbH & Co KG (gleichzeitig Vize-Vorsitzen-der des Bundesverband Solarwirt-schaft BSW-Solar), über die Chancen der Solarthermie. Solvis ist ein Markt-führer für solarthermische Anlagen und ausgezeichnet u.a. für deren Her-stellung in einer Nullemissionsfabrik.

Jörg Gerdes, Inhaber und Ge-schäftsführer der CLAGE GmbH in Lü-neburg präsentierte seine Vision einer stromgeführten Energiewende in der Wärme und Warmwasser zunehmend aus der Stromleitung kommen. Clage ist führender Hersteller für Durchlau-ferhitzer und wurde mit zahlreichen Design-Preisen ausgezeichnet.

Abschließend zeigte Herr Jörn Leu-schner, Geschäftsführer der Fa. RICH-TER GmbH, die Herausforderungen der Wärmewende aus der Perspekti-ve des Handwerks. Der Betrieb ist seit vielen Jahren auf innovative umwelt-freundliche Haustechnik ausgerich-tet.

Kontakt: Prof. Dr. Erik HansenInnovations-Inkubator und Centre for Sustainability Management (CSM) [email protected]

T A G U N G

CSM engagiert beim Leuphana Energieforum 2014

Klaus Töpfer (Foto links); Nina Scheer, Erik Hansen, Wolfang Schmalz & Lothar Nolte (Foto rechts, v.l.)

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PersonaliaNeue Mitarbeiterin Iolanda Saviuc

Iolanda Saviuc ist seit Oktober 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centre for Sustainability Manage-ment (CSM). Gemeinsam mit Birte Freudenreich und Marten Stock be-schäftigt sie sich in dem Forschungs-projekt SUST-BMA mit der Bewertung von nachhaltigen Geschäftsmodel-len. Nach ihrem Diplom in Wirtschafts-ingenieurwesen absolvierte Iolanda Saviuc den Master in öffentlichem und betrieblichem Umweltmanage-ment. Sie bringt Praxiserfahrung in CSR, Datenauswertung und nachhal-tiger Energieberatung mit zum CSM.

Das CSM wünscht Jacob Hörisch viel Erfolg

Dr. Jacob Hörisch verlässt das CSM, um eine Juniorprofessur für Sustainab-le Innovation & Entrepreneurship an der Alanus Hochschule anzunehmen. Am CSM war er im „Corporate Sus-tainability Barometer (CSB)“ Projekt beschäftigt, das den Praxisstand und Fortschritt von Nachhaltigkeitsma-

nagement in Großunternehmen er-fasst, sowie mit der Lehrveranstaltung Sustainable Entrepreneurship betraut.

An der Alanus Hochschule wird er als erster Inhaber der neu geschaffenen Juniorprofessur den Forschungsbe-reich Sustainable Innovation & Entre-preneurship in Forschung und Lehre aufbauen.

Die Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft bei Bonn ist eine staat-lich anerkannte Hochschule mit uni-versitärem Status. Weitere Informati-onen: www.alanus.edu sowie www.wirtschaft-neu-denken.de.

Spitzenwert bei Promotionsverfahren

In den vergangenen zwölf Mona-ten wurden insgesamt sechs Promo- tionverfahren erfolgreich am Institut abgeschlossen. Im Jahr 2014 ist in dieser Hinsicht ein neuer Spitzenwert erreicht. Noch nie seit der Gründung des Centre for Sustainability Manage-ment (CSM) konnten in einem Jahr so viele Doktorengrade verliehen wer-den.

Millionensegen für Nachhaltig-keitsforschung

Vier neue Forschungsprojekte aus dem Themenfeld Nachhaltigkeit, mit einem Volumen von über 4,5 Millionen Euro, starten 2015 an der Leuphana Universität Lüneburg. Die Projekte finden im Rahmen des neuen Förderprogramms „Wissen-schaft für nachhaltige Entwicklung“ der VolkswagenStiftung und des Landes Niedersachsen statt. Da-bei geht es hauptsächlich um so-zial-ökologische Forschung, neue Methoden für eine nachhaltige Stadt- entwicklung und nachhaltigen Kon-sum von Informationstechnologie.

Auch ein Forschungsprojekt am Cen-tre for Sustainability Management (CSM) unter Koordination von Prof. Stefan Schaltegger und Prof. Erik G. Hansen wird unterstützt. Aber Früh-jahr 2015 werden im Projekt „Parti-zipations-, Engagement- und Open

Innovation Methoden für nachhaltig-keitsorientierte Innovationen im An-wendungsfeld IKT“ untersucht

Promotionen am CSM

Die folgenden Promotionen wurden 2014 erfolgreich von den wissen-schaftlichen Mitarbeitern des CSM abgeschlossen:

Zeyen, Anica

Scaling Strategies of Social Entre-preneurship Organizations - An Ac-tor-Motivation Perspective

Wuczkowski, Matthäus

Biodiversität und Unternehmen. Un-tersuchung nachhaltigkeitsorientier-ter organisationaler Lernprozesse zum Erhalt von Biodiversität

Klewitz, Johanna

An Analysis of Interactions for sustain-ability-oriented Innovations by SMEs

Hörisch, Jacob

The Role of Large Companies in Sus-tainability Transistions. An Empirical Analysis of Corporate Sustainability Focusing on Influencing Factors, Im-plementation, Effects and Internatio-nal Differences

Harms, Dorli

Forms of Interaction in Sustainable Supply Chain Management: An Ana-lysis of Organisational Spheres

Richter, Mario

Business Model Innovation for rene-wable energies - Lessons from the German electric power sector

Neuigkeiten aus dem CSM

IMPULSE | 02/2014 - 21 - www.leuphana.de/csm

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Ahrens, C. (2014): Nachhaltigkeit in der Automobilpro-duktion: Inwieweit kann der Geschäftserfolg eines Au-tomobilherstellers von einem nachhaltigen Produktions-modell profitieren? Lüneburg: Centre for Sustainability Management.

Beckmann, M. & Zeyen, A. (2014): Franchising as a Stra-tegy for Combining Small and Large Group Advantages (Logics) in Social Entrepreneurship: A Hayekian Perspec-tive, Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, Vol. 43, No. 3, 502–522.

Beckmann, M. & Schaltegger, S. (2014): „Unternehme-rische Nachhaltigkeit“, in: H. Heinrichs & G. Michelsen (Hrsg.): Nachhaltigkeitswissenschaften. Berlin/Heidel-berg: Springer Spektrum, 321–367.

Breuer, H. & Lüdeke-Freund, F. (2014): „Normative In-novation for Sustainable Business Models in Value Net-works.“, in: Huizingh, K.; Conn, S.; Torkkeli, M. & Bitran, I. (Hrsg.): The Proceedings of XXV ISPIM Conference : Inno-vation for Sustainable Economy and Society.

Crutzen, N. & Schaltegger, S. (2014): „Do Large Com-panies Ignore Formal Sustainability Management Cont-rols?“, in: Proceedings 2014 EMAN Conference.

Grünberg-Bochard, J. & Schaltegger, S. (2014): „Zukunfts-strategie Nachhaltiges Unternehmertum“, in: Müller, C. von & Zinth, C.-P. (Hrsg.): Managementperspektiven für die Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts: Management als Liberal Art. Wiesbaden: Springer Gabler, 133–152.

Hack, S. & Berg, C. (2014): The Potential of IT for Corpo-rate Sustainability, Sustainability, Vol. 6, No. 7, 4163–4180.

Halberstadt, J.: Motive und Eigenschaften von Unterneh-mensgründer(inne)n, Berufsbildung – Zeitschrift für Praxis und Theorie in Betrieb und Schule, 2014, No. 147.

Halberstadt, J. (2014): Globale und First-Mover-Vorteile internetbasierter Geschäftsmodelle. Wiesbaden: Sprin-ger.

Halberstadt, J. (2014): „Überwindung mangelnder Praxis-relevanz in den Managementwissenschaften?“, In: Hal-berstadt, J.; Jakob, C. & Schuricht, M. (Eds.): Jenseits des Elfenbeinturms: Universitäre Forschung und praktische Relevanz. Lohmar: Eul Verlag.

Hansen, E. G. (2014): Energiewende trifft Unternehmer-tum: Neue Gastprofessur an der Leuphana Universität Lüneburg. Wirtschaft, Elbe, Weser, Magazin der Indust-rie- und Handelskammer Stade, Vol. 62, No. 6, 20.

Harms, D. (2014): Forms of Interaction in Sustainable Sup-ply Chain Management: An Analysis of Organisational Spheres. Leuphana Universität Lüneburg. Lüneburg.

Harms, D.; Hörisch, J.; Schaltegger, S. & Windolph, S. E. (2014): „International Corporate Sustainability Baro-meter: Introduction and Structure“, in: Schaltegger, S.; Windolph, Harms, D. & Hörisch, J. (Eds.): Corporate Sus-tainability in International Comparison: State of Practice, Opportunities and Challenges. Cham: Springer Interna-tional Publishing (Eco-Efficiency in Industry and Science, 31), 3–12.

Hesselbarth, C. & Schaltegger, S. (2014): Educating change agents for sustainability – learnings from the first sustainability management master of business administr- ation, Journal of Cleaner Production, Vol. 62, No. 1, 24–36.

Hörisch, J. (2014): The Role of Large Companies in Sus-tainability Transitions: An Empirical Analysis of Corporate Sustainability Focusing on Influencing Factors, Implemen-tation, Effects and International Differences. Leuphana Universität Lüneburg. Lüneburg.

Hörisch, J. (2014): „International Corporate Sustainability Barometer: Purpose and Approach“, in: Schaltegger, S.; Windolph, Harms, D. & Hörisch, J. (Hrsg.): Corporate Sus-tainability in International Comparison: State of Practice, Opportunities and Challenges. Cham: Springer Interna-tional Publishing (Eco-Efficiency in Industry and Science, 31), 13–19.

Hörisch, J.; Alvarez, I., Ortas, E. & Schaltegger, S. (2014): „The Environmental Efficacy of Sustainability Manage-ment Tools“, in: Proceedings: Conference on Sustaina-bility Reporting and Sustainability Management Control.

Hörisch, J., Schaltegger, S. & Windolph, S. E. (2014): „Overview of the Aggregate Results of the International Corporate Sustainability Barometer“, in: Schaltegger, S.; Windolph, Harms, D. & Hörisch, J. (Eds.): Corporate Sus-tainability in International Comparison: State of Practice, Opportunities and Challenges. Cham: Springer Interna-tional Publishing (Eco-Efficiency in Industry and Science, 31), 21–33.

Hörisch, J.; Windolph, S. E. & Schaltegger, S. (2014): „Cor-porate Sustainability Management in Large German Companies“, in: Schaltegger, S.; Windolph, Harms, D. & Hörisch, J. (Eds.): Corporate Sustainability in International Comparison: State of Practice, Opportunities and Chal-lenges. Cham: Springer International Publishing (Eco-Effi-ciency in Industry and Science, 31), 93–104.

Klewitz, J. & Hansen, E. G. (2014): Sustainability-oriented innovation of SMEs: a systematic review, Journal of Clea-ner Production, Vol. 65, 57–75.

Lüdeke-Freund, F. (2014): BP‘s solar business model: a case study on BP‘s solar business case and its drivers, In-ternational Journal of Business Environment, Vol. 6, No. 3, 300–328.

Aktuelle Publikationen

IMPULSE | 02/2014 - 22 - www.leuphana.de/csm

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Lüdeke-Freund, F. (2014): „Innovation und Evolution von Geschäftsmodellen dargestellt am Beispiel BP Solar“, in: Schallmo, D. R. A. (Eds.): Kompendium Geschäfts- modell-Innovation: Grundlagen, aktuelle Ansätze und Fallbeispiele zur erfolgreichen Geschäftsmodell-Innova-tion. Wiesbaden: Springer Gabler, 257–281.

Lüdeke-Freund, F. & Opel, O. (2014): „Energie“, in: H. Heinrichs & G. Michelsen (Eds.): Nachhaltigkeitswissen-schaften. Berlin/Heidelberg: Springer Spektrum, 429–453.

Morelli, J. & Harms, D. (2014): „The Case of Corporate Sustainability in the United States of America“, in: Schal-tegger, S. Windolph, S., Harms, D. & Hörisch, J. (Eds.): Corporate Sustainability in International Comparison: State of Practice, Opportunities and Challenges. Cham: Springer International Publishing (Eco-Efficiency in Indus-try and Science, 31), 223–237.

Ney, S.; Beckmann, M.; Graebnitz, D. & Mirkovic, R. (2014): Social entrepreneurs and social change: tracing impacts of social entrepreneurship through ideas, struc-tures and practices, International Journal of Entrepre-neurial Venturing, Vol. 6, No. 1, 51.

Peylo, B. T. & Schaltegger, S. (2014): An equation with many variables: unhiding the relationship between sus-tainability and investment performance, Journal of Sus-tainable Finance & Investment, Vol. 4, No. 2, 110–126.

Qian, W. & Schaltegger, S. (2014): „Does Carbon Disclo-sure Drive Carbon Performance: An Empirical Analysis“, in: Proceedings 2014 EMAN Conference, Rotterdam.

Richter, M.: Business Model Innovation for Renewable Energies: Lessons from the German Electric Power Sec-tor. Leuphana Universität Lüneburg. Lüneburg.

Schaltegger, S. (Eds.) (2014): Werkstattbericht: 10 Jahre Sustainability Leadership Forum. Lüneburg: Centre for Sustainability Management.

Schaltegger, S. & Burritt, R. (2014): Guest Editorial: Mea-suring and Managing Sustainability Performance of Sup-ply Chains, Supply Chain Management. An International Journal, Vol. 19, No. 3, 229–231.

Schaltegger, S. & Burritt, R. (Eds.) (2014): Measuring and Managing Sustainability Performance of Supply Chains: Special Issue on Supply Chain Management. An Interna-tional Journal: Emerald.

Schaltegger, S. (2014): „Nachhaltiges Investment erfor-dert „Business Cases for Sustainability““, in: Faust, M. & Scholz, S. (Eds.): Nachhaltige Geldanlagen: Produkte, Strategien und Beratungskonzepte. Frankfurt am Main: Frankfurt School Verlag (2), 110–126.

Schaltegger, S. (2014): „Nachhaltigkeitsberichterstat-tung zwischen Transparenzanspruch und Management

der Nachhaltigkeitsleistung“, in: Fifka, M. (Hrsg.): CSR und Reporting: Nachhaltigkeits- und CSR-Berichterstat-tung verstehen und erfolgreich umsetzen. Berlin: Springer Gabler (Management-Reihe Corporate Social Responsi-bility), 21–34.

Schaltegger, S. (2014): „Nachhaltigkeitstrends im Ma-nagement“, in: ACC Verlag & F.A.Z.-Institut (Eds.): Cor-porate Resposibility 2014: Unternehmen und Verantwor-tung. Trends in Corporate Responsibility. Frankfurt am Main, F.A.Z.-Institut, 28–31.

Schaltegger, S. & Burritt, R. (2014): Measuring and mana-ging sustainability performance of supply chains, Supply Chain Management. An International Journal, Vol. 19, No. 3, 232–241.

Schaltegger, S. & Harms, D. (2014): „General Patterns and Conclusions“, in: Schaltegger, S.; Windolph, Harms, D. & Hörisch, J. (Eds.): Corporate Sustainability in Inter-national Comparison: State of Practice, Opportunities and Challenges. Cham: Springer International Publishing (Eco-Efficiency in Industry and Science, 31), 241–252.

Schaltegger, S.; Harms, D.; Windolph, S. & Hörisch, J. (2014): Involving Corporate Functions: Who Contributes to Sustainable Development?, Sustainability, Vol. 6, No. 5, 3064–3085.

Schaltegger, S.; Windolph, Harms, D. & Hörisch, J. (Eds.) (2014): Corporate Sustainability in International Compa-rison: State of Practice, Opportunities and Challenges. Cham: Springer International Publishing.

Schaltegger, S. (2014): „CSR und Finance“, in: Schulz, T. & Bergius, S. (Eds.): CSR und Finance: Beitrag und Rolle des CFO für eine Nachhaltige Unternehmensführung. Berlin/Heidelberg: Springer Gabler (Management-Reihe Cor-porate Social Responsibility), 8–10.

Suter-Blume, W. (2014): Kann die betriebliche Beschaf-fung zur Armutsbekämpfung beitragen: Analyse von Barrieren und Ansatzpunkten zu deren Überwindung am Beispiel fair gehandelter Lebensmittel in der Schweizer Gastronomie. Lüneburg: Centre for Sustainability Ma-nagement.

Weber, M. (2014): Economic Analysis of Recycling So-lutions to Exploit Plastic Pollution in Oceans. Lüneburg: Centre for Sustainability Management.

Windolph, S. E.; Harms, D. & Schaltegger, S. (2014): Moti-vations for Corporate Sustainability Management: Con-trasting Survey Results and Implementation, Corporate Social Responsibility and Environmental Management, Jg. 21, H. 5, 272–285.

Zvezdov, D. & Schaltegger, S. (2014): „Carbon Manage-ment Accounting: A Systematic Literature Review“, in: Proceedings 2014 EMAN Conference, Rotterdam.

IMPULSE | 02/2014 - 23 - www.leuphana.de/csm

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Schaltegger, S. & Burritt, R. (Eds.)(2014): Measuring and managing sustaina-bility performance of supply chains, Supply Chain Management. An Interna-tional Journal: Special Issue, Vol. 19, No. 3, Emerald.

Aufgrund des ständig wachsenden internationalen Handels zwischen Ent-wicklungs- und Industrieländern sind Nachhaltigkeitsaspekte der Lieferket-ten mehr ins Zentrum des öffentlichen und akademischen Interesses ge-rückt. Nachhaltigkeit in der Lieferkette zu managen bedeutet, mit einer komplexen Zusammenstellung von Leistungstreibern und Messansätzen um-zugehen, die soziale, ökologische und ökonomische Aspekte abbilden. In den Artikeln in diesem Special Issue werden die neuesten Erkenntnisse zur Messung von Nachhaltigkeitsleistung in Lieferketten diskutiert.

Schaltegger, S., Hansen, E. und Lüdeke-Freund, F. (Eds.)(erscheint 2015): Business models for sustainability. Entrepreneurship, innovation and transfor-mation, Organization & Environment (OAE): Special Issue, Sage

Lösungen für Nachhaltigkeit in Unternehmen nur in technologischen Prozess- und Produktinnovationen zu suchen, greift für die nötige Transformation von Organisationen zu kurz. Wissenschaftler und Praktiker untersuchen daher, ob und wie modifizierte oder sogar völlig neue Geschäftsmodelle einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten können. Dieses Special Issue bietet einen Einblick in den Stand der Forschung zu Geschäftsmodellen für Nachhaltigkeit und eröffnet weitere Forschungsperspektiven.

Schaltegger, S. & Burritt, R. (Eds.)(2014): Accounting for sustainability in pro-duction and supply chains, British Accounting Review: Special Issue, Vol. 46, No. 4, Elsevier.

Das Rechnungswesen wird bisher nicht als aktiver Teilnehmer des Um-welt- und Nachhaltigkeitsmanagements wahrgenommen. Die Bedeu-tung des Rechnungswesens für das Management ökologischer und so- zialer Aspekte der Produktion, der internen Produktionsketten und der ge-samten Lieferketten, wächst jedoch. Dieses Special Issue unterstützt die Ent-wicklung von Methoden die das Rechnungswesen unterstützen, einen akti-ven Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten.

Gedruckt auf Recycling-Papier

Schaltegger, S.; Windolph, Harms, D. & Hörisch, J. (Hrsg.): Corporate Sus-tainability in International Comparison: State of Practice, Opportunities and Challenges. Cham: Springer International Publishing (Eco-Efficiency in Indus-try and Science, 31).

Basierend auf Primärdaten aus der Umfrage des „International Corporate Sustainability Barometers” beschreibt und analysiert dieses Buch den derzei-tigen Praxisstand des Nachhaltigkeitsmanagements in Großunternehmen in insgesamt elf Industrienationen. Das Buch enthüllt ein erstaunliches Aus-maß an Gemeinsamkeiten der Praktiken des Nachhaltigkeitsmanagements großer Unternehmen. Die Autorinnen und Autoren diskutieren nationale und internationale Managementmuster, die als Inspiration sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler dienen können, die sich mit Nachhaltigkeitsma-nagement beschäftigen.