30
„CETA und TTIP: Fluch oder Segen? Zwei Professoren zwei Meinungen!“ Profs. Drs. Jörg B. Kühnapfel und Bernhard Wasmayr, Ludwigshafen, 30.11.2016

„CETA und TTIP - Startseite - Hochschule Ludwigshafen … · „CETA und TTIP: Fluch oder Segen? Zwei Professoren – zwei Meinungen!“ Profs. Drs. Jörg B. Kühnapfel und Bernhard

Embed Size (px)

Citation preview

„CETA und TTIP:

Fluch oder Segen? Zwei Professoren – zwei Meinungen!“

Profs. Drs. Jörg B. Kühnapfel und Bernhard Wasmayr, Ludwigshafen, 30.11.2016

Willkommen in Ludwigshafen!

„Das stimmt! Genau so denke ich auch!“

Die Fallen „Bestätigungs- und Narrative

Verzerrung“ und wie Sie Ihr entkommen.

Daten statt Meinungen, oder:

„Ohne Daten bist Du nur ein weiterer

Schwätzer mit einer Meinung!“

(Edwards Deming).

Was erwartet Sie heute?

1. Sie erfahren heute, ob Freihandel Fluch oder

Segen für Sie ist.

2. Wir systematisieren der Kritikpunkte an TTIP

und CETA.

3. Wir zwei auf der Bühne stellen die wichtigs-

ten Kritikpunkte vor … und sagen Ihnen, was

wir davon halten.

4. Sie haben die Möglichkeit, Fragen (fast) aller

Art zum Thema zu stellen.

Einordnung Freihandelszone

Präferenz-

Zone

Freihan-

delszone Zollunion

Gemeinsa-

mer Markt

Wirtschafts-

und Wäh-

rungsunion

Beseitigung von Handels-

hemmnissen auf Teilmärkten

Beseitigung von Handelshem-

mnissen auf den relevanten Märkten

Gemeinsame Außenhandels- bzw.

bzw. Zollpolitik

Freie Faktorbewegung

Harmonisierung der Wirtschafts-

politiken

Gemeinsame Organe und

Institutionen

Ein besseres Verständnis der Diskussion um TTIP und

CETA setzt eine Systematik der Kritikebenen voraus:

• Normative Fundamentalkritik

• Prozess- und Institutionenkritik

• Inhaltskritik bzgl. ausgewählter Verhandlungsgegenstände

• Interessensgetriebene Kritik

Eine alternativer Systematisierungsansatz wäre:

• Konstruktive vs. Destruktive Kritik

• Pauschale vs. Detaillierte Kritik

Systematik der Kritik an TTIP/CETA (1)

Ggf. Portfolio

Systematik der Kritik an TTIP/CETA (2)

Handelsbarrieren↓ = Wohlstand↑

TTIP/CETA führen durch den

Abbau von Handelsbarrieren zu

einer Wohlstandssteigerung in

Deutschland. Hiervon profitieren

Unternehmen wie Verbraucher

gleichermaßen.

Abbau tarifärer Handelsbarrieren:

Handelsaufkommen und Zoll

Agrar: 2,62%

Industrie: 2,82%

Agrar: 3,89%

Industrie: 2,79%

Zollaufkommen gewichtet mit Handelsvolumen.

Quelle: Felbermayr et al., Konrad-Adenauer-Stiftung, geprüft durch überschlägige

Rechnung mit Daten des Statistischen Bundesamtes.

291,9 Mrd. €

205,8 Mrd. €

Abbau nicht-tarifärer

Handelsbarrieren

Weiterführend hierzu siehe Gregosz/Walter (Konrad-Adenauer-Stiftung)

Zulassung neuer

Herstellungsverfahren

Öffnung/Anerkennung

alternativer Formen der

Vermarktung, Deklaration &

Zertifizierung

Vereinfachter Zugang zu

öffentlichen Aufträgen/

Daseinsvorsorge

Angleichung von

technischen Normen

und Standards

Abbau nicht-tarifärer

Handelsbarrieren

Zulassung neuer

Herstellungsverfahren

Vertrauen in die

Mechanismen

des Marktes …

… oder:

bewusste

Limitierung

Angleichung von

technischen Normen

und Standards

Abbau nicht-tarifärer

Handelsbarrieren

*Quelle: Europäische Kommission 2012, S. 13

Vereinfachter Zugang zu

öffentlichen Aufträgen/

Daseinsvorsorge

Bereits durch die WTO

geregelt!

Aber: Nur 32% des

Marktes für der US-

amerikanische

öffentliche Aufträge

sind „zugänglich“*

Abbau nicht-tarifärer

Handelsbarrieren

Öffnung/Anerkennung

alternativer Formen der

Vermarktung, Deklaration &

Zertifizierung

JA! Bringt definitiv

Produktionskostenvorteile

und hat Signalwirkung für

Weltmarkt (Etablierung von

„Industrie-Standards“)

Wohlfahrtseffekte

Quelle: EU-Kommission 2013 sowie diverse andere

KMU top, Konzerne flop

… oder umgekehrt?

Von TTIP/CETA profitieren

insbesondere mittelständische

Unternehmen

Umwelt-/Verbraucherschutz

Die Standards für Umwelt- und

Verbraucherschutz in der EU

werden durch die

Freihandelsabkommen

ausgehöhlt.

Vorsorge- vs. Nachsorgeprinzip

Markteintritts-

auflagen Strafe

bei Betrug

Markteintritts-

auflagen

Strafe

bei Betrug

Vorsorge- vs. Nachsorgeprinzip

Hohe

Markteintritts-

auflagen

Geringe Strafe

bei Betrug

Niedrige

Markteintritts-

auflagen

Hohe Strafe

bei Betrug

EU-Modell Innovations-

bremse

USA-Modell Kritischer

Konsens

Umwelt-/Verbraucherschutz

Investor-state dispute settlements

- ISDS

Die Möglichkeit für Unternehmen,

Länder vor einem Schiedsgericht zu

verklagen, schränkt die Regulierungs-

und Gestaltungshoheit auf

nationalstaatlicher Ebene ein.

Idee: Rechtssicherheit gegenüber Entwicklungsländern

mit abhängigen Gerichten und schnellere Verfahren.

Allerdings: Schneller sind die Verfahren nicht. Dauer bis

zu 15 Jahren möglich.

Es klagen KMU und

Großunternehmen

gleichermaßen.

Investor-state dispute settlements

- ISDS

37%

25%

24%

14%

Ausgang von 739 Schiedsgerichtsverfahren

Pro Staat Pro Unt. Unentsch. Offen

Quelle: Nunnenkamp (IfW)

Top Secret!

Die Geheimhaltung der

Verhandlungen legt die

Vermutung nahe, dass

verbraucherfeindliche

Regelungen diskutiert werden.

Anti-Entwicklungshilfe?

Durch TTIP/CETA werden

Entwicklungsländer benachteiligt. Das

Wohlstandsgefälle führt zu immer

mehr Migrationsdruck.

Anti-Entwicklungshilfe?

Quelle: Felbermayr (Bertelsmann Stiftung, S. 30), nach ifo-Institut 2013

Ifo-Institut, 2013

Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit, tiefe Liberalisierung

Achtung:

Ohne

CETA!

Anti-Entwicklungshilfe?

Quelle: Felbermayr (ifo), 2015

Ifo-Institut, 2015

• (Mindestens geringe) negative Effekte für 42-80%

der Entwicklungsländer

• Wohlfahrtsverluste durch TTIP <0,1% (bei

Wachstum von 3-4% p.a.)

Unkritisch für: Rohstoffexporteure

Kritisch für Länder mit produzierendem

Gewerbe

Der Untergang des Abendlandes?

Die globale wirtschaftliche Bedeutung

von EU und Nordamerika nehmen ab.

Durch TTIP/CETA soll die

vorherrschende Position verteidigt

werden.

Der Untergang des Abendlandes?

Zitiert nach: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2014

Wo bleibt die Heimatliebe?

TTIP/CETA schränkt Freiheitsgrade

der regionalen Wirtschaftspolitik ein.

+

Wo bleibt die Heimatliebe?

Öffentliche Daseinsvorsorge Präferierte Auftragsvergabe

Idee: Bezahlbarer Zugang zu

Diensten, die als Grundpfeiler

betrachtet werden.

Keine Gewinnabsichten

Ggf. Subventionierung mit

Steuergeldern

95% der kommunalen Aufträge

sind nicht ausschreibungs-

pflichtig („Buy local“).

- Förderung der heimischen

Wirtschaft für öffentliche

Aufträge

- Verpachtung öffentl. Lands

Credo Kühnapfel

1. Freihandel ist wohlstandsfördernd und muss der

Normalfall sein

2. Freihandel führt zur Auslese: nicht wettbewerbsfähige

Branchen gehen unter

3. Freihandel braucht politische Weitsicht, denn positive

Effekte stellen sich erst langfristig ein

4. Freihandel nivelliert „Standards“ (Tendenz zu jeweils

niedrigeren)

5. Der Schulterschluss von USA&EU schafft

Industriestandards und setzt damit China usw. unter

Druck („Wer schreibt, der bleibt.“)

Literatur

Beck, Nils; Ohr, Renate: Das transatlantische Freihandelsabkommen – Relativierung von Chancen und Risiken, Wirtschaftsdienst - Zeitschrift für

Wirtschaftspolitik, Nr. 5 2014, Seite 334-351.

BMWi 2013: „Dimensionen und Auswirkungen eines Transatlantischen Freihandelsabkommens‟, Bundesministerium für Wirtschaft und

Technologie, Monatsbericht April 2013.

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Fakten zum deutschen Außenhandel 2014 (frei im Web verfügbar).

CETA-Vertragsdokumente, nicht finale Version: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/september/tradoc_152806.pdf

Douma, W. T.; de Sadeleer, N.; Abel, P.: CETA, TTIP und das europäische Vorsorgeprinzip. Eine Untersuchung zu den Regelungen zu sanitären und

phyto-sanitären Maßnahmen, technischen Handelshemmnissen und der regulatorischen Kooperation in dem CETA-Abkommen und nach den EU-

Vorschlägen fur TTIP. Rechtsgutachten erstellt im Auftrag von foodwatch e.V., Juni 2016 (frei im Web verfügbar).

Europäische Kommission 2012: „Impact Assessment Report‟, Commission Staff, Working Document, 21. März 2012.

Europäisches Parlament 2013: European Parliament resolution of 23 May 2013 on EU trade and investment negotiations with the United States of

America.

Felbermayr, Gabriel; Heid, Benedikt; Lehwald, Sybille: Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) - Wem nutzt ein

transatlantisches Freihandelsabkommen? Teil 1: Makroökonomische Effekte. Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, 2013 (frei im Web

verfügbar).

Felbermayr, Gabriel; Kohler, Wilhelm; Aichele, Rahel ; Klee, Günther und Yalcin , Erdal: Mögliche Auswirkungen der Transatlantischen Handels- und

Investitionspartnerschaft (TTIP) auf Entwicklungs- und Schwellenländer, ifo Institut im Auftrag des BMZ, München, 2015.

Gregosz, David; Walter, Benedikt : Die Transatlantische Wirtschaftspartnerschaft. Studie im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung, 2013 (frei im Web

verfügbar).

Klodt, Henning et.al.: Investitionsschutzabkommen: mehr Rechtssicherheit oder Verzicht auf Souveränität? Wirtschaftsdienst - Zeitschrift für

Wirtschaftspolitik, Nr. 7 2014, Seite 459-478.

Kolev, Galina: TTIP: Mehr als Handelsliberalisierung. Herausgeber: Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, IW policy paper, November 2014.

Mulder, Frank; Schram, Eva; Homolova; Adriana: Die Kläger-Clique – Schiedsgerichte. Spiegel vom 16.4.2016. URL:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ttip-schiedsgericht-streit-die-meisten-klaeger-kommen-aus-europa-a-1084640.html.

Nunnenkamp, Peter: Streitschlichtung im Rahmen internationaler Investitionsabkommen: Viel Lärm um (fast) nichts? Studie des IfW Institut für

Weltwirtschaft, Kiel, Oktober 2016 (frei im Web erhältlich).

TTIP-Dokumente (einige wenige Auszüge, Zwischenstand): https://wikileaks.org/ttip.

Richter, Philipp M.; Schäffer, Greta F: Die Kontroverse um das Freihandelsabkommen TTIP. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Band 42,

Berlin, 2014.

Bei keiner direkten Nennung – Bildquelle Colourbox