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VON STEFAN FOLZ Der Titel des Theaterstücks in Grä- finthal am Samstagabend schien programmatisch zu sein: „Vorsicht Trinkwasser“ war auch von oben zu befürchten. Schließlich türmten sich am Horizont immer dunklere Wolken. Doch alles wurde gut, denn der Regen setzte erst am spä- ten Abend ein. Dennoch, die Premiere von Woody Allens Komödie „Vorsicht Trinkwas- ser“ geriet am Samstag zur eher küh- len Angelegenheit, zumindest, was die Witterung anbelangte. Dass es auf der Bühne ganz konträr zuging, war sicherlich dem absurd-komi- schen Stoff zu verdanken, den Komi- ker-Legende Woody Allen in seiner ersten Komödie verarbeitet hatte. Die rund 400 Zuschauer durften sich ganz zurück in die Entstehungszeit des Dramas versetzt fühlen, also in die Ära des Kalten Krieges Mitte der 60er Jahre. Geografisch weilte man in der US- Botschaft eines fiktiven kommunisti- schen Landes, weit hinter dem Eiser- nen Vorhang. Botschafter James F. Magee muss dringend in die Heimat und so übergibt er schweren Her- zens die Amtsgeschäfte an seinen Sohn Axel weiter. Der hat reichlich Erfahrung im diplomatischen Dienst, schließlich ist dies seine 17. Dienst- stelle. An manchen war er sogar drei Wochen lang, wie der smarte Diplo- matensprössling stolz berichtet. Nur merkwürdig, dass man in der Zei- tung bei jeder diplomatischen Krise seinen Namen lesen muss. Man ahnt schon, dass sich hier eine Katastro- phe anbahnt. Die lässt auch nicht lange auf sich warten und kommt zunächst in Form der Familie Hollander, Touris- ten aus Newark, New Jersey, und ab- solut vorbildliche Amerikaner. Als solche nimmt man sich überall und jederzeit alle vorstellbaren Freihei- ten. Auch die, auf dem geheimen Ra- ketengelände der kommunistischen Gastgeber zu fotografieren. Die rea- gieren überraschend aggressiv und in letzter Sekunde gelingt die Flucht von Partyservice-Unternehmer Wal- ther, dessen Ehefrau Marion und Tochter Susan in die amerikanische Botschaft, wo sie jetzt auf unbe- stimmte Zeit festsitzen. Dass man als Erfinder der Brautfiguren aus Kartof- felsalat nicht automatisch das Recht erhält, arabischen Ölmagnaten die ungeschminkte Wahrheit zu sagen, lernen Walther und das Publikum am praktischen Beispiel. Auch, dass sich in der Komödie das Chaos am Ende auflöst und sogar die Liebe eine überraschende Chance bekommt. Wenn es im richtigen Leben doch auch immer so wäre! Die Zuschauer in der lauschigen Freilichtbühne erlebten mit „Vor- sicht, Trinkwasser!“ sicherlich die beste Komödie, die man in den letz- ten Jahren auf der Naturbühne in Gräfinthal aufgeführt hatte. Das lag zum einen an der Vorlage von Woo- dy Allen, der nicht nur Boshaftigkei- ten in sein Stück verpackt hatte, son- dern auch die Botschaft, dass auch of- fensichtliche Verlierer am Ende als Sieger dastehen. Der kaum enden wollenden Schlussapplaus lag zum großen Teil aber am prächtig agieren- den Ensemble. Allen voran Thorsten Dincher als Axel Magee, der es bes- tens verstand, die Kombination aus Unbeholfenheit und Kreativität auf die Bühne zu bringen. Eine hervorra- gende Leistung bot auch Markus Fil- graf, der überzeugend in die Rolle des amerikanischen Partyservice- magnaten schlüpfte und sich die zahlreichen Fettnäpfchen des Abends mit Axel teilte – souverän zu- gespielt von den anderen Darstel- lern, die auch in den kleineren Rol- len Respekt und Applaus verdient hatten. Dass man auch in diesem Jahr kei- ne Mühen gescheut hat, ein tolles Bühnenbild mit entsprechenden Kos- tümen und Requisiten zu schaffen, versteht sich in Gräfinthal fast von selbst. Szenenapplaus gab es für die schwarze Luxuslimousine der 60er Jahre, in der Botschafter und Diplo- maten stilecht über die Bühne gefah- ren wurden. An Ideen mangelt es den Gräfinthaler Laienspielern wirk- lich nie. KARTEN & TERMINE — Freitag, 22. Juli, 20.30 Uhr Samstag, 23. Juli, 20.30 Uhr Freitag, 29. Juli, 20.30 Uhr Samstag, 30. Juli, 20.30 Uhr — Karten: sieben Euro, ermäßigt 3,50 Euro. Vorbestellungen ratsam auf www.naturbuehne-graefinthal.de oder unter Telefon 06804/6556. Bombenstimmung in der Botschaft: Gibt es gleich den großen Rumms oder kann Axel (Thorsten Dincher) die Bombe noch rechtzeitig aus Walters (Markus Filgraf) Hand reißen? FOTO: FOLZ Chaos im Diplomatenkorps Woody Allens Komödie „Vorsicht, Trinkwasser!“ auf der Naturbühne Gräfinthal – 400 Zuschauer – Weitere vier Vorstellungen im Juli

Chaos im Diplomatenkorps - naturbuehne-graefinthal.de · Tochter Susan in die amerikanische Botschaft, wo sie jetzt auf unbe-stimmteZeitfestsitzen.Dass manals Erfinder der Brautfiguren

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Sie singen, dass „Die Windjam-mer kommen“, „Über uns derblaue Himmel“ steht und das„Traumschiff nach Hawaii“ fährt:Am Freitag waren 20 Sänger desZweibrücker Shantychors „TeddySuhren“ bei der Bundesgarten-schau in Koblenz zu hören, beim„Kleinen Ehrenamtstag“ der Lan-desregierung Rheinland-Pfalz. 45Minuten gaben sie unter Chorlei-

Shantychor „Teddy Suhren“ bei der Bundesgartenschau in Koblenz

DIE RHEINPFALZ — NR. 165 DIENSTAG, 19. JULI 2011REGIONALE KULTUR06_LZWE

VON STEFAN FOLZ

Der Titel des Theaterstücks in Grä-finthal am Samstagabend schienprogrammatisch zu sein: „VorsichtTrinkwasser“ war auch von obenzu befürchten. Schließlich türmtensich am Horizont immer dunklereWolken. Doch alles wurde gut,denn der Regen setzte erst am spä-ten Abend ein.

Dennoch, die Premiere von Woody

Magee muss dringend in die Heimatund so übergibt er schweren Her-zens die Amtsgeschäfte an seinenSohn Axel weiter. Der hat reichlichErfahrung im diplomatischen Dienst,schließlich ist dies seine 17. Dienst-stelle. An manchen war er sogar dreiWochen lang, wie der smarte Diplo-matensprössling stolz berichtet. Nurmerkwürdig, dass man in der Zei-tung bei jeder diplomatischen Kriseseinen Namen lesen muss. Man ahntschon, dass sich hier eine Katastro-

Erfinder der Brautfiguren aus Kartof-felsalat nicht automatisch das Rechterhält, arabischen Ölmagnaten dieungeschminkte Wahrheit zu sagen,lernen Walther und das Publikumam praktischen Beispiel. Auch, dasssich in der Komödie das Chaos amEnde auflöst und sogar die Liebe eineüberraschende Chance bekommt.Wenn es im richtigen Leben dochauch immer so wäre!

Die Zuschauer in der lauschigenFreilichtbühne erlebten mit „Vor-

graf, der überzeugend in die Rolledes amerikanischen Partyservice-magnaten schlüpfte und sich diezahlreichen Fettnäpfchen desAbends mit Axel teilte – souverän zu-gespielt von den anderen Darstel-lern, die auch in den kleineren Rol-len Respekt und Applaus verdienthatten.

Dass man auch in diesem Jahr kei-ne Mühen gescheut hat, ein tollesBühnenbild mit entsprechenden Kos-tümen und Requisiten zu schaffen,

ter Bernd Theisohn (mit Akkorde-on) ein Konzert, dann wurden siegeehrt mit einer Urkunde, die Mi-nisterpräsident Kurt Beck unter-zeichnet hatte. Damit bedanktsich das Land für das ehrenamtli-che Engagement der Marinekame-radschaft. Für den Shantychorwar es der erste Auftritt bei einerBundesgartenschau. In Zweibrü-cken kann man die munterenMänner erst an der Seemanns-weihnacht, am ersten Advent, wie-der auf der Bühne erleben. NELLY/FOTO: PRIVAT

Chaos im DiplomatenkorpsWoody Allens Komödie „Vorsicht, Trinkwasser!“ auf der Naturbühne Gräfinthal – 400 Zuschauer – Weitere vier Vorstellungen im Juli

VON FRED G. SCHÜTZ

Christian „Chako“ Habekost istzum Lachen. Auch und besonderswenn der „Allerärgschd“, so der Ti-tel seines aktuellen Programms,wie am Samstag bei der SparkasseSüdwestpfalz auch als Moderatorder Verlosung der Spar-Lotterie„PS-Sparen“ nach Pirmasens in diegut besuchte Festhalle kommt.Hauptgewinner konnte er nichtnach Pirmasens herspaßen – die sit-zen in Mainz und Trier – stattdes-sen bescherte er dem Publikumzwei Stunden zumeist bemerkens-wert komischen Sprachwitz.

Den Kurpfälzer Habekost mag mannur unter Schmerzen in die Nähe je-ner inflationär wachsenden Riegeder Comedians bringen, die Radio,Fernsehen und Bühnen von Humorbefreien. Die sind ob ihres Flach-sinns meist nicht zum Lachen und ha-ben mit dem ehrwürdigen Kabarett,dem naiv-zotigen Ur-Otto oder derbitter-bissigen amerikanischenStand-Up-Comedy à la Lenny Brucenichts gemein. Habekost hält eine be-merkenswerte Distanz zu all diesem,ohne Scheu aber, sich ungeniert anderen Stil- und Sprachfundus zu be-dienen, wenn es ihm gefälltt.

Natürlich ist ein Programm wie„De Allerärgschd“, das 2009/2010Premiere hatte, nicht beliebig ummo-delbar. Habekost geht aber bemer-kenswert flexibel mit seinem Materi-al um und schiebt – gefühlt – am Frei-tag in Pirmasens den Schwerpunktein bisschen mehr Richtung Kalauerund folgenlosen Witz, wogegen es jagar nichts zu sagen gibt.

Die ursprüngliche Eröffnungsnum-mer „Einer lacht nie“ rutscht in denzweiten Programmteil, genauso wiedas Nummern-Triplett „Phone-Dick“über Früchte, Namen und Exoten. Imersten Teil schon das wunderbare„De Klong“ und in der Zugabe dasRap-Gedicht: „Die Pälzer Sproch isswie Schbrengschdoff uff de Zung“.

„Chako“ kann natürlich kalauern –„Geld allein macht nicht glücklich, esmuss einem auch gehören“ – oderden ein oder andere Saarländerwitzgeben, den er in der Kurpfalz vermut-lich über die Badenser erzählt, oderdie Erinnerung an Bertha Benz auffri-schen, die bei ihrer ersten Ausfahrtmit dem Automobil ihr Benzin in ei-ner Apotheke in Wiesloch kaufte. Beiheutigen Preisen an der Zapfsäulesind wir ja nicht wirklich viel weitergekommen. Das alles serviert „Cha-ko“ ganz routiniert, charmant,manchmal schon ein bisschen zu oftgebracht, so dass er ins schwer ver-ständliche Nuscheln gerät. Der Pro-gramm-Fixpunkt „Frieher hot‘s desned gewwe“ ist wie ein Rieslings-chorle-Dubbeglas, das immer neuund mit dem aktuellen Jahrgang auf-gefüllt wird.

Aber gerade und trotzdem: Christi-an Habekost würde fraglos auch jedeVeranstaltung im gerade laufenden

„Hugo-Ball-Jahr“ schmücken. Denner ist Dichter, Lautakrobat, Wörtlich-nehmer und auch Musiker. Seine bes-ten Momente hat er immer dann,wenn er dem Klang in unserem Dia-lekt nachhört. Einerlei, dass das Kur-pfälzisch ein paar andere Laute undBetonungen hat, Bärmesenserischund Häschdnerisch unterscheidensich viel mehr. Herrlich, wie Habe-kost sich unserer Sprache mit demGespür des Musikers nähert, wiesich die Wörter und Silben in Klang,Melodie und Rhythmus auflösen undneu zusammensetzen. Das machtihm so schnell keiner nach, das istsein persönliches Markenzeichen.Nur lachen könnte man auch bei an-deren, bei Habekost wird man fürsKommen auch noch mit Sprachpoe-sie und Musik belohnt. Das ist jaschon was, auch wenn er sich alsGlücksfee bei der Lotterie-Auslosungaus südwestpfälzer Sicht als kom-pletter Versager erwiesen hat.

Allens Komödie „Vorsicht Trinkwas-ser“ geriet am Samstag zur eher küh-len Angelegenheit, zumindest, wasdie Witterung anbelangte. Dass esauf der Bühne ganz konträr zuging,war sicherlich dem absurd-komi-schen Stoff zu verdanken, den Komi-ker-Legende Woody Allen in seinerersten Komödie verarbeitet hatte.Die rund 400 Zuschauer durften sichganz zurück in die Entstehungszeitdes Dramas versetzt fühlen, also indie Ära des Kalten Krieges Mitte der60er Jahre.

Geografisch weilte man in der US-Botschaft eines fiktiven kommunisti-schen Landes, weit hinter dem Eiser-nen Vorhang. Botschafter James F.

phe anbahnt.Die lässt auch nicht lange auf sich

warten und kommt zunächst inForm der Familie Hollander, Touris-ten aus Newark, New Jersey, und ab-solut vorbildliche Amerikaner. Alssolche nimmt man sich überall undjederzeit alle vorstellbaren Freihei-ten. Auch die, auf dem geheimen Ra-ketengelände der kommunistischenGastgeber zu fotografieren. Die rea-gieren überraschend aggressiv undin letzter Sekunde gelingt die Fluchtvon Partyservice-Unternehmer Wal-ther, dessen Ehefrau Marion undTochter Susan in die amerikanischeBotschaft, wo sie jetzt auf unbe-stimmte Zeit festsitzen. Dass man als

sicht, Trinkwasser!“ sicherlich diebeste Komödie, die man in den letz-ten Jahren auf der Naturbühne inGräfinthal aufgeführt hatte. Das lagzum einen an der Vorlage von Woo-dy Allen, der nicht nur Boshaftigkei-ten in sein Stück verpackt hatte, son-dern auch die Botschaft, dass auch of-fensichtliche Verlierer am Ende alsSieger dastehen. Der kaum endenwollenden Schlussapplaus lag zumgroßen Teil aber am prächtig agieren-den Ensemble. Allen voran ThorstenDincher als Axel Magee, der es bes-tens verstand, die Kombination ausUnbeholfenheit und Kreativität aufdie Bühne zu bringen. Eine hervorra-gende Leistung bot auch Markus Fil-

versteht sich in Gräfinthal fast vonselbst. Szenenapplaus gab es für dieschwarze Luxuslimousine der 60erJahre, in der Botschafter und Diplo-maten stilecht über die Bühne gefah-ren wurden. An Ideen mangelt esden Gräfinthaler Laienspielern wirk-lich nie.

KARTEN & TERMINE— Freitag, 22. Juli, 20.30 Uhr

Samstag, 23. Juli, 20.30 UhrFreitag, 29. Juli, 20.30 UhrSamstag, 30. Juli, 20.30 Uhr

— Karten: sieben Euro, ermäßigt 3,50Euro. Vorbestellungen ratsam aufwww.naturbuehne-graefinthal.de oderunter Telefon 06804/6556.

Bombenstimmung in der Botschaft: Gibt es gleich den großen Rummsoder kann Axel (Thorsten Dincher) die Bombe noch rechtzeitig ausWalters (Markus Filgraf) Hand reißen? FOTO: FOLZ

Zum Lachen: Christian Habekost in der Festhalle. FOTO: SCHÜTZ

„Schbrengschdoff uff de Zung“„Chako“ Habekost bietet intelligente und witzige Unterhaltung in Pirmasens

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