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52 JOT 8.2013 Lackrückstände in Rohrleitungen Chemische Reinigung statt Sanierung In Lackleitungen und Applikationseinrichtungen lagern sich im Laufe der Zeit Lackrückstände ab. Diese sind durch umfangreiche Spülprozesse mit Verdünnern nicht mehr ausreichend zu entfernen – umfangreiche und teure Sanierungsarbeiten können die Folge sein. Ein chemisches Verfahren ermöglicht die chemische Entfernung der Lackrückstände. U m Qualitätsprobleme beim Lackie- ren zu vermeiden, ist eine gründ- liche Reinigung der gesamten Lacklei- tungen und Applikationseinrichtungen nach längeren Zeiträumen notwendig. Spätestens jedoch vor der Neubefül- lung mit einem anderen Lack ist dies unumgänglich. Denn die Bildung von Ablagerungen lässt sich sogar durch die kontinuierliche Fließbewegung des Lacks in Ringleitungen nicht vollstän- dig verhindern. Die Reinigungswirkung der Spül- medien, wie sie im Regelbetrieb ver- wendet werden, reicht langfristig nicht aus. Die im Laufe von Monaten oder auch Jahren gebildeten Lackrückstän- de lassen sich dann selbst durch eine deutlich verlängerte Einwirkdauer der herkömmlichen Spülmedien nur unzu- reichend entfernen. In entsprechend verlegten Rohrlei- tungen ist ebenfalls eine mechanische Reinigung, das heißt mit einem Rohr- reinigungsmolch, möglich. Spätestens wenn auch durch dieses Verfahren die Rückstände nicht mehr beseitigt wer- den können, stellt das von Chemische Werke Kluthe entwickelte Verfahren eine Alternative zu Abriss und Neu- verlegung dar. In diesem Verfahren werden durch kombinierte Spülschritte mit unter- schiedlichen, aufeinander abgestimm- ten Reinigungsmedien auch eingetrock- nete beziehungsweise teilpolymerisierte Lackrückstände vollständig gelöst. Da- bei kommt im Hauptreinigungsschritt ein reaktives Medium zum Einsatz, das Bindemittelrückstände durch partielle chemische Zersetzung löst. Trotz nur kurzer Einwirkzeiten, die unter ande- rem auch der Schonung des Anlagen- materials dient, wird eine rückstands- lose Reinigung der Lackleitungen und Applikationseinrichtungen erreicht. Der nachfolgend beschriebene Verfahrensablauf lässt sich auch für die Reinigung von Farbtanks mittels Hochdruckgerät anwenden. Das Ver- fahren läuft in verschiedenen Zwi- schenstufen ab: 1. Vollständige Entleerung der Ring- leitung und aller Stichleitungen 2. Vorspülen mit einem speziel- len Zwischenspülmedium, an- schließend Ablassen 3. Spülen mit dem reaktiven Haupt- reiniger, anschließend Ablassen 4. Nachspülen mit dem Zwischen- spülmedium (wie unter 2), an- schließend Ablassen 5. a) Vorbereitung zur Neubefüllung der Leitung mit Lösemittellack: zweimaliges Spülen mit Lackver- dünner b) Vorbereitung zur Neubefüllung der Leitung mit Wasserlack: zweimaliges Spülen mit ge- brauchsfertigem Hydrospüler Die Schritte 3 und 4 sind so oſt zu wiederholen, bis das Zwischenspülme- dium beim Ablassen keine Färbung mehr aufweist und in Filtern oder aus- gebauten Kontroll-Leitungselemen- ten keine Rückstände mehr erkenn- bar sind. Die Reinigungsmedien sind während der Einwirkzeit im Kreislauf zu pumpen. Optimale Anwendung des Verfahrens Das Vor- und Nachspülen ist wich- tig, um chemische Reaktionen zwi- schen flüssigem Lack und Bestandtei- len des reaktiven Hauptreinigers zu verhindern. Hier besteht die Gefahr der Pfropfenbildung in Lackleitungen und Abschnitte aus Lackleitungen nach (links) und vor (Mitte und rechts) der chemischen Entlackung ENTLACKEN JOURNAL FÜR OBERFLÄCHENTECHNIK

Chemische Reinigung statt Sanierung

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Page 1: Chemische Reinigung statt Sanierung

52 JOT 8.2013

Lackrückstände in Rohrleitungen

Chemische Reinigung statt SanierungIn Lackleitungen und Applikationseinrichtungen lagern sich im Laufe der Zeit

Lackrückstände ab. Diese sind durch umfangreiche Spülprozesse mit Verdünnern

nicht mehr ausreichend zu entfernen – umfangreiche und teure Sanierungsarbeiten

können die Folge sein. Ein chemisches Verfahren ermöglicht die chemische

Entfernung der Lackrückstände.

Um Qualitätsprobleme beim Lackie-ren zu vermeiden, ist eine gründ-

liche Reinigung der gesamten Lacklei-tungen und Applikationseinrichtungen nach längeren Zeiträumen notwendig. Spätestens jedoch vor der Neubefül-lung mit einem anderen Lack ist dies unumgänglich. Denn die Bildung von Ablagerungen lässt sich sogar durch die kontinuierliche Fließbewegung des Lacks in Ringleitungen nicht vollstän-dig verhindern.

Die Reinigungswirkung der Spül-medien, wie sie im Regelbetrieb ver-wendet werden, reicht langfristig nicht aus. Die im Laufe von Monaten oder auch Jahren gebildeten Lackrückstän-de lassen sich dann selbst durch eine deutlich verlängerte Einwirkdauer der herkömmlichen Spülmedien nur unzu-reichend entfernen.

In entsprechend verlegten Rohrlei-tungen ist ebenfalls eine mechanische Reinigung, das heißt mit einem Rohr-

reinigungsmolch, möglich. Spätestens wenn auch durch dieses Verfahren die Rückstände nicht mehr beseitigt wer-den können, stellt das von Chemische Werke Kluthe entwickelte Verfahren eine Alternative zu Abriss und Neu-verlegung dar.

In diesem Verfahren werden durch kombinierte Spülschritte mit unter-schiedlichen, aufeinander abgestimm-ten Reinigungsmedien auch eingetrock-nete beziehungsweise teilpolymerisierte Lackrückstände vollständig gelöst. Da-bei kommt im Hauptreinigungsschritt ein reaktives Medium zum Einsatz, das Bindemittelrückstände durch partielle chemische Zersetzung löst. Trotz nur kurzer Einwirkzeiten, die unter ande-rem auch der Schonung des Anlagen-materials dient, wird eine rückstands-lose Reinigung der Lackleitungen und Applikationseinrichtungen erreicht.

Der nachfolgend beschriebene Verfahrensablauf lässt sich auch für

die Reinigung von Farbtanks mittels Hochdruckgerät anwenden. Das Ver-fahren läuft in verschiedenen Zwi-schenstufen ab:1. Vollständige Entleerung der Ring-

leitung und aller Stichleitungen2. Vorspülen mit einem speziel-

len Zwischenspülmedium, an-schließend Ablassen

3. Spülen mit dem reaktiven Haupt-reiniger, anschließend Ablassen

4. Nachspülen mit dem Zwischen-spülmedium (wie unter 2), an-schließend Ablassen

5. a) Vorbereitung zur Neubefüllung der Leitung mit Lösemittellack: zweimaliges Spülen mit Lackver-dünner b) Vorbereitung zur Neubefüllung der Leitung mit Wasserlack: zweimaliges Spülen mit ge-brauchsfertigem Hydrospüler

Die Schritte 3 und 4 sind so o� zu wiederholen, bis das Zwischenspülme-dium beim Ablassen keine Färbung mehr aufweist und in Filtern oder aus-gebauten Kontroll-Leitungselemen-ten keine Rückstände mehr erkenn-bar sind. Die Reinigungsmedien sind während der Einwirkzeit im Kreislauf zu pumpen.

Optimale Anwendung des VerfahrensDas Vor- und Nachspülen ist wich-tig, um chemische Reaktionen zwi-schen �üssigem Lack und Bestandtei-len des reaktiven Hauptreinigers zu verhindern. Hier besteht die Gefahr der Pfropfenbildung in Lackleitungen und

Abschnitte aus Lackleitungen nach (links) und vor (Mitte und rechts) der chemischen Entlackung

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einer starken Erwärmung mit Hydro-Metalliclacken. Daher muss das Zwi-schenspülmedium sowohl mit Hydro- und Lösemittellacken als auch mit dem reaktiven Hauptreiniger verträglich und mischbar sein. Es dient beim Vor-spülen zur Entfernung �üssiger Lack-reste und beim Nachspülen zur voll-ständigen Entfernung des Hauptreini-gers aus der Leitung.

Das in Schritt 4 anfallende ge-brauchte Zwischenspülmedium kann mehrmals verwendet werden, indem es bei einer erneuten Leitungsreini-gung in Schritt 2 eingesetzt wird. Der reaktive Hauptreiniger kann ebenfalls mehrmals verwendet werden. Um che-mische Reaktionen, zum Beispiel starke Erwärmung mit Hydro-Metalliclacken, zu verhindern, darf das gebrauchte Ma-terial nicht mit gebrauchtem Spülme-dium oder Altlacken gemischt werden.

Die gebrauchten Reinigungsmedi-en sollten generell getrennt aufgefangen und nicht mit Wasser kontaminiert wer-den. Je nach Verschmutzungsgrad kom-men sie für oben erwähnte Wiederver-wendung oder Recycling in Frage.

Die Entleerung der Lackleitung zwischen den einzelnen Arbeitsschrit-ten kann durch Verdrängung mit dem nachfolgenden Reinigungsmedium oder durch Einblasen von Lu� (nicht bei Leitungen aus Normalstahl wegen Rostbildung) oder Sticksto� erfolgen.

VerfahrensvariantenFalls zusätzlich Pigmente/Füllstof-fe oder Rost entfernt werden müssen,

steht ein erweiterter Verfahrensablauf mit einem speziellen wasserlöslichen Reinigungsmedium zur Verfügung, dessen Beschreibung an dieser Stelle zu sehr ins Detail gehen würde.

Dieses Medium führt zu einer vollständigen Entfernung anorgani-scher Ablagerungen und Beläge und erzeugt dadurch eine metallisch blan-ke Oberf läche. Auf Materialien wie Normalstahl kann es daher unter Einwirkung von Lu� zu Rostbildung kommen. Gegebenenfalls ist hier tem-porär Sticksto� zur Verdrängung ein-zublasen.

Beim Reinigen von Lackleitungen aus Normalstahl sollte vorzugsweise jedoch sofort nach der Behandlung die Neubefüllung des Systems ge-mäß Schritt 5 a) oder b) des Verfah-rensablaufs erfolgen. Erst durch die vollständige Benetzung der gesam-ten behandelten Oberf läche mit Lack kann eine Rostbildung ausgeschlos-sen werden.

Das geschilderte Verfahren be-ziehungsweise seine beiden Varian-ten sind mittlerweile seit Jahren einge-führt und bewährt. Jedoch stellen sie hier lediglich ein grundlegendes Ver-fahren dar, das häu�g an die jeweili-gen Gegebenheiten anzupassen ist. Die für den jeweiligen Anwendungsfall be-ziehungsweise Lacktyp bestmöglichen Reinigungsmedien können im Vorfeld im Labor ermittelt werden.

Die chemische Reinigung von Ringleitungen ist somit eine sinnvol-le wirtscha�liche Alternative zur De-

montage und Neuverlegung von Lei-tungen, die im Einzelfall mehrere hun-dert Meter lang sein können.

Überschlägige KostenbetrachtungFür die chemische Reinigung konnte ein Mittelwert für die chemikaliensei-tigen Kosten pro Ringleitung von cir-ca 2500 Euro ermittelt werden. Hin-zu kommen indirekte Aufwendungen für die Mannstunden mit circa vier bis sechs Stunden pro Reinigung.

Diese Kosten sind gering im Ver-gleich zur Neuverlegung einer typi-scherweise circa 200 m langen Ring-leitung aus Edelstahl, die nach dem Stand der Technik für Molchtechnik ausgelegt ist, das heißt Rohre, Bögen, Flansche dürfen keinerlei Grat ha-ben und müssen auch ohne Grat ver-bunden beziehungsweise verschweißt sein. Hier können in der Praxis Kos-ten von bis 25 Euro pro Meter und für die Demontage, Neuinstallation von circa 100 Euro pro Meter – demnach insgesamt bis zu 25000 Euro – ent-stehen.

Dirk van BrüggeChemische Werke Kluthe, Tel. 08165 997095, [email protected]

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