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Verbundwerkstoffe an einem natürlichem Beispiel ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Regionalwettbewerb Jugend forscht CHEMNITZ Jugend forscht 2015 Margarete Rödel Schule: Karl-Schmidt-Rottluff-Gymnasium Chemnitz

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Verbundwerkstoffe an einem natürlichem Beispiel

ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Regionalwettbewerb Jugend forscht

CHEMNITZ

Jugend forscht 2015

Margarete Rödel

Schule:

Karl-Schmidt-Rottluff-GymnasiumChemnitz

Karl-Schmidt-Rottluff-Gymnasium Chemnitz

Verbundwerkstoffe an einem natürlichem Beispiel

Margarete Rödel

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 3

2. Werkstoffe und Werkstoffeigenschaften 4

3. Verbundwerkstoffe 7

3.1. Technische Verbundwerkstoffe 7

3.2. Biologische Verbundwerkstoffe 8

3.3. Muschelschalen als biologische Verbundwerkstoffe 9

3.3.1. Einordnung von Muscheln ins Naturreich 9

3.3.2. Bildung von Muschelschalen 10

3.3.3. Mikrostruktur von Muschelschalen 10

4. Experimentalteil 12

4.1. Nachweis von Muscheln als Verbundwerkstoff 12

4.1.1. Verstärkungsphase 12

4.1.2. Matrixphase 13

4.2. Härtemessung von Muschelschalen 14

5. Zusammenfassung 15

6. Literaturverzeichnis 16

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7. Anlagen 18

1. Einleitung

Wenn man sich in der Natur umsieht, hat man den Eindruck, dass viele Stoffe und Verbindungen der Natur, mit ihren Eigenschaften ideal auf ihre Beanspruchung angepasst sind. Vergleicht man diese ,Biomaterialien‘ mit den von uns hergestellten Werkstoffen, kann man deutlich Unterschiede feststellen. Nicht immer reichen die Eigenschaften natürlicher Materialen an die technischen Werkstoffe heran. Trotzdem erstaunen und faszinieren die Eigenschaften der Biomaterialien in vie-len Fällen.

Konkrete Beispiele für Biomaterialien sind Holz, Knochen, Chitin, Spinnenseide, Muschelschalen, und vieles mehr [1].

Um herauszubekommen, welches Material für eine bestimme Anwendung oder Belastungssituati-on am besten geeignet ist, müssen wir zuerst verstehen, welche Eigenschaften wirklich wichtig sind. Dann stellt sich die Frage, was eigentlich das Optimum bestimmt. Es ist auffällig, dass leichte Stoffe oft eine geringe Festigkeit besitzen, Stoffe mit hoher Festigkeit haben nicht nur eine hohe Dichte, sondern sind auch sehr bruchanfällig. Ein Ingenieur müsste also oft einen Kompromiss zwischen Festigkeit, Gewicht und Zähigkeit suchen. Wie macht das die Natur? Welche Möglichkei-ten stehen heute den Werkstoffingenieuren zur Verfügung, um Werkstoffe zu optimieren?

In dieser Arbeit möchte ich die Muschelschalen genauer betrachten. Sie halten den teilweise star-ken Strömung und Wasserbewegungen der Meere, Flüsse und Ozeane stand, ohne dabei zu zer-brechen. Das kann man schon feststellen, ohne die mechanischen Eigenschaften und den Aufbau der Muschelschalen genauer analysiert zu haben. Es stellt sich also die Frage, wie es die Natur eingerichtet hat, ein so faszinierendes Material herzustellen?

Weiterhin wäre dann zu prüfen, ob die Annahme, dass Muschelschalen exzellente mechanische Eigenschaften besitzen, tatsächlich stimmt.

Interessant ist es auch, sich zu überlegen, wo man diese scheinbar exzellenten Stoffe nutzen könnte, ob man die Prinzipien, nach denen diese Biomaterialien aufgebaut sind, auf technische Werkstoffe übertragen kann und welche Schwierigkeiten damit verbunden wären, z.B. in der Frage der Herstellbarkeit.

Dazu soll der Aufbau von Muschelschalen untersucht werden, um bewerten zu können unter wel-chen Gesichtspunkten natürliche Werkstoffe den technischen wirklich überlegen sind.

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2. Werkstoffe und Werkstoffeigenschaften

Werkstoffe sind alle Materialien die für die Produktion benötigt werden, aber auch die Roh- und Hilfsstoffe für deren Herstellung [2].

Die Entwicklung neuer Werkstoffe beeinflusst den technischen Fortschritt sehr stark und ist auch mit maßgebend für die Möglichkeit von technischen Neuerungen [1].

Die Verwendung von Werkstoffen reicht zurück bis in die Zeit der Urmenschen, die schon damals Holz, Ton und Stein zur Weiterverarbeitung genutzt haben. Ab der Kupferzeit begann man sich be-reits mit der Verhüttung von Erzen zu beschäftigen. Ab der Bronzezeit kann man sogar schon von einer Optimierung von Eigenschaften sprechen. Damals wurde dem Kupfer andere Erze beige-mengt, um besser Eigenschaften zu erreichen. Es folgten die Verarbeitung von Eisenerz und Glas. Veränderungen wurden meist nur nach Erfahrungswerten durch vorgenommen. Erst ab dem 17. und 18. Jahrhundert wurden die Optimierungen wissenschaftlich und gezielt durchgeführt [1].

Werkstoffe werden charakterisiert durch deren Eigenschaften. Für die Verarbeitung sind dabei vor allem die mechanischen Eigenschaften von Interesse.

Die Eigenschaften stehen dabei in engem Zusammenhang mit der chemischen Zusammenset-zung, der Art der chemischen Bindung, dem mikroskopischen Aufbau und und dem Herstellungs-prozess [2]. Werkstoffingenieure versuchen die Eigenschaften für bestimmte Anwendungen zu op-timieren oder aus der Vielzahl der heute verfügbaren Werkstoffe das optimalste Material für ein bestimmtes Produkt zu wählen. Beispiele für die wichtigsten mechanischen Eigenschaften sind die Dichte, die elastische Konstanten (Steifigkeit, z.B. der E-Modul), die Festigkeit und die Härte. [1]

Die Dichte ρ ist eine physikalische Größe und gleich dem Quotienten aus Masse m und dem Vo-lumen V . Sie gibt die Massenverteilung innerhalb eines Stoffes an.

Die Dichte beschreibt welche Masse eine bestimmte Stoffmenge hat und wie viel Raum sie dabei einnimmt. Sie wird durch die Art und die Anordnung von Atomen bestimmt. [1]

Die Steifigkeit beschreibt den Widerstand eines Körpers gegen eine Dehnung oder andere Ver-formung durch eine einwirkende Kraft. [1]

Sie wird angegeben als E-Modul. Das ist die Materialeigenschaft die den linearen Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung beschreibt. Bei einem Zugversuch, von dem man ein Kraft-Längenänderung-Diagramm (siehe Abb. A1.1 in Anlage 1) zeichnen würde, wäre der E-Modul der Anstieg im lineareren Teil des Graphen.

Metalle haben eine relativ hohe Steifigkeit, z.B. Aluminium hat ein E-Modul von 70 GPa und Eisen einen E-Modul von 211 GPa. Kunststoffe hingegen haben eher eine geringe Steifigkeit [3].

Als Festigkeit definiert man den Wiederstand den ein Werkstoff der Formänderung bzw. dem Bruch entgegen setzt. Gekennzeichnet wird die Festigkeit durch die Spannung bei der das plasti-sche Fließen im Material einsetzt. Das heißt die Festigkeit (Streckgrenze Re in Abb. 1) ist der Punkt an dem das Material nicht wieder zurück in seine alten Zustand übergeht, nachdem Kräfte auf ihn eingewirkt haben. Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm oder Kraft-Längenänderung-Diagramm ist das der Punkt, an dem die Kurve von der Anfangsgeraden abweicht.

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Ein weiteres Festigkeitsmaß ist die Zugfestigkeit Rm. Das ist der Punkt im Spannungs-Dehnungs-Diagramm an dem die größte Kraft aufgetreten ist. [1]

Die Härte ist der mechanische Widerstand, den ein Werkstoff dem mechanischen Eindringen ei-nes härteren Körpers entgegensetzt.

Das älteste Verfahren zur Angabe der Härte ist die Mohshärte, sie stammt aus der Mineralogie. Dabei wird ein Material mit dem anderen geritzt, daher kann man die Härte in diesem Verfahren auch nur im Vergleich zu anderen Stoffen beschreiben.

Moderen technische Messverfahren sind Eindringverfahren, z.B. nach Rockwell, Brinell oder Vickers. Bei einer Messung nach Vickers wird mit einer bestimmten Kraft eine Diamantpyramide (mit Flankenwinkel 136°) in einen Soff eingedrückt. Danach wird die Eindrucksfläche ausgemes-sen und ins Verhältnis mit der angewandten Kraft gesetzt [1,2].

Bruchzähigkeit beschäftigt sich mit dem Verhalten von Materialien, die schon einen Fehler in Form eines Risses enthalten. Materialien mit einem Defekt versagen schon bei viel kleineren Spannungen als rissfreies Material. Materialversagen durch einen Bruch ist dann das plötzliche Wachstum eines existierenden Risses. Dabei entsteht im Material eine neue Oberfläche, die Riss-oberfläche. Damit diese Oberfläche entsteht, kann muss zusätzliche Energie aufgebracht werden. In dieser Energie ist nicht nur die eigentliche Oberflächenenergie enthalten, die ihre Ursache darin hat, dass die atomaren Bindungen vor der Rissspitze aufgebrochen werden müssen, sondern auch alle Beiträge die Energie verbrauchen zu den Vorgängen vor der Rissspitze. Dazu zählt eine plastische Verformung in einem sehr kleinen Gebiet vor dem Riss in Metallen oder das Herauszie-hen von Fasern in Verbundwerkstoffen. Ein Maß für die Bruchzähigkeit ist die Bruchenergie Jc oder die kritische Spannungsintensität [2].

Um die Frage nach dem Material mit den besten Eigenschaften, für eine bestimmte Beanspru-chung/Bedingung zu beantworten, reicht es nicht nur eine physikalische Größe oder Materialei-genschaft allein zu betrachten. Es ist im allgemeinen nicht sinnvoll, z.B. immer das allerfesteste Material zu wählen, oder das mit der geringsten Dichte. Zunächst muss die Frage beantwortet werden, was optimiert werden soll.

Wenn man die Masse minimieren möchte, muss also z.B. der Zusammenhang zwischen Steifigkeit und Dichte minimiert werden oder der zwischen Festigkeit und Dichte eines Stoffes. Ein solcher Zusammenhang wird durch einen Materialindex M beschreiben. Ein Materialindex gilt aber immer nur für einen bestimmten Belastungsfall [3,4].

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Die Bedeutung dieses Materialindexes wird klar, wenn wir uns z.B. vorstellen, dass wir einen Stab aus Stahl durch einen aus Aluminium ersetzen wollen. Weil Aluminium eine viel geringere Dichte als Stahl hat, wäre das von Vorteil. Da aber sowohl die Steifigkeit als auch die Festigkeit von Alu-minium geringer als die von Stahl sind, müsste der Stab aber eine größere Querschnittsfläche ha-ben, und damit würde die Masse größer werden. Die Masse wird nur verringert, wenn wir den Ma-terial-Index M1 oder M4 vergrößern.

Um die Eigenschafen von verschiedenen Werkstoffen vergleichen zu können, werden bestimmte Werkstoffe zu Werkstoffklassen oder -gruppen zusammen gefasst und in Form einer Blase in ein Diagramm eingetragen, in dem der Zusammenhang zwischen zwei Eigenschaften dargestellt wird, z.B. Festigkeit und Dichte oder Steifigkeit und Dichte. Diese Diagramme werden Eigenschafts-Schaubilder oder englisch Property-Map genannt [1,3]. Zwei Beispiele für solche Eigenschafts-Schaubilder sind in den Abbildungen 2 und 3 gezeigt (siehe Abb. A1.2, Abb. A1.3) .

Diese beiden Eigenschafts-Schaubilder beschreiben das Verhältnis von E-Modul zu Dichte. Die diagonal verlaufenden Linien beschreiben den Materialindex M1. Alle Materialien, die auf einer

Belastungsfall Belastungsgrenze Materialindex

Stab, Zug/Druckbeanspruchung

Steifigkeit (max. Dehnung)

Festigkeit (max. Spannung)

Biegung, Balken Steifigkeit (max. Durchbiegung)

Festigkeit (max. Spannung)

Biegung, Platte Steifigkeit (max. Durchbiegung)

Festigkeit (max. Spannung)

Platte mit Riss max. ertragbare Spannung

max. ertragbare Dehnung

Tabelle 1: Material-Indizes für verschiedene mechanische Beanspruchungsfälle und minimale Masse als Optimierungsziel (nach Ashby [3]).

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Linie liegen, haben den selben Index M1, d.h. bei gleicher Maximallast und vorgegebenen maxima-ler Dehnung würden sie auf das selbe Gewicht führen. Bessere Materialien liegen auf Linien, die parallel zu der Diagonalen E/ρ nach oben verschoben sind.

3. Verbundwerkstoffe

3.1. Technische Verbundwerkstoffe

Das Prinzip der Verbundwerkstoffe ist, mindestens zwei verschiedene Werkstoffe so miteinander zu verbinden, dass sich die Eigenschaften des neuen Materials ergeben, die durch einen Werk-stoff allein nicht oder nur sehr schwer erzielt werden können. Dabei sind die Ausgangsstoffe immer noch klar erkennbar, denn es entsteht kein neuer Stoff, wie zum Beispiele bei dem Verbinden von zwei Metallen zu einer Legierung.

Da es meist eine festere Komponente und eine weichere gibt, in die die festere eingebettet wird spricht man von einer Verstärkungsphase und einer Matrixphase.

Die Optimierung der Eigenschaften wird meist so vorgenommen, wie es die Beanspruchung des Bauteils verlangt, für das ein Verbundwerkstoff hergestellt wird [5,6].

Verbundwerkstoffe kann man nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen. Eine Möglichkeit ist es, sie nach der Art der Matrixphase einzuteilen, z.B Kunststoff-Matrix-, Metall-Matrix- oder kera-mische Verbundwerkstoffe. Sie können auch nach Art oder Form der Verstärkungsphase eingeteilt werden, z.B. Faserverbund, Teilchenverbund oder Schichtverbund. Auch eine Rolle spielt die An-ordnung der Verstärkungsphasen, bei Fasern wäre das zum Beispiel ob es kurze oder lange Fa-sern sind, ob sie alle in eine Richtung zeigen oder verwebt sind.

Je nach dem was man für Verstärkungsphasen verwendet, ändern sich auch die Werkstoffeigen-schaften, denn die Verstärkungsphasen sind maßgeblich für sie verantwortlich [7].

Ein bekannter Verbundwerkstoff, der in der Industrie schon häufig eingesetzt wird, sind die Kohlen-faser-verstärkte Kunststoffe, kurz CFK. Das heißt ihre Verstärkungsphase besteht aus Kohlenstoff-fasern. Dafür wird der Kohlenstoff in der Graphit-Morphologie verwendet. Das heißt, die Graphi-tebenen sind parallel zur Faserachse ausgerichtet. Dadurch wirken Zugkräfte in Faserrichtung vor allem in der Graphitebene, in der starke Atombindungen herrschen. Die schwachen Bindungen, die zwischen den Ebenen herrschen und für das weiche Verhalten von Graphit verantwortlich sind, kommen in Kohlefasern nicht zum Tragen [6,7].

CFK werden meist verwendet, da es ein verhältnismäßig leichter Stoff ist, der trotzdem viel Stabili-tät (hohe Festigkeit und/oder großen E-Modul) hat. Die typischen Anwendungsbereiche liegen in der Luft- und Raumfahrttechnik, und zwar nicht nur für Militärflugzeuge sondern inzwischen auch bei großen Verkehrsflugzeugen. Die Seiten- und Höhenleitwerke der gesamten Airbus-Flotte wer-den schon seit Jahren aus CFK gefertigt. Auch die Flügel und der vollständige Rumpf der Boeing 787 sowie des zukünftigen Airbus A350 XWB, bestehen aus CFK. Aber auch in vielen anderen Anwendungen sind heute CFK häufig vertreten, z.B. Fahrradrahmen, Automobil-Karosserieteile und verschiedene Sportgeräte, wie Ski oder Sportbögen [1].

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Jedoch ist die Entwicklung von neuen nutzbaren Verbundwerkstoffen noch nicht abgeschlossen, da es noch viel Potenzial gibt, um technische Verbundwerkstoffe in größerem Rahmen verwenden zu können. Ein großes Potential liegt in der Masse. Ein Bereich in dem z.B. noch Verbesserungen nötig sind, ist die Herstellung. Die Kosten für die Herstellung sind oftmals noch zu hoch um CFK in großen Umfang zu produzieren [6].

3.2. Biologische Verbundwerkstoffe

Wenn man sich die Biomaterialien genauer ansieht, stellt man fest, dass sie nur aus einer gerin-gen Vielfalt von Grundbausteinen bestehen [1,4,8]. Die wichtigsten Ausgangsmaterialien sind vor allem Biopolymere, die aus sehr wenigen Grundbausteinen wie Polysacchariden oder Proteinen bestehen.

Wichtig dabei ist Cellulose, das ist ein Polysaccharid, also ein Mehrfachzucker. Die langen Mole-küle lagern sich sich zu faserförmigen Strukturen zusammen, den sogenannten Fibrillen, die vor allem den pflanzlichen Zellen zu Stabilität, insbesondere Zugfestigkeit, verhelfen [1,8].

Zusammen mit den Cellulosefasern ist das Lignin für die Stabilität von Holz verantwortlich. Lignin ist ein Biopolymer und stellt die Matrixphase in Holz dar [1].

Ein weiteres Polysaccharid ist Chitin, das ähnlich wie Cellulose aufgebaut ist. Chitin kommt vor allem in Gliedertieren, Gliederfüßern und Weichtieren vor [8].

Keratin ist ein zusammenfassender Begriff für Proteine (Eiweißmoleküle), die sich wie die Cellulo-semoleküle zu faserförmigen Strukturen verbinden. Keratine zählen zu den Hauptbestandteilen von Haut, Haaren, Hörnern und Hufen von Säugetieren [8].

Collagen ist ähnlich wie Keratin ein Strukturprotein, das ebenfalls faserförmige Strukturen bildet und dem Bindegewebe von Säugetieren die Stabilität verleiht. Collagen ist der Hauptbestandteil von Knorpel, Sehnen und Bändern und bildet die Polymermatrix in Knochen [8]. Wird die faserför-mige Struktur von Kollagen aufgelöst, ist das Molekül in der Lage ein Gel zu bilden, die Gelatine.

Verschiedene Biomaterialien werden durch mineralische Bestandteile ergänzt, die Eigenschaften ähnlich wie keramische Materialien haben. Zu diesen Stoffen zählen z.B. Knochen und Schalen von Muscheln [1].

Die meisten Biomaterialen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Verbundwerkstoffe sind. Diese werden meist durch einen hierarchischen Aufbau beschrieben. Das bewirkt Veränderungen in den meisten Eigenschaften [1,8]. Dass biologische Stoffe Verbundwerkstoffe sind, lässt sich am besten an folgenden Beispielen erkennen:

Holz ist ein Verbundwerkstoff, den man sehr leicht in der Natur finden kann. Er zeichnet sich da-durch aus, dass er fest und zäh ist, aber trotzdem gut verarbeitbar. Es besteht aus Cellulose und Lignin. Cellulose sind dabei Polymerketten mit Zuckereinheiten, die durch ihre Wasserstoffbrü-ckenbindungen einen hohe Festigkeit bei einer vergleichbar geringen Dichte zur Folge haben.

Die Cellulose ist in das Lignin eingebettet, wobei das Lignin eine harzartige Matrix bildet [1].

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Ein weiteres Merkmal von Biowerkstoffen ist ihr hierarchischer Aufbau. Aus den biomolekularen Grundbausteinen werden Strukturen auf der untersten Hierarchiestufe gebildet. Aus verschiednen Strukturen wird die nächste Stufe aufgebaut usw.

Ein wichtiges Beispiel sind Knochen, die wir alle in uns tragen. Sie zeichnen sich durch ihre hohe Festigkeit aus ohne dabei spröde zu sein. Sie sind angepasst an die Belastungen denen sie täg-lich ausgesetzt sind, ohne dabei so schwer zu sein, dass wir uns nicht mehr bewegen könnten. Sie bestehen aus einer mineralischen Calciumphosphat-Verbindung, dem Hydroxylapatit, und aus ei-ner Matrix aus Collagenfasern. Der hierarchische Aufbau von Knochen beginnt bei den Kollagen-Molekülen. Mehrere diese Kettenmoleküle bilden eine Spiralstruktur, das Tropokollagen. Aus ge-ordneten Strukturen von Tropokollagen und Hydroxylapatitkristallen werden sogenannte Collagen-fibrillen zusammengesetzt und mehrere Fibrillen bilden Collagenfaser oder Mikrofibrillen. Die Mik-rofibrillen bilden Schichten, die konzentrisch um einen Kanal eine röhrenförmige Struktur bilden, ein sogenanntes Osteon. Und aus diesen Osteon-Röhren werden die festen Außenwände von Röhrenknochen aufgebaut [8].

Der teilweise sehr komplizierte Bauplan der einzelnen Stoffe erfolgt durch Selbstassemblierung (Selbstordnung). Eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft ist die der Selbstheilung [1]. Bei Kno-chen kann man auch sehr gut die Eigenschaft der Selbstheilung beobachten. Nach einem Kno-chenbruch wächst dieser automatisch wieder zusammen - er heilt sich selber. Denn Wirbeltiere besitzen Zellen, die in der Lage sind Knochen auf- und auch abzubauen [1].

Beeindruckend ist dabei, dass die Bildung der Biomaterialen nahe zu automatisch abläuft. Viele dieser Materialien werden ausgezeichnet durch die festgelegten Zusammenhänge im Aufbau zwi-schen dem einzelnen Stoffen. Wenn diese verändert würden, könnte die optimale Angepasstheit an ihre Beanspruchung verloren gehen.

Die richtige Positionierung der einzelnen Bestandteile dieser Verbundwerkstoffe erfolgt automa-tisch, nach genetisch festgelegten Programmen. Dies Fähigkeit heißt Selbstassemblierung.

3.3. Muschelschalen als biologische Verbundwerkstoffe

3.3.1. Einordnung von Muscheln ins NaturreichMuscheln sind Vielzeller (Metazoa). Sie gehören dem Stamm der Mollusken, also dem der Weich-tiere, genauer gesagt dem Unterstamm der Schalentragenden Mollusken oder Schalenweichtiere (Conchifera), an. Die umgangssprachlich als Muscheln bezeichneten Tiere, bilden die Klasse der Bivalvia. Diese Klasse umfasst ca. bis zu 10.000 lebende oder erst vor kurzem ausgestorbene Ar-ten.

Auf diese wird sich im folgenden hauptsächlich bezogen. Schnecken spielen nur in Form von See-schnecken am Rand eine Rolle und sind in die Klasse der Gastropoden einzuordnen.

Die Mollusken bevölkern nahezu alle Biotope, außer der Luft. Muscheln und Seeschnecken sind nur in aquatischer Biotopen zu finden, z. B. im Meer [9].

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3.3.2. Bildung von MuschelschalenDie Schalen von Muscheln wachsen das ganze Leben dieser Tiere lang. Es beginnt schon im Embryonalstadium. Die Muschelschale bildet die Muschel an ihrer Körperaußenwand um sich he-rum. Dazu besitzt sie schalenbildende Organe an den Innenseiten der Muschelschale. Diese Or-gane bilden einen Schleimschicht, aus der sich dann die kristallinen Strukturen bilden können und die an die bestehende Schale angelagert werden [9,10].

Das Wachstum bei Muscheln erfolgt konzentrisch und nur in eine Richtung. Dabei wächst die Mu-schelschale immer stärker, je weiter sie vom Wirbel entfernt ist. In den Wirbel-nahen Bereichen ist das Wachstum geringer. Meist ist nicht nur ein Größenwachstum sondern auch ein Dickenwachstum vorhanden. Hierzu wird Schalenmaterial auch an der Schaleninnenseite angelagert [9,10].

Das Wachstum der Muschelschale ist ein immer gleich fortlaufender Prozess, kann aber durch äu-ßere Faktoren beeinflusst werden. Wenn die Umweltfaktoren nicht optimal, sind kann es sogar zu einer Wachstumshemmung kommen [9].

Durch die Umwelt kann ebenfalls die Farbe und Musterung der Schalen beeinflusst werden. Die Färbung ist besonders abhängig vom Nahrungsangebot und der Wassertemperatur.

Die häufigste Schalenfärbung ist weiß, da die Muscheln vorwiegend aus Kalk bestehen und das die natürlich Farbe des Kalkes ist.

Manche Muscheln besitzen Zellen die ständig mit der Ausscheidung von Pigmenten beschäftigt sind. Diese werden mit an die bestehende Schale angelagert. Diese Zellen können gleichzeitig oder auch abwechselnd arbeiten, sodass die teilweise sehr komplizierten Muster zustanden kom-men. Die Steuerung der Zellen und die Abgaben der Pigmente wird durch einen genetischen Code gesteuert.

Wenn sich die Umweltbedingungen der Muschel ändern, kann sich die Farbintensität der Muschel etwas ändern [9].

Dadurch ergibt sich, dass keine Muschel der anderen gleicht, auch wenn sie der gleichen Art an-gehören. Sie können sich sogar stark unterscheiden, denn das äußere Erscheinungsbild ist ab-hängig von der geografischen Lage des Lebensraums, der Nahrungsvielfalt, Wassertemperatur und Anzahl von Lebewesen in unmittelbarer Nähe [9].

3.3.3. Mikrostruktur von Muschelschalen Muschelschalen bestehen aus einem Polymer - Mineral - Verbundwerkstoff, dabei bildet Calicum-carbonat die mineralische Verstärkungsphase. Die Matrix besteht aus einem Biopolymer. Der Ver-bund ist ein neuer Stoff mit Eigenschaften die völlig verschieden von denen der Ausgangsmateria-lien sind [8].

Calciumcarbonat bildet verschiedene Modifikationen aus. In Muschel findet man vor allem die Mo-difikation Aragonit, seltener auch Calcit (siehe Abb. A1.4 in Anlage 1). Die verschiedenen Modifika-tionen des Calciumcarbonates unterscheiden sich nicht in der chemischen Summenformel, die lau-tet in beiden Fällen CaCO3, sondern in der Kristallstruktur, d.h. in der Anordnung der Ionen im Kris-

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tallgitter. Durch die unterschiedliche Kristallstruktur unterscheiden sich Aragonit und Calcit auch ein wenig in ihren Eigenschaften [10].

Das Calciumcarbonat bildet kleine Plättchen die durch die Matrix zusammengehalten werden. Der Anteil der Matrix kann zwischen 0,01% und 5% des Gesamtgewichtes der Schale betragen. Das heißt der größte Teil der Schale besteht aus den Aragonit-Plättchen (siehe Abb. A1.5). Die genaue Zusammensetzung der Matrix ist artenspezifisch, sie besteht aus einem Gemisch aus Chitin und Proteinen [1,8,10].

Die Zusammensetzung der beiden Komponenten kann auf ca. 50 verschiedene Art und Weisen geschehen, wenn man sich die Struktur genauer betrachtet. Die beiden wichtigsten sind zum einen die Kreuzlamellen-Struktur und die Perlmutt-Struktur [8,10].

Perlmutt ist wahrscheinlich die bekanntere von beiden, denn Perlmutt wird oft in der Schmuckver-arbeitung genutzt. Die schimmernde Struktur ist in der Innenseite der Muschelschalen zu finden, was vermuten lässt, dass dieses Farbenspiel eine ungewollter Nebeneffekt der Schalenbildung ist. Wenn man sich Perlmutt unter dem Mikroskop genauer betrachtet, sieht man eine Struktur der Calciumcarbonat Plättchen die stapelförmig aussieht. Die einzelnen Plättchen bestehen dabei im-mer aus Aragonit und werden durch die organische Matrix zusammengehalten.

Die Kreuzlamellen-Struktur besteht meistens ebenfalls aus Aragonit. Bei ihr bilden die Plättchen verschiedene Schichten. Die Plättchen der einzelne Schichten stehen senkrecht zu einander, so-dass es zu einer Verkeilung kommt [10].

Die Struktur der Schale innerhalb einer Art ist genetisch festgelegt, in einem Zeitraum von mehren Millionen von Jahren kommt es dabei nur zu geringfügigen Veränderungen [10].

Auch bei Muschelschalen gibt es einen hierarchischen Aufbau. Die 1. Hierarchiestufe ist die Mu-schel als Ganzes mit ihrer speziellen Form, z.B. mit Unterschieden im Profil. Die 2. Hierarchiestufe ist z.B. der Zusammenhang zwischen einzelnen Schichten die im Winkel von 90° zueinander ste-hen. Die 3.Hierarchiestufe wird gebildet von den Calciumcarbonatplättchen und der Matrix, die dann zusammen die einzelnen Schichten bilden [8].

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4. Experimentalteil

4.1. Nachweis von Muscheln als Verbundwerkstoff

Ziel der Folgenden Versuche ist noch einmal zu zeigen das es sich bei Muschelschalen um ein Biomaterial handelt mit einem Aufbau, der mit Verbundwerkstoffen vergleich bar ist.

4.1.1. VerstärkungsphaseDie Verstärkungsphase von Muschelschalen besteht aus Calciumcarbonatplättchen.

Für den Versuch wurden 6 Muscheln verwendet die am Meeresstrand gesammelt wurden (siehe Abb. A2.1 in Anlage 2). Sie wurden zum Teil schon mehrere Jahre gelagert.

Diese Muscheln wurden zunächst zerbrochen, um eine Bruchkante zu erhalten.

Da nach wurden zwei Versuche mit dem erhaltenen Material durchgeführt, zum einen die Betrach-tung in einem Auflichtmikroskop und zum anderen die Betrachtung in einem Rasterelektronenmik-roskop.

Für die Betrachtung in einem Auflichtmikroskop wurden die Muschelschalen zunächst präpariert, in dem sie in ein Kunstharz eingebettet und danach geschliffen wurden.

Selbst beim genaueren Betrachten dieser Bilder, kann man keine genauen Details zum Aufbau ab-leiten. Es kann nur vermutet werden, dass es sich um einen schichtweisen Aufbau handelt. (siehe Abb. A2.2, Abb. A2.3, Abb. A2.4) Dieses könnte eine Erklärung für die Streifen sein, die man auf den Bildern sehen kann. Denn in den Schichten wird das Licht immer anders reflektiert.

Diese Vermutungen lassen sich in den Bildern des Rasterelektronenmikroskops beweisen.

Für die Betrachtung im Rasterelektronenmikroskop wurden drei Präparate, eins von Muschel 1 und zwei von Muschel 4 angefertigt.

Diese wurden zunächst mit Gold bedampft, da es für die Betrachtung durch das Rasterelektronen-mikroskop nötig ist, dass die Oberfläche des Präparates leitfähig ist. Da Calciumcarbonat ein nicht-leitendes Material ist, musste es leitfähig gemacht werden.

In den Bildern von Muschel 1 lässt sich der schon vermutete schichtweise Aufbau sehr gut erkennen.(siehe Abb. A2.5, Abb. A2.6)

In den Bildern von Muschel 4 lässt sich der Aufbau aus Plättchen sehr gut erkennen. (siehe Abb.A2.7, Abb.A2.8)

Auf den Bildern der Muschel 4 ist außerdem erkennbar, dass in die Schale Dinge ein- und ange-lagert werden die sich im Meer befinden (siehe Abb. A2.9), wie Einzeller (z.B. Kieselalgen, siehe Abb. A2.10) oder Sandkörner (siehe Abb.A2.9).

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4.1.2. MatrixphaseWenn man sich die Mikroskopaufnahmen ansieht, sieht man zwar die die einzelnen Calciumcar-bonatplättchen, aber nicht die Matrix, die zwischen den einzelnen Plättchen hätte sein müssen.

Das liegt daran, dass die Muscheln die man am Strand findet, schon nicht mehr leben. Denn wenn man es genau nimmt, findet man nicht Muscheln am Strand sondern nur deren Schale, also ein Teil von deren Außenskelett.

Dadurch, dass die Muschel, wenn man sie findet, schon eine Weile tot ist, ist meist auch die Matrix schon vollständig zersetzt und daher nicht mehr auffindbar. Zumindest ist die Schale völlig ausge-trocknet und die Matrix ist geschrumpft.

Bei einer Muschel die erst kurz zu vor gestorben ist, kann man, aber die Matrix immer noch nach-weisen. Eine lebende Muschel besorgt man sich am besten im in der Lebensmittelabteilung, denn Meerestiere wie Austern dürfen nur lebend verkauft werden.

Mithilfe einer verdünnten Säure lässt sich nun gut der Kalk aus der Muschelschale heraus lösen. Chitin und andere Biopolymere werden von verdünnter Salzsäure nicht oder nur wenig angegrif-fen.

Der folgende Versuch wurde mithilfe eines 1g schweren Bruchstückes einer Auster Creuses und einer 25%igen Salzsäure durchgeführt. Dabei löst sich das Calciumcarbonat (CaCO₃) nach fol-gender Formel auf:

CaCO₃ + 2HCl → CaCL₂ + H₂O + CO₂Während die Reaktion abläuft kann man ein Aufsteigen von kleinen Bläschen beobachten, dabei handelt es sich um das aufsteigende Kohlenstoffdioxid (siehe Abb. A2.11).

Nachdem es aufgehört hat zu sprudeln, kann man der Säure ein geleeartiges Stück entnehmen, was deutlich kleiner als das Ausgangsstück ist. Die übrige geblieben Masse ist die Polymer-Matrix der Muschelschale. An dem übriggebliebenen Stück lassen sich noch sehr deutlich die Algen er-kennen die die Muschel ursprünglich einmal mit auf ihrer Schale trug (siehe Abb. A2.12, Abb. A2.13).

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4.2. Härtemessung von Muschelschalen

An den Lichtmikroskopie-Präparaten der Muscheln wurden Mikrohärtemessungen durchgeführt. Die Muschel mit der größten Härte ist die Muschel 6, mit 326 HV 0,1. Deutlich unter dem Durch-schnitt liegt die Muschel 2, bei der auch schon bei der Präparat Anfertigung merkbar war das sie deutlich zerbrechlicher war als die anderen, da sie stark splitterte.

Genau im Durchschnitt lag die erste Muschel mit 296,8 HV 0,1.

Mikrohärte HV 0,1 der sechs Versuchsschalen Muschel1 - 6

Muschel 1 Muschel 2 Muschel 3 Muschel 4 Muschel 5 Muschel 6 Durchschnitt

Messung 1Messung 2Messung 3Messung 4Messung 5

Durchschnitt

Negativ AbweichungPositiv Abweichung

300 194 369 318 300 299276 186 287 336 332 341313 187 294 325 362 332289 176 300 330 355 315306 185 351 324 270 353

296,8 185,6 320,2 326,6 323,8 328 296,83333333

20,8 9,6 33,2 8,6 53,8 29 25,8333333339,2 8,4 48,8 9,4 38,2 25 23,166666667

0

100

200

300

400

Muschel 1 Muschel 2 Muschel 3 Muschel 4 Muschel 5 Muschel 6 HV 0,1 HV 0,1 HV 0,1 HV 0,1 HV 0,1 HV 0,1

328323,8326,6320,2

185,6

296,8

Härtemessung der Muscheln

HV

0,1

HV 0,1

⌶ Abweichung zum Durchschnittswert

Aus den Härtemessung der Muscheln kann man nicht viel für weitere Eigenschaften ableiten. Da die Muscheln, die verwendet wurden, größtenteils nur noch aus Aragonit bestanden.

Vergleicht man den Durchschnittswert (296,8 HV 0,1) aller Muscheln mit Werten aus Literaturquel-len (110-250 HV 10 [Vincent]), erkennt man, dass diese Werte nicht aussagekräftig sind. Die selbstgemessenen Werte liegen deutlich höher.

Wenn man die gemessen Werte mit denen von Aragonit (260 HV 10 [Vincent]) vergleicht, liegen die selbst gemessenen Werte immer noch darüber. Ein Grund könnte sein, dass die Härte auch von der Prüflast abhängen kann [2,5]. Bei vielen Materialien ist die Eindruckfläche nicht proportio-nal zur Prüflast, so dass bei kleinerer Prüflast oft größere Härtewerte gemessen werden [2]. Es wurde im eigenen Versuch mit einem Mikrohärteverfahren mit einer Prüflast von 100 g (1 N) ge-messen. Das ist ein hundertstel des Standardprüfverfahrens HV10 mit 10 kg (100 N). Die hohe Härte kann aber auch daran liegen, dass die Matrix ausgetrocknet ist.

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5. Zusammenfassung

In dieser Facharbeit wurde versucht einige Muschelschalen zu untersuchen um herauszubekom-men, ob Muschelschalen besonders gute Eigenschaften haben.

Zunächst habe ich dabei gelernt, dass Muschelschalen ein Bio-Verbundwerkstoff sind und in ver-schiedener Sicht mit technischen Verbundwerkstoffen vergleichbar sind.

Aber das besondere an Biomaterialien ist• dass sie nur aus wenigen molekularbiologischen Grundbausteinen bestehen• eine hierarchische Mikrostruktur besitzen• fast ausschliesslich Verbundwerkstoffe sind, in denen feste Verstärkungsphasen in eine

zähe Matrix eingebettet sind Auch Muschelschalen besitzen diese Eigenschaften. Der Aufbau von Muschelschalen wurde durch mikoskopische Untersuchungen gezeigt.

Die Untersuchungen von mechanischen Eigenschaften ist viel schwieriger. An den Proben, die zur Verfügung standen konnten nur Härtemessungen gemacht werden. Diese ergaben aber sehr hohe Werte, die ungefähr so hoch sind wie die von Stahl.

Weitere experimentelle Untersuchungen wären sinnvoll. Man könnte z.B. noch frische Muschel-schalen und reine Aragonitkristalle mit Härtemessungen untersuchen, um herauszubekommen, worin der Ursache für die hohe gemessene Härte liegt und wie sich die Härte des Verbundes vom kompakten Kristall unterscheidet. Dazu könnte man dann auch die Bruchzähigkeit aus Rissen, die sich an Härteeindrücken bilden, bestimmen [2].

Wenn man die mechanischen Eigenschaften von Muschelschalen aus der Literatur [4,8] ansieht und die Eintragung der Eigenschaften z.B. in das Steifigkeits-Dichte-Eigenschafts-Schaubild be-trachtet, stellt man fest, dass das Verhältnis von Steifigkeit zu Dichte genauso gut ist, wie für die meisten Metalle, Metalllegierungen und Verbundwerkstoffe. Daraus kann man lernen, dass Mu-schelschalen sehr gut auf hohe Steifigkeit bei geringem Gewicht oder Materialverbrauch optimiert sind. Ähnliche Ergebnisse bekommt man, wenn man z.B. die Bruchzähigkeiten in [4] ansieht.

Diese Eigenschaften würden ein technisch hergestelltes Material mit einem solchen Aufbau sehr interessant machen. Denn abgesehen von den guten Eigenschaften sind Biomaterialien auch sehr umweltverträglich. Außerdem könnte man bedenken, dass Tiere wie Muscheln ihre Bestandteile mit relativ wenig Energieaufwand produzieren müssen. Im Gegensatz dazu werden die meisten Metalle bei hohen Temperaturen geschmolzen und brauchen zu ihrer Herstellung viel Energie. Bei anderen technischen Werkstoffklassen sieht das ähnlich aus [3].

Ob es technisch möglich ist, ein solches Verbundmaterial herzustellen, konnte nicht herausgefun-den werden.

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6. Literaturverzeichnis

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[1] M.-D. Weitze, C. Berger: Werkstoffe- unsichtbar, aber unverzichtbar. Berlin, Springer-Viehweg, 2013

[2] B. Ilschner, R. F. Singer: Werkstoffwissenschaft und Fertigungstechnik. 5. Auflage, Springer, Heidelberg, 2010

[3] M. F. Ashby, A. Wanner, C. Fleck: Materials Selection in Mechanical Design: Das Original mit Übersetzungshilfen. Heidelberg, Elsevier Spektrum Akademischer Verlag, 2007

[4] U. G. K. Wegst, M. F. Ashby: The mechanical efficiency of natural materials, Philosophical Magazine 84 (2004) S. 2167-2181

[5] M. Riehle, E. Simmchen: Grundlagen der Werkstofftechnik, Stuttgart, Dt. Verl. für Grundstoffindustrie, 1997

[6] M. Neitzel, G. Beresheim (Hrsg.): Handbuch Verbundwerkstoffe, Werkstoffe, Verarbeitung, Anwendung. München, Hanser, 2004

[7] W. Michaeli, M. Wegener (Hrsg.): Einführung in die Technologie der Faserverbundwerkstoffe, München, Hanser, 1990

[8] J. F. V. Vincent: Structural Biomaterials. Princeton, Princeton University Press, 2012

[9] S. P. Dance: Das Große Buch der Meeresmuscheln, Stuttgart, Ulmer, 1977

[10] M. Epple: Biomaterialien und Biomineralisation, eine Einführung für Naturwissenschaftler, Mediziner und Ingenieure. Stuttgart, Teubner, 2003

Danksagung

Für diese Aarbeit möchte ich verschiedenen Personen danken, die mich bei den Untersuchungen und der Anfertigung der Arbeit unterstützt haben.

Zunächst danke ich meinem Vater, Johannes Rödel, der mir zuerst geholfen hat, so ein interessantes Thema zu finden, mir den Kontakt zu Wissenschaftlern an der Universität Bayreuth vermittelte, mir die Literatur besorgt und viele Fachfragen erklärt hat. In Bayreuth konnte ich eine Woche am Lehrstuhl für Keramische Werkstoffe von Prof. Walter Krenkel arbeiten und erhielt dabei einen interessanten Einblick in dieses Gebiet. Nico Langhof und seine Gruppe haben mich sehr freundlich aufgenommen, während dieser Woche betreut, mir die Präparation von Proben gezeigt und mich bei der Untersuchung der Muschelschalen unterstützt. Außerdem konnte ich eine Platte aus kohlefaserverstärktem Kunststoff anfertigen, was aber in dieser Arbeit keinen Platz fand. Für diese freundliche Unterstützung danke ich ganz herzlich.

Außerdem danke ganz herzlich Ernst Fleischmann vom Lehrstuhl für Metallische Werkstoffe für die Hilfe bei der elektronenmikroskopischen Untersuchung und den Härtemessungen.

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AnlagenAnlage 1. - Abbildungen

l0

�l

F

A

F

F

�l

E

Rm

Re

Rp0,2

Bruch

0,2%

Abb. A1.1:F - (∆l) - Diagramm eines Zugversuches (nach [2])(mit F - Zugkraft, ∆l - Längenänderung bezüglich der Ursprungslänge, E ist E-Modul, Re - Spannung ab der plastisches Fließen einsetzt, Rp0,2 - Spannung bei der das plastische Fließen eine Längenänderung um 0,2% bewirkt, Rm - maximale Spannung)Dehnung - ε = Δl / l₀ Spannung - σ = F / A

Abb. A1.2: Eigenschafts-Schaubild für die Beziehung von Steifigkeit (E-Modul) und Dichte nach Ashby [3] für verschiedene Werkstoffklassen

Abb. A1.3: Eigenschafts-Schaubild für die Beziehung von Steifigkeit (E-Modul) und Dichte nach Ashby [4] für natürliche Materialien. Die Felder für CaCO3, natürliche Keramiken und Komposite sowie Muschelschalen sind farblich hervorgehoben.

Aragonit Calcit

Abb. A1.4: Kristallstruktur der Calciumcarbonat-Modifikationen Aragonit und Calcit. Strukturbilder erzeugt mit dem Programm CrystalMaker Demo (http://www.crystalmaker.com) und den Strukturdaten aus American Mineralogist Crystal Structure Database (http://rruff.geo.arizona.edu/AMS/amcsd.php)

Polymermatrix

Aragonit-Plättchen

Abb. A1.5: Mikrostruktur und Aufbau einer Muschelschale aus Aragonitplättchen und einer Polymermatrix [8]

Anlage 2. - Fotos und Bilder Experimentalteil

Abb. A2.1: Versuchsmuscheln vor dem Experimentieren

Abb. A2.2: Muschel1 - Schichtweiser Aufbau erkenbar

Abb. A2.3: Muschel1 - Schichtweiser Aufbau erkenbar

Abb.A2.4: Muschel 2 - Schichtweiser Aufbau erkennbar

Abb.A2.5: Muschel 1 - Bruchfläche

Abb.A2.6: Muschel 1 - Bruchfläche

Abb.A2.7: Muschel 4 - Bruchfläche

Abb. A2.8: Muschel 4 - Bruchfläche

Abb.A2.9: Muschel 4 - Oberfläche mit eingelagertem Sandkorn

Abb. A2.10: Muschel 4 - Oberfläche mit eingelagertem Einzeller, vermutlich eine Kieselalge

Abb.A2.11: Muschelschale in 25% Salzsäure

Abb. A2.12: Muschelschalenmatrix - Betrachtung durch ein Lichtmikroskop

Abb.A2.13: Muschelschalenmatrix - Betrachtung durch ein Lichtmikroskop