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. Christoph Greub Institut f¨ ur theoretische Physik Universit¨ at Bern Herbstsemester 2019

Christoph Greub Institut fur theoretische Physik¨ Universit¨at ......Die de Broglie-Beziehung λ = h p die einem Teilchen vom Impuls p eine Welle der Wellenl¨ange λ = h/p zuord-net,

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Elektrodynamik

Christoph Greub

Institut fur theoretische Physik

Universitat Bern

Herbstsemester 2019

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Das vorliegende Skript basiert weitgehend auf demjenigen von Prof. H. Leut-

wyler, das zu einem Zeitpunkt geschrieben wurde, als die Elektrodynamik eine

vierstundige Lehrveranstaltung war. Das Skript von H. Leutwyler behandelt Din-

ge, die selbst uber den Rahmen einer vierstundigen Veranstaltung hinausgehen

und ist deshalb als Lehrbuch zur klassischen Elektrodynamik zu verstehen.

Christoph Greub Bern, September 2019

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Literatur

• J.D. Jackson, Klassiche Elektrodynamik, de Gruyter Verlag, OGA 114.

• T. Fliessenbach, Elektrodynamik, Wissenschaftsverlag, OGA 203.

• G. Eder, Elektrodynamik, BI-Hochschultaschenbucher, OGA 130.

• D. J. Griffiths, Elektrodynamik–Eine Einfuhrung, Pearson Studium, ISBN:

978-3-86894-057-2; Englische Version: OGA 151.

• R.P. Feynman, Lectures on Physics, Vol. 2, Addison-Wesley Publishing Com-

pany, ODD 125, v2.

• L.D. Landau, F.M. Lifshitz, Lehrbuch der theoretischen Physik, Band II klassi-

sche Feldtheorie, ODE 201, v2; Band VIII Elektrodynamik der Kontinua, ODE

201, v8, Akademieverlag.

• A. Sommerfeld, Elektrodynamik, Harri Deutsch Verlag, ODE 207, v3.

• H. Leutwyler, Elektrodynamik und Optik, Skript Uni Bern [eigentlich ein Lehr-

buch zur klassischen Elektrodynamik]

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

1.1 Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2 Elektrische Ladung, Strom, Kontinuitatsgleichung . . . . . . . . . 6

1.3 Elektrische und magnetische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Die Maxwellglei hungen 12

2.1 Struktur der Maxwellgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2 Potentiale, Eichtransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2.3 Maxwellgleichungen in Integralform . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3 Energie des elektromagnetis hen Feldes 22

4 Elektromagnetis he Wellen im Vakuum 27

4.1 Wellengleichung F = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.1.1 Ebene (monochromatische) Welle . . . . . . . . . . . . . . 29

4.1.2 Allgemeine Losung der Wellengleichung . . . . . . . . . . . 31

4.2 Losung der Maxwellgleichungen im Vakuum . . . . . . . . . . . . 35

4.3 Verhalten der elektromagnetischen Felder einer Welle . . . . . . . 37

4.4 Wellenpakete, Gruppengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 41

A Energie eines ektromagnetis hen Wellenpakets 45

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A.1 Vorbereitende Bemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

A.2 Delta-Funktionen (ganz rudimentar) . . . . . . . . . . . . . . . . 46

A.2.1 1–dimensional . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

A.2.2 3–dimensional . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

A.3 Eigentliche Herleitung des Energieausdrucks (4.1) . . . . . . . . . 48

5 Retardierte Felder 51

5.1 Allgemeine Losung der Maxwellgleichungen . . . . . . . . . . . . . 51

5.2 Darstellung der retardierten Felder via Greensche Funktion . . . . 57

5.2.1 Was beschreibt Dret(~x, t)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

5.2.2 Retardierte Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

5.3 Eigenschaften der allgemeinen Losung . . . . . . . . . . . . . . . . 60

5.4 Felder stationarer Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

5.4.1 ~E− Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

5.4.2 ~B− Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

6 Elektrostatik 65

6.1 ~E−Feld einer statischen Ladungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . 65

6.1.1 Bedeutung von ϕ(~x) in der Elektrostatik . . . . . . . . . . 67

6.2 Energie des statischen ~E−Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

6.3 Multipolentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

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6.3.1 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q 6= 0 . . . . . . . . . 75

6.3.2 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q = 0 . . . . . . . . . 77

6.4 Multipolentwicklung der potentiellen Energie . . . . . . . . . . . . 80

6.4.1 Geladenes Teilchen (Q =∫d3y ρ(~y) 6= 0) . . . . . . . . . . 80

6.4.2 Neutrales Teilchen (Q =∫d3y ρ(~y) = 0; ρ(~y) 6= 0 i.a.) . 81

7 Magnetostatik 83

7.1 Auf dunne Drahte konzentrierte Stromverteilung . . . . . . . . . . 84

7.1.1 Anwendung auf Kreisstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

7.2 Energie statischer Magnetfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

7.2.1 Energiediskussion fur zwei Kreisstrome . . . . . . . . . . . 87

7.3 Magnetisches Moment – Multipolentwicklung des Vektorpotentials 91

7.4 Potentielle Energie eines Teilchens im ~B−Feld . . . . . . . . . . . 96

8 Felder veränderli her Quellen 99

8.1 Nahzone – Fernzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

8.2 Emission elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . 104

8.3 Abgestrahlte Leistung in Dipolnaherung . . . . . . . . . . . . . . 108

8.3.1 Abgestrahlte Leistung eines beschleunigten Teilchens . . . 110

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1 Einleitung

Coulomb–Gesetz 1785

Gesetz von Biot + Savart 1820

Diese Gesetze fuhren die elektrischen und magnetischen Erscheinungen, die bei

stationaren Ladungs- und Stromverteilungen auftreten, auf elementare Fernkrafte

zuruck.

Bem: Aus heutiger Sicht sind diese Gesetze die Losungen der Maxwellgleichungen

im stationaren Fall.

Im 19. Jahrhundert versuchten viele Physiker/Mathematiker auch die Phano-

mene, die bei zeitlich veranderlichen Ladungs- und Stromverteilungen auftreten,

auf Fernkrafte zuruckzufuhren. Faraday (1791-1867) hat wohl als erster erfasst,

dass diese Versuche folgendem Sachverhalt nicht gerecht werden: elektrische und

magnetische Felder sind nicht blosse Rechengrossen, die durch vorhandene La-

dungen und Strome eindeutig bestimmt werden, sondern fuhren ein Eigenleben,

tragen Energie, Impuls, etc. Die Grundgesetze, denen diese Felder unterworfen

sind, wurden von Maxwell (1831-1879) abschliessend formuliert (1865, Treatise

of Electricity and Magnetism: 1873).

Die Vorstellung, dass Feldern eine physikalische Bedeutung zukommt, die kei-

ner weiteren mechanischen Erklarung als Vibration eines strukturierten Medi-

ums (Aether) bedarf, erscheint uns heute als problemlos. Selbst das Grundgesetz

der Elektronentheorie (Schrodinger-Gleichung) enthalt ein Wellenfeld als Grund-

grosse.

Fernwirkungsgesetze haben sich ausnahmslos als Naherungen erwiesen, die ihre

Gultigkeit verlieren, wenn sich die Korper zu rasch bewegen. Sie verletzen ins-

besondere die Kausaliat: Eine rasche Anderung der Ladungsverteilungen auf der

Sonne macht sich in Tat und Wahrheit auf der Erde erst nach ca. 8 Minuten

bemerkbar, im Gegensatz zu einer Fernwechselwirkung, bei der die Anderung

instantan registriert werden konnte.

Im statistischen Grenzfall jedoch gibt es zwischen lokalen Feldgesetzen und Fern-

wirkungsgesetzen keinen prinzipiellen Unterschied.

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Die Struktur der Maxwellgleichungen fuhrte zu Beginn des 20. Jh. zur Entdeckung

der Relativitatstheorie – die Maxwellgleichungen erweisen sich selbst fur rasch be-

wegte Ladungen als korrekt (im Gegensatz zum Newtonschen Fernwirkungsgesetz

der Gravitation, das die Relativitatstheorie nicht uberlebte).

Quantentheorie: Die Energie des elektromagnetischen Feldes tritt in quantisier-

ten Einheiten auf, die sich als Photonen direkt nachweisen lassen (Planck 1900,

Einstein 1905). Die Grundgesetze der Quantentheorie wurden in den Zwanziger-

jahren des letzten Jahrhunderts aufgedeckt (de Broglie 1923, Heisenberg 1925,

Schrodinger 1925). Die Quantentheorie des elektromagnetischen Feldes wurde

schon 1927 von Dirac formuliert, im Jahre vor seiner Entdeckung der relativisti-

schen Wellengleichung des Elektrons (Diracgleichung, 1928).

Die Wechselwirkung zwischen dem elektromagnetischen Feld und dem Wellenfeld

des Elektrons wird durch die sog. Quantenelektrodynamik beschrieben. Im Prin-

zip eine recht einfache Theorie, deren mathematische Losung recht komplizierte

Hilfsmittel erfordert (Stichwort Storungstheorie, Entwicklung von physikalischen

Grossen wie Wirkungsquerschnitte, magn. Momente, etc. nach Potenzen der klei-

nen Zahl α = 1/137.036...). Die Vorhersagen dieser Theorie haben sich bisher bis

ins feinste Detail als korrekt erwiesen.

Bsp.: Magnetisches Moment (µe) des Elektrons (genaue Def. spater; einfach eine

charakt. Grosse des Elektrons (wie Masse oder Ladung))

µe =e~

2me·

1.00115965221(3) Experiment

1.00115965246(13)(7)︸ ︷︷ ︸

1+ α2π

+...

Theorie

Seit einigen Jahren wissen wir, dass auch die starken und schwachen Wechselwir-

kungen (WW) durch Felder vermittelt werden, die sehr eng mit dem elektroma-

gnetischen Feld verwandt sind (alle diese Felder sind sogenannte Eichfelder).

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Elektromagn. WW: durch Photonen ubertragen

Streuung von zwei Elektro-

nen in der Quantenelektro-

dynamik

γ

e− e−

e− e−

t

Schwache WW: durch W±− und Z0−Bosonen ubertragen

Zerfall eines Muons (µ−) in

der schwachen WW µ−

νµ

e−

νe

W−

t

Starke WW: durch Gluonen ubertragen

Streuung von zwei

u−Quarks, die sich in

zwei Protonen befinden,

die man am LHC (CERN)

kollidieren lasst.

g

u u

u u

t

Die Maxwellgl. haben nicht nur die Relativitatstheorie, sondern auch die Quan-

tentheorie unbeschadet uberlebt. Sie bestimmen die Ausbreitungseigenschaften

des elektromagn. Feldes (oder der Photonen) und spielen damit eine ahnliche

Rolle wie die Schrodingergl. (Diracgl.), die die Ausbreitungseigenschaften der

Elektronen festlegt.

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Sowohl Elektronen als auch Photonen manifestieren sich manchmal als Wellen,

manchmal als Teilchen. Die de Broglie-Beziehung

λ =h

p

die einem Teilchen vom Impuls p eine Welle der Wellenlange λ = h/p zuord-

net, gilt sowohl fur Photonen als auch fur Elektronen. Ist die Wellenlange kurz

im Vergleich zu den charakteristischen Distanzen des Systems, dann verhalten

sich die Wellen wie lokalisierte Teilchen. Wenn λ dagegen mit den charakteristi-

schen Distanzen vergleichbar ist (oder grosser), dann spielt der Wellenaspekt eine

wesentliche Rolle.

In dieser Vorlesung diskutieren wir nur Erscheinungen, bei denen der Teilchen-

aspekt des elektromagn. Feldes keine wesentliche Rolle spielt:

=⇒ klassische Elektrodynamik

Wir gehen davon aus, dass Sie mit dem Inhalt der Vorlesung Physik II (ED-Teil)

vertraut sind, und wahlen daher ein deduktives Verfahren, das die Maxwellgl.

zum Ausgangspunkt nimmt.

Vektoranalysis wird ausgiebig benutzt werden. Deshalb Repetition im Kurs MM-

PIII, der parallel lauft.

1.1 Einheiten

• Wir verwenden SI-Einheiten.

Alle mechanischen und elektromagnetischen Grossen haben Einheiten, die

sich mit den 4 Grundeinheiten

m, kg, s, A

ausdrucken lassen.

1kgm/s2 = 1N (Newton)

1Nm = 1J (Joule)

1J/s = 1W (Watt)

Strom J , [J ] = 1A (Ampere)

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Ladung Q, [Q] = 1As = 1Cb (Coulomb)

Spannung U , [U ] = 1J/Cb = 1V (Volt)

~E−Feld, [ ~E] = 1N/Cb = 1V/m = 1kgm/As3

~B−Feld, [ ~B] = 1V s/m2 = 1T (Tesla); 1T = 1kg/(As2)

• Fur das ~B−Feld wird auch “Gauss” als Einheit gebraucht:

1 Gauss.= 10−4T

• In SI-Einheiten enthalten die Gesetze der Elektrodynamik die Konstanten

ǫ0, µ0:

~∇ · ~E =ρ

ǫ0

~∇× ~B − 1

c2~E = µ0~

~∇ · ~B = 0

~∇× ~E + ~B = 0

c ist formal gesehen eine Abkurzung fur die Kombination 1/√µ0ǫ0; physi-

kalisch gesehen ist c die Ausbreitungsgeschw. von e.m. Wellen im Vakuum,

also die Lichtgeschw..

ǫ0, µ0 sind durch Konventionen festgelegt.

µ0.= 4π · 10−7 V s

Am

Dann ǫ0 durch die Gl. ǫ0µ0 = 1/c2.

c.= 299792458m/s

Seit 1983 ist der Meter via Lichtgeschw. c definiert.

−→ ǫ0 = 8.854... · 10−12 As

Vm.

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• Die Konvention µ0 = 4π · 10−7 V sAm

legt eigentlich fest, was unter einer

Stromstarke von 1A zu verstehen ist: nach dieser Konvention ziehen sich

2 dunne, parallele Drahte, durch die ein Strom von 1A fliesst, im Abstand

von d = 1m mit einer Kraft von 2 · 10−7N pro Meter Draht an:

dF

dℓ=

1

2πµ0

J1J2

d= 2 · 10−7N

m(J1 = J2 = 1A) .

J1 J2

d

dℓd~F

• Ladung eines Protons, “Elementarladung e”:

e = 1.6021892(46) · 10−19Cb

1.2 Elektrische Ladung, Strom, Kontinuitatsgleichung

Bisher wurden in der Natur nur Korper gefunden, deren elektrische Ladung ein

ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung betragt. Zudem wurden nur Pro-

zesse beobachtet, in denen die Summe der elektrischen Ladungen erhalten bleibt:

e− → νe + γ nie beobachtet!

Man nimmt deshalb an, dass die elektrische Ladung exakt erhalten bleibt (Er-

haltungssatz der elektrischen Ladung).

Kontinuierliche Ladungsverteilung

Ladung im Volumen d3x: dQ = ρ(~x, t) · d3x

ρ(~x, t): Ladungsdichte [ρ] = Cb/m3.

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Zwei Beispiele:

a) Ladungsverteilung des e− im Wasserstoff-Atom

ρ(~x, t) = const e e−|~x|/a0 ; a0 : Bohrradius

b) Ladungsverteilung im Festkorper:

x1

ρ Atomkerne

Elektronen

Ladung im endlichen Volumen V : Q(V, t) =∫

Vd3x ρ(~x, t)

Ladung, die wahrend der Zeit dt durch eine Flache d~S stromt:

dQ = ~(~x, t) · d~S dt

~(~x, t): Stromdichte; [] = Cbm2s

.

d~S

θ

~j

dQ = 0 fur d~S ⊥ ~; ~ · d~S =

|~| |d~S| cos θ

Beispiel: Schwarm geladener Teilchen mit Geschw. ~v:

~ = ρ~v

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Strom durch endliches Flachenstuck:

J =

S

d~S · ~(~x, t)S

~j

dQ = J dt Ladung, die wahrend dt durch S stromt.

Strom durch geschlossene Flache

J =

∂V

d~S · ~V

∂V Rand von V

Verwende Gauss: ∮

∂V

d~S · ~ =∫

V

d3x ~∇ · ~

−→ J =

V

d3x ~∇ · ~ Strom durch Oberflache ∂V von V

Ladungserhaltung:

Q(t) =

V

d3x ρ(~x, t) Ladung in V zur Zeit t .

Es gilt die folgende Gleichung:

Abnahme der Ladung in V pro Sek. = Ladung, die pro Sek. durch Oberfl. abfliesst

Q = −J∫

V

d3x ρ = −∫

V

d3x ~∇ · ~ (∀V )

=⇒ ρ+ ~∇ · ~ = 0 .

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ρ+ ~∇ · ~ = 0 Kontinuitatsgleichung=lokale Form der Ladungserhaltung

(

ρ =∂ρ(~x, t)

∂t=

∂ρ(~x, t)

∂t

∣∣∣∣~x

)

Wenn die Ladungsdichte ρ nicht konstant bleibt (ρ 6= 0), dann muss ein Strom

auftreten: Ladungen werden hochstens verschoben, sie gehen nie verloren.

Flachenladung

Oft treten an der Oberflache grosser Korper geladene Schichten auf, deren

Dicke nur einige Atomdurchmesser betragt. Der Verlauf der Ladungsvertei-

lung in dieser Schicht ist oft irrelevant - es zahlt bloss die Gesamtladung, die

sich im Flachenelement dS der Schicht befindet: dQ = ρ∗ dS

dS

Oberfachenschicht

ρ∗(~x, t): Dichte der Flachenladung ([ρ∗] = Cb/m2).

1.3 Elektrische und magnetische Felder

Das Vorhandensein elektrischer und magnetischer Felder ist erkennbar an ihrer

Wirkung auf geladene Probekorper. Fur kleine Probekorper (Ausdehnung klein

im Vergleich zu den Distanzen, uber die sich die Felder wesentlich andern), deren

Ladung q so klein ist, dass die Ruckwirkung auf die Ladungen und Strome des

Systems vernachlassigt werden kann, ist die Kraft proportional zu q:

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~F = q

~E(~x, t) + ~v × ~B(~x, t)

Kraft auf Punktladung q

Bsp.: In der unteren Atmosphare herrscht ein elektrisches Feld von der Grossen-

ordnung 100 V/m (Himmel +, Erde -)*. Die Erde tragt eine Ladung von etwa

−6 · 105Cb; das elektrische Feld erzeugt einen Strom von insgesamt etwa 1500 A

(uber die ganze Erdoberflache).

~E

Erdoberflache

*) Warum kann man dies feststellen, ohne gleich vom Schlag getroffen zu werden?

Warum bleibt dieses ~E−Feld trotz dem beschriebenen Stromfluss aufrechterhal-

ten?

Antworten: Siehe Feynman, Lectures on Physics, Band II, Kap. 9.

Bsp.: Das magnetische Feld auf der Erdoberflache ist von der Grossenordnung

5 · 10−5 T .

N

S

~B

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Bewegung einer Punktladung in vorg. elektromagnetischen Feld

Bewegungsgesetz fur punktformige, langsame Ladung q:

m~x = q

~E + ~x× ~B

langsame punktf. Ladung

Fur rasch bewegte Ladung q bleibt die rechte Seite unverandert.

Relativitatstheorie : ~p = ~Fres

nicht: m~x = ~Fres

~p = m~vγ ; γ =

(

1− ~x2

c2

)−1/2

=⇒ md

dt

(

γ~x)

= q

~E + ~x× ~B

Bewegungsgl. fur punktf. Ladung

Arbeitsleistung eines el.magn. Feldes an Ladungen

Bewegt sich eine Punktladung im el.magn. Feld, dann leistet das Feld wahrend

der Zeit dt die Arbeit:

dAւ = ~F · d~x = ~F · d~xdt

dt = ~F · ~x dt

= q

~E + ~x× ~B

· ~x dt = q ~E · ~x dt = q ~E · ~v dt

Beachte, dass das ~B−Feld keine Arbeit leistet, weil (~x× ~B) · ~x = 0.

Kontinuierliche Ladungsverteilung:

dq = ρ d3x

dAւ = ρ~E · ~v d3x dt =~︷︸︸︷

ρ~v · ~E d3x dt = ~ · ~E d3x dt

Energie, die wahrend Zeit dt im Volumen d3x vom Feld an die Materie abgegeben

wird.

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2 Die Maxwellgleichungen

Die vier Maxwellgleichungen lauten:

(1) ~∇ · ~E = ρ/ǫ0 Coulomb-Gauss

(2) ~∇× ~B − 1c2~E = µ0 ~ Ampere-Maxwell

(3) ~∇ · ~B = 0 es gibt keine magnetischen Ladungen

(4) ~∇× ~E + ~B = 0 Faraday Induktionsgesetz

Darin kommen folgende Grossen vor:

~E = ~E(~x, t) elektrisches Feld~B = ~B(~x, t) magnetisches Feld

ρ = ρ(~x, t) Ladungsdichte

~ = ~(~x, t) Stromdichte

2.1 Struktur der Maxwellgleichungen

• Falls ρ(~x, t) und ~(~x, t) vorgegeben

−→ (1)-(4): Set von partiellen Differentialgleichungen (DGL) fur ~E, ~B.

Diese DGL sind: 1. Ordnung, linear, inhomogen.

1. Ordnung: nur erste Ableitungen treten auf, sowohl zeitlich als auch ortlich

linear: Die gesuchten Felder ( ~E, ~B) kommen nur linear vor, also keine~E2, ~B2−Terme, etc.

inhomogen: ρ und ~ sind die Inhomogenitaten

Oft nennt man (3) und (4) die homogenen Maxwellgleichungen; (1) und (2)

sind die sog. inhomogenen Maxwellgleichungen.

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Bemerkung:

Mit ρ und ~ in den obigen Maxwellgleichungen sind samtliche Beitrage zur

Ladungs- und Stromdichte gemeint.

Falls man z.B. eine fixe Ladungsdichte ρ1(~x) in die Umgebung eines Dielek-

trikums stellt, wird dieses vom ~E−Feld , das von ρ1 erzeugt wird, polarisiert.

Es entsteht eine Polarisationsladungsdichte ρp(~x).

Das ρ in den Maxwellgleichungen ist in diesem Fall ρ = ρ1 + ρp.

In diesem Kapitel kummern wir uns nicht darum, wie man das ρp berechnen

kann, sondern:

In diesem Kapitel: ρ(~x, t), ~(~x, t) seien fest vorgegeben. Gesucht:~E(~x, t), ~B(~x, t).

• Gibt es zu jedem (ρ(~x, t), ~(~x, t)) Losungen zu (1)–(4)?

(1) ~∇ · ~E =ρ

ǫ0;

∂t(1) : ~∇ · ~E =

1

ǫ0ρ

(2) ~∇× ~B − 1

c2~E = µ0~ ; ~∇ · (2) : ~∇ · (~∇× ~B)

︸ ︷︷ ︸

=0

− 1

c2~∇ · ~E = µ0

~∇ · ~

=⇒ 1

ǫ0ρ = −c2µ0

~∇ · ~ oder

ρ+ c2µ0ǫ0︸ ︷︷ ︸

1

~∇ · ~ = 0 =⇒ ρ+ ~∇ · ~ = 0 Kontinuitatsgl.

=⇒ Es ist also notwendig, dass die Quellen ρ(~x, t), ~(~x, t) die Kontinuitats-

gleichung erfullen.

In anderen Worten: Die Kontinuitatsgleichung ist eine sog. Integrabilitats-

bedingung der Maxwellgleichungen.

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Bedeutung der Kontinuitatsgleichung

Integriere die Kontinuitatsgleichung ρ+~∇·~ = 0 uber ein endliches Volumen

V :

V

d3x ρ = −∫

V

d3x ~∇ · ~ Gauss=== −

∂V

d~S · ~

d

dt

V

d3x ρ

︸ ︷︷ ︸

Ladung inV

= −∮

∂V

d~S · ~ V

∂V

Das Integral auf der rechten Seite ist nichts anderes als die Ladung die pro

Zeit durch den Rand (∂V ) von V stromt.

Betrachten den Fall, wo das Volumen gross wird: V → ∞, ~ und ρ seien 0

fur |~x| → ∞.

(ausserhalb)

~j, ρ 6= 0

~j = ρ = 0

Dann gilt:

d

dt

V

d3x ρ = 0 ←→ Gesamtladung erhalten

Die Kontinuitatsgleichung ist also nichts anderes als die lokale Form der

Ladungserhaltung.

• Wir werden sehen: Falls die Kontinuitatsgleichung erfullt ist, gibt es stets

Losungen zu den Maxwellgleichungen (1)–(4).

• Frage: Ist die Losung eindeutig bestimmt bei vorgegebenen Quellen ρ(~x, t)

und ~(~x, t)?

Antwort: Nein! Selbst bei ρ = ~ = 0 lassen die Maxwellgleichungen Losun-

gen zu mit ~E, ~B 6= 0 (Wellenlosungen!)

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Aber es gilt:

(2) ~E = c2 ~∇× ~B − 1

ǫ0~

(4) ~B = −~∇× ~E

Falls also ~(~x, t) fur t ≥ t0 bekannt ist und falls die Anfangswerte ~E(~x, t0),~B(~x, t0) vorgegeben sind, dann sind ~E, ~B eindeutig festgelegt fur t > t0.

Beachte: Anfangswerte ~E(~x, t0) und ~B(~x, t0) sind nicht beliebig vorgebbar.

Sie mussen kompatibel sein mit den beiden ubrigen Maxwellgleichungen

(1) ~∇ · ~E =1

ǫ0ρ , (3) ~∇ · ~B = 0

(1) und (3) sind also Nebenbedingungen, denen ~E und ~B zum Zeitpunkt

t = t0 genugen mussen.

Die 6 Gleichungen (2) und (4) legen die zeitliche Entwicklung der 6 Grossen~E, ~B zu diesen Anfangswerten eindeutig fest. Sie garantieren, dass die Ne-

benbedingungen (1) und (3) fur alle Zeiten gelten, falls sie zu t = t0 erfullt

waren.

Verifikation:

(2) =⇒ ~∇ · ~E = − 1

ǫ0~∇ · ~ = 1

ǫ0ρ

=⇒ ∂

∂t

(

~∇ · ~E − 1

ǫ0ρ

)

= 0

Daraus folgt, dass ~∇· ~E− 1ǫ0ρ zeitunabhangig ist. Falls also diese Gleichung

fur t = t0 erfullt ist, ist sie fur alle Zeiten erfullt. Somit ist also Gl. (1) fur

alle Zeiten erfullt.

Analog zeigt man, dass (3) fur alle Zeiten gilt, falls (3) fur t = t0 erfullt war

(Ubung).

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2.2 Potentiale, Eichtransformationen

Die homogenen Maxwellgleichungen

(3) ~∇ · ~B = 0 (4) ~∇× ~E + ~B = 0

sind unabhangig von den Quellen ρ, ~ und lassen sich generell losen.

~∇· ~B = 0: Aus der Vektoranalysis wissen wir, dass ein Vektorpotential ~A(~x, t) so

existiert, dass~B(~x, t) = ~∇× ~A(~x, t)

Gleichung (4) lautet dann

~∇× ~E + ~∇× ~A = 0

~∇× ( ~E + ~A) = 0

Das Feld ~E+ ~A ist also rotationsfrei. Demzufolge existiert nach der Vektoranalysis

ein skalares Potential ϕ(~x, t) mit ~E + ~A = −~∇ϕ, d.h.,

~E = − ~A− ~∇ϕ .

Allgemeine Losung der homogenen Gleichungen

~B = ~∇× ~A , ~E = −~∇ϕ− ~A

~A, ϕ : beliebige Funktionen von ~x, t.

Frage: Legen ~E, ~B die Potentiale ~A, ϕ eindeutig fest?

Antwort: Nein

Potentiale, die zu denselben ~E− und ~B−Feldern fuhren, konnen als physikalisch

aquivalent angesehen werden. In anderen Worten: ~E und ~B sind die physikalischen

Objekte, nicht ~A, ϕ.

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Satz: Wenn die Potentialpaare (ϕ, ~A) und (ϕ′, ~A′) zu denselben ~E− und~B−Feldern gehoren, dann gibt es ein skalares Feld f(~x, t) so, dass

ϕ′ = ϕ− f ; ~A′ = ~A+ ~∇f .

Beweis:~A1

.= ~A′ − ~A ; ϕ1

.= ϕ′ − ϕ

Es gilt dann:

~∇× ~A1 = ~∇× ~A′︸ ︷︷ ︸

~B

− ~∇× ~A︸ ︷︷ ︸

~B

= 0

~∇ϕ1 + ~1A =

(

~∇ϕ′ + ~ ′A

)

︸ ︷︷ ︸

− ~E

−(

~∇ϕ+ ~A)

︸ ︷︷ ︸

− ~E

= 0

ϕ1 und ~A1 sind also Potentiale zu ~E = 0, ~B = 0:

(a) ~∇× ~A1 = 0 ; (b) ~∇ϕ1 + ~1A = 0

Aus (a) folgt, dass ~A1 geschrieben werden kann als Gradient eines Skalarfeldes h,

d.h., ~A1 = ~∇h. Setze diese Darstellung in (b) ein:

(b) : 0 = ~∇ϕ1 + ~∇h = ~∇g

︷ ︸︸ ︷

(ϕ1 + h)

=⇒ g.= ϕ1 + h unabh. vom Ort ~x

Die Funktion g hangt also nur von der Zeit t ab.

Def. f.= h−

∫ t

0

g(t′) dt′

~∇f = ~∇h = ~A1 = ~A′ − ~A

f = h− g = h− (ϕ1 + h) = −ϕ1 = −(ϕ′ − ϕ)

=⇒ ~A′ = ~A + ~∇f ; ϕ′ = ϕ− f

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Die Transformation

ϕ −→ ϕ′ = ϕ− f

~A −→ ~A′ = ~A + ~∇f

mit bel. Skalarfeld f = f(~x, t)

heisst Eichtransformation.

Unter Eichtransformationen bleiben die physikalischen Felder ~E, ~B invariant!

Vom theoretischen Standpunkt ist dies ein wichtiges Charakteristikum der

Elektrodynamik. Man sagt, die Elektrodynamik sei eine Eichtheorie. Auch die

schwache Wechselwirkung und die starke Wechselwirkung sind sog. Eichtheorien.

Durch geeignete Wahl von f(~x, t) kann man erreichen, dass

~∇ · ~A = 0 “Strahlungseichung”

Mit dieser Bedingung wahlt man aus der Klasse physikalisch aquivalenter Poten-

tiale von “Hand” ein spezielles Element aus. Sprechweise: Man hat eine spezi-

elle Eichung, die “Strahlungseichung” gewahlt. Man kann die Eichung (d.h., die

Funktion f(~x, t)) auch so wahlen, dass ϕ = 0 ist oder so, dass A3 = 0 (axiale

Eichung).

Eine gunstige Eichung im Zusammenhang mit der Ausbreitung von elektroma-

gnetischen Wellen ist die sog. Lorentzeichung:

~∇ · ~A+1

c2ϕ = 0 “Lorentzeichung”

Ubung: Zeige, dass sich die Maxwellgleichungen in Lorentzeichung auf die Wel-

lengleichung fur ϕ, ~A reduzieren:

ϕ =1

ǫ0ρ ; ~A = µ0 ~

wobei .=

1

c2∂2

∂t2−∆ ; : Wellenoperator oder d’Alembert-Op.

∆ ist der Laplace-Operator, also ∆ =∂2

∂x21

+∂2

∂x22

+∂2

∂x23

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2.3 Maxwellgleichungen in Integralform

Wir leiten im folgenden die Integralform der Maxwellgleichung her.

• Gl. (4)

(4) ~∇× ~E = − ~B Faraday, Induktionsgesetz

Oberflache S nehmen, mit Rand C(= ∂S).

C

S

Beide Seiten von (4) uber S integrieren:

S

(~∇× ~E) · d~S = −∫

S

~B · d~S

↓ Stokes∮

C

~E · d~ℓ = − d

dt

S

~B · d~S︸ ︷︷ ︸

Φ(S,t)

Φ(S, t) heisst magnetischer Feldfluss durch die Flache S (Anschaulich: An-

zahl magnetische Feldlinien durch S).

∂S

~E · d~ℓ = − d

dt

S

~B · d~S

• Gl. (2)

(2) ~∇× ~B =1

c2~E + µ0 ~

Gleiches Vorgehen wie bei (4):

∂S

~B · d~ℓ = µ0

S

d~S(

~+ ǫ0 ~E)

︸ ︷︷ ︸

I(S,t)

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I(S, t) ist der “Gesamtstrom” durch S und bedeutet anschaulich die “Zahl

der Stromlinien durch S”. Beachte, dass im Integranden von I(S, t) nur ein

Anteil von der Stromdichte der Ladungstrager herruhrt. Falls das ~E−Feldzeitlich veranderlich ist, kommt der Term (ǫ0 ~E) hinzu; dieser Zusatzterm

ist die sog. Maxwellsche Verschiebungsstromdichte.

∂S

~B · d~ℓ = µ0

S

d~S(

~+ ǫ0 ~E)

• Gl. (1)

(1) ~∇ · ~E =ρ

ǫ0

Beliebiges Volumen V nehmen; beide Seiten uber V integrieren:

V

d3x ~∇ · ~E =1

ǫ0

V

d3x ρ

↓ Gauss∮

∂V

d~S · ~E =1

ǫ0

V

d3x ρ

︸ ︷︷ ︸

Q(V,t)

Q(V, t) ist die im Volumen V enthaltene Gesamtladung. Die elektrischen

Feldlinien sind nicht geschlossen. Positive el. Ladungen sind Quellen, nega-

tive el. Ladungen sind Senken des el. Feldes.

∂V

d~S · ~E =Q(V, t)

ǫ0

• Gl. (3)

(3) ~∇ · ~B = 0

Vorgehen wie bei (1). Man erhalt also

∂V

d~S · ~B = 0

Magnetische Feldlinien sind geschlossen←→ keine magnetischen Ladungen.

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Solches Feldlinienbild unmoglich

fur ~B−Felder.

Zusammengefasst:

Differentiell Integralform

(1) ~∇ · ~E = ρ/ǫ0∮

∂Vd~S · ~E = 1

ǫ0

Vd3x ρ

(2) ~∇× ~B − 1c2~E = µ0 ~

∂Sd~ℓ · ~B = µ0

Sd~S ·

~+ ǫ0 ~E

(3) ~∇ · ~B = 0∮

∂Vd~S · ~B = 0

(4) ~∇× ~E + ~B = 0∮

∂Sd~ℓ · ~E = − d

dt

Sd~S · ~B

Ubung: Bestimme aus der Integralform von (1) das von einer geladenen Metall-

kugel erzeugte elektrische Feld.

Ubung: Bestimme aus der Integralform von (2) das von einem unendlichen langen,

geraden Draht, der unter Gleichstrom steht, erzeugte Magnetfeld.

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3 Energie des elektromagnetischen Feldes

Kraft, die das elektromagnetische Feld zum Zeitpunkt t auf Punktladung q

ausubt, die sich zu diesem Zeitpunkt bei ~x befinde:

~F = q

~E(~x, t) + ~v × ~B(~x, t)

Arbeit, welche das e.m. Feld an dieser Punktladung wahrend der Zeit dt verrichtet

[die Weganderung wahrend dt heisse d~x]:

dAւ = ~F · d~x = ~F · d~xdt

dt = ~F · ~x dt = ~F · ~v dt

dAւ = q

~E(~x, t) + ~v × ~B(~x, t)

· ~v dt = q ~E · ~v dt

Das Magnetfeld leistet wegen (~v × ~B) · ~v ≡ 0 keine Arbeit.

Falls kontinuierliche Ladungsverteilung

dq = d3x ρ ; ρ: Ladungsdichte, ρ = ρ(~x, t)

dAւ = ρ~v︸︷︷︸

~

· ~E d3x dt ; ~: Stromdichte; [~] = Cbm3

ms= Cb

m2s

dAւ = ~ · ~E d3x dt = ℓ d3x dt

ℓ = ~ · ~E Leistungsdichte

Wir versuchen, die Leistungsdichte ℓ mit den Feldgrossen auszudrucken.

Maxwellgl. (2): ~∇× ~B − 1

c2~E = µ0 ~

=⇒ ℓ =1

µ0

(

~∇× ~B − 1

c2~E

)

· ~E

ℓ =1

µ0

[

(~∇× ~B) · ~E − 1

c2~E · ~E

]

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ℓ =1

µ0

[

(~∇× ~B) · ~E − 1

c2~E · ~E

]

Nach Vektoranalysis gilt:

~∇ · ( ~E × ~B) = ~B · (~∇× ~E)︸ ︷︷ ︸

(4):→− ~B

−~E · (~∇× ~B) (allg.)

also~E · (~∇× ~B) = − ~B · ~B − ~∇ · ( ~E × ~B)

=⇒ ℓ =1

µ0

[

− ~B · ~B − ~∇ · ( ~E × ~B)− 1

c2~E · ~E

]

; (c2 µ0 ǫ0 = 1)

ℓ = −ǫ0 ~E · ~E −1

µ0

~B · ~B − 1

µ0

~∇ · ( ~E × ~B)

Wir haben also die Leistungsdichte ℓ mit Feldgrossen ausgedruckt und das Resul-

tat in eine Form geschrieben, die sich gut interpretieren lasst, wie wir im folgenden

sehen werden. Wir betrachten jetzt die Terme auf der rechten Seite einzeln:

• die beiden ersten Terme: Zeitableitung von w:

w.=

ǫ02

~E2 +1

2µ0

~B2

[

w =ǫ022 ~E · ~E +

1

2µ02 ~B · ~B

]

• 3. Term ist die Divergenz des Vektors ~S:

~S =1

µ0

~E × ~B ; ~S heisst Poyntingvektor

Die Leistungsdichte ℓ kann demzufolge geschrieben werden als

ℓ = −w − ~∇ · ~S

Wenn wir beachten, dass wir mit dem Audruck ℓ = ~ · ~E angefangen haben,

konnen wir die folgende Gleichung hinschreiben:

w + ~∇ · ~S + ~ · ~E = 0 Satz von Poynting

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Fur die Interpretation von w und ~S mussen wir immer noch ein bisschen arbeiten:

(a) Betrachte zuerst e.m. Felder im Vakuum, d.h. ~ = 0:

w + ~∇ · ~S = 0

Diese Gleichung ist von derselben Form wie die Kontinuitatsgleichung

ρ+ ~∇ · ~ = 0 (Ladungserhaltung, lokal)

Seien ~E und ~B (fur festes t) nur im Inneren eines (grossen) Gebietes G von Null

verschieden (somit auch w und ~S)

G

~E 6= 0~B 6= 0 ~E = ~B = 0

Definiere die Grosse W (t) gemass

W (t).=

R3

d3xw(~x, t)

Betrachte die zeitliche Ableitung von W (t):

W (t) =d

dtW (t) =

R3

d3x w = −∫

R3

d3x ~∇ · ~S

= −∫

G

d3x ~∇ · ~S Gauss=== −

∂G

d~S · ~S = 0

(Notation ist blod: d~S ist das Oberflachenelement und ~S ist der Poyntingvektor.)

Wir haben gezeigt, das W (t) = 0, also ist W zeitunabhangig.

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(b) Betrachte jetzt den Fall, wo Strome vorhanden sind: ~ 6= 0

−→ W (t) = −∫

R3

d3x~ · ~E

Rechte Seite: bis auf das Vorzeichen die Energie, welche das e.m. Feld pro Sekunde

im ganzen Raum an die Ladungen ubertragt.

Somit hat W eine naheliegende Interpretation:

W : Energie des e.m. Feldes

W (t) =

R3

d3xw(~x, t)

w(~x, t) ist demzufolge die Energiedichte des e.m. Feldes.

Die Gleichung

W (t) = −∫

R3

d3x~ · ~E

ist dann einfach ein Energieerhaltungssatz.

Was ist die Bedeutung des Poyntingvektors ~S? Betrachte dazu wieder den Fall

~ = 0. Es gilt dann also

w + ~∇ · ~S = 0

Betrachte endliches Volumen V : Feldenergie, die in diesem Volumen steckt ( ~E,~B hier 6= 0, auch ausserhalb von V ):

W (V, t) =

V

d3xw(~x, t)

ist nicht erhalten, selbst wenn keine Strome vorhanden sind:

d

dtW (V, t) =

V

d3x w(~x, t) = −∫

V

d3x ~∇ · ~S = −∮

∂V

d~S · ~S︸ ︷︷ ︸

6=0

∂Vd~S · ~S ist die Feldenergie, die pro Sekunde durch die Oberflache ∂V stromt.

Der Poyntingvektor ~S bestimmt den Energiestrom:

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dW = ~S · d~S dt Feldenergie, die wahrend dt durch d~S stromt

w =ǫ02

~E2 +1

2µ0

~B2 : Energiedichte des e.m. Feldes

~S =1

µ0

~E × ~B : Poyntingvektor

[w] =J

m3; [~S] =

Watt

m2

Beachte:

• w > 0, falls nicht gerade ~E = 0 und ~B = 0.

• ~S steht senkrecht zu ~E und zu ~B.

• Energiestrom ~S nur dann von Null verschieden, wenn ~E 6= 0, ~B 6= 0 und ~E

nicht parallel zu ~B.

~E

~S

~B

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4 Elektromagnetische Wellen im Vakuum

In diesem Kapitel machen wir den ersten Schritt zur Konstruktion der allgemei-

nen Losung der Maxwellgleichungen. Wir betrachten den wichtigen Speziallfall

ρ = ~ = 0:

=⇒ elektromagnetische Felder im Vakuum

Im nachfolgenden Kapitel 5 werden wir dann die allgemeine Losung herleiten fur

den Fall ρ 6= 0, ~ 6= 0.

Maxwellgleichungen im Vakuum:

(1) ~∇ · ~E = 0 ; (2) ~∇× ~B − 1

c2~E = 0

(3) ~∇ · ~B = 0 ; (4) ~∇× ~E + ~B = 0

Wir wollen Losungen endlicher Feldenergie:∫

R3

d3x

ǫ02

~E2 +1

2µ0

~B2

<∞

Die Felder ~E und ~B sollen also quadratintegrierbar sein. Insbesondere sind kon-

stante Felder ausgeschlossen. (Allgemein: Es gibt keine statischen Losungen end-

licher Energie, siehe spater).

Aus den obigen Maxwellgleichungen leiten wir folgendes her:

(4) ~∇× ~E + ~B = 0 | ~∇× anwenden

~∇× (~∇× ~E)︸ ︷︷ ︸

VA==~∇(~∇· ~E)−∆ ~E

+ ~∇× ~B︸ ︷︷ ︸

∂∂t

(~∇× ~B)(2)== 1

c2~E

= 0

Die AbkurzungVA== bedeutet, dass eine Identitat aus der Vektoranalysis verwen-

det wird. Wir haben also

~∇ (~∇ · ~E)︸ ︷︷ ︸

(1)==0

−∆ ~E +1

c2~E = 0

=⇒ 1

c2∂2

∂t2~E −∆ ~E = 0

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Das ~E−Feld erfullt also die sog. Wellengleichung

1

c2∂2

∂t2~E −∆ ~E = 0 oder kurz

~E = 0 ; .=

1

c2∂2

∂t2−∆ d’Alembert-Operator, Wellenoperator

Der Wellenoperator wirkt – wie der darin enthaltene Laplaceoperator ∆– auf

jede Komponente E1, E2, E3 einzeln, also:

E1 = 0 ; E2 = 0 ; E3 = 0 .

Sprechweise: Im Vakuum erfullt jede Komponente des elektrischen Feldes die

Wellengleichung.

Ubung: Zeige, dass ~B = 0 ebenfalls gilt.

Bem.: Falls ~E zeitunabhangig ist, folgt:

∆ ~E = 0 Laplace-Gleichung

Es ist wohlbekannt, dass diese Gleichung keine nicht-triviale Losung hat, die im

Unendlichen abklingt. Es gibt also keine Losungen endlicher Energie.

=⇒ Losungen zu ~E = 0 mit endlicher Feldenergie sind notwendigerweise zeitlich

veranderlich.

Strategie: Die Maxwellgleichungen (1)–(4) implizieren die Wellengleichungen

~E = 0 ; ~B = 0 .

Lose zuerst diese; setze dann die Losungen der Wellengleichungen in die Max-

wellgleichungen ein.

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4.1 Wellengleichung F = 0

Ziel: Mathematische Aussagen zur Wellengleichung gewinnen

F = 0 ; F = F (~x, t) .

In unserem Zusammenhang ist F eine beliebige Komponente vom ~E− oder~B−Feld.

4.1.1 Ebene (monochromatische) Welle

Losungsansatz: F (~x, t) = ei~k~x−iωt

∂tF = F = −iω ei~k~x−iωt

∂2t F = F = (−iω)2 ei

~k~x−iωt︸ ︷︷ ︸

F

= −ω2 F

∂1F = i k1 ei~k~x−iωt

∂21F = (i k1)

2 ei~k~x−iωt

=⇒ ∆F = ∂21 F + ∂2

2 F + ∂23 F

∆F =[(i k1)

2 + (i k2)2 + (i k3)

2]ei

~k~x−iωt︸ ︷︷ ︸

F

∆F = −~k2 F

Also:

F =1

c2F −∆F =

(

−ω2

c2+ ~k2

)

F = 0

Der Ansatz F = ei~k~x−iωt erfullt F = 0 genau dann, wenn gilt

ω2 = c2 ~k2

~k: heisst Wellenvektor; ω: heisst Kreisfrequenz

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Beachte:

F = ei~k~x−iωt = ei (

~k~x−ωt)

F = cos(~k~x− ωt) + i sin(~k~x− ωt)

Der Realteil ReF = cos(~k~x−ωt) und der Imaginarteil ImF = sin(~k~x−ωt) erfullendie Wellengleichung ebenfalls, da die Differentialgleichung linear und reell ist.

Betrachte

F = ei~k~x−iωt

fur festes t: Der Funktionswert F ist konstant fur alle ~x, wenn ~k~x = konst.. Die

Punkte ~x, die ~k~x = konst. erfullen, liegen in einer Ebene, die senkrecht zum

Vektor ~k steht. =⇒ ebene Welle.

Eine ebene Welle ist also durch den Wellenvektor ~k charakterisiert. Bei festem ~k

ist auch die Kreisfreuenz ω festgelegt, namlich gemass

ω = c |~k| .

−→ Deshalb heissen ebene Wellen auch monochromatische Wellen.

Detailanalyse der ebenen Welle:

F = ei~k~x−iωt = ei

~k~x e−iωt

zeitliche Periode T :

F (~x, t+ T )!= F (~x, t)

=⇒ e−iω(t+T ) != e−iωt

e−iωte−iωT!= e−iωt =⇒ e−iωT = 1

=⇒ ωT = 2π −→ T =2π

ω=

1

ν

Welle in x−Achsenrichtung: ~k = (k, 0, 0)

F = eikx−iωt

ortliche Periode λ:

F (x+ λ, t)!= F (x, t)

eik(x+λ) != eikx −→ kλ = 2π ; λ =

k

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ReF = cos(kx− ωt) = cos

(2π

λx− 2π

Tt

)

ReF = cos

[

(x

λ− t

T

)]

Wir betrachten ab jetzt wieder die Situation, wo die ebene Welle in beliebige

Richtung ~k propagiert. Wir wissen, dass die ebene Welle F = ei~k~x−iωt die Wel-

lengleichung F = 0 genau dann lost, wenn ω = c |~k| ist. Aus dieser Gleichung

folgt die bekannte Relation c = λν, denn

ω = c|~k| ←→ 2π

T= c

λ←→ c = λ

1

T= λν .

4.1.2 Allgemeine Losung der Wellengleichung

Bisher: ~k beliebig. Bilde F = ei~k~x−iωt mit ω = c|~k|. Dieses F ist eine (spezielle)

Losung der Wellengleichung F = 0.

Man kann solche ebenen Wellen uberlagern:

F1 = ei~k1~x−iω1t ; ω1 = c|~k1| ; F1 = 0

F2 = ei~k2~x−iω2t ; ω2 = c|~k2| ; F2 = 0

Beh.: F = A1 F1+A2 F2 (A1, A2 Konst.) erfullt dann ebenfalls die Wellengleichung

F = 0.

Bew.: Ubung.

Man kann beliebig viele solche ebenen Wellen zur Uberlagerung bringen.

31

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Satz: Jede Losung von F = 0 ist eine Uberlagerung ebener, monochromatischer

Wellen.

Fur reelles F hat die allgemeine Losung die Form

F (~x, t) =

d3k

a(~k)ei(~k~x−ωt) + a∗(~k)e−i(

~k~x−ωt)

ω = c|~k|

Das Integral auf der rechten Seite stellt sicher eine relle Funktion dar, denn der

zweite Term ist das komplex-konjugierte der ersten Terms.

Beweis: Wir untersuchen nur Losungen, die uberall stetig sind und die fur |~x| →∞ verschwinden (sie mussen verschwinden, damit die Energie endlich ist).

Der Satz von Fourier sagt (vergl. MMPIII-Vorlesung), dass man abfallende Funk-

tionen als Fourierintegrale darstellen kann:

F (~x; t) =

d3k ei~k~x f(~k; t)

Zu jedem Zeitpunkt t hat man also die Ortsabhangigkeit als Fourierintegral ge-

schrieben. Die Fouriertransformierte f(~k; t) hangt somit von t ab, wie in der

Notation angedeutet.

Wir gehen jetzt mit diesem Fourieransatz fur F (~x, t) in die Differentialgleichung

F = 0: ( = 1c2

∂2

∂t2−∆)

F =

d3k

ei~k~x f(~k, t)

=

d3k

1

c2ei~k~x f − (i~k)2 ei

~k~x f

=

d3k ei~k~x

1

c2f + ~k2 f

= 0

Die letzte Zeile besagt, dass ein Fourierintegral verschwinden soll. Dies geht nur,

wenn der Integrand selber verschwindet (oder anders ausgedruckt G = 0 ⇔Fouriertransformierte von G = 0).

=⇒ 1

c2f + ~k2 f = 0 (∀~k !)

32

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Fur jedes feste ~k ist diese Gleichung eine gewohnliche DGL 2. Ordnung in der

Zeit t. Ihre allgemeine Losung konnen wir sofort hinschreiben:

f(~k, t) = a(~k) e−iωt + b(~k) e+iωt ; ω = c|~k|

Check: f(~k, t) ist Losung:

f = −ω2 f dies in DGL einsetzen:

− 1

c2ω2 f + ~k2 f =

(

−ω2

c2+ ~k2

)

f = 0 X

Somit: Die allgemeine Losung von F = 0 lautet

F (~x, t) =

d3k ei~k~x f(~k, t)

F (~x, t) =

d3k ei~k~x

a(~k) e−iωt + b(~k) e+iωt

; ω = c|~k|

Da F in unserer Anwendung eine Komponente vom ~E− oder ~B−Feld sein wird,

wollen wir reelles F .

F (~x, t) =

d3k ei~k~x a(~k) e−iωt +

d3k ei~k~x b(~k) e+iωt

︸ ︷︷ ︸

~k→−~k substituieren

Beachte, dass ω als Funktion von ~k zu verstehen ist: ω = c|~k|. Da ω jedoch nur

vom Betrag von ~k abhangt, bleibt dieses bei der Substitution unverandert. Nach

der Substitution haben wir also

F (~x, t) =

d3k ei~k~x a(~k) e−iωt +

d3k e−i~k~x b(−~k) e+iωt

Wir sehen jetzt, dass F (~x, t) genau dann reell wird, wenn b(−~k) = a∗(~k).

=⇒ F (~x, t) =

d3k

a(~k) ei(~k~x−ωt) + a∗(~k) e−i(

~k~x−ωt)

allgemeine reelle Losung von F = 0 ; ω = c|~k|

Wir haben somit den Satz bewiesen, dass jede Losung von F = 0 eine Uberla-

gerung von ebenen, monochromatischen Wellen ist.

33

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Ubung fur theoretisch Interessierte

F (~x, t) = 0⇐⇒ 1

c2F −∆F = 0

Diese (partielle) DGL ist zweiter Ordnung bezuglich der Zeit t. Man kann

demzufolge F (~x, t0) und F (~x, t0) beliebig vorgeben (∀~x) zu festem Zeitpunkt

t0. Die DGL legt dann die Losung fur alle Zeiten eingeutig fest: Cauchy-

Anfangswertproblem.

Die Idee ist folgende: Aus F (~x, t0), F (~x, t0) kann man f(~k, t0), f(~k, t0) berechnen.

f(~k, t0) und f(~k, t0) legen dann f(~k, t) eindeutig fest. Somit ist F (~x, t) eindeutig

festgelegt. Das explizite Resultat fur a(~k) lautet

a(~k) =1

(2π)3

d3x e−i(~k~x−ωt0)

1

2

F (~x, t0) +i

ωF (~x, t0)

Speziell sieht man aus dieser Formel: Verschwindet F und F zu irgendeiner Zeit

t0, dann ist F ≡ 0 fur alle Zeiten t.

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4.2 Losung der Maxwellgleichungen im Vakuum

Wir haben gesehen, dass die Maxwellgleichungen die Wellengleichung F = 0

implizieren, wobei F = E1, E2, E3; B1, B2, B3.

Mit der Information aus Abschnitt 4.1 kann man die allgemeine Losung der Wel-

lengleichung fur das ~E− und ~B−Feld sofort hinschreiben

~E(~x, t) =

d3k

~e(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k.

~B(~x, t) =

d3k

~b(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k.

ω = c|~k|

Beachte, dass diese allgemeinen Losungen der Wellengleichung die Maxwellglei-

chungen nicht automatisch erfullen mussen. In der Tat fuhren die Maxwellglei-

chungen zu Bedingungen an die Fourieramplituden ~e(~k) und ~b(~k):

(4) ~∇× ~E + ~B = 0

~∇× ~E =

d3k

i~k × ~e(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k.

~B =

d3k

−iω~b(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k.

=⇒ ~k × ~e− ω~b = 0 (a)

(2) ~∇× ~B − 1

c2~E = 0

=⇒ ~k ×~b+1

c2ω~e = 0 (b)

(1), (3) ~∇ · ~E = 0 ; ~∇ · ~B = 0

=⇒ ~k · ~e = 0 (c) ; =⇒ ~k ·~b = 0 (d)

Aus (a) und (c) liest man ab, dass

~b =1

ω~k × ~e =

1

c|~k|~k × ~e =

1

c~k × ~e ; ~k =

~k

|~k|

und ~e ⊥ ~k .

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Behauptung: Falls ~b = 1c~k × ~e und ~e ⊥ ~k, dann sind alle Konsequenzen (a)–(d),

die aus den Maxwellgleichungen (1)–(4) folgen, erfullt.

Grund: (a), (c) klar.

(d): ~k ·~b = ~k · 1c(~k × ~e) = 0 X

(b): ~k ×~b = ~k × 1

c(~k × ~e) =

1

c

[

~k (~k · ~e︸︷︷︸

=0

)− ~e (~k · ~k)]

~k ×~b = −|~k|c~e = − ω

c2~e

Somit: ~k ×~b+1

c2ω~e = 0 X

Also: ~e ⊥ ~k und die Verknupfung ~b = 1c~k × ~e sind die einzigen Bedingungen

aus den Maxwellgleichungen.

Es gibt zwei linear unabhangige Vektoren ~ǫ1, ~ǫ2, die auf ~k senkrecht stehen. Man

kann ~ǫ1 und ~ǫ2 so wahlen, dass die drei Vektoren ~k, ~ǫ1, ~ǫ2 reell sind, zueinander

senkrecht stehen und die Lange 1 aufweisen:

~k ×~ǫ1 = ~ǫ2

~k ×~ǫ2 = −~ǫ1

Somit lasst sich ~e(~k) schreiben als

~e(~k) = α1(~k)~ǫ1(~k) + α2(~k)~ǫ2(~k) .

b(~k) wird dann

~b(~k) =1

c~k × ~e =

1

cα1(~k)~ǫ2(~k)−

1

cα2(~k)~ǫ1(~k)

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Die allgemeine Losung der Maxwellgleichungen fur die Fourierkomponenten ~e(~k),~b(~k) lautet demzufolge:

~e(~k) = α1(~k)~ǫ1(~k) + α2(~k)~ǫ2(~k)

~b(~k) =1

c

−α2(~k)~ǫ1(~k) + α1(~k)~ǫ2(~k)

Sie enthalt zwei beliebige komplexe Funktionen α1(~k), α2(~k).

In anderen Worten enthalten α1(~k), α2(~k) die volle Information uber das ~E− und~B−Feld. Insbesondere kann man die im elektromagnetischen Feld gespeicherte

Energie

W =ǫ02

d3x

~E2(~x, t) + c2 ~B2(~x, t)

durch α1(~k) und α2(~k) ausdrucken. Man erhalt

W = (2π)3 2 ǫ0

d3k

|α1(~k)|2 + |α2(~k)|2

. (4.1)

Man sieht explizit, dass W unabhangig ist von der Zeit t. Weiter sieht man, dass

es Losungen gibt mit endlicher Energie, falls α1(~k), α2(~k) so beschaffen sind, dass

das Integral (4.1) endlich ist. Die Herleitung von (4.1) ist im Anhang A zu finden.

4.3 Verhalten der elektromagnetischen Felder einer Welle

Greife aus dem Wellenpaket einen Grundbaustein heraus, namlich eine durch den

Vektor ~k charakterisierte ebene Welle:

~E =1

2~e ei(

~k~x−ωt) + k.k.

~B =1

c~k × ~E ; ~k =

~k

|~k|~B ⊥ ~E ; ~B ⊥ ~k ; ~E ⊥ ~k .

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Der Poyntingvektor ~S = 1µ0

~E × ~B zeigt demzufolge in Richtung ~k. Das bedeutet

also, dass der Energiestrom in der Ausbreitungsrichtung der elektromagnetischen

Welle fliesst (was vernunftig ist).

Wie oben schreiben wir ~e als Linearkombination von zwei Polarisationsvektoren

~e = α1~ǫ1 + α2~ǫ2

~ǫ1, ~ǫ2 sind reelle, othogonale Einheitsvektoren; α1 und α2 sind im allgemeinen

komplex.

Spezialfall 1 α1, α2: reell → ~e reell

→ ~E = ~e cos(~k~x− ωt) ;

[

~B =1

c~k × ~e cos(~k~x− ωt)

]

~E schwingt uberall in Richtung von ~e. Man sagt deshalb, die Welle sei in Richtung

von ~e linear polarisiert.

Spezialfall 2 α1, α2 nicht reell, aber in Phase.

α1 = |α1|eiϕ1 ; α2 = |α2|eiϕ2 ; in Phase: ϕ1 = ϕ2 ≡ ϕ

~E =1

2[α1~ǫ1 + α2~ǫ2] e

i(~k~x−ωt) + k.k.

~E =1

2|α1|~ǫ1 ei(~k~x−ωt+ϕ) +

1

2|α2|~ǫ2 ei(~k~x−ωt+ϕ) + k.k.

~E =

(1

2|α1|~ǫ1 +

1

2|α2|~ǫ2

)

︸ ︷︷ ︸

reell

ei(~k~x−ωt+ϕ) + k.k.

~E = (|α1|~ǫ1 + |α2|~ǫ2) cos(~k~x− ωt+ ϕ)

38

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Die Welle ist linear polarisiert in Richtung von (|α1|~ǫ1 + |α2|~ǫ2).

Spezialfall 3 |α1| = |α2|; Phasendifferenz sei π/2. Konkretes Beispiel von die-

sem Typ: α1 = 1, α2 = i.

~E =1

2[~ǫ1 + i~ǫ2] e

i(~k~x−ωt) + k.k.

~E =1

2

[~ǫ1 + eiπ/2 ~ǫ2

]ei(

~k~x−ωt) + k.k.

~E =1

2~ǫ1e

i(~k~x−ωt) +1

2~ǫ2e

i(~k~x−ωt+π/2) + k.k.

~E = ~ǫ1 cos(~k~x− ωt) + ~ǫ2 cos(~k~x− ωt+π

2)

︸ ︷︷ ︸

− sin(~k~x−ωt)

~E = ~ǫ1 cos(~k~x− ωt)−~ǫ2 sin(~k~x− ωt)

Ort fest: Die Spitze des ~E−Vektors dreht sich in einer Ebene, die senkrecht zu ~k

steht, auf einem Kreis.

=⇒ zirkular-polarisierte Welle

Zeit fest, d.h. Momentanaufnahme. In Fortpflanzungsrichtung dreht sich ~E bei

konstantem Betrag wie eine Linksschraube. Eine solche Welle heisst linkszirkular

polarisiert. (“Negative Helizitat”).

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Fur α2 = −iα1 ist die Welle rechtszirkular polarisiert.

Allgemeiner Fall α1, α2 komplex, beliebig, d.h., α1 = |α1|eiϕ1 , α2 = |α2|eiϕ2.

~E =1

2

[|α1| eiϕ1 ~ǫ1 + |α2| eiϕ2 ~ǫ2

]ei(

~k~x−ωt) + k.k.

~E =1

2|α1|~ǫ1 ei(~k~x−ωt+ϕ1) +

1

2|α2|~ǫ2 ei(~k~x−ωt+ϕ2) + k.k.

~E = |α1| cos(~k~x− ωt+ ϕ1)~ǫ1 + |α2| cos(~k~x− ωt+ ϕ2)~ǫ2

Ort fest: Die Spitze des ~E−Vektors bewegt sich in der (~ǫ1,~ǫ2)−Ebene auf einer

Ellipse.

=⇒ elliptische Polarisation

Zirkulare und lineare Polarisation sind Spezialfalle der allgemeinen elliptischen

Polarisation.

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4.4 Wellenpakete, Gruppengeschwindigkeit

Das elektromagnetische Feld ist eine Uberlagerung ebener Wellen. Jede einzelne

ebene Welle ist durch einen Wellenvektor ~k charakterisiert. Die Frequenz ω ist

festgelegt durch ~k: ω = ω(~k) = c|~k|. Die Gleichung

ω(~k) = c |~k|

heisst Dispersionsrelation fur ebene elektromagnetische Wellen.

Woher kam diese Beziehung? Sie ist eine Folge der Wellengleichung

F = 0 ; F = ei~k~x−iωt

→ 1

c2(−iω)2 − (i~k)2 = 0

−ω2

c2+ ~k2 = 0 −→ ω2 = c2|~k|2 .

Die verwandte, sog. Klein–Gordon Gleichung

F +(mc

~

)2

F = 0

kann ebenfalls mit demselben Exponentialansatz gelost werden.

Es gibt wieder eine Dispersionsrelation, d.h., der Wellenvektor ~k legt die Fre-

quenz ω eindeutig fest. Der explizite Zusammenhang zwischen dem Wellenvektor

und der Frequenz ist jedoch anders als bei der elektromagnetischen Welle, siehe

Ubungen.

Wir betrachten im folgenden eine Uberlagerung ebener, monochromatischer Wel-

len:

A(~x, t) =

d3k a(~k) ei~k~x−iωt

ω = ω(~k) beliebig vorgegeben.

Wir nennen die obige Uberlagerung ein “Wellenpaket”.

Die Fourieramplitude a(~k) sei um den Punkt ~k0 konzentriert.

41

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a(~k) nur in einem kleinen Gebiet

um ~k0 herum von Null verschie-

den

Es ist deshalb eine gute Idee, ω(~k) in eine Taylorreihe um ~k = ~k0 zu entwickeln:

ω(~k) = ω(~k0) + (~k − ~k0) · (~∇ω)∣∣∣~k=~k0

︸ ︷︷ ︸

Taylor-Approx. 1. Ordn.

+O((∆k)2)

~v.= ~∇ω(~k)

∣∣∣~k=~k0

Abkurzung

=⇒ A(~x, t) =

d3k a(~k) ei~k~x−i[ω(~k0)+(~k−~k0)~v+O((∆k)2)] t

≈∫

d3k a(~k) ei~k~x−i~k~vt e−i[ω(

~k0)−~k0~v] t

A(~x, t) ≈ ei[~k0~v−ω(~k0)] t

d3k ei~k(~x−~vt) a(~k) (4.2)

Die Approximation (4.2) ist nur erlaubt, wenn

(~k − ~k0)2 ∂

∂k2t≪ 1 .

Fur kleine Zeiten t ist diese Ungleichung immer erfullbar. Beim genugend grossem

t bricht die Approximation jedoch zusammen.

Das in der approximierten Version von A(~x, t) vorkommende Integral in Gl. (4.2)

d3k ei~k(~x−~vt) a(~k)

hangt von ~x und t nur via der Kombination ~x−~vt ab. Fur den Betrag von A(~x, t)

gilt daher

|A(~x, t)| = |A(~x− ~vt, 0)| (4.3)

42

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• Paket sei zur Zeit t =

0 um ~x = 0 konzen-

triert

• Paket ist dann zur

Zeit t > 0 um ~x = ~v t

konzentriert

Das Paket lauft als Ganzes mit der Gruppengeschwindigkeit

~v = ~∇ω(~k)∣∣∣~k=~k0

Falls t gross wird, gilt (4.3) nicht mehr, weil die Taylorapproximation in (4.2)

nicht gerechtfertigt ist. =⇒ Das Paket fliesst auseinander.

Bis jetzt war die Dispersionsrelation ω = ω(~k) vollig allgemein. Wir betrachten

jetzt den Fall, wo ω nur vom Betrag von ~k abhangt:

ω = ω(|~k|) = ω(k) ; (k = |~k|) .

Es gilt dann

~∇ω(k) = dω

dk~∇k =

dk

~k

k

v = |~v| = dω

dkBetrag der Gruppengeschwindigkeit

vph.=

ω

k= ν λ heisst Phasengeschwindigkeit

Fur elektromagnetische Wellen im Vakuum ist ω(k) = ck. Die Phasengeschwin-

digkeit und die Gruppengeschwindigkeit sind beide c (fur jeden Wert von k).

Wir betrachten jetzt ein elektromagnetisches Wellenpaket im Vakuum, das sich

also mit der Gruppengeschwindigkeit v = c bewegt. Die am Paket beteiligten

Wellenvektoren ~k seien um ~k0 konzentriert. Die Approximation

A(~x, t) ≈ ei[~k0~v−ω(~k0)] t

d3k ei~k(~x−~vt) a(~k)

lasst sich in diesem Fall vereinfachen. Der Faktor vor dem Integral ist 1, denn:

~k0 ~v = ~k0 ~∇ω∣∣∣~k=~k0

= ~k0

(

dk

~k

k

)

~k=~k0

= ~k0 c~k0k0

= c k0 = c |~k0| = ω(~k0)

43

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Fur A(~x, t) ergibt sich also

A(~x, t) =

d3k ei~k(~x−~vt) a(~k)

A(~x, t) hat die Eigenschaft A(~x, t) = A(~x− ~vt, 0). Falls also das elektromagneti-

sche Wellenpaket aus ebenen Wellen zusammengesetzt ist, deren Wellenvektoren~k bei ~k0 konzentriert sind, dann hat das ~E− und das ~B−Feld die folgende Form:

~E(~x, t) = ~E(~x− ~k0 c t, 0) ; ~k0 =~k0

|~k0|

~B(~x, t) = ~B(~x− ~k0 c t, 0) .

Solche elektromagnetische Signale bewegen sich en bloc mit c in Richtung von ~k0fur kleine Zeiten.

Bei elektromagnetischen Wellen im Material tritt Dispersion auf: Der Zusam-

menhang ω ↔ ~k wird modifiziert. Die Propagationsgeschwindigkeit ist nicht c;

sie hangt ab vom mittleren ~k, resp. ~k0.

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A Energie eines ektromagnetischen Wellenpa-

kets

In diesem Anhang wollen wir den Ausdruck

W = (2π)3 2 ǫ0

d3k

|α1(~k)|2 + |α2(~k)|2

.

fur die in einem elektromagnetischen Feld gespeicherte Feldenergie herleiten (sie-

he Gl. (4.1) im Haupttext).

Die Herleitung wird in einem spateren Durchgang durch das Skript klarer, nach-

dem wir aus der Vorlesung MMPIII mehr wissen.

A.1 Vorbereitende Bemerkung

Die Herleitung wird relativ einfach, nachdem man eingesehen hat, dass gilt:

d3x ei~x(~k′−~k) = (2π)3 δ3(~k′ − ~k)

Diese Beziehung kann man aus dem Satz von Fourier gewinnen: Sei f(~x) eine

genugend stark abfallende, vorgegebene Funktion.

Fourier: f(~x) besitzt die Fourierdarstellung

f(~x) =

d3k f(~k) ei~k~x

wobei

f(~k) =1

(2π)3

d3x f(~x) e−i~k~x .

Somit:

f(~k) =1

(2π)3

d3x

d3k′ f(~k′) ei~k′~x

︸ ︷︷ ︸

f(~x)

e−i~k~x

f(~k) =1

(2π)3

d3k′ f(~k′)

d3x ei~x(~k′−~k)

︸ ︷︷ ︸

G(~k′−~k)

45

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Das unterklammerte Integral in der letzten Zeile definiert eine Funktion von

(~k′ − ~k); wir nennen diese G(~k′ − ~k). Diese Funktion hat somit die Eigenschaft

f(~k) =

d3k′1

(2π)3G(~k′ − ~k) f(~k′)

Daraus folgt, dass 1(2π)3

G(~k′ − ~k) als (3–dimensionale) δ−Funktion wirkt:

G(~k′ − ~k) = (2π)3 δ3(~k′ − ~k)

Somit gilt also

d3x ei~x(~k′−~k) = (2π)3 δ3(~k′ − ~k)

A.2 Delta-Funktionen (ganz rudimentar)

A.2.1 1–dimensional

δ(x− a)“Funktion”, die bei x = a konzentriert ist, mit der Ei-

genschaft, dass die Flache unter der Kurve gleich 1 ist.

∫ ∞

−∞

dx δ(x− a) = 1 .

Was ist dann∫ ∞

−∞

dx δ(x− a) f(x) = ? f(x) sei “normale Funktion”

• Produkt wird ≈ 0 falls x 6= a

• x ≈ a: Produkt = δ(x− a) f(a)

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=⇒∫ ∞

−∞

dx δ(x−a) f(x) =

∫ ∞

−∞

dx δ(x−a) f(a) = f(a)

∫ ∞

−∞

dx δ(x− a)

︸ ︷︷ ︸

1

= f(a) .

Also:

∫ ∞

−∞

dx δ(x− a) f(x) = f(a)

Vergiss die Herleitung; nimm dies als Regel!

Analog gilt:∫ ∞

−∞

dk δ(k − k′) f(k) = f(k′) .

A.2.2 3–dimensional

δ3(~x− ~a)

“Funktion”, die bei ~x = ~a konzentriert ist, mit der Ei-

genschaft, dass das Integral auf 1 normiert ist:

R3

d3x δ3(~x− ~a) = 1 .

Bem.: Die “3” im Ausdruck δ3 ist Teil der Symbolik und deutet an, dass wir im

3−dimensionalen Fall sind.

Bsp.: Ladungsdichte ρ(~x) einer Punktladung q, die sich bei ~x = ~a befindet:

ρ(~x) = q δ3(~x− ~a)

Wir prufen kurz nach, dass die Gesamtladung, die zu dieser Ladungsverteilung

gehort, tatsachlich q ist:

R3

d3x ρ(~x) =

R3

d3x q δ3(~x− ~a) = q

R3

d3x δ3(~x− ~a)

︸ ︷︷ ︸

1

= q X

47

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Wie im 1−dimensionalen Fall gilt (f(~x) sei “normale” Funktion):

R3

d3x δ3(~x− ~a) f(~x) = f(~a) .

A.3 Eigentliche Herleitung des Energieausdrucks (4.1)

W =ǫ02

d3x

~E2(~x, t) + c2 ~B2(~x, t)

→W = (2π)3 2 ǫ0

d3k

|α1(~k)|2 + |α2(~k)|2

elektrischer Anteil

We =ǫ02

d3x~E2 =?

Wir setzen das ~E−Feld

~E(~x, t) =

d3k

~e(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k.

; ω = c|~k|

in den Ausdruck fur We ein und erhalten:

We =ǫ02

d3x

~E(~x,t)︷ ︸︸ ︷∫

d3k

~e(~k) ei(~k~x−ωt) + ~e ∗(~k) e−i(

~k~x−ωt)

·

·∫

d3k′

~e(~k′) ei(~k′~x−ω′t) + ~e ∗(~k′) e−i(

~k′~x−ω′t)

︸ ︷︷ ︸

~E(~x,t)

Durch Ausmultiplizieren erhalt man 4 Terme

We =ǫ02

d3x d3k d3k′

~e(~k) · ~e(~k′) ei~x(~k+~k′) e−it(ω+ω′)+

+~e(~k) · ~e ∗(~k′) ei~x(~k−~k′) e−it(ω−ω′) +

+ k.k.

Wir fuhren als erstes die Integration∫d3x... aus, unter Verwendung von

d3x ei~x(~k±~k′) = (2π)3 δ3(~k ± ~k′)

48

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Wir erhalten

We =ǫ02(2π)3

d3k d3k′

~e(~k) · ~e(~k′) δ3(~k + ~k′) e−it(ω+ω′)+

+~e(~k) · ~e ∗(~k′) δ3(~k − ~k′) e−it(ω−ω′) +

+ k.k.

Wir fuhren jetzt die Integration∫d3k′... aus unter Verwendung der

δ3−Funktionen:

1. Zeile: ~k′ −→ −~k : ω′ −→ +ω

2. Zeile: ~k′ −→ ~k : ω′ −→ +ω

Wir erhalten dann

We = (2π)3ǫ02

d3k

~e(~k) · ~e(−~k) e−2itω + ~e(~k) · ~e ∗(~k) + k.k.

(A.1)

magnetischer Anteil

Wm =ǫ02c2∫

d3x ~B2(~x, t)

~B(~x, t) =

d3k

~b(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k.

; ω = c |~k|

Eine analoge Rechnung wie oben fuhrt auf den Ausdruck

Wm = (2π)3ǫ02c2∫

d3k

~b(~k) ·~b(−~k) e−2itω +~b(~k) ·~b∗(~k) + k.k.

b(~k) lasst sich durch ~e(k) ausdrucken:

~b(~k) =1

c~k × ~e(~k)

Es gilt: ~b(~k) ·~b(−~k) = . . . = − 1

c2~e(~k) · ~e(−~k)

~b(~k) ·~b∗(~k) = . . . =1

c2~e(~k) · ~e ∗(~k)

Wm = (2π)3ǫ02

d3k

−~e(~k) · ~e(−~k) e−2itω + ~e(~k) · ~e ∗(~k) + k.k.

(A.2)

49

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Die gesamte Feldenergie W = We +Wm ist dann

W = (2π)3ǫ022

d3k

~e(~k) · ~e ∗(~k) + k.k.

W = (2π)3 2 ǫ0

d3k∣∣∣~e(~k)

∣∣∣

2

Wir zerlegen ~e(~k) gemass

~e(~k) = α1(~k)~ǫ1(~k) + α2(~k)~ǫ2(~k) .

|~e(~k)|2 ist dann

|~e(~k)|2 = |α1(~k)|2 + |α2(~k)|2 (da ~ǫ1, ~ǫ2 orthog. Einheitsvektoren)

Schliesslich lautet der Ausdruck fur die elektromagnetische Feldenergie

W = (2π)3 2 ǫ0

d3k

|α1(~k)|2 + |α2(~k)|2

uff!

50

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5 Retardierte Felder

In diesem Kapitel machen wir den zweiten Schritt zur Konstruktion der allge-

meinen Losung der Maxwellgleichungen. Wir betrachten den Fall, wo ρ 6= 0 und

~ 6= 0.

5.1 Allgemeine Losung der Maxwellgleichungen

ρ 6= 0 ; ~ 6= 0

Annahme: In ferner Vergangenheit (t < −T ) seien noch keine Quellen vorhanden.

Diese werden erst spater eingeschaltet. Dies bedeutet also

ρ(~x, t) = ~(~x, t) = 0 (t < −T ) .

Ansonsten seien ρ, ~ beliebig vorgegeben, naturlich unter Berucksichtigung der

Kontinuitatsgleichung ρ+ ~∇ · ~ = 0.

Maxwellgleichungen:

~∇ · ~E =ρ

ǫ0; ~∇× ~B − 1

c2~E = µ0 ~

~∇ · ~B = 0 ; ~∇× ~E + ~B = 0 (5.1)

Diese Gleichungen sind linear. Seien ( ~E1, ~B1) und ( ~E2, ~B2) Losungen von (5.1).

Dann losen die Felder ~E3.= ~E1 − ~E2 und ~B3

.= ~B1 − ~B2 die vier homogenen

Gleichungen, die zu ρ = 0 und ~ = 0 gehoren.

=⇒ Sei ( ~E1, ~B1) irgendeine “partikulare” Losung von (5.1). Dann kann man jede

andere Losung darstellen als Summe von ~E1, ~B1 und einer homogenen (Vakuum)

Losung.

=⇒ Oder: Irgendeine Losung der homogenen Gleichungen fuhrt zu einer Losung

des inhomogenen Problems, wenn man sie zu ~E1, ~B1 addiert.

51

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Zusammengefasst haben wir also die folgende Situation

Allgemeine Losung

der inhomogenen

Gleichungen

=Partikulare Losung

der inhomogenen

Gleichungen

+

Allgemeine Losung

der homogenen

Gleichungen

Da wir im Kapitel 4 die allgemeine Losung des homogenen Problems diskutiert

haben, brauchen wir nur noch eine einzige Losung des inhomogenen Problems zu

konstruieren.

Wir gehen wieder via Wellengleichungen vor. Diese lauten in Anwesenheit von

Quellen:

~E = ~f ; ~f = −(1

ǫ0~∇ ρ+ µ0 ~

)

~B = ~g ; ~g = µ0~∇× ~ (5.2)

Herleitung:

~∇× ~B =1

c2~E + µ0 ~ |Rotation anwenden

~∇× (~∇× ~B) =1

c2

(

~∇× ~E).

+ µ0~∇× ~

~∇ · (~∇ · ~B︸ ︷︷ ︸

=0

)−∆ ~B =1

c2

~∇× ~E︸ ︷︷ ︸

− ~B

.

+ µ0~∇× ~

−∆ ~B = − 1

c2~B + µ0

~∇× ~

1

c2~B −∆ ~B = µ0

~∇× ~

~B = µ0~∇× ~

︸ ︷︷ ︸.=~g

X

Ahnlich erhalt man:

~E = ... = −(1

ǫ0~∇ ρ+ µ0~

)

.= ~f

~g und ~f werden im folgenden Quellterme der Wellengleichungen genannt.

52

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Annahme: Die Quellen seien nur in einem beschrankten Raum-Zeit Gebiet |t| <T , |~x| < R von Null verschieden. Es gilt dann der folgende

Satz: Es gibt genau eine Losung zu

~B = ~g , ~E = ~f

fur welche die Felder ~E und ~B vor dem Einschalten der Quellen verschwinden,

die sogenannte retardierte Losung:

~Eret(~x, t) =1

d3y~f(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y|

~Bret(~x, t) =1

d3y~g(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y| (5.3)

Beweis:

1) Die Integrale in (5.3) verschwinden fur t < −T , da nach Voraussetzung~f = −

(1ǫ0~∇ ρ+ µ0 ~

)

und ~g = µ0~∇× ~ zu solchen Zeiten verschwinden.

2) Es gibt nur 1 Losung zu ~E = ~f mit dieser Eigenschaft.

Grund: ~E1, ~E2 seien zwei solche Losungen. ~E3.= ~E1 − ~E2 ware ei-

ne Losung der homogenen Wellengleichung. Wie am Schluss des Kapi-

tels 4 erwahnt, gilt: Falls F Losung von F = 0 mit Anfangsbedingung

F (~x, t0) = F (~x, t0) = 0 (∀~x), dann ist F (~x, t) = 0 (∀t, ∀~x).

Nimm t0 so, dass t0 < −T . Dann ist ~E3(~x, t0) = ~E3(~x, t0) = 0 (∀~x). Folglichist ~E3 = 0 (∀t, ∀~x). Also gilt ~E1(~x, t) = ~E2(~x, t). Die Eindeutigkeit ist somit

gezeigt.

3) Die retardierten Felder ~Eret(~x, t), ~Bret(~x, t) erfullen die Wellengleichung.

~Eret(~x, t) =1

d3y~f(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y|

~Eret(~x, t) = ..... = ~f(~x, t)

=1

c2∂2

∂t2−∆ ; ∆ =

∂2

∂x21

+∂2

∂x22

+∂2

∂x23

.

53

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Wie wir sehen werden, ist die Verifikation (durch .... angedeutet) etwas

langlich.

Es genugt F (~x, t) = f(~x, t) zu betrachten und zu zeigen, dass

F (~x, t) =1

d3yf(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y|

diese Gleichung tatsachlich lost.

Es ist gunstig, die folgende Substitution durchzufuhren:

~y = ~x+ ~z → d3y = d3z

→ F (~x, t) =1

∫d3z

|~z| f(

~x+ ~z, t− |~z|c

)

.

Damit der Faktor 1|~z|

nicht zu Problemen fuhrt, sparen wir eine Kugel Kε

vom Radius ε um ~z = 0 aus im Integral (und lassen ε → 0 gehen am

Schluss).

Wir betrachten jetzt also

Fε(~x, t) =1

R3\Kε

d3z

zf(

~x+ ~z, t− z

c

)

; z.= |~z|

und bilden Fε:

Fε =1

z≥ε

d3z I ,

wobei

I =1

z

[1

c2f −∆xf

]

. (5.4)

Wir versuchen nun, die partiellen Ableitungen nach ~x durch solche nach ~z

auszudrucken:

~∇zf = ~∇xf + f(−1)c

~∇z(z)︸ ︷︷ ︸

~zz

= ~∇xf −1

c

~z

zf

⇒ ~∇xf = ~∇zf +1

c

~z

zf oder ~∇x = ~∇z +

1

c

~z

z

∂t

54

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∆xf wird dann:

∆xf = ~∇x · ~∇xf =

(

~∇z +1

c

~z

z

∂t

)

·(

~∇z +1

c

~z

z

∂t

)

f

= ∆z f +1

c~∇z

(~z

zf

)

︸ ︷︷ ︸

1c

~∇z~z

z︸︷︷︸2/z

f+ 1c

~zz~∇z f

+1

c

~z

z~∇z f +

1

c2f

Somit ist

∆xf = ∆zf +2

c

1

zf +

2

c

~z

z~∇zf +

1

c2f .

Setze nun diesen Ausdruck fur ∆xf in Gl. (5.4) ein:

I = −1z∆zf −

2

c

1

z2f − 2

c

~z

z2~∇zf . (5.5)

Behauptung: I kann als Divergenz geschrieben werden:

I = ~∇z ·

−1z~∇zf −

~z

z3f − 2

c

~z

z2f

. (5.6)

Ubung: Zeige, dass dieser Ausdruck mit demjenigen in Gl. (5.5) uberein-

stimmt.

Losung der Ubung:

Starte mit Gl. (5.6) und zeige, dass man Gl. (5.5) zuruckgewinnt.

I = −(

~∇z1

z

)

~∇z f −1

z∆z f − ~∇z

(~z

z3

)

f − ~z

z3~∇z f

−2c~∇z

(~z

z2

)

f − 2

c

~z

z2~∇z f

Unter Verwendung von

~∇z

(1

z

)

= − 1

z2~z

z= − ~z

z3; ~∇z

(~z

z3

)

= 0 ; ~∇z

(~z

z2

)

=1

z2

erhalt man

I = −1z∆zf −

2

c

1

z2f − 2

c

~z

z2~∇zf , also Gl. (5.5) X

55

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Somit:

Fε =1

z≥ε

d3z ~∇z ·

−1z~∇zf −

~z

z3f − 2

c

~z

z2f

.

Wir haben also ein Volumenintegral uber eine Divergenz zu berechnen.

Mithilfe des Satzes von Gauss konnen wir dieses in ein Oberflachenintegral

uber den Rand des Volumens umwandeln.

Der Rand im Unendlichen liefert keinen Beitrag, da nach Voraussetzung f

(und somit auch f) dort verschwinden.

Es bleibt nur der Beitrag vom Rand der kleinen Kugel Kε:

Fε =1

z=ε

d~S ·1

z~∇zf +

~z

z3f +

2

c

~z

z2f

.

d~S ist nach aussen gerichtet (bezuglich der kleinen Kugel, deshalb der Vor-

zeichenwechsel).

ε klein machen: Dann kann man f , f und ~∇f bei ~z = 0 auswerten.

Die Kugeloberflache ist ∼ ε2. Der 1. und 3. Term in der geschweiften Klam-

mer verhalten sich wie ∼ 1/ε, wahrend sich der 2. Term wie 1/ε2 verhalt.

⇒ Nur der 2. Term uberlebt im Limes ε→ 0.

Fε→0 =1

z=ε

d~S· ~zz3

f |~z=0 = . . . =1

4π4π f |~z=0 = f(~x+~z, t−z

c)|~z=0 = f(~x, t) .

D.h., es gilt

F (~x, t) = f(~x, t) .

Also:

F (~x, t) =1

d3yf(

~y, t− |~x−~y|c

)

|~x− ~y|erfullt tatsachlich die Wellengleichung

F (~x, t) = f(~x, t) .

Der Satz ist also bewiesen.

56

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Zusammengefasst:

~Eret(~x, t) =1

d3y~f(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y|

~Bret(~x, t) =1

d3y~g(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y| (5.7)

sind die eindeutig bestimmten Losungen der Wellengleichung, welche vor dem

Einschalten der Quellen verschwinden.

Ubung: Begrunde, wieso diese automatisch die Maxwellgleichungen losen.

5.2 Darstellung der retardierten Felder via Greensche

Funktion

~Eret und ~Bret konnen auch dargestellt werden als

~Eret(~x, t) =

Dret(~x− ~x′, t− t′) d3x′ dt′ ~f(~x′, t′)

~Bret(~x, t) =

Dret(~x− ~x′, t− t′) d3x′ dt′ ~g(~x′, t′)

Aus dieser Darstellung sieht man sehr gut, dass die retardierten Felder am Punkt

~x zur Zeit t eine Uberlagerung von Beitragen sind, die von den Quellen zu ver-

schiedenen Zeiten (t′) und Orten (~x′) produziert werden.

57

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Der explizite Ausdruck fur Dret(~x, t) lautet:

Dret(~x, t) =1

4π |~x| δ(

t− |~x|c

)

Dieser explizite Ausdruck fur Dret(~x, t) fuhrt tatsachlich zu ~Eret, ~Bret in Gl. (5.7):

~Eret(~x, t) =

Dret(~x− ~x′, t− t′) d3x′ dt′ ~f(~x′, t′)

=

∫1

4π |~x− ~x′| δ(

t− t′ − |~x− ~x′|c

)

d3x′ dt′ ~f(~x′, t′) .

Wir fuhren jetzt die Integration uber t′ aus unter “Verwendung” der δ−Funktion.Diese liefert nur dann einen Beitrag zum Integral, wenn

t′ = t− |~x− ~x′|c

.

Wir erhalten also

~Eret(~x, t) =1

∫d3x′

|~x− ~x′|~f

(

~x′, t− |~x− ~x′|c

)

,

was mit ~Eret(~x, t) in Gl. (5.7) ubereinstimmt.

5.2.1 Was beschreibt Dret(~x, t)?

Behauptung: Dret beschreibt das Wellenfeld, das von einer punktformigen (bei

~x = 0) Quelle erzeugt wird, die wahrend kurzer Zeit (bei t = 0) aufblitzt.

Um dies einzusehen, betrachten wir z.B. die erste Komponente des ~E−Feldes.Die zu dieser Situation gehorende Quelle ist f1(~x, t), beschrieben durch

f1(~x, t) = δ3(~x) δ(t) .

~Eret(~x, t) ist dann also

Eret(~x, t)1 =

Dret(~x− ~x′, t− t′)

f1(~x′,t′)︷ ︸︸ ︷

δ3(~x′) δ(t′) d3x′ dt′ = Dret(~x, t) .

58

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Wie behauptet, gilt

Eret(~x, t)1 = Dret(~x, t) .X

Wir wissen ganz allgemein, dass ~Eret(~x, t), welches zu einer Quelle ~f(~x, t) gehort,

die inhomogene Wellengleichung

~Eret(~x, t) = ~f(~x, t)

erfullt. Speziell gehort das Wellenfeld Dret(~x, t) zur Quelle δ3(x) δ(t), also gilt die

Gleichung

Dret(~x, t) = δ3(~x) δ(t) .

Weitere Interpretationen von Dret:

Dret(~x, t) =1

4π|~x| δ(

t− |~x|c

)

Die δ−Funktion ist nur dann von Null verschieden, wenn ihr Argument verschwin-

det:

Zur Zeit t ist nur gerade im

Abstand |~x| = ct ein Wel-

lensignal vorhanden!

Dret(~x, t) beschreibt also die Propagation einer Kugelwelle, die zur Zeit t = 0 am

Ort ~x = 0 erzeugt wurde.

Man kann denselben Sachverhalt auch 4−dimensional darstellen:

Dret 6= 0 nur auf dem Vorwartslichtkegel.

59

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5.2.2 Retardierte Potentiale

In den Ubungen haben wir gezeigt, dass die Potentiale ~A(~x, t) und ϕ(~x, t) in der

Lorentzeichung die Wellengleichung

~A(~x, t) = µ0 ~(~x, t)

ϕ(~x, t) =1

ǫ0ρ(~x, t)

erfullen.

Die retardierten Losungen konnen wir direkt hinschreiben:

~Aret(~x, t) =µ0

d3y~(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y|

ϕret(~x, t) =1

4π ǫ0

d3yρ(~y, t− |~x−~y|

c)

|~x− ~y| (5.8)

Ubung: Zeige, dass diese Potentiale zu den Feldern ~Eret, ~Bret in Gl. (5.7) fuhren

(Hinweis: Man ersetze die Integrationsvariable ~y durch ~z.= ~x− ~y).

Ubung: Zeige, dass die Potentiale (5.8) tatsachlich der Lorentzbedingung

genugen:

~∇ · ~Aret +1

c2ϕret = 0 .

5.3 Eigenschaften der allgemeinen Losung

Die allgemeine Losung der Maxwellgleichungen (bei vorgegebenen Quellen ρ und

~) ist von der Form

~E(~x, t) = ~Eret(~x, t) + ~Ein(~x, t)

~B(~x, t) = ~Bret(~x, t) + ~Bin(~x, t)

~Eret, ~Bret:Felder, die von den Quellen erzeugt werden. Diese sind

gegeben durch explizite Integrale uber ρ, ~:

60

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~Eret(~x, t) = −1

4π ǫ0

d3y1

|~x− ~y|

[

~∇ ρ+1

c2~

]

ret

~Bret(~x, t) =µ0

d3y1

|~x− ~y|[

~∇× ~]

ret(5.9)

[F ]ret: Wert einer Grosse F an retardierter Stelle, d.h.,

[F ]ret = F (~y, t− |~x− ~y|c

︸ ︷︷ ︸

tret

) ; tret : retardierte Zeit

~Ein, ~Bin: Uberlagerung ebener, monochromatischer Wellen

~Ein(~x, t) =

d3k

~e(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k

~Bin(~x, t) =

d3k

~b(~k) ei(~k~x−ωt) + k.k

[~b(~k) =1

c~k × ~e(~k)]

ω = c |~k|. ~e(~k) beliebige komplexe Funktion von ~k mit ~e(~k) · ~k = 0.

~Ein, ~Bin:

e.m. Wellen, die schon vor dem Einschalten der Quellen

anwesend sind und welche auch nachher unabhangig von

der Materie anwesend sind.

Allgemeine Losung ist Uberlagerung

von ~Ein und ~Eret (resp. ~Bin und ~Bret).

Beachte: Nach dem Abschalten der Quellen zur Zeit t = T sind ~Eret und ~Bret

Losungen zu den homogenen Gleichungen. Man kann demzufolge ~Ein, ~Bin

so wahlen, dass ~Eret, ~Bret gerade kompensiert werden fur t > T , d.h.,~E = ~Ein + ~Eret = 0; ~B = ~Bin + ~Bret = 0 (t > T ). Diese Losung heisst

avancierte Losung der Maxwellgleichungen. Diese kann so interpretiert wer-

den, dass einlaufende elektromagnetische Wellen von den Quellen absorbiert

werden.

61

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Nochmals retardiertes Feld am Ort ~x zur Zeit t: Dieses Feld ist Uberlagerung von

Beitragen, die an den Orten ~y zur retardierten Zeit tret = t− |~x−~y|c

erzeugt wurden.

Das Volumenelement d3y am Ort ~y macht den folgenden Beitrag zum Feld:

d ~Eret(~x, t) = −1

4π ǫ0

[

~∇ ρ+1

c2~

]

ret

1

|~x− ~y| d3y

[f ]ret = f(~y, tret) ; tret = t− |~x− ~y|c

.

Massgebend fur ~Eret bei ~x und t ist das Verhalten der Quellen auf dem Ruckwarts-

lichtkegel:

5.4 Felder stationarer Quellen

ρ = ~ = 0 : stationare Quellen

−→ ~Eret(~x, t) = − 1

4π ǫ0

d3y1

|~x− ~y|~∇ρ(~y)

~Bret(~x, t) =µ0

d3y1

|~x− ~y|~∇× ~(~y)

Diese Felder sind, wie zu erwarten, unabhangig von der Zeit. Wir verzichten

deshalb im folgenden auf das Zeitargument und schreiben ~Eret(~x), ~Bret(~x).

62

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5.4.1 ~E− Feld

Es gilt:1

|~x− ~y|~∇ρ(~y) = ~∇y

(ρ(~y)

|~x− ~y|

)

− ρ(~y) ~∇y1

|~x− ~y|︸ ︷︷ ︸

(~x−~y)

|~x−~y|3

Somit kann man ~Eret auch schreiben als

~Eret(~x) = −1

4π ǫ0

d3y

~∇y

(ρ(~y)

|~x− ~y|

)

− (~x− ~y) ρ(~y)

|~x− ~y|3

Der erste Term in der geschweiften Klammer ist ein Randterm. Da ρ fur |~y| → ∞verschwindet, liefert dieser Term keinen Beitrag. Man erhalt

~Eret(~x) =1

4π ǫ0

d3y~x− ~y

|~x− ~y|3 ρ(~y) ; ~E−Feld einer stat. Ladungsvert.

Wie sieht das ~E−Feld weit weg von der Ladungsverteilung aus?

~Eret(~x) ≃1

4π ǫ0

d3y~x

|~x|3 ρ(~y)

~Eret(~x) ≃1

4π ǫ0

~x

|~x|3 Q ; Q =

d3y ρ(~y) : Gesamtladung

~x weit weg von Lagungsverteilung

5.4.2 ~B− Feld

~Bret(~x) =µ0

d3y1

|~x− ~y|~∇× ~(~y)

63

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Es gilt:

1

|~x− ~y| (~∇× ~(~y)) = ~∇y ×

1

|~x− ~y| ~

− (~x− ~y)

|~x− ~y|3 × ~ ; (Ubung)

Der erste Term auf der rechten Seite fuhrt (bei Einsetzen in den Ausdruck fur~Bret) wieder zu einem verschwindenden Oberflachenterm. Wir erhalten also

~Bret(~x) = −µ0

d3y(~x− ~y)× ~(~y)

|~x− ~y|3 ; ~B−Feld einer stat. Stromvert.

64

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6 Elektrostatik

Wie in den Kapiteln 4 und 5 nehmen wir an, dass die Ladungsverteilung ρ und

Stromverteilung ~ bekannt seien. Die Maxwellgleichungen legen die Felder ~E, ~B

fest – bis auf eine beliebige Uberlagerung ebener Wellen ( ~Ein, ~Bin), die von der

Materie keine Kenntnis nimmt und die wir daher weglassen, ~Ein = ~Bin = 0.

Entsprechend lassen wir den Index “ret” weg:

~E = ~Eret ; ~B = ~Bret .

In diesem Abschnitt untersuchen wir das elektrische Feld, das von einer

statischen Ladungsverteilung erzeugt wird. Wir nehmen zudem an, dass keine

Strome fliessen, ~ = 0.

Bem.: Aus ~ = 0 folgt ubrigens, dass sich die Ladungsdichte zeitlich nicht andern

kann, denn

ρ+ ~∇ · ~ = 0 −→ ρ = 0 =⇒ ρ zeitlich konstant

6.1 ~E−Feld einer statischen Ladungsdichte

Wir konnen die Losung ~Eret(~x, t) aus Kapitel 5 nehmen. Sie gilt naturlich auch

fur den Spezialfall ~ = 0, ρ = 0:

~E = − 1

4π ǫ0

d3y1

|~x− ~y|

[

~∇ρ+ 1

c2~

]

ret︸ ︷︷ ︸

~∇yρ(~y)←Spezialfall

~E = − 1

4π ǫ0

d3y1

|~x− ~y|~∇yρ(~y)

Wir machen eine partielle Integration.

~E = − 1

4π ǫ0

d3y1

|~x− ~y|~∇y ρ(~y)

~E = − 1

4π ǫ0

d3y

~∇y

1

|~x− ~y| ρ(~y)

︸ ︷︷ ︸

Oberflachenterm→0

− ~∇y

(1

|~x− ~y|

)

︸ ︷︷ ︸~x−~y

|~x−~y|3

ρ(~y)

65

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Wir erhalten also

~E(~x) =1

4π ǫ0

d3y(~x− ~y)

|~x− ~y|3 ρ(~y) (6.1)

Das Integral (6.1) ist ein Gradient eines skalaren Integrals (Begrundung durch

explizites Nachrechnen):

~E = −~∇ϕ ; ϕ(~x) =1

4π ǫ0

d3yρ(~y)

|~x− ~y| (6.2)

Beachte: Wir hatten auch direkter zu (6.1) und (6.2) gelangen konnen, indem wir

mit den Maxwellgleichungen im statischen Limes angefangen hatten. Im stati-

schen Fall sind Felder und Quellen unabhangig von der Zeit, d.h, ~E = 0, ~B = 0,

ρ = 0 und ~ = 0.

Maxwellgleichungen allgemein:

~∇ · ~E =ρ

ǫ0

~∇× ~E + ~B = 0

~∇ · ~B = 0

~∇× ~B − 1

c2~E = µ0 ~

Maxwellgleichungen statisch:

~∇ · ~E =ρ

ǫ0

~∇× ~E = 0

~∇ · ~B = 0

~∇× ~B = µ0 ~

Man sieht, dass im statischen Limes die Gleichungen fur das ~E− und ~B−Feldentkoppeln:

~∇ · ~E =ρ

ǫ0

~∇× ~E = 0

Elektrostatik

~∇ · ~B = 0

~∇× ~B = µ0 ~

Magnetostatik

Wir betrachen im folgenden die

66

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Elektrostatik: Aus der zweiten Gleichung der Elektrostatik folgt (unter Verwen-

dung der allgemeinen Satze der Vektoranalysis), dass

~E = −~∇ϕ .

Wenn wir diese Darstellung fur das ~E−Feld in die erste Gleichung einsetzen,

erhalten wir

~∇(−~∇ϕ) = ρ

ǫ0

∆ϕ = − ρǫ0

(6.3)

Wir wissen, dass diese Poissongleichung genau eine Losung hat, die im Unendli-

chen abfallt, namlich

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

d3yρ(~y)

|~x− ~y| .

Daraus erhalten wir durch Gradientbildung ~E(~x):

~E(~x) = −~∇ϕ(~x) = 1

4π ǫ0

d3y(~x− ~y)

|~x− ~y|3 ρ(~y)

6.1.1 Bedeutung von ϕ(~x) in der Elektrostatik

In der Statik ist das ~E−Feld ein Gradientenfeld:

~E(~x) = −~∇ϕ(~x) .

Fur Gradientenfelder ist die Arbeit, die man wahrend des Transports einer Punkt-

ladung q gegen das Kraftfeld leisten muss, gegeben durch

A1→2 = −∫ 2

1

d~x · ~F = −q∫ 2

1

d~x · ~E

= q

∫ 2

1

d~x · ~∇ϕ

= q ϕ(~x2)− ϕ(~x1)

67

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Das Resultat ist unabhangig vom Pfad, der zwischen 1 und 2 eingeschlagen wird.

Man nennt die Arbeit, die man gegen das Feld pro Coulomb leisten muss, die

Spannung (U) zwischen den beiden Endpunkten des Weges

U = ϕ(~x2)− ϕ(~x1) .

Das Potential ϕ(~x) misst die Spannung zwischen dem Punkt ~x und einem Punkt

mit ϕ = 0 (z.B. |~x| → ∞).

Bem.: Wir werden im folgenden immer mit demjenigen Potential arbeiten, das

im Unendlichen abfallt, d.h., ϕ(~x) = 0 (|~x| → ∞).

Die potentielle Energie einer Punktladung im statischen ~E−Feld (Arbeit, die man

gegen das Feld leisten muss, um das Teilchen aus dem Unendlichen an die Stelle

~x zu transportieren) betragt

V (~x) = q ϕ(~x) .

Ubung: Zeige, dass Punktladungen, die sich nach dem Gesetz

~p = q ~E (~p = m~x γ ; γ =1

1− ~x2

c2

im statischen Feld ~E(~x) bewegen, den Energiesatz

mc2 γ + q ϕ(~x) = konst.

erfullen. Speziell gilt fur langsame Teilchen (|~x| ≪ c)

m

2~x2 + q ϕ(~x) = konst.

6.2 Energie des statischen ~E−Feldes

Die im statischen elektrischen Feld gespeicherte Energie betragt

W =ǫ02

d3x ~E2 =ǫ02

d3x ~E · ~E

=ǫ02

d3x ~E · (−~∇ϕ) = −ǫ02

d3x(

~E · ~∇ϕ)

︸ ︷︷ ︸

~∇·(ϕ ~E)−ϕ ~∇· ~E

W =ǫ02

d3x

−~∇ · (ϕ ~E) + ϕ ~∇ · ~E

68

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Das Integral uber den ersten Term kann via Satz von Gauss in ein Oberfachen-

integral im Unendlichen ubergefuhrt werden und liefert keinen Beitrag (ϕ ∼ 1/r,~E ∼ 1/r2, Oberflache ∼ r2). Somit gilt

W =ǫ02

d3xϕ (~∇ · ~E)︸ ︷︷ ︸

ρ/ǫ0

=1

2

d3xϕ(~x) ρ(~x)

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

d3yρ(~y)

|~x− ~y| einsetzen

W =1

8π ǫ0

d3x d3yρ(~x) ρ(~y)

|~x− ~y| (6.4)

Wenn die Ladungsverteilung ρ(~x) aus zwei Teilen besteht

ρ(~x) = ρ1(~x) + ρ2(~x)

kann man die Feldenergie in drei Teile zerlegen:

W =1

8π ǫ0

d3x d3y[ρ1(~x) + ρ2(~x)] [ρ1(~y) + ρ2(~y)]

|~x− ~y|

W =1

8π ǫ0

d3x d3yρ1(~x) ρ1(~y)

|~x− ~y|︸ ︷︷ ︸

W1

+1

8π ǫ0

d3x d3yρ2(~x) ρ2(~y)

|~x− ~y|︸ ︷︷ ︸

W2

+

2

8π ǫ0

d3x d3yρ1(~x) ρ2(~y)

|~x− ~y|︸ ︷︷ ︸

W12

W = W1 +W2 +W12 .

W1 ist die Energie des elektrischen Feldes, das durch ρ1 allein erzeugt wird

(“Selbstenergie” dieses Teilsystems). W12 hangt sowohl von ρ1 als auch von ρ2ab:

W12 =1

4π ǫ0

d3x d3yρ1(~x) ρ2(~y)

|~x− ~y| Wechselwirkungsenergie (6.5)

Falls der Abstand der beiden Teile gross ist gegenuber ihrer Ausdehnung, dann

69

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kann der Faktor |~x− ~y|−1 vor das Integal gezogen werden:

W12 =1

4π ǫ0

1

|~x− ~y|

d3x d3y ρ1(~x) ρ2(~y)︸ ︷︷ ︸∫

d3x ρ1(~x)︸ ︷︷ ︸

Q1

d3y ρ2(~y)︸ ︷︷ ︸

Q2

=1

4π ǫ0

Q1Q2

|~x− ~y|

W12 =1

4π ǫ0

Q1Q2

|~x− ~y|(6.6)

Wechselwirkungsenergie zweier (nahezu)

punktformiger Ladungen (eine bei ~x, die

andere bei ~y)

Betrachte die folgende Situation: Beide Teile seien weit voneinander entfernt

Dann ist W12 vernachlassigbar klein. Die von den zwei Quellen erzeugte Feldener-

gie ist dann die Summe der Selbstenergien der beiden Teile.

Bringt man nun die Ladungen (bei festgehaltener Form der Ladungsverteilungen

ρ1, ρ2) einander naher, dann wachst die Feldenergie, falls Q1 und Q2 gleiches

Vorzeichen haben.

Offenbar ist W12 die Arbeit, die zum Aufbau der zusatzlichen Feldenergie [( ~E1 +~E2)

2 6= ~E21 +

~E22 ] geleistet werden muss.

Diese Arbeit stimmt mit der potentiellen Energie des einen Teilchens im elektri-

schen Feld des anderen uberein:

V = Q1 ϕ2(~x) = Q1Q2

4π ǫ0 |~x− ~y| =1

4π ǫ0

Q1 Q2

|~x− ~y|

⇒ Die beim Transport eines der Teilchen geleistete mechanische Arbeit wird

vollstandig in Feldenergie umgesetzt; die potentielle Energie ist also im elektri-

schen Feld gespeichert.

70

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6.3 Multipolentwicklung

Wir haben am Schluss von Kapitel 5 gesehen, dass das ~E−Feld einer statischen

Ladungsverteilung in grossem Abstand von den Ladungstragern wie 1/r2 abfallt

(r = |~x|; ~x = ~x/r).

~E(~x) =Q

4π ǫ0

~x

r2+O(1/r3) ; Q =

d3x ρ(~x) .

Im folgenden leiten wir eine systematische Entwicklung des Feldes nach Potenzen

von 1/r her, die neben dem fuhrenden Beitrag ∼ Q/r2 auch die Glieder ∼ 1/r3,

1/r4, .... liefert. Diese Entwicklung heisst Multipolentwicklung.

Es ist etwas einfacher, nicht das Feld ~E(~x) selbst zu untersuchen, sondern das

zugehorige Potential ϕ(~x) (nur eine Grosse statt drei):

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

d3yρ(~y)

|~x− ~y| (6.7)

Voraussetzung: Die Verteilung ρ(~y) sei auf das Gebiet |~y| < d beschrankt (d :

“Radius” der Quelle). Das Potential ϕ(~x) interessiert uns nur weit weg von der

Ladungsverteilung, d.h. |~x| ≫ d.

Wir entwickeln den Abstand |~x− ~y| in Gl. (6.7) fur |~x| ≫ d.

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Vereinfachung der Notation:

r = |~x| ; ~x =~x

|~x| ; ~y =~y

|~y|

|~x− ~y| =√

~x2 − 2~x · ~y + ~y2 =

r2 − 2r|~y| ~x · ~y + |~y|2

|~x− ~y| = r

1− 2|~y|r︸︷︷︸.=t

~x · ~y︸︷︷︸.=z

+|~y|2r2

1/2

(6.8)

Der Faktor |~x− ~y|−1 in Gl. (6.7) ist daher von der Form

1

|~x− ~y| =1

r

1− 2 t z + t2

−1/2; z = ~x · ~y ; t =

|~y|r

.

Fur grosse Werte von r wird t klein; wir benotigen also die Entwicklung von

(1− 2 t z + t2)−1/2

nach Potenzen von t. Die Reihenentwicklung hat die Form

1− 2 t z + t2

−1/2=

∞∑

ℓ=0

Pℓ(z) tℓ . (6.9)

Dies ist eine Potenzreihe in t; die Koeffizienten Pℓ hangen von der Variablen z

ab.

Explizit lauten die paar ersten Koeffizienten

P0(z) = 1 ; P1(z) = z ; P2(z) =1

2(3z2 − 1) , ....

Allgemein sind die Koeffizienten Pℓ Polynome in der Variablen z vom Grad ℓ; sie

heissen Legendrepolynome.

72

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Die Reihe (6.9) entspricht der gesuchten Taylorentwicklung von |~x − ~y|−1 nach

Potenzen von ~y. Die ersten drei Terme lauten (t = |~y|r; z = ~x · ~y):

1

|~x− ~y| =1

r

1− 2 t z + t2

−1/2=

=1

r

P0(z) t

0 + P1(z) t1 + P2(z) t

2 +O(t3)

=1

r

1 + (~x · ~y) |~y|r

+1

2

(

3(~x · ~y)2 − 1) |~y|2

r2+O(~y3)

1

|~x− ~y| =1

r+

(~x · ~y)r2

+1

2 r3[3(~x · ~y)2 − ~y2] +O(~y3)

Mit der vollstandigen Reihenentwicklung (6.9) erhalten wir die folgende Darstel-

lung fur das Potential

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

d3yρ(~y)

|~x− ~y|

ϕ(~x) =1

4π ǫ0 r

∞∑

ℓ=0

d3y ρ(~y)

( |~y|r

)ℓ

Pℓ(~x · ~y)

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

∞∑

ℓ=0

Qℓ(~x)

rℓ+1=

1

4π ǫ0

Q0

r+

Q1

r2+

Q2

r3+ ....

(6.10)

Qℓ(~x) =

d3y ρ(~y) |~y|ℓ Pℓ(~x · ~y)

Wir betrachten die ersten paar Terme dieser Entwicklung im Detail:

• Mit P0(z) = 1 wird

Q0 =∫d3y ρ(~y) : Gesamtladung der Quelle

Q0 unabhangig von der Richtung von ~x

• Mit P1(z) = z wird

Q1(~x) =

d3y ρ(~y) |~y| ~x · ~y = ~x ·∫

d3y ρ(~y) ~y︸ ︷︷ ︸

.=~p

73

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Der Wert des Koeffizienten Q1(~x) wird durch das Integral

~p =

d3y ρ(~y) ~y Dipolmoment der Ladungsverteilung (6.11)

bestimmt.

Q1(~x) = ~x · ~p (6.12)

• Der nachste Term enthalt P2(z) =12(3z2 − 1) und fuhrt auf

Q2(~x) =

d3y ρ(~y) |~y|2 12[3 (~x · ~y)2 − 1]

Q2(~x) =

d3y ρ(~y)1

2[3 (~x · ~y)2 − ~y2]︸ ︷︷ ︸

i,k3xixkyiyk−δikyiyk

Q2(~x) =

d3y ρ(~y)3

2

i,k

yi yk(xixk −1

3δik)

Q2(~x) =3

2

i,k

(xixk −1

3δik)

d3y ρ(~y) yi yk︸ ︷︷ ︸

qik

Q2(x) =32

i,k

(xi xk − 1

3δik)qik (6.13)

qik =

d3y ρ(~y) yi yk Quadrupolmoment der Ladungsverteilung

(6.14)

Zusammengefasst:

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

d3yρ(~y)

|~x− ~y|Ausserhalb der Quelle kann das Potential als Uberlagerung einer unendlichen

Reihe von Multipolbeitragen dargestellt werden:

74

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ϕ(~x) =1

4π ǫ0

∞∑

ℓ=0

Qℓ(x)

rℓ+1=

1

4π ǫ0

Q0

r︸︷︷︸

(a)

+Q1

r2︸︷︷︸

(b)

+Q2

r3︸︷︷︸

(c)

+....

(6.15)

(a): Monopolbeitrag ; (b): Dipolbeitrag ; (c): Quadrupolbeitrag

Qℓ: hangen i.a. von der Richtung ~x von ~x ab, aber nicht von |~x| = r. Das

Abfallverhalten in 1/r ist also sehr explizit dargestellt in (6.15).

Q0 =

d3y ρ(~y) ; Q1 = ~x

d3y ~y ρ(~y)︸ ︷︷ ︸

~p

Q2 =3

2

i,k

(

xixk −1

3δik

) ∫

d3y yi yk ρ(~y)︸ ︷︷ ︸

qik

~p : Dipolmoment der Ladungsverteilung;

qik : Quadrupolmoment der Ladungsverteilung

Bis jetzt haben wir nicht unterschieden, ob die Gesamtladung Q, die zur La-

dungsdichte ρ gehort, verschwindet oder nicht. Ab jetzt werden wir dies tun.

6.3.1 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q 6= 0

Q0 = Q =

d3y ρ(~y) 6= 0 .

Fur geladene Objekte dominiert fur r → ∞ der “Monopolterm”, dessen Starke

durch die Gesamtladung der Quelle bestimmt ist. Der Dipolterm verschwindet

um eine Potenz von r rascher, der Quadrupolterm um zwei Potenzen, etc..

Beachte: Fur geladene Teilchen ist das Dipolmoment

~p =

d3y ρ(~y) ~y

75

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physikalisch bedeutungslos, weil der Wert von ~p von der Wahl des Koordinatenur-

sprungs abhangt. Man kann das Bezugssystem stets so wahlen, dass ~p verschwin-

det: es genugt, den Ursprung in den durch

~X =1

Q

d3y ρ(~y) ~y

definierten Ladungsschwerpunkt zu legen. Dagegen kommt dem (auf den La-

dungsschwerpunkt bezogenen) Quadrupolmoment geladener Teilchen physikali-

sche Bedeutung zu.

Ubung: Zeige, dass der Quadrupoltensor einer kugelsymmetrischen Ladungsver-

teilung proportional zur Einsmatrix ist:

qik = 0 fur i 6= k und q11 = q22 = q33.

Die Spur der Matrix qik

Sp(q) =∑

i

qii =

d3y ~y2 ρ(~y)

bestimmt den sog. mittleren quadratischen Ladungsradius

〈r2〉ρ =1

Q

d3y ~y2 ρ(~y) (6.16)

〈r2〉ρ ist ein Mass fur die Ausdehnung der Quelle.

Beachte: qik kann zerlegt werden in einen spurlosen Anteil q′ik und einen Anteil, der

proportional ist zur Einsmatrix

qik = qik −1

3Sp(q) δik

︸ ︷︷ ︸

q′ik

+1

3Sp(q) δik

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Der Koeffizient Q2 in der Multipolentwicklung ist dann

Q2 =3

2

i,k

(

xi xk −1

3δik

)

qik

Q2 =3

2

i,k

(

xi xk −1

3δik

) [

q′ik +1

3Sp(q) δik

]

Q2 =3

2

i,k

(

xi xk −1

3δik

)

q′ik +3

2

i,k

(

xi xk −1

3δik

)1

3Sp(q) δik

︸ ︷︷ ︸

=0

Q2 =3

2

i,k

(

xi xk −1

3δik

)

q′ik =3

2

i,k

(xi xk) q′ik −

3

2

1

3

i,k

δik q′ik

︸ ︷︷ ︸

Sp(q′)=0

Q2 =32

i,k xi xk q′ik q′ik: spurloser Anteil des Quadrupoltensors (6.17)

Naturlich ist folgende Formel nach wie vor korrekt:

Q2 =32

i,k

(xi xk − 1

3δik)qik qik: voller Quadrupoltensor

6.3.2 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q = 0

Q0 = Q =

d3y ρ(~y) = 0 (ρ(~y) 6= 0 i.a.) .

Fur ungeladene Objekte dominiert fur r →∞ der Dipolterm.

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

1

r2Q1(~x) +O(1/r3)

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

~x · ~pr2

+O(1/r3) =1

4π ǫ0

~x · ~pr3

+O(1/r3) (6.18)

~p =

d3y ~y ρ(~y) Dipolmoment

Ubung: Zeige, dass das Dipolmoment ~p eines ungeladenen Teilchens unabhangig

ist von der Wahl des Koordinatenursprungs.

Das zu (6.18) gehorende ~E−Feld lautet

~E(~x) = −~∇ϕ(~x) =1

4π ǫ0

1

r3

3 ~x (~x · ~p)− ~p

+O(1/r4) (6.19)

77

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Auf der Dipolachse (~x ‖ ~p) zeigt das Feld in Richtung von ~p

~E =1

2π ǫ0

~p

r3+O(1/r4)

In der Aquatorebene (~x ⊥ ~p) ist das Feld zu ~p entgegengesetzt gerichtet und idt

bei gleichem Abstand nur halb so gross wie auf der Achse

~E = − 1

4π ǫ0

~p

r3+O(1/r4)

Bsp.: Quelle bestehend aus zwei entgengengesetzt gleichen Punktladungen q (re-

sp. −q). q sitze bei ~y1, −q bei ~y2. Die Ladungsdichte ist demzufolge

ρ(~y) = q δ(~y − ~y1)− q δ(~y − ~y2) .

Was ist das Dipolmoment ~p in diesem Fall?

~p =

d3y ~y ρ(~y) =

d3y ~y q δ(~y − ~y1)−∫

d3y ~y q δ(~y − ~y2)

~p = ~y1 q − ~y2 q = q ~d .

~p = q ~d

Bem.: Nach der Quantenmechanik ist der Erwartungswert der Ladungsvertei-

lung fur stationare Zustande isolierter, ruhender Atome oder Molekule symme-

trisch bezuglich Raumspiegelungen ρ(~x) = ρ(−~x) (Spiegelung am Schwerpunkt

des Teilchens). Daher haben einzelne Atome oder Molekule kein elektrisches Di-

polmoment. [Ein Dipolmoment kann nur dann auftreten, wenn paritatsverlet-

zende Effekte eine Rolle spielen (schwache Wechselwirkung). Diese Effekte sind

78

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allerdings sehr klein – fur das Neutron liegt die obere experimentelle Schranke

bei |~p| < e (3 · 10−25 cm).]

Trotzdem ist es sinnvoll, Molekulen ein Diplomoment zuzuordnen: Wenn

mehr als ein Atomkern vorhanden ist, kann man die Ladungsverteilung bei

festgehaltener Lage der Kerne betrachten. (Erwartungswert ohne Mittelung uber

die Drehlage der Kernpositionen). Diese Verteilung ist z.B. fur ein Molekul wie

HCl oder H2O keineswegs symmetrisch gegenuber Spiegelungen und weist ein

Dipolmoment auf von der Grossenordnung ~p ∼ e aBohr ∼ 8 · 10−30 Cbm.

Zusammenfassung der Multipolentwicklung

In grossem Abstand von der Quelle ist das elektrostatische Potential von der

Form (r = |~x|)

ϕ(~x) =1

4π ǫ0

Q

r+

~x · ~pr2

+∑

i,k

xi xk

r3q′ik + ...

(6.20)

Die Koeffizienten Q, ~p, q′ik sind Momente der Ladungsverteilung ρ:

Q =

d3y ρ(~y) Ladung, Monopolmoment

~p =

d3y ~y ρ(~y) Dipolmoment

q′ik =

d3y

(

yi yk −1

3δik ~y

2

)

ρ(~y) spurloser Teil des Quadrupolmoments

79

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6.4 Multipolentwicklung der potentiellen Energie

Eine Punkladung q, die in einem elektrostatischen Feld im Punkt ~x sitzt, hat

potentielle Energie q ϕ(~x) (q ϕ(~x) ist die Arbeit, die man gegen das Feld verrichten

muss, um q vom Unendlichen an den Punkt ~x zu bringen).

Die potentielle Energie eines (ausgedehnten) Teilchens mit Ladungsdichte ρ(~y)

setzt sich aus den Beitragen der verschiedenen Volumenelemente zusammen

V =

d3y ρ(~y)ϕ(~y) .

6.4.1 Geladenes Teilchen (Q =∫d3y ρ(~y) 6= 0)

Es ist sinnvoll, ϕ(~y) um den Ladungsschwerpunkt ~x zu entwickeln:

ϕ(~y) = ϕ(~x) +∑

i

(yi − xi) ∂iϕ(~y)|~y=~x +

+1

2

i,k

(yi − xi) (yk − xk) ∂i∂k ϕ(~y)|~y=~x + ...

Falls sich das Potential wenig andert uber die Ausdehnung des Teilchens (nahezu

punktformiges Teilchen), dann liefert der erste Term den Hauptbeitrag und die

Glieder mit hoheren Potenzen von ~y − ~x werden vernachlassigbar.

Definition des Ladungsschwerpunktes:~x =

1

Q

d3y ~y ρ(~y) .

Beachte: ~x ist der Ladungsschwerpunkt, und nicht wie in Abschnitt 6.3 ein Punkt,

der weit weg von der Ladungsverteilung ist.

Wir setzen nun die entwickelte Version von ϕ(~y) in den Ausdruck fur die poten-

tielle Energie ein:

V =

d3y ρ(~y)

[

ϕ(~x) +∑

i

(yi − xi) ∂iϕ(~x)+

+1

2

i,k

(yi − xi) (yk − xk) ∂i∂k ϕ(~x) + ...

]

80

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Beachte [unter Verwendung der Definition des Ladungsschwerpunktes], dass der

zweite Term in der eckigen Klammer einen Null-Beitrag macht, denn∫

d3y (yi − xi) ρ(~y) =

d3y yi ρ(~y)︸ ︷︷ ︸

Qxi

−xi

d3y ρ(~y)︸ ︷︷ ︸

xi Q

= 0

Somit erhalten wir fur die potentielle Energie

V = ϕ(~x)Q+1

2

i,k

qik ∂i∂k ϕ(~x) + ... geladenes Teilchen

qik =

d3y (yi − xi) (yk − xk) ρ(~y) Quadrupolmoment

Bem.: Der Ausdruck fur das Quadrupolmoment ist derselbe wie in 6.3, wenn man

beachtet, dass dort ~x der Koordinatenursprung war.

Ubung: Auch hier spielt nur der spurlose Anteil des Quadrupolmoments eine

Rolle. Die potentielle Energie einer kugelsymmetrischen Ladungsverteilung in

einem beliebigen ausseren elektrostatischen Feld hangt nur von der Gesamtladung

ab.

6.4.2 Neutrales Teilchen (Q =∫d3y ρ(~y) = 0; ρ(~y) 6= 0 i.a.)

Fur ein neutrales Teilchen ist die potentielle Energie in einem langsam verander-

lichen elektrischen Feld in erster Naherung gegeben durch

V = ϕ(~x)

d3y ρ(~y)︸ ︷︷ ︸

=0

+∑

i

∂i ϕ(~x)

d3y (yi − xi) ρ(~y) + ...

V =∑

i

∂i ϕ(~x)

d3y yi ρ(~y) + ...

V =∑

i

pi ∂i ϕ(~x) + ... = −~p · ~E(~x) + ... (neutrales Teilchen)

(~p =

d3y ~y ρ(~y))

Die auf das Teilchen wirkende Kraft ist der Gradient der potentiellen Energie

~F = −~∇ V

~F =

Q ~E + 12

i,k qik ∂i∂k~E + ... geladene Teilchen

i pi ∂i~E + ... neutrale Teilchen

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Die Kraft versucht, das Teilchen in ein Gebiet mit niedriger potentieller Energie

zu verschieben. Fur geladene Teilchen ist der Wert des ~E−Feldes im Ladungs-

schwerpunkt ~x massgebend – das Quadrupolmoment bewirkt eine Korrektur, die

von den Inhomogenitaten des Feldes abhangt. Neutrale Teilchen erfahren im ho-

mogenen ~E−Feld keine Kraft, reagieren aber auf die erste Ableitung des Feldes

an der betreffenden Stelle.

Die potentielle Energie hangt nicht nur vom Ort des Teilchens ab, sondern auch

von der Ausrichtung des Dipolmomentes oder des Quadrupolmomentes. Fur ein

neutrales Teilchen ist die potentielle Energie am kleinsten, wenn ~p in die Richtung

von ~E zeigt. Das elektrische Feld bewirkt daher ein Drehmoment, das den Vektor

~p in die Richtung von ~E zu drehen versucht.

Ubung: Dieses Drehmoment ist gegeben durch ~M = ~p× ~E.

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7 Magnetostatik

Betrachte reines Magnetfeld, d.h., ~E = 0. In diesem Fall ist ~B zeitlich konstant.

Grund: Eine der Maxwellgleichungen sagt

~∇× ~E + ~B = 0 =⇒ ~B = 0

Zudem: Aus der Maxwellgleichung

~∇× ~B − 1

c2~E = µ0 ~ ,

welche sich reduziert auf ~∇× ~B = µ0 ~, folgt

~ = 0 ; ~∇ · ~ = 0 Ubung (7.1)

Am Ende von Kapitel 5.3 haben wir das ~B−Feld einer stationaren Stromvertei-

lung hergeleitet (aus ~Bret(~x, t)):

~B(~x) =µ0

d3y~(~y)× (~x− ~y)

|~x− ~y|3 (7.2)

Direkte Herleitung dieses Ausdrucks aus den Maxwellgleichungen im statischen

Limes (siehe Abschnitt 6.1):

(a) ~∇ · ~B = 0

(b) ~∇× ~B = µ0 ~

Aus (a) folgt, dass es ein Vektorpotential ~A gibt mit ~B = ~∇× ~A. Diese Darstellung

fur ~B in (b) eingesetzt, ergibt

~∇× (~∇× ~A) = µ0 ~

~∇(~∇ · ~A)−∆ ~A = µ0 ~ .

In der Strahlungseichung (~∇ · ~A = 0) gilt

∆ ~A = −µ0 ~ Poissongleichung

83

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Die Losung, welche im Unendlichen abfallt, lautet

~A(~x) =µ0

d3y~(~y)

|~x− ~y| (7.3)

Bem.: Vergleiche mit der analogen Situation in der Elektrostatik:

∆ϕ(~x) = −ρ(~x)ǫ0−→ ϕ(~x) =

1

4π ǫ0

d3yρ(~y)

|~x− ~y| .

Ubung: Aus (7.3) erhalt man durch Rotationsbildung das ~B−Feld in Gl. (7.2).

Zudem erfullt der Ausdruck (7.3) die Eichbedingung ~∇ · ~A = 0.

7.1 Auf dunne Drahte konzentrierte Stromverteilung

Falls die Stromverteilung auf einen dunnen Draht konzentriert ist, ist es gunstig,

die dreidimensionale Integration in Gl. (7.2) wie folgt auszusplitten:

d3y = dS dℓ

dS: zur Stromrohre senkrechte Quer-

schnittsflache

dℓ: Linienelement langs des Drahtes

Falls der Punkt ~x, an dem das ~B−Feld gemessen werden soll, nicht in unmittel-

barer Nahe des Drahtes ist, ist der Faktor

(~x− ~y)

|~x− ~y|3uber den Drahtquerschnitt praktisch konstant.

dS ~ = J ~n ;

J : Gesamtstrom

~n: Einheitsvektor in Richung von ~ oder

eben in Richtung des Drahtes.

Fur das ~B−Feld erhalten wir in dieser Situation

~B(~x) =µ0

d3y ~(~y)× (~x− ~y)

|~x− ~y|3

=µ0

4πJ

dℓ~n︸︷︷︸

d~ℓ

× (~x− ~y)

|~x− ~y|3

84

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~B(~x) =µ0

4πJ

d~ℓ× (~x− ~y)

|~x− ~y|3 ; Biot-Savart (1820) (7.4)

7.1.1 Anwendung auf Kreisstrom

Der Ausdruck (7.4) fuhrt auf ein ellip-

tisches Integral, falls man das ~B−Feldan einem beliebigen Punkt berechnen

will.

Wir beschranken uns im folgenden nur auf Punkte, die auf der Symmetrieachse

liegen.

Der Abstand |~x − ~y| ist uberall gleich langs des Drahtes, namlich |~x − ~y| =(a2 +R2)1/2. Kontrollieren wir dies auf etwas formale Art und Weise:

~x = (0, 0, a) ; ~y(ϕ) = R(cosϕ, sinϕ, 0) ; ϕ parametrisiert Kreis

d~ℓ = d~y =d~y

dϕdϕ

d~ℓ = dϕR (− sinϕ, cosϕ, 0)

|~x− ~y|2 = ~x2 + ~y2 − 2~x · ~y︸ ︷︷ ︸

=0

= a2 +R2 −→ |~x− ~y| = (a2 +R2)1/2 X

In Gl. (7.4) kommt d~ℓ × (~x − ~y) vor. In unserer Parametrisierung kann dies

geschrieben werden als

d~ℓ× (~x− ~y) = dϕR (− sinϕ, cosϕ, 0)× (−R cosϕ,−R sinϕ, a)

= dϕR (a cosϕ, a sinϕ,R) .

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Der Ausdruck fur das ~B−Feld wird dann

~B(~x) =µ0 J

d~ℓ× (~x− ~y)

|~x− ~y|3 =µ0 J

R

(a2 +R2)3/2

∫ 2π

0

dϕ (a cosϕ, a sinϕ,R)

︸ ︷︷ ︸

(0,0,2πR)

~B =µ0 J

2R2 1

(a2 +R2)3/2(0, 0, 1)

| ~B| =µ0 J

2R

1

(1 + a2/R2)3/2(7.5)

Fur grosse Abstande a fallt das Feld mit 1/a3 ab. Dieses Potenzverhalten trifft

auch fur Punkt ausserhalb der Achse zu (siehe Abschnitt 7.3).

Das ~B−Feld fallt also in allen Himmelsrichtungen mit der 3. Potenz des Abstan-

des ab,

| ~B| ∼ µ0 JR2

|~x|3 ; |~x| ≫ R

7.2 Energie statischer Magnetfelder

Die im Magnetfeld gespeicherte Energie betragt

W =1

2µ0

d3x ~B2 .

Das ~B−Feld wird von der Quelle ~ erzeugt. Wir wollen einen Ausdruck fur die

Feldenergie W herleiten, in dem nur ~ vorkommt.

W =1

2µ0

d3x ~B · (~∇× ~A)

Identitat: ~∇ · ( ~B × ~A) = ~A · (~∇× ~B︸ ︷︷ ︸

µ0 ~

)− ~B · (~∇× ~A)

Somit wird W :

W =1

2µ0

d3x[

~A · µ0~− ~∇ · ( ~B × ~A)]

Im zweiten Term kann man den Satz von Gauss anwenden und erhalt

W =1

2

d3x ~A · ~− 1

2µ0

d~S · ( ~B × ~A)

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Der zweite Term verschwindet, da (fur sehr grosse r) | ~B| ∼ 1/r3, | ~A| ∼ 1/r2,

Oberflache ∼ r2.

→ W =1

2

d3x ~A(~x) · ~(~x) .

Unter Verwendung von

~A(~x) =µ0

d3y~(~y)

|~x− ~y|

erhalten wir den gewunschten Ausdruck fur die Energie des ~B−Feldes einer sta-tionaren Stromverteilung

W =µ0

d3x d3y~(~x) · ~(~y)|~x− ~y| (7.6)

Vergleiche dies mit dem Ausdruck fur die Energie des ~E−Feldes einer stationarenLadungsverteilung

Wel =1

8π ǫ0

d3x d3yρ(~x) ρ(~y)

|~x− ~y|

7.2.1 Energiediskussion fur zwei Kreisstrome

Die Stromverteilung ~(~x) soll aus zwei Kreisstromen bestehen.

~(~x) = ~1(~x) + ~2(~x)

Der explizite Ausdruck fur die magnetische Feldenergie ist kompliziert fur dieses

System. Fur die folgende Diskussion ist er aber unwesentlich.

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~1 erzeugt Magnetfeld ~B1, ~2 erzeugt Magetfeld ~B2. Die Feldenergie W lasst sich

in drei Anteile zerlegen

W = W1 +W2 +W12 ,

wobei W1 und W2 die Selbstenergien sind der Felder ~B1 und ~B2 und W12 die

Wechselwirkungsenergie der beiden Strome. Der Ausdruck fur W12 lautet

W12 =1

µ0

d3x ~B1(~x) · ~B2(~x) =µ0

d3x d3y~1(~x) · ~2(~y)|~x− ~y|

In beiden Leitern fliesse derselbe Strom. Vergleiche die Feldenergie in den zwei

Situationen A und B:

Die Beitrage W1 = W2 sind unabhangig von der Lage der Leiter.

Fall A: In diesem Fall ist W12 vernachlassigbar klein:

WA12 = 0 ; WA = 2W1 .

Fall B: Das Magnetfeld ist uberall doppelt so gross wie das Feld eines einzelnen

Leiters: Die Gesamtenergie ist daher 4 mal grosser

WB = 4W1 −→ WB12 = 2W1 .

Beim Transport A→ B wird also die gesamte Feldenergie grosser um

WB12 −WA

12 = 2W1 .

Man konnte meinen, dass diese Zunahme der Feldenergie der Arbeit entspricht,

die man aufbringen muss beim Transport von A → B. Dies ist aber falsch! Um

dies einzusehen, berechnen wir die

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Mechanische Arbeit A→ B

Das durch den ersten Stromkreis erzeugte Feld ~B1(~x) bewirkt eine Kraft auf den

zweiten Leiter:~F =

d3x~2(~x)× ~B1(~x) .

Fur gleichgerichtete Strome ist diese Kraft anziehend.

=⇒ Transportiert man einen Leiter aus dem Unendlichen heran, ist nicht Energie

aufzuwenden, sondern es wird mechanische Arbeit freigesetzt!

Woher diese Energie kommt, betrachten wir etwas weiter unten. Wir wollen zuerst

die mechanische Arbeit quantitativ angeben in der folgenden

Erganzung: Leiter L1 sei fix im Raum, Stromverteilung ~1(~x). Leiter L2 sei

zunachst im Unendlichen. Leiter L2 wird in endliche Distanz zu L1 transportiert

(Stromverteilung von L2 soll wahrend des Transportes die Form beibehalten).

Die Stromverteilung auf L2 nach dem Transport sei ~2(~x).

Die Arbeit V , die man dabei aufwenden muss, ist (Herleitung siehe Skript-L, p.

86/87)

V = −∫

d3x~2(~x) ~A1(~x) (7.7)

wobei ~A1(~x) das von ~1 erzeugte Vektorpotential ist:

~A1(~x) =µ0

d3y~1(~y)

|~x− ~y|

Somit wird die Arbeit V :

V = −µ0

d3x d3y~1(~x) · ~2(~y)|~x− ~y| (7.8)

Diese Arbeit V ist nach Definition die potentielle Energie der beiden Leiter.

Diese Arbeit (oder eben die potentielle Energie) ist gerade entgegengesetzt gleich

gross wie sie im Magnetfeld gespeicherte Wechselwirkungsenergie W12:

V = −W12 . (7.9)

Zur Erinnerung: In der Elektrostatik gilt V = +W12.

89

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Woher kommt die Energie beim Transport A→ B?

Energiesatz im Kapitel 3:

dW

dt= −

d3x~(~x) · ~E(~x)

Die im gesamten Raum enthaltene FeldenergieW kann nur dann zunehmen, wenn

Energie von den Ladungen an das Feld ubertragen wird. Wahrend des Transpor-

tes mussen daher elektrische Felder auftreten, die den bewegten Ladungen die fur

den Aufbau des Feldes benotigte Energie entziehen. (In der Tat kann sich ja ~B

nur andern, wenn elektrische Felder vorhanden sind.)

Falls die Strome durch Batterien gespiesen werden, mussen diese sowohl die Ener-

gie fur den Aufbau des Magnetfeldes als auch die frei werdende mechanische

Arbeit abgeben.

Stellt man sich statt dessen vor, die Strome wurden durch Ladungen bewirkt,

die auf Kreisscheiben frei rotieren, dann wird bei der Annaherung die Rotation

abgebremst.

90

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7.3 Magnetisches Moment – Multipolentwicklung des

Vektorpotentials

Die Stromverteilung sei auf ein endliches Gebiet des Raumes beschrankt.

Man kann in diesem Fall das Magnetfeld in grossem Abstand von der Stromver-

teilung nach Potenzen von 1/r entwickeln (Multipolentwicklung).

Es ist bequemer, anstelle des Magnetfeldes ~B(~x) das zugehorige Vektorpotential~A(~x) zu betrachten:

~A(~x) =µ0

d3y~(~y)

|~x− ~y| .

Potenzreihenentwicklung von 1/|~x− ~y|: (siehe Kap. 6.3)

1

|~x− ~y| =1

r

∞∑

ℓ=0

|~y|ℓrℓ

Pℓ(~x · ~y) ; [P0(z) = 1 ; P1(z) = z , ....]

=1

r+|~y|r2

~x · ~y + ... =1

r+

~x · ~yr2

+ ... ,

wobei r = |~x|, ~x = ~x/r Einheitsvektor in Richtung von ~x, ~y = ~y/|~y| Einheits-vektor in Richtung von ~y.

Somit hat die Multipolentwicklung von ~A(~x) die Form

~A(~x) =µ0

~M0

r+

~M1

r2+ ...

(7.10)

~Mℓ = ~Mℓ(~x) =

d3y |~y|ℓ Pℓ(~x · ~y)~(~y) .

Die ersten beiden Multipolkoeffizienten ~M0 und ~M1 sind durch folgende Momente

91

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der Stromverteilung ~(~y) gegeben (P0(z) = 1; P1(z) = z):

~M0 =

d3y ~(~y) Monopol

~M1 =

d3y (~x · ~y)~(~y) Dipol

Wir zeigen, dass ~M0 immer verschwindet. Wir starten mit der folgenden Identitat:

~∇ · [yk ~(~y)] = ∂i[yk i(~y)] = δik i(~y)︸ ︷︷ ︸

k(~y)

+yk ∂i i(~y)︸ ︷︷ ︸

~∇·~(~y)=0

k(~y) = ~∇ · [yk ~(~y)]

Somit kann man die k−te Komponente des Vektor ~M0 schreiben als (K bedeutet

eine grosse Kugel und ∂K deren Oberflache)

M0,k =

d3y k(~y) =

R3

d3y ~∇ · [yk ~(~y)]

=

K

d3y ~∇ · [yk ~(~y)] Gauss====

∂K

d~S [yk ~(~y)]~=0auf ∂K==== 0 .

~M0 = 0 (7.11)

Dies bedeutet, dass der fuhrende Term der Multipolentwicklung (7.10) durch

den Beitrag ∼ ~M1 gegeben ist. Wir wollen einen “handlichen Ausdruck” fur ~M1

gewinnen.

~M1 =

d3y xi yi ~(~y)

Die Summe uber i ist nicht explizit hingeschrieben. Wir verwenden hier also die

Konvention, dass uber doppelt vorkommende Indices automatisch zu summieren

ist. Die k−te Komponente von ~M1 ist dann

M1,k =

d3y xi yi k(~y) = xi

d3y yik(~y)︸ ︷︷ ︸

Iik

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Wir vereinfachen im folgenden die Matrix Iik

Iik =

d3y yi k(~y) i, k = 1, 2, 3 → (3× 3) Matrix

Wir zeigen, dass nur 3 der 9 Zahlen I11, I12 , ..., I33 voneinander unabhangig sind.

Dazu leiten wir eine geeignete Identitat her:

~∇ · [yi yk ~(~y)] = ∂ℓ [yi yk ℓ(~y)]

= δiℓ yk ℓ︸ ︷︷ ︸

yk i

+ yi δkℓ ℓ︸ ︷︷ ︸

yi k

+yi yk ∂ℓ ℓ︸︷︷︸

~∇·~=0

~∇ · [yi yk ~(~y)] = yk i + yi k (Identitat)

Wir integrieren nun beide Seiten dieser Identitat uber den ganzen Raum. Nach

Gauss ergibt die linke Seite Null. Somit gilt:

0 =

d3y yk i(~y)︸ ︷︷ ︸

Iki

+

d3y yi k(~y)︸ ︷︷ ︸

Iik

Also ist Iik + Iki = 0 oder Iki = −Iik; d.h., die Matrix Iik ist antisymmetrisch.

Die Diagonalelemente I11, I22, I33 sind Null und die 6 nicht-diagonalen Elemente

sind durch 3 Zahlen bestimmt:

I23 = −I32 = µ1 ; I31 = −I13 = µ2 ; I12 = −I21 = µ3 .

Man kann dies kompakt schreiben als

Iik =∑

j

ǫikj µj ≡ ǫikj µj .

Die 3 Zahlen ~µ = (µ1, µ2, µ3) bilden einen Vektor.

Dieser Vektor ~µ heisst magnetisches Moment der Stromverteilung.

Lose die obige Gleichung nach µℓ auf. Multipliziere dazu die Gleichung mit ǫikℓund summiere uber i, k:

Iik = ǫikj µj | · ǫikℓǫikℓ Iik = ǫikℓ ǫikj

︸ ︷︷ ︸

2δℓj

µj = 2µℓ

µℓ =1

2ǫikℓ Iik =

1

2ǫℓik Iik =

1

2

d3y ǫℓik yi k(~y)︸ ︷︷ ︸

[~y×~(~y)]ℓ

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Somit erhalten wir fur das magnetische Moment ~µ

~µ =1

2

d3y ~y × ~(~y) (magnetisches Moment) (7.12)

Die Dimension von ~µ ist: [~µ] = Am2 (Strom mal Flache)

Das magnetische Moment bestimmt den Dipolbeitrag ~M1:

M1,k = xi Iik = xi ǫikjµj = ǫikj xi µj = −ǫkij xi µj

M1,k = −(~x× ~µ)k

~M1 = −~x× ~µ (7.13)

In grossem Abstand von der Stromverteilung ist das Vektorpotential von der

Ordnung 1/r2:

~A(~x) = −µ0

~x× ~µ

r2+O(1/r3) . (7.14)

Das zugehorige Magnetfeld ~B = ~∇× ~A fallt daher ab wie 1/r3:

~B(~x) =µ0

3~x (~x · ~µ)− ~µ

r3+O(1/r4) (7.15)

Vergleich: Das elektrische Feld eines ungeladenen Teilchens wird in grossem Ab-

stand von der Ladungsverteilung durch das elektrische Diplomoment ~p bestimmt:

~E(~x) =1

4π ǫ0

3~x (~x · ~p)− ~p

r3+O(1/r4)

94

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Bsp.: Kreisstrom vom Radius R. Das magnetische Moment ~µ steht senkrecht zur

Ebene des Kreisstromes und hat den Wert

~µ =1

2

d3x ~x× ~(~x) =1

2

~x× d~ℓ J

=1

2

Rdℓ~nJ = ~n J R2 π

~µ = ~nJ R2 π ~n : Normalenvektor zur Kreisebene

(Strom mal umflossene Flache)

Ubungen:

(a) Zeige, dass das magnetische Moment fur jeden ebenen, geschlossenen, lini-

enformigen Leiter durch Strom mal umstromte Flache gegeben ist.

(b) Zeige, dass ~µ unabhangig ist von der Wahl des Koordinatenursprungs.

(c) Zeige, dass das ~B−Feld eines Kreisstromes auf der Symmetrieachse (siehe

Gl. (7.5)) fur grosse Abstande mit (7.15) ubereinstimmt.

Auch Elektronen, Protonen und Neutronen sind von magnetischen Feldern um-

geben, die in grossem Abstand wie 1/r3 abfallen.

e−, n: Richtung von ~µ entgegengesetzt zur Spinrichtung

p: Richtung von ~µ parallel zur Spinrichtung

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Sei Spin in Richtung der 3. Achse. Dann ist das magnetische Moment von der

Form ~µ = µ (0, 0, 1) mit

µe = − e~

2me

· 1.001159

µp =e~

2mp· 2.79

µn = − e~

2mn· 1.91

|µe| ∼ 660 · |µp|

Magnetisches Moment eines Atoms: Zum magnetischen Moment eines Atoms

tragt neben µe und µKern auch die Bewegung der Elektronen in der Hulle bei.

Die entsprechende Stromdichte erzugt einen Beitrag von der Grossenordnung µe.

7.4 Potentielle Energie eines Teilchens im ~B−Feld

~B1(~x) sei ein vorgegebenes Magnetfeld und ~A1(~x) das zugehorige Vektorpotential

(wir konnen uns vorstellen, ~B1, ~A1 werde vom Strom ~1 erzeugt).

~2(~x) sei eine (andere) Stromverteilung.

Die potentielle Energie V der Stromverteilung ~2 im Magnetfeld ~B1 lautet:

V = −∫

d3x~2(~x) · ~A1(~x)

Bedeutung von V : Mechanische Arbeit, die im Feld ~B1 = ~∇× ~A1 gegen die Lor-

entzkraft geleistet werden muss, um die Stromverteilung ~2 aus dem Unendlichen

an die aktuelle Stelle (beschrieben durch ~2(~x)) zu transportieren.

Falls sich ~A1(~x) nur wenig andert uber die Ausdehnung der Verteilung ~2(~x), kann

man ~A1(~x) um den Mittelpunkt ~a der Verteilung entwickeln:

~A1(~x) = ~A1(~a) +

3∑

i=1

(xi − ai) ∂i ~A1(~a) + ...

Der Beitrag des ersten Terms zum Potential V ist proportional zum Monopolmo-

96

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ment ~M0

~M0 =

d3x~2(~x) = 0

und fallt deshalb weg. Der Beitrag des zweiten Terms zu V liefert

V = −∫

d3x (xi − ai) ∂i A1,k(~a) 2,k(~x) ,

V = −∫

d3xxi 2,k(~x)︸ ︷︷ ︸

I2,ik

∂i A1,k(~a) ,

wobei I2,ik mit dem magnetischen Moment ~µ2 ausgedruckt werden kann:

I2,ik = ǫikℓ µ2,ℓ .

Somit lasst sich die potentielle Energie schreiben als

V = −ǫikℓ µ2,ℓ ∂i A1,k(~a)

V = −µ2,ℓ ǫℓik ∂i A1,k(~a)︸ ︷︷ ︸

(~∇× ~A1)ℓ=B1,ℓ

= −~µ2 · ~B1(~a)

V = −~µ2 · ~B1(~a)

Resultat: Um ein kleines Teilchen mit dem magnetischen Moment ~µ im vorge-

gebenen Magnetfeld ~B vom Unendlichen an die Stelle ~x zu transportieren (ohne

die Richtung von ~µ zu andern), ist die Energie

V = −~µ · ~B(~x) (7.16)

erforderlich.

Homogenes Magnetfeld: bewirkt keine Kraft, sondern ein Drehmoment, welches

die Richtung von ~µ in die Richtung von ~B zu drehen versucht.

Inhomogenes Magnetfeld: Kraft ~F = −~∇V = ~∇

~µ · ~B(~x)

ist nicht Null.

=⇒ Teilchen, die ein magnetisches Moment aufweisen, verhalten sich somit in

einem Magnetfeld gleich, wie ungeladene Teilchen im elektrischen Feld [V =

−~p · ~E(~x)].

97

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Ubung: Zeige, dass die potentielle Energie zweier Teilchen mit den magnetischen

Momenten ~µ1, ~µ2 gegeben ist durch

V = −µ0

3 (~µ1 · ~x) (~µ2 · ~x)− ~µ1 · ~µ2

r3. (7.17)

Bestimme die Energiedifferenz zwischen den Zustanden (p↑, e−↑) und (p↑, e−↓),

wenn der Abstand zwischen dem Proton p und dem Elektron e− einen Bohrradius

betragt. Welche Wellenlange haben Photonen dieser Energie?

98

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8 Felder veranderlicher Quellen

In diesem Kapitel betrachten wir wieder zeitabhangige ~E− und ~B−Felder und

knupfen somit an Kapitel 5 an.

8.1 Nahzone – Fernzone

Im Kapitel 5 haben wir die retardierten ~E− und ~B−Felder diskutiert. Diese

lauten (siehe Gl. (5.9)):

~Eret(~x, t) = −1

4π ǫ0

d3y1

|~x− ~y|

[

~∇ ρ+1

c2~

]

ret

~Bret(~x, t) =µ0

d3y1

|~x− ~y|[

~∇× ~]

ret

Was ist gemeint mit dem Symbol [F ]ret? Die Situation ist die, dass wir es mit

einer Funktion F von zwei Variablen zu tun haben. Die erste Variable ist die

(dreidimensionale) Ortsvariable und die zweite Variable ist die Zeitvariable. [F ]ret,

welches in obigen Integralen vorkommt, ist wie folgt gemeint:

[F ]ret = F (~y, t− |~x− ~y|c

︸ ︷︷ ︸

tret

) ; tret : retardierte Zeit

Beachte: Mit dem Ausdruck [~∇ρ]ret ist gemeint, dass man zuerst den Gradienten

bezuglich des Ortes bilden soll; nachdem dieser gebildet ist, setzt man fur das

Ortsargument ~y ein und fur das zeitliche Argument tret = t− |~x−~y|c

.

Beachte: [~∇ρ]ret ist nicht dasselbe wie der Gradient von [ρ]ret! Es gilt die folgende

Beziehung zwischen den zwei Grossen:

Ubung: Zeige, dass gilt

~∇y[ρ]ret ≡ ~∇y

ρ

(

~y, t− |~x− ~y|c

)

= .... = [~∇ρ]ret +~x− ~y

|~x− ~y|1

c[ρ]ret .

Vereinfachung der Schreibweise:

~R = ~x− ~y ; R = |~x− ~y| ; ~R =~R

R

99

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Somit:~∇y[ρ]ret = [~∇ρ]ret +

1

c~R [ρ]ret

Mit Hilfe dieser Relation gilt

~Eret(~x, t) = −1

4π ǫ0

d3y

1

R~∇y[ρ]ret

︸ ︷︷ ︸

partiell integr.

−1c

~R

R[ρ]ret +

1

R c2[~]ret

1

R~∇y[ρ]ret = ~∇y

1

R[ρ]ret

︸ ︷︷ ︸

Oberfl.term→0

−[ρ]ret ~∇y

(1

R

)

︸ ︷︷ ︸

1R2

~R

Somit kann ~Eret(~x, t) geschrieben werden als

~Eret(~x, t) = +1

4π ǫ0

d3y

1

R2~R [ρ]ret

︸ ︷︷ ︸

Coulomb

+1

c

~R

R[ρ]ret −

1

R c2[~]ret

︸ ︷︷ ︸

Strahlungsterme

(8.1)

Statische Quellen: ρ = ~ = 0: Nur der erste Term bleibt:

[ρ]ret = ρ(~y) → Coulombgesetz!

ρ 6= 0, ~ 6= 0: Die zwei weiteren Terme werden verantwortlich sein fur die Ener-

gieabstrahlung.

Ahnlich kann man den Ausdruck fur ~Bret(~x, t) umformen, wenn man die Identitat

~∇y × [~]ret = [~∇× ~]ret +~R

c× [~]ret

braucht und dann partiell integriert:

~Bret(~x, t) = −µ0

d3y

~R

R2× [~]ret

︸ ︷︷ ︸

Biot-Savart

+1

c

~R

R× [~]ret

︸ ︷︷ ︸

Strahlungsterm

(8.2)

100

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Sehr wichtig: Man sieht deutlich, dass die Strahlungsterme mit 1/R abfallen,

wahrend der Coulombterm und der Biot-Savartterm mit 1/R2 abfallen.

Zeitlich veranderliche Quellen ρ, ~ sind durch die Kontinuitatsgleichung

ρ+ ~∇ · ~ = 0

verknupft.

Annahme: Im folgenden oszillieren Strom- und Ladungsverteilung mit der Fre-

quenz ω.

ρ(~x, t) = cos(ωt) ρ0(~x) ; ~(~x, t) = sin(ωt)~0(~x)

Kontinuitatsgleichung: ρ+ ~∇ · ~ = 0

−ω sin(ωt) ρ0(~x) + sin(ωt) ~∇ · ~0(~x) = 0 ,

also

ρ0(~x) =1

ω~∇ · ~0(~x) ,

d.h., ρ0(~x) ist durch ~0(~x) festgelegt.

~Eret(~x, t) =1

4π ǫ0

d3y

[~R

R2[ρ]ret +

1

c

~R

R[ρ]ret −

1

R c2[~]ret

]

[f ]ret = f

(

~y, t− R

c

)

; f = ρ, ρ, ~

Ort ~x fest: ~Eret(~x, t) ist periodisch mit Periode T = 2πω:

~Eret

(

~x, t+2π

ω

)

= ~Eret(~x, t)

weil f

(

~y, t+2π

ω− R

c

)

= f

(

~y, t− R

c

)

.

=⇒ ~Eret schwingt mit der Frequenz ω und breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit

kugelformig aus. Die Wellenlaange λ ist

λ =c

ν=

2π c

ω.

101

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Die Wellenlange hangt also nicht von der Geometrie der Antenne ab, sondern nur

von der Frequenz, mit der sie betrieben wird.

Betrachte das Magnetfeld ~Bret:

~Bret(~x, t) = −µ0

d3y

~R

R2× [~]ret

︸ ︷︷ ︸

Biot-Savart

+1

c

~R

R× [~]ret

︸ ︷︷ ︸

Strahlungsterm

Wir schatzen die beiden Terme ab (grossenordnungsmassig!)

~ = ω cos(ωt)~0 ∼ ω~

[∼ bedeutet gleiche Grossenordnung]

Strahl.term

Biot-Savartterm∼

ωcR1R2

∼ ω

cR ∼ R

λ

ω klein −→ λ gross −→Biot-Savartterm dominiert bis zu gros-

sen Abstanden. Erst wenn R ∼ λ, dann

wird der Strahlungsterm signifikant

Nahzone der Quelle: Bereich von ~x, in dem R = |~x − ~y| ≪ λ fur alle Punkte ~y

der Quelle.

Fernzone der Quelle: R≫ λ

In der Nahzone ist das Feld durch den Biot-Savartterm dominiert und in der

Fernzone durch dem Strahlungsterm.

Stationare Quellen: ω = 0 −→ λ = ∞. In diesem Fall gibt es keine Fernzone,

d.h., das Feld ist durch den Biot-Savartterm gegeben.

Bsp.: Antenne mit Frequenz ν = 1 MHz = 106 s−1.

−→ λ =c

ν=

3 · 108106

m

ss = 300m

In einer Distanz R = 10m ist man in der Nahzone. Die Retardierung Rc=

10m3·108m/s

≃ 3 · 10−8s ist klein im Vergleich zur Schwingungsdauer T = 1ν=

10−6s. Die Fernzone umfasst das Gebiet grosser Abstande (R≫ 300m). In

diesem Gebiet hinkt das Feld um mehrere Schwingungsperioden nach.

102

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Bem.: Es gibt nicht wirklich Quellen mit exakt scharfer Frequenz. Jede beliebige

Stromverteilung lasst sich aber als Uberlagerung von Beitragen scharfer

Frequenz darstellen (gemass dem Satz von Fourier):

~(~x, t) =

∫ ∞

−∞

dω e+iωt ~(~x, ω)

Das entsprechende Feld ist dann auch eine Uberlagerung von Feldern schar-

fer Frequenz.

Falls das Frequenzspektrum um ω konzentriert ist, dann ist die typische

Wellenlange λ = 2πωc. Diese bestimmt dann die Nah– und Fernzone.

Wir betrachten jetzt das ~Eret−Feld:

~Eret(~x, t) =1

4π ǫ0

d3y

~R

R2[ρ]ret

︸ ︷︷ ︸

Coulomb

+1

c

~R

R[ρ]ret −

1

Rc2[~]ret

︸ ︷︷ ︸

Strahlungsterme

1. Strahl.term

Coulomb∼

ωcR1R2

∼ ω

cR ∼ R

λ

Gleiche Diskussion wie oben beim ~Bret−Feld

Der 2. Strahlungsterm ist bis auf Faktor c von gleicher Grossenordnung wie der

Strahlungsterm im ~Bret−Feld.

Im nachstes Abschnitt werden wir sehen, dass | ~Eret| und c | ~Bret| gleich sind in der

Fernzone, weit weg von den Quellen.

103

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8.2 Emission elektromagnetischer Wellen

~Eret(~x, t) =1

4π ǫ0

d3y

[~R

R2[ρ]ret +

1

c

~R

R[ρ]ret −

1

R c2[~]ret

]

~Bret(~x, t) = −µ0

d3y

[~R

R2× [~]ret +

1

c

~R

R× [~]ret

]

~R = ~x− ~y ; R = |~x− ~y| ; ~R =~R

R.

Die Quellen sind zeitlich veranderlich, ihre raumliche Ausdehnung sei d (d.h.,

|~y| < d). In grossem Abstand von den Quellen (|~x| ≫ d) werden die Vektoren ~R

und R, die in den Integralen vorkommen, nahezu unabhangig von der Integrati-

onsvariable ~y:

R ≃ |~x| ; ~R ≃ ~x

|~x|Setze

r.= |~x| ; ~x =

~x

|~x|Man sieht in den obigen Ausdrucken fur ~Eret und ~Bret, dass

Coulombterm, Biot-Savartterm:

Strahlungsterme:

fallen mit 1/r2 ab

fallen mit 1/r ab

In anderen Worten sind fur r ≫ d, r ≫ λ sind ~Eret und ~Bret von der Ordnung

1/r.

~Eret =1

r~e +O(1/r2)

~Bret =1

r~b+O(1/r2)

~e =µ0

d3y[

c~x [ρ]ret − [~]ret

]

(µ0 ǫ0 c2 = 1 verwendet)

~b = − µ0

4π c

d3y[

~x× [~]ret

]

Beachte: Die retardierte Zeit tret hangt vom Abstand zur Quelle ab. ~e und ~b

hangen deshalb nicht nur von ~x und t, sondern auch von r = |~x| ab.

104

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Umformung von ~e:

Wir konnen die Kontinuitatsgleichung in der Form

[ρ]ret = −[~∇ · ~]ret

verwenden. Mithilfe der Relation

~∇y · [~]ret = [~∇ · ~]ret +~R

c· [~]ret

kann [ρ]ret geschrieben werden als

[ρ]ret = −[

~∇y[~]ret −~R

c· [~]ret

]

.

Unter Verwendung dieser Gleichung erhalt man fur ~e:

~e =µ0

d3y[

−c ~x (~∇y · [~]ret) + ~x ( ~R · [~]ret)− [~]ret

]

erster Term:

∼ ~x

d3y ~∇y · [~]ret Gauss=== ~x

d~S · [~]ret︸ ︷︷ ︸

=0

zweiter Term: ~R ≃ ~x

Somit lauten ~e und ~b

~e =µ0

d3y[

~x (~x · [~]ret)− [~]ret

]

,

~b = − µ0

4π c

d3y[

~x× [~]ret

]

.

Definition:

~J(~x, t).=

d3y [~]ret =

d3y ~

(

~y, t− |~x− ~y|c

)

.

Mithilfe dieser Definition lauten ~e und ~b:

~e =µ0

[

~x (~x · ~J)− ~J]

=µ0

4π~x× (~x× ~J) ,

~b = − µ0

4π c~x× ~J . (8.3)

105

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Resultat: r ≫ d; r ≫ λ. ~Eret und ~Bret fallen mit 1/r ab:

~Eret(~x, t) =µ0

4π r~x× (~x× ~J) +O(1/r2)

~Bret(~x, t) = −µ0

4π c r~x× ~J +O(1/r2)

~J =

d3y ~

(

~y, t− |~x− ~y|c

)

(8.4)

wichtige Eigenschaften: ~Eret ⊥ ~x, ~Bret ⊥ ~x, ~Bret ⊥ ~Eret.

Ubung: Zeige, dass | ~Eret| = c | ~Bret|.

In grossem Abstand von der Quelle hat das elektromagnetische Feld somit die fur

Wellen charakteristische Eigenschaften (vergleiche ebene Welle in Richtung von

~x).

Massgebend fur ~Eret und ~Bret ist ~J(~x, t):

~J(~x, t) =

d3y ~[~y, tret] ;

(

tret = t− |~x− ~y|c

)

.

Es stellt sich heraus, dass man im Falle wo λ≫ d bei grossen Abstanden ~J(~x, t)

vereinfachen kann:

~J(~x, t) =

d3y ~[

~y, t− r

c

]

; (r ≫ d ; r ≫ λ ;λ≫ d)

106

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Bewegt man sich mit der Geschwindigkeit v = c radial von der Quelle weg (r =

c t+ const.), bleibt ~J(~x, t) dasselbe.

Da wir im folgenden die Energieabstrahlung berechnen wollen, betrachten wir

den Poyntingvektor

~S =1

µ0

~Eret × ~Bret .

Dieser lautet weit weg von der Quelle:

~S = − µ0

16π2c r2[~x× (~x× ~J)]× [~x× ~J ]

~S =µ0

16π2c r2[~x× ~J ]︸ ︷︷ ︸

~a

× [~x× (~x× ~J)]︸ ︷︷ ︸

[~b×~c]

Unter Verwendung von ~a× [~b× ~c] = ~b (~a · ~c)− ~c (~a ·~b) erhalt man

~S =µ0

16π2c r2

~x (~x× ~J)2 − (~x× ~J) (~x · (~x× ~J))︸ ︷︷ ︸

=0

~S =µ0

16π2c r2~x |~x× ~J |2 +O(1/r3)

Der Vektor ~S zeigt also radial von der Quelle weg und fallt ab wie 1/r2 [fur

(t− r/c) fest].

Zur Erinnerung: [S] = Leistung/m2

Die Gesamtenergie, die pro Sekunde durch eine Kugel vom Radius r stromt, also

die abgestrahlte Leistung L, ist gegeben durch

L =

d~S · ~S .

Mit d~S = ~x |d~S| = ~x r2 dΩ; dΩ = sin θ dθ dϕ erhalt man

L =µ0

16π2 c

dΩ |~x× ~J |2 . (8.5)

L hangt nur von (t − r/c) ab: Die Energie, die zur Zeit t durch eine Kugel mit

Radius r stromt, fliesst spater durch eine Kugel weiter draussen.

107

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8.3 Abgestrahlte Leistung in Dipolnaherung

Zentrales Objekt:

~J =

d3y ~[

~y, t− r

c

]

(r ≫ λ ; r ≫ d ; λ≫ d)

Behauptung:

~J = ~p(

t− r

c

)

wobei ~p(t) =

d3y ~y ρ(~y, t) .

~p(t) ist das (zeitabhangige) Dipolmoment der Ladungsverteilung ρ(~y, t).

Beweis: Betrachte die zeitliche Ableitung der 1. Komponente von ~p:

p1 =

d3y y1 ρKont.gl=== −

d3y y1 ~∇ · ~

= −∫

d3y [~∇ · (y1 ~)− (1, 0, 0) · ~]

= −∫

d3y ~∇ · (y1 ~)︸ ︷︷ ︸

Gauss→0

+

d3y j1

→ p1 = J1 .

Andere Komponenten analog, also gilt:

~J = ~p .

Die retardierten Felder lauten dann in dieser Approximation

~Eret(~x, t) =µ0

4π r~x×

[

~x× ~p]

+O(1/r2)

~Bret(~x, t) = − µ0

4πc r~x× ~p+O(1/r2)

Strahlungsfeld in der Fernzone

in Dipolnaherung

Die abgestrahlte Leistung dL in das Raumwinkelelement dΩ ist gegeben durch

(siehe Gl. (8.5))

dL =µ0

16π2 c|~x× ~p|2 dΩ .

Falls das Dipolmoment in einer Richtung schwingt (z.B. Stabantenne in Richtung

der z−Achse), hat man die folgende Situation:

108

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dL =µ0

16π2 c|~x× ~p|2 dΩ =

µ0

16π2 c|~p|2 sin2 θ dΩ . (8.6)

Gesamte Leistung L des Senders: Da ~p unabhangig ist von den Winkeln θ und ϕ,

kann man das Integral in Gl. (8.6) ausfuhren:

dΩ sin2 θ =8π

3.

Wir erhalten fur die gesamte abgestrahlte Leistung (in Dipolnaherung):

L =µ0

6π c|~p|2 (Dipolnaherung) (8.7)

Das Dipolmoment schwinge mit der Frequenz ω:

~p(t) = ~p0 cos(ω t) −→ ~p(t) = −ω2 ~p0 cos(ω t)

Mittleres L (halbes maximales L)

L =µ0

12π cω4 |~p0|2 . (8.8)

Die abgestrahlte Leistung wachst also mit der vierten Potenz von ω!

Beachte: Wir haben die Leistung berechnet, die zur Zeit t durch eine (grosse)

Kugel mit Radius r fliesst. Diese Leistung wurde vom Sender zur Zeit t − r/c

emittiert.

109

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8.3.1 Abgestrahlte Leistung eines beschleunigten Teilchens

Ladungsverteilung mit vorgegebener Form f , die auf einer Bahn ~z(t) bewegt wird.

Die zugehorige Ladungsverteilung ρ(~y, t) lautet in diesem Fall:

ρ(~y, t) = f(~y − ~z(t)) .

Gesamtladung q der Quelle:

q =

d3y f(~y)

Das zugehorige Dipolmoment ~p(t) ist

~p(t) =

d3y ~y f(~y − ~z(t)) ; Subst.: ~y − ~z(t) = ~u

~p(t) =

d3u (~u+ ~z(t)) f(~u) =

d3u~u f(~u)︸ ︷︷ ︸

~p0 zeitunabh.

+~z(t)

d3u f(~u)︸ ︷︷ ︸

q

→ ~p(t) = q ~z(t)

~z(t) ist die Beschleunigung der Ladungsverteilung, resp. die Beschleunigung des

geladenen Teilchens, welches langs der Bahn ~z(t) fliegt.

110

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Abgestrahlte Leistung eines beschleunigten Teilchens:

~p = q ~z in Gl. (8.7) einsetzen. Man erhalt

L =µ0

6π c|~p|2 = µ0

6π cq2 ~z2 Formel von Larmor (8.9)

Beachte: Ein ruhendes oder ein geradlinig gleichformig bewegtes Teilchen emit-

tiert keine Wellen. Die abgestrahlte Leistung ist proportional zum Quadrat der

Beschleunigung!

Bsp.: Ein geladenes Teilchen bewege sich auf der Kreisbahn

~z(t) = ρ (cosωt, sinωt, 0)

ω = 2π/T Kreisfrequenz der Bewegung ; ρ : Kreisradius

Der Betrag der Beschleunigung ist in diesem Fall

|~z| = ω2 ρ .

Fur die abgestrahlte Leistung erhalten wir

L =µ0

6π cq2 ρ2 ω4

Wir sollten beachten, dass diese Formel in der Dipolnaherung hergeleitet wurde,

d.h., sie gilt nur, wenn

λ≫ d ∼ ρ

λ≫ ρc

ω≫ ρ resp. c≫ ρ ω .

ρ ω ist die Umlaufgeschwindigkeit.

Die Dipolnaherung gilt in dieser Anwedung, wenn das Teilchen langsam ist ver-

glichen mit der Lichtgeschwindigkeit!

Die Energie-Abstrahlung von relativistischen Teilchen wurde jeweils in der Elek-

trodynamik II behandelt (siehe Kap. 13 im Skript von H. Leutwyler) und jetzt

wohl in der Vorlesung uber klassische Feldtheorie.

111