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Praxis - Magazin 12 24/2007 Eisengießerei von Alexander Mossolow op. 19 von 1928 Beispiel eines Projekts zu einem symphonischen Werk in der Klassenstufe 6 zu den Themenkomplexen Musik,Tanz, Klangmaschinen und Industriegeschichte Christoph Riggert Maschinenmusik

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Page 1: Christoph Riggert Maschinenmusik

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Eisengießereivon Alexander Mossolow op. 19 von 1928

Beispiel eines Projekts zu einem symphonischen Werk in der Klassenstufe 6 zu den Themenkomplexen Musik, Tanz, Klangmaschinenund Industriegeschichte

Christoph Riggert

Maschinenmusik

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ir haben die Maschinenmusikvon Mossolow gehört und

dann unsere eigene Musik erfunden“,sagte Tabea beim Interview mit Chri-stian Schruff im rbb-Kinderkonzertam 11. März 2007. Die Klasse 6c waran einem Projekt zu dem Stück Ei-sengießerei op. 19 (1928) von Alex-ander Mossolow beteiligt. AndereSchüler haben selber Maschinen ge-baut oder eine Tanzszene zur Musikerfunden. Die Schüler der BerlinerHumboldthain-Grundschule hattendie Gelegenheit, mit dem DeutschenSymphonie-Orchester Berlin zusam-men ihre eigene Musik, den Tanz unddie selbstgebauten Maschinen darzu-bieten1.

Die Projektidee

Von November 2006 bis März 2007beschäftigten sich ca. 80 Schülerin-nen und Schüler der Humboldthain-Grundschule aus Berlin Wedding mitdem Projekt „Maschinenmusik“.Der Wedding ist ein Stadtteil, der ei-ne ausgeprägte Industriegeschichtehat. In unmittelbarer Nähe der Schuleliegt das ursprüngliche AEG-Gelän-de, auf dem noch heute große Fabrik-hallen stehen. Viele Wohnhäuser imStadtteil stammen aus der Zeit derMietskasernen des 19. Jahrhunderts,haben mehrere Hinterhöfe und sindalte Arbeiterquartiere. Die Schülerkommen aus diesem Einzugsgebiet.In den beteiligten Klassen ist eingroßer Anteil der Schüler nichtdeut-scher Herkunft (80%). Die Idee, sichmit Maschinen im Musik- undKunstunterricht sowie in anderenFächern zu beschäftigen, entstanddurch die A useinandersetzung mitdem Umfeld. Mit Maschinen beschäftigen sich vie-le Werke in den verschiedenen Kün-sten. Neben dem Mossolow-Stückwurden der Film Moderne Zeiten vonCharlie Chaplin und verschiedeneKunstwerke Jean Tinguelys im Un-terricht verwendet.

Maschinen im Alltag derSchüler

Maschinen bestimmen den Alltag derMenschen seit langer Zeit. In diesemProjekt stehen Maschinen, die me-chanische Bewegungen ausführen,im Mit telpunkt der Betrachtung. DieSchüler dieser Altersstufe nutzenzwar die Alltagstechnik, kennen aberMaschinen, die große mechanischeArbeiten verrichten, kaum. Deshalbmussten sie mit diesen Maschinenerst bekannt gemacht werden. Der In-dustriestandort Wedding mit Fabri-ken und großen Maschinen ist Ge-schichte. Eine nahe gelegene Kataly-satorenfabrik hat z. B. eine vollstän-dig automatisierte Produktion, die na-hezu geräuschfrei ist. Den Schülernwurde ein Film über die Eisen- undStahlproduktion gezeigt, der die gi-gantischen Maschinen vorstellt.

Mossolow – EisengießereiDie drei ausgewählten Künstler(Mossolow, Chaplin und Tinguely)reflektieren in ihrer Arbeit das Thema„Mensch und Maschine“ sehr unter-schiedlich.Alexander Mossolow verwandelt inseinem Stück „Eisengießerei“ dasOrchester zu einer großen Maschinein einer Maschinenhalle. Im A-Teillässt der Komponist verschiedeneOstinati einsetzen, die im ersten Ab-schnitt durchgängig gespielt werden.Die Klarinetten und Violen spieleneine schnelle bewegte Figur (Bsp. 1,Takt 1, 2ff), bei der man klei ne endlosfortlaufende Zahnräder assoziiert.Das Kontrafagott spielt eine schwereViertelbewegung, die ein großesschwerfälliges Maschinenteil be-schreibt (Bsp. 2, Takt 1, 2ff). Bass -posaune, Tuba, Pauken, Violoncelliund Kontrabässe unterstützen dasKontrafagottmotiv. Diese anschei-nend endlos fortlaufenden Ostinatierzeugen einen rhythmischen Sog,der in seiner Wirkung an die Techno-musik der letzten Jahre erinnert. Flö-ten, Oboen, (Bsp. 3, Takt 10ff) sowie

erste und zweite Geigen (Bsp. 4, Takt10ff) spielen schrille Einwürfe, diedas gelegentliche rhythmische anein-ander Schleifen großer Metallteiledarstellen könnten. Nach und nachsetzt das große Orchester ein und dieLautstärke lässt die Eisengießerei vorden Ohren der Hörer lebendig wer-den.In dem bewegteren Mittelteil (B-Teil)wird die Arbeit der Maschinenschneller. Die rhythmischen Motivein den verschiedenen Stimmen laufennicht mehr kontinuierlich durch. Sowird das Motiv Vierteltriole, Viertel(Bsp. 5, Takt 49ff) in den Fagottenmehrfach um einen Grundschlag ver-schoben, sodass der Eindruck einerunrund laufenden Maschine entsteht.Es schließt eine komprimierte Wie-derholung des A-Teils mit zweiSchlusstakten als Coda an. Im A- und B-Teil gibt es mehrerekurze Melodien, die „massiv“ vorge-tragen werden (Bsp. 6, Takt 57 bis63, Melodie im B-Teil). Diese lautenMelodien lassen die Größe der Ma-schinenhalle erahnen. Die übereinan-dergelagerten rhythmischen Ostinatiund die lautstark vorgetragenen kur-zen Melodien sind schon beim erstenHören auffällige Merkmale diesesStückes. Mit dem Orchesterstück illustriertMossolow akustisch die Arbeit in derEisengießerei. Durch die sich häufigwiederholenden Ostinati erhält dasStück einen „Groove“, der die Zuhö-rer mitreißt. Die kurzen Melodienstrahlen einen Optimismus aus, dersich leicht auf das Publikum über-trägt. Der Komponist scheint derTechnik positiv gegenüber zu stehenund die Arbeit in der Eisengießereizu heroisieren, besonders die kurzenMelodieeinwürfe lassen an „helden-hafte Arbeit“ denken.Mossolow schuf dieses Orchester-stück in der Sowjetunion währendder Stalin-Ära 1928. Sein Werk die-ser Jahre legt den Schluss nahe, dasser die Industrialisierung und die Fa-brikarbeit als großen gesellschaftli-chen Fortschritt ansah2.

W

Foto: W

olfgang Hildmann

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Eine Aufnahme des Stücks Eisengieße-rei wurde bei EMI Classics in der Rei-he „Who Is Afraid Of 20th CenturyMusic?“ Vol. 2 (EMI Electrola Köln2001) vom Philharmonischen Staats -orchester Hamburg unter der Leitungvon Ingo Metzmacher eingespielt. BeiNaxos Historical ist eine Aufnahmevom RAI Orchester Turin unter derLeitung von Victor de Sabata erschie-nen.

Chaplin – Moderne Zeiten

Charlie Chaplin zeigt am Anfang seinesFilms Moderne Zeiten (1935) Men-schenmassen, die in eine große Fabrikzur Arbeit eilen. In einem Zwi-schenschnitt sieht man eine Schafherde,die sich auf ein Gatter zu bewegt. In derFabrik werden zwei unterschiedlicheSzenarien gegenübergestellt. Der Fa-brikdirektor lässt sich von seiner attrak-tiven Sekretärin bedienen, überwachtmit Kameras die Arbeit und gibt An-weisungen, das Arbeitstempo zu stei-gern. Die Arbeiter stehen am Fließband,müssen Schrauben festziehen und sindkaum in der Lage, dem Tempo des

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Bandes zu folgen. Die Bewegungen derArbeiter wirken unnatürlich und verur-sachen offensichtlich große Anstren-gung. Durch die Virtuosität in ChaplinsKörpersprache, der einen Fabrikarbeiteram Fließband spielt, entstehen viele ko-mische Situationen. Diese Überzeich-nung der Fließbandtätigkeit ironisiertund zeigt zugleich die „Entfremdung“des Menschen von der Arbeit.Im weitern Verlauf des Films wird eineverwickelte Liebesgeschichte im Prole-tariermilieu erzählt. Chaplin sieht Ma-schinen und Industrialisierung kritischund stellt mit den Mitteln der Ironie dieEntfremdung und Verelendung desMenschen dar. Er will den Zuschauerneine kritische Haltung zur scheinbarfortschrittlichen Maschinenwelt nahebringen.

Tinguely – Metamaschinen

Jean Tinguely erstellte seine Arbeitensehr viel später. Er schuf seit den sieb-ziger Jahren Maschinen, die scheinbarsinnlos, dass heißt ohne jede Funktionsind. Tinguelys Maschinen wurden ausgebrauchten Maschinenteilen bzw.

Schrott hergestellt. Der Betrachternimmt implizit auch die frühere Funk-tionalität wahr. Dadurch wirken dieseArbeiten für das Publikum als Nonsens-Arbeiten. Er verwendete je nach Größeunterschiedliche Materialien, so wurdebei dem Kunstwerk La Tête/Monstreein Güterwaggon der französischenStaatsbahn eingebaut. In kleinerenKunstwerken werden Fahrradteile ver-wendet. Allen Kunstwerken ist gemein-sam, dass das Spiel mit Maschinen undMaschinenteilen im Vordergrund steht.Tinguely baut eine Art von Metama-schinen. Für Tinguely ist aufgrund sei-ner Zeit – einer entwickelten Industrie-gesellschaft – weder die Heroisierungvon Maschinen noch die Entfremdungdes Menschen durch Fabrikarbeit einThema.

Projektarbeit in Gruppen

Es war eine Aufführung der Eisen-gießerei von Mossolow vereinbart wor-den, bei der die Schüler musizieren,tanzen und ein „Bühnenbild“ präsentie-ren sollten. Zusätzlich sollten Informa-tionen, die die Schüler zur Industriege-schichte gesammelt hatten, im Foyerder Schule mit Hilfe von Plakaten zurKenntnis gebracht werden. Die Aufga-ben wurden von verschiedenen Klas-sen/Gruppen und Lehrern und außer-schulischen Dozenten übernommen.Diese Gruppen arbeiteten meistens un-abhängig voneinander und kamen anmehreren Projekttagen zusammen, umTeilergebnisse zu zeigen und sie zu ei-nem gemeinsamen Ganzen zusammen-wachsen zu lassen. Alle Gruppen sahenzunächst den Film Charlie Chaplinsund eine filmische Dokumentation ei-ner Eisen- und Stahlproduktion.Es beschäftigten sich vier Gruppen mitden unterschiedlichen Aspekten derMaschinenmusik und Maschinenkunst.Für die Schüler aller Gruppen war derChaplin-Film die erste Begegnung mitFabrikarbeit und Produktionsmaschi-nen. Der Film regte zu Diskussionenum das Schicksal des von Chaplin dar-gestellten Arbeiters an und führte zuder Frage, welche Auswirkungen Ma-schinen und Fabrikarbeit auf die Men-schen/Gesellschaft haben.

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In der Bewegungsgruppe wurde experimentell erkundet, welche Bewegungen einzeln, welche inGruppen die passende Wirkung erzielten und welche den „maschinelle Bewegungen“ nahe kommen

Foto: B

arbara Keller

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1. Musik-Gruppe

Die erste Gruppe erarbeitete Stimmen für Orffinstrumente (bzw.kleine Perkussionsinstrumente), die dem Mossolow-Stück hinzu-gefügt wurden.Die Kinder versuchten, die ersten Filmsequenzen des Chaplin-Films, den sie nur ohne Ton gesehen hatten, neu zu vertonen. Esstellte sich schnell heraus, dass man eine Art „Drehbuch“ vorlie-gen haben musste, um angemessen die Aktionen im Film in Klangzu setzen. In diesem Drehbuch wurden den Handlungs- und Be-wegungsabläufen Instrumente und Spielweisen zugeordnet. DieSchüler konnten dann mit Hilfe ihrer Aufzeichnungen die Szenenvertonen. Dabei entstanden verschiedene Lösungen, die an -schließend diskutiert wurden.Der Orffgruppe wurde als nächstes die Eisengießerei von Mosso-low vorgestellt. Die Schüler versuchten nun mit den Orff- und Perkussionsinstrumenten Klänge und Stimmen zu finden, die der

Musik und den großen Maschinen einer Eisengießerei angemes-sen waren. Dabei griffen die Schüler auf rhythmische Motive derChaplin-Vertonung zurück und entwickelten in Gruppenarbeit zurMusik von Mossolow eigene Stimmen. Es wurde allen deutlich,dass sich bei Mossolow im A-Teil verschieden rhythmische Pat-tern ständig wiederholen. Die Schüler fanden schnell die Original-stimme des Kontrafagotts, die dann auch nachgespielt wurde.Die Gruppe wandte sich schließlich dem Mittelteil (B-Teil) desMossolow-Stücks zu. Man entschied sich, die rhyth mischen Be-wegungen der Originalstimme für die kleine Trommel nachzuvoll-ziehen. Danach wurden A- und B-Teil zusammengesetzt und diebeiden Schlusstakte erarbeitet. Es folgte eine ausgiebige Übungs-phase zur CD, um Sicherheit für das Zusammenspiel mit demSymphonie-Orchester zugewinnen. Die Schüler spürten nach undnach, wie sich bei genauem metrischem Zusammenspiel ein„Groove“ entwickelte. Die Schüler waren vom Zusammenspielder verschiedenen Stimmen begeistert.

2. Tanz- und Bewegungs-Gruppe

Die zweite Gruppe entwickelte Bewegungen und Tanz zur Ma-schinenmusik.Sie versuchte im ersten Schritt, nach dem der Chaplin-Film ge-zeigt wurde, assoziativ die Bewegungen der Maschinen und dieder Fabrikarbeiter nachzuahmen. Das geschah noch weitgehendohne Musik. Als wesentliches Element wurde die vielfache Wie-derholung von gleichen Bewegungsabläufen angesehen und expe-rimentell erkundet, welche Bewegungen einzeln, welche in Grup-pen die passende Wirkung erzielten und welche den „maschinelleBewegungen“ nahe kommen könnten.

Anschließend lernte die Tanzgruppe die Mossolow-Musik kennen.Um den Schülern die Größe der Maschinen nochmals bewusst zumachen, hat diese Gruppe zunächst assoziativ Bilder zur Musikgemalt und gezeichnet. Bei diesen Bildern zeigte sich die Faszina-tion, die von den Maschinen ausging. Nach und nach setzten sichdie einzelnen Elemente des Tanzes zu einer Choreographie zusam-men.Es folgte eine lange Übungsphase. Besonders schwierig war es,die Bewegungen so groß zu machen, dass sie den Maschinen an-gemessen waren und dass sie gut für das Publikum zu erkennenwaren.

3. Klangmaschinen- Gruppe

Die dritte Gruppe baute Klangskulpturen und Klangmaschinen,die bei den Aufführungen auf der Bühne standen und in Bewegungversetzt wurden.Die Gruppe fertigte zunächst Maschinenteile auf dem Papier an.Viele Teile ähnelten den Maschinen aus Chaplins Film. Diese Tei-le wurden mit Hilfe von Kartoffeldrucken, Pappschablonen, Blei -stift und Pinsel zu Papier gebracht.Nach dem die Maschinengruppe die Eisengießerei von Mossolowkennen gelernt hatte, sammelte sie im nächsten Schritt auf demSchrottplatz und beim Fahrradhändler alte Teile und experimen-tierte dann mit deren Klang. Anschließend wurden den Kindern

Abbildungen von ausgewählten Werken Tinguelys vorgestellt. Da-bei entstand der Wunsch, die gefundenen Teile in einer Maschinezusammen zu setzen und eine Art „Klangmaschine“ zu bauen, mitder verschiedene Spieler bei einer Aufführung die Teile in Bewe-gung versetzen und Klänge erzeugen könnten.Die Gruppe entwickelte nun dazu technische Lösungen, z. B. Kon-struktionen mit Kurbeln, Pendeln, Bändern, Keilriemen usw. Da-mit die verschiedenen Klangmaschinenteile gut zu sehen, leicht zubedienen und mehrere Klangerzeuger in einer Reihe zum Klingengebracht werden konnten, musste ein Rahmen für die Maschinegebaut werden. Da die Schüler viele verschiedene Teile ausge-sucht hatten, entschied man sich, zwei Klangmaschinen zu bauen.Diese Maschinen rahmten später rechts und links die Tänzer undMusiker auf der Bühne ein.

4. Recherche-Gruppe

Die vierte Gruppe, die sich mit den historischen Aspekten der Industrialisierung im Wedding befasste, arbeitete unabhängig von

den ersten drei. Diese Gruppe suchte im Internet, in stadt -geschichtlichen Broschüren und bei Unterrichtsgängen nach Spu-ren und Zeugnissen dieser Industriegeschichte und erstellte einPlakat. Während der Schulaufführung3 berichtete ein Schüler die-ser Gruppe über ihre Arbeit.

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ProjekttageDie drei Gruppen, die sich künstlerischmit der Maschinenmusik beschäftigten,kamen an vier Projekttagen zusammen.Dabei wurde im Plenum der jeweiligeStand der Arbeit vorgeführt und disku-tiert. Der Chaplin-Film und MossolowsMusik waren für alle Gruppen Aus-gangspunkte. Tinguelys Werke hattenbei der Maschinengruppe einen beson-deren Stellenwert. In der Orffgruppeund in der Tanzgruppe beschäftigteman sich während des regulären Kunst-unterrichts mit Tinguelys Objekten. Die Grundhaltungen der Künstler Mos-solow (Maschinenwelt als gesellschaft-licher Fortschritt / Heroisierung), Cha-plin (Entfremdung / Ausbeutung durchMaschinenarbeit) und Tinguely (Spielmit Maschinen / Nonsens-Maschinen)wurden von den Schülern in den Ple -numsrunden verbal reflektiert und ka-men in ihrer eigenen Umsetzung inMusik, Tanz und Klangmaschinen zumAusdruck.

Anregungen für den Unterricht

Das Mossolow-Stück ist relativ einfachgebaut und für Schüler gut nachzuvoll-ziehen. Die Länge von ca. 3:50 Minu-ten ist für diese Altersstufe gut geeig-net. Durch die rhythmischen Ostinatiwerden Hörgewohnheiten der Schülerangesprochen. In diesem Projekt habendie Schüler den Schaffens prozess der

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Künstler nachempfunden. Dadurchkonnten die künstlerischen Ausdrucks-weisen deutlich werden. Zur Betrach-tung des Themas „Mensch und Maschi-ne“ können folgende Anregungen imUnterricht verwendet werden:� Die Schüler können zum Stück eige-ne rhythmische Stimmen erfinden. Dasangehängte Beispiel kann als Aus-gangspunkt betrachtet werden.� Der Anfang des Chaplin-Films Mo-derne Zeiten kann durch die Schülermit Orff- und Perkussionsinstrumentenneu vertont werden.� Einige Werke Jean Tinguelys kön-nen den Schülern vorgestellt werdenund die Schüler malen, zeichnen oderbasteln eigene Maschinen. Hier ist eineZusammenarbeit mit dem Kunstunter-richt denkbar.� Informationen zur Technik- und In-dustriegeschichte können zusammenge-tragen und zur Musik in Beziehung ge-setzt werden. Es bietet sich eine Zu-sammenarbeit mit dem Geschichts-und/oder Deutschunterricht und weite-ren Fächern an.Da die Eisengießerei von Mossolow einkurzes Werk ist, wäre auch eine relativkurze Unterrichtseinheit möglich, in derdie wesentlichen Elemente der künstle-rischen Grundhaltungen zum Phäno-men „Maschine“ für die Schüler greif-bar werden.Folgende Orchesterstücke (Auswahl)haben ebenfalls Maschinen zum The-ma:� Aaron Copland, Music For A Great

City, 3. Subway Jam,

� Leroy Anderson, Syncopated Clock,� Johann Strauß II, Perpetuum

Mobile,� Ludwig van Beethoven, Sinfonie

Nr. 8 F-Dur, op. 93 Allegretto scherzando (Metronom-Satz),

� Arthur Honegger, Pacific 2314. Denkbar und reizvoll wäre auch eineGegenüberstellung von Natur- und Ma-schinendarstellungen in Orchesterwer-ken. Dabei könnten durch den Kontrastder Werke die Intentionen der Künstlerveranschaulicht werden.

Anmerkungen:1 Am 11. März 2007 veranstaltete das Kulturradiodes rbb ein Kinderkonzert mit dem Titel „Im Taktder Technik“ mit dem Deutschen Symphonie-Or-chester Berlin (musikalische Leitung Ekart Wycik).Dieses Konzert wurde vom rbb mitgeschnitten undgesendet. Durch das Programm führte ChristianSchruff, der auch das Programm zusammengestellthatte. Ein Programmpunkt war die Eisengießereivon Mossolow.2 Vgl. Wolfgang Mende: „Zensur-Klas senkampf-Säuberung-Beugung-Strafverfolgung. AleksandrMossolov und Nikolaj Roslavec im repressivenNetzwerk der sowjetischen Musikpolitik“. In: Frie-drich Geiger, Eckhard John: Musik zwischen Emi-gration und Stalinismus, Stuttgart/Weimar, 2004,S. 70 ff. 3 Bei einer Schulaufführung am 21.3.2007 wirktedas Jazzorchester Prokopätz mit. Der Leiter desEnsembles, Hannes Zerbe, hatte die Maschinenmu-sik für Bigband bearbeitet. Der Ablauf dieses Kon-zerts war dem ersten Konzert ähnlich. Zusätzlichkonnten die Klangmaschinen hier ihre Geräuscheeingefügten Part erklingen lassen. Die gesamteProjektarbeit und das Schulkonzert wurden durchdas Quartiersmanagement Pankstraße, einer Orga-nisation, die soziale Projekte in einem schwierigenWohngebiet unterstützt, gefördert.4 Klaus Schneider: Lexikon Programmmusik. Stoffe und Motive. Kassel u. a. 1999, 176ff.

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Alexander Wassiljewitsch Mossolow

(* 11. August 1900 in Kiew; † 12. Juli 1973 in Mo-skau) verbrachte seine Kindheit und Jugend über-wiegend in Moskau, wo er mit den neuesten Strö-

mungen der russischen Musikszene in Berührung kam. Bevor er seineStudien begann, kämpfte er von 1918 bis 1920 in der Roten Armee. Von1921 bis 1925 studierte er Klavier und Komposition am Moskauer Kon-servatorium. und trat In den 1920er Jahren oft als Pianist auf undbetätigte sich als Rezensent. Mossolow engagierte sich in der 1924 ge-gründeten ASM (Assoziation für zeitgenössische Musik), was ihm dieFeindschaft mit Vertretern der RAPM (Russischen Assoziation proletari-scher Musiker) einbrachte, von denen er öffentlich diffamiert wurde.

Zeitweise wurden seine Werke nicht mehr aufgeführt. Als sich diesesProblem mit der Auflösung beider Vereinigungen Anfang der 1930erJahre erledigt hatte, geriet Mossolow in Konflikt mit dem Staat, da sichsein Personalstil nicht mit der Ästhetik des Sozialistischen Realismusvereinbaren ließ. Im November 1937 wurde Mossolow daher als ver-meintlicher Konterrevolutionär verhaftet und zu acht Jahren harterZwangsarbeit verurteilt. Doch im August 1938 erreichten seine LehrerGlière und Mjaskowski durch persönliche Intervention, dass er begnadigtwurde und seine Strafe auf eine fünfjährige Verbannung aus Moskau, Le-ningrad und Kiew verringert wurde. Von dieser Zeit an besuchte Mosso-low häufig entlegene Gebiete der UdSSR wie Usbekistan und Kirgisien,um Volkslieder zu sammeln. Später ließ er sich wieder in Moskau niederund führte ein unauffälliges Leben, ohne ein weiteres Mal mit der Staats-macht in Konflikt zu geraten. Freilich wurden nur wenige seiner Kompo-sitionen aufgeführt. Nach seinem Tode wurde Mossolow rehabilitiert.

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Kurz-Zitate aus:

Eisengießerei Alexander Mossolow, 1928

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