Chronik der 80’er Jahre - dresdner-schachbund.dedresdner-schachbund.de/onewebmedia/marathon.pdf · Zsofia und Judit Polgar . Zsuzsa, die älteste der drei symphatischen Polgar-Schwestern,

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  • Die Geschichte des Marathon-Blitzschachs

    Chronik der 80er Jahre

    von Manfred Kalmutzki, Ehrenprsident des Dresdner Schachbundes e. V.

    Anfang der 80er Jahre vereinigten sich einige Leistungstrger des Blitzschachs der Stadt Dresden in der Schachsektion Mikroelektronik Dresden mit dem Ziel, bei DDR-Mannschafts- und einzelmeisterschaften erfolgreicher abzuschneiden. Vielstndiges Training brachte Rdiger S c h t t i g, einem aus Grorhrsdorf (bei Dresden) stammenden Blitzschachenthusiasten auf die Idee, die Marathondistanz im zeitlichen Sinne auf das Blitzschach zu bertragen. So wurde der Gedanke zur Austragung eines MARATHON Blitzschachturniers geboren Mikroelektronik Dresden ihren Weg zur DDR-Spitze allerdings von ganz unten, in der Kreisklasse beginnen. Es gab weder vom Stadtfachausschuss (SFA) noch vom Bezirksfachausschuss (BFA) Zustimmungen zu deren Antrgen auf Einordnung in die Bezirksliga. Sicher war das auch ein Grund dafr, weshalb

    die Marathonturniere zunchst in vlliger Eigenregie von Mikroelektronik organisiert und durchgefhrt wurden.

    Zur Weltpremiere im Februar 1985 starteten einschlielich des Initiators und Turnierleiters Rdiger Schttig 49 Aktive, unter ihnen Zsuzsa, Zsofia undJudit Polgar . Zsuzsa, die lteste der drei symphatischen Polgar-Schwestern, gewann dieses Turnier mit klarem Vorsprung. (1)

    Hier die weitere Platzierung, die von Turnierleiter Rdiger Schttig in der Zeitschrift Schach verffentlicht wurde.

  • Alle Marathonturniere der 80er Jahre wurden immer anlsslich des Jahrestages der Zerstrung Dresdens durchgefhrt.

  • Am 15./16. Februar 1986 folgten der Einladung 83 Akteure. Und abermals distanzierte die talentierte Zsuzsa Polgar in dem 24-Stunden-Marathon das gesamte Teilnehmerfeld. Whrend sie im Vorjahr 7 Punkte Vorsprung hatte, waren es in diesem Jahr sogar 9 Punkte.

    Was ist denn das Besondere an diesem Turnier?

    Das Turnier hat einen hohen Schauwert und bietet auerordentlich gnstige Werbemglichkeiten.

    Der gesamte Ablauf des Turniers ist computergesteuert und die Turnierleitung verfgt ber eine zuverlssig arbeitende Software.

    Es ist der Treffpunkt von Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur.

    Die Medien knnen darber sehr spektakulr berichten.

    Es gibt gleichzeitig Einzel- und Mannschaftswertung.

    Blitzfans knnen sich mal richtig austoben. (1)

    Und die steigenden Teilnehmerzahlen beweisen es.

    Und nach 49 im Jahre 1985, 83 im Jahre 1986 hatte Rdiger Schttig fr 1987 schon mit 101 Marathonblitzern geplant (siehe nebenstehenden Artikel).

    Es wurden dann aber sogar 111 !

    Aber so perfekt und professionell die Veranstaltung von der Anmeldung bis zur letzten Partie ber 24 Stunden ablief, so tauchte am Schluss ein Problem auf, mit dem man absolut nicht gerechnet hatte. Da hatte sich doch wirklich eine Mannschaft in das Turnier geschmuggelt, die nach den Bestimmungen des DTSB da gar nichts zu suchen hatte.

    Da konnten sich Vereine, Stdte, aber auch 4 Spieler zu Mannschaften mit Phantasienamen, z. B. Tote Hosen zusammentun. Und da passierte es, dass pltzlich eine Mannschaft mit dem Namen Untere Elbe mitspielte.

    Dresden und Hamburg waren doch noch gar keine Partnerstdte. Natrlich gab es rger, dass dem

  • Veranstalter so etwas passierte und schlielich war es fr Rdiger Schttig nun wohl der letzte Grund, um nach Westberlin auszusiedeln.

    So lautete dann die offizielle Pressemeldung (ein Glck, dass sich die Untere Elbe nicht unter den Erstplatzierten befand).

    Um den Gedanken des MARATHON-Blitzschachs in Dresden aber nicht untergehen zu lassen, bernahm nun der Stadtfachausschuss gemeinsam mit Mikro Dresden dieses Turnier.

    Mit der Leitung wurde Hans-Wolfgang Walther beauftragt, der auch gleich eine gute Idee hatte. Auf Anregung des neuen Turnierleiters wurden nmlich fr 1988 neben Leistungstrgern erstmals alle Interessenten der unteren Klassen und Nichtorganisierte zur Teilnahme zugelassen. Und man kann heute einschtzen, dass dadurch der Durchbruch zur hchsten Popularitt fr diese Turnierform erreicht wurde. Damit wurde das Turnier offen fr alle (vom Gromeister bis zum Schachspieler ohne Wertzahl), wodurch die Teilnehmerzahl betrchtlich stieg.

    Die Teilnehmerzahl von 203 Schachfreunden aus 101 Sektionen beweist das sehr eindeutig.

  • Im Jahre 1989 wurde mit 257 Teilnehmern eine neue Hchstmarke erreicht. Auch die Anzahl der Titeltrger stieg weiter an. Das Interesse an Mannschaftsmeldungen ist ebenfalls weiter gestiegen. Zur siegreichen Mannschaft aus Wnsdorf gehrten Kowaljew, Welijew, Tschutscholow und Kalinitschew. Der Zweitplatzierte Lok Karl-Marx-Stadt spielte mit Mirschinka, Pfretzschner, Rsch und Lorenz und beim Gastgeber Mikro Dresden freuten sich Weidlich, Umlauft, Franz und Hiebel ber ihren Bronzerang.

    Die weiteren 5 Dresdner Vertretungen landeten

    Mikro Dresden II mit 275,5 Punkten auf Platz 13

    Post Dresden mit 269 Punkten auf Platz 15

    Lok Dresden mit 261,5 Punkten auf Platz 17

  • Pentacon Dresden mit 218,5 Punkten auf Platz 26

    Mikro III Mit 206,5 Punkten auf Platz 31

    (siehe auch die nachfolgende Pressenotiz)

    In der Ansprache bei der Erffnung des VI. Dresdner Marathonturniers konnte der SFA-Vorsitzende Manfred Kalmutzki Gste aus der Partnerschaft Hamburg, aus weiteren Orten der BRD sowie aus der UdSSR, dem Libanon, Frankreich, der CSSR und Westberlin und als Ehrengste den Begrnder dieses Turniers, Rdiger Schttig, Westberlin, den Vorsitzenden des Hamburger Schachclubs, Herrn Christian Zickelbein und den Geschftsfhrer des Deutschen Schachbundes, Horst Metzing, willkommen heien.

  • Der Vorsitzende des Hamburger Schachclubs 1830, Christian Zickelbein (Mitte), ist als Ehrengast Gesprchspartner von Dr. Michael Schmidt (rechts), der drei Monate spter zum Prsidenten des DSV der DDR gewhlt wurde und Dr. Dirk Jordan (spter Vorsitzender des Dresdner Schachfestival)

    Der Begrnder der Dresdner Marathon-Blitzschachturniere, der Grorhrsdorfer Rdiger Schttig (Westberlin) freut sich darber, dass seine damaligen Schachfreunde seine Idee weitergefhrt haben.

    Ein besonderes Dankeschn ging an den Oberbrgermeister der Stadt Dresden, Wolfgang Berghofer, der die Schirmherrschaft fr dieses Turnier bernommen hat und dessen Gruworte die Stadtrtin, Frau Dr. Heike Vogler, berbrachte.

    Fr dieses VI. Marathonturnier im Jahre 1990 nahmen sich die Organisatoren

    Hans-Wolfgang Walther als Turnierleiter, der Sektionsleiter der BSG Mikroelektronik Dr. Karl-Heinz

    Stegemann als Leiter fr Organisation der DDR-Meister im Blitzschach Johannes Hiebel als

    Technischer Leiter und fr die Bearbeitung des Computerprogramms Jrgen Clemens als Mitarbeiter fr die Bedienung des Rechners und Hans Bodach als Beauftragten fr Presse und Information

    vor, einen Guinness-Rekord aufzustellen.

  • Dr. Karl-Heinz Stegemann, Sektionsleiter der BSG Mikroelektronik, Leiter fr Organisation (links), Johannes Hiebel, Technischer Leiter (Mitte) und Jrgen Clemens, Bediener des Computerprogramms (links) sorgen fr einen perfekten Ablauf bei den 15711 Partien whrend des 24-Stunden-Marathons

    Und das Vorhaben gelang!

    Mehr als 300 Blitzer spielten in 24 Stunden je 100 Blitzpar tien!

    Mit den nachfolgenden Fotos werden einige Eindrcke vom Turnier in den Ausstellungshallen am Fucikplatz vermittelt:

    Das Medieninteresse war sehr gro. Heinz Ruhnau gab folgende Einschtzung:

  • Blitze zndeten 24 Stunden lang"

    Als die Schachfreunde der BSG Mikroelektronik Dresden im Februar 1985 zum erstenmal zum Schach-Marathon eingeladen hatten, rmpften viele noch die Nase und bezeichneten das Vorhaben als sportlich unseris. Das 24-Stunden-Blitzturnier war noch nicht gesellschaftsfhig. Allerdings lie die Begeisterung der Schachsportler zwischen Ostseekste und Erzgebirgskamm sogar ber Landesgrenzen, gepaart mit der Beharrlichkeit der Organisatoren, diese Veranstaltung bis zur diesjhrigen fnften Auflage zu einem Wettkampf werden, der aus dem Schachterminkalender nicht mehr wegzudenken ist und der seinesgleichen in der Welt sucht.......Ein echter Konditionstest. Konzentrationszwang unter physischer Belastung. Ein toller Spa. Die 16. Stunde hatte es in sich; so lauteten einige Kommentare nach der durchspielten Nacht.......

    Von besonderer Bedeutung war auch, inwieweit man bis zum Ende durchhielt.

    Nach den 5 Vorrundengruppenspielen jedes Aktiven zu je 15 Partien gab es folgende

    Reihenfolge:

    1. Robert Rabiega Westberlin 72,5 Punkte

    2. Aleksander Ryskin Minsk 71,0 Punkte

    3. Johannes Hiebel Mikro Dresden 69,5 Punkte

    4. Harald Darius Strbeck 69,0 Punkte

    5. Rdiger Schttig Westberlin 69,0 Punkte

    6. Alexander Goldberg Post Dresden 68,5 Punkte

    7. Th. Reich Bayern Mnchen 68,5 Punkte

    8. I. Durnojanow Nikolaew 68,0 Punkte

    9. Thomas Casper BK Leipzig 67,5 Punkte

    10. Rachmangulow Nikolaew 66,5 Punkte

    11. Jar. Kalivoda Prag 66,5 Punkte

    12. W. Schubak Nikolaew 66,0 Punkte

    13. Karsten Schulz Fortschritt Cottbus 65,5 Punkte

    14. H.J. Meiner Empor HO Berlin 65,0 Punkte

    15. Gnther Beikert Viernheim 64,5 Punkte

  • In der Finalrunde traten nun aber noch mal die bis dahin vorn liegenden Spieler an, um die restlichen 31 Partien zu absolvieren. Da stellte sich die Tabelle beinahe auf den Kopf, denn den lngsten Atem hatte Gnther Beikert aus Viernheim bei Mannheim, der sich mit 23,5 Punkten den 1. Platz sicherte. Einen groen Sprung vom 10. auf den Silberrang (23 Punkte) machte Rachmangulow (SU Nikolaew). Robert Rabiega rettete sich wenigstens mit 20 Punkten auf den 3. Platz. Harald Darius (Strbeck) konnte seinen 4. Platz aus dem Vorkampf besttigen und die Lokalmatadoren Alexander Goldberg (Post Dresden) und Johannes Hiebel (Mikro Dresden), der noch nebenbei viel zu organisieren hatte, landeten auf den Pltzen 5 und 6. Der im Vorkampf noch auf Platz 2 liegende Aleksander Ryskin (Minsk) rutschte noch auf den 12. Rang und Marathonerfinder Rdiger Schttig (Westberlin) sogar auf Platz 23.

    Gnther Beikert (Viernheim) ist der Sieger des Marathon-Blitzschachturniers 1990 ( Foto Renate Ruhnau)

    Die Reihenfolge der Spitzengruppe:

    1. Gnther Beikert Viernheim 23,5 Punkte

    2. Rachmangulow Nikolaew 23,0 Punkte

    3. Robert Rabiega Westberlin 20,0 Punkte

    4. Harald Darius Strbeck 20,0 Punkte

    5. Alexander Goldberg Post Dresden 19,5 Punkte

    6 Johannes Hiebel Mikro Dresden 19,0 Punkte

  • 7 Manfred Herich Bayern Mnchen 19,0 Punkte

    8 I. Durnojanow SU Nikolaew 18,5 Punkte

    9 Thomas Casper BK Leipzig 18,5 Punkte

    10. W. Schubak SU Nikolaew 18,0 Punkte

    11. Karsten Schulz Fortschritt Cottbus 18,0 Punkte

    12. Aleksander Ryskin SU Minsk 17,5 Punkte

    13. Jar. Kalivoda CSSR Prag 17,0 Punkte

    14. Rudolf Bruning SV Tbingen 16,5 Punkte

    15. Torsten Sarbok Aktivist Senftenberg 16,0 Punkte

    16. Eduard Rayski SU Minsk 16,0 Punkte

    17. Gnter Weidlich Mikro Dresden 16,0 Punkte

    18. M. Klostermann Bremen 16,0 Punkte

    80 Sportfreunde und 7 Mannschaften erhielten einen Preis.

    Das Siegerfoto (von rechts): Johannes Hiebel, Mikro Dresden (6.), Robert Rabiega , Westberlin (3.), Gnther Beikert, Viernheim (1.), Rachmangulow, Nikolaew (2.), Harald Darius, Strbeck (4.), Alexander Goldberg, Post Dresden (5.)

    In der Mannschaftswertung gewann berlegen das Team Westberlin in der Besetzung Rdiger Schttig, Robert Rabiega, St. Lffler und J. Urban, vor einem Team, das sich bezeichnenderweise Die toten Hosen nannte und zu dem die Cottbusser Christian Troyke und Karsten Schulz, R. Brmel und der Strbecker Harald Darius gehrten, der SU-Mannschaft Nikolajew mit Rachmangulow, Durnojanow, Shmirin und Schubak sowie dem Gastgeber Mikroelektronik Dresden in der Besetzung Hiebel, Weidlich, Franz und Bhm. Es folgten Bk Leipzig, Aktivist Senftenberg, KA Lichtenberg, Dinamo

  • (2x Minsk + 2x Merseburg), Bayern Mnchen, Empor HO Berlin, WBK Halle-Neustadt, Randspringer Erfurt, Lokomotive Dresden und weiteren 26 Teams.

    Beste weibliche Teilnehmerin wurde Britta Schumache r (Traktor Dresden)

    Der 7-jhrige Ettienne Bacrot aus Albert (Frankrei ch) war nicht zu bremsen.

    Der gerade erst 7 Jahre alt gewordene Etienne Bacrot aus Albert (Frankreich) wurde zum weltjngsten MARATHON Blitzschachspezialistenn denn er unterbot den Dresdner Rekord von Judit Polgar, die 1985 8 Jahre zhlte. Vater Bacrot konnte die geplante nchtliche Schlafpause fr seinen Sohn nicht einhalten, weil Etienne nicht

  • mde war. Selbst in der letzten Runde holte er noch 16,5 von 27 mglichen

    Punkten.

    So wurde das VI. Marathonturnier zum Grten Blitzschachturnier der Welt unter den Bedingungen einer 24-stndigen Distanz und in das Guinness-Buch der Rekorde 1992 aufgenommen. Schon 1991 erfolgte die Aufnahme in das Lexikon der Superlative: 304 Teilnehmer spielten 15711 Blitzschachpartien. Turnierleiter Hans-Wolfgang Walther krnte damit sein Engagement fr die Weiterfhrung des Turniers nach 1987, das natrlich auch ein wenig anstrengend war.

  • Von 1985 1990 wurde die Marathonturniere immer im Februar anlsslich des Jahrestages der Zerstrung Dresdens durchgefhrt (Anlage 1). 1991 ist es ausgefallen und ab 1992 erfolgte ihre Einordnung in die Dresdener Schachfestivals

    (1) Aufzeichnungen von Hans-Wolfgang Walther, Turnierleiter der Marathonturniere