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TrigonThemen 02 | 2013 Coaching: Einblicke & Ausblicke Selbstorganisation und Stressbewältigung ........................................... 02 Von der Falle „Führungskraft als Coach“ ............................................. 03 Reflexionsfragen zwischen den Coachings ........................................... 05 Vier Perspektiven im und auf Coaching ............................................... 07 Testverfahren im Coaching ................................................................... 09 Coaching wirkt! .................................................................................... 10

Coaching: Einblicke & Ausblicke - Trigon · Coaching setzt voraus, dass die Berufsrolle und die persönlichen, emotionalen und Verhaltensanteile miteinander berücksichtigt werden

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Page 1: Coaching: Einblicke & Ausblicke - Trigon · Coaching setzt voraus, dass die Berufsrolle und die persönlichen, emotionalen und Verhaltensanteile miteinander berücksichtigt werden

TrigonThemen 02 | 2013

Coaching:Einblicke & AusblickeSelbstorganisation und Stressbewältigung ........................................... 02

Von der Falle „Führungskraft als Coach“ ............................................. 03

Reflexionsfragen zwischen den Coachings ........................................... 05

Vier Perspektiven im und auf Coaching ............................................... 07

Testverfahren im Coaching ................................................................... 09

Coaching wirkt! .................................................................................... 10

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TrigonThemen 02|2013Coaching – Einblicke & Ausblicke02

Editorial: Coaching – Einblicke & Ausblicke

Liebe Leserin, lieber Leser!Im Frühjahr fand die Coaching-Konferenz Fit forfuture zum 20-Jahres-Jubiläum der Trigon-Coaching-Lehrgänge und -Weiterbildung statt. Leiter der Coa-ching-Konferenz war Werner Vogelauer, der auch den50. Coaching-Lehrgang feierte.Die Konferenz zeigte neue Aspekte und wichtigeThemen der zukünftigen Coaching-Ära auf. Was istaus den heutigen Erfahrungen im Coaching für dasMorgen abzuleiten? Welche Fragen werden heute

„Selbstmanagement“ verdrängt „Stressbewältigung“ zusehendsvon der Hitliste der häufigsten Kundenthemen im Coaching. Diebeiden Herausforderungen haben mehr gemeinsam als anfangsoft sichtbar ist und können daher auch gemeinsam als Ziel imCoaching-Prozess bearbeitet werden.

Johannes Narbeshuber

Selbstorganisation und Stressbewältigung:„Mindfulness als Schlüssel zum Transfer“

schon aufgeworfen, die für die Zukunft relevantwerden? Welche Lichter für die kommende Coaching-Arbeit werden am Horizont jetzt schon sichtbar?In den folgenden Beiträgen gehen wir diesen Fragenauf den Grund und versuchen, Antworten daraufzu finden. Wir wünschen Ihnen bei der Lektüre in-teressante Einblicke für Ihre Praxis – als Coach, alsPersonalentwickler/in oder als Führungskraft. Wer-ner Vogelauer, Erwin Huber und Werner Leeb!

Überbelastung ist tabu – SelbstoptimierunglegitimAnne P. ist General Manager für Deutschland einesinternationalen Unternehmens und über die Maßenerfolgreich. Ein paar irritierende Rückmeldungen inder letzten Zeit haben ihr aber aufgezeigt: Sie arbeitetam Anschlag. Auf Dauer geht es so nicht mehr weiter.Ihr klares Lösungsbild: Ich muss noch effizienter wer-den. Ihre Herangehensweise ist symptomatisch.Die sechste große Trigon-Befragung zum ThemaCoaching (Vogelauer, 2013) zeigt deutlich: Stressbe-

arbeitung, Work-Life-Balance, Burnout-Präventionwerden von Coaching-Kunden immer seltener the-matisiert. Dieser Themenkomplex landete 2007 aufPlatz 4 jener Gründe, Coaching in Anspruch zu neh-men. 2012 ist er aus dem Ranking verschwunden.Auf Platz 4 der Befragung liegen nun die ThemenArbeitsorganisation und Selbstmanagement.Stress?, so Anne P., Das ist für mich kein Thema! Stressbrauche ich sogar, um gut zu sein. Diesen Motor lasse ichmir nicht wegnehmen! Das ist kein Einzelfall. Die Burn-out-Raten steigen, die mediale Berichterstattung

J. Narbeshuber

PersönlichePräsenz undmentale Selbst-disziplin alswesentlicherNutzen

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TrigonThemen 02|2013 Coaching – Einblicke & Ausblicke 03

Die erhöhteSelbstwahr-nehmungermöglicht,auch anfangsVerdrängtes gutzu bearbeiten

dazu ebenso. Die Bereitschaft, auf das Thema rechtzei-tig zu achten, steigt dadurch nicht automatisch.Schließlich hat ja auch der erlebte Druck in den letztenJahren zugenommen. Eins fügt sich ins andere. Effizi-enter kommunizieren konkretisiert Anne P. ihr Ziel.Konzentrierter bei der Sache bleiben. In Gesprächen dieAufmerksamkeit und den roten Faden halten.An den wissenschaftlichen Ergebnissen zum ThemaMindfulness (deutsch: Achtsamkeit), Meditation undmentaler Selbstoptimierung zeigt sie großes Interes-se. Dass die diesbezügliche Forschung an Universitä-ten wie Harvard und Stanford betrieben und vonUnternehmen wie Google systematisch aufgenom-men und genutzt wird, trägt ein Übriges dazu bei.

Lektüre und praktische Übungen zwischen denCoaching-Sequenzen

Gemeinsam mit dem Coach identifiziert Anne P.Übungen, die ihr besonders leicht fallen und ihrweiterhelfen, in ihrer Arbeit präsenter, klarer undwacher zu sein, etwa einfache Atemübungen, einentäglichen Kurzeintrag in ein Reflexionstagebuch oderden Bodyscan. Sie berichtet zu Beginn jeder Coaching-Sequenz kurz von ihren Erfahrungen und entwickeltam Ende der Sequenz in fünf bis zehn Minuten Ideen,wie sie die neu erworbenen Kompetenzen in ihremFührungsalltag weiter integrieren und vertiefen kann.Dazwischen findet das ganz normale Coaching statt,in dem Aspekte wie Kommunikation und eben Ar-beitsorganisation bearbeitet werden. Dem Lernstilvon Anne P. entspricht es, sich dem Thema auch auseiner theoretischen Perspektive anzunähern. Beglei-tend zum Coaching-Prozess liest sie deshalb Search

Inside Yourself (Tan, 2012), eine zugleich fundierteund pragmatische Einführung in Mindfulness ausder Perspektive eines Ingenieurs bei Google.Andere Personen profitieren von Anne P.‘s wachsen-der Aufmerksamkeit. Sie berichtet im Coachingimmer wieder von konkreten Rückmeldungen dazu.Die Erweiterung ihrer Selbstwahrnehmung berei-chert außerdem die Arbeit in den Coaching-Sequen-zen: Anne P. stellt zur Halbzeit des auf 9 Einheitenausgelegten Prozesses erstmals auch die Verbindungihrer Situation mit dem Thema Stress und Überfor-derung her. Sie nimmt eine weitere Buchempfeh-lung an, die sie zu Beginn des Prozesses möglicherweiseentrüstet von sich gewiesen hätte. Einfache neuro-physiologische Zusammenhänge sind ihr schon ausSearch Inside Yourself bekannt. Stress Balance vonRudi Ballreich (2009) stellt leicht lesbar und anschau-lich die Verbindung zu den Mühlen des Stress und zuWegen aus der Stressfalle dar.Dadurch angeregt, setzt sich Anne P. ergänzendzu ihrer mentalen Entwicklungsarbeit, nun auchmit den Rahmenbedingungen und Verhaltens-weisen auseinander, die bei ihr bislang Stress undÜberbelastung ausgelöst haben. Im Coaching ent-wickelt sie praktische Wege, diese nun ebenfallszu ändern.

Coaching ist seit den 90-er Jahren ein ständig wachsenderBereich in der Entwicklung von Personen. Hin und wieder wirdCoaching auch als Führungsinstrument eingesetzt. Fördern undFordern aus der Hierarchie ist aber mit Coaching unvereinbar.

Werner Vogelauer

Von der Falle „Führungskraft als Coach“

W. Vogelauer

Insbesondere Führungskräfte nutzen das Coachingzur Entwicklung ihrer sozialen Kompetenzen – unddas auch mit Erfolg. In manchen Fällen setzen Füh-

rungskräfte Coaching jedoch gerne auch als Füh-rungsinstrument ein. Das ist sowohl aus ethischen alsauch organisatorischen Gründen abzulehnen.

LiteraturBallreich, R./W. Held/M. Leschke (2009): Stress Balance.

Wege zu mehr Lebensqualität. Esslingen.Tan, C.-M. (2012): Search Inside Yourself. München.Vogelauer, W. (2013): Coaching-Praxis. Das Trigon-

Modell: Konzeption und Methoden. Weinheim undBasel.

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TrigonThemen 02|2013Coaching – Einblicke & Ausblicke04

Keine Zwangs-beziehung durchdie Hierarchie undkeine Ziele durchden Vorgesetzten

SozialeKompetenz alsRessource fürFührungs-Zukunft

Führungskräfte als Coach tappen zwangsläufig in fol-gende Fallen:

1. Falle: Zwangsbeziehung durch HierarchieEines der Grundprinzipien des Coachings ist dieFreiwilligkeit und Selbstverantwortlichkeit desKunden, in dem Fall sind es die MitarbeiterInnen.Will eine Führungskraft ihre/seine MitarbeiterIn-nen coachen, können sie dies aufgrund der hierar-chischen Beziehung kaum ablehnen. Somit ent-stünde ein Abhängigkeitsverhältnis im Coaching.

2. Falle: Zielvorgaben durch VorgesetztenZiele, die eine Führungskraft für ihre Mitarbeite-rInnen festlegt, gehören konstellationsbedingtnicht ins Coaching. Im Coaching stehen im Sinneder Autonomie, die Ziele des Mitarbeiters/der Mit-arbeiterin im Vordergrund – nicht aber die Zieledes Vorgesetzten, deren Erreichung er bei seinenMitarbeiterInnen durchsetzen möchte.

3. Falle: Grandiosität (Besserwisserei) des Vorge-setztenGefährlich ist der Glaube einer Führungskraft anihr eigenes Mehr- und Besser-Wissen gegenüberdem der MitarbeiterInnen. Das kann leicht in dieSackgasse des ständigen Vorschlagens und Besser-wissens führen, etwa wie MitarbeiterInnen vorzu-gehen, sich zu verhalten oder sich zu organisierenhaben. Damit werden die Ressourcen der Mitar-beiterInnen nicht gestärkt.

4. Falle: Subjektive Vorprägungen des VorgesetztenEin Coach hat beim Erstkontakt kaum Vorerfah-rungen mit dem Coachee. Er begegnet ihm daher,soweit dies überhaupt möglich ist, vorurteilsfrei –was für das Coaching sehr wichtig ist. Eine Füh-rungskraft hat mit dem Mitarbeiter allerdings eineVorgeschichte, die Vorurteile noch unbewusst för-dert und daher im Coaching zum Hindernis wer-den. Wenn im Coaching Schwachstellen des Mit-arbeiters zum Vorschein kommen, kann eine Füh-rungskraft nur theoretisch vorurteilsfrei bleiben.Unterschiedlichste Bilder über die andere Personsind innerlich abgespeichert und werden –besonders in Ärger- oder Stresssituationen – wirk-sam! Nutzt die Führungskraft bestimmte Kennt-

nisse – auch unbewusst – und wirft sie diese demMitarbeiter auch noch vor, ist die Vertrauensbezie-hung stark beeinträchtigt und damit das Ende ei-nes sinnvollen Coaching-Prozesses absehbar – daCoaching Vertrauensarbeit ist.

5. Falle: Driften zu Sachproblemen und in Me-thodikenCoaching setzt voraus, dass die Berufsrolle und diepersönlichen, emotionalen und Verhaltensanteilemiteinander berücksichtigt werden. Die Erfahrungzeigt, dass Führungskräfte gerne die Beziehungs-und Emotionsebene – auch aus einer gewissen Un-sicherheit heraus – ausklammern. Die Gefahr be-steht, dass man sich nur mehr mit Methoden aus-einandersetzt und damit in die bloße Auseinan-dersetzung um Sachfragen abdriftet. Das ist nichtdie Lösung.

Führungskräfte sollten daher nicht als Coaches ge-genüber ihren MitarbeiterInnen auftreten. Sie soll-ten aber ihre soziale Kompetenz und Empathie wei-terentwickeln. Dazu zählen vor allem:a) Zuhören, auf MitarbeiterInnen eingehen.b) Offene Fragen zur Ermittlung einer Situation

bzw. eines Problems stellen.c) Verständnis entwickeln für die Ideen von

MitarbeiterInnen und diese fördern.d) Spiegeln, Konfrontieren und Hinterfragen von

Aussagen, die die MitarbeiterInnen treffen.e) Emotionen rechtzeitig erkennen und anspre-

chen.f ) Angebote an Methoden und Instrumenten zur

Verfügung stellen, die helfen, eine Situation(gemeinsam) zu analysieren.

g) Zurückhalten eigener und fertiger Ideen, um sodie MitarbeiterInnen-Kompetenz mehr zufordern.

Die soziale Kompetenz und Empathie wirkt aufbau-end, fokussierend, konkretisierend und beziehungsstär-kend. MitarbeiterInnen zu fördern und zu fordernbedeutet gleichzeitig, Empathie und Distanz zu ent-wickeln. Coaching ist kein geeignetes Führungsinstru-ment. Die Führungskraft selbst kann aber sehr wohlmit einem professionellen Coach ihre Führungssituati-on reflektieren und rollenkonform entwickeln.

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TrigonThemen 02|2013 Coaching – Einblicke & Ausblicke 05

Schriftlichkeitfordert Klarheit

Tagesgeschäftholt Führungs-kräfte ein

Coachings setzen Entwicklung in Gang. Wie kann man als Coachdie Verarbeitung und Selbstreflexion zwischen den Einheitenverstärken? Wie dazu beitragen, dass die Entwicklungsthemenüber drei bis vier Wochen beim Coachee präsent bleiben?

Erwin Huber

Reflexionsfragen zwischen den Coachings –Was können sie bewirken?

E. Huber

Führungskräfte, die zu mir ins Coaching kommen,wollen meist Sachthemen aufgreifen, aber auch ihrFührungsverhalten reflektieren und weiterentwickeln.Jedes Verhalten ist eng mit der Persönlichkeit ver-bunden. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich mitden eigenen Gefühlen, Bedürfnissen, Ängsten undhinderlichen Mustern auseinanderzusetzen, um da-mit zwischenmenschliche Dynamiken besser verste-hen zu können. Die Coachingeinheiten werdendurch das Aufgreifen und bewusstes Ansprechen die-ser Themen intensiver und bringen Vieles in Bewe-gung. Es kommen innere Verarbeitungsprozesse inGang, die dann auch im Anschluss an das Coaching-Gespräch Raum und kontinuierliche Bearbeitungbrauchen.Zwischen den Coachingeinheiten liegt meist ein zeit-licher Abstand von drei bis fünf Wochen. GeradeFührungskräfte werden nach einem Coaching raschwieder vom Tagesgeschäft eingeholt. Das kann dazubeitragen, dass die Auseinandersetzung mit den an-stehenden Entwicklungsthemen wieder überlagertwird und zwischen den Einheiten an Intensität undBewusstheit verliert.

Reflexionsfragen steigern ProzessintensitätIch suchte für mich als Coach nach einer Möglich-keit, die Entwicklung, die im Coaching bei meinenKlienten in Gang gesetzt wurde, auch zwischen denCoaching-Terminen mit einer entsprechenden Inten-sität aufrecht zu erhalten und begann, intensiv mitReflexionsfragen zu arbeiten. Ich frage seitdem denCoachee in der ersten Coaching-Einheit, ob er ein-verstanden ist, wenn ich ihm drei bis vier Tage nachjedem Coaching drei Reflexionsfragen zusende.Ebenso frage ich nach seiner Bereitschaft, diese Fra-gen binnen zehn Tagen nach dem Coaching zu be-antworten. Durch die Beschäftigung mit den Refle-xionsfragen interveniere ich beim Coachee somit, dasssich innere Dialoge entwickeln, sich die Selbstreflexi-

on verstärkt und Verarbeitungs- und Ordnungspro-zesse unterstützt werden.

Schriftliche Beantwortung als MehrwertDie Coachees erachten diese Reflexionsfragen in derRegel als klaren Mehrwert. Die Fragen helfen mir,den Effekt des Coachings zu intensivieren und die The-men länger im Kopf zu behalten. Die Fragen sind oftherausfordernd und arbeiten in mir., war die Reso-nanz. Für manche Coachees war die schriftliche Be-antwortung der Fragen in der ersten Phase nicht ganzleicht. Ich konnte im Verlauf des Coaching-Prozessesaber beobachten, dass die schriftlichen Antwortenumfassender und tiefgreifender wurden.Bestätigt bekam ich auch, dass die Verschriftlichungnochmals dabei unterstützt, in die innere Klarheit zukommen und das auch einforderte. Für mich alsCoach sind die schriftlichen Antworten deshalb wert-voll, weil ich dadurch sehen kann, wo der Coachee inHinblick auf die Verarbeitung seiner Themen geradesteht, welche Themen ihn bewegen und in welcherWeise dies erfolgt. Zu beachten ist, dass die Ausein-andersetzung des Coachee mit sich selbst eine gewis-se Eigenzeitlichkeit hat und man dabei nichts forcie-ren sollte. Die Antworten kommen dann, wenn siereif sind.

Der positive Effekt der ReflexionsfragenNachfolgender Auszug aus einem Feedback unter-stützt das Gesagte nochmals:Die Fragen fordern mich, über mich, mein Verhalten,meine Bedürfnisse und Vorstellungen sowie Vorgehens-weisen nachzudenken. Ich habe die Antworten nichtsofort vor Augen. Die Fragen arbeiten in mir und ichdenke immer wieder bei den unterschiedlichsten Tä-tigkeiten darüber nach (Autofahren, Kochen, Einkau-fen, Laufen...). Ich beobachte mich und versuche zuanalysieren, warum meine Reaktionen in gewissen Si-tuationen so sind wie sie sind.

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TrigonThemen 02|2013Coaching – Einblicke & Ausblicke06

„Rollierende“Auseinander-setzung

Fragen lenkenFokus: So könnendrei Monateüberbrücktwerden

Beispiele für Reflexionsfragen1.Im letzten Coaching haben wir eine Dynamik of-

fengelegt, in die Sie immer wieder kommen – wür-den Sie diese im Kern bitte nochmals beschreiben?

2.Was spielt sich bei Ihnen in diesen Situationen in-nerlich ab? Welche Gefühle, Bedürfnisse und Ängs-te melden sich? Welche körperlichen Empfindun-gen haben Sie in diesen Situationen?

3.Zu welchem Verhalten, zu welchen Handlungentreibt Sie das dann?

Weitere drei Fragen habe ich der gleichen Coacheenach einem längeren Urlaub gestellt. Ich wollte beiihr anregen, wieder eine bewusste Verbindung mitihrem Entwicklungsprozess herzustellen. Die ange-führten Fragen dienten gleichzeitig auch als Anknüp-fungspunkt für das nächste Coaching:1.Was ist Ihnen, seit Sie wieder aus dem Urlaub zu-

rück sind, gelungen? (Auch kleine Erfolge zählen!)Was genau haben Sie anders gemacht?

2.Was haben Sie sich für diese und die nächste Wo-che vorgenommen? Was wollen Sie in Ihren Her-angehensweisen, Haltungen usw. anders machen?

3.Welche Wirkung erwarten Sie sich dadurch?

Möchte ich den Coachee bei der Vertiefung und Aus-einandersetzung mit diesen Fragen noch mehr unter-stützen, kommentiere ich die schriftlichen Antwortenund stelle Zusatzfragen. Das erhöht die Prozessintensi-tät nochmals. Ich überlasse es jedoch dem Coachee, diezusätzlichen Fragen noch vor dem nächsten Coachingzu beantworten, oder sie erst ebendort aufzugreifen.

Die Funktion von Reflexionsfragen undderen schriftliche Beantwortung

• Fördert die Auseinandersetzung mit den Entwick-lungsthemen, intensiviert innere Verarbeitungspro-zesse und trägt zur Selbstreflexion bei.• Erhöht die Intensität des Coaching-Prozesses durchdas, was zwischen den Coachings geschieht.

• Es entstehen Fragen als hilfreiche Anknüpfungs-punkte für das nächste Coaching.

Ferncoaching mittels Reflexionsfragen:Aus der Not eine Tugend gemacht

Eine Fallbeschreibung: Zwei GeschäftsführerInnen flo-gen zu einem Coaching aus Berlin zu mir nach Graz.Wir arbeiteten an zwei aufeinander folgenden Nach-mittagen jeweils vier Stunden. Eine der beiden Perso-nen wollte im Anschluss mit mir an ihren persönlichenMustern und Themen (weiter-)arbeiten. Die Distanzund der Kostenaspekt ließen kein weiteres persönlichesCoaching mehr zu. Ich bot daher das Experiment an,den Coaching-Prozess mit dieser Person in schriftlicherForm durchzuführen. Innerhalb von zwei Monatenergaben sich sechs Schleifen mit Fragen, Antworten,Kommentaren und Zusatzfragen. Die Erfahrung mitdieser Form von Begleitung war bislang durchaus po-sitiv, obwohl durch die schriftliche KommunikationTeilsysteme des Coachees (Gestik, Mimik, Modulation,Stimmung, Emotionen...) abgeschnitten sind.Auch wenn diese Form des Coachings eher die Aus-nahme sein wird, so kann sie bei längeren Abwesen-heiten (z. B. Auslandsaufenthalten) den Coaching-Prozess über drei bis vier Monate ohne weitere per-sönliche Begegnung aufrechterhalten. Dann brauchtes aber auch wieder den persönlichen Kontakt.

VoraussetzungenAls Coach benötigt man eine gute Beziehung undeinen guten Kontakt mit dem Coachee, um sich vonseiner Persönlichkeit, seinen Mustern und Entwick-lungsthemen ein umfassendes Bild machen zu kön-nen. In meinem Fall waren die zwei Coachingeinhei-ten mit den beiden GeschäftsführerInnen so tiefgrei-fend, dass ich mich auf diese Form einlassen konnte.Auf Seiten des Coachees ist es wichtig, dass eine Affi-nität zum Schreiben gegeben ist, damit diese Formdes Ferncoachings auch funktioniert. Diese kann sichim Laufe der Zeit aber auch entwickeln.

Grafik 1: Positiver Effekt von Reflexionsfragen im Coaching-Prozess.Basierend auf einer persönlichen Evaluierung bei 19 Coachees

Inte

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ung Coaching 1 Coaching 2

W1 W2 W3 W4

Zusatzeffekt durch dieMethode „Reflexionsfragen“

Zeit

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TrigonThemen 02|2013 Coaching – Einblicke & Ausblicke 07

Die vierPerspektivenals möglicheEinstiegspunkte

Vielen Coaching-Ansätzen liegt kein solides Modell dermenschlichen Entwicklung zugrunde. Trigon vertritt einensystemisch-entwicklungsorientierten Ansatz, der sich perfektmit der Integralen Theorie Ken Wilbers verbinden lässt.

Hannes Piber

Vier Perspektiven im und auf Coaching

H. Piber

In diesem Beitrag wird die Anwendung der vier Qua-dranten auf verschiedene Coaching-Aspekte beschrie-ben. Ken Wilbers Integrale Theorie gilt heute als um-fassendstes Modell für eine ganzheitliche Entwick-lung von lebenden Systemen.Wilber hat über hundert Entwicklungstheorien stu-diert und herausgefunden, dass sich alle nach vierQuadranten einordnen lassen. Die Quadranten erge-ben sich aus den Polaritäten: individuell versus kol-lektiv sowie innerlich versus äußerlich.

Für das Coaching kann das Quadranten-Modell aufden Coach selbst, auf den Klienten oder auf einenkonkreten Prozess angewendet werden.Coaching beschäftigt sich in erster Linie mit Verän-derung des Klienten. Mit dem Quadranten-Modelllassen sich grundsätzliche Orientierungen bezüglichVeränderung verdeutlichen (vgl. unten). Jede der vierPerspektiven kann ein sinnvoller Einstiegspunkt fürVeränderungen sein. Für den Coach ist es zunächstinteressant, welche Orientierung der Klient vertrittund in welchem Quadranten er Veränderungen er-wartet.Der Coach kann die Klientin einladen, auch anderePerspektiven einzunehmen und darauf verweisen, dasssie (auch) in anderen Quadranten Fortschritte erzie-len kann.

Für Wilber sind die vier Quadranten wesentliche Di-mensionen des Seins. Alle vier Perspektiven mit all ih-ren Wirklichkeiten stehen in Wechselwirkung mitein-ander und entwickeln sich gemeinsam. Manchmal ver-einfache ich dieses Modell, indem ich es ein ICH-WIR-ESModell des Kosmos nenne. (Wilber, 2001)

ResümeeReflexionsfragen sind Transferhilfen, um Erkenntnisseaus dem Coaching ins tägliche Handeln umzusetzen.Reflexionsfragen zwischen den Coachings erhöhen Fre-quenz und Intensität. Sie unterstützen den Coachee

dabei, auf eine Metaebene zu kommen, was eine Vor-aussetzung für Selbstreflektion darstellt. Das erachteich gerade im Zusammenhang mit der Persönlichkeits-entwicklung als hilfreich, es wirkt aber auch bei allenanderen Fragestellungen in positiver Weise.

kollektiv

Veränderungengeschehen durch

Einsichten desKlienten. Das

allein schafft eineneue Zukunft.

inn

erlic

h

äuß

erlic

h

individuell

Veränderungengeschehen durchein neues „Tun“,durch Verhaltens-

änderungen.

Veränderungengeschehen durch

gemeinsameGespräche;

dadurch erhältman Zugang zu

neuen Einsichten.

Veränderungengeschehen durchdie Optimierung

und das Anpasseneines Menschen an

das relevanteSystem.

kollektiv

„ICH“Subjektiver

ErfahrungsraumIntentionalität

inn

erlic

h

äuß

erlic

h

individuell

„ES-singular“Objektiver

ErfahrungsraumIndiv. Verhalten

„DU / WIR“IntersubjektiverErfahrungsraum

Kultur

„ES-plural“Interobjektiver

Erfahrungsraum;Systeme, kollekti-

ves Verhalten

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TrigonThemen 02|2013Coaching – Einblicke & Ausblicke08

Die vierPerspektiveneröffnenMöglichkeitender Veränderung

Die vierPerspektivenerhellen dieKompetenzen

Die vierPerspektivenzeigen diegrundlegendeOrientierung auf

Ein Beispiel: Vertritt ein Kunde die Auffassung, Ver-änderungen geschehen nur durch neues Tun (obenrechts, OR), so wäre es doch gut möglich, dass sie…neue Möglichkeiten entwickelt, sich selbst, andereund die Welt zu erfahren (oben links, OL)durch wirksame Konversation mit dem Coach neueEinsichten gewinnt, wie wichtig vertrauensvolle Be-ziehungen sind (unten links, UL)auf objektivierende Weise zu sehen lernt, dass sie selbstTeil eines größeren Systems ist (unten rechts, UR).

Eine wesentliche Methodik des Coachings ist dasCoaching-Gespräch. Wendet man die vier Perspekti-ven auf die Arbeitsphase eines Coachings an, erge-ben sich z. B. folgende Gesprächsinhalte (siehe nächs-te Seite): Die vier Gesprächsfelder erhellen jeweils eineandere Perspektive des In-der-Welt-Seins. Die Erfah-rung zeigt, dass jeder Mensch einen bevorzugtenSchwerpunkt (Quadranten) hat.

ein interessantes Muster aufgefallen: Klienten schei-nen bestimmte Quadranten in ihren Handlungen zubevorzugen. Wenn wir sie befragten, wie sie in derVergangenheit den Herausforderungen ihres Coaching-Themas begegneten, wurde deutlich, dass sie aus nureinem oder zwei Quadranten heraus agierten.Die Autorinnen entdeckten weiter, wie die Orientie-rung auf einen Quadranten die Wahrnehmung derübrigen Quadranten färbt oder filtert.Dazu ein Beispiel: Wenn ein Klient seine Orientie-rung im OR-Quadranten hat, bezieht er alles aufTaten, Aktionen und Verhalten. Für ihn ist es alsowichtig, Dinge erledigt zu haben.• Von diesem Quadranten auf OL geschaut, ist es fürden Klienten naheliegend, sich zu fragen, was mussich tun, um meine Intentionen, um das, was mirwichtig ist, zu bestimmen?• Von OR aus betrachtet zeigt sich der UL-Quadrantetwa so: Diejenigen, die schnell und gut im Umset-zen sind, will ich in meinem Team haben.• Der Quadrant UR könnte sich aus dem Blickwin-kel des Klienten etwa so darstellen: Das große Ganzezu sehen hilft mir, meinen Teil zu sehen und meineHandlungen danach auszurichten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, der praktischeNutzen der vier Quadranten liegt darin, dass derCoach:a) sich seiner Orientierung bewusst wird und darauf

achtet, keine Perspektive zu bevorzugen,b) dem Klienten mehr Optionen anbietet und ihn

einladen kann, alle Perspektiven einzunehmen,c) dem Kunden die Interdependenzen der vier Qua-

dranten erfahren lassen kann und damit sein syste-misches Verständnis für den Umgang mit Kom-plexität fördert.

Soweit einige Überlegungen zu den Quadranten.Ganzheitlicher wird das Coaching dann, wenn auchdie übrigen Elemente aus Wilbers Integraler Land-karte (Linien, Stufen, Typen und Zustände) einbe-zogen werden.

LiteraturHabecker, M. (2009): Integrales Coaching, basierend auf:Hunt, J./L. Devine/L. Frost (2009): Integral Coaching.

In: Journal of INTEGRAL THEORY andPRACTICE, Spring 2009

Piber, H./T. Kalcher (2007): Integrale Organisationsent-wicklung. In: Ballreich, R./M. Fröse/H. Piber(2007): Organisationsentwicklung und Konfliktma-nagement. Bern

Wilber, K. (2001): Ganzheitlich handeln – Eine integraleVision für Wirtschaft, Politik, Wissenschaft undSpiritualität. Freiamt

Wichtig ist, dass sich der Coach seiner eigenen Ori-entierung bewusst ist und dem Klienten hilft, dasssich auch dieser seiner Orientierung bewusst wird.Sieht man mit den vier Perspektiven auf die Kompe-tenzen des Klienten, die für sein Anliegen/Ziel rele-vant sind, könnten beispielsweise die folgenden Stär-ken deutlich werden.Er weiß, was ihm wichtig ist. Er ist sich seiner Inten-tionen bewusst (OL).Er ist in der Lage, in unterschiedlichen Kontexten zuagieren (OR).Er kann gemeinsam mit anderen Visionen entwickeln(UL).Er kann seine Funktion auf die Ziele der Organisati-on ausrichten (UR).

Bezüglich der Orientierung der Klienten ist Huntund Divine vom Integral Coaching Canada (ICC)

kollektiv

Was zeigt sich jetztbei Ihnen? Wasbedeutet das fürSie? Wie fühlen

Sie sich? Waskommt Ihnen in

den Sinn?

inn

erlic

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hindividuell

Was zeigt sich jetztbei Ihnen? Wasbedeutet das fürSie? Wie fühlen

Sie sich? Waskommt Ihnen in

den Sinn?

Was zeigt sich jetztbei Ihnen? Wasbedeutet das fürSie? Wie fühlen

Sie sich? Waskommt Ihnen in

den Sinn?

Was zeigt sich jetztbei Ihnen? Wasbedeutet das fürSie? Wie fühlen

Sie sich? Waskommt Ihnen in

den Sinn?

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TrigonThemen 02|2013 Coaching – Einblicke & Ausblicke

Tests alsReflexions-unterstützungund möglicheWegweiser fürInterventionen

Den Coacheenicht zum„Objekt“ machenund Achtung vor„Stigmatisierung“

09

Testverfahren boomen, sei es in der Persönlichkeits-,Eignungs- oder Leistungsdiagnostik und interessie-ren immer stärker auch die Beratungs- und Coaching-Branche. Doch was können Testverfahren im Coa-ching überhaupt leisten? Welche Chancen und Risi-ken tun sich mit ihnen auf?

Pro und Contra der DiagnostikDie Systemtheorie stand Diagnosen von jeher skep-tisch gegenüber. Diagnosen implizieren, dass ein objek-tiver Beobachter in der Lage wäre, festzustellen, wasauf Seiten des beobachteten Objekts abläuft – etwas,was bereits die moderne Physik widerlegte. Allein derVorgang der Beobachtung beeinflusst das Beobach-tungsobjekt und mithin das erzielte Ergebnis dessel-ben – wie intensiv muss dieser Effekt erst in sozialenBeziehungen ausfallen!? Diagnostische Verfahren wer-den, gleich, ob sie sich auf Introspektion oder Außen-betrachtung verlassen, zwangsweise ein verzerrtes Bilderzeugen. Im ersten Fall sind es blinde Flecken, im zwei-ten die subjektiv angelegten (Beobachtungs-)Kriteri-en, die eine objektive Wahrheit verwehren. Diagnosti-sche Verfahren, die eine Kategorisierung oder Typisie-rung vornehmen – Personen also in bestimmte Schub-laden werfen –, liefern zwar oft scheinbar plausible,aber meist sträflich vereinfachte Ergebnisse.So wie im klinischen Bereich zum Beispiel die Diag-nose Depression zwar für die behandelnden Ärzte undTherapeuten eine Hilfestellung im Rahmen der darausabgeleiteten Behandlung darstellt, stellt sie für Pati-enten entweder eine Entlastung oder aber Stigmati-sierung dar (Ich bin halt so!).Diagnosen schreiben allzu oft fest und stehen nichtselten einer autonomen Veränderung entgegen. Ausdiesen – aber auch anderen – Gründen (siehe rechts)sollten Testverfahren immer mit Augenmaß und kri-tischer Distanz sowie gründlicher gemeinsamer Ana-lyse mit den Probanden besprochen und reflektiertwerden.

Wann machen Tests im Coaching Sinn?Folgende diagnostischen Verfahren (Tests) können imCoaching verwendet werden: Persönlichkeitstests, Leis-tungs- und Interessenstests. Ergänzend kommen auchpapier- oder computergestützte Assessment-Centersoder biografische Fragebögen zum Einsatz. Die meis-ten basieren auf einer Selbsteinschätzung, webbasierteLösungen ermöglichen zum Teil auch Fremdeinschät-zungen durch eine oder mehrere Personen.• Leistungs- und/oder Interessenstests finden imCoaching primär dann Anwendung, wenn es zumBeispiel um berufliche Orientierung in (meist) jün-geren Jahren geht. Sie dienen dem Coachee, gemein-sam mit dem Coach mögliche Aus- und Weiterbil-dungswege zu explorieren.• Persönlichkeitstests können am Beginn des gemein-samen Coaching-Prozesses äußerst hilfreiche Orientie-rung geben. So lassen sich häufig Situationen oderThemen, die ein Coachee als Problem beschreibt, unteranderem auch auf inadäquate Ausprägungen von Per-sönlichkeitsmerkmalen zurückführen.• Verfahren, die sich Persönlichkeitsfaktoren anse-hen und diese in differenzierter Art und Weise abbil-den (zum Beispiel Bochumer Inventar zur berufsbe-zogenen Persönlichkeitsbeschreibung), können ein äu-ßerst praktisches Instrument für Coach und Coa-chee darstellen, mit welchem hilfreiche Reflexions-,aber auch Interventionsprozesse angestoßen werdenkönnen, zum Beispiel hinsichtlich Führungsmotiva-tion, Perfektionsstreben, Gestaltungsmotivation,Umgang mit Konfliktsituationen, Stress u.v.m. Stan-dardisierte Testverfahren erlauben es zum Beispielfestzustellen, wie ausgeprägt bestimmte Persönlich-keitsfaktoren im Vergleich zum großen Durchschnittliegen. Ist zum Beispiel Gewissenhaftigkeit etwa dieAusprägung, die es ermöglicht, sich ausreichend de-tailliert mit Aufgaben zu beschäftigen, oder aber ent-spricht sie einem so hohen Grad an Perfektionismus,dass es dem Klienten nicht gelingt,

Testverfahren interessieren immer stärker auch die Beratungs-und Coaching-Branche. Über Sinn und Unsinn des Einsatzesvon diagnostischen Testverfahren im Rahmen von Coaching.„Ist der Klient wirklich so, wie der Test sagt?“

Werner A. Leeb

Testverfahren im Coaching

W. Leeb

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TrigonThemen 02|2013Coaching – Einblicke & Ausblicke10

Achten Sie aufseriöse undwissenschaftlichfundierteVerfahren!

Am Ende desCoaching-Prozesses werdendie Ziele undEingangsfragenwieder aufge-nommen

Kunden erreichen durch Coaching spürbare Veränderungenihrer Einstellungen und Möglichkeiten. Dies bestätigt auch dieaktuelle Coaching-Umfrage 2012. Über den Zielerreichungsgradkann man diese Veränderungen auch messen.

Erika Bergner

Coaching wirkt!

E. Bergner

Wirkungen, die über die Zufriedenheit der KundIn-nen hinausgehen und dem Coaching zugeschriebenwerden sind Perspektivenwechsel, Haltungsänderun-gen, Erweiterung der Gesprächsfähigkeiten und er-weiterte Handlungsalternativen. Eine wichtige Grö-ße ist dabei der Zielerreichungsgrad, der in der Befra-gung 2012 erhoben wurde. Zur Evaluierung dereigenen Coaching-Arbeit und zur Qualitätssicherungmachen Trigon-Coaches am Ende eines jeden Coa-

ching-Prozesses eine Auswertung. Dabei wird auf alleSitzungen zurückgeblickt und ein Fazit abgeleitet.Was letztlich im Coaching wirkt, hängt von mehre-ren Kontextvariablen ab. Positive Veränderungen amArbeitsplatz wirken sich ebenso auf den Coaching-Prozess aus wie private Ereignisse.Als Basis zur Überprüfung der Wirksamkeit dienenimmer möglichst anschaulich formulierte Ziele. Dabeiist der Grad der Zielerreichung eine hilfreiche

Dinge abzuschließen, zu delegieren oder etwas auseiner Metaposition anzusehen?• Beliebt sind auch Typentests wie etwa der MBTI®(Myers-Briggs-Typenindikator), der GPOP® (Gol-den Profiler of Personality) oder auch Insights® undandere. Solche Verfahren erheben zwar stimmig un-terschiedliche Faktoren (zum Beispiel die Big Five –Extraversion, Verträglichkeit, Offenheit, Gewissen-haftigkeit, Neurotizismus), nehmen jedoch in einemletzten Schritt eine Typologisierung vor, welche test-psychologisch kritisch zu betrachten ist. So könnenlediglich 2 % Unterschied (49 % vs. 51 %) bedeu-ten, dass ein Proband einmal in diverse Kategoriender Extravertierten (Verkäufer) eingeordnet wird, beieiner nur wenige Stunden oder Tage später durchge-führten neuerlichen Testung in jene der Introvertier-ten (Archivar). Typologisierungen sind zwar ob ihrervermeintlichen Augenscheinlichkeit und Einfachheitsehr beliebt, bergen jedoch wie erwähnt die Gefahrvon Etikettierung in sich. Der Coach ist gerade beisolchen Verfahren gut beraten, das hinterlegte Da-tenmaterial genau anzusehen und sich nicht lediglichauf ein finales Typenprofil zu verlassen. Ähnlichesgilt für projektive Verfahren (Rohrschach etc.), wel-

che darauf abzielen, unbewusste Gegebenheiten desCoachee zu erheben. Aus wissenschaftlicher Sicht sinddiese jedoch äußerst umstritten und sagen mehr überden Interpretierenden als den Bewerteten aus. Wertund Aussagekraft für das Coaching halten sich somitmeist in Grenzen.

Worauf sollte bei Testverfahren undderen Einsatz geachtet werden?

Es sollten nur seriöse, wissenschaftlich fundierte Ver-fahren verwendet werden, die Angaben zu Objekti-vität, Reliabilität, Validität und Normierung liefern.Testverfahren können dann hilfreiche Instrumentedarstellen, wenn beim Klienten vertiefte Reflexions-prozesse angestoßen und entsprechende Verände-rungsmaßnahmen initiiert werden – es sollte jedochimmer die Einzigartigkeit des Klienten und nicht einTestergebnis im Vordergrund stehen!

Quellenhttp://www.psychologytoday.com/blog/minds-work/

200806/the-use-and-misuse-personality-tests-coaching-and-development

Rauen, C. (2002): Tests und Software im Coaching.Coaching-Newsletter, Jg. 2, Dezember 2002.

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TrigonThemen 02|2013 Coaching – Einblicke & Ausblicke 11

Art, um die Wirkung deutlich zu machen. Wichtigist es, am Anfang die Ziele zu präzisieren. Hier kön-nen insbesondere systemische Fragen eingesetzt wer-den: Woran erkennen Sie eine Veränderung in Rich-tung der Ziele? Wer bemerkt das auch noch? – DieseFragen werden am Schluss nochmals überprüft undmit der Ausgangslage verglichen.

Was Coaching-KundInnen sagenAuch Feedbacks von KundInnen, was im Coaching-Prozess wirksam war, gehören zur Evaluierung mei-ner Coaching-Arbeit. Diese Feedbacks werden zumAbschluss jedes Coaching-Prozesses gemacht undsind in den Ergebnissen der Trigon-Coaching-Befra-gung abgebildet.Evaluations-Beispiele meiner KundInnen:• Eine Führungskraft hatte Angst vor einem Burn-out. Sie verfolgte im Coaching das Ziel, einen besse-ren Umgang in diversen Spannungsfeldern zu fin-den und eine geeignete Strategie zur Konfliktlösungzu entwickeln. Als Mitglied der Geschäftsleitungkonnte die Person im Coaching in einer konkretenKonfliktsituation eine andere Haltung und Perspek-tive entwickeln. Es gelang ihr, den Konflikt direktanzusprechen und sich somit vom Druck, der auf ihrlastete, zu befreien.• Ein Forschungsleiter eines technischen Betriebeswurde in seiner Position von seinen MitarbeiterIn-nen häufig übergangen, indem sie sich direkt an sei-nen Vorgesetzten – den Betriebsleiter – wandten. Erwollte nun seine Rolle und Position im Coachingklären und festigen. Am Ende des Coachings be-schrieb er einen gezielten und angepassten Umgangmit seinem Vorgesetzen. Das verbesserte sein Durch-setzungsvermögen.• Eine Präsidentin in einer Schule erhielt im Coa-ching Unterstützung, indem man mit ihr an denZielen und der praxisnahen Arbeit in ihrer Positionarbeitete. Dazu gehörte auch ein zielgerichtetes Ver-halten und Vorgehen in dieser Position. Das Ergeb-nis zeigte, dass die Umsetzung der strategischen Zieleder Schulgemeinde deutlich effizienter wurde.

Ergebnisse aus der Trigon-Coaching-Befragung 2012In der Trigon Coaching-Befragung 2012 werden mei-ne Erfahrungen bestätigt. Die häufigsten Fragen wur-den zum Führungsverhalten (26 %) und Beziehungs-fragen im Umgang mit schwierigen Situationen undKonflikten (23 %) gestellt. An dritter Stelle folgtenThemen bezüglich eigener Karriere, persönlicher Ziel-setzungen und die Zukunftsgestaltung (17 %).2010 lagen noch Karrierefragen an erster Stelle, ge-folgt von Kommunikation und Beziehungsfragen.

ZielerreichungLaut Umfrage wird eine Evaluation des Coachingsin rund 85 % aller Coachings durchgeführt. DieZufriedenheit der Coachees allein sagt streng genom-men wenig über die Wirkung des Coachings aus, istaber ein wichtiger Faktor für das persönliche Wohl-befinden. Hingegen ist der Zielerreichungsgrad einaussagekräftigerer Maßstab als die Zufriedenheit. Inder Befragung 2012 geben 42,3 % der BefragtenCoaching-Kundinnen und -Kunden an, die vorge-nommenen Ziele bis zu 81 bis 90 % erreicht zu ha-ben. 34,6 % der Personen geben an, dass die Ziele biszu 91 bis 100 % erreicht wurden. Gesamt gesehenmeinten die Coaching-Kunden, dass die Zielezumindest mit 71 % erreicht werden konnten.

Fazit für das Führungskräfte-CoachingEine gelungene, partnerschaftliche Beziehung imCoaching ist maßgeblich für die Zielerreichung. Dieam Anfang des Prozesses gestellten systemischen Fra-gen werden am Ende desselben nochmals beleuch-tet. Damit können der Entwicklungsprozess und dieWirksamkeit gesichert werden.

LiteraturVogelauer, W. (Hrsg.) (2013): Coaching Praxis. Das

Trigon-Modell: Konzept und Methoden. Belz VerlagWeinheim und Basel

Zufriedenheitunterstützt dieZielerreichung

77 % derCoaching-Kundenhaben ihre Zielezwischen 81 und100 % erreicht

Grafik 1: Themen, die KundInnen ins Coaching einbrachten

26 %

23 %

17 %

11 %

11 %

06 %

06 %

00 %

Führungsverhalten

Konflikte, Schwierigkeiten

Ziel, Karriere und Zukunft

Arbeitsorganisation, Selbstmanagement

Change / Organisation

Kommunikation

Team, Zusammenarbeit

Alltagsthemen

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