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Coding im MINT-Unterricht Was europäische Lehrkräfte voneinander lernen können Deutsch

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Coding imMINT-Unterricht

Was europäische Lehrkräfte voneinander lernen können

Deutsch

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<Impressum><Herausgeber>Science on Stage Deutschland e.V.Am Borsigturm 1513507 Berlin

<Hauptkoordinator> ↪Dr. Jörg Gutschank, Leibniz Gymnasium | Dortmund International School, Dortmund, Deutschland Vorsitzender Science on Stage Deutschland e.V.

<Koordinatoren> ↪Sebastian Funk, Villa Wewersbusch, Velbert-Langenberg, Deutschland Vorstand Science on Stage Deutschland e.V. ↪Jean-Luc Richter, Lycée Jean-Baptiste Schwilgué, Sélestat, Frankreich Stellvertretender Vorsitzender Science on Stage Frankreich ↪Bernard Schriek (i.R.), Marien-Gymnasium, Werl, Deutschland

<Projektmanagement und Redaktion> ↪Daniela Neumann, Projektmanagerin Science on Stage Deutschland e.V. ↪Stefanie Schlunk, Geschäftsführerin Science on Stage Deutschland e.V. ↪Johanna Schulze, Stellvertretende Geschäftsführerin Science on Stage Deutschland e.V.

<Revision und Übersetzung>Translation-Probst AG

<Gestaltung>WEBERSUPIRAN.berlin

<Illustration>Rupert Tacke, Tricom Kommunikation und Verlag GmbH

<Text- und Bildnachweise>Die Autorinnen und Autoren haben die Bildrechte für die Ver-wendung in dieser Publikation nach bestem Wissen geprüft und sind für den Inhalt ihrer Texte verantwortlich.

<Ermöglicht durch>SAP SE

<Bestellungen>[email protected]

<ISBN PDF-Fassung>978-3-942524-60-5

Diese Publikation ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/.

2. Auflage 2019© Science on Stage Deutschland e.V.

<2>

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<Inhalt>

Grußwort EU-Kommission <04>

Grußwort SAP SE <05>

Vorwort <06>

Autorinnen und Autoren <07>

Umwelt 4.0

<08> Coding H2O

<14> Wasserwelten

<20> VPLS - Vacation Plant Life Saver

<26> Der Zauberhandschuh

Wissenschaft

in 0 und 1

Science Friction <30>

Rolling Sounds <36>

Physics Engine <42>

SMB - Science Magic Box <48>

Unsere Welt

unter Mikrokontrolle

<54> CoALA - Code a Little Animal

<58> Datenfluss

<62> Schiff ahoi!

<68> Wie wird programmiert?

<72> Informatikunterricht mit Snap!

<73> Meet and Code

<74> Weiterführende Materialien & Aktivitäten

<75> Science on Stage

<3>

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<Grußwort>Ich freue mich sehr, diese Broschüre zur Förderung des Unter-richts in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – den wichtigen MINT-Fächern – sowie das Projekt Coding im MINT-Unterricht allgemein zu unterstützen.

Die MINT-Fächer sind von entscheidender Bedeutung für die Gestaltung der Zukunft eines wettbewerbsfähigen und stabi-len Europas. Der Aufbau von Wissen und Spitzenleistungen ist hier ein wesentlicher Bestandteil unseres Bestrebens, bis 2025 einen echten europäischen Bildungsraum zu schaffen. Und dennoch stehen wir vor einer Qualifizierungslücke. Wir müssen mehr tun, um MINT-Fächer in Europa zu fördern. Vor allem das Unterrichten von MINT-Fächern muss eine attraktive Berufswahl sein, und wir brauchen mehr Vorbilder, insbeson-dere Frauen.

Dabei geht es nicht nur um Wirtschaftswachstum und Entwick-lung. MINT-Ausbildung muss inklusiv sein, damit Schüler innen und Schüler mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Hinter-gründen dazu befähigt werden, sich aktiv zu beteiligen und das Beste aus ihren Talenten herauszuholen. Um die Zukunft zu gestalten, brauchen junge Menschen die richtigen Kompe-tenzen und Einstellungen – und MINT-Kenntnisse müssen hierbei im Mittelpunkt stehen.

Durch Wissenschaft können wir vieles lernen, sowohl über un-sere Vergangenheit als auch unsere Gegenwart, was uns dazu befähigt eine bessere, zunehmend wissensbasierte Zukunft zu gestalten. Damit zukünftige Generationen in einer Gesell-schaft leben können, die ein größeres Bewusstsein für die Welt hat, in der wir leben.

Ich möchte Science on Stage Deutschland e. V., das europäische Netzwerk für MINT-Lehrkräfte, das dieses Projekt konzipiert hat, und SAP SE für die Unterstützung von Coding-Projekten danken.

Lehrkräfte aus sieben europäischen Ländern entwickelten konkrete Beispiele und praktische Tipps zum Erwerb von Pro-grammierfähigkeiten. Dies zeigt, was möglich ist, wenn wir zu-sammenkommen, wie viel wir gemeinsam haben und wie viel wir voneinander lernen können.

Projekte wie Coding im MINT-Unterricht spielen eine Schlüssel-rolle bei der Förderung von MINT-Fächern in Schulen und helfen Europas Jugendlichen, unverzichtbare Kompetenzen zu er-werben, die sie für ein erfolgreiches Leben benötigen.

Ich gratuliere allen Beteiligten und hoffe, dass ihre Beispiele andere inspirieren.

Tibor NavracsicsEuropäischer Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport

<4> Grußwort

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<Grußwort>Laut einer Prognose des Weltwirtschaftsforums werden etwa 65 Prozent der Kinder, die heutzutage in die Schule kommen, in Berufen arbeiten, die es noch gar nicht gibt. Bekannt ist jedoch, dass diese Kinder besser Fuß fassen werden, wenn sie bestimmte technische Fähigkeiten mitbringen; denn die Digi-talisierung unserer Wirtschaft ist unaufhaltbar. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen ist somit der Umgang mit neuen Tech-nologien zu einem zentralen Thema für die Bildung geworden.

Die SAP engagiert sich seit Jahren mit europaweiten Initiativen für die Aus- und Weiterbildung von Kindern und Jugendlichen. Darunter in Themengebieten der Robotik (First Lego League) oder Programmiertechnik (Meet and Code). Wir möchten jun-ge Menschen spielerisch an neue Technologien heranführen und ihnen so einen besseren Start in ihre berufliche Zukunft ermöglichen.

Viele Lehrkräfte möchten ihren Schülerinnen und Schülern heute ebenfalls technische und digitale Grundkenntnisse mit

auf den Weg geben. Dazu braucht es nicht zwingend Experten, sondern praxisnahe und erprobte Arbeitsunterlagen für das Er-lernen technischer Fertigkeiten in verschiedenen Unter richts -fächern und Lernstufen.

So fördern wir darüber hinaus den Erwerb digitaler Kompeten-zen im Schulalltag und stellen beispielsweise Lehrmaterialien für MINT-Fächer zur Verfügung. Zusammen mit Science on Stage Deutschland haben wir bereits zahlreiche Schulförde-rungsprojekte ins Leben gerufen, darunter auch die aktuelle Unterrichtsausgabe Coding im MINT-Unterricht zur Förderung der Programmierkenntnisse von Lehrkräften.

Ich freue mich über die Zusammenarbeit an einem weiteren, sehr zielgerichteten Projekt mit Science on Stage Deutschland und bin überzeugt, dass auch diese Ausgabe ein voller Erfolg wird. Mein Dank gilt ebenso den Lehrkräften, die sich für die-ses Thema stark gemacht haben.

Michael KleinemeierMitglied des Vorstands, SAP SE

Grußwort

<5>Grußwort

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<Vorwort>Diese Broschüre ist in vieler Hinsicht etwas Besonderes. Was genau meine ich mit „besonders“?

Programmieren ist eine Grundkompetenz in unserer heutigen Welt und von großer Bedeutung in Mathematik, Informatik, Na-turwissenschaften und Technik (MINT). Die Fähigkeit, Maschi-nen zu programmieren, wird in allen Bereichen unseres Lebens immer wichtiger. Dies ist längst nicht mehr eine Auf gabe, die wir den Informatikern überlassen können. Deshalb muss das Programmieren nicht nur im Informatikunterricht, sondern auch in allen anderen Fächern gelehrt werden. Die europäi-schen Lehrpläne für MINT-Fächer berücksichtigen diesen Be-darf oft jedoch nicht ausreichend. Mit Coding im MINT- Unterricht entwickelte Science on Stage, das europäische Netzwerk für MINT-Lehrkräfte, Unterrichtseinheiten zur Schließung dieser Kompetenzlücke. Das Hauptziel des Netzwerks ist es, eine Platt form für MINT-Lehrkräfte in Europa zu bieten, über die Best- Practice-Ideen ausgetauscht werden können. Science on Stage erreicht so 100 000 Lehrkräfte in über 30 Mitgliedstaaten.

Einige der besten Lehrkräfte Europas stellen ihre Ideen in die-ser Broschüre vor: 23 Lehrkräfte aus sieben Ländern trafen sich während des 18-monatigen Projekts und tauschten ihre Ideen zum Thema Programmieren im MINT-Unterricht aus. Alle beteilig ten Lehrkräfte investierten viel Zeit und Energie in die-sen Prozess.

Aus jedem der sieben Länder schlossen sich eine MINT-Lehr-kraft und eine Informatiklehrkraft als Team zusammen, um Unterrichtskonzepte mit einem Team aus mindestens einem anderen Land auszutauschen. Sie besprachen und bewerteten diese Konzepte in ihren eigenen Klassen, um sicherzustellen, dass das Material, das Sie nun in den Händen halten, im Unter-richt eingesetzt werden kann. Alle Ideen wurden von unseren Experten, nämlich den Lehrkräften selbst, gründlich getestet.

Der Schwerpunkt liegt auf dem Programmieren von kleinen elek-tronischen Geräten wie Arduino, Calliope mini oder Raspberry Pi. Es sind preisgünstige Mikrocontroller, die tiefergehende Aufgaben lösen können – ideal für den Einsatz im Unterricht.

Die Teilnehmenden schufen so elf Unterrichtseinheiten in den Bereichen „Wissenschaft in 0 und 1“, „Die Welt unter Mikro-kontrolle“ und „Umwelt 4.0“. Es sind wunderbare Beispiele dafür, was Sie selbst in den verschiedenen Lehrplänen der Bio-logie, Chemie und Physik umsetzen könnten.

Das Projekt Coding im MINT-Unterricht war nur dank dem großen Engagement unserer enthusiastischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer möglich, die diese ganze Arbeit in ihrer Freizeit und zusätzlich zu ihrem Lehrberuf leisteten. Ganz herzlichen Dank an Euch alle für diese großartige, inspirierende Broschüre! Herzlichen Dank auch an die weiteren Koordinatoren Jean-Luc Richter, Bernd Schriek und Sebastian Funk, die die nicht ein-fache Aufgabe hatten, die vielen heterogenen Gedanken und Ideen der Lehrkräfte mit unterschiedlichem kulturellen und wissenschaftlichen Hintergrund in einem einheitlichen Werk zu verdichten. Unser Dank geht auch an SAP SE und insbeson-dere an Gabriele Hartmann und Jens Mönig. Ohne die stete Un-terstützung dieser professionellen Partner wäre eine solches Projekt nicht möglich.

Coding im MINT-Unterricht ist ein ganz außergewöhnliches Werk, das von Lehrkräften für ihre Kolleginnen und Kollegen in Europa und darüber hinaus erarbeitet und getestet wurde. Lassen Sie sich von dieser Broschüre dazu inspirieren, schon bald Ihr eigenes Projekt in Ihrer Klasse zu starten!

Dr. Jörg Gutschank Vorsitzender Science on Stage Deutschland e.V.

<6> Vorwort

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<Autorinnen und Autoren><Nachname> <Vorname> <Land> <Kapitel>

Abad Nebot Immaculada Spanien Unsere Welt unter Mikrokontrolle

Botelho Lúcio Portugal Umwelt 4.0

Compte Jové Pere Spanien Unsere Welt unter Mikrokontrolle

Fernandes Liliana Portugal Umwelt 4.0

Funk Sebastian Deutschland Koordinator

Georgoulakis Georgios Griechenland Wissenschaft in 0 und 1

Giurgea Mihaela Irina Rumänien Wissenschaft in 0 und 1

Gutschank Jörg Deutschland Koordinator Wissenschaft in 0 und 1

Hančl Mirek Deutschland Unsere Welt unter Mikrokontrolle

Ivarra Luc Belgien Wissenschaft in 0 und 1

Karagiorgou Eleftheria Griechenland Unsere Welt unter Mikrokontrolle

Lőkös Annamária Rumänien Umwelt 4.0

Meier Andreas Deutschland Umwelt 4.0

Mestvirishvili Ilia Georgien Wissenschaft in 0 und 1

Nicolini Marco Belgien/Italien Wissenschaft in 0 und 1

Padin Beatriz Spanien Umwelt 4.0

Poncela Elena Spanien Umwelt 4.0

Rațiu Camelia Ioana Rumänien Wissenschaft in 0 und 1

Reis Jorge Portugal Umwelt 4.0

Richter Jean-Luc Frankreich Koordinator Umwelt 4.0

Schriek Bernard Deutschland Koordinator Unsere Welt unter Mikrokontrolle

Shapakidze David Georgien Wissenschaft in 0 und 1

Toma Corina Lavinia Rumänien Wissenschaft in 0 und 1

Tsiliki Sevasti Griechenland Unsere Welt unter Mikrokontrolle

Tsoutsoudakis Astrinos Griechenland Wissenschaft in 0 und 1

van der Byl Sonja Deutschland Umwelt 4.0

Winckler Julia Deutschland Unsere Welt unter Mikrokontrolle

Besonderen Dank an Gabriele Hartmann und Jens Mönig von SAP SE für ihre Unterstützung!Wir bedanken uns recht herzlich bei Holger Bach und Paul Nugent für ihre redaktionelle Unterstützung!

Autorinnen und Autoren

<7>Autorinnen und Autoren

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Coding H2O<Autorin> Beatriz Padin

<Autorin> Elena Poncela

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<Schlagwörter> Wasser, Sensoren, Reinigungsgrad, Datenerfassung, Umwelt, Verdunstung, Kondensation, Lösungen, Mischungen, Design, Wärme und Temperatur, Wärmeleiter und Isolatoren, Sonnenenergie, Infrarot-strahlung, Reflexion

<Unterrichtsfächer> Physik, Umweltwissenschaft, Chemie, Informatik, Mathematik

<Altersgruppe> 13–15 Jahre

<Hardware> Arduino[1], Calliope mini[2], Raspberry Pi[3]

<Programmiersprache> Arduino[4], Python[5], Block-programmierung

<Programmierniveau> mittel

<Zusammenfassung>Die Schülerinnen und Schüler entwickeln, konstruieren und testen einen Solar-Destillierapparat zur Reinigung von Wasser. Sie programmieren Sensoren, die den Reinigungsgrad ihrer Solar-Destillierapparate messen.

<Vorstellung des Konzepts>Wir behandeln die folgenden physikalischen Konzepte:

↪Aggregatzustandswechsel (insbesondere Verdunstung und Kondensation) und ihre Hauptmerkmale ↪Faktoren, die den Verdunstungsprozess beeinflussen (Temperatur, Größe der Oberfläche usw.)

↪Einfluss der Temperatur: Energie und Wechsel des Aggregat zustandes ↪Unterschied zwischen erneuerbaren (Sonnenenergie) und nicht erneuerbaren Energiequellen ↪ Infrarotstrahlung und ihre Rolle beim Transport der Sonnen energie ↪Eigenschaften von Strahlung, insbesondere ihrer Reflexion ↪Methoden zur Trennung von Mischungen ↪Lösungen: was man darunter versteht, Konzentration (g/l und Massenanteil usw.)

Je nach Vorwissen lernen die Schülerinnen und Schüler einige dieser Konzepte selbstständig kennen, während andere eine Erklärung durch die Lehrkraft erfordern und dann experimen-tell überprüft werden.

Ziel unseres Projekts ist es, einen hochleistungsfähigen Solar- Destillierapparat zur Wasserreinigung zu entwickeln. Hierbei darf nur mit Sonnenenergie gearbeitet werden. Zunächst wird der Reinigungsgrad des Solar-Destillierapparats ermittelt, in-dem der Volumenanteil des gewonnenen gereinigten Wassers berechnet wird. Anschließend programmieren die Schülerin-nen und Schüler verschiedene Sensoren, um die Effizienz ihrer Designs zu untersuchen.

Das Programmieren der Sensoren steht im Mittelpunkt dieser Aktivität. Hierzu benötigen die Lehrkräfte Programmierspra-chenkenntnisse und ein grundlegendes Verständnis der Hard-ware. Sie müssen den Schaltkreis aufbauen, der die Sensoren

<Info>

e Solar-Destillierapparat

<9>Umwelt 4.0: Coding H2O

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mit dem Mikrocontroller verbindet. Zum Programmieren der Sensoren können sie je nach ihren Kenntnissen mit Block-programmierung (Calliope mini[2], Snap4Arduino[6] usw.) oder Textprogrammierung (Arduino[4], Python[5] usw.) arbeiten.

<Praktische Umsetzung>Diese Einheit besteht aus drei Teilen: Entwicklung des Solar- Destillierapparats, Programmierung der Sensoren und Testen des Solar-Destillierapparats.

<Erster Teil: Entwicklung des Solar- Destillierapparats>Das Projekt wird der Klasse vorgestellt und die Schülerinnen und Schüler testen gemeinsam ihr erstes Beispiel eines Solar- Destillierapparats, indem sie das Volumen des gesammelten gereinigten Wassers messen und den Reinigungsgrad des Apparats berechnen. Dabei beschäftigen sie sich mit verschie-denen physikalischen Konzepten wie beispielsweise Aggre-gatzustandswechsel, Lösungen und Sonnenenergie.

Im Anschluss werden sie aufgefordert, dieses erste Modell zu verbessern. Dazu arbeiten sie in Teams von je 2–3 Schülerin-nen und Schülern. Diese Phase der Unterrichtseinheit kann in verschiedene Aufgaben unterteilt werden:

1. Recherche über Solar-Destillierapparate, ihre Funktions-weise, verschiedene bestehende Designs usw. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler über folgende Fragen nachdenken:a. Verdunstung: Welche Hauptfaktoren beeinflussen

diesen Prozess? Berücksichtige die Oberfläche, auf der sich das schmutzige Wasser befinden soll. Ist es bes-ser, eine große oder eine kleine Oberfläche zu haben, mit einer größeren oder einer geringeren Tiefe? Spielt die Farbe der Oberfläche eine Rolle?

b. Kondensation: Was wird benötigt, damit Kondensation stattfindet? Braucht es für die Kondensation von Wasser eine große oder eine kleine Oberfläche? Wie erreichst du, dass das gereinigte Wasser dorthin fließt, wo es gesammelt werden soll?

c. Strahlung: Wie kannst du die Infrarotstrahlung maxi-mieren, die auf deinen Solar-Destillierapparat auftrifft? Wie erreichst du die höchstmögliche Temperatur in dei-nem Solar-Destillierapparat? Du könntest eine Oberflä-che mit Alufolie verkleiden, um das Sonnenlicht in den Solar-Destillierapparat zu lenken.

2. Die Teams entwickeln ihre Apparate und erklären sie der Lehrkraft.

3. Nachdem der Entwurf mit der Lehrkraft abgestimmt wurde, müssen die Schülerinnen und Schüler geeignete Materiali-

en finden (in der Schule, zu Hause, online bestellen usw.) und den Destillierapparat bauen.

4. Die Schülerinnen und Schüler bestimmen ohne Sensoren den Reinigungsgrad ihrer Solar-Destillierapparate. Mit einem Messzylinder messen sie nicht nur das Volumen des schmutzigen Wassers, sondern auch das Volumen des gesammelten gereinigten Wassers und wenden dabei folgende Gleichung an:

Reinigungsgrad = Volumen des gesammelten Wassers

Volumen des schmutzigen Wassers

Für den zweiten und dritten Teil erhalten die Schülerinnen und Schüler eine Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Aufgaben und Fragen.

Ziel ist es, ihnen eine Auswahl an Sensoren, Programmierspra-chen und Hardware anzubieten, wobei hier die verschiedenen Voraussetzungen in jeder Schule/Klasse (verfügbare Materia-lien, bekannte Programmiersprachen usw.) zu beachten sind.

<Zweiter Teil: Programmieren der Sensoren>Nur die besten Solar-Destillierapparate werden mit Sensoren getestet. In diesem Teil gilt:1. Wähle aus, welchen Mikrocontroller, welche Programmier-

sprache und welche Sensoren du benutzen möchtest. Die Beantwortung der folgenden Fragen hilft dir, die beste Wahl zu treffen:a. Nutzt du Blockprogrammierung oder Textprogrammie-

rung? Wenn du dich für Blockprogrammierung ent-scheidest, überlege, ob du für einen Calliope mini[2] oder alternativ für einen Raspberry Pi[3] mit Scratch[8] programmieren willst. Wenn du dich für Textprogrammie-rung entscheidest, kannst du beispielsweise Arduino[1] verwenden oder du programmierst einen Raspberry Pi[9] mit Python[5].

b. Verwendest du digitale oder analoge Sensoren? Bei analogen Sensoren ist Arduino eine sehr gute Wahl.

2. Um einfach zu beginnen, wähle höchstens zwei Sensoren, die du verwenden möchtest, z. B. zur Messung von Tempe-ratur, Feuchtigkeit, Regen oder Infrarotstrahlung. Bevor du dich entscheidest, berücksichtige die technischen Eigen-schaften der Sensoren: Ist das Ausgangssignal analog oder ist es ein digitales Signal mit lediglich zwei möglichen Werten (richtig/falsch)? In welcher Beziehung stehen Aus-gangssignal und die gemessene Größe? Sind sie direkt proportional? Wird das Ausgangssignal stärker, wenn der Messwert abnimmt?

3. Baue den Schaltkreis auf, der deinen Sensor mit dem Mikrocontroller verbindet. Benutze die ergänzenden Mate-rialien[7], die du bekommen hast, oder suche Beispiele im Internet.

<10> Umwelt 4.0: Coding H2O

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4. Programmiere die Sensoren und beachte folgende Schritte:a. Notiere, was dein Programm leisten soll. Berücksichtige

dabei die Eigenschaften der von dir gewählten Sensoren. Soll dein Programm nur den Wert der gemessenen Größe ausgeben oder auch die Maximal- und Minimal-werte? Gibt dein Sensor den tatsächlichen Wert der Größe aus, oder sind weitere Umrechnungen nötig?

b. Schreibe dein Programm. Denke daran, deinen Code mit Kommentaren zu versehen. Du kannst dazu die er-gänzenden Materialien[7], die du von deiner Lehrkraft bekommen hast, zu Hilfe nehmen.

5. Teste dein Programm. Funktioniert das Programm wie vorgesehen? Beispiele:

↪ Mit einem Flammensensor und Arduino UNO[1] kannst du messen, wie viel Infrarotstrahlung den Solar-Destil-lierapparat erreicht. Bei einer mit Alufolie überzogenen Fläche kannst du mit diesem Sensor prüfen, ob die Strahlung in den Solar-Destillierapparat gelenkt wird.

↪ Mit dem DHT11 oder DHT22 Feuchtigkeits- und Tempera-tursensor und Arduino UNO kannst du die Höchsttem-peratur und relative Feuchtigkeit im Innern des Sola r-Destillierapparats messen.

↪ Mit dem FR-04 Regensensor und Raspberry Pi[3] kannst du ein Python3-Programm schreiben, um die Zeit bis zur Kondensation des ersten Wassertropfens zu messen. e Arduino mit Feuchtigkeitssensor

e Arduino mit Temperatursensor

e Arduino mit LCD-Display und Feuchtigkeitssensor

e Flammensensor

<11>Umwelt 4.0: Coding H2O

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Du kannst diesen Sensor auch mit einem Calliope mini[2] benutzen und mit Snap![10] (Blockprogrammiersprache) programmieren.

<Dritter Teil: Solar-Destillierapparat mit Sensoren testen>Dein Team muss nun mit den programmierten Sensoren den eigenen Apparat testen und ihn mit einem anderen verglei-chen. Dazu müssen die Solar-Destillierapparate unter den gleichen Bedingungen arbeiten und die gleichen Sensoren verwenden.

Analysiere, warum die Reinigungsgrade unterschiedlich sind. Dadurch ermittelst du die Schlüsselfaktoren, die beispielswei-se den Verdunstungsprozess beeinflussen.

Reinigungsgrad des Solar-Destillierapparats erhöhen: ↪Teste deinen Apparat mittags an einem sonnigen Tag. ↪Gib deinem Apparat genügend Zeit, die maximale Tempera-tur zu erreichen. ↪Stelle sicher, dass der Solar-Destillierapparat luftdicht ist, sodass kein Wasserdampf entweichen kann. ↪Entferne das gereinigte Wasser fortlaufend, um dessen erneute Verdunstung zu vermeiden. ↪Färbe das schmutzige Wasser ein, um sicherzustellen, dass der Solar-Destillierapparat korrekt funktioniert. ↪Wähle für das schmutzige Wasser einen schwarzen, weiten Behälter. ↪Verwende einen mit Alufolie überzogenen Schirm, um das Sonnenlicht in den Solar-Destillierapparat zu lenken.

<Erzielte Ergebnisse>Der erste Teil der Unterrichtseinheit (Bau des Solar-Destillier-apparats) führte zu Apparaten mit höchst unterschiedlichen Reinigungsgraden. Bei Tests an sonnigen Tagen im Mai/Juni in Spanien reinigte der beste Apparat 95 % des schmutzigen Was-

sers innerhalb von 24 Stunden. Es wurde auch ein Reinigungs-grad von 54 % innerhalb von 4 Stunden erzielt. Dennoch wurde bei einigen Apparaten aufgrund verschiedener Konstruktions-mängel überhaupt kein gereinigtes Wasser gesammelt.

Unter Verwendung der Sensoren wurden die folgenden Ergeb-nisse erzielt:

↪Die höchste erreichte Temperatur im Innern der Solar- Destillierapparate nach einer Stunde an einem sonnigen Tag betrug 65 °C. ↪Der Einfluss der Farbe des Schmutzwasserbehälters wurde analysiert. Beim Vergleich von zwei Behältern, die für einige Minuten ins Sonnenlicht gestellt wurden, war die Wasser-temperatur im schwarzen Behälter fast 5 °C höher als im weißen. ↪Mit dem Feuchtigkeitssensor wurde die Beziehung zwi-schen der Wassertemperatur und der Verdunstungsrate untersucht. Die relative Feuchtigkeit im Innern des Solar- Destillierapparats betrugt 55 % für Wasser bei Raumtempe-ratur. Wenn das Wasser auf 45 °C erhitzt wurde, erhöhte sie sich innerhalb weniger Sekunden auf 98 %. ↪Die von einer metallischen Oberfläche in den Solar-Destil-lierapparat gelenkte Strahlungsmenge wurde mit dem Flammensensor gemessen. Ein mit Alufolie überzo gener Schirm erwies sich für die Reflexion der Infrarotstrahlung als sehr effizient.

<Fazit>Die Schülerinnen und Schüler arbeiten kreativ und analytisch, um den effizientesten Solar-Destillierapparat zu entwickeln. Diese Unterrichtseinheit gibt ihnen die Gelegenheit, kritisches Denken und Problemlösungskompetenzen zu entwickeln – Fähigkeiten, die sie in ihrem Alltag einsetzen können. Sie ent-decken dabei wichtige physikalische Grundsätze (Selbst-studium), und zwar nicht durch Lektüre ihrer Physikbücher, sondern weil sie beobachten, experimentieren, testen und ihre Ergebnisse analysieren.

Bei der Programmierung ihrer Sensoren entwickeln sie auch ihre Fähigkeit zum Computational Thinking. Zudem wenden sie Physical Computing an, d. h. ihre Programme wechselwirken mit der physischen Welt. Während der gesamten Einheit fol-gen sie den verschiedenen, zuvor beschriebenen Schritten wissenschaftlichen Arbeitens, um den besten Solar-Destillier-apparat zu konzipieren und diesen mit geeigneten Materialien zu bauen.

Für das Projekt ist es wichtig, dass alle Schülerinnen und Schüler miteinbezogen werden. Damit dies sichergestellt ist, können einige Aufgaben des Projekts selbstständig ausgeführt wer-den (z. B. Recherche, erste Ideen einbringen).

e Regensensor mit einem Calliope mini

<12> Umwelt 4.0: Coding H2O

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Haupthindernisse könnten u. a. sein, dass manche Schülerinnen und Schüler nicht über ausreichende Programmierkenntnisse verfügen (weshalb wir Blockprogrammierung als Alternative einbezogen haben) oder nur mangelhafte Kenntnisse für den Bau von Schaltkreisen (die zusätzlichen Materialien[7] sind hier sehr hilfreich) oder über die Funktionsweise der Sensoren haben. Die Materialien sind vermutlich nicht in allen Schulen vorhanden und müssen erst angeschafft werden.

Projekterweiterungen: ↪Die von den Sensoren gesammelten Daten werden zur weiteren Analyse auf einer SD-Karte gespeichert. ↪Mit einer LCD-Anzeige werden die Messungen sichtbar gemacht. ↪ Internet of Things (IoT – Internet der Dinge): Die erhobenen Daten werden in Echtzeit ins Internet gestellt und so öffent-lich zugänglich gemacht. ↪Zusätzliche Sensoren werden eingesetzt: beispielsweise CO2-Sensoren und andere Treibhausgas-Sensoren, ein Leit-fähigkeitssensor zur Prüfung des Salzgehalts des gereinig-ten Wassers oder ein pH-Sensor zur Messung der pH-Werte des schmutzigen und des gereinigten Wassers. ↪Bei der Verwendung von Meerwasser wird der Salzgehalt gemessen. ↪Eine Methode zur Desinfektion des gesammelten Wassers wird erarbeitet.

Die Schülerinnen und Schüler können die Solar-Destillierappa-rate nutzen, um den Treibhauseffekt, die Fotosynthese, die Zellatmung, ideale Gase usw. zu untersuchen. Viele Sensoren zur Messung von physikalischen oder chemischen Parame-tern können für weitere Projekte verwendet werden, etwa zur Überwachung von Luftverschmutzung oder Wasserqualität.

<Kooperationsmöglichkeiten>Sind Solar-Destillierapparate in Ländern mit hoher Sonnenein-strahlung effizienter? Schülerinnen und Schüler verschiede-ner Schulen in Europa können ihre Ergebnisse austauschen, indem sie einen Online-Kartendienst für Standortzwecke nutzen. Wenn Meerwasser verwendet wird, kann der Salzgehalt der verschiedenen Orte verglichen werden.

<Quellen und Hinweise>[1] https://www.arduino.cc[2] https://calliope.cc[3] www.raspberrypi.org[4] www.arduino.cc/reference/en[5] www.python.org[6] http://snap4arduino.rocks[7] Alle Zusatzmaterialien sind verfügbar unter

www.science-on-stage.de/coding-materialien.[8] https://scratch.mit.edu[9] www.raspberrypi.org/documentation/usage/python[10] https://snap.berkeley.edu

<13>Umwelt 4.0: Coding H2O

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<Autor> Lúcio Botelho

<Autorin> Liliana Fernandes

<Autor> Jorge Reis

Wasserwelten

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<Schlagwörter> Wasser, Bildverarbeitung, Datenerfassung, Mikroklima, Roboter

<Unterrichtsfächer> Mathematik, Biologie, Sozialkunde, Robotik, Kunst

<Altersgruppe> 6–10 Jahre, 11–15 Jahre und 16–18 Jahre

<Hardware> <Leichtes Niveau> Calliope mini[1], LEGO We Do 2.0[2], kleine Lernroboter[3], WeeeMake[4] <Mittleres Niveau> LEGO EV3[2] mit LEGO Ultraschall- und Farbsensoren oder Anprino[5] mit Arduino[6] und entsprechenden Ultraschall-[7] und Farbsensoren[8] <Fortgeschrittenes Niveau> Computer mit Internet-zugang

<Programmiersprache> Snap![9], Scratch[10], WeeeCode[4], Open Roberta[11], LEGO Blocks[2]

<Programmierniveau> leicht, mittel, fortgeschritten

<Zusammenfassung>Diese Einheit wurde fachübergreifend geplant und soll die Zu-sammenarbeit unter Schülerinnen und Schülern von der Primar-stufe bis zur Sekundarstufe II erleichtern. Alternativ können die verschiedenen Teile unabhängig voneinander durchge-führt werden. Von Computational Thinking über Coding mit Scratch[10] bis hin zur Programmierung von Robotern und ei-nem ökologischen Haus, deckt diese Einheit viele spannende Themen rund um Wasser ab.

<Vorstellung des Konzepts>Bei diesem Projekt geht es um Wasser, seine Bedeutung für uns und unsere Verantwortung beim Wasserschutz. Aufgeteilt in drei Niveaus (leicht für die Primarstufe, mittel für die Sekun-darstufe I und fortgeschritten für die Sekundarstufe II) können Schülerinnen und Schüler verschiedener Schulstufen in fach-übergreifenden Aktivitäten zusammenarbeiten. Der ständige Austausch von Ideen und Ergebnissen motiviert alle gleicher-maßen.

<Praktische Umsetzung><Leichtes Niveau: Wo kommt Wasser her?>Die Schülerinnen und Schüler werden ermutigt herauszufin-den, wo Wasser herkommt. Die Lehrkraft stellt einige einfüh-rende Fragen, um Neugier zu wecken und dann … beginnt das Abenteuer! Sie recherchieren, lernen und teilen ihre Erkennt-nisse mit der Klasse und beginnen gleichzeitig, Computational Thinking mithilfe leichter Aufgaben zu entwickeln, indem sie einfache Lernroboter programmieren.

Nach der Recherche arbeiten die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen zusammen und erstellen unter Anwendung der Demo-Modi der WeDo 2.0 App[12] Anfängerprojekte mit Fokus auf wasserbezogene Themen.

Danach müssen die Schülerinnen und Schüler mit den Bau-steinen oder Sets ihrer Wahl ein Modell bauen, das zeigt, wie sie auf innovative Weise Wasser sparen wollen.

In unserem Beispiel bauten sie ein Öko-Haus[13] und kombi-nierten es mit zusätzlichen Bausteinen und dem We Do 2.0-Set. Anschließend fügten sie einen Regensammler hinzu, der mit einem Filter (mit der LEGO-App programmiert) verbunden war und von dem aus das Wasser in den Bauernhof geleitet wurde, um die Tiere mit frischem Wasser zu versorgen (e1).

In kleinen Gruppen beginnen die Schülerinnen und Schüler nun mit der Planung und Konzeption neuer Matten für kleine Lern-roboter, die ohne Computer programmiert werden können. In-dem sie die Matten anschließend anderen Schüler innen und Schülern vorstellen, regen sie diese an, selbst zu programmie-ren und zugleich etwas über Wasser zu lernen. Für diese Auf-gabe eignen sich verschiedene preisgünstige Lernroboter.[3]

Alle Anleitungen zum Ausdrucken der Matte sind online verfügbar.[14]

Im Zusatzmaterial finden Sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für diese Einheit.[14]

<Info>

e 1: Öko-Haus

e 2: Zeichnen neuer Matten

Umwelt 4.0: Wasserwelten <15>

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<Mittleres Niveau: Bau eines Reinigungs-roboters für Stauseen>In diesem Teil geht es um einen Roboter, der sich auf einem Stausee bewegt und dabei feste Abfallstoffe aufspürt.

Das Projekt gibt es in zwei Versionen mit verschiedenen Robo-tern: Bei der LEGO-Version (e 3) kommt das EV3 LEGO Educa-tion-Kit zum Einsatz, während die Arduino-Version auf dem Anprino-Roboter[5] basiert (e 4), der mit einem 3D-Drucker gedruckt und dann zusammengebaut wird. Der Arduino[6] und sein Zubehör werden am Anprino befestigt.

Zuerst wird der „Stausee“ aus blauem Papier oder Pappe gebaut, wobei das Modell etwa 2 m × 1 m misst. Das Ufer wird aus fes-ter Pappe gefertigt, wodurch der Aktionsbereich des Roboters begrenzt ist. Der Müll wird mit schwarzer Pappe simuliert.

Ultraschallsensor

Der Ultraschallsensor[7] besteht aus einem Sender und einem Empfänger für Ultraschallwellen. Mit ihm können Objekte auf-gespürt und die Entfernungen zu ihnen gemessen werden.

Mit dem Ultraschallsensor kann der Roboter Hindernisse er-kennen und je nach Programmierung unterschiedlich reagie-ren, z. B. anhalten oder seine Richtung ändern. Beim Stausee-modell fungieren die Ufer aus Pappe als Hindernisse.

Farbsensor

Der Farbsensor[8] kann verschiedene Farben sowie die Abwe-senheit von Licht erkennen. Er funktioniert auch als Lichtsen-sor, da er unterschiedliche Lichtintensitäten detektieren kann. Die Schülerinnen und Schüler können verschiedenfarbige Linien erstellen, denen der Roboter folgen soll.

e 3: LEGO-Version e 4: Anprino-Version

e 5: Stauseemodell

e 6: LEGO-Ultraschallsensor

e 7: Roboter hält an/ändert die Richtung

e 8: Beispiel der Farberkennung: Der Sensor unter-scheidet Farben durch das Lesen ihrer RGB-Werte.

Umwelt 4.0: Wasserwelten<16>

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Erstellung eines Codes mit LEGO-Blockprogrammierung

Die Schülerinnen und Schüler bauen verschiedene Modelle zur Simulation von klar unterscheidbaren Abfällen aus verschiede-nen Bereichen, wie z. B. Haushalt, Industrie, Tourismus oder Biomüll.

Das Hauptziel ist die Sensibilisierung für die Verschmutzung von Flüssen und Stauseen. Die Schülerinnen und Schüler si-mulieren einen auf einem Boot montierten Abfalldetektor und planen und bauen später ein Müllsammelboot.

Der Roboter spielt für jede erkannte Abfallart einen bestimm-ten Ton ab. Um dies zu erreichen, benutzt man den Farbsensor und spezifische farbige „Flecken“ für die einzelnen Abfallarten.

Die Schülerinnen und Schüler können öffentlich verfügbare Statistiken analysieren und anhand dieser die verschiedenen Flecken erstellen.

Sie können auf Exkursionen die Wasserqualität und den Ver-schmutzungsgrad von Flüssen und Stauseen untersuchen. In ihren Modellen müssen sie diese Beobachtungen einbeziehen und simulieren. Mithilfe des Roboters können sie die Ergebnis-se scannen und in einer Tabelle festhalten (e 10).

Wenn ausreichend Ergebnisse gesammelt wurden, werden sie der Klasse präsentiert. Ziel ist es, kritisches Denken und Pro-

grammierkenntnisse zu entwickeln sowie forschend-ent decken-des Lernen zu fördern. Die Untersuchung von Gewässern macht den Schülerinnen und Schülern die Folgen jahr hundertelanger ökologischer Unkenntnis und Rücksichtslosigkeit deutlich. Hierfür ist es wichtig, dass sie die erforderlichen Kompetenzen im Umweltschutz erwerben, damit sie auch in ihrer Gemeinde intervenieren können. Sie könnten beispielsweise auf die Not-wendigkeit hinweisen, sorgsamer mit der Natur und insbeson-dere mit der Ressource Wasser umzugehen. Außerdem werden die Schüler innen und Schüler befähigt, problemlösungsorien-tiert zu arbeiten. Insgesamt sollen ihre aktive bürgerliche Teil-habe und ihr Umweltbewusstsein gestärkt werden.

Hinweis: Die LEGO-Version wurde schon gebaut und getestet. Die Arduino Version wird noch verbessert. Der vollständige Pro-grammiercode von Arduino ist online verfügbar.[14]

<Fortgeschrittenes Niveau: Programmieren von Lernspielen> Zur Sensibilisierung für Wasserverschmutzung werden in Scratch[10] Spiele programmiert, die andere dazu anregen sol-len, Wasser zu sparen und zu schützen, u. a. indem kein Müll in Gewässern entsorgt wird.

Das erste Spiel simuliert einen kleinen Fisch im Meer, welcher Nahrung sucht und frisst und dabei Meerestieren (Haien und Krabben) und sinkendem Müll (Gläser, Dosen usw.) ausweicht. Je mehr der Fisch frisst, desto größer wird er und desto mehr Punkte erhält man.

Wenn der Fisch mit Müll oder anderen Fischen kollidiert, wird er verletzt und bekommt einen Verband. Sobald er drei Verbän-de hat, ist das Spiel zu Ende. Das Spiel macht Spaß und weist nicht nur Kinder auf die steigenden Abfallmengen in unseren Gewässern hin.

Das zweite Spiel basiert auf einem bekannten Videospiel, bei dem ein Frosch eine Straße überqueren muss. In unserem Fall muss die Figur einen Fluss überqueren (mithilfe von Baum-

e 9: Auszug aus LEGO-Programmierung; das vollständige Diagramm ist online verfügbar[14]

e10: Tabelle für Abfall-Scan: Daten aus zwei verschiedenen Exkursionen zu dem bei jeder Exkursion von den Reinigungsteams der Umwelt-AG gesammelten Müll

Datum

Abfallart

Gereinigte FlächeHaushalt Industrie Unbestimmt Organisch Andere

Exkursion April 2018

3,450 kg 32 kg 8 kg 100 m2

Exkursion Mai 2018

0,730 kg 6 kg 100 m2

Umwelt 4.0: Wasserwelten <17>

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stämmen, da das Wasser rasch fließt) und gleichzeitig Müll und andere Tiere (Fledermäuse und Schlangen) meiden. Die Spielfigur kann auch für Extrapunkte Fliegen fressen. In diesem Spiel gibt es vier Szenarien, wovon jeweils eines zufällig zu Be-ginn jeder Runde ausgewählt wird. Der Frosch (Figur) hat drei Leben („Lives“) und wenn er alle verloren hat, endet das Spiel.

Im Folgenden wird das Programm detaillierter dargestellt.

e 11 zeigt den Teil des Programms zur Bewegungssteuerung einiger Gegner („Enemy“) in den verschiedenen Spielmodi. Im gezeigten Beispiel verschwindet der Gegner bei Berührung des Bildrands. Solange er den Rand nicht berührt, wiederholt er die Bewegung, die sich zudem bei zunehmendem Punktestand („Score“) mit einem Anpassungsfaktor von 0,04 beschleunigt. Dies ist eine sehr clevere Art, das Spiel etwas anspruchsvoller zu gestalten, da sich der Punktestand bei zunehmendem Schwierigkeitsgrad erhöht.

Zum Spielbeginn wählt man einen der drei Spielmodi („Game mode“) aus (e 12). Es gibt zwei fertig programmierte Spiele und unsere Schülerinnen und Schüler entwickeln derzeit ein drittes Spiel, Spielmodus 2.

Spielmodus 2 könnte sich beispielsweise in einem Teich ab-spielen, in dem Enten Nahrung finden müssen: Enten fressen oft kleine Fische und Fischlaich, Schnecken, Würmer und Weichtiere, kleine Krustentiere, aber auch Gras, Blätter, See-gras, Algen, Wasserpflanzen, Wurzeln, kleine Frösche, Salaman-der und andere Amphibien. Zudem müssen die Enten versu-chen, andere Enten und den Müll im Teich zu meiden (und in höheren Levels einige zufällig auftauchende Wilderer).

Wenn der Fisch einen der Gegner berührt (1, 2 oder 3), verliert er ein Leben und es erklingt ein Ton.

Bei Verlust aller Leben endet das Spiel, d. h. alle Skripte werden gestoppt (e 13).

e 11: Scratch-Programm: Steuerung der Gegner

e 12: Scratch-Programm: Spielbeginn

e 13: Scratch-Programm: Gegner 1–3

Umwelt 4.0: Wasserwelten<18>

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Das Spiel ist sehr gut programmiert und aufgebaut, weil der-selbe Code für beide Spielversionen verwendet wird. Dieselbe Figur ändert ihr Kostüm von „Hai“ zu „Fledermaus“.

Die Schülerinnen und Schüler lernen, das Programm zu opti-mieren, bringen neue Ideen ein und suchen nach innovativen Lösungen, die den Code noch besser und flüssiger machen.

Dies ist möglich, weil die Spiele ähnliche Ziele verfolgen: ↪Gegner meiden ↪Nahrung finden/Fliegen fangen ↪Spielende bei Verlust von drei Leben ↪Punkte sammeln (indem der Fisch Fischfutter frisst, der Frosch Fliegen fängt oder ein neues Szenario erreicht wird)

Die Schülerinnen und Schüler benutzen Klone der Gegner- Figuren, sodass sie die gleiche Figur aus verschiedenen Rich-tungen auftauchen lassen und ihr verschiedene Verhaltens-weisen (Richtungen) im Spiel verleihen können.

Das vollständige Programm kann heruntergeladen werden.[14]

<Fazit>In dieser Einheit arbeiten die Schülerinnen und Schüler mitein-ander und mit ihrer Gemeinde vor Ort. Sie erwerben und teilen Wissen über Wasser – Kreislauf, Mangel, Verschmutzung usw. – und erarbeiten Methoden, um die Wasserqualität zu kontrollie-ren, Wasser zu sparen und zu schützen. Gleichzeitig werden Untersuchungswerkzeuge und Programmierkenntnisse sowie Kompetenzen in der Robotik entwickelt. Indem die Älteren die Jüngeren unterstützen, motivieren sie sich gegenseitig und entwickeln den Ehrgeiz, ihre Arbeit weiter voranzubringen.

Am Ende des Schuljahres hatten die Schülerinnen und Schüler nicht nur ihre Programmierkenntnisse vertieft, sondern waren auch viel sensibler gegenüber Wasserproblemen und deren Gefahren für Tiere und Pflanzen, die in ihrem Lebensraum von sauberem Wasser abhängig sind.

Das Programmieren mehrerer Spiele ist eine Herausforderung. Voraussetzung ist, dass sie sich ähnlich genug sind, damit der Code eines Spiels auf ein anderes übertragen werden kann, um alle Modi abzudecken. So lassen sich auf kluge Art auch Programmierressourcen sparen.

Wir haben zusammengearbeitet, obwohl wir an verschiedenen (weit voneinander entfernten) Schulen tätig sind, weil es da-durch möglich war, Ideen auszutauschen und die Zusammen-arbeit unter Jugendlichen aus unterschiedlichen Umfeldern (sozioökonomisch) und Altersgruppen zu fördern. Persönliche Treffen waren nicht einfach und die Klassen konnten sich sel-

tener als geplant sehen. Die Kooperation hat sich trotzdem gelohnt, da die Schülerinnen und Schüler ihre Ideen und Vorge-hensweisen austauschen und mit Jugendlichen aus anderen Schulen sprechen konnten, was ihre Kommunikations fähig-keiten trainierte. Außerdem war es so möglich, an verschiede-nen Wettbewerben teilzunehmen, Ergebnisse zu be spre chen und Optimierungsvorschläge an die anderen weiterzugeben. Eine Alternative zu persönlichen Treffen könnten Videokonfe-renzen sein. Zu guter Letzt haben die Schüler innen und Schüler ihre Arbeiten mit der Gemeinde geteilt und damit einen Beitrag für den lokalen Gewässerschutz geleistet.

Ausgehend von dieser Einheit können Sie Ihre Klasse dazu anregen, weitere Ideen und Konzepte zum Wassersparen zu entwickeln, um umweltbewusstes Verhalten in der Gemeinde zu stärken, und somit den CO2-Fußabdruck der Schülerinnen und Schüler, und hoffentlich auch der Gemeinde, zu reduzieren.

<Kooperationsmöglichkeiten>Bei Science on Stage geht es um den Austausch von Konzep-ten unter den Lehrkräften!

Durch dieses Projekt wurde eine Gemeinschaft von Lehrkräf-ten gestärkt, Mittel und Ideen wurden geteilt. Dies stellt einen Beitrag zum besseren Lernen von Schülerinnen und Schülern in ganz Europa dar. Austausch und Zusammenarbeit sind der beste Weg für einen guten Unterricht und eine Weiterentwick-lung dieser Projekte.

<Quellen und Hinweise>[1] https://calliope.cc[2] https://education.lego.com[3] Mögliche Bots: Bee Bots von tts, DOC von Clementoni,

Jack von Imaginarium[4] www.weeemake.com[5] Anprino ist ein Roboter, der von ANPRI, dem portu-

giesischen Verband der Informatiklehrkräfte, entwickelt wurde: www.anpri.pt/anprino/index.php/anprino-luis

[6] www.arduino.cc[7] Wir benutzten den Ultraschallsensor HC-SR04.[8] Wir benutzten den Lichtsensor BE15000624.[9] https://snap.berkeley.edu[10] https://scratch.mit.edu[11] https://lab.open-roberta.org[12] https://education.lego.com/de-de/downloads/wedo-2/

software (29/11/2018)[13] LEGO SET 31068[14] Sämtliches Zusatzmaterial ist erhältlich auf

www.science-on-stage.de/coding-materialien.

Umwelt 4.0: Wasserwelten <19>

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VPLS –Vacation PlantLife Saver<Autor> Andreas Meier

<Autorin> Sonja van der Byl

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<Schlagwörter> automatische Pflanzenbewässerung, Verwendung eines Mikrocontrollers zum Ansteuern einer Wasserpumpe

<Unterrichtsfächer> Informatik, Naturwissenschaften, Technik

<Altersgruppe> 10–14 Jahre

<Hardware> Computer (möglichst einer pro Schülerin bzw. Schüler), Calliope mini[1] mit Feuchtigkeits- und Tem peratursensor (einer pro Kleingruppe)

<Programmiersprache> Scratch[2] (online oder offline), Editor für Calliope mini[3] (online)

<Programmierniveau> leicht

<Zusammenfassung>Die Kübelpflanzen im Schulgebäude vertrocknen regelmäßig in den Ferien, weil niemand sie gießt – wir brauchen also einen Vacation Plant Life Saver! Im Rahmen dieser Reihe bauen wir den Lebensretter für unsere Schulpflanzen virtuell und real.

<Vorstellung des Konzepts>Das Projekt ist für alle naturwissenschaftlichen Bereiche ge-eignet, da es sich an Programmieranfängerinnen und -anfänger richtet. Das regelmäßige Gießen einer Pflanze wird dabei im ersten Teil des Projekts virtuell umgesetzt und führt aus Sicht der Informatik in Objektorientierung, Kontrollstrukturen (Wie-derholungen, Bedingungen) und das Nutzen von Variablen ein. Dabei lässt es viel Raum für eigene Programmiererfahrungen der Schülerinnen und Schüler. Als Vorbereitung arbeiten sie sich online in Scratch ein („Erste Schritte“)[4]. (Zeitbedarf ca. 45 Minuten)

Bei der Objektorientierten Programmierung (OOP) wird alles als Objekt gesehen. Diese besitzen Eigenschaften (Attribute) und Fähigkeiten (Methoden). Hier sind das die Katze „Sprite“, die Gießkanne und die Bühne.

Jedes Objekt gehört zu einer Klasse. Alle Objekte einer Klasse haben die gleichen Eigenschaften und Fähigkeiten. Man kann eine Klasse als Blaupause (blueprint) und ein Objekt als Instanz (instance), also konkrete Realisierung, auffassen. In Scratch sind Figuren Instanzen der Klasse „Sprite“. Man spricht des-halb auch von Sprites. Die Katze mit dem Namen „Sprite“ ist ein Sprite, also eine Instanz der Klasse „Sprite“. Eine Eigen-schaft von Sprites ist deren Kostüm, in diesem Fall z. B. das Bild einer Katze. Eine andere Instanz der Klasse „Sprite“ könn-te als Kostüm das Bild eines Menschen haben und „Günther“ heißen. Die Katze „Sprite“ und der Mensch „Günther“ sind also

beide Objekte bzw. Instanzen der Klasse „Sprite“ oder kurz: beide sind Sprites. In Scratch gibt es nur zwei Klassen: die Bühne (stage) und Figuren (sprites). In diesem Projekt wer-den die zwei Figuren (sprites) Katze und Gießkanne sowie die Bühne benutzt. (e 1)

Der zweite Teil des Projekts kann auf dem ersten Teil aufbauen, ist aber auch unabhängig davon durchführbar, wenn die Schü-lerinnen und Schüler die oben genannten Kontrollstrukturen kennen und bereits erste Programmiererfahrungen mit dem Calliope mini[1] gesammelt haben. Statt der Variablen kommen hier Sensoren eines Mikrocontrollers zum Einsatz, die das Ventil einer Wasserpumpe ansteuern.

<Praktische Umsetzung>Alle benötigten Materialien wie Arbeitsblätter und (zerlegte) Programme stehen digital zur Verfügung.[5]

<Teil 1: Virtuelles regelmäßiges Gießen einer Pflanze>Arbeitsschritt 1: Erstellen eines Programms, das

nur die Zeit als Variable berücksichtigt;

Kennenlernen von einseitigen Bedingungen und

Wiederholungen (Zeitbedarf: 180 Minuten)

Nach dem Einstieg in das Problem (Wie könnte ein virtueller Vacation Plant Life Saver funktionieren?) sollten sich die Schülerinnen und Schüler zunächst Gedanken über die Grund-struktur eines Gießprogramms machen, diese in Form eines

„Kochrezepts“ (Algorithmus) notieren und ihre Ideen gegensei-tig testen. Dann erst kann eine gemeinsame Grundstruktur für ein Gießprogramm festgelegt werden (siehe Arbeitsblatt 1[5]).Diese Phase dient dazu, sich mit der grundlegenden Struktur des Programms, das entstehen soll, auseinanderzusetzen. Die Begriffe „Anweisungsfolge“, „Wiederholung“ und „Bedin-gung“ ergeben sich dabei aus dem Sachzusammenhang.

Erst jetzt wird der Algorithmus in die Programmiersprache Scratch[2] übersetzt, indem die Schülerinnen und Schüler zu-

<Info>

e 1: Der virtuelle Vacation Plant Life Saver

Umwelt 4.0: VPLS – Vacation Plant Life Saver <21>

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nächst ein in seine Einzelteile zerlegtes Programm[5] zu einem funktionierenden Programm zusammensetzen.

So lernen sie die Funktionsweise von Scratch intensiver kennen: ↪Objektorientierung (jede Figur hat ihr eigenes Skript, auch die Bühne) ↪Strukturierung (Wie sieht die Struktur einer „Bedingung“ und einer „Wiederholung“ in Scratch aus?) ↪Skript/Kostüm/Klänge können jeder einzelnen Figur zuge-wiesen werden

Zusätzlich wird die gemeinsam erarbeitete Grundstruktur des Gießprogramms vertieft, indem die Schülerinnen und Schüler darüber nachdenken, in welcher Reihenfolge sie die vorgege-benen Puzzleteile anordnen müssen, damit das Programm funktioniert. Insbesondere die Frage, welche Anweisungen sich innerhalb der Zählschleife (e 2 & 3) befinden müssen, kann durch Ausprobieren beantwortet werden.

Auf Grundlage des zusammengesetzten Programms dürfen die Schülerinnen und Schüler nun ein eigenes Programm erstel len, das in Abhängigkeit von der Zeit die Katze „Sprite“ losschickt, um die Pflanze auf der Bühne zu gießen. Dazu bekommen sie ledig-lich das Ausgangsbühnenbild als Datei zur Verfügung gestellt.[5]

Dieser Schritt dient dazu, die Schülerinnen und Schüler zu er-mutigen, die Programmiersprache eigenständig zu erforschen, Ideen auszuprobieren und kreativ zu arbeiten. Das ist wichtig, weil Anfängerinnen und Anfänger nur dann mit Spaß program-mieren lernen, wenn sie das Gefühl haben, sich in der entspre-chenden Programmiersprache (dem eigenen Wissensstand entsprechend) gut auszukennen.

Arbeitsschritt 2: Schrittweises Erstellen eines

Programms, das die Variablen „Wasserstand“ und

„Temperatur“ berücksichtigt

(Zeitbedarf: 270 Minuten)

Als Einstieg in den zweiten Arbeitsschritt denken die Schüler-innen und Schüler über weitere Faktoren nach, die festlegen, wie oft eine Kübelpflanze gegossen werden muss. Die „Raum-temperatur“ und der „Wasserstand“ im Kübel spielen hier si-cherlich eine Rolle als sich verändernde, also variable Größen. (Arbeitsblatt 2[5])

Die Schülerinnen und Schüler erhalten im Anschluss ein funk-tionierendes Programm, bei dem sich die Skripte für die Katze

„Sprite“ und die Gießkanne kaum verändert haben.

Allerdings steuert das Skript für die Bühne jetzt die neu defi-nierte Variable „Wasserstand“, die den Timer ersetzt. Auch gießt „Sprite“ die Pflanze nur einmal. Die Schülerinnen und Schüler sind also aufgefordert, sich einerseits Gedanken dar-über zu machen, wie die Variable „Wasserstand“ erzeugt wurde und wie sie die Aktivität der Katze steuert. Andererseits sollen sie versuchen, das Problem zu lösen, dass nur einmal gegos-sen wird. Falls nötig steht ihnen hierfür eine Hilfsdatei zur Ver-fügung. [5]

Durch die vorläufige Nutzung von nur einer Variablen bleibt das Programm übersichtlich. Die Organisation mehrerer Vari-ablen würde sicher zu Anfang überfordern.

Die hier einzufügende Wiederholungsstruktur ist komplexer als zuvor, da mit ihr eine Bedingung verknüpft ist (e 4). Die Schülerinnen und Schüler müssen sich genau überlegen, was unter welcher Bedingung wie oft zu wiederholen ist.

Die Fähigkeit zu strukturieren ist beim Erlernen jeder Program-miersprache von grundlegender Wichtigkeit. Hier wird sie auf

e 2

e 3

e 4

Umwelt 4.0: VPLS – Vacation Plant Life Saver<22>

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eine sehr spielerische Art und Weise vermittelt, denn die Schü-lerinnen und Schüler können einfach ausprobieren, was pas-siert, wenn sie eine falsche Wiederholungsstruktur nutzen bzw. nicht an die notwendige Bedingung zum Abbruch der Wiederholung denken.

Für Schülerinnen und Schüler mit rascher Auffassungsgabe besteht am Ende dieser Arbeitsphase die Möglichkeit, das Pro-gramm abzuändern und eigene Ideen auszuprobieren.

Erst in diesem sich anschließenden Schritt spielt auch die Variable „Temperatur“ im Programm eine Rolle. Ihr Wert wird per Zufallszahlengenerator zwischen 15 °C und 30 °C fest-gelegt. Der Wasserstand im Kübel ändert sich dann in Abhän-gigkeit von diesem Wert. (Arbeitsblatt 3[5])

Da die Programmstruktur des „neuen“ Gießprogramms somit sehr komplex ist, soll zunächst wieder ein zerlegtes Programm zu einem funktionierenden Programm zusammengesetzt wer-den. Dabei werden der Zufallszahlengenerator und die zweisei-tige Bedingung eingeführt, ebenso wie das Arbeiten mit Varia-blen und das Abfragen von Bedingungen wiederholt und vertieft. Erneut müssen sich die Schülerinnen und Schüler ge-nau überlegen, was unter welcher Bedingung wie oft wieder-holt werden sollte. (e 5)

Auch hier gibt es im Anschluss die Möglichkeit, das entstan-dene Programm zu individualisieren, wobei die Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrer Ideen und erworbenen Pro-grammierfähigkeiten arbeiten können.

Unbedingt sollten sie am Ende dieses ersten Projektteils, bei dem sie den Vacation Plant Life Saver virtuell umgesetzt haben, möglichst viele ihrer Programmierergebnisse präsentieren. Damit werden ihre Ideen gewürdigt und ihre Leistung aner-kannt.

<Teil 2: Regelmäßiges Gießen einer Pflanze gesteuert durch einen Mikrocontroller>Im Laufe des Projekts wurde schnell deutlich, dass sich einige Schülerinnen und Schüler nicht mit der virtuellen Lösung des Gießproblems zufriedengeben. Sie fragen nach Möglichkeiten, reale Pflanzen mithilfe ihres Programms wirklich zu gießen. Mit einem Mikrocontroller lässt sich das virtuelle Gießprogramm relativ leicht zur Steuerung eines realen VPLS verwenden, ins-besondere da viele dieser Minicomputer ebenfalls mit Scratch oder einer vergleichbaren App programmierbar sind.

In unserem Projekt kommt der Calliope mini[1] zum Einsatz, eine Weiterentwicklung des BBC micro:bit[6], der zusätzlich über leicht nutzbare „Plug-and-play“-Funktionen wie Berüh-rungssensoren und Motorenanschlüsse verfügt. Aber auch mit allen anderen in der Schule üblicherweise verwendeten Mikrocontrollern wie LEGO EV3, LEGO NXT, Arduino, Raspberry Pi, Teensy, … kann die Steuerung des VPLS erfolgen[5].

Um den Calliope mini zu programmieren, wird er einfach per USB-Kabel mit dem Computer verbunden. Als Programmier-oberfläche eignet sich Open Roberta Lab[7], welche verschie-dene Mikrocontroller unterstützt (alternative Editoren sind im Zusatzmaterial aufgeführt[5]). Die Programmieroberfläche ist in verschiedenen Sprachen verfügbar. Diese lassen sich schnell mit einem Klick auf das Erdkugel-Symbol ändern, nachdem man den Mikrocontroller ausgewählt hat, in unserem Fall den Calliope mini.

Eine einfache Version des VPLS könnte folgendermaßen funktionieren: 1. Die Feuchtigkeit der Erde wird ständig gemessen. 2. Ist die Erde zu trocken, wird eine bestimmte Menge

Wasser über eine Pumpe zugeführt, bis der Boden feucht genug ist.

Der Mikrocontroller muss also die Feuchtigkeit des Bodens messen und den Motor einer Wasserpumpe betreiben können. e 5

Umwelt 4.0: VPLS – Vacation Plant Life Saver <23>

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Der Calliope mini verfügt über vier Berührungssensoren, die aus physikalischer Sicht lediglich die elektrische Leitfähigkeit zwischen den Anschlusspunkten messen. Da Wasser elektri-schen Strom leitet, besitzt feuchter Boden eine höhere Leitfä-higkeit als trockener Boden. Als Sensoren verwendet man zwei Kupferdrähte, die man mit etwas Abstand in den Blumen-topf steckt. Diese werden durch Krokodil-Kabel mit dem Callio-pe mini an den Eckkontakten ( - , P1) verbunden. Der Sensor

„analoger Pin“ P1 liefert nun einen Wert zwischen 0 und 1023. Sinkt die Leitfähigkeit unter einen bestimmten Wert, dann wird die Pumpe aktiviert, die die Pflanze mit Wasser versorgt. (e 6)

Wesentlicher Bestandteil der Pumpe ist ein kleiner Elektromo-tor, der je nach benötigter Leistung direkt oder mithilfe eines zusätzlichen Motortreibers an den Calliope mini angeschlos-sen wird. Zwei Motorausgänge (A, B) stehen unter dem Menü Aktion/Bewegung zur Verfügung. Mit dem Wert „Tempo %“ lässt sich die Wassermenge der Pumpe einstellen.

Sowohl beim Bau der Pumpe als auch beim Aufbau des Motor-treibers ist etwas handwerkliches Geschick gefragt, im Online- Material [5] stellen wir entsprechende Bauanleitungen zur Ver-fügung. Die Kosten für die Pumpe belaufen sich auf wenige Euro.

Die Arbeit mit dem realen VPLS bietet den Schülerinnen und Schülern zahlreiche Fragestellungen zur Optimierung und Ver-tiefung, beispielsweise:

↪Benötigen unsere Pflanzen viel oder wenig Wasser? Wie groß muss der gesamte Wasservorrat sein? ↪Welcher ist der beste Gießzeitpunkt? Ist es besser nur einmal am Tag viel zu gießen oder mehrmals wenig? ↪ In welcher Bodentiefe sollten die Feuchtigkeitssensoren am besten messen? Welches ist der beste Abstand für die Sensoren? ↪Wie lange reicht die Energieversorgung des VPLS? Lässt sich die Energieeffizienz der Pumpe steigern, sodass der VPLS während der gesamten Ferien gießt?

Den Schülerinnen und Schülern bieten sich verschiedenste Ansätze aus den Bereichen Biologie und Physik zur Weiterar-beit am VPLS-Projekt an. Interessant wäre sicher auch eine Anbindung und Überwachung über das Internet. Dies ginge weit über die von uns mit dem VPLS angestrebte Einführung ins Programmieren hinaus, zeigt aber die Möglichkeiten, die sich aus einer einfachen Fragestellung ergeben können.

<Übertragbarkeit in andere Programmiersprachen>Sehr leicht lässt sich das Projekt in Snap![8], eine Weiterent-wicklung von Scratch[2], übertragen. Programmbeispiele sind

e 6: Calliope mini steuert den VPLS

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online erhältlich[5]. Diese beiden Programmiersprachen eig-nen sich besonders gut für ein Projekt, das sich an Program-mieranfängerinnen und -anfänger richtet, weil sie anschaulich sind und dazu ermutigen, Ideen per „drag and drop“ einfach auszuprobieren.

<Fazit>Programmieranfängerinnen und -anfänger machen im Laufe dieses alltagsnahen Projekts ihre ersten Programmiererfahrun-gen und lernen wichtige Grund lagen einer Programmierspra-che kennen. Dabei liegt der Fokus nicht darauf, deren Syntax und das Vokabular zu lernen, sondern die Wirkung bestimmter Strukturen auszuprobieren: „Was funktioniert wie und warum?“. Fehler sind hier durchaus erwünscht, denn sie lassen sich in der Regel leicht finden und erklären und tragen somit dazu bei, zu verstehen, wie eine Programmiersprache funktioniert.

Zudem gibt der vorgegebene Rahmen den Schülerinnen und Schülern einerseits Sicherheit (wer unsicher ist, löst eben nur das Puzzle), andererseits gibt es für diejenigen, die die „Pflicht-aufgaben“ schnell erledigen viel Raum für Kreativität.

Aus dem Projekt heraus sind einige Ideen entstanden, z. B. einen „echten“ Gießroboter zu bauen oder ein Gießspiel zu entwickeln. In jedem Fall haben die Schülerinnen und Schüler positive erste Programmiererfahrungen gemacht, die hoffent-lich lange nachwirken.

Schwierig war mitunter der an unserer Schule vorgegebene Zeitrahmen von 45 Minuten. Manchmal hat allein der rein orga-nisatorische Teil (Anmelden am Rechner, Dateien öffnen, Dateien speichern, Abmelden vom Rechner) 15 Minuten gekostet, so-dass die echte Programmier- und Arbeitszeit zu kurz kam. Man kann als Lehrkraft für ein Projekt einen Lehrerzugang bei Scratch[2] anfordern, unter dem man eine Klasse einrichten und Materialien hinterlegen kann, was sehr hilfreich ist.

<Kooperationsmöglichkeiten>Da es sich beim VPLS um eine Einführung ins Programmieren handelt, bieten sich zunächst kaum Möglichkeiten einer Ko-operation an. Sobald das Projekt auf die reale Steuerung eines Mikrocontrollers übertragen wird, sind Kooperationen unter Schülerinnen und Schülern hiflreich, da sich der Schwierig-keitsgrad des Problems durch den Einsatz von zusätzlichen Komponenten (Sensoren, Pumpe) erhöht. Möglich wäre etwa, dass ältere Schülerinnen und Schüler beim Bau der Pumpe hel-fen. Auch eine internationale Kooperation zwischen Schulen, die am VPLS-Projekt arbeiten, ist denkbar.

Es wäre möglich, gemeinsam eine Datenbank für unterschied-liche Pflanzen zu erstellen, sodass sich der VPLS leicht auf die

individuellen Eigenschaften verschiedener Pflanzen arten an-passen lässt. Gelingt die Anbindung des VPLS über das Internet könnten sogar internationale Gieß-Patenschaften entstehen!

<Quellen und Hinweise>[1] www.calliope.cc[2] www.scratch.mit.edu[3] www.calliope.cc/los-geht-s/editor[4] https://scratch.mit.edu/projects/editor/?tip_

bar=getStarted (29.11.2018)[5] Sämtliches Zusatzmaterial ist erhältlich auf

www.science-on-stage.de/coding-materialien.[6] www.microbit.co.uk/home[7] https://lab.open-roberta.org [8] https://snap.berkeley.edu

Umwelt 4.0: VPLS – Vacation Plant Life Saver <25>

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Der Zauberhandschuh<Autorin> Annamária Lőkös

<Autorin> Camelia Ioana Rațiu

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<Schlagwörter> Experiment, Umgebung, Temperatur, Feuchtigkeit, Helligkeit, Magnetfeld

<Unterrichtsfächer> Physik, Chemie, Biologie, Ökologie, Informatik

<Altersgruppe> 10–18 Jahre <Stufe 1> Primarstufe (Alter: 10–11 Jahre) und Sekundarstufe I (Alter: 12–15 Jahre) <Stufe 2> Sekundarstufe II (Alter: 15–18 Jahre)

<Hardware> Arduino UNO[1], mit Arduino kompatible Sensoren (z. B. Lichtsensor, Temperatursensor, Magnetfeldsensor, Feuchtigkeitssensor, Gassensor), LCD-Tasten-Shield, Schaltdrähte, externe Batterie

<Programmiersprache> C[2], Arduino 1.8.5[3], Snap![4]

<Programmierniveau> mittel

<Zusammenfassung>Die Technologiebegeisterung von Kindern und Jugendlichen sorgt für den Erfolg dieser Unterrichtseinheit, bei der Natur-wissenschaften mit Informatik verbunden werden. Die Schüler-innen und Schüler entwerfen und bauen einen Handschuh mit unterschiedlichen Sensoren an jedem Finger. Sie können die verschiedensten Experimente durchführen, indem sie einfach den benötigten Sensor anschließen.

<Vorstellung des Konzepts>Ein Gerät (Handschuh) mit mehreren Sensoren für unterschied-liche Messungen bietet zwei Vorteile. Zum einen können die Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe mit dem „magischen“ Handschuh Temperatur, Helligkeit, Feuchtig-keit, das Vorhandensein eines Magnetfelds, Schallintensität usw. messen. Dazu wählen sie einfach den gewünschten Sensor aus, und schon sind sie bereit die zahlreichen Anwen-dungsmöglichkeiten des Handschuhs in verschiedenen Unter-richtsfächern und Themenbereichen zu entdecken. Zum anderen kann der Handschuh, da er batteriebetrieben ist, nach draußen mitgenommen werden, was das Forschen au-ßerhalb des Labors ermöglicht. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II können selbst einen Handschuh konstru ieren, um bestimmte Experimente durchzuführen. Sie sind bereits mit Theorien aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Fachbereichen (Physik, Chemie, Biologie, Ökologie) vertraut und genießen die Möglichkeit, diese praktisch zu erforschen.

Damit die Schülerinnen und Schüler mit Arduino[1] program-mieren können, müssen ihnen die Lehrkräfte zuerst die Grundkonzepte der Programmierung in C[2] oder einer anderen von Arduino unterstützten Programmiersprache, z. B. Snap![4],

vermitteln. Die Schülerinnen und Schüler können sich diese Grundkenntnisse aneignen, indem sie sich Tutorials anschauen. Dadurch bekommen sie ein besseres Verständnis dafür, wie Programme geschrieben sein sollten. Sie werden überrascht sein, wie einfach die Programmierung ist und ihr Selbstver-trauen wird gestärkt.

<Praktische Umsetzung><Stufe 1>Der Handschuh verfügt über eine LCD-Anzeige mit Tasten. Die Schülerinnen und Schüler ziehen den Handschuh an und wäh-len den gewünschten Sensor mit den UP/DOWN-Tasten aus, drücken dann die SEL-Taste und die Messung beginnt. Das Display zeigt einen Wert an und die Messung kann beliebig oft wiederholt werden. Um zur Startseite zu gelangen, drücken sie die BACK-Taste. Als Beispiel sehen Sie die Bestimmung der Pole eines Magneten in e 1a–1c.

e 1a–c: Bestimmung der Pole eines Magneten

{ Magnetism Value: North

{ Magnetism Value: none

{ Magnetism Value: South

<Stufe 2>Die Klasse kann in vier Gruppen aufgeteilt werden. Eine Gruppe schneidet die Handschuhteile zu und näht sie zusammen, eine erstellt den Schaltkreis, eine weitere übernimmt die Pro-grammierung und die vierte Gruppe kalibriert die Sensoren.

<Info>

Umwelt 4.0: Der Zauberhandschuh <27>

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<Herstellung des Handschuhs>Die Schülerinnen und Schüler erstellten ein Schnittmuster (e 2), nachdem sie Anleitungen im Internet recherchiert hatten.[5] Sie falteten das Material (in unserem Fall Leder, aber auch andere Materialien sind geeignet) drei Mal und schnitten die Teile anhand des Schnittmusters aus. Dann nähten sie zwei der identischen Teile zusammen. Das letzte Teil wurde aufgenäht, nachdem der Arduino mit der LCD-Anzeige und den Sensoren auf dem Handrücken angebracht wurde. Die Öffnun-gen für die LCD-Anzeige und die Tasten wurden aus diesem dritten Teil ausgeschnitten.

<Aufbau des Schaltkreises>Die Schülerinnen und Schüler zeichneten zuerst einen Schalt-plan, den sie vorher mit der Lehrkraft besprochen und analysiert hatten. Der Schaltkreis kann entweder fixiert (verzinnt) oder nicht fixiert werden. Wichtig ist, dass die Sensoren an die rich-tigen Pins am Arduino angeschlossen werden, nämlich der GND des Sensors an den GND der Platine, der VCC des Sensors an den 5V der Platine, und der OUT des Sensors an den ANALOG IN (A0, A1, A2, A3, A4 oder A5) der Platine. Wenn ein Sensor an den DIGITAL IN angeschlossen werden soll, muss darauf geach-tet werden, dass nicht einer der Eingänge für die LCD-Anzeige verwendet wird, da sonst Betriebsfehler auftreten. In unserem Beispiel haben wir die folgenden Sensoren angeschlossen: Temperatur (A1), Licht (A2), Feuchtigkeit (A3), Magnetismus (A4) und Distanz (A5) (e 3a–3e).[6]

<Programmieren des Schaltkreises>Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II, die die Program-miersprache C[2] schon erlernt haben, können den Arduino[1] leicht programmieren. Online gibt es zahlreiche Tutorials in vielen Sprachen, unsere Klasse konsultierte beispielsweise eine Webseite auf Rumänisch[7]. Unter anderem gibt es engli-sche Tutorials auf der Webseite von Arduino oder auf denen der verschiedenen Anbieter von Mikrocontrollern und Sensoren.[8] Natürlich sind noch viele mehr im Internet zu finden.

Die Lehrkraft kann beim Schreiben des Programms für den Arduino unterstützen. Das gesamte von uns verwendete Pro-gramm findet sich online.[9]

<Sensoren kalibrieren>Natürlich sind bereits kalibrierte Sensoren erhältlich, aber es gibt auch nicht kalibrierte, und es macht den Schülerinnen und Schülern durchaus Spaß herauszufinden, wie man sie kalibriert. Die Kalibrierformeln einiger Sensoren finden sich im Internet. So gibt es für den Feuchtigkeitssensor-Baustein[6] etwa eine Formel, da die Funktion, die die Variation der ange-zeigten Werte beschreibt, nicht linear ist.

Zur Kalibrierung des Temperatursensors wurden die Werte no-tiert, die der Sensor anzeigte. Es wurde ein kalibriertes Ther-

e 2: Schnittmuster des Handschuhs

e 3a–e: Sensoren

Temperatur

Licht

Feuchtigkeit

Magnetismus

Distanz

Umwelt 4.0: Der Zauberhandschuh<28>

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mometer im Labor hinzugezogen und der angezeigte Wert mit dem Thermometerwert in Verbindung gebracht. Die Schülerin-nen und Schüler fanden heraus, dass dieser Sensor linear va-riiert und erarbeiteten so die Kalibrierformel. Im Zusatzmate-rial finden Sie weitere Beispiele mit Kalibrierformeln für den Feuchtigkeits- und den Temperatursensor.[9]

Nachdem die Kalibrierung der Sensoren und die Programmie-rung abschlossen waren, wurde überprüft, ob die Handschuh-finger korrekt zu den auf der Anzeige erscheinenden Daten passten. Dann wurde der Handschuh fertig zusammengesetzt. Der letzte Schritt war das Zusammennähen und Annähen der äußeren Materialschicht. Um die Sensoren besser an den Fin-gern zu befestigen, verwendeten die Schülerinnen und Schüler Befestigungsringe (e 4).

<Algorithmus in anderen Sprachen>Wenn Sie in einer anderen Programmierumgebung arbeiten möchten, finden Sie online ein Diagramm mit allen erforderli-chen Elementen für das Hauptprogramm.[9]

<Fazit>Schülerinnen und Schüler entdecken gerne Neues und sind sehr erfinderisch. Sie mögen es zu experimentieren, und der Handschuh sieht außerdem aus, als käme er aus einem Science-Fiction-Film. Schülerinnen und Schüler der Sekundar-stufe II schätzen es, dass sie programmieren und sofort sehen können, ob ihr Programm auch wirklich funktioniert.

Dies war die erste Erfahrung dieser Art für uns: Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler lernten gemeinsam sehr viel dazu.

Die Schwierigkeit bei diesem Projekt ist, die richtigen Sen-soren[6] zu finden und zu kalibrieren, aber es gibt Lösungen hierfür. Wenn eine Kalibrierformel einmal nicht zu finden oder nicht verfügbar ist, können bereits kalibrierte Sensoren einge-setzt werden, die jedoch teurer sind.

Dieser Handschuh kann auch mit dem Calliope mini konstru-iert werden, wodurch er leichter und kleiner wird. Unsere Schü-lerinnen und Schüler wollen solch einen Handschuh entwi-ckeln, auch wenn die Programmiersprache eine andere ist.

<Kooperationsmöglichkeiten>Schülergruppen aus verschiedenen Schulen und Ländern kön-nen diese Handschuhe unter Verwendung unterschiedlicher Mikrocontroller und geeigneter Sensoren bauen, sich darüber austauschen und ihre Ergebnisse vergleichen. Beim Hand-schuhdesign ist die Unterstützung einer Lehrkraft aus dem Fachbereich Kunst denkbar. Eine weitere Option ist, einen Wettbewerb unter Schulen zu organisieren, bei dem die Schü-ler innen und Schüler ihre eigenen Designs einreichen.

Der Handschuh lässt sich leicht per Post verschicken, sodass Schülerinnen und Schüler mit einem Handschuh aus anderen Schulen oder Ländern experimentieren können.

<Quellen und Hinweise>[1] www.arduino.cc[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Java_(Programmiersprache)[3] www.arduino.cc/en/Main/Software[4] https://snap.berkeley.edu[5] Verschiedene Webseiten mit Unterlagen und Tutorials für

das Nähen von Handschuhen: http://ofdreamsandseams.blogspot.ro/2012/04/1950s-hand-sewn-leather-gloves.html, https://so-sew-easy.com/easy-gloves-pattern-winter-comfort, http://sew-ing.com/make/gloves.html, www.glove.org/Modern/myfirstgloves.php, www.instructables.com/id/How-to-Make-Gloves (alle Dezember 2018)

[6] Wir verwendeten die Sensoren im Sensoren-Kit 37 in 1 von Arduino. Der Feuchtigkeitssensor, den wir nutzen, ist der HIH-4030 von Sparkfun, code: DEN-VRM-09.

[7] www.robofun.ro (Tutorials auf Rumänisch: Jedes Produkt enthält eine Anleitung, wie es an den Schaltkreis ange-schlossen und welche Programmiersprache verwendet werden muss. Die Webseite enthält Diagramme und Skiz-zen, Sensoren oder andere Komponenten sind auf Fotos abgebildet und das Programm ist explizit geschrieben, sodass Rumänischkenntnisse nicht erforderlich sind.)

[8] http://mthackathon.info/resources/37-SENSOR-KIT-TUTORIAL-FOR-UNO-AND-MEGA.pdf (Die Tutorials sind in Englisch und enthalten Anleitungen zur Verbindung der Sensoren aus dem Kit an den Arduino.) (Dezember 2018)

[9] Sämtliches Zusatzmaterial ist erhältlich auf www.science-on-stage.de/coding-materialien.

e 4: Befestigung der Sensoren

Umwelt 4.0: Der Zauberhandschuh <29>

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<Autor> Ilia Mestvirishvili

<Autor> David Shapakidze

ScienceFriction

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<Schlagwörter> Reibungskraft, Bremsweg, Anti-Blockier- System (ABS), App-Programmierung, Datenerhebung

<Unterrichtsfächer> Physik, Informatik, Mathematik

<Altersgruppe> 14+ Jahre

<Hardware> Arduino[1], Servomotor, Motor, Bluetooth-Mo-dul, Motor-Shield, Photogate

<Programmiersprache> Arduino Programmierumgebung[2], AppInventor[3], Snap4Arduino[4], Blockly[5]

<Programmierniveau> leicht, mittel

<Zusammenfassung>Mit dem Bau eines preisgünstigen, Bluetooth-gesteuerten Autos mit einfachem Bremssystem wird die Untersuchung der verschiedenen Faktoren, die die Reibungskraft beeinflussen, zu einem interessanten und unterhaltsamen Experiment. So können die Schülerinnen und Schüler Echtdaten beobachten, wie z. B. die Geschwindigkeit vor dem Abbremsen, den Brems-weg und welchen Einfluss die Masse des Autos und die Ober-flächenbeschaffenheit auf die Reibungskraft haben. In Experi-menten untersuchen sie mit guter Genauigkeit die Beziehung zwischen diesen Faktoren und können so eigene und von der Lehrkraft vorgeschlagene Hypothesen überprüfen.

<Vorstellung des Konzepts> Die Reibung ist eine sehr wichtige Kraft im Alltag und wird im Physikunterricht sowohl auf Mittel- als auch Oberstufen niveau vermittelt. Herkömmliche Experimente mit der Reibungskraft sind jedoch begrenzt und nicht sehr unterhaltsam. Dieses Pro-jekt macht die Erforschung der Reibungskraft zu einer span-nenden Gruppenarbeit mit folgenden Zielen:1. Bau und Feinabstimmung eines Autos2. Programmierung eines Arduino Mikrocontrollers[1] für die

Messung der Momentangeschwindigkeit und des Brems-wegs

3. Programmierung einer Smartphone-App mit AppInventor[3] für das Senden, Empfangen und Anzeigen von Echtdaten auf dem Smartphone

<Praktische Umsetzung>Da diese drei Aufgaben zuerst einmal parallel erarbeitet und gelöst werden können, empfehlen wir, Gruppen mit je zwei oder drei Schülerinnen und Schülern getrennt daran arbeiten zu lassen. Hierbei können sich die Arbeitsgruppen austauschen.

Wenn im Lehrplan die Einführung der Reibung vorgesehen ist, können die Lehrkräfte die Inhalte parallel zu diesem Projekt

unterrichten, wodurch die Schülerinnen und Schüler motivier-ter sind und die theoretischen Konzepte leichter verstehen. Am besten startet man das Projekt mit den folgenden Fragen und gibt den Schülerinnen und Schülern dann Zeit zur Erarbei-tung eigener Ideen, Voraussagen und Hypothesen:

↪Welche Beziehung besteht zwischen der Geschwindigkeit eines Autos und dem Bremsweg? (Die Antworten können verschieden ausfallen, z. B. „der Bremsweg verhält sich proportional zur Geschwindigkeit vor dem Abbremsen“, oder einige werden sich aus dem Physikunterricht „erin-nern“, dass sich der Bremsweg proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit verhält.) ↪Wie würde eine größere Automasse den Bremsweg beein-flussen, vorausgesetzt, dass alle anderen Faktoren nicht verändert werden? (Eine gängige Antwort ist, dass die Erhöhung der Masse den Bremsweg verlängert.) ↪Wie sollten wir die Bremsen einsetzen, um das Auto so rasch wie möglich zum Stillstand zu bringen? (Mögliche Antworten: am besten die Räder vollständig blockieren; die Räder in die entgegengesetzte Richtung drehen lassen, um das Auto rascher anzuhalten; usw.) ↪Wenn die Vorder- und Hinterradbremsen identisch sind, wird das Auto in der gleichen Zeit zum Stillstand kommen? (Schülerinnen und Schüler können ihre eigenen Erfahrun-gen mit Fahrrädern einbringen.) ↪Weitere Fragen können von der Lehrkraft oder den Schüler-innen und Schülern kommen.

Nachdem die Schülerinnen und Schüler ihre anfänglichen Ideen notiert haben, überlegen sie im nächsten Schritt, wie sie ein einfaches Auto bauen können und welche Daten sie benö-tigen, um ihre anfänglichen Ideen zu prüfen und weiterzuent-wickeln. Die Lehrkraft kann diesen Prozess vereinfachen und vorschlagen, ein Auto zu bauen, das relevante Daten sammeln und an ein Smartphone senden kann, welches wiederum so-wohl das Auto steuert als auch Daten empfängt und anzeigt.

Die Schülerinnen und Schüler können sich nun je nach ihren Interessen, Kenntnissen und Präferenzen in die eingangs ge-nannten drei Gruppen aufteilen. Natürlich kann auch nur eine Gruppe alle diese Aufgaben erarbeiten und lösen. Die nächs-ten Schritte im Projekt sind für beide Szenarien die gleichen.

<Bau eines Fahrgestells und Einbau der elektrischen Komponenten> Bei diesem Ansatz wird ein Auto mit dem kostengünstigen und jederzeit erhältlichen, in e 1 gezeigten Arduino[1] Fahrgestell-bausatz gebaut. Wir möchten Lehrkräfte, sowie Schülerinnen und Schüler dazu ermutigen, verschiedene Ansätze zur Pla-nung und Umsetzung auszuprobieren, z. B. unterschiedliche

<Info>

<31>Wissenschaft in 0 und 1: Science Friction

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Methoden zur Datenerfassung und -übermittlung, zur Fern-steuerung des Autos sowie verschiedene Applikationen und Programmiersprachen.

Nachdem das Auto zusammengebaut und entschieden wurde, wo der Arduino und der Motor installiert werden, machen sich die Schülerinnen und Schüler Gedanken über die verschiedenen Möglichkeiten zur Messung der Autogeschwindigkeit. Wir em-pfehlen, ein Brainstorming durchzuführen und ihnen die Gele-genheit zu bieten, eigene Ideen vorzubringen. Mit der richtigen Unterstützung durch die Lehrkraft ist die beste und einfachste Vorgehensweise der Einsatz eines Photogates, damit die Dreh-geschwindigkeit eines frei drehenden Hinterrads gemessen werden kann, was danach eine Messung sowohl der momenta-nen Geschwindigkeit als auch der zurückgelegten Distanz erlaubt. Dies kann entweder mit dem Material des Arduino 4-Rad-Fahr-gestell-Bausatzes (4 wheel chassis kit) gemacht oder separat entwickelt werden, wenn die Lehrkraft dies bevorzugt.

Hier ist etwas Mathematik erforderlich, um die Anzahl der vom Photogate ermittelten Blockierereignisse in Geschwindigkeit oder Strecke umzuwandeln. Der Bausatz enthält eine Scheibe mit 22 Löchern und ein Rad mit einem Durchmesser von 5,1 ± 0,1 cm. So lässt sich leicht berechnen, dass ein vom Pho-togate ausgehender Impuls, der 1/22 einer vollen Radrotation ist, einer zurückgelegten Distanz d = 0,72 cm entspricht. Gleichzeitig misst und sendet das Photogate ein Zeitintervall t in Millisekunden zwischen den fortlaufenden Impulsen. Indem 0,72 cm durch dieses Zeitintervall dividiert wird, wird die mo-mentane Geschwindigkeit berechnet.

Unabhängig davon, ob Sie mit drei Gruppen oder nur mit einer arbeiten, können die folgenden Schritte ausgeführt werden. Eine einzelne Gruppe arbeitet dabei diese Schritte einfach nacheinander ab, während drei Gruppen sich die Aufgaben teilen.

<Arduino-Programmierung>Die Gruppe, die den Arduino[1] programmiert, arbeitet am Pro-gramm auf folgende Weise:1. Sie definiert die Aktionen und daraus folgend die Methoden

und Funktionen, die für die Erhebung und Bluetooth-Über-mittlung der erforderlichen Daten benötigt werden,

2. schreibt und testet jede Methode separat und 3. fügt alles zusammen.

Für Anfängerinnen und Anfänger wäre es gut, mit TinkerCad[6] zu starten, womit die Arduino-Schaltkreise online geplant und getestet werden können, sodass Ausbrennen oder ein Kurz-schluss schon in der Prototyp-Phase vermieden werden können.

Wir erklären nun jeden Schritt detaillierter:1. Die erforderlichen Aktionen sind: Motor starten und aus-

schalten, Bremsen aktivieren und deaktivieren, Distanz messen, Geschwindigkeit messen, Daten über Bluetooth senden und empfangen.

2. Der entscheidende Teil ist das Schreiben je eines Programms zur Messung der Geschwindigkeit und der zurückgelegten Distanz während eines Experiments. Beide Programme nutzen die Impulse des Photogates und werden aktiviert, wenn von der Smartphone-App via Bluetooth „2“ empfan-gen wird:

↪ Für die Distanzmessung gibt es einen Zähler, der die Impulse zu zählen beginnt, die von einem frei drehen-den Hinterrad an den Arduino gesendet werden, sobald die Bremsen an den Vorderrädern aktiviert werden.

↪ Um die momentane Geschwindigkeit zu messen, wer-den die Zeitintervalle zwischen den Impulsen erfasst. Die Distanz, die ein Hinterrad während eines Impulses zurücklegt, beträgt 0,72 cm. Somit muss dieser Wert durch das Zeitintervall zwischen den Impulsen dividiert werden.

e 1: Vollständiger Fahrgestellbausatz

Wissenschaft in 0 und 1: Science Friction<32>

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↪ Die Funktionalität eines Anti-Blockier-Systems (ABS) könnte umgesetzt werden, indem die Bremsen einmal alle 50–200 ms (experimentell optimiert) aktiviert und deaktiviert werden, was in den meisten Fällen zu einem kürzeren Bremsweg führt.

3. Bei der Zusammenstellung eines Programms für den Arduino muss beachtet werden, dass alles in einer großen Schleife abläuft. Folglich sind bei einer Unterbrechung des Programms an einer beliebigen Stelle alle anderen Schritte betroffen.

Das Musterprogramm und die Nachweise anderer Quellen für jede dieser Funktionalitäten sind online verfügbar[7], jedoch sollten die Schülerinnen und Schüler mit etwas Unterstützung durch die Lehrkraft ermutigt werden, ihr eigenes Programm zu schreiben.

<Android-Programmierung>Die Android-Programmiergruppe kann mit AppInventor[3] Mög-lichkeiten untersuchen, die Daten am Bildschirm anzeigen zu lassen (Benutzeroberfläche). Die Schülerinnen und Schüler entscheiden, wo und wie sie die Tasten für die Autosteuerung sowie die Anzeigefelder und Beschriftungen für die Datenan-zeige auf dem Bildschirm anordnen (e 2). Der Code für das AppInventor-Programm ist online verfügbar[7] und hat die fol-genden Funktionalitäten:1. Das Drücken der STArT-Taste sendet via Bluetooth eine „1“

an den Arduino, wodurch der Motor gestartet wird.2. Das Drücken der STOP-Taste sendet via Bluetooth eine „2“

an den Arduino, wodurch zuerst der Motor ausgeschaltet und dann die Bremsen aktiviert werden.

3. Das Drücken auf ABS sendet via Bluetooth eine „3“ an den Arduino, wodurch zuerst der Motor ausgeschaltet wird und dann die Bremsen in regelmäßigen Intervallen aktiviert und deaktiviert werden (Simulation der ABS-Funktion).

4. Nachdem STOP oder ABS gedrückt wurde, werden die emp-fangenen Daten über die momentane Geschwindigkeit vor dem Stoppen und über die Distanz, die das Auto nach dem Aktivieren der Bremsen zurückgelegt hat, d. h. der Brems-weg, in zwei entsprechenden Feldern mit den Beschriftun-gen „Geschwindigkeit“ (Veloctiy) bzw. „Distanz“ (Distance) angezeigt.

5. Die Taste ZUrüCKSETZEN sendet via Bluetooth „0“ an den Arduino, wodurch die Daten zur Geschwindigkeit und zur Distanz gelöscht werden und der Arduino zurückgesetzt wird.

Wir empfehlen, das zur Verfügung gestellte Programm als Re-ferenz für Lehrkräfte zu nutzen und den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu geben, AppInventor[3] auszupro-bieren und ihr eigenes Programm mit den genannten Funktio-nalitäten zu schreiben.

<Bau des Autos>Die Gruppe, die das Auto baut, muss überlegen, wo und wie die Komponenten, d. h. Motor, Photogate, Servomotor, Batterien, Bluetooth-Modul, Motor-Shield und die Arduino-Platine selbst, befestigt werden sollen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass der sich drehende Servomotor einen Griffzapfen mit einem Gummischlauch fest gegen die drehende Scheibe drückt, die an der Vorderradachse befestigt ist (e 3).

e 2: Benutzeroberfläche der App

e 3: Das Bremssystem

<33>Wissenschaft in 0 und 1: Science Friction

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Es muss ausreichend Kraft ausgeübt werden, um die Räder sofort anzuhalten. Die Position des Photogates ist ebenso wichtig. Außerdem müssen alle Impulse korrekt gezählt wer-den – der empfohlene Photogate-Arduino-Sensor verfügt über eine eingebaute LED, die blinkt, sobald etwas in die Photo gate-Lücke kommt. Stellen Sie also sicher, dass das Photogate die Umdrehungen korrekt zählt, wenn sich die Hinterräder drehen (e 4).

Außerdem müssen sich die Hinterräder jederzeit so frei wie möglich drehen. Denken Sie bitte daran, dass die freie Dre-hung der Hinterräder dazu dient, die Geschwindigkeit und die Distanz zu messen. Wenn das Auto fertig gebaut ist, sollte es ungefähr so aussehen wie in e 5.

Wir empfehlen, detaillierte Richtlinien bereitzuhalten, aber den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu bieten, eigene Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

e 5: Das fertige Auto

e 4: Das Photogate

Wissenschaft in 0 und 1: Science Friction<34>

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<Fazit>Das Projekt bietet großartige Experimentiermöglichkeiten zum Verständnis von Grundkonzepten der Physik wie Haft- und Gleitreibung, aber gleichzeitig auch von relativ modernen Technologien wie ABS. Hier kommen Physik, Elektronik, Pro-grammierung und Design zusammen und ermöglichen es, Faktoren zu erforschen, die den Bremsweg eines Autos beein-flussen. Echte experimentelle Daten sind immer eine Heraus-forderung, wenn es um Interpretation und Analyse geht. Wichtige Konzepte wie Messunsicherheit, Aussagekraft, Re-produzierbarkeit und Visualisierung müssen mitberücksich-tigt werden. Das Projekt ermög licht es den Schülerinnen und Schülern, die Reibungskraft auf praktische Weise zu erfahren und zu verstehen.

<Kooperationsmöglichkeiten>Dieses Projekt bietet großes Potential zur Teamarbeit, da seine drei unabhängigen Elemente – Konstruktion des Autos, Pro gram mierung des Arduino[1] und Programmieren mit AppInventor[3] – weiterentwickelt und verbessert werden können. Dabei können alle in ihrer Arbeit gegenseitig vonein-ander profitieren.

Eine weitere Option zur Zusammenarbeit ist ein Wettbewerb zwischen Schulteams, bei welchem ein Auto mit den gleichen Rädern und der gleichen Masse möglichst schnell zum Still-stand gebracht werden muss; unter der Voraussetzung, dass der „Straßen“-Belag und die Geschwindigkeit vor dem Abbrem-sen dieselben sind.

Ein besonderer Dank gilt unseren griechischen Kollegen: Astrinos Tsoutsoudakis für seine wichtigen Vorschläge bezüg-lich der physikalischen Aspekte dieses Projekts und Georgios Georgoulakis für seine äußerst hilfreichen Programmiertipps. Vielmals bedanken wir uns auch bei Jörg Gutschank für seine ausführlichen Rückmeldungen sowie seine Unterstützung, die dieses Projekt interessanter und leichter reproduzierbar gemacht haben.

<Quellen und Hinweise>[1] www.arduino.cc[2] www.arduino.cc/en/Guide/Environment[3] http://appinventor.mit.edu[4] http://snap4arduino.rocks[5] https://developers.google.com/blockly[6] www.tinkercad.com/circuits[7] Sämtliches Zusatzmaterial ist erhältlich auf

www.science-on-stage.de/coding-materialien.

<35>Wissenschaft in 0 und 1: Science Friction

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<Autor> Georgios Georgoulakis

<Autor> Astrinos Tsoutsoudakis

RollingSounds

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<Schlagwörter> Grundlagenwissenschaft, Datenerfassung, Kreisbewegung, Schallwellen, Geometrie, Trigonometrie

<Unterrichtsfächer> Physik, Mathematik, Informatik

<Altersgruppe> 14–17 Jahre

<Hardware> Arduino Mikrocontroller[1] oder ähnliches Gerät (entsprechende Treiber bereits installiert), Mikrofon, Summer mit hoher Ausgangsleistung, Bohr-maschine mit Grundplatte, Material für den Versuchs-aufbau aus Holz

<Programmiersprache> Snap4Arduino[2]

<Programmierniveau> mittel

<Zusammenfassung>Diese fächerübergreifende Unterrichtseinheit kombiniert Physik mit Informatik und kann in beiden Unterrichtsfächern eingesetzt werden. Mit zwei unterschiedlichen Methoden wer-den hier die Bahngeschwindigkeit der Rotation sowie weitere physikalische Größen bei der gleichmäßigen Kreisbewegung bestimmt.

Anhand der ersten Methode wird ermittelt, wie oft das Signal eines Infrarot-Distanzsensors durch einen kleinen Metallstrei-fen unterbrochen wird, der auf einer sich drehenden Scheibe befestigt ist, wodurch die Periodendauer gemessen wird. Mit der zweiten Methode wird die Dopplerverschiebung einer Ton-quelle, die sich auf der Scheibe befindet, untersucht.

<Vorstellung des Konzepts> Die experimentelle Untersuchung von physikalischen Größen (Periode T, Frequenz f, lineare Geschwindigkeit v und Winkel-geschwindigkeit ω) einer regelmäßigen Kreisbewegung basiert auf dem Wissen, das in Griechenland in der Oberstufe (Alters-gruppe: 14–17 Jahre) vermittelt wird und auch in den Lehr-plänen anderer europäischer Länder für die Sekundarstufe zu finden ist. Dies umfasst auch das Kennenlernen des Doppler-effekts. Frequenz und Höhe der Winkelgeschwindigkeit und der Bahngeschwindigkeit werden mit den folgenden bekann-ten Formeln ermittelt:

f = 1 T

, ω = 2π

T und v =

2πr T

T wird mithilfe der internen Uhr des Mikroprozessors bestimmt, d. h. die Zeit zwischen der Erfassung der einzelnen Signale. Der Radius r steht für die Distanz zwischen dem Metallstreifen – oder dem Summer – und dem Scheibenmittelpunkt.

<Experiment zum Dopplereffekt>Der Dopplereffekt ist die Veränderung der Frequenz oder Wellenlänge einer Welle, wenn sich die Quelle relativ zum Be-obachter bewegt. Ein bekanntes Beispiel aus dem Alltag ist das Phänomen der sich ändernden Sirenentonhöhe eines fah-renden Krankenwagens. Wenn sich der Krankenwagen nähert, ist der wahrgenommene Ton höher als der eigentlich emittier-te Ton; wenn sich der Krankenwagen entfernt, ist der Ton tiefer. Nur gerade in dem Moment, in dem der Krankenwagen am Beobachter vorbeifährt, entspricht der wahrgenommene Ton dem gesendeten.

In unserem Experiment benutzen wir einen Summer auf einer Drehscheibe als Tonquelle und ein statisches Mikrofon als Beobachter (siehe e 1).

Wenn sich die Scheibe gegen den Uhrzeigersinn dreht (e1), erhöht sich die Geschwindigkeitskomponente parallel zur Kreissehne, die den Punkt B0 mit dem Punkt B, wo sich der Summer befindet, verbindet, von null auf ein Maximum bei B1, und nimmt in der Folge am Punkt B2 wieder auf null ab. Diese Geschwindigkeitskomponente ist die eigentliche relevante Geschwindigkeit für den Dopplereffekt. Von Punkt B2 bis B3 er-höht sich die Geschwindigkeitskomponente, die jetzt für die Annäherungsgeschwindigkeit steht, von null auf ein Maximum bei Punkt B3 und nimmt dann wieder bei Punkt B0 auf null ab.

Indem wir die Dopplerverschiebungsformel für eine bewegte Quelle bei B3 verwenden und der Beobachter dabei stillsteht, können wir die Bahngeschwindigkeit leicht berechnen. Die

<Info>

B0 v

vv

v

vD

vD

vD

α

α

Θ

0

B2

B3 B1

v

α

π/4

π/4

Mikrofon

e 1: Schema des Experiments

<37>Wissenschaft in 0 und 1: Rolling Sounds

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Bahngeschwindigkeit bleibt konstant senkrecht zum Kreis-radius, und der Winkel von π

4 ergibt sich aus den geometri-schen Eigenschaften des gebildeten rechtwinkligen und gleich-schenkligen Dreiecks B3OB0.

f = f0∙( vs

vs–vD) ⇒ f =

f0·vs

vs–vD ⇒ f·vs – f·vD = f0·vs  

⇒ f·vD = (f – f0)·vs ⇒ v·cos( π 4 ) = (

f – f0

f )vs

⇒ v = ( f – f0

f ) vs

cos( π 4 )

f: gemessene Frequenzf0: emittierte Frequenzv: Bahngeschwindigkeitvs: SchallgeschwindigkeitvD: für den Dopplereffekt wirksame Geschwindigkeit

Da die Umsetzung der schnellen Fourier-Transformation (Fast Fourier Transform, FFT) für die Extraktion des Frequenzinhalts eines produzierten Tons die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler weit übersteigt, erstellt eine freie Toneditiersoftware wie Audacity[3] eine geeignete Textdatei mit allen erforderlichen Daten.

<Zusätzliches Material>Eine weitere Methode, bei der ein Staudruck-Rohrsystem und ein Differenzdrucksensor verwendet werden, wurde aus Grün-den der Vereinfachung absichtlich nicht in diese Unterrichts-einheit miteinbezogen, jedoch sind alle Angaben dazu online

verfügbar.[4] Das Online-Material enthält eine detaillierte Be-schreibung des Versuchsaufbaus, alternative Konstruktions-möglichkeiten sowie eine theoretische Dokumentation und eine schrittweise Analyse der verwendeten Verfahren.

<Praktische Umsetzung>Bezüglich der physikalischen Aspekte der Unterrichtseinheit messen die Schülerinnen und Schüler die physikalischen Größen der Kreisbewegung bei unterschiedlichen Radien und erforschen den Dopplereffekt. Zuerst planen und konstruieren sie jedoch einen grundlegenden Versuchsaufbau.

<Der Versuchsaufbau>Die Schülerinnen und Schüler konstruieren einen Versuchs-aufbau mit einer Holzscheibe, die von einer Bohrmaschine an-

Fach für eine 9V Batterie

Summer

e 3: Die Scheibe von oben betrachtet

e 2: Grundlegender Versuchsaufbau

Wissenschaft in 0 und 1: Rolling Sounds<38>

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getrieben wird. Ein von einer 9V-Batterie betriebener Summer ist auf der Scheibe befestigt. Außerhalb angebracht, jedoch in unmittelbarer Entfernung, sendet ein Infrarot-Distanzsensor dem Mikrocontroller bei jeder vollen Rotation ein Signal, wäh-rend ein preisgünstiges Mikrofon den erzeugten Ton aufnimmt. Die Dopplerverschiebung sollte idealerweise bei der gewählten Rotationsgeschwindigkeit hörbar, jedoch aus Sicher heits-gründen niedrig sein. (e 2 und 3)

Um alle erforderlichen Parameter zu erfassen und die berech-neten Werte zu erhalten, wurde eine ansprechende, schüler-freundliche Benutzeroberfläche entwickelt (e 4).

Die Schülerinnen und Schüler benötigen Grundprogrammier-kenntnisse und eine gewisse Erfahrung mit blockbasierten Programmiersprachen (wie Scratch oder Snap!). Der Hauptgrund, warum wir eine Vorlage zur Erstellung des Programms anbie-ten, ist, dass der Schwerpunkt auf den Zielen der Unterrichts-einheit liegen soll und nicht auf der Benutzeroberfläche und der grafischen Ausgestaltung des Programms.

Deshalb stellen wir die Basisvorlage im xml-Format in Snap![5] und ein Aufgabenblatt zur Verfügung, das die grundlegenden Anweisungen zur Vorlage enthält und beschreibt, was wir von den Schülerinnen und Schülern erwarten. Sowohl die Vorlage als auch die Aufgaben sind online verfügbar.[4]

Die Schülerinnen und Schüler überprüfen und validieren die erhobenen Daten, kommunizieren mit den externen Geräten, erhalten und verarbeiten Sensordaten und schreiben einen einfachen seriellen Suchalgorithmus.

Für die Lehrkraft steht als Referenz auch das fertige Programm online zur Verfügung.[4]e 5 zeigt als Beispiel einen Screen-shot der Snap4Arduino Programmierumgebung[2]. Das entspre-chende Nassi-Shneiderman-Diagramm ist in e 6 dargestellt.

Wie bereits erwähnt, nutzen wir eine freie Toneditiersoftware wie Audacity[3] zur Extraktion des Frequenzinhalts des produ-zierten Tons. Die Software liefert eine geeignete Textdatei mit allen erforderlichen Daten und die Schülerinnen und Schüler lernen, wie ein Tonsignal mithilfe einer spezialisierten Soft-ware verarbeitet werden kann.

Der Signalimport und die wichtigsten Verarbeitungsschritte sind in den e 7–9 dargestellt, während e 10 einen Teil des abschließenden Datenexports zeigt. Um eine vertiefte Analyse zu vermeiden und den Schülerinnen und Schülern ein besse-res Verständnis zu ermöglichen, muss hier eine grobe Annah-me getroffen werden. Die gelb markierte Frequenz, welche die höchste Lautstärke aufweist, ist die Frequenz des stillstehen-den Summers oder diejenige, die an den Punkten B0 und B2 gemessen wird, während die blauen und grünen Werte die Werte darstellen, die zwischen unseren primären Frequenz-verschiebungen als nächstgelegene Spitzen liegen (e 10). Das vorgeschlagene Programm sucht jedoch nur die grünen Werte. Für eine größere Genauigkeit kann es aber auf einfache Weise so modifiziert werden, dass es beide Werte findet. Um die Suche zu beschleunigen, ist es möglich den Datenbereich

e 4: Die Benutzeroberfläche für das Experiment

e 5: Berechnung der Rotationsperiode

e 6: Nassi-Shneiderman-Diagramm für die Periode

<39>Wissenschaft in 0 und 1: Rolling Sounds

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auch auf nur 50–100 Werte oberhalb und unterhalb der Fre-quenz beim Höchstwert zu begrenzen.

Die Verarbeitung der Tonspektrumsdaten ist in e 11–12 dar-gestellt. Detaillierte Informationen, z. B. über die verwendeten Variablen, sind online verfügbar. [4]

e 7: Aufgenommene Schallwellenform

e 8: Spektrogramm mit Dopplerverschiebung

e 9: Frequenzanalyse durch schnelle Fourier-Transformation

Frequenz (Hz) Level (dB)

3273.046875 -27.597595

3275.738525 -22.331339

3278.430176 -12.437067

3281.121826 -7.5547090

3283.813477 -10.041918

3286.505127 -9.7750780

3289.196777 -16.848948

3291.888428 -26.916197

e 10: Exportierte Daten

e 11: Der Dopplerverschiebungsteil des Experiments[4]

Wissenschaft in 0 und 1: Rolling Sounds<40>

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<Algorithmus für andere Sprachen> Mit der Basisvorlage kann das Programm auf einfache Weise in eine andere Programmiersprache übertragen werden, da es eine Basisbibliothek für die Kommunikation mit dem Mikro-controller gibt. Somit ist die Wahl des Mikrocontrollers für das Projekt nicht von Bedeutung.

<Fazit> Ein preisgünstiges Projekt, das leicht aufzubauen und durch-zuführen und hoffentlich für die Schülerinnen und Schüler in-teressant und anregend ist.

<Kooperationsmöglichkeiten>Der Austausch von Unterrichtsideen und die Umsetzung inno-vativer Unterrichtsansätze ist der Hauptzweck von Science on Stage. Das gemeinsame Unterrichten mit Ilia Mestvirishvili und David Shapakidze, einem großartigen Partnerteam aus Georgien, könnte bezüglich Entfernung und Zeitplanung eine Herausforderung werden, war aber schon ein großer Gewinn für die Entwicklung neuer Techniken. Auch wenn uns Erfahrung im Unterrichten von Schülerinnen und Schülern mit besonde-ren Bedürfnissen fehlt, wäre es durchaus lohnend und begrü-

ßenswert, dieses Projekt so anzupassen, dass es für alle Schülerinnen und Schüler zugänglich ist.

<Quellen und Hinweise>[1] www.arduino.cc[2] http://snap4arduino.rocks[3] www.audacityteam.org[4] Sämtliches Zusatzmaterial ist erhältlich auf

www.science-on-stage.de/coding-materialien.[5] https://snap.berkeley.edu

↪www.physicsclassroom.com/mmedia/circmot/ucm.cfm ↪https://education.pasco.com/epub/PhysicsNGSS/Boo-kInd-904.html ↪http://hyperphysics.phy-astr.gsu.edu/hbase/Sound/dopp.html ↪http://newton.phys.uaic.ro/data/pdf/Doppler_experiment.pdf ↪https://manual.audacityteam.org/man/tutorials.html

(alle Dezember 2018)

e 12: Nassi-Shneidermann-Diagramm für Tondatenverarbeitung

<41>Wissenschaft in 0 und 1: Rolling Sounds

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<Autorin> Mihaela Irina Giurgea

<Autorin> Corina Lavinia Toma

PhysicsEngine

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<Schlagwörter> Animation, Sprite, Blöcke, Schleifen, Grafiken, Gravitation, elastischer Stoß, freier Fall, Reibungskraft, schräger Wurf, Bewegung, Impuls, Operatoren, Variablen

<Unterrichtsfächer> Informatik, Physik, Mathematik, IKT

<Altersgruppe> 14–16 Jahre

<Hardware> Computer

<Programmiersprache> Scratch[1]

<Programmierniveau> leicht, mittel

<Zusammenfassung>Was würden Sie denken, wenn wir Ihnen sagen, dass Schüle -rinnen und Schüler die zwei scheinbar sehr unterschiedlichen Fächer Physik und Informatik leichter und dabei auch noch gleichzeitig erlernen könnten? In dieser Einheit ist die „Engine“ (Motor) – die Scratch-Programmierumgebung[1] – das magi-sche Werkzeug, das Schülerinnen und Schüler darin unter-stützt, interessante Programme zu alltäglichen Naturphänome-nen zu entwickeln, um die Folgen der physikalischen Gesetze zu verstehen und ihre Programmierkenntnisse zu verbessern.

<Vorstellung des Konzepts> Warum verwenden wir Scratch[1]? Scratch ist eine visuelle Programmierumgebung, die Figuren („Sprites“) mit Blöcken auf dem Computerbildschirm animiert und es ermöglicht, Pro-gramme einfacher als mit klassischen Umgebungen (C++, Java usw.) zu entwickeln. Zudem hilft unsere „Engine“ den Lehrkräften zwei Fächer zu unterrichten, die als schwierig empfunden werden: Physik und Informatik. Indem wir die Haupthindernisse, d. h. die Unmöglichkeit, sich vorzustellen (zu sehen), wie ein Phänomen eigentlich funktioniert, und die komplizierte Programmiersyntax, beseitigten, schaffen wir eine angenehme und interessante Lernumgebung.

Da die Schülerinnen und Schüler, die an der Entwicklung die-ser Unterrichtseinheit beteiligt waren, schon Anfängerkennt-nisse in der Programmierung besaßen, fanden sie selbst heraus, wie sie mit Scratch arbeiten können, was sowohl im regulären als auch im freiwilligen Informatikunterricht statt-fand. Die erforderlichen Physikkenntnisse sind Teil des regulä-ren Lehrplans, und es ist immer hilfreich, Gelerntes zu wieder-holen und anzuwenden.

<Praktische Umsetzung>Die Einheit besteht aus alternierenden Lernsequenzen in Pro-grammierung und Physik.

Zuerst präsentierte die Informatiklehrkraft die Grundlagen einer Projekterstellung in Scratch[1]. Die Schülerinnen und Schüler machten sich mit verschiedenen Schlüsselbegriffen der Scratch- Umgebung vertraut: Bühne („Stage“), Figuren („Sprites“), Kostüme („Costumes“), Bewegung („Movement“). Die Anlei-tungen und Erläuterungen zum ersten mit Scratch gelehrten Programm ohne physikalische Formel sind online verfügbar.[2]

Die Schülerinnen und Schüler müssen die Interaktionen zwi-schen den Sprites und ihre Synchronisation verstehen, aber auch, wie ein Koordinatensystem funktioniert. Ein komplettes Tutorial zu Scratch ist online verfügbar.[3] Für ein besseres Verständnis der Hauptalgorithmen von Scratch schauten sich die Schülerinnen und Schüler einige interessante Beispiele an und waren oft erstaunt, wie einfach die dahinterliegende Programmierung ist.

Im Physikteil wandten sie die theoretischen Grundlagen, auf denen die Phänomene ihrer Umwelt basieren, an. So schlug die Physiklehrkraft viele Themen[4] vor, die anschließend dis-kutiert wurden: erforderliche Formeln, mögliche Animationen, das Design usw. Dann wählten die Schülerinnen und Schüler Themen aus und nach einer Woche präsentierten sie Apps zum schrägen Wurf eines Balls, zum freien Fall eines Apfels, zum komplexeren Fall eines Was sertropfens oder zur Kollision zweier Bälle, aber auch zu Planetenbewegungen im Sonnen-system und sogar kleine Com puterspiele.

Zu Beginn arbeiteten die Schülerinnen und Schüler weitgehend selbstständig. Wenn ein Projekt verbessert werden musste, erhielten sie Unterstützung von den Lehrkräften und dem Rest der Klasse. (e 1)

e 1: Selbstständiges Arbeiten

Danach stellten alle ihre Projekte vor. Dank der Rückmeldungen fiel es den Schülerinnen und Schülern leichter zu erkennen, welche Aspekte noch verbessert werden mussten: die Pro-grammierung oder der Physikteil.

<Info>

<43>Wissenschaft in 0 und 1: Physics Engine

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Am Ende unseres Projekts wurden die Schülerinnen und Schü-ler zu Lehrkräften für die Jüngeren (12–13 Jahre alt), indem sie geeignete Programme vorstellten und während des Physik-unterrichtes testeten. Es machte ihnen Spaß, in der Rolle der Lehrkraft zu sein, und sie waren sehr stolz auf ihre Arbeit. Zu-dem erhielten sie von den Jüngeren Vorschläge und An-regungen. Die besten Simulationen der Schülerinnen und Schüler sind auf der Scratch-Plattform abrufbar.[2]

Nachfolgend präsentieren wir einige Beispiele zu Ansätzen wie Physik mit Programmieren verbunden werden kann.

<Programm 1: Freier Fall (Newtons Apfel)>Vom freien Fall dieses historischen Objektes hat jeder schon einmal gehört: des Apfels des Isaac Newton. Das Programm in e 2 ist von einer klassischen Aufgabe inspiriert: Welche Distanz legt Newtons Apfel im freien Fall pro Sekunde zurück?

Physikalische Theorie

Annahme: Eine lineare Bewegung erfolgt mit der konstanten Erdbeschleunigung g = 9,8

ms² .

Nach einer Zeit t beträgt die zurückgelegte Distanz h(t) des Apfels: h(t) = gt²

2 .

Der Ausgangspunkt h(0) befindet sich am Ast des Baumes, von dem sich der Apfel gelöst hat.

Dann berechnen wir die zurückgelegte Distanz über einen längeren Zeitraum t + ∆t:

h(t + ∆t) = g(t+ ∆t)2

2 .

Die allgemeine Formel für die Distanz ∆h(t), d. h. die Strecke, die der Apfel in der Zeit ∆t zurücklegt, lautet:

∆h(t) = h(t+∆t)– h(t) = g(2t∆t + ∆t²)2

.

In unserem spezifischen Fall gilt: ∆t = 1 s. In der ersten Sekunde folgt aus t = tin = 0, dass ∆h₁ = 4,9 m, in der nächsten Sekunde t=1s führt zu ∆h₂ = 3∙4,9 m = 14,7 m usw. Durch mathemati-sche Induktion können wir die Berechnung für die n-te Sekunde und t = (n−1) s vornehmen:

∆hn = 9,8(2n–1)2

m.

Nun können die Schülerinnen und Schüler berechnen und in unserer Animation auch sofort sehen, dass sich die zurückge-legte Distanz in jeder Sekunde stets um den gleichen Betrag erhöht: 9,8 m.

Wie programmiert man das?

Verwendete Variablen:g: Erdbeschleunigung

e 2: Freier Fall

Wissenschaft in 0 und 1: Physics Engine<44>

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t: Zähler für Sekunden (mit den Werten: 0, 1, 2, 3, 4, 5)h: nach t Sekunden zurückgelegte Distanzh_in: ursprüngliche Position des Apfelsdelta_h: Liste (Feld) mit allen in jeder Sekunde zurückgelegten Distanzeny: y-Koordinate des Apfels Bemerkung: Die x-Koordinate bleibt konstant = 0, damit sich die Trajektorie im Bild leichter von links nach rechts bewegen lässt.

Zu Beginn befindet sich der Apfel am Ausgangspunkt mit den Koordinaten (0,180). In e 3 sind der Ausgangspunkt und die Richtung für die zurückgelegte Distanz h(t) markiert.

Indem man eine Schleife fünfmal durchlaufen lässt, berechnet man die Distanz, die der Apfel nach jeder Sekunde zurückge-legt hat, und bestimmt so die neue y-Koordinate unter Berück-sichtigung der Bildschirmcharakteristika(Programmieralgo-rithmus in e 4)

Zusatzaufgabe

Die Schülerinnen und Schüler können ∆t und die Zeit t modifi-zieren (der Apfelbaum müsste dann sehr groß sein, vielleicht wäre ein Hochhaus besser) oder die Aufgabe auf einen Planeten mit abweichender Fallbeschleunigung verlegen. Man könnte die Reibungskraft der Luft hinzufügen und eine variable Erd-beschleunigung annehmen, indem man den Apfel aus größe-rer Höhe aus einem Wetterballon fallen lässt.

<Programm 2: Fallender Wassertropfen>An Regentagen können wir das Fallen von Wassertropfen beob-achten. Die Schülerinnen und Schüler analysierten mit einer Simulation die lineare Bewegung eines Tropfens. Sie sahen, dass sich der Fall des Wassertropfens anfangs beschleunigte, die Beschleunigung jedoch abnahm. Nach einer bestimmten Zeit erreichte die Geschwindigkeit des Tropfens ihre Grenze – die Endgeschwindigkeit vt („terminal velocity“) – wenn die Be-schleunigung gleich null war. Dann fiel der Wassertropfen mit dieser konstanten Geschwindigkeit weiter. Wie erklärt man das?

Physikalische Theorie

Im beschleunigten Teil der Bewegung wirken zwei Kräfte in entgegengesetzter Richtung auf den Tropfen ein: die Gravita-tionskraft G = mg (m: Masse des Tropfens, g: Erdbeschleuni-gung) und die Reibungskraft Ff = kv (k: Proportionalitätskons-tante, v: momentane Geschwindigkeit, Index f für „friction“).Die Beschleunigung des Tropfens wird a = g – k

m v.

In unserer Simulation nehmen wir einen großen Tropfen mit einem Durchmesser von ca. 5 mm mit einer Endgeschwindig-keit vt = 9,8 m

s an.[5] Hier beträgt die Konstante k

m = 1 s .

Die Beschleunigung nimmt ab, wenn die Geschwindigkeit zu-nimmt (e 5). Die Startwerte sind a = 9,8 m

s² , v = 0 und y = 0.

Um die momentane Beschleunigung und Geschwindigkeit zu berechnen, verwenden wir ein kleines Programm in C++[4], in

(x:0, y:180)

(x:240, y:0)(x:–240, y:0)

(x:0, y:–180)

h

e 3: Orientierung im Koordinatensystem

e 4: Programmieralgorithmus für den freien Fall

–30

–25

–20

–15

–10

–5

00.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4

y(t) [m] v(t) [ ] a(t) [ ]

t[s]

ms

ms2

e 5: Zusammenhang zwischen zurückgelegter Distanz, Geschwindigkeit und Beschleunigung

<45>Wissenschaft in 0 und 1: Physics Engine

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dem wir die Beschleunigung und die Geschwindigkeitskons-tante für sehr kleine Zeitintervalle ∆t (z. B. 0,05 s) betrachten. In diesem Fall erhöht sich für jedes gewählte ∆t die Geschwin-digkeit mit ∆v = a∆t, und die zurückgelegte Distanz mit ∆y = v∆t (schrittweise Methode).

Wie programmiert man das?

1. Zeichne ein Wassertropfen-Sprite. 2. Zeichne eine horizontale grüne Linie am unteren Rand des

Hintergrunds.3. Erstelle ein Sprite mit der Meldung „Beschleunigung=0“,

welche erscheint, wenn die Beschleunigung etwa 0 ist. 4. Schreibe das Programm für das Tropfen-Sprite. Der Tropfen

startet bei (0, yinit). Mit einer Schleife berechnen wir a(t), v(t), y(t) fortlaufend neu. Wir nehmen die zurückgelegte Distanz des Tropfens nach jedem ∆t, erhalten so die neue y-Koordinate und berücksichtigen dabei die Bildschirm-charakteristika. Die Beschleunigung nimmt ab, und wenn sie bei ca. 0 liegt, endet die Schleife und es erscheint die Meldung auf dem Bildschirm. Als Nächstes fällt der Tropfen mit einer konstanten Geschwindigkeit, bis er die grüne Linie des Hintergrunds berührt. e 6 hilft, den Code zu verstehen.

Zusatzaufgabe

Die Schülerinnen und Schüler können dieses Programm verbessern, indem sie eine Variable für die Masse des Wasser-tropfens (der Durchmesser des Wassertropfens beträgt üblicher weise 1 mm bis 5 mm)[6] und einen anderen Rei-bungskrafttyp hinzufügen: Ff = kv²

2 .

Außerdem können sie weitere Tropfen mit unterschiedlichen Massen erstellen und ihren Fall vergleichen.

<Programm 3: Elastischer Stoß>Es gibt viele Beispiele für kollidierende Körper. Diese Kollisio-nen sind oft kompliziert, aber wir betrachten hier den elasti-schen Stoß, welcher sich auf den Zusammenstoß von Billard- oder Stahlkugeln anwenden lässt, bzw. auf die Theorie von Molekülkollisionen im Modell des idealen Gases.

Physikalische Theorie

Wir betrachten die Erhaltungssätze für den linearen Impuls und die kinetische Energie für zwei Bälle mit den Massen m1

und m2, den Startgeschwindigkeiten (v1→) und (v2

→) und den Endgeschwindigkeiten (v1f

→) und (v2f→). (e7)

m1v1→ + m2 v2

→ = m1v1f→ + m2 v2f

→  und

1 2

m1v2 1 + 1

2 m2v2

2 = 1 2

m1 v2 1f + 1

2 m2 v2

2f

Wenn alle Bewegungen entlang derselben Achse (hier x-Achse) stattfinden, können wir zur Anzeige der Richtung + oder − ver-wenden. Die Vektornotation wird für diesen Fall nicht benötigt und die Endgeschwindigkeiten werden wie folgt berechnet:

v1f = 2 m1v1+m2v2

m1+m2 – v1 und v2f = 2 m1v1+m2v2

m1+m2 – v2 .

Wie programmiert man das?

1. Wähle zwei Sprites für die Bälle (Ball1 und Ball2) und ein Sprite für den STArT-Knopf (Start-Sprite).

2. Verwende die Variablen: mass1, mass2, velocity1, velocity2 (die Masse und die Startgeschwindigkeit) für jedes Objekt. Mache die variablen Schieberegler sichtbar und bestimme ihre Minimal- und Maximalwerte.

3. Gib Masse und Startgeschwindigkeit für jedes Objekt ein. 4. Drücke den STArT-Knopf. In diesem Moment sendet das

Start-Sprite eine Meldung an die Ball-Sprites. Sobald sie die Meldung erhalten, bewegen sich die Bälle mit Distanz = Geschwindigkeit · Zeit aufeinander zu.

e 6: Fallender Wassertropfen

mass1, velocity1

mass1, final velocity1

collision

mass2, final velocity2

mass2, velocity2

e 7: Elastischer Stoß

Wissenschaft in 0 und 1: Physics Engine<46>

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5. Berechne die Endgeschwindigkeiten der Bälle und verwen-de sie, um diese in die richtige Richtung zu bewegen, wobei sich jeder Ball solange bewegt, bis er entweder den Rand berührt und das Bild verlässt oder stehen bleibt, weil seine neue Geschwindigkeit gleich 0 ist. e 8 und 9 zeigen, wie die Bälle in Scratch[1] animiert werden.

Zwei Anwendungsbeispiele dieses Programms:

1. Wähle eine Geschwindigkeit 0 und gleiche Massen für die Bälle; nach der Kollision stoppt der sich bewegende Ball und der andere bewegt sich mit der Geschwindigkeit, die der erste vor dem Aufprall hatte.

2. Die Bälle haben unterschiedliche Geschwindigkeiten und gleiche Massen; durch die Kollision vertauschen sich die Geschwindigkeiten der Bälle.

In beiden Beispielen vertauschen sich die Impulse der Bälle.

Zusatzaufgabe

Die Schülerinnen und Schüler verändern die Größe der Bälle direkt proportional zu ihrer Masse. Außerdem können sie ein Programm für einen zweidimensionalen elastischen Stoß ent-wickeln (Simulation des Compton-Effekts) oder für die Kolli-sion eines Balls mit einer Wand (mechanisches Reflexions-

gesetz). Sie können ihre Untersuchungen mit einem weiteren Programm zum unelastischen Stoß fortsetzen.[4]

<Fazit><Für die Schülerinnen und Schüler>Vorteile

Die Schülerinnen und Schüler erlernten physikalische Konzep-te auf eine unterhaltsamere Weise und konnten Phänomene durch die Simulationen in Scratch besser verstehen, wobei sie zugleich ihre Kenntnisse in Informatik und Physik praktisch anwandten. Auch wenn nicht alle Projekte perfekt waren, ver-besserten die Schülerinnen und Schüler ihre Programmier-kenntnisse und ihr algorithmisches Denken.

Nachteile

Alle arbeiteten alleine und größtenteils zu Hause. In der Schule erhielten sie dann Rückmeldungen.

<Für die Lehrkräfte>Vorteile

Wir beobachteten ein echtes Interesse an der Entwicklung eines eigenen Programms und ein besseres Lernergebnis als im klassischen Unterricht.

Nachteile

Wegen der verschiedenen physikalischen Themen und der sehr spezifischen Bugs in den einzelnen Programmen war es für uns schwierig, die gesamte Klasse zu koordinieren. Wir sind der Ansicht, dass es besser wäre, allen jeweils nur ein Thema zu geben und dieses dann je nach den Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu verbessern und zu vertiefen.

<Kooperationsmöglichkeiten>Klassen aus verschiedenen Schulen und Ländern können die Aufgaben des Projekts lösen und neue Aufgaben mit anderen, auf das ursprüngliche Thema bezogenen Ideen entwickeln. Alle diese Programme können auf die Scratch-Plattform hoch-geladen werden, worauf ein Wettbewerb unter den besten Ein-sendungen durchgeführt werden kann. Bei der Bewertung der Arbeit müssen die Lehrkräfte die Komplexität der Programmie-rung und der physikalischen Themen mitberücksichtigen.

<Quellen und Hinweise>[1] https://scratch.mit.edu[2] Alle zusätzlichen Materialien sind online erhältlich unter

www.science-on-stage.de/coding-materialien.[3] https://scratch-dach.info[4] https://scratch.mit.edu/users/SonS_Coding[5] http://hypertextbook.com/facts/2007/EvanKaplan.shtml [6] https://journals.ametsoc.org/doi/pdf/10.1175/1520-045

0%281969%29008%3C0249%3ATVORA%3E2.0.CO%3B2

e 8: Elastischer Stoß für Ball1

e 9: Elastischer Stoß für Ball2

<47>Wissenschaft in 0 und 1: Physics Engine

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<Autor> Luc Ivarra

<Autor> Marco Nicolini

SMB – Science Magic Box

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<Schlagwörter> Mikrocontroller, Wandler, Sensor, Aktor, Signal, physikalische Größe, Schleife, Verzweigung, sequenziell, Verarbeitung, Kalibrierung, Input, Output, lesen, schreiben, analog, digital, Linearität, Konversion, Steckplatine, Pin, Löten, Mensch-Maschine-Schnittstelle

<Unterrichtsfächer> Physik, Elektronik, Mathematik, IKT, Logik, Biologie

<Altersgruppe> 14–18 Jahre

<Hardware> Arduino UNO[1] mit Arduino DUE[2] und/oder TI-Nspire CX CAS mit TI-Innovator Hub

<Programmiersprache> C++ (Verwendung der Arduino IDE[3]) und/oder TI-Basic

<Programmierniveau> mittel, mit einem Audioteil für fortgeschrittene Schülerinnen und Schüler

Eine Liste der verwendeten technischen Begriffe, Abkürzungen und Akronyme ist online verfügbar.[4]

<Zusammenfassung>Die Schülerinnen und Schüler programmieren eine selbstkon-struierte Hardware-Software-Umgebung (basierend auf Ardui-no) und einen betriebsbereiten Taschencomputer (TI-Nspire CX CAS mit der Erweiterung TI-Innovator Hub). Beide Geräte werden für die Erfassung, Umwandlung und Übertragung von Sensordaten verwendet, sodass physikalische Größen leicht gehandhabt, gelesen, konvertiert und bedient werden können.

Die Schülerinnen und Schüler schreiben für Arduino ein Pro-gramm zu einer Anordnung mehrerer Sensoren, die physikali-sche Größen als Eingangssignale erfassen, und Aktoren, die auf die Datenerfassung reagieren. Letztere geben ein Aus-gangssignal als physikalische Größe aus, nachdem ein Mikro-controller das festgestellte Signal verarbeitet hat, sodass der korrekte Output festgelegt wird. (Siehe e 1)

TI Innovator Hub ist eine betriebsbereite Box, mit der die Schü-lerinnen und Schüler Programmiergrundlagen erlernen. Sie muss an den TI-Nspire CX CAS Taschenrechner angeschlossen werden. Die Box hat eine gute I/O-Schnittstelle, inklusive Hellig-keitssensor, zwei LEDs und eingebautem Summer, der einen Ton in einer festgelegten Frequenz erzeugt. (Siehe e 2)

<Vorstellung des Konzepts>Die Einheit führt die Schülerinnen und Schüler in die Program-mierung zu physikalischen Aufgabenstellungen ein, basierend auf der Messung physikalischer Größen, der Verarbeitung von Daten und der Entscheidung, welche Maßnahme unter Ver-wendung der Aktoren getroffen werden soll.

Das Programm besteht üblicherweise aus einer unendlichen Schleife (meist „lebt“ die Maschine, solange sie mit Energie versorgt wird, und sie muss die ganze Zeit arbeiten), in der die drei Aktionen Messen, Verarbeiten und Handeln in dieser Reihen-folge ausgeführt werden.

Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass sie Programme schreiben können mit1. sequenziellen Anweisungen2. Schleifen (während … tue dies; wiederhole … bis)3. Verzweigungen (wenn … dann … sonst),wie aus dem Böhm-Jacopini-Theorem hervorgeht (siehe „Zusatz-informationen“[4]).

<Info>

e 1: Arduino-Platine

e 2: TI-Nspire und TI-Innovator Hub

<49>Wissenschaft in 0 und 1: SMB – Science Magic Box

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Das zweite Ziel der Einheit ist die Einführung in das Thema „Mikrocontroller“. Die Schülerinnen und Schüler lernen, unter Verwendung von digitalen und analogen Ports, Sensoren und Output-Aktoren zu installieren und ein einfaches Programm zum Lesen des Inputs, Verarbeiten der Daten und Schreiben des Outputs zu erstellen. Als Output wählten wir entweder ei-nen Ton oder Lichtsignale. Diese können als „Alarm“ interpre-tiert werden, also als eine Warnung, die auf Basis eines von den Sensoren gelesenen Inputs ausgeben wird.

Die Schülerinnen und Schüler verwenden die integrierte Ent-wicklungsumgebung Arduino IDE[3], um in C++ zu program-mieren. Es gibt hier betriebsbereite Funktionsbibliotheken, die das Programmieren erleichtern und beschleunigen.

Eine Steckplatine (siehe „Zusatzinformationen“[4]) muss vor-handen sein, damit die Schülerinnen und Schüler die Anord-nung aufbauen und die Sensoren-Pins einfach an die Arduino I/Os, die 5V-Stromquelle und den GND-Pin anschließen können.

Die Struktur eines Programms ist in Metasprache in e 3 dar-gestellt.

Hinweis: Die Metaanweisung „While (TRUE)“ („Während wahr“) ist ein Trick, der jeden Prozessor dazu veranlasst, die darin enthaltenen Anweisungen unendlich oft (solange der Mikro-controller über Energie verfügt) zu wiederholen.

Das dritte Ziel ist es, zu erlernen, wie eine erfasste physika-lische Größe in eine andere umgewandelt (z. B. Lichtinten sität in Schall) und nach außen übertragen werden kann. Dies ge-schieht wie folgt:1. Das physikalische Signal (z. B. Licht, Schall, Kraft, Energie)

wird durch den Sensor erfasst und in ein elektrisches Signal umgewandelt.

2. Das elektrische Signal wird in eine Zahl umgewandelt, die dem Prozessor zur Verfügung steht.

3. Die Zahl wird verarbeitet und vom Prozessor in eine andere Zahl umgewandelt und löst dann eine Aktion durch einen Aktorwandler aus.

4. Die Aktoren wandeln die Zahl in elektrische Signale um, die so als Output zur Verfügung stehen.

5. Das elektrische Signal wird schließlich in ein physikali-sches Signal (z. B. Schall, Licht) umgewandelt.

In 1. und 5. müssen die Signale von einer Form in eine andere umgewandelt werden, wobei hier die Linearität der Umwand-lung bzw. die „Nahezu-Linearität“ extrem wichtig ist (siehe

„Zusatzinformation“[4]).

Bezüglich der letzten Zeile der Metaprogrammierung („Blink on-board LED“) siehe „Zusatzinformationen“[4] für eine detail-lierte Erläuterung.

Üblicherweise wird das Inputsignal als „Stimulus“ bezeichnet und kommt aus der Umgebung, in der die Sensoren zur Daten-erfassung platziert wurden. Der Prozessor und das Programm sind so gestaltet, dass eine „Reaktion“ mit mathematischen/logischen Operationen (von den Programmanweisungen durch-geführt und vom Mikrocontroller verarbeitet) auf den Stimulus erfolgt und dass diese „Antwort“ als Output an die Umgebung abgegeben wird. In unserem Projekt ist die Umgebung der Raum um den Arduino, der dank Sensoren „sehen“, „hören“ und „Kräfte verspüren“ kann.

Durch die Arbeit mit dem TI-Innovator Hub können sich die Schülerinnen und Schüler eher auf den Programmierteil kon-zentrieren, da die Mikrocontroller und Sensoren schon aufge-baut und betriebsbereit sind.

<Praktische Umsetzung>Wir empfehlen mit einem Brainstorming zu beginnen, wobei die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler über Sensoren und automatische Maschinensteuerung diskutiert werden.

Start

Set upsensors

Read data fromexternal sensors

Write data to output on actuators

Process dataData elaboration

Assign datato output

Blink on-board LED toshow that Arduino is alive

<neverending loop>

e 3: Flussdiagramm

Wissenschaft in 0 und 1: SMB – Science Magic Box<50>

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Diese Vorstellungen zu sammeln, praktische Erfahrungen zu machen und die Ergebnisse dann mit den ursprünglichen (vielleicht falschen) Annahmen zu vergleichen, hilft den Schü-lerinnen und Schülern das Ganze zu verstehen.

Dazu können Sie vorab einen Fragebogen vorbereiten: ↪Weißt du, wie ein Thermostat die Raumtemperatur steuert? ↪Wozu dient ein Einparksystem mit Tonsignalen? Wie rea-giert der Fahrende, wenn das System einen Warnton abgibt? ↪Habt ihr zu Hause einen Induktionsherd? Was signalisiert eine leuchtende LED?

Siehe „PEC und Fragenliste“[4] für ein Beispiel einer Frageliste und die Verweise auf die „PEC“-Lehrmethode (Prevision, Expe-rience, Correction).

<Theoretische Phase mit Arduino[1]>Die Lehrkraft führt die Schülerinnen und Schüler in die C++- Pro-grammierung[3] mit Struktur und Basisanweisungen ein, sodass sie eine einfache Schleife mit den Anweisungen analogRead, digitalRead, analogWrite, digitalWrite, if…then…else, loop, while schreiben können.

Hardware-Teil

Die Lehrkraft stellt die Anordnung des Mikrocontrollers vor und zeigt dabei den Mikroprozessor, die analogen I/O-Pins (Verbin-dungen) und die digitalen Input-/Output-Pins (Verbindungen).

Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass jeder Sensor/Aktor meist mehrere Verbindungen aufweist:

↪zum 5V- oder 3,3V-Arduino-Output für die Stromzufuhr ↪zum GND-Signal (Erdung), damit der Strom fließt

und ↪zu einem weiteren digitalen oder analogen Input-Pin, wenn Daten von außen gelesen (erfasst) werden

oder

↪zu einem weiteren digitalen oder analogen Output-Pin, wenn eine Aktion nach außen erfolgen soll, z. B. Licht oder einen Ton ausgeben oder etwas Anderes, das eine Situation anzeigt (eine „Write“-Operation)

Software-Teil

Ein einfaches Programm, das einen Sensor liest und einen Aktor schreibt, wird von der Lehrkraft vorgestellt. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler eine klare Assoziation zwischen physischen Pins und physischer Onboard-Adresse des Mikro-controllers herstellen können.

Ein Beispiel für betriebsbereite Anweisungen ist online verfüg-bar („Programmbeispiel 1“[4]).

Die Schülerinnen und Schüler müssen dabei berücksichtigen, dass der Prozessor die Programmanweisungen eine nach der anderen und in der geschriebenen Reihenfolge ausführt. Nur die Schleife weicht von diesem Grundsatz ab, da sie den Prozessor veranlasst, die in der Schleife enthaltenen Anweisungen zu wiederholen, solange der Mikrocontroller über Strom verfügt.

<Praktische Phase mit Arduino>Die Schülerinnen und Schüler machen praktische Erfahrungen mit dem Mikrocontroller, der Steckplatine und den Sensoren. Die Lehrkraft sollte die Struktur der Steckplatine vorstellen und dabei alle verfügbaren Verbindungen aufzeigen und erläu-tern, wie die 5V-, die GND- und die I/O-Signale vom Arduino[1] zur Steckplatine gebracht werden können. Die Schülerinnen und Schüler werden dann aufgefordert, das Programmierbeispiel zu kopieren und das Programm mit den verbundenen I/Os auszu-probieren, zu testen und wenn nötig zu korrigieren („Debugging“).

Hardware-Teil

Die Schülerinnen und Schüler benötigen den Mikrocontroller, die Sensoren und kurze Kabel (10 cm), um Verbindungen zwischen den Sensoren-Pins und den Federkontakten der

e 4: Arduino, Steckplatine und Sensoren

e 5: Steckplatine im Detail

<51>Wissenschaft in 0 und 1: SMB – Science Magic Box

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Steck platine herzustellen. Manchmal ist es notwendig, zu-sätzliche Kabel an die Sensoren zu löten.

Mithilfe der kurzen Kabel werden die 5V-Stromquelle und das GND-Signal an die Steckplatine angeschlossen sowie die ana-logen/digitalen Pins des Arduino[1] an einige Federkontakte der Steckplatine. Dies ermöglicht es, die Sensoren an der Steck-platine zu befestigen und die erforderlichen elektrischen Sig-nale zu erhalten. (Siehe e 6)

Software-Teil

Zuerst überprüfen die Schülerinnen und Schüler, ob die Verbin-dungen zwischen Mikrocontroller und Steckplatine korrekt funk-tionieren, indem sie auf die genaue Übereinstimmung zwi-schen der logischen Nummer des Pins am Mikrocontroller und dem Sensor-Pin auf der Steckplatine achten. Anschließend versuchen sie, ein einfaches Programm zu schreiben, welches online verfügbar ist („Programmierbeispiel 1“[4]).

Algorithmen mit Arduino

Wir haben verschiedene Signalumwandlungen von einer physikalischen Form in eine andere vorbereitet.

Umwandlung eines analogen Lichtsignals in ein digitales Lichtsignal in einer LED (moduliert mit einem PWM-Feature) und in einen Ton: Die ausgegebene Tonfrequenz erhöht sich mit der Lichtintensität. Praktische Anwendung: Wecker, Hilfe für Sehbehinderte. (Siehe e 7)

Umwandlung einer durch den Kraftsensor festgestellten Kraft in ein digitales Lichtsignal in einer LED (moduliert mit einem PWM-Feature) und in einen Ton: Die Lichtintensität erhöht sich mit der Kraft. Praktische Anwendung: Überlastungsalarm (Siehe e 8)

Umwandlung eines externen Geräuschsignals in ein digitales Lichtsignal in einer LED. Je höher der Ton, desto höher ist die Lichtfrequenz der eingeschalteten LED. Praktische Anwendung: Lärmbelastungskontrolle.

Umwandlung einer von einem Distanzsensor gemessenen Distanz in einen Ton. Technische Anwendung: Einparksenso-ren. (Siehe e 9)

Umwandlung eines Temperatursignals in einen Ton und ein Lichtsignal. Technische Anwendung: Ofentemperaturkontrolle.

Umwandlung einer Bodenfeuchtigkeitskonzentration in ein Lichtsignal. Technische Anwendung: Pflanzenbewässerungs- und Gieß-Alarm und -Kontrolle. (Siehe e 10)

e 6: Steckplatine mit LEDs

e 7: Lichtsensor

e 8: Digitaler Summer

e 9: Distanzsensor

Wissenschaft in 0 und 1: SMB – Science Magic Box<52>

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Bezüglich des Programms für diese Anwendungen auf der Arduino-Platine siehe „Programmierbeispiel 2“[4].

Alle diese Algorithmen sind Signalkontroll- und Warnsysteme, die eine gewählte Umgebung bezüglich einer physikalischen Größe überwachen und eine Warnung abhängig vom Input (Stimulus) ausgeben.

<Theoretische Phase mit TI-Innovator Hub>Hardware-Teil

Die Lehrkraft kann demonstrieren, wie intuitiv und einfach es ist, die Sensoren zu verbinden.

Software-Teil

Für die Basisprogrammierung wird nur der Taschenrechner be-nötigt. Die Schülerinnen und Schüler müssen lediglich die oben erwähnten TI-Basic-Anweisungen beherrschen. Dann kann der Hub verbunden werden, und sie lernen, wie sie damit kommunizieren und insbesondere wie sie die Anweisungen

„Read“ und „Get“ für die Datenerfassung und „Set“ für die Kon-trolle der Outputs einsetzen.

<Praktische Phase mit TI-Innovator Hub>Hardware- und Software-Teil

Die Schülerinnen und Schüler beginnen mit Beispielen zu den Grundlagen, um sich mit dem Hub vertraut zu machen, bevor sie sich an offenere Aufgabenstellungen wagen. Anhand klei-ner Übungen eignen sie sich an, wie sie die verschiedenen Outputs steuern, z. B. Steuerung der LED-Farbe, LED blinken lassen, Dauer des Blinkens steuern und Töne mit einer gewis-sen Frequenz erklingen lassen. Die unendliche Schleife ist auch hier die Basisstruktur, um Operationen unendlich aus-führen zu lassen.

Algorithmen mit TI-Innovator Hub

Die Schülerinnen und Schüler lösten zwei Aufgaben: Program-mierung eines automatischen Schalters, der die Beleuchtung erst dann einschaltet, wenn die Intensität des Umgebungs-lichts unterhalb einer gewissen Schwelle fällt, und Program-mierung eines Weckers, der einen Ton in einer Frequenz aus-gibt, die mit der Erhöhung der Umgebungslichtintensität ansteigt. Weitere Entwicklungen sind möglich, wozu jedoch zusätzliche Sensoren gekauft und mit dem Hub verbunden werden müssten.

<Kauf der Sensoren>Hinweise zum Kauf der Sensoren sind online verfügbar.[4]

<Fazit>Am Ende dieses Projekts bemerkten wir bei unseren Schülerin-nen und Schülern eine deutliche Verbesserung des Verständ-nisses von Programmierung und allgemeiner Programmstruk-tur sowie von Logik und Algorithmen.

<Kooperationsmöglichkeiten>Eine wundervolle Kooperationsmöglichkeit wäre ein „Selbst-unternehmer“-Projekt, bei dem die Schülerinnen und Schüler versuchen könnten, eine eigene Mensch-Maschine-Schnitt-stelle (human machine interface, HMI) mit einer gewissen technischen Nützlichkeit zu erfinden. Diese HMI sollte einen Stimulus der Umgebung lesen (Atmosphäre, Wohnung, mensch-licher Körper usw.) und reagieren, indem sie ein weiteres Signal ausgibt, das eine Warnung ertönen lässt, eine Aktion durch-führt oder eine Situation anzeigt. Partnerschulen im Ausland können eine Marktumfrage durchführen, um zu verstehen, wie die Marktnachfrage und der Marktwert sind, die das Gerät in ihren Ländern haben könnte. Jede Schule, die an einem solchen Austausch teilnimmt, entwickelt ein Gerät und führt Markt-umfragen für ein Produkt durch, das von den anderen Schulen entwickelt wird. Am Ende des Projekts könnte das vom Markt am meisten nachgefragte Gerät von einem Partnerunterneh-men im kleinen Rahmen produziert und verkauft werden. Auf der ganzen Welt hat Selbstunternehmertum einen hohen Stel-lenwert als Chance, Themen aus Wissenschaft, Technologie und Wirtschaft im Zusammenhang verständlich zu machen.

<Quellen und Hinweise>[1] www.arduino.cc[2] www.arduino.cc/en/Guide/ArduinoDue[3] www.arduino.cc/en/Main/Software[4] Sämtliches Zusatzmaterial ist erhältlich auf

www.science-on-stage.de/coding-materialien.

e 10: Bodenfeuchtigkeitssensor

<53>Wissenschaft in 0 und 1: SMB – Science Magic Box

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<Autor> Mirek Hančl

<Autorin> Julia Winckler

CoALA - Code a Little Animal

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<Schlagwörter> Simulation, IPO model (input-processing- output – Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe), Messungen, Computational Thinking, Making

<Unterrichtsfächer> Naturwissenschaften, Biologie, Informatik

<Altersgruppe> 9–13 Jahre

<Hardware> Calliope mini[1] oder BBC micro:bit[2]

<Werkstatt A> Krokodilklemmen, roter Bastelkunststoff, USB-Kabel und Batterie für den Calliope mini, selbstkle-bendes Kupferband (5 mm), Pappe, Klebstoff, Schere, kleines Wasserglas, Poster mit Tierbildern<Werkstatt B> Krokodilklemmen, USB-Kabel und Batterie für Calliope mini, Feuchtigkeitssensor (Grove Moisture Sensor), Touchsensor mit vier Fühlern (Grove I2C Touch Sensor), Grove NFC, Grove I2C hub [3], Pappe, roter Bastel-kunststoff, kleines Wasserglas, Poster mit Tierbildern

<Programmiersprache> MakeCode[4]

<Programmierniveau> leicht

<Zusammenfassung>Welches Kind wünscht sich kein Haustier? Um herauszufin-den, welches das richtige ist, bauen Schülerinnen und Schüler einen Simulator, der mithilfe eines Einplatinencomputers und externer Sensoren die Bedürfnisse eines Haustiers nachahmt.

<Vorstellung des Konzepts>Das Thema „Haustiere“ steht nicht nur in der Grundschule auf dem Lehrplan – auch an weiterführenden Schulen wird im Bio-logieunterricht besprochen, wie der Wolf zum Hund wurde, welche Grundbedürfnisse ein Haustier hat und welche Anfor-derungen damit an die Besitzerin oder den Besitzer gestellt werden. Oft werden dafür Texte im Schulbuch oder Lehrfilme rezipiert, denn ein echtes Tier kann für den Unterricht nicht extra angeschafft werden. Daher ist ein elektronischer Simulator für die Grundbedürfnisse eines Haustiers – Essen, Trinken, Bewe-gung, Streicheleinheiten und richtige Körpertemperatur – an-schaulich und lehrreich zugleich.

Für die Simulation wird im Projekt weder ein fertiges Gerät eines kommerziellen Lehrmittelproduzenten, das nur vorgegebene Programme erlaubt, verwendet, noch ein simples Spielzeug eingesetzt, wie das in den 90ern weltweit erfolgreiche Tama-gotchi. Stattdessen konstruieren, bauen und programmieren die Schülerinnen und Schüler mithilfe eines Einplatinencom-puters, hier Calliope mini[1] oder BBC micro:bit[2], und Bastel-material wie Pappe, Kupferklebeband sowie externen Sensoren ihren eigenen Simulator in Gestalt ihres Lieblingstiers, inklusi-

ve Bild! Dessen Grundbedürfnisse werden mit den Sensoren erfasst und durch einen selbstprogrammierten Algorithmus ausgewertet. Je nach Ablauf des Algorithmus zeigt der Tier-simu lator mit entsprechenden Smileys an, wie er sich momen-tan fühlt, oder spielt selbstkomponierte Melodien ab.

Das Projekt ist als Werkstatt konzipiert. Die praxiserprobten OER-Unterrichtsmaterialien (Open Educational Resources) be-stehen aus drei Teilen. Zuerst werden die Schülerinnen und Schüler in die Grundlagen der Algorithmik und die Handhabung des Calliope mini[1] eingeführt. Im zweiten Teil lernen sie explo-rativ die Grundbedürfnisse eines Haustiers kennen und ein-schätzen. Im dritten Teil bauen sie aus Pappe ihr Lieblingstier, statten es mit dem Einplatinencomputer und passenden Sen-soren aus und erstellen in einer grafischen Programmier-sprache geeignete Algorithmen.

Um den unterschiedlichen Anforderungen in Primar- und Se-kundarstufe gerecht zu werden, gibt es zwei Versionen: Für die Grundschule (Werkstatt A) werden die Messwerterfassungen für Essen, Trinken und Streicheln mit leitfähigem Kupferklebe-band realisiert, für die weiterführenden Schulen (Werkstatt B) werden externe Sensoren zur Feuchtigkeitsmessung (Trin-ken), für Multitouch (Streicheln) und zum drahtlosen Auslesen von NFC-Chips (Essen) verwendet. NFC steht für Near Field Communication. Die Messungen zur Bewegung und zur Tem-peratur erfolgen in beiden Versionen mit im Einplatinencompu-ter vorhandenen Sensoren. Sämtliche Werkstattmaterialien und Beispiele für die Programmierumgebung MakeCode[4] sind online frei verfügbar.[5]

<Praktische Umsetzung>Für den Haustiersimulator suchen sich die Schüler innen und Schüler ein Bild ihres Lieblingstiers aus oder fotografieren es selbst. Das Bild wird auf Pappe geklebt und mit Kupferklebe-band (Werkstatt A) oder externen Sensoren (Werkstatt B) ver-sehen. Das Kupferklebeband bzw. die Sensoren werden mit Drähten an die Anschlüsse des Einplatinencomputers verka-belt und ein Programm auf den Computer geschrieben, um ihn „intelligent“ zu machen. Im Folgenden wird am Beispiel „Essen“

<Info>

<55>Unsere Welt unter Mikrokontrolle: CoALA - Code a Little Animal

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gezeigt, wie sich die beiden Versionen voneinander unter-scheiden und wie die Programmierumgebung verwendet wird.

Wird ein Haustiersimulator in Mundnähe gefüttert, nutzt dieser keine Geschmackssensoren. Stattdessen „liest“ ein passen-der Sensor die vorgehaltene Nahrung und der Algorithmus wird über bedingte Verzweigungen so gesteuert, dass die Ausgabe dem zu erwartenden Verhalten des Haustieres entspricht. So zeigt ein Katzensimulator ein lachendes Gesicht, wenn eine Maus gefüttert wird, und ein trauriges für einen Knochen. Die-se Verzweigungen sind bei beiden Versionen gleich.

Grundlegend verschieden sind dagegen die verwendeten Essen- Sensoren: In Werkstatt A wird Kupferklebeband so auf mit passenden Bildern versehenen Futterkarten geklebt, dass ein an der Zunge angebrachtes Kupferklebeband eine binär-codierte Zahl liest, wenn die Futterkarte draufgehalten wird. Da die Anschlüsse des „Lesers“ an einzelne Pins des Einplatinen-computers angeschlossen sind, kann im Algorithmus direkt abgefragt werden, ob die Pins jeweils kurzgeschlossen sind oder nicht: Die Futterkarten schließen also in unterschied-lichen Kombinationen an den Pins Stromkreise kurz.

In Werkstatt B liest ein externer Sensor mit NFC-Chip und Funk antenne drahtlos Zeichenketten aus einem NFC-Tag aus. Dieser Tag kann in einem Klebeetikett oder in einer Chipkarte untergebracht sein. Im Unterschied zur Werkstatt A wird nun nicht eine (binärcodierte) Zahl ausgelesen, sondern der Name der Nahrung, z. B. „Fisch“ oder „Knochen“. Dadurch steigen die Umsetzungsmöglichkeiten, aber auch die Komplexität deutlich an. Im Algorithmus erfolgt nun die bedingte Verzweigung durch direkten Vergleich des ausgelesenen Werts mit einer vor ge-gebenen Zeichenkette. Das Beschreiben des NFC-Tags erfolgt mit einer App, das Auslesen wird didaktisch reduziert mit einem einzigen Block in MakeCode[4] realisiert, der als Erweiterung in der Programmierumgebung nachgeladen wird.

CALLIOPE

mini

PROZESSOR

BATTERIE

LAGESENSOR

RESETUSB

LAUTSPRECHERRGB LED

A B

— +

0

1 2

3

A0 A1

-0 +3

3

21–

0

Futterkarte 3

Vorderseite

Verbindungskarte

Vorderseite

<56> Unsere Welt unter Mikrokontrolle: CoALA - Code a Little Animal

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<Algorithmen in anderen Programmiersprachen>Die Beispiele[5] können im MakeCode Programmier editor[4] hochgeladen und direkt verwendet werden. Durch Umschalten der Ansicht von block- auf textbasiert wird der Quelltext nach JavaScript konvertiert und kann so bequem in anderen Pro-gram miersprachen für Calliope mini [1] oder BBC micro:bit[2] übernommen werden. Die Zusatzblöcke für MakeCode, um den Multitouch- und NFC-Sensor zu verwenden, funktionieren auch für MakeCode für den BBC micro:bit.

Schließlich werden die Beispielprogramme auch als Strukto-gramme auf der Webseite angeboten, sodass die Algorithmen leicht nachvollzogen und auf anderen Plattformen und Pro-grammierumgebungen, z. B. Arduino, portiert werden können.

<Fazit>Schülerinnen und Schüler machen sich im Projekt mit den fun-damentalen Konzepten der Algorithmik bekannt: Anweisungen, Sequenzen, bedingte Verzweigungen, Schleifen, Variablen. Sie lernen diese nicht durch Auswendiglernen und Wiedergeben, sondern in einem spannenden Unterrichtsprojekt mit hohem Alltagsbezug. Dafür erstellen sie aus einfachen Materialien einen Tiersimulator, den sie nach eigenen Vorstellungen zum Leben erwecken. Die zur Verfügung gestellten Materialien vermitteln die informatischen Kompetenzen in didaktisch redu zierter Form und bieten zugleich unterschiedliche Anforderungsstufen für heterogene Lerngruppen oder höhere Jahr gänge. Beide Werk-stattversionen können problemlos gemischt eingesetzt werden.

Das Material wurde neben dem Calliope mini[1] auch mit dem BBC micro:bit[2] erfolgreich getestet. Für die in Werkstatt B ver-wendeten externen Grove-Sensoren zur Messung von Feuch-

tig keit, NFC oder Multitouch ist für den BBC micro:bit jedoch eine günstige Erweiterungsplatine notwendig.[3]

<Kooperationsmöglichkeiten>Die CoALA-Werkstatt kann in verschiedenen Kooperationsfor-men eingesetzt werden. Da das Material für Grund- und Sekun-darschulen vorliegt, kann hier ein Austausch stattfinden. Dieser ist nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Lehrkräfte beider Schulformen bereichernd! Werkstatt A zielt auf einfache, logische Ja/Nein-Unterscheidungen ab, Werkstatt B auf kombinierte, komplexere Bedingungen, Varia-blen und Zeichenkettenoperationen.

Das Werkstattmaterial kann auch gemischt werden, um die Zu-sammenarbeit in einer heterogenen Lerngruppe zu fördern. Die leichter nachvollziehbaren Sensoren der Werkstatt A können dann in einer weniger leistungsstarken Lerngruppe eingesetzt werden, oder Leistungsstärkere erklären die Sensoren aus Werkstatt B (Kommunikationstraining).

Im CoALA-Pilotprojekt fand eine länderübergreifende Koopera-tion weiterführender Schulen statt, in der sich Lerngruppen aus Deutschland und Spanien in Videokonferenzen über ihre Haustiersimulatoren austauschten. Neben Tipps zur Problem-lösung bei der Programmierung wurden vor allem die Namen und Bedürfnisse der Hausiere ausgetauscht, neben Englisch auch in der jeweiligen Landessprache. Coding in den Naturwis-senschaften, Sprachkurs inklusive!

<Quellen und Hinweise>[1] https://calliope.cc[2] www.microbit.co.uk/home[3] Beim BBC micro:bit benötigt man zusätzlich das

Grove Shield für den micro:bit.[4] https://makecode.calliope.cc oder

https://makecode.microbit.org[5] Sämtliches Zusatzmaterial ist erhältlich auf

www.science-on-stage.de/coding-materialien.

<57>Unsere Welt unter Mikrokontrolle: CoALA - Code a Little Animal

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<Autorin> Eleftheria Karagiorgou

<Autorin> Sevasti Tsiliki

Datenfluss

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<Schlagwörter> Physical Computing, Säuregehalt, Wasser, Flüssigkeit, Temperatur, pH, Datenprotokollierung

<Unterrichtsfächer> Chemie

<Altersgruppe> 16 Jahre

<Hardware> Arduino Starter-Kit[1], Data Logging Shield (Datenprotokollierung), Temperatursensor, pH-Sensor, SD-Karte

<Programmiersprache> Arduino IDE – Wiring C[2]

<Programmierniveau> mittel

<Dauer des Projekts> 7 Unterrichtsstunden

<Zusammenfassung>Die Schülerinnen und Schüler werden zu Forschenden und prüfen experimentell, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Säuregehalt und der Temperatur von Wasser gibt. Die Um-setzung des Experiments kombiniert den Einsatz von Arduino mit Chemie.

<Vorstellung des Konzepts>In dieser Unterrichtseinheit wird gezeigt, wie Physical Compu-ting im MINT-Unterricht und insbesondere im Chemieunterricht mit innovativen Lehrmethoden umgesetzt werden kann. Die Einheit wurde außerhalb des Lehrplans im Rahmen unserer Robotik- und MINT-AG realisiert, die sich jeden Sonntagnach-mittag für zwei Stunden trifft.

Die Schülerinnen und Schüler erhielten die Aufgabe, die bedeu-tende Rolle, die die Temperatur bei pH-Messungen spielt, expe-rimentell nachzuweisen. Mit steigender Temperatur erhöhen sich die molekularen Schwingungen, sodass das Wasser ioni-siert wird und sich mehr Wasserstoffionen bilden, wodurch der pH-Wert sinkt.

<Unterrichtsmethode>Forschend-entdeckendes Lernen im MINT-Unterricht: Die Schü-lerinnen und Schüler sind Teil eines aktiven Lernprojekts, das auf Fragen beruht, die im Laufe des Experiments neue Fragen generieren. So erwerben sie Wissen durch praktische Umset-zung.

<Voraussetzungen – Hintergrundwissen>Gemäß dem griechischen Lehrplan:

↪Grundkenntnisse in Programmierung, die im 3. Jahr der Sekundarstufe I und dem 1. Jahr der Sekundarstufe II erworben wurden. ↪Grundkenntnisse über Säuregehalt und pH-Wert, die im 3. Jahr der Sekundarstufe I erworben wurden.

<Lehrmaterial/Raum>Im Labor für Robotik und MINT sind folgende Materialien vor-handen:

↪Arduino[1] Starter-Kit (u. a. mit Arduino-Platine, Kabel, LCD-Anzeige) ↪“Adafruit Data Logger Shield” für Arduino (e 1) ↪„Analog pH meter Pro Kit“ zur pH-Messung für Arduino (e 2) ↪wasserdichter Temperatursensor (e 3) ↪SD-Karte ↪Computer mit SD-Port, z. B. ein Laptop, für die Programmie-rung und die Datenprotokollierung ↪demineralisiertes Wasser (speziell gereinigtes Wasser, dem alle oder fast alle Mineralien und Salze entzogen wurden) ↪Kühlelemente und eine Kühltasche zur Aufbewahrung der Eiswürfel

<Info>

e 1: “Adafruit Data Logger Shield” für Arduino[3]

e 2: Analoger pH-Wertmesser

e 3: Wasserdichter Temperatursensor

<59>Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Datenfluss

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<Forschungsfrage>Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Säuregehalt einer Flüssigkeit und ihrer Temperatur?

<Fragen zur Problemlösung>1. Wie verbinden wir die Sensoren mit dem Arduino?2. Wie führen wir die Datenprotokollierung durch?

<Praktische Umsetzung><Vorbereitung: Einführung – Theorie – Gruppeneinteilung>Dauer: 1 StundeDie Schülerinnen und Schüler werden in Gruppen aufgeteilt und erhalten eine kurze Einführung zum Arduino[1] und den verwendeten Sensoren (pH-Wert und Temperatur). Sie bespre-chen auch die Theorie zum Säuregehalt, dem pH-Wertmesser und der Beziehung zwischen Säuregehalt und Temperatur. Darüber hinaus machen sie sich Gedanken zur Versuchsan-ordnung, um die Änderung des Säuregehalts von Flüssigkeiten bei Temperaturschwankungen zu messen.

<Phase 1: Einführung zum Arduino und seiner Programmierung>Dauer: 1 StundeDie Schülerinnen und Schüler machen sich mit den Schaltkrei-sen des Arduino und seiner grundlegenden Programmierung vertraut. Sie lernen, die LCD-Anzeige mit dem Arduino zu ver-binden und das Anzeigen einer Nachricht zu programmieren. (e 4 & 5)

<Phase 2: Verbinden der Sensoren>Dauer: 1 StundeDie Schülerinnen und Schüler lernen, die Arbeitsweise des pH-Sensors (e 6) und des Temperatursensors (e 3) zu ver-stehen. Sie verbinden die Sensoren mit dem Arduino[1] und programmieren sie so, dass die Daten auf der LCD-Anzeige dar-gestellt werden. Dies ist eine Vorbereitung für das Verständnis der Input- und Output-Funktionen der Sensoren.

<Phase 3: Data Logging Shield>Dauer: 2 StundenDie Schülerinnen und Schüler löten das Data Logging Shield an die Arduino-Platine[1] mit der SD-Karte zur Datenprotokollie-rung (e 7). Sie programmieren das Shield, das über eine eige-ne Echtzeituhr (RTC, „real time clock“) verfügt. Sie starten das Experiment mit demineralisiertem Wasser bei 25 °C (neutral) und messen pH-Wert und Temperatur durch Eintauchen des Sensors in die Flüssigkeit für 10 Sekunden.

<Phase 4: Das Experiment>Dauer: 1 StundeDie Schülerinnen und Schüler testen demineralisiertes Wasser bei verschiedenen Temperaturen. Sie beginnen mit Wasser bei Raumtemperatur in einer Schüssel oder einem Becherglas, welches durch Eiswürfel im umgebenden Wasserbad gekühlt wird (e 8 & 9). Nach jeweils 1 Minute tauchen die Schülerinnen und Schüler die Sensoren 10 Sekunden lang in die Flüssigkeit ein. Sie wiederholen das Verfahren mindestens 6 Mal, um eine große Datenmenge für die Auswertungsphase zu erhalten. Durch das Wasserbad, wird die Flüssigkeit langsam und gleich-mäßig gekühlt.

e 4: Verbinden der LCD-Anzeige

e 5: Anzeigen der Messwerte

e 6: pH-Sensor

e 7: An Arduino gelötetes Data Logging Shield[4]

<60> Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Datenfluss

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<Phase 5: Ergebnisse>Dauer: 1 StundeDie Schülerinnen und Schüler nehmen die SD-Karte aus dem Data Logging Shield und verwenden einen Laptop, um die Daten auszulesen. Aus diesen erstellen sie mit einem Tabellenkalku-lationsprogramm (z. B. MS-Excel) ein Diagramm, das einen möglichen Zusammenhang zwischen Temperatur und Säure-gehalt aufzeigt. Die Daten werden auf der SD-Karte als .csv- Datei gespeichert, die mit einer Tabellenkalkulation geöffnet werden kann. Die Lehrkraft bespricht mit den Schülerinnen und Schülern die Ergebnisse ihrer Datenprotokollierung und ob sie in der Lage waren, die gestellten Fragen zur Problemlösung

zu beantworten. Sie präsentieren ihre Ergebnisse und disku-tieren diese mit der Klasse.

<Fazit>Am Ende kann von den Schülerinnen und Schülern erwartet werden, dass sie die Verbindung zwischen MINT-Fächern ver-stehen, da sie theoretische Konzepte der Chemie experimen-tell mit Physical Computing umgesetzt haben. Außerdem för-dert die Einheit forschend-entdeckendes Denken und Handeln und die Schülerinnen und Schüler erkennen, wie Schulwissen in der realen Welt angewandt werden kann. Die Entwicklung von Soft Skills, wie Zusammenarbeit bei der Lösung von Proble-men und dem Erarbeiten von Projekten, ist wichtig für ihre Zu-kunft. Nicht zuletzt ist dies für sie eine großartige Gelegenheit, ihre Leistungen im MINT-Bereich zu verbessern und die Bedeu-tung des fächerübergreifenden Konzepts dieses Projekts zu verstehen.

Das Experiment kann mit verschiedenen Flüssigkeiten durch-geführt werden, z. B. Essig im Wasserbad, entweder mit Eis-würfeln im Wasserbad, oder mit einem warmen Wasserbad (siehe e 10).

Das Data Logging Shield muss sehr präzise mit der Arduino- Platine verlötet werden, was für einige Schülerinnen und Schü-ler schwierig sein könnte. Deshalb kann es erforderlich sein, dass Sie ihnen dabei helfen oder selbst löten.

<Quellen und Hinweise>[1] www.arduino.cc[2] www.arduino.cc/en/Main/Software[3] Bild: oomlout (https://commons.wikimedia.org/wiki/

File:ARSH-09-DL 03.jpg), „ARSH-09-DL 03“, CC BY-SA 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode

[4] Bild: oomlout (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:ARSH-09-DL_(5703636953).jpg), „ARSH-09-DL (5703636953)“, CC BY-SA 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode

e 8: Messung von pH-Wert und Temperatur

e 9: Wasserbad mit Eiswürfeln

0

5

10

15

20

25

30

pH3 3,05 3,1 3,15 3,2 3,25

Tem

pera

tur

e 10: Experimentelle Daten von Essig

<61>Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Datenfluss

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<Autorin> Immaculada Abad Nebot

<Autor> Pere Compte Jové

Schiffahoi!

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<Schlagwörter> Fernsteuerung, 2D- und 3D-Design, Modellieren, Löten einer elektronischen Platine, Chip-Programmierung, App-Programmierung, 3D-Drucker

<Unterrichtsfächer> Technik

<Altersgruppe> 14–16 Jahre

<Hardware> Arduino[1], Bluetooth-Modul, Material für den Bau eines Modellboots

<Programmiersprache> Arduino, ArduinoBlocks[2], AppInventor[3]

<Programmierniveau> mittel

<Zusammenfassung>Die Schülerinnen und Schüler entwickeln und bauen ihr eigenes Boot, das sie in einem Schwimmbecken navigieren. Nachdem sie diese erste Aufgabe erledigt haben, verwenden sie eine Arduino-Platine, um ihr Boot mit einem Tablet oder Smartphone fernzusteuern.

<Vorstellung des Konzepts> Die Schülerinnen und Schüler entwerfen ihr eigenes Modell-boot und lernen bei dieser Aufgabe, die Sichtweise eines Inge-nieurs einzunehmen. Das Projekt beginnt mit der Analyse

verschiedener Schiffstypen im Internet. Danach werden in kleinen Gruppen Modelle gebaut, die stabil im Wasser liegen.[4]

Das Schiff ist mit einem selbst gebauten Motorwendeschalter ausgestattet, der die Steuerung zweier Motoren ermöglicht (beide laufen vorwärts und rückwärts).

Die Schülerinnen und Schüler bauen ein Bluetooth-Gerät ein, sodass sie das Boot via Smartphone fernsteuern können. Mit AppInventor[3] programmieren sie eine App mit verschiedenen Steuerungssystemen, z. B. mit Tasten, Sprachsteuerung oder einem Beschleunigungssensor (das Boot wechselt die Rich-tung je nach Handhaltung).

Schließlich präsentieren sie ihre Designs in einer Ausstellung für Modellboote (e 1) den anwesenden Experten, um mit ihnen mögliche Mängel ihrer Modelle zu besprechen. Durch diese Diskussionen erhalten sie Anregungen zur Verbesse-rung zukünftiger Entwürfe.

<Praktische Umsetzung>Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ein Design ihrer Wahl, nachdem sie sich über die verschiedenen Bootstypen im Internet informiert haben. Sie können das Boot mit einer 3D- Software wie sketchUp[5] oder Tinkercad[6] skizzieren. Dabei ist es wichtig, dass das Boot sehr stabil im Wasser liegt, damit es nicht kentert. (e 2)

<Info>

e 1: Präsentation der Modellboote bei einer Modellbootausstellung in Spanien

<63>Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Schiff ahoi!

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Die Pläne für eines der Modelle (e 3) sind online verfügbar. Wenn Sie das Design ändern oder ausdrucken möchten, können Sie es in den Formaten .skp, .stl und .gcode herunterladen.[4]

Wenn Ihre Schule keinen 3D-Drucker hat, ist es oft möglich, mit anderen Institutionen wie Universitäten oder Makerspaces zusammenzuarbeiten. In unserem Fall druckten die Schülerin-nen und Schüler ihre Entwürfe in einem 3D-Druckerzentrum aus. (e 4a–c)

Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen für den Bau des Boots sind online verfügbar.[4]

e 5, 6: Fertiges Boot und 3D-Modell

e 2: Verschiedene 3D-Modelle

e 4a-c: Ausdrucken der Ruderblätter im 3D-Druckerzentrum Cesire Aulatec, Barcelona

e 3: Tür, Front und Seite der Bootskabine

<64> Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Schiff ahoi!

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<Schaltkreis>Das Zubehör wir nach dem Schaltplan in e 7 mit der Arduino- Platine[7] verbunden. Dabei werden die folgenden Anleitungen beachtet:1. Auf dem Dach des Boots können Sie einen Summer (Arduino-

Pin 6) und Lichter (Arduino-Pin 7) installieren. (e 8)2. Am Bootsheck verbinden Sie einen Servomotor (Arduino-

Pin 9) mit dem Ruder, um es zu steuern. (e 8)3. Nun verbinden Sie das Bluetooth-Modul gemäß Schema

TXD (Arduino-Pin 10) und RXD (Arduino-Pin 11).4. Verbinden Sie dann eine L9110S-Motortreiber-Steuerungs-

platine für Arduino mit externen Batterien. (e 7)

<Motorensteuerung und weitere Funktionen des Boots>Wir empfehlen den Arduino mit Arduino IDE[1], ArduinoBlocks[2] oder einem ähnlichen Programm zu programmieren. Die Schü-lerinnen und Schüler können die folgenden Funktionen program-mieren: 1. Die Lichter auf dem Dach werden ein- und ausgeschaltet.2. Der Summer erzeugt einen Ton.3. Die Position des Servomotors wird gesteuert (40º rechts,

20º rechts, Mittelposition, 20º links und 40º links).4. Beide Motoren drehen sich und das Boot fährt vorwärts.5. Beide Motoren drehen sich und das Boot fährt rückwärts.

e 8: Boot mit Zubehör

e 9: Konstruktion der Boote

e 7: Schaltkreis

<65>Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Schiff ahoi!

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6. Das Boot fährt nach rechts (der linke Motor dreht sich vorwärts, der rechte Motor rückwärts).

7. Das Boot fährt nach links (der rechte Motor dreht sich vorwärts, der linke Motor rückwärts).

8. Alle Programme sind mit Bluetooth steuerbar.

<Programmierung der App mit AppInventor[3] zur Steuerung des Boots mit einem Smartphone>1. Programmierung der App, sodass sie für die Verbindung

zum Boot Bluetooth verwendet2. Steuerung der verschiedenen Bootselemente mit Tasten3. Steuerung des Ruderblatts mit einer Scroll-Leiste4. Steuerung des Boots mit dem Beschleunigungssensor des

Tablets oder Smartphones (durch das Kippen des Smart-phones nach vorne, hinten, links oder rechts bewegt sich das Boot in die entsprechende Richtung)

5. Verwendung der Sprachsteuerung, um das Boot mit der Stimme zu steuern

6. Kombination dieser Programme

<Materialliste und erforderliche Ausrüstung>Eine Liste mit den erforderlichen Materialien ist online verfüg-bar.[4] Die Liste führt die erforderlichen Mengen, die Preise und mögliche Anbieter auf.

Das Material für ein Boot kostet ungefähr 21 €. Wir gaben un-gefähr 15 € für die Elektronik und 6 € für das übrige erforder-liche Material aus.

<Kooperationsmöglichkeiten>Bei der Erarbeitung dieser Unterrichtseinheit arbeiteten wir mit Eleftheria Karagiorgou und Sevasti Tsiliki vom 7. Gymnasium in Trikala, Griechenland, zusammen. Wir bauten den Arduino- Schaltkreis in ein anderes Modell ein, einen Hydrobot, mit dem unter Wasser navigiert werden kann. In diesem Fall musste vermieden werden, dass Wasser eindringt, weshalb es sehr wichtig war, die Motoren mit einer Wachsschicht zu schützen und sowohl ein schützendes als auch wasserdichtes Gehäuse für die Arduino-Platine zu verwenden. Um unserem Hydrobot „Argolith“[8] ein „Gehirn“ zu verleihen, statteten wir ihn mit dem Mikrocontroller Arduino Uno aus, damit wir Helligkeits- und Temperaturmessungen unter Wasser durchführen konnten. Zudem benutzten wir ein Data Logging Shield (Datenprotokol-

e 10: Programmierung des Arduino

e 11: Benutzeroberfläche der App

e 12: Bau des Hydrobots

<66> Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Schiff ahoi!

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lierung), das eine SD-Karte zur Speicherung der gemessenen Daten, eine Echtzeituhr und einen Aufnahmeschaltkreis liefer-te. Auf diese Weise erhielt „Argolith“ ein elektronisches Gehirn.

Das Online-Material enthält auch ein Unterwasser-Video des „Argolith“-Hydrobots während einer Testfahrt in einem Fluss in Trikala, Griechenland.[4]

<Quellen und Hinweise>[1] www.arduino.cc[2] www.arduinoblocks.com[3] http://appinventor.mit.edu[4] Alle Schritte dieses Projekts und weitere Informationen:

www.science-on-stage.de/coding-materialien.[5] www.sketchup.com[6] www.tinkercad.com[7] www.arduino.cc/en/Reference/Board [8] Die Bauanleitung finden Sie unter

http://seaperch.mit.edu/build.php.

e 13: Arduino mit wasserdichtem Gehäuse

<67>Unsere Welt unter Mikrokontrolle: Schiff ahoi!

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In diesem Artikel geben wir Ihnen eine Einführung in das Pro-grammieren in den Naturwissenschaften. Um die Unterrichts-einheiten in dieser Broschüre nutzen zu können, benötigen Sie spezielle Hardware und Software. Zudem ist es hilfreich, wenn Sie über Grundkenntnisse im Programmieren verfügen. Dieses Kapitel liefert Ihnen die erforderlichen Informationen und Angaben.

<Hardware>Beim Programmieren in den Naturwissenschaften geht es haupt sächlich um die Messung physikalischer und chemischer Größen mithilfe von Sensoren sowie um die Steuerung gewis-ser Aktoren. Typische Sensoren messen unter ande rem Tem-peratur, Lautstärke, Licht, Entfernung, pH-Wert, das Drücken einer Taste oder Berührung. Typische Aktoren sind LEDs, Sum-mer, Lautsprecher, Motoren usw.

<Arduino>Sensoren und Aktoren können mit mehr oder weniger hoch entwickelten Mikrocontrollern oder Einplatinen-Mikrocompu-tern verbunden werden oder sind schon darin eingebaut. Die kleinste Platine heißt Arduino[1]. Sie ist in verschiedenen Ver-sionen erhältlich, aber Arduino UNO ist die am meisten an Schulen eingesetzte Version (so auch in dieser Broschüre). Auf der Platine befindet sich ein 8-Bit-Mikrocontroller, der rela-tiv langsam läuft. Die Geschwindigkeit des Prozessors ist je-doch bei den meisten Anwendungen nicht von Bedeutung: Die Platine kommuniziert nur über eine Reset-Taste und eine LED.

Die Platine kann mit verschiedenen anderen Sensoren und Aktoren verkabelt werden. Die Programme für Arduino werden auf einem Computer geschrieben und dann via USB an den Arduino geschickt. Sobald das Programm auf den Arduino ge-laden ist, kann es durch Drücken der Reset-Taste gestartet (und später unterbrochen und wieder gestartet) werden. Wenn der Arduino via USB verbunden ist, läuft die Stromzufuhr über die USB-Verbindung. Wenn die Verbindung zum Computer unter-brochen wird, benötigt er eine eigene Stromzufuhr.

Eine sehr praktische Art, eine Arduino-Platine zu erweitern, ist der Einsatz von sogenannten „Shields“, d. h. Steckplatinen, die als Schaltungserweiterungen direkt auf die Arduino-Pinköpfe aufgesteckt werden. Zum Beispiel werden oft Datalogger- Shields eingesetzt, die über eine Echtzeituhr auf der Platine verfügen. Die Daten werden auf eine SD-Karte geschrieben, die in den SD-Kartenleser des Shields eingeführt wird.

Für fast alle Erweiterungen (Shields, Sensoren und Aktoren) finden Sie gut dokumentierte Programmierbeispiele im Internet.

Für die Programmierung von Arduino können Windows-, Mac OS- oder Linux-Computer verwendet werden. Die Software steht als Download zur Verfügung.[2] Im Internet finden Sie viele detaillierte Programmierbeispiele für den Arduino. Übrigens: Programme für den Arduino werden „Sketches“ genannt.

e 1: Arduino

Wie wirdprogrammiert?<Autor> Bernard Schriek

<68> Wie wird programmiert?

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<Calliope mini und BBC micro:bit>Ein weiterer Einplatinen-Computer ist der Calliope mini[3], der mit dem BBC micro:bit[4] vergleichbar ist. Der Unterschied zwi-schen diesen beiden Platinen liegt darin, dass beim Calliope mini zahlreiche Sensoren und Aktoren bereits eingebaut sind, sodass Sie bei vielen Projekten keine externen Sensoren und Aktoren benötigen. Der Calliope mini verfügt über Bluetooth für die Kommunikation mit anderen Platinen oder mit Smartphones. Sein Prozessor ist leistungsfähiger und schneller als der Arduino- Prozessor. Außerdem verfügt der Calliope mini über wesentlich mehr Onboard-Speicherplatz. Auf einem Computer geschriebene Pro gramme können via USB auf den Calliope mini übertragen werden. Sobald ein Programm übertragen ist, startet es auto-matisch, kann aber auch durch Drücken der Reset-Taste neu gestartet werden. Obwohl der Calliope mini schon über viele eingebaute Sensoren verfügt, können weitere über standardi-sierte Grove-Steckverbinder[5] angeschlossen werden.

Auf der Platine befindet sich eine 5×5 LED-Matrix, die für das Scrollen durch Texte verwendet werden kann. Der Calliope mini ist etwas teurer als der Arduino, hat aber den Vorteil der vielen bereits eingebauten Sensoren und Aktoren, wodurch sich der höhere Preis im Schulalltag bezahlt macht.

Für die Programmierung des Calliope mini wird JavaScript verwendet, doch Sie können auch Umgebungen mit Blockpro-grammierung verwenden, die für jüngere Kinder besser geeig-net sind. Diese werden später in diesem Kapitel beschrieben.

<Raspberry Pi>Ein sehr bekannter Einplatinen-Computer ist der Raspberry Pi[6], ein voll funktionsfähiger Computer, der mit Linux- oder Windows-Betriebssystem läuft. Er kann über ein HDMI-Kabel mit einem Bildschirm verbunden und über USB können Maus und Tastatur angeschlossen werden. Der Preis von 50 € bis 60 € ist sehr angemessen, jedoch doppelt so hoch wie der Preis eines Calliope mini. Sie können beinahe jede Program-

miersprache auf dem Raspberry Pi verwenden. Statt einer Hard-disk nutzt er eine SD-Karte für die Speicherung von Programmen und Daten. Er kann für verschiedene Zwecke mit Erweite-rungsplatinen ergänzt werden. Der Raspberry Pi verfügt über eingebautes WLAN und kann an ein lokales WLAN-Netz ange-schlossen werden. Wie alle anderen Platinen benötigt er eine externe Stromzufuhr, entweder mit Batterien oder mit einem Netzadapter. Obwohl der Raspberry Pi ein vollständiger Com-puter ist, ist er nicht so schnell wie ein normaler Desktop- oder Laptop-Computer und verfügt nur über eine SD-Karte als exter-nen Speicher. Für ihn gibt es zahlreiche Projekte im Internet. Für die Arbeit mit dem Raspberry Pi sollten Sie über eine gewis-se Erfahrung mit Computern verfügen.

<LEGO Mindstorms>Ein weiteres, jedoch viel teureres, Mikrocomputer-System ist LEGO Mindstorms[7]. Die meisten Schülerinnen und Schüler ken nen LEGO schon, sodass sie damit computergesteuerte Werk zeuge und Apparate leicht bauen können. LEGO hat ein eigenes visuelles Programmiersystem namens EV3, eine Soft-ware, die auf LabView[8] basiert (eine professionelle Mess- und Steuerungs-Software). Bei diesem System bewegt man sogenannte Programmierblöcke, um ein funktionierendes Pro-gramm zusammenzufügen. Der Einsatz und die Programmie-rung von Motoren sind sehr wichtig, wenn Sie einen EV3-Roboter programmieren. Neben der LEGO-Software können Sie lejOS[9] verwenden, eine spezielle Umsetzung der Java Virtual Machine.

e 2: Calliope mini mit Ultraschall-Entfernungssensor und Batteriefach

e 3: Raspberry Pi

e 4: Raspberry Pi mit Erweiterungsplatine

<69>Wie wird programmiert?

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Da Eclipse über ein bestehendes LEGO-Plugin verfügt, wird es meistens als Java-Entwicklungstool verwendet. Es gibt viele Sensor- und Aktorbausteine, die mit dem Hauptprozessorbau-stein verbunden werden können, aber wie dies bei allen Kom-ponenten von LEGO ist, sind sie viel teurer als die Sensoren für die zuvor erwähnten Platinen.

Es gibt eine große Auswahl weiterer Einplatinen-Computer, von denen viele für den Betrieb von Robotern für die verschie-densten Zwecke konzipiert sind. Wenn Sie Projektideen suchen, schauen Sie am besten einmal online bei hackster.io[10] nach. Sie müssen sich dort (kostenlos) registrieren, um auf zahl-reiche mehr oder weniger detaillierte Projektbeschreibungen zugreifen zu können.

<Software>Im 21. Jahrhundert sind Programmierkompetenzen in allen Lebensbereichen von zunehmender Bedeutung. Ein Ziel dieser Broschüre ist es, Lehrkräfte darin zu unterstützen, das Inte resse ihrer Schülerinnen und Schüler für Coding zu gewinnen und zu fördern. Normalerweise interessieren sich Schülerinnen und Schüler sehr für das Programmieren. Um dabei erfolgreich zu sein und dadurch motiviert zu werden, benötigen sie nur noch die richtigen Werkzeuge und Programmiersprachen. Die Wahl der geeigneten Programmiersprache hängt vom Alter der Schüle-rinnen und Schüler ab. Jüngere Kinder benötigen eher visuelle Unterstützung beim Programmier- und Debugging-Prozess. In den folgenden Abschnitten behandeln wir deshalb die Umset-zung einiger wichtiger Programmierkonzepte in der Block- und in der Textprogrammierung.

<Variablen>Variablen werden eingesetzt, um Werte für einen späteren Ge-brauch festzuhalten. Eine Variable stellt man sich am besten als eine Box vor. Eine Box enthält einen Wert, welcher eine be-

stimmte Form hat, die vom Wertetyp abhängt, z. B. Ganzzahl (Integer), Gleitkommazahl (Float), Zeichenkette (String) oder Boole (also wahr oder falsch). Die Box ist außerdem mit einem Label mit ihrer Bezeichnung ausgestattet. Es empfiehlt sich, erklärende Worte für die Bezeichnungen der Variablen zu neh-men, wie beispielsweise „Temperatur“ anstelle des Buchsta-bens t, sodass andere ein Programm leichter verstehen kön-nen. In Blockprogrammiersprachen (Scratch[11], Snap![12], MakeCode[13]) sieht eine Variable wie ein Label aus, und Sie können die Bezeichnung und den Wert auch sehen, wenn das Programm gerade läuft (e 5). Dies ist gerade bei der Fehler-behebung (Debugging) sehr hilfreich. Es gibt aber auch Blöcke zur Festlegung oder Änderung des Werts einer Variablen, die selbsterklärend sind.

<Zuweisungen>In einigen Textprogrammiersprachen müssen Variablen dekla-riert werden. Die Deklaration enthält Angaben zum Typ der Vari-able (z. B. Integer, String). Andere Textprogrammiersprachen warten darauf, dass die erste Zuweisung entscheidet, von wel-chem implizierten Typ die Variable ist.

Doch die Zuweisung selbst enthält eine Hürde: Sie wird wie eine mathematische Gleichung geschrieben. Temperatur = 23 ist eine Zuweisung und bedeutet, dass die Temperatur-Variable den Wert 23 erhält (e 6). Wenn Sie nun die Temperatur mit dem Wert 25 vergleichen wollen, schreiben Sie: Temperatur == 25, d. h. mit zwei Gleichheitszeichen. Dieser Unterschied ist eine häufige Ursache für Fehler (Bugs) bei der Softwareentwicklung.

e 5

e 6

<70> Wie wird programmiert?

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<Programmablauf>Die meisten Computerprogramme bestehen aus Anweisungen, die seriell abgearbeitet werden, d. h. eine nach der anderen. Natürlich enthalten auch viele Sprachen die parallele Verarbei-tungsweise, wo zwei oder mehr Programme gleichzeitig in so-genannten Threads ablaufen – auch Scratch[11] oder Snap![12] bieten diese parallele Verarbeitung an.

Aber wir betrachten jetzt nur einen Prozess. Die Anweisungen werden beginnend mit dem ersten Block oder der ersten Zeile bis zum letzten Block bzw. der letzten Zeile ausgeführt. Dieser Vorgang heißt Sequenz. Jedoch ist es meist nicht so einfach: Das Programm soll verschiedene Befehle ausführen, basierend auf Entscheidungen an bestimmten Punkten im Programm. Dieser Vorgang heißt Verzweigung (Branching).

<Verzweigung>Es gibt drei Verzweigungstypen: einseitige, zweiseitige und mehrseitige. Sie alle benötigen eine Bedingung, die anzeigt, welche Aktion Sie vom Programm verlangen. Diese Bedingung ist in den meisten Fällen das Vergleichen zweier Werte. Das Er-gebnis ist ein Boole‘sches Wahr/Falsch. Die einseitige Verzwei-gung fügt zusätzliche Anweisungen zum Programmablauf hin-zu, die ausgeführt werden, wenn das Ergebnis der Bedingung „Wahr“ ist. Die zweiseitige Verzweigung fügt zwei zusätzliche Anweisungssets hinzu, von denen jeweils, abhängig vom Er-gebnis der Bedingung, nur eine ausgeführt wird. Die mehrsei-tige Verzweigung nimmt eine Variable, und abhängig vom Wert dieser Variable werden verschiedene Anweisungs-Sets ausge-führt. Blockprogrammiersprachen stellen die Bedingung und auch die Anweisungssets visuell klar verständlich dar. Text-programmiersprachen verwenden sogenannte Wenn- (If) oder Wenn-Sonst-Anweisungen (If-Else) für die ersten zwei Ver-zweigungsarten und Fall-Anweisungen (Case) für mehrseitige Verzweigungen.

<Schleifen>Ein weiteres wichtiges Instrument zur Steuerung des Anwei-sungsablaufs sind Schleifen (Loops), die für wiederholt aus-geführte Anweisungssets eingesetzt werden. Schleifen wer-den anhand der Bedingung, die sie steuern, unterschieden. Die Bedingung – meist ein Vergleich – kann sich am Anfang oder am Ende einer Schleife befinden. Wenn sie sich am An-fang befindet und in „Falsch“ resultiert, werden die Anweisun-gen nicht ausgeführt. Wenn sich die Bedingung am Ende der Schleife befindet, werden die Anweisungen in der Schleife min-destens einmal ausgeführt. Es gibt auch numerische Schlei-fen (manchmal „For-Schleifen“ oder „For Loops“ genannt), die verwendet werden, wenn bekannt ist, wie viele Male die Schlei-fen-Anweisungen ausgeführt werden sollen.

Anweisungssequenzen, Schleifen und Verzweigungen werden üblicherweise verschachtelt. Dies bedeutet, dass eine Schleife sich innerhalb einer Verzweigung und eine Verzweigung sich innerhalb einer Schleife befinden kann. Es gibt Regeln, wie ein Programmablauf in einem Diagramm dokumentiert wird. In die-ser Broschüre verwenden wir Nassi-Shneiderman-Diagram-me[14] zur Erläuterung von Anweisungsabläufen in unseren Programmen.

<Quellen und Hinweise>[1] www.arduino.cc[2] www.arduino.cc/en/Main/Software[3] https://calliope.cc[4] www.microbit.co.uk/home[5] http://wiki.seeedstudio.com/Grove_System[6] www.raspberrypi.org[7] www.lego.com/de-de/mindstorms[8] https://de.wikipedia.org/wiki/LabVIEW[9] www.lejos.org[10] www.hackster.io[11] https://scratch.mit.edu[12] https://snap.berkeley.edu[13] https://makecode.calliope.cc/[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Nassi-Shneiderman-

Diagramm

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<71>Wie wird programmiert?

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<Informatikunterricht mit Snap!>snap.berkeley.edu/run Kreativität sowie Computer- und Medienkompetenzen sind be-sonders wichtig in einer Zeit der digitalen Revolution. Snap! ist ein Tool, das Menschen jeden Alters dabei hilft, Informatikgrund-lagen kennenzulernen und aktuelle Entwicklungen aktiv mit-zugestalten.

<Was ist Snap!?> Snap! – Build your own Blocks (Bau deine eigenen Blöcke) ist eine visuelle, blockbasierte Programmiersprache. Sie lädt die Lernenden ein, ihre Ideen zum Leben zu erwecken und sich dabei auf spielerische und experimentierende Weise mit Infor-matik vertraut zu machen. Das Faszinierende an Snap! ist der hohe Anspruch an sich selbst, einen leichten Einstieg zu bie-ten, ohne dabei die Ausdruckskraft zu mindern. Die Sprache ermöglicht es sowohl Anfängerinnen und Anfängern als auch erfahrenen Programmiererinnen und Programmierern, sich in fortgeschrittene Informatikkonzepte, wie beispielsweise be-liebige Datenstrukturen, Funktionen höherer Ordnung und so-gar benutzerdefinierte Kontrollstrukturen, in einer visuell an-sprechenden und leicht verständlichen Weise zu vertiefen.

Snap! wird gemeinsam mit Forschenden der University of California, Berkeley, von SAP entwickelt, ist heute in über 40

Sprachen erhältlich und wird im Informatikunterricht in eben-so vielen Ländern eingesetzt. Snap! ist Open Source und läuft auf allen modernen Webbrowsern.

↪ eine der 100 Top-Programmiersprachen auf dem TIOBE-Index ist

↪ im Bereich Künstlicher Intelligenz von Forschenden der University of Oxford eingesetzt wird

↪ von der Maker-Szene für 3D-Drucke, Stickereien und Robotik verwendet wird

↪ ganz einfach zu unterrichten ist, z. B. mit dem kostenlosen Kurs auf open.sap.com/courses/snap1 (in Englisch, weitere Sprachen in Vorbereitung)

<Wussten Sie, dass Snap! …>

<72> Informatikunterricht mit Snap!

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<Mitmachen bei Meet and Code>Coding-Event organisieren und Förderung erhalten!

„Ich wusste nicht, dass Programmieren so einfach sein kann!“ Für Philip war die Teilnahme an Meet and Code 2018 ein ech-tes Aha-Erlebnis. „Ich will unbedingt weitermachen“, so Louisa nach der Teilnahme an einem Hackathon. Und genau das will die Initiative auch zeigen: Programmieren macht Spaß und ist einfach zu erlernen.

Im zweiten Jahr von Meet and Code nahmen in über 1.100 Veranstaltungen mehr als 52.000 Jungen und Mädchen in 22 Ländern teil. Wie immer fand die Aktion während der EU Code Week im Oktober statt.

Jede geprüfte und als förderungswürdig bewertete Veranstal-tungsidee erhielt ein Startgeld von bis zu 500 Euro. Gefördert werden Programmier-Events aller Art und bewerben kann sich jede gemeinnützige Organisation mit ihrem Projekt.

Und auch 2019 will die Initiative an die Erfolge des letzten Jah-res anknüpfen: In 22 Ländern finden zahlreiche Events, Pro-jekte und Workshops während der EU Code Week statt. Mit-machen können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 8 und 24 Jahren. Ziel ist es, zu zeigen, wie viel Spaß

Programmieren machen kann und wie man damit eigene Ideen zum Leben erwecken kann. Gleichzeitig können durch das Ausprobieren von eigenen Ideen und die kreative Ausein-andersetzung mit Coding, Fähigkeiten entwickelt werden, die in der Arbeitswelt heute und morgen von Bedeutung sind.

Hinter der Initiative Meet and Code steht organisatorisch die Haus des Stiftens gGmbH mit dem IT-Portal Stifter-helfen und die jeweiligen Länderpartner des TechSoup Europe-Netzwerkes. Ermöglicht wird Meet and Code durch SAP.

Auch 2019 werden wieder Preise für die kreativsten Veranstal-tungsideen und originellsten Umsetzungen ausgeschrieben: Der Meet and Code Award wird in mindestens drei Kategorien verliehen: u. a. Innovation und Diversity.

Alle Aktionen, Informationen und Anmeldung unter: www.meet-and-code.org

TWITTER Facebook-F Folgen Sie uns und reden Sie mit! @stifter_helfen @TechSoupEurope #meetandcode #codeEU #SAP4Good

Mitmachen bei Meet and Code

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Peter Böhmer

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Peter Böhmer

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Dietrich Bechtel

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Dietrich Bechtel

<73>Mitmachen bei Meet and Code

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<Weiterführende Materialien>Die Autorinnen und Autoren haben weiterführende Materialien erstellt.Diese stehen unter www.science-on-stage.de/coding-materialien zum freien Download zur Verfügung.

<Aktivitäten im Rahmen vonCoding im MINT-Unterricht>

<2. Juni 2016>Brainstorming zur Themen-

findung während des Abschlusstreffens des

Projekts Fußball im MINT- Unterricht, Brüssel, Belgien

<20.–22. Oktober 2017>Erstes Arbeitstreffen im Rahmen der Europäischen MINT-Liga im Deutschen Fußballmuseum, Dortmund

<1. März 2019>Präsentation der Publikation in Wien, Österreich

<Herbst 2020>Code League Finale

<13.–15. April 2018>Zweites Arbeitstreffen in Berlin

<März 2019 – März 2020>Code League Wettbewerb

<Folgeaktivitäten in 2019 und 2020> europaweite Lehrerfortbildungen

<74> Weiterführende Materialien & Aktivitäten

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Science on Stage Deutschland – The European Network for Science Teachers

… ist ein Netzwerk von Lehrkräften für Lehrkräfte aller Schularten, die Mathematik, Informatik, Naturwissen-schaften und Technik (MINT) unterrichten.

… bietet eine Plattform für den europaweiten Austausch anregender Ideen und Konzepte für den Unterricht.

… sorgt dafür, dass MINT im schulischen und öffentlichen Rampenlicht steht.

Science on Stage Deutschland e.V. wird maßgeblich gefördert von think ING., der Initiative für den Ingenieurnachwuchs des Arbeitgeberverbandes GESAMTMETALL.

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Fußball im MINT-Unterricht ↪Unterrichtseinheiten zu verschiedenen naturwissenschaft-lichen Phänomenen im Fußball ↪Kapitel: Spielfeld, Spieler, Spielball, Spielanalyse

Smartphones im naturwissen-schaftlichen Unterricht

↪Leitfaden und Experimente für for-schend-entdeckendes Lernen mit Smartphones

Lilus Haus – Sprachförderung mit Experimenten

↪Naturwissenschaftliche Entdeckungs-tour für Grundschülerinnen und -schüler durch Bad, Wohnzimmer und Küche mit Sprach-, Lese- und Schreibtraining

Die Broschüren stehen zum freien Download zur Verfügung unter www.science-on-stage.de/unterrichtsmaterialien

<Weitere Materialien>

<75>Science on Stage Deutschland

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