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Verletzungsstudie September 2016

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Verletzungsstudie September 2016

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UEFA-Verletzungsstudie

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Im Auftrag der Medizinischen Kommission der UEFA

Der vorliegende Bericht wurde im Auftrag der Medizinischen Kommission der UEFA erstellt von:

Professor Jan Ekstrand, MD, PhD, Universität Linköping

Ehemaliger erster Vizevorsitzender der Medizinischen Kommission der UEFA

Korrespondenzanschrift:

Verletzungsstudiengruppe

Prof. Jan Ekstrand

Hertig Karlsgatan 13 B

582 21 Linköping

Schweden

[email protected]

UEFA

Marc Vouillamoz

Leiter Medizinisches und Antidoping

[email protected]

Niki Papadimitriou

Medizinische Assistentin

[email protected]

Route de Genève 46

1260 Nyon 2

Schweiz

+41 848 00 27 27

+41 22 707 27 34 (Fax)

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UEFA-Verletzungsstudie

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Zusammenfassung der Ergebnisse

Im Rahmen der Verletzungsstudie der EURO 2016 wurden folgende Ergebnisse festgestellt:

Insgesamt traten bei der EURO 2016 deutlich weniger Verletzungen auf als bei den EM-

Endrunden 2012, 2008 und 2004.

Die Verletzungslast (Anzahl Ausfalltage pro 1 000 Einsatzstunden) beschreibt die Folgen von

Verletzungen besser, da diese auch die Schwere der Verletzung berücksichtigt, während mit

dem Begriff Verletzungsrate lediglich die Anzahl Verletzungen pro 1 000 Einsatzstunden

beschrieben wird.

In der Vorbereitungsphase vom 1. bis 9. Juni traten lediglich leichte Verletzungen auf.

Während des Turniers erlitten 46 Spieler 49 Verletzungen, wobei 80 % der Verletzungen im

Spiel auftraten.

Die Verletzungslast für Verletzungen im Spiel war 16 Mal höher als für Verletzungen im

Training.

Die Anzahl Verletzungen unterschied sich in den verschiedenen Turnierphasen: In der

Vorbereitungsphase traten nur wenige, leichte Verletzungen auf, in der Gruppenphase stieg die

Anzahl Verletzungen an und in der K.-o.-Phase war diese Zahl am höchsten (einschließlich

zahlreicher schwerer Verletzungen mit langen Ausfallzeiten).

Die Verletzungslast bei EM-Endrunden ist rückläufig und aktuell geringer als im Elite-

Klubfußball.

55 % aller beim Turnier aufgezeichneten Verletzungen waren Muskelverletzungen; der Anteil

der Muskelverletzungen ist seit 2004 bei jeder EM-Endrunde gestiegen. Derzeit stellen

Muskelverletzungen eindeutig das Hauptverletzungsproblem im Elitefußball dar.

Der Anteil an Verletzungen im Spiel ohne Fremdeinwirkung steigt im Vergleich zu

vorangegangenen EM-Endrunden an. Ein Grund dafür könnte sein, dass Verletzungen mit

Fremdeinwirkung aufgrund von Fairplay der Spieler und erstklassigen Schiedsrichterleistungen

rückläufig sind. Die Daten deuten darauf hin, dass Verletzungen ohne Fremdeinwirkung

(insbesondere Überlastungsverletzungen wie Muskelverletzungen) allgemein ansteigen, was ein

Zeichen für Ermüdung sein könnte.

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UEFA-Verletzungsstudie

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Bei den EM-Endrunden 2016 und 2012 traten weniger Kopf- und Knieverletzungen auf als bei

der Endrunde 2008.

Während der EM-Endrunde 2016 traten wenige Wiederverletzungen auf; dies könnte ein

Hinweis auf die hohe Qualität der medizinischen Teams und ihrer Empfehlungen sein.

Während der EM-Endrunde 2016 wurden nur wenige Verletzungen aufgrund von Foulspiel

verzeichnet; dies könnte ein Hinweis auf eine Änderung im Wettbewerbsverhalten oder andere

Faktoren wie die strengere Kontrolle durch die Schiedsrichter sein.

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UEFA-Verletzungsstudie

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Gründe für die Durchführung der Studie

Obwohl sich körperliche Betätigung nachweislich positiv auf die Gesundheit auswirkt, birgt die

Teilnahme am Sport ein gewisses Verletzungsrisiko, das im Profifußball beachtlich ist. Es ist

schätzungsweise tausend Mal höher als bei einer allgemein als risikoreich erachteten Beschäftigung

in der gewerblichen Wirtschaft (Drawer und Fuller, 2002). Verletzungen beeinträchtigen zudem die

Leistungsfähigkeit, weshalb Mannschaften, die Verletzungen vermeiden können, erfolgreicher sind

(Árnason et al., 2004; Bengtsson et al., 2013; Ekstrand et al., 1983; Hägglund et al., 2013). Daher ist

die Vorbeugung von Verletzungen im Fußball von maßgebender Bedeutung. Die Durchführung

einer Verletzungs-Beobachtungsstudie ist ein grundlegender erster Schritt im Rahmen

vorbeugender Maßnahmen (van Mechelen et al., 1992).

FIFA, UEFA und nationale Fußballorganisationen sind alle besorgt um die Sicherheit der Spieler.

Im Jahr 2001 initiierte die UEFA ein Forschungsprogramm zur Verbesserung der Sicherheit der

Spieler in den UEFA-Wettbewerben, das gleichzeitig auch dem besseren Verständnis von

Verletzungen im Sport dienen sollte. Dieses Projekt, die UEFA-Verletzungsstudie für Eliteklubs,

wird seit nunmehr 15 Jahren in der UEFA Champions League durchgeführt. Die Ergebnisse werden

regelmäßig auf http://de.uefa.org/protecting-the-game/medical/index.html und in

internationalen sportmedizinischen Zeitschriften wie dem British Journal of Sports Medizine

veröffentlicht.

Seit der EURO 2004 in Portugal werden auch bei EM-Endrunden regelmäßig Verletzungsstudien

durchgeführt.

Ziel der Studie

Die Verletzungsstudie der EURO 2016 hat folgende Ziele:

Bewertung des Verletzungsrisikos und der Umstände, die bei der EURO 2016 zu Verletzungen

geführt haben, unter Berücksichtigung von Trainings- und Spieleinsätzen.

Analyse von Verletzungsmustern und dem Schweregrad von Verletzungen.

Vergleich von Verletzungsrisiko und Verletzungsmustern mit den Ergebnissen aus

vorangegangenen Turnieren und der UEFA-Verletzungsstudie für Eliteklubs.

Vergleich der Unterschiede hinsichtlich des Verletzungsrisikos zwischen der Vorbereitungs-,

Gruppen- und K.-o.-Phase.

Einpflegen der Daten in die UEFA-Verletzungsstudien-Datenbank sowie Beobachtung von

Tendenzen bei Verletzungsrisiko und Verletzungsmustern im Zeitverlauf.

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UEFA-Verletzungsstudie

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Vorgehensweise bei der Durchführung der Studie

Mannschaften und Spieler

Alle 24 für die EURO 2016 qualifizierten Mannschaften haben ihre Teilnahme an der Studie zugesagt.

Jeder Kader bestand aus 23 Spielern. Bis auf eine Mannschaft haben alle Teams vollständige Daten

verschickt. Vom 1. Juni bis 10. Juli wurden 529 Spieler aus den 23 Mannschaften, die vollständige

Daten bereitgestellt haben, beobachtet.

Der Studienzeitraum wurde folgendermaßen unterteilt:

Vorbereitungsphase (1. bis 9. Juni)

Gruppenphase (10. bis 22. Juni)

K.-o.-Phase (25. Juni bis 10. Juli)

Jede Mannschaft spielte in der Gruppenphase vom 10. bis 22. Juni drei Spiele, während die K.-o.-

Phase (Achtelfinale bis Finale) vom 25. Juni bis 10. Juli stattfand. Die Spiele fanden an zehn

verschiedenen Austragungsorten statt, die alle mit Naturrasen ausgestattet waren.

Datenerhebung

Die Datenerhebung erfolgte auf der bereits für die UEFA-Verletzungsstudie für Eliteklubs und für

vorangegangene EM-Endrunden validierten und umgesetzten Methode, um eine kontinuierliche

Überwachung und einen Vergleich der Verletzungsrisiken und Trends im Zeitverlauf zu ermöglichen.

Die Daten wurden anhand von Standardformularen erhoben.

Die Mannschaftsärzte waren für die Erhebung der Daten verantwortlich. Sie erhielten im Vorfeld des

Turniers ein Studienhandbuch und die entsprechenden Formulare zur Erhebung der Daten.

Außerdem wurden sie am 3. März 2016 bei einer Sitzung mit dem Leiter der

Verletzungsstudiengruppe und UEFA-Vertretern über die Vorgehensweise informiert. Das Handbuch

enthielt Informationen über den Zweck und den Aufbau der Studie sowie relevante Definitionen und

Beispiele zum Ausfüllen der Formulare zur Erhebung der Daten.

Jeder Mannschaftsarzt erhielt außerdem Formulare zur Erhebung der Anwesenheit und zeichnete für

das Ausfüllen hinsichtlich der Daten zur Anwesenheit der Spieler bei Trainingseinheiten und Spielen

verantwortlich. Die Einsatzzeiten wurden für jeden Spieler in Minuten aufgezeichnet, damit die

Verletzungsrate auf der realen Einsatzzeit beruht. Bei den Angaben zur Anwesenheit wurden alle

Spiele und Trainingseinheiten unter Leitung eines Trainers einschließlich Einheiten zu körperlicher

Betätigung berücksichtigt.

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Alle während des Turniers aufgetretenen Verletzungen wurden vom entsprechenden

Mannschaftsarzt aufgezeichnet. Außerdem wurden grundlegende Informationen wie die Art der

Aktivität beim Auftreten der Verletzung (Training oder Spiel), die Spielminute, Art und Ort der

Verletzung sowie die Verletzungsdiagnose, gegebenenfalls eine Wiederverletzung, die Umstände

(mit/ohne Fremdeinwirkung) und der Verletzungsmechanismus (Überlastung oder Trauma)

aufgezeichnet. Für Verletzungen im Spiel wurde auch die Sanktion des Schiedsrichters vermerkt.

Der Schweregrad der Verletzung wurde auf Grundlage der Anzahl Ausfalltage im Training und Spiel

bewertet (leicht: 0 Tage, minimal: 1-3 Tage, gering: 4-7 Tage, moderat: 8-28 Tage, schwer: >28 Tage).

Alle Verletzungen wurden bis zum letztendlichen Rehabilitationszeitpunkt beobachtet (Abbildung 1).

Leicht Minimal Gering Moderat Schwer

0 Tage 1-3 Tage 4-7 Tage 8-28 Tage 28 Tage +

Abbildung 1 Schweregrad der Verletzung gemessen an der Anzahl Ausfalltage

Zur Bewertung der Korrelation zwischen der internen Belastung der Spieler und

Verletzungen gegenüber der Leistung, wurden die Mannschaften aufgefordert, Angaben

zum Belastungsempfinden nach der Borg-Skala der RPE-Werte (Rate of Perceived Exertion)

nach jeder Trainingseinheit und jedem Spiel zu machen. Insgesamt 17 Mannschaften

stimmten einer Teilnahme an der Messung der RPE-Werte zu. Die Ergebnisse dieser

Unterstudie werden den teilnehmenden Mannschaften bis Ende des Jahres separat

zugeschickt.

Definitionen

Verletzung: Eine Verletzung ist jeder körperliche Schaden, der während fußballerischen

Aktivitäten (Spiele oder Trainingseinheiten) auftritt und zur Folge hat, dass der Spieler nicht

uneingeschränkt am Training oder Spiel teilnehmen kann. Ein Spieler gilt als verletzt, solange

der Mannschaftsarzt diesem noch keine vollständige Freigabe für das Mannschaftstraining

oder Spiel erteilt hat.

Wiederverletzung: Eine Wiederverletzung ist eine Verletzung am selben Körperteil und in

derselben Art wie eine Verletzung, die der Spieler in den vorangegangenen zwei Monaten

erlitten hat.

Verletzungsrate: Die Verletzungsrate wird in Anzahl Verletzungen pro 1 000

Einsatzstunden ausgedrückt.

Ausfalltage: Ausfalltage sind alle Tage, die ein Spieler aufgrund von bestimmten

Verletzungen nicht eingesetzt werden kann.

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Verletzungslast: Die individuelle Verletzungslast eines Spielers und die Folgen für die

Mannschaft ergeben sich aus einer Kombination von Anzahl (Verletzungsrate) und Schwere

(in Ausfalltagen) von Verletzungen. Die Verletzungslast wird in Anzahl Ausfalltagen pro

1 000 Einsatzstunden ausgedrückt. Beispiel: Team A hat bei 5 000 Einsatzstunden

10 Verletzungen mit durchschnittlich 10 Ausfalltagen zu verzeichnen; die Verletzungslast

liegt damit bei 20 Tagen pro 1 000 Einsatzstunden. Team B hat bei 5 000 Einsatzstunden

20 Verletzungen mit durchschnittlich 5 Ausfalltagen zu verzeichnen; die Verletzungslast

liegt damit ebenfalls bei 20 Tagen pro 1 000 Einsatzstunden.

ERGEBNISSE

Vorbereitungsphase (1. bis 9. Juni): nur leichte Verletzungen

Die Mannschaften meldeten für den neuntägigen Zeitraum durchschnittlich sieben

Trainingseinheiten, wobei die Bandbreite von vier bis elf Einheiten reichte. Außerdem spielten die

meisten Mannschaften in dieser Zeit ein Freundschaftsspiel.

Die mittlere Einsatzzeit in Training und Spiel in diesem Zeitraum betrug insgesamt

193 Einsatzstunden pro Mannschaft, mit Werten pro Team von 110 bis 333 Einsatzstunden.

Insgesamt traten 18 Verletzungen auf, davon 14 in Spielen und vier bei Trainingseinheiten. Die

Verletzungsrate war in den Trainingseinheiten sehr gering (1,0 pro 1 000 Einsatzstunden), während

sie in den Spielen deutlich höher ausfiel (30,2 pro 1 000 Einsatzstunden) (siehe Abbildung 2 und

Tabelle 1). Es wurden keine schwere Verletzungen gemeldet. Die meisten Verletzungen (14 von 18,

d.h. 78 %) waren minimale Verletzungen mit ein bis drei Ausfalltagen. Alle in der

Vorbereitungsphase verletzten Spieler waren für das erste Spiel des Turniers wieder einsatzfähig.

Die Verletzungslast bei Trainingsverletzungen war gering (3,5 Ausfalltage pro

1 000 Trainingsstunden), während sie bei Verletzungen im Spiel deutlich höher ausfiel

(66 Ausfalltage pro 1 000 Spielstunden). Sowohl die Verletzungsrate als auch die Verletzungslast

zeigen, dass das Verletzungsrisiko bei Spielen in der Vorbereitungsphase rund 20 bis 30 Mal höher

ist als bei Trainingseinheiten in dieser Zeit.

Turnierphase (10. Juni bis 10. Juli): hohes Verletzungsrisiko im Spiel

Einsatzzeit

Im gesamten Turnier wurden insgesamt 8 500 Einsatzstunden verzeichnet, davon rund 6 800 (80%)

im Training und 1 700 (20%) im Spiel, darunter gegebenenfalls auch Verlängerungen. Insgesamt

bestritten die 23 Mannschaften, welche Daten bereitgestellt haben, 99 Spiele.

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Allgemeines Verletzungsrisiko

Während des Turniers erlitten insgesamt 46 Spieler (9 %) 49 Verletzungen. 39 Verletzungen traten

während eines Spiels auf (80 %), zehn während einer Trainingseinheit (20 %).

Verletzungsrate: Die mittlere Verletzungsrate bei Trainingseinheiten betrug 1,6 Verletzungen pro

1 000 Trainingsstunden, mit Mannschaftsraten zwischen 0 und 8,5. Die mittlere Verletzungsrate bei

Spielen betrug 22,6 Verletzungen pro 1 000 Spielstunden, mit Mannschaftsraten pro Mannschaft

zwischen 0 und 61,1.

Verletzungslast: Die mittlere Verletzungslast bei Trainingsverletzungen betrug 17 Tage pro

1 000 Trainingsstunden, während die mittlere Verletzungslast bei Verletzungen im Spiel 271 Tage

pro 1 000 Spielstunden betrug.

Vergleich der Verletzungen in der Vorbereitungs-, Gruppen- und K.-o.-Phase

Die Angaben für Belastung, Anzahl Verletzungen und Verletzungsraten bei der EURO 2016 sind in

Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1. Einsatzzeiten, Verletzungen und Verletzungsraten in den drei Phasen

Vorbereitungs-

phase

(VP)

Gruppen-

phase

K.-o.-

Phase

Turnier

ohne VP

Turnier

mit VP

Angaben zu Belastung

Trainingseinheiten (n) 157 201 104 305 462

Spiele (n) 28 69 30 99 127

Aktivitäten gesamt (n) 185 270 134 404 589

Einsatzzeit Training (h) 3 981 4 491 2 281 6 772 10 754

Einsatzzeit Spiel (h) 464 1 164 563 1 727 2 190

Einsatzzeit gesamt (h) 4 445 5 655 2 844 8 499

12 944

Angaben zu Verletzungen

Verletzungen im Training

(n)

4 5 5 10 14

Verletzungen im Spiel (n) 14 29 10 39 53

Verletzungen gesamt (n) 18 34 15 49 67

Angaben zu

Verletzungsraten

Verletzungsrate im Training 1,0 1,3 2,2 1,6 1,4

Verletzungsrate im Spiel 30,2 24,1 19,5 22,6 24,2

n = Anzahl, h = Stunden

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UEFA-Verletzungsstudie

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Sowohl bei der EURO 2016 als auch bei vorangegangenen EM-Endrunden hat sich gezeigt, dass die

Verletzungsrate in der Gruppenphase höher ist als in der K.-o.-Phase. In diesem Jahr wurde auch die

Vorbereitungsphase in der Studie berücksichtigt. In Abbildung 2 ist zu erkennen, dass die

Verletzungsrate in der Vorbereitungsphase höher war als beim Turnier selbst und, wie schon bei

vorangegangenen Endrunden, bei Spielen in der Gruppenphase höher war als in der K.-o.-Phase. Bei

Verletzungen während des Trainings zeigte sich ein umgekehrter Trend, wobei das Verletzungsrisiko

in Trainingseinheiten generell gering war.

Abbildung 2 Verletzungsrate in den verschiedenen Phasen der EURO 2016

Die Verletzungsrate ist jedoch nicht notwendigerweise die beste Kennzahl, um die praktischen

Folgen von Verletzungen aufzuzeigen. Die Verletzungsrate spiegelt lediglich die Anzahl Verletzungen

in einer bestimmten Einsatzzeit wider (normalerweise 1 000 Stunden). Dabei wird die Schwere der

Verletzung nicht berücksichtigt, so dass beispielsweise eine Prellung am Oberschenkel mit einem

Ausfalltag genau gleich in die Verletzungsrate eingeht wie eine Verletzung des vorderen Kreuzbands

(VKB) mit einer siebenmonatigen Ausfallzeit.

In Abbildung 2 ist zu erkennen, dass die Anzahl Verletzungen im Spiel in der Vorbereitungsphase am

höchsten und in der K.-o.-Phase am niedrigsten ist. Dies spiegelt aber nicht das Verletzungsrisiko in

jeder Phase wieder, sondern zeigt lediglich die unterschiedliche Herangehensweise an die

Turnierphasen. Während der Vorbereitungsphase bemühen sich die Mannschaften darum, die

Spieler

optimal auf das Turnier vorzubereiten. Die Mannschaften ermöglichen es Spielern mit kleineren

Beschwerden, während ein oder zwei Trainingseinheiten zu pausieren, damit diese zu Turnierbeginn

fit sind.

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Vorbereitungsphase Gruppenphase K.o.-Phase

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Die Verletzungslast ist eine deutlich bessere Kennzahl, um die Folgen einer Verletzung auszudrücken.

In Abbildung 3 ist zu erkennen, dass die Verletzungslast in der Vorbereitungsphase gering ist, in der

Gruppenphase deutlich ansteigt und in der K.-o.-Phase ihren Höhepunkt erreicht.

Abbildung 3 Verletzungslast in den verschiedenen Phasen der EURO 2016

Die Verletzungslast bei EM-Endrunden ist rückläufig und aktuell geringer

als im Elite-Klubfußball

In Abbildung 4 ist zu erkennen, dass Verletzungen im Spiel zu einer höheren Verletzungslast führen

und deutlich schwerere Folgen haben als Trainingsverletzungen. Es wird ebenfalls deutlich, dass

die Verletzungslast aus dem Spiel geringer ist als die in der UEFA-Verletzungsstudie für Eliteklubs

aufgezeichnete entsprechende Last. Außerdem lag die allgemeine Verletzungslast bei der

EURO 2016 deutlich unter der Verletzungslast im Eliteklubfußball in der Saison 2015/16.

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Vorbereitungsphase Gruppenphase K.o.-Phase

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UEFA-Verletzungsstudie

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Abbildung 4 Verletzungslast bei den letzten vier EM-Endrunden im Vergleich zu den Ergebnissen

der UEFA-Verletzungsstudie für Eliteklubs 2015/16

Schweregrad der Verletzungen im Vergleich zu vorangegangenen EM-Endrunden

Bei den meisten Verletzungen (n=31, 63 %) kehrte der Spieler innerhalb einer Woche vollständig in

Training und Spiel zurück. Dennoch traten neun moderate Verletzungen (18 %) mit Ausfallzeiten

zwischen 8 und 28 Tagen und neun weitere schwere Verletzungen (18 %) mit Ausfallzeiten über

28 Tagen auf.

Verletzungsmuster

Die meisten Verletzungen (87 %) betrafen die unteren Extremitäten, darunter am häufigsten den

Oberschenkel (n=16, 33 %), die Hüfte/Leiste (n=12, 25 %), das Knie (n=6, 12 %) und den Knöchel

(n=6, 12 %). Die weiteren neun Verletzungen betrafen den unteren Rückenbereich (n=3),

Kopf/Gesicht (n=2), Unterschenkel/Achillessehne (n=2), Fuß/Zehen (n=1) und Hand (n=1). Im

Vergleich zur EURO 2012 stieg der Anteil an Hüft-/Leistenverletzungen von 11 % auf 25 %, während

der Anteil an Oberschenkelverletzungen von 43 % auf 33 % zurückging.

In Abbildung 5 ist zu erkennen, dass das Verletzungsmuster bei der EURO 2016 dem

Verletzungsmuster im Eliteklubfußball der Saison 2015/16 ähnelt.

Muskelverletzungen waren bei der EURO 2016 die häufigsten Verletzungen (n=27, 55 %). In

Abbildung 5 ist zu erkennen, dass der Anteil der Muskelverletzungen bei EM-Endrunden

kontinuierlich angestiegen ist; dasselbe gilt auch für die UEFA-Verletzungsstudie für Eliteklubs.

Muskelverletzungen stellen ein deutliches Verletzungsrisiko für Spieler auf Eliteniveau dar.

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Euro 2004 Euro 2008 Euro 2012 Euro 2016 UEFA-Verletzungsstudiefür Eliteklubs 2015/16

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Training Spiel

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UEFA-Verletzungsstudie

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Ein Fünftel aller Verletzungen während des Turniers betrafen die hintere Oberschenkelmuskulatur.

Diese so genannte „Sprint-Verletzung“ tritt vor allem auf, wenn Spieler mit hoher Geschwindigkeit

und raschen Richtungswechseln laufen, und kann daher auf die hohe Intensität der Spiele bei der

EURO 2016 zurückzuführen sein.

Abbildung 5 Anteil der Verletzungsarten (in %) während der letzten vier Endrunden und in der

Champions League 2015/16

Weniger Kopf- und Knieverletzungen als bei der EURO 2008

Bei der EURO 2008 wurden fünf Kopfverletzungen aufgezeichnet, darunter Frakturen,

Gehirnerschütterungen und offene Wunden. Bei der EURO 2012 trat lediglich eine Kopfverletzung

auf, während bei der EURO 2016 zwei Verletzungen im Kopfbereich gemeldet wurden. Eine dieser

beiden Verletzungen war eine Platzwunde infolge des Ellbogenstoßes durch einen gegnerischen

Spieler beim Tackling des verletzten Spielers. Die Verletzung führte zu einer Gehirnerschütterung

und wurde vom Schiedsrichter mit einer gelben Karte sanktioniert. Die andere Kopfverletzung war

ebenfalls eine Gehirnerschütterung, nachdem der Spieler vom Ball getroffen wurde. Gemäß den

neuen Handlungsempfehlungen der UEFA hinsichtlich Kopfverletzungen konnten die

Mannschaftsärzte eine entsprechende Untersuchung der verletzen Spieler durchführen, um

festzustellen, ob der Spieler für den weiteren Verlauf des Spiels einsatzfähig war oder nicht.

Bei der EURO 2008 traten sechs schwere Knieverletzungen auf, von denen drei operativ behandelt

werden mussten. Bei der EURO 2012 wurde lediglich eine schwere Knieverletzung aufgezeichnet, bei

der es sich um eine VKB-Verletzung handelte. Bei der EURO 2016 traten keine VKB-Verletzungen auf.

Allerdings führten zwei mediale Kollateralbandverletzungen zu langen Ausfallzeiten.

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Euro 2004 Euro 2008 Euro 2012 Euro 2016 UEFA-Verletzungsstudiefür Eliteklubs 2015/16

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Muskelverletzung Prellung Bänderverletzung Platzwunde

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Turnierende für Spieler aufgrund von Verletzung

Die Mannschaftsärzte blieben auch nach dem Turnier in Kontakt mit den Spielern, um die

Ausfallzeiten aufgrund von Verletzung und andere Folgen für die Spieler zu beurteilen.

15 Spieler waren zum Zeitpunkt des Ausscheidens ihres jeweiligen Teams weiterhin verletzt. Neun

Spieler verließen das Turnier mit schweren Verletzungen, die zu Ausfallzeiten von über 28 Tagen

führten (siehe Tabelle 2). Bei den meisten Spielern, die das Turnier verletzt beenden mussten (7 von

9 Verletzungen, 78 %) traten die Verletzungen ohne Fremdeinwirkung auf.

Tabelle 2 Spieler, welche die EURO 2016 aufgrund von Verletzung beenden mussten.

Schwer = Verletzung mit einer Ausfallzeit von über 28 Tagen, moderat = Verletzung mit einer Ausfallzeit zwischen 8-

28 Tagen.

Anzahl Diagnose Fremd-

einwirkung

Foul Schwere-

grad

3 Verletzung der hinteren

Oberschenkelmuskulatur

Nein Nein schwer

2 Riss des medialen Kollateralbands Ja Nein schwer

2 Verletzung des Sprunggelenks Nein Nein schwer

2 Verletzung der Adduktorenmuskulatur Nein Nein schwer

3 Verletzung der Adduktorenmuskulatur Nein Nein moderat

1 Verletzung der Quadrizepsmuskulatur Ja Ja moderat

1 Verletzung der Quadrizepsmuskulatur Nein Nein moderat

1 Verletzung der hinteren

Oberschenkelmuskulatur

Nein Nein moderat

Wiederverletzungen

Wie schon bei vergangenen EM-Endrunden traten wenige Wiederverletzungen auf. Während in der

UEFA-Verletzungsstudie für Eliteklubs Wiederverletzungsraten von 13 % erfasst sind, wurden bei der

EURO 2016 lediglich zwei Wiederverletzungen (4 %) beobachtet. Dieses Ergebnis legt einen

ausgezeichneten Standard bei der medizinischen Betreuung der Mannschaften während des Turniers

nahe und unterstreicht die erfolgreichen Entscheidungen der medizinischen Teams über den

Zeitpunkt der Rückkehr ins Spiel.

Verletzungen im Spiel

Insgesamt 13 der 39 Verletzungen im Spiel (33 %) traten infolge von Fremdeinwirkung auf. Fünf

dieser Verletzungen (38 %) erfolgten nach Ansicht des Schiedsrichters nach einem Foulspiel (siehe

Abbildung 6). Von den acht Verletzungen mit Fremdeinwirkung, die vom Schiedsrichter nicht als

Foulspiel geahndet wurden, traten fünf nach einem Tackling, zwei nach einem Tritt des Gegners und

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UEFA-Verletzungsstudie

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eine nach einem Zusammenstoß auf. Bei drei dieser acht Verletzungen, die nicht als Foul geahndet

wurden, handelte es sich um Bänderverletzungen im Knie, von denen zwei schwere Verletzungen mit

langen Ausfallzeiten waren.

Anstieg von Verletzungen ohne Fremdeinwirkung im Spiel

Der Anteil von Verletzungen im Spiel infolge von Fremdeinwirkung ist im Verlauf der letzten drei EM-

Endrunden rückläufig, während ein Anstieg bei Verletzungen ohne Fremdeinwirkung zu beobachten

ist (siehe Abbildung 6). Außerdem war die durchschnittliche Ausfallzeit nach Verletzungen ohne

Fremdeinwirkung doppelt so lang wie bei Verletzungen mit Fremdeinwirkung (12 bzw. 6 Tage).

Abbildung 6 Verletzungen im Spiel mit/ohne Fremdeinwirkung bei den letzten vier EM-Endrunden

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EURO 2004 EURO 2008 EURO 2012 Euro 2016

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Verletzungen mit Fremdeinwirkung (in % der Verletzungen im Spiel)

Verletzungen ohne Fremdeinwirkung (in % der Verletzungen im Spiel)

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UEFA-Verletzungsstudie

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Danksagung

Die UEFA bedankt sich für die Zusammenarbeit mit den Mannschaftsärzten, die für die

Datenerhebung dieser Studie verantwortlich waren: Dr. Arben Çeliku (Albanien), Dr. Kris Van

Crombrugge (Belgien), Dr. Tim Meyer (Deutschland), Dr. Ian Beasley (England), Dr. Franck Le Gall

(Frankreich), Dr. Sveinbjörn Brandsson und Dr. Reynir Björnsson (Island), Dr. Luca Gatteschi (Italien),

Dr. Zoran Bahtijarević und Dr. Boris Nemec (Kroatien), Dr. David White (Nordirland), Dr. Richard

Eggenhofer (Österreich), Dr. Jacek Jaroszewski (Polen), Dr. Paolo Beckert (Portugal), Dr. Alan Byrne

(Republik Irland), Dr. Dan Oproiu (Rumänien), Dr. Eduard Besuglow (Russland), Dr. Anders Valentin

(Schweden), Dr. Cuno Wetzel (Schweiz), Dr. Jan Batalik (Slowakei), Dr. Juan G. Cota (Spanien), Dr. Petr

Krejčí (Tschechische Republik), Dr. Gergely Pánics (Ungarn), Dr. Sergej Derepowski (Ukraine) und Dr.

Jonathan Houghton (Wales).

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