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Ro ¨ntgenpraxis 56 (2008) 191—194 Computertomographische Verlaufsbeobachtungen der spontanen Ru ¨ckbildung von Portalvenenthrombosen bei akuter Pankreatitis Spontaneously reversible portal vein thrombosis complicating acute pancreatits computed tomographic findings Johannes Kirchner a, , Florian Lorenz a , Jasna Vlahovic a , Esther Maria Kirchner b a Abteilung fu ¨r Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klinikum Niederberg Velbert, Robert Koch Straße 2, 42549 Velbert, Germany b Klinik fu ¨r Innere Medizin, Klinikum Duisburg, Germany KEYWORDS Portal vein thrombosis; Computed tomography; Recanalization; Acute pancreatitis Summary Portal vein thrombosis complicating acute pancreatitis is more often diagnosed tod- ay due to the improved imaging techniques (computed tomography, ultrasound, nmr). Nevertheless the outcome of recent portal vein thrombosis is ill-known. We report on the computed tomographic findings and clinical course of portal vein thrombosis in two patients suffering from acute pancreatitis. Both patients showed spontaneous recanalization of the thrombosis. & 2008 Elsevier GmbH. All rights reserved. Einleitung Schwere Verlaufsformen der akuten Pankreatitis werden nicht selten von vaskula ¨ren Komplikationen begleitet [1]. Wa ¨hrend Erosionen arterieller Gefa ¨ße zu dramatischen, ha ¨ufig lebensbedrohlichen Krank- heitsbildern fu ¨hren, verlaufen Affektionen des veno¨sen Systems vielfach klinisch wenig apparent oder werden von den Symptomen der zugrunde lie- genden Pankreatitis u ¨berlagert. In diesen Fa ¨llen stellt die computertomographische Diagnose einer Thrombose von Pfortader und/oder Vena lienalis einen relativ ha ¨ufigen und in der neueren Literatur [25] ausreichend dokumentierten Zufallsbefund dar. Die spontane Ru ¨ckbildung von im Rahmen einer ARTICLE IN PRESS www.elsevier.de/rontge 0035-7820/$ - see front matter & 2008 Elsevier GmbH. All rights reserved. doi:10.1016/j.rontge.2008.02.001 Korrespondenz. Tel.: +492051/9822600; fax: +49 2051/9822604. E-mail address: [email protected] (J. Kirchner).

Computertomographische Verlaufsbeobachtungen der spontanen Rückbildung von Portalvenenthrombosen bei akuter Pankreatitis

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ARTICLE IN PRESS

Rontgenpraxis 56 (2008) 191—194

0035-7820/$ - sdoi:10.1016/j.

�Korrespondfax: +49 2051/9

E-mail addr(J. Kirchner).

www.elsevier.de/rontge

Computertomographische Verlaufsbeobachtungender spontanen Ruckbildung vonPortalvenenthrombosen bei akuter PankreatitisSpontaneously reversible portal vein thrombosiscomplicating acute pancreatits – computedtomographic findings

Johannes Kirchnera,�, Florian Lorenza,Jasna Vlahovica, Esther Maria Kirchnerb

aAbteilung fur Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klinikum Niederberg Velbert, Robert Koch Straße 2,42549 Velbert, GermanybKlinik fur Innere Medizin, Klinikum Duisburg, Germany

KEYWORDSPortal veinthrombosis;Computedtomography;Recanalization;Acute pancreatitis

ee front matter & 2008rontge.2008.02.001

enz. Tel.: +49 2051/982822604.ess: kirchner@klinikum

SummaryPortal vein thrombosis complicating acute pancreatitis is more often diagnosed tod-ay due to the improved imaging techniques (computed tomography, ultrasound,nmr). Nevertheless the outcome of recent portal vein thrombosis is ill-known. Wereport on the computed tomographic findings and clinical course of portal veinthrombosis in two patients suffering from acute pancreatitis. Both patients showedspontaneous recanalization of the thrombosis.& 2008 Elsevier GmbH. All rights reserved.

Einleitung

Schwere Verlaufsformen der akuten Pankreatitiswerden nicht selten von vaskularen Komplikationenbegleitet [1]. Wahrend Erosionen arterieller Gefaße

Elsevier GmbH. All rights rese

2600;

-niederberg.de

zu dramatischen, haufig lebensbedrohlichen Krank-heitsbildern fuhren, verlaufen Affektionen desvenosen Systems vielfach klinisch wenig apparentoder werden von den Symptomen der zugrunde lie-genden Pankreatitis uberlagert. In diesen Fallenstellt die computertomographische Diagnose einerThrombose von Pfortader und/oder Vena lienaliseinen relativ haufigen und in der neueren Literatur[2–5] ausreichend dokumentierten Zufallsbefunddar. Die spontane Ruckbildung von im Rahmen einer

rved.

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Abbildung 1. (Fall 1). MSCT (Siemens Sensation16) derLeber (120 kV, 160mAs eff, SD 5mm, 100ml ivKM); axialeRekonstruktion Hohe Hepaticusgabel. Neben einemthrombotischen Verschluß ds Ramus dexter venae portisauffallige Differenz der Dichte der Leberlappen. Beur-teilung: Teilthrombose der Pfortader mit kompensato-risch vermehrter arterieller Perfusion des rechtenLeberlappens (mit entsprechend hoherer KM-Anflutungaus arterieller Phase).

Abbildung 2. (Fall 1 Verlaufskontrolle). MSCT (SiemensSensation16) der Leber (120 kV, 160mAs eff, SD 5mm,100ml ivKM); coronare Rekonstruktion in Pfortaderebe-ne. Die Verlaufskontrolle nach 3 Wochen zeigt eine weit-gehende Rekanalisierung des portalvenosen Systems.

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akuten Pankreatitis aufgetretenen Portalvenen-thrombosen, uber die wir in folgenden berichtenwollen, fand allerdings bislang nur vereinzelt Be-achtung.

Fall 1

Bei einer 44-jahrigen Patientin, die unter demBild eines akuten Abdomens stationar aufgenom-men wurde, erfolgte unter der klinischen Ver-dachtsdiagnose des akuten Schubs einer chro-nischen Pankreatitis athyltoxischer Genese einecomputertomographische Untersuchung des Abdo-mens. Anamnestisch bestanden seit einem halbenJahr rezidivierende Bauch- und insbesondere Un-terbauchschmerzen, die von tage- bis wochenlan-gen beschwerdefreien Intervallen unterbrochenwaren, wobei ein unfreiwilliger Gewichtsverlustvon 8 kg in den letzten Monaten vorlag. Auf gezielteNachfrage gab die Patientin an, in den zurucklie-genden Tagen taglich mindestens 2–3 Glaser Weingetrunken zu haben.

Die korperliche Untersuchung zeigte eine 165 cmgroße und 50 kg schwere Patientin in maßigem All-gemeinzustand. Diffuse oberflachliche Brandwun-den im Bereich des Bauches waren auf dieApplikation von Warmflaschen zur Linderung derabdominellen Schmerzen zuruckzufuhren. Labor-chemisch zeigte sich eine Leukozytose von 11.900/ml. Das CRP war auf 26,6mg/dl erhoht, die Lipaselag bei Aufnahme bei 210U/l. Bei der Verlaufskon-trolle zeigte sich ein Lipaseanstieg auf 2537U/l.Die Amylase betrug 2076U/l.

Die durchgefuhrte Computertomographie des Ab-domens (Abbildung 1) zeigte einen thrombotischenVerschluß des rechten Pfortaderastes.

Unter einer dreiwochigen Nahrungskarenz kam esnur protrahiert zur Normalisierung der Pankreasen-zymwerte, wobei mehrmalige Kontrollen der pan-kreatischen Elastase (0,12mg/g) fur eine exokrinePankreasinsuffizienz sprachen. Eine erneute compu-tertomographische Kontrolle ergab erfreulicher-weise die vollstandige Ruckbildung der vorbeschrie-benen Pankreaspseudozysten sowie die Rekanalisie-rung der nachgewiesenen Pfortaderteilthrombose(Abbildung 2). Nach einer abschließenden eindring-lichen Diatberatung wurde die subjektiv und objek-tiv beschwerdefreie, hinsichtlich ihres Alkohol-problems einsichtig wirkende Patientin wieder indie ambulante Behandlung entlassen.

Fall 2

Die Aufnahme des bereits mehrfach aufgrund ei-ner athyltoxischen Pankreatitis behandelten Pati-

enten erfolgte bei heftigen Oberbauchschmerzen,wobei ein erneuter Alkoholexzess anlasslich seines50. Geburtstages vorausgegangen war. Die korper-liche Untersuchung zeigte einen 179 cm großen und79 kg schweren Patienten in gutem Allgemeinzu-stand mit geblahtem Abdomen bei in den Ruckenausstrahlenden heftigen Oberbauchschmerzen. DieLaborwerte zeigten neben einer Leukozytose von16,000/ml bei deutlich erhohtem CRP (8,0mg/dl)eine Erhohung der Retentionswerte (Kreatinin

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Abbildung 3. (Fall 2). MSCT (Siemens Sensation 64) derLeber (120 kV, 160mAs eff, SD 5mm, 100ml ivKM); co-ronare Rekonstruktion in Pfortaderebene. Kontrastmit-telumspulter Thrombus im Bereich des Pfortaderhaupt-stamms. Peripankreane Exsudate um den geschwollenenPankreaskopf.

Portalvenenthrombosen bei akuter Pankreatitis 193

1,9mg/dl) sowie eine deutliche Erhohung derTransaminasen (GOT 251U/l, GPT 456U/l, GGT664U/l). Neben einer Erhohung der Kreatininkinase(219 U/l) und des LDH (419U/l) zeigte sich eineLipaseerhohung auf 269 U/l, bei Erhohung desBilirubins auf 1,97mg/dl.

Die daraufhin durchgefuhrte Computertomogra-phie des Abdomens zeigte neben Zeichen der chro-nischen Pankreatitis und akuter odematoserPankreaskopfpankreatitis und Begleitduodenitis ei-ne partielle Pfortaderthrombose (Abbildung 3).Nach initialer Nahrungskarenz und Schmerzmedi-kation zeigte sich im weiteren Verlauf eine Be-schwerdefreiheit, so daß ein problemloser Kost-aufbau durchgefuhrt werden konnte. Aufgrund derpartiellen Thrombosierung der Pfortader erfolgteeine Antikoagulation mit niedermolekularem Hepa-rin. Es kam im weiteren Verlauf zu einer raschenNormalisierung der Leukozytenwerte (7 Tage nachAufnahme 5600/ml) sowie Stabilisierung des CRP(10 Tage nach stationarer Aufnahme 1,4mg/dl). Zudiesem Zeitpunkt lag auch eine deutliche Besserungder Transaminasenwerte (GOT 76U/l, GPT 76U/l)bei noch deutlicher Erhohung der GGT (316U/l) vor.Die Lipase war zu diesem Zeitpunkt auf 77U/l ge-sunken.

Die vier Wochen spater ambulant durchgefuhrteKontroll-Computertomographie des Oberbauch zeig-te bei dem mittlerweile beschwerdefreien Patientenwiederum eine freie Durchgangigkeit der Pfortader.

Diskussion

Noch bis Anfang der neunziger Jahre galt die iso-lierte Pfortaderthrombose bei Pankreatitis als eher

seltenes Ereignis [2,3], neuere Untersuchungenzeigten jedoch eine relativ hohe Inzidenz vaskula-rer Komplikationen. So konnten Mortele et al. ineiner Gruppe von 159 konsekutiven Pankreatitispa-tienten, wovon 82 als mittelschwer und 18 alsschwer klassifiziert wurden, Thrombosen der Milz-vene bei 19 Patienten, Thrombosen der Vena me-senterica superior bei 14 Patienten undPfortaderthrombosen bei 13 Patienten nachweisen[4]. Wahrend die akute Blutung durch Arosion einesgroßeren arteriellen Pankreas- oder peripank-reanen Gefaßes die lebensbedrohlichste Komplika-tion der akuten Pankreatitis darstellt [6], konnendie klinischen Zeichen einer Portalvenenthromboseunspezifisch oder subtil sein und werden haufig vonden Symptomen der zugrundeliegenden Krankheituberlagert [5]. Somit kommt bei ihrer Detektionbildgebenden Verfahren eine bedeutende Rolle zu.Als Untersuchungsmethode der Wahl zum Nachweiseiner Thrombose des portalvenosen Systems kannheute neben den sonographischen Methoden dieMehrzeilenspiralcomputertomographie angesehenwerden [4,7]. Hierbei finden sich zunachst Kon-trastmittelaussparungen als direkte Zeichen des in-travasalen Thrombus. Die Abgrenzung gegenuberEinstromphanomenen durch Zufluß noch nicht kon-trastierten Blutes, z.B. aus der Vena mesentericasuperior ist gelegentlich nicht ganz einfach, wirdaber erleichtert durch die Beachtung indirekterZeichen, wie zum Beispiel der lokal vermehrtenLeberkontrastierung im betroffenen Segment. Die-ser paradoxe Dichteanstieg ist u.E. durch eine kom-pensatorisch vermehrte arterielle Perfusion mitentsprechend hoherer Kontrastmitteldichte zu er-klaren. Ein ahnliches Phanomen berichten Leeet al. [8] in der Nachbarschaft von Leberabszessenmit Portalvenenkompression sowie Komada et al.[1] bei temporarer Portalvenenokklusion wahrendperkutaner Portographie. Die Autoren beobachte-ten einen relativ scharf begrenzten Dichteanstiegim okkludierten Areal.

Uber den Verlauf, beziehungsweise moglicheTherapien von Pankreatitis- bedingten Portalvenen-thrombosen liegen in der Literatur bislang nur we-nige Mitteilungen vor. So berichten Condat et al.[9,10] uber mogliche positive Einflusse einer Anti-koagulationstherapie bei akut aufgetretenenThrombosen von Vena porta und Vena mesentericasuperior. Die Autoren fordern, daß die durch dieneue Bildgebung fruher und haufiger erkanntenakuten Thrombosen von Vena mesenterica undVena porta rasch einer Antikoagulationstherapiezugefuhrt werden sollen. So fanden sie in Auswer-tung von 33 akuten Pfortaderthrombosen eineRekanalisation bei 25 von 27 entsprechend thera-pierten Patienten. Die von uns dargestellten Falle

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weisen jedoch darauf hin, daß es gelegentlich auchzu einer spontanen Ruckbildung von akuten Throm-bosen im portalvenosen System kommen kann. Diessteht in Ubereinstimmung mit einzelnen Fallberich-ten [11–13]. Zur tatsachlichen Evaluierung eineseventuell positiven Effektes einer Antikoagulat-ionstherapie ware eine kontrollierte Vergleichsstu-die zu fordern.

Schlussfolgerung

Aufgrund der gemachten Beobachtungen sponta-ner Ruckbildungen von thrombotischen Verande-rungen im portalvenosen System sollte bei denheute zur Verfugung stehenden verbesserten bild-gebenden Verfahren grundsatzlich Augenmerk aufthrombotische Veranderungen im Bereich des por-talvenosen Systems gelegt werden, da deren Pro-zentsatz offenbar hoher ist, als fruher angenom-men wurde. Zum Anderen soll die Moglichkeit einerAntikoagulation ins Auge gefasst werden, wobeiaufgrund der Moglichkeit der spontanen Ruckbil-dung diese vor dem Hintergrund drohender andererKomplikationen kritisch diskutiert werden muss.

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