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Crashkurs Steuerrecht 1

Crashkurs Steuerrecht 1. Programm 1. Tag: Abgabenordnung/Rückwirkungsproblematik/ Verfassungswidrigkeit aus sonst. Gründen 2. Tag: Einkommensteuerrecht

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Crashkurs Steuerrecht

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Programm

• 1. Tag: Abgabenordnung/Rückwirkungsproblematik/Verfassungswidrigkeit aus sonst. Gründen

• 2. Tag: Einkommensteuerrecht• 3. Tag: Besteuerungsfragen bei

Peronengesellschaften

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Abgabenordnung

• Das Einspruchsverfahren• Die Änderungsvorschriften• Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im

Steuerrecht• Rückwirkende Anwendung von

Steuergesetzen• Gleichmäßigkeit der Besteuerung

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Zulässigkeit des Einspruchs §§ 347 ff. AO• Statthaftigkeit des Einspruchs; § 347 Abs. 1

S. 1 AO• Kein Ausschluss des Einspruchs; § 348 AO• Kein Verzicht auf den Einspruch; § 354 AO• Einspruch formgerecht eingelegt; § 357 AO• Einspruch fristgerecht eingelegt; §§ 355 f., 122,

108 AO• Handlungsfähigkeit des Einspruchsführers;

§ 79 AO• Zuständiges Finanzamt; § 357 Abs. 2 S. 1 AO• Einspruchsbef./Beschwer; §§ 350 – 353 AO

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Fall AO 1:• A erhält am Donnerstag, den 7.3.00 einen

Einkommensteuerbescheid des Finanzamts H. Der Bescheid war am 6.3.00 zur Post gegeben worden.

• Im Gegensatz zur Steuererklärung nahm das Finanzamt bei einer Betriebsverpachtung des A an eine OHG, an der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein. Die festgesetzte Steuer veränderte sich hierdurch nicht. A fürchtet, einen künftigen Veräußerungsgewinn versteuern zu müssen und legt am Mittwoch, den 10.04.00 Einspruch ein.

• Zulässigkeit des Einspruchs?

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Fristberechnung Fall AO 1

• Zugang des Bescheids: Zugangsfiktion des § 122 Abs. 3 AO: 9.3.00Problem: Samstag? Hier § 108 Abs. 3 AO: Frage, ob die Bekanntgabefiktion eine Frist istEntweder Bekanntgabe daher am 9.3.00 oder am 11.03.00

• Fristende gem. § 355 Abs. 1 daher am 9.3.00 oder am 11.03.00

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Fall AO 1: Frage der Beschwer

• BFH X B 222/10 vom 5.7.2011, BFH/NV 2011, 1843• Grundsätzlich belastet nur das Ergebnis der

Steuerveranlagung nicht die Feststellung unselbständiger Besteuerungsgrundlagen. Die künftige Besteuerung etwaiger Veräußerungsgewinne ist im Veranlagungszeitraum der Veräußerung selbständig zu beurteilen. Die Einordnung im angegriffenen Bescheid präjudiziert die Veräußerungsgewinnbesteuerung nicht.

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Fall AO 2: (BFH IX R 124/92 vom 20.12.1994; DStR 1995, 684)

Die Steuerfestsetzung im Bescheid des A ist 0 €. In dem Bescheid werden positive Einkünfte aus V+V i.H. von T€ 57 festgestellt, die durch höhere negative Einkünfte ausgeglichen werden. Wegen der positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurde seinem Sohn BAFÖG versagt. Der Versagungsbescheid steht unter dem Vorbehalt einer Änderung des maßgeblichen Einkommensteuerbescheids der Eltern. Maßgeblich für die BAFÖG Bewilligung ist die Summe der positiven Einkünfte des A. Ist der A durch den Steuerbescheid beschwert?

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Begründetheit des Einspruchs

• Prüfung der Rechtssache in vollem Umfang (§ 367 Abs. 2 S. 1 AO)

• Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides– Bei einem geänderten Bescheid etwa Prüfung der Frage,

ob die Voraussetzungen der Änderungsnorm vorliegen.

• Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides

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Rechtsfolgen des Einspruchs

• § 367 Abs. 2 S. 1 AO: Entscheidung der Ausgangsbehörde über den Einspruch, kein Devolutiveffekt im Unterschied zum Widerspruchsverfahren im allg. Verwaltungsrecht

• § 361 Abs. 1 S. 1 AO: Keine Vollzugshemmung durch Einlegung eines Einspruchs (Unterschied zum Widerspruch im Verwaltungsverfahren)

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Einschub: Verjährung im Steuerrecht

• Unterschied: Zahlungsverjährung §§ 228 ff. AO und Festsetzungsverjährung §§ 169 ff. AO

• Zahlungsverjährung: – Grundsatz: 5 Jahre; – Beginn: Mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der

Anspruch erstmals fällig geworden ist– Rechtsfolge: Der Anspruch aus dem

Steuerschuldverhältnis erlischt (§ 232 AO)

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Festsetzungsverjährung

• Dauer: § 169: • Grundsatz § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2: 4 Jahre für Steuern• Ausnahme: § 169 Abs. 2 S. 2 AO: 10 Jahre bei Steuerhinterziehung

und 5 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung

• Beginn: § 170 Abs. 2 Nr. 1: Mit Ablauf des KJ der Abgabe der Steuererklärung, spätestens mit Ablauf des 3. KJ, das auf das Entstehungsjahr folgt.

• Rechtsfolge: § 169 Abs. 1 AO: Eine Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung oder Änderung ist nicht mehr zulässig

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Änderungsvorschriften der AO

§ 129 AO Berichtigung wegen

offenbarer Unrichtigkeit bei allen VA

Rücknahme/Widerruf sonstiger Verwaltungsakte

§§ 130, 131 AO

Änderung von Steuerbescheiden und

gleichgestellten Bescheiden §§ 164 f. AO §§ 172 ff. AO

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Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit § 129 AO

• Hinweis: Keine Beschränkung auf Steuerbescheide

• Voraussetzungen– Schreib-, Rechenfehler und ähnliche offenbare

Unrichtigkeiten– Bei Erlass des Verwaltungsaktes– Kein Ablauf der Festsetzungsfrist

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BFH: VIII R 9/11: Offenbare Unrichtigkeit bzgl. USt

• Sachverhalt: Der Steuerpflichtige setzte im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung die an das Finanzamt bezahlte Umsatzsteuer nicht als Betriebsausgabe an.

• BFH: Die Höhe der Umsatzsteuerzahlungen war aufgrund der zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärungen erkennbar. Es liegt ein mechanischer Fehler des Stpfl. vor, der für das Finanzamt erkennbar war.

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Bestandskraft von Steuerbescheiden

• Ein Steuerbescheid ist formell bestandskräftig, wenn er mit Rechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden kann, er unanfechtbar ist.

• Ein Steuerbescheid ist materiell bestandskräftig, wenn er inhaltlich verbindlich ist, also nur noch unter besonderen Voraussetzungen geändert werden kann. Die materielle Bestandskraft tritt grundsätzlich mit der formellen Bestandskraft aus Sicht des Steuerpflichtigen und mit Bekanntgabe des Bescheides aus Sicht der Finanzverwaltung ein.

• Ausnahme: Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung § 164 Abs. 2 AO; der Bescheid wird nur formell bestandskräftig.

• Ausnahme § 165 AO: Der Bescheid wird zwar formell bestandskräftig, materiell im Umfang der Vorläufigkeit jedoch nicht.

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Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO• Voraussetzung: Keine abschließende Prüfung des Steuerfalls (§ 164

Abs. 1 AO)• Rechtsfolge: Ermessen der Finanzbehörde, ob ein Vorbehalt

ausgesprochen wird• Geltungsdauer des Vorbehalts: Der Vorbehalt entfällt durch

– Eintritt der Festsetzungsverjährung (§ 164 Abs. 4 AO)– ausdrücklichen schriftlichen Aufhebungsbescheid gem. §§ 164 Abs. 3, 157

Abs. 1 AO; keine automatische Aufhebung, wenn ein Folgebescheid ohne Hinweis auf den Vorbehalt erlassen wird.

• Charakter: Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt; keine gesonderte Anfechtbarkeit, sondern Anfechtung des gesamten Steuerbescheids

• Steueranmeldungen stehen kraft Gesetzes einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich

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Änderungsbefugnis bei einem Vorbehalt der Nachprüfung

• Voraussetzung:– Wirksamer Vorbehalt der Nachprüfung; insbes.

kein Ablauf der Festsetzungsfrist– Materiell fehlerhafter Steuerbescheid

• Rechtsfolge: Änderungsbefugnis umfassend

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Vorläufige Steuerfestsetzung gem. § 165 AO• Voraussetzung: Unterscheidung von 2 Fallgruppen

– § 165 Abs. 1 S. 1 AO: Ungewissheit über einen steuererheblichen Sachverhalt (Ungewissheit im Tatsächlichen)

– § 165 Abs. 1 S. 2: Rechtliche Zweifel unter den Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 4• Rechtsfolge: Ermessen der Finanzbehörde, ob und inwieweit ein

Vorläufigkeitsvermerk angebracht wird; der Vorläufigkeitsvermerk darf zwar nicht den gesamten Steuerbescheid umfassen, kann es aber.

• Geltungsdauer der Vorläufigkeit – § 165 Abs. 2: Pflicht zur Aufhebung nach Beseitigung der Ungewissheit, sofern kein Fall des

§ 165 Abs. 2 S. 3 – 4 AO; – Keine automatische Aufhebung, wenn ein Folgebescheid ohne Hinweis auf die Vorläufigkeit

erlassen wird.– Keine Aufhebung durch Ablauf der Festsetzungsverjährung, sondern Besonderheiten bei

der Berechnung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 8 AO.• Charakter: Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt; keine gesonderte

Anfechtbarkeit

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Änderungsbefugnis bei vorläufiger Steuerfestsetzung

• Voraussetzung:– Wirksamer Vorläufigkeitsvermerk– Materiell fehlerhafter Steuerbescheid– Fehlerhaftigkeit im Rahmen des

Vorläufigkeitsvermerks• Rechtsfolge: Änderungsbefugnis soweit die

Vorläufigkeit erklärt wurde

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Fall 3 AO:(FG Sachsen vom 25.01.2012 8 K 1504/08)

Eine erfahrene und erfolgreiche Geschäftsfrau G betreibt ungeachtet ihres fehlenden Pferdewissens eine Reitanlage. Diese Reitanlage wirft über viele Jahre nur Verluste ab. Die Finanzverwaltung hat von Anfang an Zweifel an der Einkünfteerzielungsabsicht und veranlagt die G vorläufig. Der Vorläufigkeitsvermerk hat folgenden Inhalt: „Der Bescheid ergeht nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb.“ Der Bescheid wird bestandskräftig Ist der Vorläufigkeitsvermerk wirksam?

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Berichtigung von Steuerbescheiden nach §§ 172 ff AO

Änderung von Steuerbeschei

-den

§ 172 AOschlichte Änderung

§ 173 AONeue Tatsachen/

Beweismittel

§ 174 AOWiderstreitende

Steuerfestsetzung

§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO Grundlagenbescheide

§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AORückwirkendes Ereignis

§ 175 a AOVerständigungs-

vereinbarung

§ 177Saldierung von

materiellen Fehlern

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Schlichte Änderung § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO

• Voraussetzung:– Steuerbescheid (Sonderregelung Verbrauchsteuern gem.

Nr. 1)– Zustimmung oder Antrag des Steuerpflichtigen; Problem:

Abgrenzung zum Einspruch– Bei Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen muss der

Antrag/die Zustimmung vor Ablauf der Einspruchsfrist erklärt werden

– Kein Ablauf der Festsetzungsverjährung• Rechtsfolge: Änderung im Ermessen der

Finanzbehörde: Problem: Ermessensreduzierung

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Änderung wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel gem. § 173 AO• Voraussetzungen

– Kein Ablauf der Festsetzungsverjährung– Keine Änderungssperre wegen einer Außenprüfung § 173

Abs. 2– Neue Tatsache oder Beweismittel, die zu einer höheren

oder niedrigeren Steuer führen– Nachträgliches Bekanntwerden, d.h. zum Zeitpunkt der

Veranlagung vorhanden aber dem Finanzamt nicht bekannt• Bei Änderung zugunsten des Stpfl.: Kein grobes

Verschulden des Stpfl. am nachträglichen Bekanntwerden; Ausnahme § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AO

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Fall AO 4:(BFH vom 9.11.2011, VIII R 18/08)

A erklärt negative Einkünfte aus einer Auslandsbeteiligung nicht, weil die entsprechende Ausschüttungsmitteilung fehlte. Nach Vorliegen dieser Mitteilung begehrt er eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Einspruchsfrist war inzwischen abgelaufen. Wie wird das Finanzamt seinen Antrag bescheiden?

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Fall AO 5: (Niedersächsisches FG vom 24.05.2011, 3 K 249/10, aufgeh. durch BFH vom 16.05.2013, III R 12/12)

A ist alleinerziehend und lässt die Steuererklärung von ihrem Steuerberater fertigen. Sie hat im ersten Jahr der Trennung übersehen, Angaben zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu machen. Hiernach wurde im Erklärungsvordruck ausdrücklich gefragt. Der Steuerberater hat der A allerdings nicht die ausgefüllte Erklärung, sondern eine mit dem Computerprogramm Elster komprimierte Steuererklärung übersandt, auf dem diese Angaben fehlten. Den – inzwischen unzutreffenden - Wohnsitz des Vaters des Kindes, der aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist, hatte der Steuerberater aus der Vorjahreserklärung übernommen. Dies fiel der A bei Unterzeichnung der Erklärung nicht auf. Nach Ablauf der Einspruchsfrist beantragt A die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags. Wie entscheidet das Finanzamt?

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Exkurs: Fehlerbegriff bei Bilanzierung

Rechtsprechungsänderung durch GrS vom 31.1.2013

GrS 1/10

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Fall AO 6

• Die A-GmbH, ein Mobilfunkanbieter, wirbt Kunden mit verbilligten Handys. Im Jahr 00 bot sie ihren Kunden den verbilligten Erwerb an, wenn diese einen Vertrag über 2 Jahre abschlossen. Die Wertdifferenz zwischen dem Einkaufspreis und dem Verkaufspreis minderte den Gewinn der A GmbH. Die Finanzverwaltung ist im Rahmen der Betriebsprüfung der Auffassung, die Wertdifferenz müsse im Rahmen eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens verteilt werden.

• Zu Recht ? (BFH GrS 1/10 vom 31.01.2013; BFH I R 77/08 vom 15.5.2013)

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Fortsetzung Fall AO 6

• Die A GmbH hat sich im Vorfeld der Bilanzerstellung 00 durch einen anerkannten Bilanzexperten ein Gutachten über die Frage der Bilanzierung erstellen lassen. Dieser war – ebenso wie der mit der Bilanzprüfung befasste Wirtschaftsprüfer – der Auffassung, dass diese Bilanzierung den GoB entspricht.

• Ist die Bilanz fehlerhaft?

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Fehlerarten bei der Bilanzierung

• Fehler bei der rechtlichen Würdigung

• Fehler bei der Ermittlung des Sachverhalts

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Handelsrechtlicher (alter steuerlicher) Fehlerbegriff

• Eine Bilanz ist nur dann fehlerhaft, wenn ein Bilanzansatz objektiv gegen Bilanzierungsvorschriften verstößt und der Kaufmann dies nach den im Zeitpunkt der Bilanzfeststellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung auch hätte erkennen können.

• Fehlerbegriff anwendbar auf rechtliche Würdigung und Sachverhaltsermittlung

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Neuer steuerlicher Fehlerbegriff nach GrS für bilanzielle Rechtsfragen

• Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffes hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen

• „Das FA ist im Rahmen der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war.“

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Offener steuerlicher Fehlerbegriff für bilanzielle Tatsachenfragen

• GrS: Fehler bei bilanziellen Tatsachenfragen wird nicht angesprochen

• Frage der Übertragbarkeit der Rechtsprechung vom bilanziellen Rechtsfehler– Legalitätsprinzip der Steuerverwaltung– Vergleichbare Besteuerung vergleichbarer

Sachverhalte– Pflicht des Finanzamtes zur Sachverhaltsklärung– Probleme bei der Aufklärung des Sachverhaltes und

Erfahrung/sachgerechtes Ermessen des Kaufmannes

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Folgen einer fehlerhaften BilanzierungFrage der Korrektur der Bilanz

• § 4 Abs. 2 S. 1 EStG: Eine fehlerhafte Bilanzierung darf der Steuerpflichtige ändern, wenn die darauf beruhenden Steuerfestsetzungen noch geändert werden können.

• Grenze der Korrektur: Festsetzungsverjährung• Solange keine Bestandskraft eingetreten ist, ist eine

Änderung uneingeschränkt möglich• In der Zeitspanne dazwischen ist maßgeblich, ob die

Voraussetzungen einer Änderungsnorm vorliegen

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Fehlerkorrektur bei bestandskräftiger Veranlagung

• Lehre vom Bilanzenzusammenhang: Bilanzansätze, die nicht an der Fehlerquelle korrigiert werden können, sind zunächst lückenlos fortzuführen.

• Rechtsprechung und Praxis knüpfen den Bilanzenzusammenhang an die Werte der Veranlagungsbilanz.

• Die Berichtigung soll so weit wie möglich an der Fehlerquelle erfolgen, d.h. in dem letzten noch offenen Veranlagungsjahr in der Schlussbilanz

• Änderung aller bereits erstellter Folgebilanzen• Folge: Verlagerung des unzutreffend erfassten

Ertrags/Aufwands vom Entstehungsjahr in die Folgejahre

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Fortsetzung Fall AO 6

• Liegen die Voraussetzungen des § 173 AO vor?

• Ergänzende Angaben: Die Körperschaftsteuererklärung wurde im KJ 03 abgegeben. Die Betriebsprüfung begann im KJ 07 und endete im KJ 09. Im Januar 2010 ergeht ein Änderungsbescheid auf Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung.

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Fall AO 7: (BFH vom 19.10.2011, X R 29/10)

Ein britischer Mediendesigner - wohnhaft in Deutschland - erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In seinen Einnahme-Überschussrechnungen macht er Übernachtungskosten in London geltend, die er nach den anerkannten Pauschbeträgen angesetzt hat (über 100 € je Nacht). Er wird antragsgemäß veranlagt. Die Veranlagung erfolgt ohne Vorbehalt. Anlässlich einer Betriebsprüfung erklärt der Steuerpflichtige, er habe bei seiner Mutter übernachtet, sich bei ihr aber im Gegenzug an den Lebenshaltungskosten beteiligt. Das Finanzamt schätzt daraufhin die Übernachtungskosten auf € 25 und ändert die Veranlagung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zu Recht?

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Wirtschaftliche Betrachtungsweise

• Es gibt keine besondere Gesetzesauslegung/Gesetzesanwendung im Steuerrecht; auch das Steuerrecht knüpft an die allgemeinen Regeln an

• Steuerrechtliche Terminologie ist zivilrechtlich geprägt• Zivilrechtliche Gestaltungsvielfalt führt dazu, dass ein wirtschaftlich

erstrebter Erfolg auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann.• Wirtschaftliche Betrachtungsweise ist eine teleologische

Betrachtungsweise, die darauf abstellt, ob eine bestimmte Gestaltung mit einer wirtschaftlich vergleichbaren Gestaltung gleich zu behandeln ist.

• Grenze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergibt sich aus dem Steuerrecht als Eingriffsverwaltung bei einer Auslegung zum Nachteil des Stpfl.: Schlagwörter wie Analogieverbot und Wortlautgrenze sind kritisch zu beurteilen.

• Typischer Anwendungsfall: Zurechnungsfragen bei Zwischenschaltung naher Angehöriger

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Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten; § 42 AO• Voraussetzungen:

– Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, (vgl. Abs. 2 S. 1) Indiz: Gekünstelte, umständliche, komplizierte oder unpraktische Gestaltung

– Stpfl. weist keine außersteuerlichen Gründe nach (Abs. 2 S. 2)

– Keine spezialgesetzliche Vorschrift, die den Sonderfall regelt (Abs. 1 S. 2)

• Rechtsfolge: Steuer entsteht so, wie sie bei einer angemessenen Gestaltung entstehen würde; Besteuerung eines fiktiven Sachverhalts

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Einbindung von Angehörigen in die Einkünfteerzielung ein Missbrauch?• Grundsätze des Fremdvergleichs gehen vor!

– Gesamtbetrachtung aller Umstände, insbesondere der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Verträge, der ernsthaften Durchführung und der Vergleichbarkeit mit Verträgen, die unter fremden Dritten geschlossen werden

• In Ausnahmefällen allerdings auch eine Lösung über § 42 AO denkbar: Etwa unentgeltliche Wohnungsüberlassung an die Kinder mit anschließender Anmietung durch die Eltern; Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels durch Zwischenschaltung des Ehepartners oder Vermeidung der personellen Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung durch Einbindung von Angehörigen

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Fall AO 8: BFH X R 49/97; BFH/NV 2002, 631

• G hat ein Grundstück, das er für seine Betriebs-GmbH (Beteiligung 98 %) nutzen möchte. Er rechnet langfristig mit erheblichen Wertsteigerungen im Grundstück und will deswegen eine Zuordnung zu gewerblichen Einkünften vermeiden. Er denkt an seine Schwester E und überlegt sich folgende Gestaltung:

• E gründet die E-GmbH. Die E-GmbH mietet das Grundstück von G an. Im Mietvertrag wird die E-GmbH verpflichtet, das Grundstück an die Betriebs-GmbH weiter zu vermieten. Im übrigen entspricht der einem Mustervertrag nachgebildete Mietvertrag den üblichen Vertragsbedingungen. Die Miete ist angemessen.

• Die Miete der Betriebs-GmbH ist geringfügig höher als jene der E-GmbH und ebenfalls angemessen. Auch dieser Mietvertrag entspricht dem Üblichen. Die Mietdifferenz reicht nicht aus, um auch nur eine bankübliche Eigenkapitalverzinsung sicherzustellen. Die Finanzverwaltung sieht in der Zwischenschaltung der GmbH einen Gestaltungsmissbrauch und nimmt eine Betriebsaufspaltung an.

• Wie ist der Sachverhalt einkommensteuerrechtlich zu beurteilen?

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Fall AO 9: (VIII R 50/96; BFH/NV 2000, 601)

H und U sind verheiratet. Die H/U GbR, an der die U zu 85 % und H zu 15 % beteiligt sind, verpachtet den bisher geführten Betrieb an die U GmbH, deren alleinige Gesellschafterin U ist. In der GbR gilt das Einstimmigkeitsprinzip. H ist Komplementär; U ist Kommanditistin. U führt die Geschäfte. Die GbR erklärt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Finanzverwaltung geht von einer Betriebsaufspaltung aus. Zutreffend?

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Fall AO 10:(vom 07.12.2010, IX R 40/09)

A, B, C, D und F sind mit gleichen Anteilen – je 20 % - an einer GmbH beteiligt. Die GmbH war im Wertpapierhandel tätig. Sie hat insbesondere in Finanzanlagen rund um den amerikanischen Grundstückshandel investiert und nahezu ihr gesamtes Vermögen verloren. Die Gesellschafter hoffen zwar, die Gesellschaft langfristig wieder über Gewinne erstarken lassen zu können, möchten aber, um die Verluste der Vergangenheit in ihrer privaten Steuererklärung geltend machen zu können, ihre Beteiligungsverluste geltend machen. Da die Beteiligungen ihrer privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen sind, kommt eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht. Sie veräußern sich daher wechselseitig die Beteiligungen zum Verkehrswert und machen den Veräußerungsverlust in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Nach der Anteilsrotation sind alle wieder zu 20 % beteiligt. Das Finanzamt nimmt einen Gestaltungsmissbrauch an und verweigert die Berücksichtigung. Die Gesellschafter meinen, § 17 Abs. 2 S. 6 EStG stehe der Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs entgegen. Wie ist die Rechtslage?

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Rückwirkende Gesetzesänderung zum Nachteil der Steuerpflichtigen

Echte Rückwirkung oder Rückbewirkung von

Rechtfolgen

Unechte Rückwirkung oder tatbestandliche

Rückanknüpfung

Das Gesetz greift ändernd in bereits abgeschlossene

Sachverhalte ein; eine bereits entstandene Steuerschuld wird

nachträglich geändert.

Das Gesetz greift ändernd in gegenwärtige, noch nicht

abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft ein.

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Abgrenzung echte – unechte Rückwirkung

• Im Solidaritätsänderungsgesetz vom 24.06.1991 wurde ein befristeter Solidaritätszuschlag zur ESt bzw. KSt für 1991 und 1992 eigenführt. K hat seinen Gewerbebetrieb am 30.1.1991 veräußert.

• Durch das Steueränderungsgesetz 1999/2000/2002, verkündet am 31.3.1999, wurde rückwirkend die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG verändert. Eine wesentliche Beteiligung und damit eine steuerverstrickte lag nach der Gesetzesänderung bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige zu mindestens 10 % beteiligt war. Vorher lag die Beteiligungsgrenze bei mehr als 25 %. A war seit vielen Jahren an der C-GmbH zu 16 % beteiligt. Im Dezember 1998 veräußert er 7 % seiner Beteiligung, um der erwarteten Steuerverstrickung rechtzeitig zu entgehen. Die restlichen 9 % veräußert er im Juni 1999. Die Finanzverwaltung geht von einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn aus.

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Echte Rückwirkung: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit

Die echte Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahmsweise kann sie zulässig sein, wenn entweder• der entstehende Schaden unerheblich ist;• das geltende Recht verworren war;• eine nichtige Vorschrift ersetzt wurde oder• wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls es

erforderlich machen.

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Berufsausbildungskosten: hist. Überblick

• RFH 1937: Ein Erststudium eröffne eine neue berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung. Deswegen seien die Kosten der Lebensführung zuzurechnen. Berufsausbildungskosten dienen dem Erwerb der für den Lebenskampf notwendigen Fähigkeiten und damit der privaten Lebensführung

• Ab EStG 1968 Sonderausgabenabzug nach jetzt § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG für Berufsausbildungskosten

• Ab dem KJ 2000 Beginn einer Änderung der Rechtsprechung: Erkenntnis: Verschaffung von Berufswissen ist auf die Erzielung künftiger Einnahmen gerichtet und erfüllt damit den Werbungskostenbegriff bzw. Betriebsausgabenbegriff

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Reaktion des Gesetzgebers

9.7.2004: Gesetzesänderung rückwirkend auf 1.1.2004 zur Vermeidung von Steuerausfällen:

– Einführung des § 12 Nr. 5 EStG: Nicht abziehbar: Kosten für eine erste Berufsausbildung.

– Sonderausgabenabzug gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG

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Reaktion des BFH• BFH vom 20.7.2006; VI R 26/05 zur Rechtslage vor 2004: Auch die

Kosten für ein Erststudium sind abzugsfähig. Hinweis auf das sog. Nettoprinzip. Art. 3 GG: Die Grundprinzipen des Steuerrechts müssen folgerichtig umgesetzt werden.

• BFH vom 18.06.2009; VI R 14/07: verfassungskonforme Auslegung von § 12 Nr. 5: zumindest nach abgeschlossener Berufsausbildung ist ein Erststudium steuerlich abzugsfähig.

• BFH vom 28.07.2011 ; VI R 38/10: Auch Ausgaben für eine erstmalige Berufsausbildung sind unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen. § 12 Nr. 5 EStG beziehe sich nur auf solche Aufwendungen, die keine Erwerbsaufwendungen sind, weil ein hinreichender Veranlassungszusammenhang fehle.

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Reaktion des Gesetzgebers

• Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 7.12.2011: Änderung des § 12 Nr. 5 EStG– a.F.: Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine

erstmalige Berufsausbildung…, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag … abgezogen werden, wenn….

– n.F.: Aufwendungen… für seine erstmalige Berufsausbildung …., das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, …

– Außerdem Ergänzung in § 9 Abs. 6 EStG und § 4 Abs. 9 EStG– Änderung ist rückwirkend anwendbar ab 2004

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Verfassungsrechtliche Bedenken

• Ist die echte Rückwirkung verfassungsrechtlich zulässig?

• Ist die gesetzliche Regelung mit dem objektiven Nettoprinzip vereinbar?Argumente:

• Die Kosten der Erstausbildung werden idR von den Eltern, nicht den Kindern getragen.

• Eltern erhalten Ausgleich durch Kindergeld bzw. Berücksichtigung der Kinder bei der Einkommensteuer

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Erste Entscheidung des BFH

• BFH VIII R 22/12: Echte Rückwirkung ist zulässig. Arg.: Der Gesetzgeber habe rückwirkend nur jene Rechtslage festgeschrieben, die vor der Rechtsprechungsänderung einheitliche Praxis war.

• Mehrere Entscheidungen des VI. Senats stehen noch aus.

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BVerfG 1 BvL 5/08: Zulässigkeit einer nachträglich klarstellenden Regelung

• Hintergrund: Systemwechsel des KStG; Steuerfreiheit von Dividenden

• § 8b Abs. 3 KStG schließt Teilwertabschreibungen auf Kapitalbeteiligungen vom Abzug als Betriebsausgaben aus. § 40 a KAGG a.F. verwies auf diese Norm nicht, obwohl auch bei diesen Gesellschaften die Teilwertabschreibung nicht zulässig sein sollte. Ende 2003 wurde § 40a KAGG erweitert und § 8b Abs. 3 KStG für anwendbar erklärt. § 43 KAGG ordnete dann die rückwirkende Anwendung für alle noch offenen Veranlagungszeiträume an. Die Entscheidung betrifft den VZ 2002.

• Eine verbindliche Auslegung des BFH, ob § 8b Abs. 3 KStG schon vor der Änderung anzuwenden ist, liegt noch nicht vor

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Entscheidungsgründe• Würde rückwirkend nur klargestellt, was ohnehin Gesetz war, läge nur formal eine

echte Rückwirkung vor. Da das materielle Recht keine Änderung erfahre, wäre dies unproblematisch

• Würde die Klarstellung eine materielle Änderung bewirken, läge eine unzulässige Rückwirkung vor.

• Für die Auslegung ist das Fachgericht zuständig• Das BVerfG geht allerdings schon dann von einer konstitutiven Regelung aus, wenn

sich die rückwirkende Norm für oder gegen eine vertretbare Auslegung einer Norm entscheidet.

• Eine echte Rückwirkung wegen Verworrenheit der Rechtslage ist nur statthaft, wenn eine Norm unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Normzweck völlig unverständlich ist. Auslegungsoffenheit genügt nicht.

• Eine echte Rückwirkung ist ferner ausnahmsweise zulässig, wenn sich die höchstrichterliche Rechtsprechung kurzfristig geändert hat und der Gesetzgeber die bis dahin geltende Rechtspraxis rückwirkend festschreibt (Fälle der Berufsausbildungkosten?).

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Entscheidungsergebnis• § 40a KAGG lässt verschiedene Auslegungen zu• § 40a KAGG war klar formuliert. Dass verschiedene

Auslegungsergebnisse möglich sind, führt nicht zu einer hinreichenden Verworrenheit.

• Die rückwirkende Anwendung ist verfassungswidrig.• Die Finanzgerichte haben zu prüfen, welche Auslegung sich für die

Altfälle ergeben.• Geschützt wird das abstrakte Vertrauen in die Existenz einer

formalen Gesetzeslage, in eine auslegungsoffene Gesetzeslage, nicht das individuelle Vertrauen, ein bestimmter Sachverhalt werde in einer bestimmten Art und Weise beurteilt (vgl. abweichendes Votum Mansing; vgl. auch Wiese/Berner, DStR 2014, 1260)

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Unechte Rückwirkung: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit seit BVerfGE vom 7.7.2010

Merksatz: Die unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, bedarf aber stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben des Übermaßverbots.

Die unechte Rückwirkung muss zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und zumutbar sein und muss bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit wahren.

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BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/05

Spekulationsgewinne bei privaten GrundstücksveräußerungenAlte Regelung: Wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als 2 Jahre lagen, waren Gewinne steuerpflichtig.Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, verkündet am 31.3.1999: Verlängerung der Veräußerungsfrist auf 10 Jahre; d.h. rückwirkende Einbeziehung auch nicht steuerverhafteter Bestandsimmobilien.

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BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I 2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0Sachverhalt:Veräußerung einer Immobilie nach dem 31.3.1999, die am 31.3.1999 mehr als 2 Jahre gehalten wurde, am Veräußerungstag aber weniger als 10 Jahre.Entscheidung:Die Anwendung der verlängerten Spekulationsfrist verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig, soweit ein im Zeitpunkt der Verkündung bereits eingetretener Wertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, der nach der zuvor geltenden Rechtslage bereits steuerfrei realisiert worden ist oder hätte realisiert werden können.

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BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0

Entscheidender Gesichtspunkt: Es lag eine konkret verfestigte Vermögensposition vor, die rückwirkend entwertet wurde.Vergleich mit Verkäufen in 1998: Diese Ungleichbehandlung bedarf einer besonderen Rechtfertigung, wenn die alte Frist bereits bei Gesetzesänderung abgelaufen war.

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BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0• Beispiel:• A erwarb 1995 ein Grundstück für 200.000 €.

Dieses Grundstück hatte am 31.3.1999 einen Wert von 250.000 €. Er verkauft dieses Grundstück im Juni 2003 für 300.000 €. Nach der neuen gesetzlichen Regelung wäre ein Veräußerungsgewinn von eigentlich 100.000 € steuerpflichtig. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung war der Steuerzugriff aber auf 50.000 € zu beschränken.

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BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II; 2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05

Besteuerung von Wertpapierverkäufen im Privatvermögen; § 17 EStGAlte Regelung: Wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Veräußerung zu irgendeinem Zeitpunkt zu mehr als 25 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war, unterlag der Veräußerungsgewinn aus einer Anteilsveräußerung der Einkommensteuer .Neue Regelung im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 31.3.1999: Es gilt ab dem 1.1.1999 eine auf 10 % herabgesetzte Wesentlichkeitsgrenze.Hinweis: Heute 1 %

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BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II; 2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05

Sachverhalt:Die Klägerin hielt seit mehreren Jahren eine Beteiligung von 16 %. 7 % der Beteiligung übertrug sie im Dezember 1998 auf ihren Ehemann. Im Juli 1999 verkaufte sie die restlichen 9 % mit einem hohen Gewinn, der auf Wertzuwächsen bis zum 31.12.1998 beruhte.

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BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II; 2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05

Die Anwendung der abgesenkten Beteiligungsgrenze verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig, soweit ein im Zeitpunkt der Verkündung bereits eingetretener Wertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, der nach der zuvor geltenden Rechtslage bereits steuerfrei realisiert worden ist oder zumindest bis zur Verkündung steuerfrei hätte realisiert werden können, weil die alte Beteiligungsgrenze nicht überschritten war.Gedanke der konkret verfestigten Vermögensposition

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BVerfGE v, 7.7.2010: Rückwirkung III2 BvL 1/03; 2 BvL 57/06; 2 BvL 58/06Besteuerung außergewöhnlicher Einkünfte

Alte Tarifregelung: Besteuerung mit der Hälfte des regulären Steuersatzes

Neue Tarifregelung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 per 31.3.1999: 5tel-Regelung; der Tarif wird so berechnet, als wenn nur 1/5 der außerordentlichen Einkünfte in dem progressiven Tarifverlauf berücksichtigt werden. Die neue Regelung führt regelmäßig zu einer höheren Besteuerung.Die Regelung galt auch für solche Entschädigungen, die vor dem 1.1.1999 vereinbart worden waren

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BVerfGE v. 7.7.2010: Rückwirkung III2 BvL 1/03; 2 BvL 57/06; 2 BvL 58/06

Die Anwendung der 5tel Regelung verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, soweit sie auch Entschädigungen erfasst, die bereits 1998, aber noch vor der Einbringung der Neuregelung in den Bundestag vereinbart oder zumindest noch vor der Neuregelung ausgezahlt wurden.In der 1. Variante wird eine vertragliche Disposition geschützt, in der 2. Variante eine konkret verfestigte Vermögensposition.

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BFH vom 18.12.2013; I B 85/13, DStR 2014, 788

• Rechtsfrage: Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke (§ 4 h Abs. 1 S. 2 EStG)

• AdV-Verfahren § 69 Abs. 2 S. 2 FGO: „Summarische Prüfung“ der für und gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Umstände; d.h. der BFH kann selbst entscheiden auch für den Fall, dass er die Norm für verfassungswidrig hält

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Dogmatischer Ausgangspunkt

• Art 3 Abs. 1 GG: Wesentlich Gleiches ist gleich, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.

• Weiter Ermessensspielraum des Gesetzgebers.• Im Steuerrecht:

– Bemessung der Steuerlast an der finanziellen Leistungsfähigkeit (objektives und subjektives Nettoprinzip)

– Folgerichtigkeitsprinzip

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Zinsschranke verstößt gegen das objektive Nettoprinzip

• Aufgrund der Zinsschranke werde nicht das Nettoprinzip besteuert. Obwohl die gesamten Einnahmen der Besteuerung unterworfen werden, können die Zinsen nur in einem eingeschränkten Maß abgezogen werden. Der Umstand der Gegenfinanzierung rechtfertige diese Beschränkung nicht. Eine Missbrauchstypisierung ist misslungen.

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Einkommensteuer

Grundsätzliche Fragen des materiellen Steuerrechts• Steuersubjekt: Wer ist einkommensteuerpflichtig• Steuerobjekt: Was ist einkommensteuerpflichtig• Steuerbefreiungen• Bemessungsgrundlage• Steuertarif• Steuererhebung

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Das Steuersubjekt des Einkommensteuerrechts

• § 1 Abs. 1 EStG: Wer im Inland einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) hat.

• RF: schrankenlose Steuerpflicht aller Einkünfte, d.h. Steuerpflicht des Welteinkommens

Unbeschränkte Steuerpflicht

• § 1 Abs. 4 EStG: Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber über Einkünfte im Sinne des § 49 EStG verfügen, d.h. Einkünfte mit Inlandsbezug

• RF: Steuerpflicht aller Einkünfte mit Inlandsbezug• § 50a EStG Steuerabzug häufig durch den Vergütungsschuldner

Beschränkte Steuerpflicht

• § 2 Abs. 1 AStG• RF: Der erweitert beschränkt Steuerpflichtige wird einem unbeschränkt

Steuerpflichtigen gleichgestellt.• Frage der Verfassungswidrigkeit

Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

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Vermeidung der Doppelbesteuerung bei ausländischen Einkünften

Grundsatz: Welches Land für die Besteuerung welcher Einkünfte zuständig ist, regelt ein DBAAusnahme: Ein DBA fehlt (typische Klausurgestaltung)• § 34c Abs. 1 EStG: Anrechnung der ausländischen

Steuer, sofern sie vergleichbar ist, auf die deutsche Einkommensteuer

• § 34c Abs. 2 EStG: Wahlweise, auf Antrag des Steuerpflichtigen: Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte

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Fall ESt 1: (Hinweise in BFH I R 19/06, BStBl 2010 II 398; sh. auch BFH, I R 3/11)• Tennisspieler B (Staatsangehörigkeit deutsch) wandert im KJ 00 in

ein Land ohne DBA mit Deutschland aus. In Deutschland verfügt er weder über einen Wohnsitz, noch einen gewöhnlichen Aufenthaltsort, noch eine Betriebsstätte. Im VZ 01 war er sportlich tätig und erzielte folgende Einkünfte:

• Preisgelder 250.000, davon in Dtld. 30.000• Werbeeinnahmen 450.000; davon von einem deutschen Sponsor

100.000. Der ausländische Sponsor verfügt über keine inländische Betriebsstätte. Die Werbeeinnahmen decken auch die Nutzung des Bildes und des Namens des B ab. Hierauf entfallen 20 % der Werbeeinnahmen. Im Übrigen erhält B die Zahlung für die Teilnahme an Werbeveranstaltungen, die nicht in Deutschland abgehalten wurden.

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Fall ESt 2 (FG Düsseldorf vom 07.02.2012, 6 K 2147/10; BFH I R 22/12 vom 10.4.2013)

L ist wohnhaft in Liechtenstein. In Deutschland hat er weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Betriebsstätte. Er vermietet Sattelzugmaschinen an die S-AG in Deutschland. Diese wiederum vermietet die Sattelzugmaschinen – ohne Gewinnaufschlag – an selbständige Frachtführer. Die Zugmaschinen wurden auf der Strecke Deutschland – Spanien eingesetzt. Der inländische Anteil der Fahrtstrecke beträgt 10 %. L fragt, ob er in Deutschland steuerpflichtig ist.

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Ermittlung des zu versteuernden Einkommens in § 2 EStG!

• Einkünfte (Steuerbefreiungen in § 3 EStG beachten): Abgrenzung zur Privatsphäre– Gewinneinkunftsarten

• Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft• Einkünfte aus Gewerbebetrieb• Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

– Überschusseinkunftsarten• Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit• Einkünfte aus Kapitalvermögen (Sie sind gem. § 2 Abs. 5b EStG grundsätzlich auszuscheiden)• Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung• sonstige Einkünfte

• Summe der Einkünfte– Abzgl. AEB (Altersentlastungsbetrag)– Abzgl. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende– Abzgl. Abzug für Landwirte gem. § 13 Abs. 3 EStG

• Gesamtbetrag der Einkünfte– Abzgl. Sonderausgaben– Abzgl. Außergewöhnliche Belastungen

• Einkommen– Abzgl. Freibeträge

• Zu versteuerndes Einkommen

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Abgrenzung der Sphäre der Einkünfteerzielung von der Privatsphäre

• Liebhaberei• § 12 EStG: Kosten der privaten Lebensführung• Verträge zwischen nahen Angehörigen• Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. § 4

Abs. 5 EStG

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Liebhaberei: Abgrenzung der Einkünfte von der Privatsphäre

• Tatbestandsmerkmal: Gewinnerzielungsabsicht/Überschusserzielungsabsicht • Klassische Fälle: Betreiben einer Pferdezucht; Jagdgemeinschaft;

Segelyachtvercharterung• Grundgedanke: Der Steuerpflichtige wird im Normalfall tätig, um Einkünfte zu erzielen.

Sind in einem Betätigungsfeld nur Verluste zu erwarten, dann gibt er dieses Tätigkeitsfeld auf, es sei denn, allein private Neigungen lassen ihn an einer bestimmten Beschäftigung festhalten.

• Problem: Ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorhanden ist, ist eine innere Tatsache, die nur mittels äußerer Indizien geprüft werden kann.

• Kriterien:– mehrjährige Verluste oder lediglich typische Anlaufverluste– Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit, obwohl keine Besserung der

wirtschaftlichen Situation erkennbar– Feststellung, ob ein Betrieb/eine Tätigkeit nach Wesensart und Betriebsführung

objektiv geeignet ist, nachhaltig positive Einkünfte zu erzielen– Gründe für die Fortführung der Tätigkeit durch den Steuerpflichtigen.

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Fall 3 AO:(FG Sachsen vom 25.01.2012 8 K 1504/08)

• Eine erfahrene und erfolgreiche Geschäftsfrau G betreibt ungeachtet ihres fehlenden Pferdewissens eine Reitanlage. Diese Reitanlage wirft über viele Jahre nur Verluste ab. G führt den Geschäftsbetrieb trotzdem unverändert weiter.

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Fall ESt 3: (BFH IV R 88/76, BStBl 1980 II 152)

• R ist u.a. als Reisejournalistin tätig. Im Kalenderjahr 01 erzielte sie aus dieser Tätigkeit Verluste in Höhe von € 5.000,--. In den vergangenen 6 Jahren hatte sie überwiegend Verluste (Zwischen 1000 € und 4000 €), in 2 Jahren allerdings auch Gewinne von 1500 € und 500 € erzielt.

• R schreibt ihre Artikel häufig erst Jahre nach ihrer Reise. Sie unterhält Kontakte zu vielen Verlagen/Zeitschriften und wertet manche Reiseeindrücke auch noch Jahre nach ihrer Reise aus.

• Das Finanzamt lehnt für den VZ 01 erstmals die Anerkennung der Verluste ab und beruft sich auf Liebhaberei.

• R fragt nach der Rechtslage.

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Fall ESt 4: (FG Niedersachsen 11 K 361/10)

• H erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Nebenbei (ca. 10 Stunden in der Woche) ist er in den Jahren 01 bis 03 im Networkmarketing tätig. Danach stellt er sein erfolgloses Unterfangen ein. Er versucht, Wellnessartikel zu verkaufen und seinerseits Handelsvertreter zu werben. Die Idee des Networkmarketings besteht darin, jeweils eine Vielzahl an Handelsvertretern aufzubauen, an deren Umsätzen derjenige partizipiert, der die Vertreter geworben hat. Der Aktionsbereich des H ist begrenzt, weil es ihm nicht gelingt, über seinen Bekanntenkreis weitere Kunden zu gewinnen. Er erzielt Verluste zwischen T€ 6 und T€ 10 im Kalenderjahr. Dem stehen Betriebseinnahmen zwischen € 1000 und € 400 gegenüber. Die Betriebsausgaben entfallen im Wesentlichen auf Kfz-Kosten, Telefongebühren und Bewirtungskosten.

• Das Finanzamt erkennt die Verluste nicht an und verweist auf Liebhaberei. H, der vorsorglich form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, fragt nach den Erfolgsaussichten.

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Nicht abzugsfähige Aufwendungen gem. § 12 EStG

Nettoprinzip: Nur das Erwerbseinkommen abzgl. der Erwerbsaufwendungen unterliegt der Besteuerung.

Privataufwendungen dürfen das Einkommen nicht mindern.

Bei gemischt veranlassten Aufwendungen: Aufteilungsgebot.

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Abwandlung Fall ESt 3:

• In den Reisekosten für 01 sind Kosten für eine Italienrundreise mit einem Wohnmobil enthalten, die die R gemeinsam mit ihrem Ehemann durchgeführt hat. Diese Rundreise diente auch privaten Zwecken. Es wurden viele Sehenswürdigkeiten von allgemeinem touristischen Interesse besucht. Die Reise diente außerdem Erholungszwecken. Der Ehemann der R hatte seinen Jahresurlaub aus 00 extra vortragen lassen, damit eine möglichst lange und zusammenhängende Reise durchgeführt werden konnte. Die Kosten für diese Reise beliefen sich auf insgesamt 10.000 €. R begehrt einen vollen Abzug als Betriebsausgaben.

• Auswirkungen auf die Frage der Gewinnerzielungsabsicht?

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Verträge zwischen nahen Angehörigen

Gesamtabwägung bei Prüfung der steuerlichen Anerkennung

– Vertragsschluss – nicht zwingend schriftlich – zu Beginn des Vertragsverhältnisses;

– Zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages insbesondere auch unter Beachtung des Minderjährigenschutzes; Verhältnis zu § 41 AO; nicht jeder unwirksame Vertrag schließt eine Anerkennung aus;

– Klare und eindeutige Regelung der Hauptleistungspflichten;– Vertragsgestaltung wie zwischen Fremden üblich;– Tatsächliche Durchführung.

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Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4a und 5 EStGIdee: Bestimmte Betriebsausgaben berühren auch die Sphäre der privaten Lebensführung. Deswegen ist der Abzug zu begrenzen.• Abs. 4a: Schuldzinsen, die auf Überentnahmen beruhen;• Abs. 5: insbes. Geschenke; Bewirtung; Gästehäuser, Jagd,

Fischerei, Yachten; Mehraufwendungen für Verpflegung; Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb; häusliches Arbeitszimmer; Geldbußen; Zinsen auf hinterzogene Steuern; Bestechungs- und Schmiergelder.

• Bei Abs. 5: Gleichlauf mit den Werbungskosten vgl. § 9 Abs. 5 EStG!

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Nutzung des Firmen-PKW durch einen Arbeitnehmer bzw. den Gewerbetreibenden

Fahrten Wohnung-Betrieb

Private Fahrten

Beruf. Fahrten

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Berufliche Fahrten mit Firmen-PKW

• Beim AN: Der Betrieb trägt die Kosten des Fahrzeuges. Sie sind Betriebsausgaben. Bei dem AN ist weder ein Sachbezug zu versteuern, noch Werbungskosten abzugsfähig.

• Bei Betriebsinhaber: Die Fahrzeugkosten sind Betriebsausgaben

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Private Fahrten mit dem Firmen-PKW

• Beim Arbeitnehmer– Geldwerter Vorteil wegen der Überlassung. Üblich

pauschale Besteuerung gem. § 8 Abs. 2 S. 2 EStG iVm § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG; d.h. 1 % des Listenpreises pro Monat.

• Beim Betriebsinhaber– Die Privatnutzung wird als Entnahme betrachtet.

Die Bewertung der Entnahme richtet sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG; d.h. 1 % des Listenpreises pro Monat

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Fahrten Wohnung Betrieb:

• Beim AN:– Geldwerter Vorteil, weil der AG die Fahrt zum Betrieb

finanziert: § 8 Abs. 2 S. 3 EStG: 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer pro Monat

• Bei einem Listenpreis von 25.000 € und einer einfachen Entfernung von 20 km ergibt sich somit mtl. steuerpflichtiger Arbeitslohn von € 150.

– Werbungskosten: § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2: 0,3 € für jeden Entfernungskilometer für jeden Arbeitstag

– Bei einer Entfernung von 20 km und 20 Arbeitstagen ergeben sich Werbungskosten von 120 €.

– Per Saldo sind jeden Monat 30 € steuerpflichtig!

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Fahrten Wohnung Betrieb

• Beim Gewerbetreibenden– Im Ausgangspunkt sind die Kosten für den PKW

Betriebsausgaben.– Problem: Gleichstellung mit dem Arbeitnehmer– Lösung: § 4 Abs. 5 Nr. 6 S. 3 EStG: Fiktive

Saldobetrachtung wie bei einem Arbeitnehmer, d.h. per Saldo sind jeden Monat 30 € nicht abzugsfähige Betriebsausgaben.

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Unterschiedliche Besteuerung von Familienheimfahrten

• AN: § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG und § 8 Abs. 2 S. 5 HS 2EStG: bei einem vom AG überlassenen Pkw muss der AN keinen Vermögensvorteil versteuern und kann keine Werbungskosten abziehen

• Gewerbetreibender: § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG: Saldobetrachtung; der Gewerbetreibende muss einen Überschuss des „steuerlichen Vorteils“ ggü. Den abzugsfähigen Kosten versteuern

• BFH VIII R 24/09: Diese Differenzierung verstößt nicht gegen Art 3 GG

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Einkünftedualismus

§ 2 Abs. 2 Nr. 1: Gewinneinkunftsarten:

Einkünfte aus L+F, Gewerbe und selbständiger Tätigkeit

§ 2 Abs. 2 Nr. 2: Überschusseinkunftsarten, alle anderen Einkunftsarten in der

Theorie

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Unterschied zwischen Gewinn- und Überschusseinkunftsarten• Gewinneinkunftsarten: Wertgewinne und Wertverluste

durch die Veräußerung von Betriebsvermögen werden uneingeschränkt berücksichtigt.

• Überschusseinkunftsarten: Wertgewinne und Wertverluste bei der Veräußerung derjenigen Vermögensgegenstände, die der Einnahmeerzielung dienen, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt.– Bsp.: Wenn der Unternehmer seine Büromöbel verkauft, ist

der Erlös einkommensteuerpflichtig. Ein Arbeitnehmer, der seinen häuslichen Arbeitstisch bei e-Bay versteigert, muss den Erlös nicht versteuern.

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Ausnahme: Wertzuwachsbesteuerung bei den Überschusseinkünften• § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG: Veräußerungsgeschäfte bei

Grundstücken• § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG: Sonstige

Veräußerungsgeschäfte; allerdings wird diese Norm bei Wertpapieren durch § 20 Abs. 2 und § 17 EStG verdrängt (vgl. § 23 Abs. 2 EStG)

• § 20 Abs. 2: Kapitaleinkünfte• § 17 EStG: Veräußerung von Anteilen an

Kapitalgesellschaften (Allerdings dogmatische Umgliederung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb)

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Wie wird das Einkommen bei den Überschusseinkunftsarten ermittelt?Einnahmen iSd § 8 EStG (Geld oder Sachwerte)

Abzgl. Werbungskosten iSd § 9 EStGEinkünfte• Jahreszuordnung gem. § 11 EStG: d.h. Prinzip der Zahlung nicht der

wirtschaftlichen Entstehung– Zufluss § 11 Abs.1: Bei Zahlung mittels Scheck, wenn der Scheck übergeben wird;

bei Überweisung oder Kreditkarte, wenn der Betrag gutgeschrieben wird– Abfluss § 11 Abs. 2: Schluss der Leistungshandlung– Kurze Frist: 10 Tage

• Werbungskosten gem. § 9 EStG: Aufwendungen zur Erwerbung… der Einnahmen, d.h. finaler Werbungskostenbegriff– Rechtspr./hM: Gleichlauf mit den Betriebsausgaben: Veranlassungsprinzip reicht

daher.

Bsp.: Umgliedern von Darlehen

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Können außergewöhnliche Kosten neben den Pauschalen geltend gemacht werden?

• Nach § 9 Abs. 2 S. 1 EStG sind sämtliche Aufwendungen durch die Entfernungspauschale abgegolten, auch außergewöhnliche Wegekosten. Nur so kann der Zweck der Vereinfachung erreicht werden.

• Reparaturkosten infolge einer Falschbetankung sind nicht abzugsfähig (BFH vom 30.03.2014, VI R 29/13, DStR 2014, 1274)

• Unfallkosten: Unfallkosten auf dem Weg zwischen Wohnung und Betrieb sind außergewöhnliche Kosten. Nach alter Rechtsprechung waren sie neben den Pauschalen abzugsfähig (vgl. BFH vom 21.8.2012, VIII R 33/09, NJW 2013, 639). Ob diese Entscheidung noch aktuell ist, erscheint fraglich. Nach derzeitiger Auffassung des BMF sollen Unfallkosten noch gesondert abzugsfähig sein.

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Arten der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung § 21 Abs. 1 EStG• Vermietung von unbeweglichen Vermögen, also

Grundstücken, Schiffen und Rechten, die den Vorschriften über Grundstücke unterliegen (etwa Erbbaurechte);

• Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen insbesondere beweglichem Betriebsvermögen; die Vermietung einzelner beweglicher Sachen fällt unter § 22 Nr. 3 EStG;

• Einkünfte aus der zeitlich begrenzten Überlassung von Rechten (Persönlichkeitsrechten, gewerblichen Schutzrechten usw.);

• Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen.

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Arten der sonstigen Einkünfte gem. § 22 EStG• Nr. 1: Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu

einer anderen Einkunftsart gehören; etwa Zuwendungen von Familienstiftungen; Renten;

• Nr. 1a: Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie beim Geber als Sonderausgaben abgezogen werden können;

• Nr. 2: Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften iS des § 23 (Grundstücke und andere Wirtschaftsgüter außer Kapitalvermögen);

• Nr. 3: Einkünfte aus Leistungen, die zu keiner anderen Einkunftsart gehören, etwa Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände;

• Nr. 4: Entschädigungen und Zuschüsse;• Nr. 5: Altersvorsorge.

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Gewinneinkunftsarten

Gewinnermittlungsarten

§§ 4, 5 EStGBetriebsvermögensvergleich

§ 4 Abs. 3 EStGEinnahme-

Überschussrechnung

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Wer ist buchführungspflichtig?

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Unterschiede der GewinnermittlungsartenBuchführungspflicht Einnahme-Überschuss-Rechnung

Messung des Vermögenszuwachses und Korrektur um die Entnahme/Einlagen

Geldverkehrsrechnung unter Anwendung des § 11 EStG; Regelungen der Entnahme und Einlage gelten entsprechend.

Periodenabgrenzung etwa durch Buchung von Forderungen und Verbindlichkeiten

Keine Periodenabgrenzung

Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens werden bilanziert, daher nur entsprechend ihrem tatsächlichen Verbrauch als Aufwand erfasst

Umlaufvermögen führt bei Bezahlung sofort zum Aufwand

Anlagevermögen: Bilanzierung des nicht abnutzbaren Anlagevermögens mit den Anschaffungskosten oder dem Teilwert. Verteilung der Anschaffungskosten bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über Abschreibungen.

Kein Abzug der Anschaffungskosten bei nicht abnutzbarem Anlagevermögen.

Anlagevermögen: Verteilung der Anschaffungskosten bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über Abschreibungen entsprechend den Regelungen bei Buchführung. Insoweit keine Liquiditätsbetrachtung

Umsatzsteuer grundsätzlich erfolgsneutral Umsatzsteuer erhöht jeweils die Einnahmen und Ausgaben

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Fall ESt 5:

Gewerbetreibender A verkauft am 18.11.01 eine Maschine des Anlagevermögens zu einem Preis von 10.000 € zzgl. 19 % USt, d.h. brutto 11.900. Der Käufer nimmt die Maschine sofort mit. A gibt die Umsatzsteuervoranmeldung am 10.12.01 ab und überweist die Umsatzsteuer sofort an das Finanzamt. Die Zahlung von seinem Kunden erhält er allerdings erst am 5.1.01. Die Maschine hat im Zeitpunkt der Veräußerung einen Buchwert (Anschaffungskosten abzgl. AfA) von 5.000 €. Welche Gewinnauswirkungen ergeben sich für A in den VZ 01 und 02, wenn man unterstellt, A sei buchführungspflichtig. Wie sieht die Berechnung aus, wenn man eine Einnahme-Überschussrechnung durchführt.

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Fall ESt 6: Der spitzfindige Zahnarzt

Bei einer Addition seiner Monatsumsätze im Dezember bemerkt Z, dass er ein außerordentlich erfolgreiches Jahr hatte. Er rechnet mit einem Gewinn von mindestens 500 T€. Das Geld hat er leider schon in seine Teuerste investiert. Der Fiskus soll daher für dieses Jahr weitgehend leer ausgehen. Mit seinem Steuerberater ersinnt er folgende Lösung:Z nimmt bei seiner Bank einen Kredit über 500 T€ auf und investiert das Geld in physisches Gold, das er für den Kredit verpfändet. Das Gold ordnet er dann dem Betriebsvermögen seiner Zahnarztpraxis zu. Mindert der Kaufpreis für das Gold die Einkünfte des Z?(Im März des nächsten Jahres verkauft er es mit Gewinn und führt den Kredit zurück.)

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Zusammenspiel der Steuerarten bei Gewerbetreibenden

• Schreibwarenhändler S hat sein Geschäft am 1.12.00 eröffnet. In seinem Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.12 bis 31.12 ereignen sich folgende Geschäftsvorfälle:– Einkauf von Waren für 15.000 € zzgl. 2850 € USt– Erwerb eines Computers (Nutzungsdauer 3 Jahre) für 1800 €

zzgl. 342 € USt– Verkauf von Waren für 20.000 € zzgl. 3800 € USt– Inventurwert Waren 31.12.: 5000 €– Einzugskosten 2000 € zzgl. 380 € UStWelche steuerlichen Pflichten muss S zum Jahresende erfüllen? Für das kommende Jahr erwartet S Umsätze von ca 200 T€.

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Umsatzsteuerpflicht• Ist S Subjekt des Umsatzsteuerrecht?

• § 2 Abs. 1 UStG

• Sind die Umsätze steuerbar?– § 1 ff. UStG iVm § 3 ff. UStG (Entnahmen geregelt in § 3 Abs. 1 b UStG)

• Sind die Umsätze steuerfrei?– § 4 ff UStG

• Wie ist die Bemessungsgrundlage?– § 10 UStG

• Steuersatz ?– § 12 UStG

• Steuerentstehung – § 13 UStG und Steuerschuldner (§ 13 a f.)

• Vorsteuer?– § 15 f. UStG

• Besteuerungsverfahren?– § 16 ff; § 20 UStG: Ist-besteuerung , vgl. § 141 Abs. 1 Nr. 1 AO

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Einkommensteuer

• Welche Einkunftsart?• Welche Art der Gewinnermittlung? Vgl. § 241a

HGB und §§ 140 f. AO• Wie hoch ist der Gewinn?

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Gewerbesteuer

• Steuersubjekt: Unternehmer, für dessen Rechnung der Gewerbebetrieb betrieben wird (§ 5 GewStG).

• Steuerobjekt: Gewerbebetrieb (§ 2 GewStG)• Bemessungsgrundlage: Gewerbeertrag (§ 7 ff.

GewStG; Problem: Hinzurechnungen und Kürzungen)• Berechnung des Steuermessbetrags gem. § 11

GewStG• Berechnung der GewSt durch Anwendung des

kommunalen Hebesatzes

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Gewerbesteuer und Einkommensteuer

• Abzugsverbot der Gewerbesteuer im Rahmen der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 5 b EStG

• Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer gem. § 35 Abs. 1 : 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrags. Bei einem Hebesatz von 400 % sollen sich Gewerbesteuerbelastung und Tarifentlastung bei der Einkommensteuer ausgleichen.

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Was kennzeichnet die Gewinneinkunftsarten allgemein?• Generelle Voraussetzungen für das Vorliegen einer

Gewinneinkunftsart (vgl. § 15 Abs. 2 EStG):• Selbständige Tätigkeit (Unternehmerrisiko und

Unternehmerinitiative; Abgrenzung von der nichtselbständigen Tätigkeit),

• Nachhaltige (auf Wiederholung gerichtete) Tätigkeit• Gewinnerzielungsabsicht/Abgrenzung Liebhaberei• Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (Tätigkeit

wird gegen Entgelt am Markt erbracht, also Dritten angeboten)• Keine Vermögensverwaltung (dieses Kriterium wird

typischerweise nur bei den gewerblichen Einkünften geprüft)

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Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von der nichtselbständigen

ArbeitnehmerOffener Typusbegriff

Eingliederung und Weisungsgebundenheit

Kein Risiko über das Entlohnungsrisiko hinaus

Unternehmer

(Mit)unternehmerinitiative

(Mit)unternehmerrisiko

Freiwilligkeit der Leistungserbringung?

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Fall ESt 7: BFH vom 22.02.2012; X R 14/10

Fußballprofi A ist Lizenzspieler eines Bundesligavereins V. In dem Arbeitsvertrag hatte A dem V die Verwertung seiner Persönlichkeitsrechte übertragen, soweit sein Arbeitsverhältnis als Lizenzspieler betroffen ist. V hatte sich bereit erklärt, den A für Länderspiele und Auswahlspiele des DFB freizustellen. Mit dem DFB hat A eine Vereinbarung unterzeichnet, in der er sich verpflichtete, nicht nur an Spielen teilzunehmen, sondern auch an Veranstaltungen teilzunehmen, die für den DFB von Bedeutung sind. Vom DFB erhielt A Gelder für die Überlassung von Bild- und Namensrechten zur Durchführung einer anlassbezogenen Promotions-Maßnahme.Gegenüber den Finanzgerichten teilte der DFB mit, dass die Arbeitsverträge keine Regelung über die Teilnahme an Werbemaßnahmen der Nationalmannschaft enthalten. Daher lasse sich der DFB vor dem Einsatz eine Erklärung unterschreiben, nach der der Spieler dem DFB die Nutzung seiner Persönlichkeitsrechte im Zusammenhang mit der Nationalmannschaft gestatte. Die Abgabe dieser Erklärung sei freiwillig; ein Spieler, der sie nicht unterzeichne, würde aber vom DFB nicht eingesetzt werden. Welche Einkünfte erzielt A?

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Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG- Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten- Planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur

Erzeugung und Verwertung von lebenden Tieren und Pflanzen (Details in § 13 Abs. 1 und 2 EStG)

Hinweis: Neben der Gewinnermittlung durch Buchführung oder Einnahme-Überschussrechnung gibt es noch die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG. Sie könnte eine verfassungswidrige Verschonungsregelung für kleine Landwirte sein.

Hinweis: Bei gemischten Tätigkeiten grundsätzlich Trennungstheorie. Wenn Tätigkeiten nicht trennbar sind, einheitliche Betrachtung, maßgeblich ist die prägende Tätigkeit

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Selbständige Tätigkeit gem. § 18 EStG

• Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten– Besonderheit: § 18 Abs. 2: Gelegentliche Tätigkeit genügt

• Eine in § 18 definierte Tätigkeit (Grundgedanke: Der Einsatz von Kapital tritt in den Hintergrund, der Einsatz der eigenen Arbeitskraft in den Vordergrund)– Katalogberuf;– Ähnlicher Beruf; Vergleichbarkeit hinsichtlich der typischen

Merkmale des Katalogberufes, insbes. bei der Ausbildung; – Sonstige Tätigkeiten im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1;– Lotterieeinnehmer (§ 18 Abs. 1 Nr. 2)– Sonstige selbständige Arbeit z.B. Testamentsvollstreckung,

Vermögensverwaltung, Aufsichtsrat

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Gemischte Tätigkeiten einer natürlichen Person• Grundsatz: Trennungstheorie• Bsp.: Anwalt ist gleichzeitig als gewerblicher

Promotionsvermittler tätig• Ausnahme: Die Betätigungen können nicht getrennt

werden, weil sie derart miteinander verbunden sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen. Dann kommt es auf die Tätigkeit an, die das Gepräge verleiht.– Bsp.: Ein Architekt erbringt gleichzeitig die Leistungen eines

Generalunternehmers und verkauft schlüsselfertige Gebäude BFH XI R 10/06; BStBl II 2008, 54

– Im Zweifel liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor

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Fall ESt 8: (BFH vom 15.12.2010, VIII R 13/10, BFH/NV 2011, 1309 und VIII R 50/09, BFH/NV 2011, 895; FG Niedersachsen vom 15.09.2011, 14 K 312/09)Rechtsanwalt R ist im Wesentlichen als Insolvenzverwalter tätig. Er betreibt Zweigstellen in drei verschiedenen Städten und beschäftigt einen Ökonomen sowie 6 Fachkräfte und mehrere Hilfskräfte. Seine Einkünfte ermittelt er im Wege einer Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Einkünfte aus der Insolvenzverwaltung belaufen sich auf durchschnittlich T€ 500. R leitet die Tätigkeit seiner Mitarbeiter und delegiert lediglich Routinetätigkeiten zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung.R beschäftigt außerdem zwei Junganwälte. Sie sind im Wesentlichen mit rechtsanwaltlichen Tätigkeiten betraut. Ihre Tätigkeit wird von R überwacht. Hieraus erzielt R Einkünfte in Höhe von durchschnittlich 50.000 €.Außerdem hat R für ein Internetportal die Forderungseinziehung übernommen. Hierfür beschäftigt er ca. 30 Personen. Die für die Beitreibung notwendigen Daten werden ihm von dem Betreiber des Internetportals elektronisch zur Verfügung gestellt. Auch die Mahnschreiben werden aufgrund dieser Daten vollautomatisch erstellt. Seine 30 Mitarbeiter (überwiegend Jurastudenten) beantworten die telefonischen Rückfragen im Rahmen eines dafür eingerichteten Callcenters und bearbeiten den Schriftwechsel im Wesentlichen eigenständig. Hierbei haben sie einen sehr detaillierten, von R erstellten Leitfaden zu beachten. R verdient mit dieser Tätigkeit durchschnittlich € 1 Mio. jährlich. Auch sie wird buchungstechnisch im Rahmen seiner Anwaltskanzlei abgewickelt.

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Fall ESt 8: Fortsetzung

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung ändert die Finanzverwaltung den Einkommensteuerbescheid nach § 164 AO. Die ursprüngliche Veranlagung war unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Sie ist der Auffassung, R sei mit seiner Insolvenzverwaltung gewerblich tätig. Die Finanzverwaltung ordnet den gesamten Gewinn den gewerblichen Einkünften zu, da die Insolvenzverwaltertätigkeit untrennbar mit der anwaltlichen Tätigkeit verknüpft sei. Außerdem erhöht das Finanzamt den Gewinn per Ende 03 um T€ 150 wegen ausstehender Forderungen im Zusammenhang mit der Inkassotätigkeit und wegen ausstehender Forderungen im Zusammenhang mit der Insolvenzverwaltertätigkeit um 20.000. Die Gewinnerhöhung stützt das Finanzamt darauf, dass R buchführungspflichtig sei.R erscheint mit seinem Steuerbescheid, der am 1.2. zugestellt wurde, am 3.2. bei seinem Kollegen A und fragt, ob er erfolgversprechend Einspruch gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid einlegen kann. Ihn ärgere nicht nur die Gewinnerhöhung. Er befürchtet auch, Gewerbesteuer zahlen zu müssen.

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Einkünfte aus Gewerbebetrieb

• Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten

• Negative Abgrenzung, d.h. keine Land- und Forstwirtschaft, keine selbständige Arbeit

• Keine Vermögensverwaltung: – Bei Vermietungsumsätzen wird die Grenze zur

Gewerblichkeit in der Regel erst dann überschritten, wenn zusätzliche Leistungen erbracht werden, etwa umfangreiche Verwaltungsleistungen bei Ferienwohnungen oder bei einem gewerblichen Grundstückshandel.

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Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: Betriebsverpachtung

Übliche Konstellation: Der Unternehmer will – häufig aus Altersgründen – nicht mehr tätig sein und verpachtet seinen gesamten Betrieb, anstatt ihn zu verkaufen.Besteuerung nach dem Gesetz:• Betriebsaufgabe gem. § 16 EStG, weil keine Fortführungsabsicht mehr

besteht; d.h. sämtliche stillen Reserven müssten versteuert werden• Verpachtung wird im Rahmen der Einkunftsart V+V besteuert.Richterrecht: Die Betriebsverpachtung kann als bloße Betriebsunterbrechung gewertet werden, wenn der Betrieb fortgeführt werden könnte, also alle wesentlichen Wirtschaftsgüter verpachtet werden. In diesem Fall: keine Betriebsaufgabe. Die Pachterlöse werden wie gewerbliche Einkünfte versteuert.

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Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: Betriebsaufspaltung

Gestaltungsidee in grauer Vorzeit: Um die Steuerverstrickung insbesondere der Betriebsgrundstücke zu vermeiden werden diese in eine reine Vermietungsgesellschaft ausgegliedert.

Vermietungsper-sonengesellschaft

Betriebskapital-gesellschaft

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Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: Betriebsaufspaltung

• Antwort des BFH: In Fällen der Betriebsaufspaltung hat auch die Vermietungsgesellschaft gewerbliche Einkünfte. Beide Unternehmen bleiben aber auch steuerrechtlich selbständig. Hinweis: Die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft stellen idR notwendiges Betriebsvermögen der Vermietungsgesellschaft dar.

• Voraussetzungen: – Sachliche Verflechtung: Die zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter

müssen eine wesentliche Grundlage des Betriebs darstellen– Personelle Verflechtung: Beteiligungs- oder Beherrschungsidentität;

maßgeblich ist, dass ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille durchgesetzt werden kann (gleiche Beteiligungsquoten oder einheitliche Beherrschung).

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Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung

• Gesellschafter, die nur an der Besitzpersonengesellschaft beteiligt sind: Sie erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb

• Gesellschafter, die auch an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt sind. Bei ihnen gehört die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen. Damit partizipieren die von der Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinne an der Qualifikation gewerbliche Einkünfte und unterliegen dem Teileinkünfteverfahren.

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Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: gewerblicher Grundstückshandel

Grundgedanke: Dient ein Grundstückserwerb dem Ziel der Fruchtziehung aus der vorhandenen Substanz, dann liegen Einkünfte aus V+V vor. Geht es dagegen um die Gewinnerzielung durch Ausnutzen einer Wertsteigerung in der Substanz, dann liegen gewerbliche Einkünfte vor.BFH: Drei-Objekt-FormelEin gewerblicher Grundstückhandel liegt nicht vor, wenn in einem Zeitraum - idR fünf Jahre nach Anschaffung oder Erwerb – nicht mehr als 3 Objekte veräußert werden. Werden 3 Objekte oder mehr veräußert, liegt ein Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel vor.

Sonderkonstellationen: Aufteilung einer Immobilie in Miteigentum; unbedingter Verkaufswille bereits bei Erwerb; Bebauung nach den Wünschen des Erwerbers; besondere Nähe des Grundstücksgeschäfts zu einer gewerblichen Tätigkeit (Baugeschäft/Makler).

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Abgrenzung Kapitalbeteiligung – gewerbliche Betätigung

PartiarischesDarlehen

Atypische stille

Gesellschaft

Typische stille

Gesellschaft

Einkünfte aus Kapitalvermögen Gewerbliche Einkünfte

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Partiarisches Darlehen

Abwägungsgesichtspunkte- Kreditsicherheiten- Festzins neben einer Gewinnbeteiligung- Befugnis des Darlehensgebers, die Forderung

abzutreten- Fehlende Einflussmöglichkeit auf das Geschäft- Ausschluss einer Verlustbeteiligung- Jederzeitige Kündigungsmöglichkeit

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Stille Gesellschaft gem. §§ 230 ff. HGB

Handelsrechtlich: Bloße Innengesellschaft, d.h. Einlage in das Geschäft des Geschäftsinhabers, der das Geschäft auf eigenes Risiko betreibt. Der stille Gesellschafter wird angemessen am Ergebnis beteiligt. Eine Beteiligung am Verlust ist abdingbar. Der stille Gesellschafter haftet nur mit seiner Einlage und ist zu Nachschüssen nicht verpflichtet. Seine Kontrollrechte sind einem Kommanditisten vergleichbar. Weitgehend dispositives Recht, das Rechtsverhältnis kann daher stärker einem Darlehen oder auch einer gesellschaftlichen Beteiligung entsprechen.

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Typisch stille – atypisch stille Gesellschaft

Typ. stille Gesellschaft Atyp. Stille Gesellschaft

Häufig Mitarbeit oder gesonderte Mitsprache

Beteiligung an den stillen Reserven

Zumindest Kontrollrechte wie bei der typ. stillen Gesellschaft

Keine Mitarbeit

Keine Beteiligung an den stillen Reserven

Gewinn- und oder Verlustbet. biszur Höhe der Einlage

Verlustbeteiligung über die Einlage hinaus

Nur Kontrollrechte des § 233 Abs. 1 und 3 HGB

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Die Personengesellschaft im Einkommensteuerrecht• Steuersubjekt sind die Gesellschafter; die Gesellschaft selbst ist nicht

einkommensteuerpflichtig.• Die Gesellschaft ist Subjekt der Gewinnermittlung.• Ziel: Gleichlauf der Besteuerung des Gesellschafters mit dem Einzelunternehmer,

d.h. Sondervergütungen für Sonderleistungen stellen Gewinnentnahme dar; betriebsnotwendiges privates Vermögen wird einkommensteuerlich notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters.

• Verfahrensrechtliche Abwicklung: Die Gesellschaft gibt eine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ab. Aufgrund dieser Erklärung wird der Gesamtgewinn festgestellt und auf die Gesellschafter verteilt (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO). In den persönlichen Einkommensteuererklärungen wird der Gewinnanteil dann erfasst. Dieser Gewinnanteil kann im Rahmen eines Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid nicht mehr angegriffen werden. Der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung ist insoweit verbindlich.

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Zuordnung der Einkunftsart bei Personengesellschaften

• Ausgangspunkt: Welche Tätigkeit übt die Personengesellschaft aus?

• Bei einer Personenhandelsgesellschaft besteht eine gewisse Vermutung für eine gewerbliche Tätigkeit vgl. § 105 Abs. 1 HGB; allerdings Eintragung auch bei reiner Vermögensver-waltung denkbar (§ 105 Abs. 2 HGB)

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Zuordnung der Einkunftsart bei Personen-gesellschaften: Hier § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

• Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unter-nommene Tätigkeit einer Personengesell-schaft, wenn die Gesellschaft auch – eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder– gewerbliche Einkünfte wegen einer Beteiligung an

einer gewerblich tätigen Gesellschaft bezieht

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§ 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. EStG: Abfärbe-theorie bei Personengesellschaften• Wiederholung: Bei natürlichen Personen gilt die

Trennungstheorie, d.h. die verschiedenen Einkünfte werden gesondert qualifiziert.

• Bei Personenhandelsgesellschaften gilt die Abfärbe- oder Infektionstheorie. Wenn nur ein Teil der Einkünfte, der nicht völlig untergeordnet ist, gewerblich ist, sind sämtlich Einkünfte gewerblich infiziert.

• Beispiel: Eine Steuerberater GbR vertreibt Softwareprogramme für Steuerberater; eine GbR, die Grundstücke verwaltet (V+V), beteiligt sich an einer Personengesellschaft, die Grundstücke verwertet.

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§ 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. EStG und die Betriebsaufspaltung

Die A/B GbR vermietet verschiedene Wohnungen. Außerdem vermietet sie der A/B GmbH das Betriebsgrundstück. Der Gesamtumfang der Vermietungstätigkeit ist vermögensverwaltend.Problem: Durch die Betriebsaufspaltung erzielt die A/B GbR gewerbliche Einkünfte und infiziert damit den übrigen Geschäftsbereich.Gestaltungsmöglichkeit?

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Abwandlung Fall ESt 8:

Die Anwaltssozietät (GbR) nimmt den R mit seiner anwaltlichen Tätigkeit und seiner Inkassotätigkeit als neuen Partner auf. Die Insolvenzverwalter-tätigkeit gliedert R aus. Sie ist nicht Teil der neuen Sozietät. Im Rahmen einer Betriebsprüfung weist das Finanzamt die Sozietät darauf hin, dass von gewerblichen Einkünften ausgegangen wird. Zu Recht?

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§ 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. EStG: Abfärberegelung bei Beteiligung

• Bsp.: Eine SteuerberaterGbR beteiligt sich an einer OHG, die Software für Steuerberater vertreibt. Durch den Zufluss der gewerblichen Einkünfte wird die GbR ebenfalls gewerblich infiziert.

• Eine vermögensverwaltende GbR (Wohnungen) beteiligt sich an einer Personengesellschaft, die gewerblich Fremdgrundstücke bewirtschaftet

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§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG: gewerblich geprägte Personengesellschaft

• Voraussetzung:– nur Kapitalgesellschaften haften persönlich– nur diese, oder Personen, die nicht Gesellschafter

sind, sind zur Geschäftsführung befugt• Rechtsfolge: Unabhängig von der Art der

Betätigung liegen gewerbliche Einkünfte vor.

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Fall ESt 9: (FG Düsseldorf vom 12.08.2010, 12 K 2384/08 G; BFH vom 10.10.2012, VIII R 42/10)

Eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft wird in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betrieben. Die Kommanditisten, natürliche Personen, sind zur Geschäftsführung befugt. Die persönlich haftende Gesellschafterin, also die GmbH, enthält sich jedweder Tätigkeit. Die Gesellschaft führt ausschließlich Aufgaben aus, die Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern vorbehalten sind. Welche Art von Einkünften wird erzielt?

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Abwandlung Fall ESt 9

Die GmbH und Co KG vermietet nur Grundstücke. Das Ausmaß der Tätigkeit bewegt sich im Bereich der Vermögensverwaltung. Neben der GmbH wurde ein Kommanditist zur Geschäftsführung berufen.

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Die Zebragesellschaft

Klassischer Fall: Vermögensverwaltende GmbH & Co KG oder GbR, die entprägt wurde, d.h. gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht gewerblich geprägt wurde.1. Stufe: Feststellung der Einkünfte auf Ebene der Gesellschaft:

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Einkünfteermittlung entsprechend dem System der Überschusseinkünfte

2. Stufe: Feststellung der Einkünfte auf Ebene des Gesellschafters: Bei der GmbH liegen zwangsläufig Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

3. BFH GrS 2/02: Die Umqualizierung der Einkünfte vollzieht sich außerhalb der Zebragesellschaft im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafters.

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Fall ESt 10: FG Schleswig-Holstein vom 25.08.2011, 5 K 38/08

Die ABCD GbR vermietet Grundstücke. An der GbR sind die Gesellschafter A und B zu je 20 % beteiligt, die Gesellschafter C und D zu je 30 %. Zu den vermieteten Grundstücken gehört eine Spielhalle, die an die Y GmbH vermietet wird. An der Y GmbH sind C und D je hälftig beteiligt. Der Umsatz mit der Y GmbH beträgt 6 Prozent des gesamten Umsatzes der GbR. Die GbR ermittelt ihre Einkünfte auf Basis einer Einnahme-Überschuss-Rechnung. Ihr Jahresumsatz beträgt durchschnittlich T€ 300; der Gewinn T€ 30.Die Vermietungstätigkeit entspricht vom Umfang her einer vermögensverwaltenden Tätigkeit. Die Betriebsprüfung ist der Auffassung, die GbR erziele gewerbliche Einkünfte und veranlasst eine Umqualifikation der Einkünfte. Sie ist ferner der Auffassung, die GbR sei buchführungspflichtig. Durch die Feststellungen der Betriebsprüfung erhöht sich der Gewinn der GbR im geprüften Jahr durch die Einbuchung verschiedener Mietforderungen per 31.12.

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Fall ESt 11: Die missglückte Steuergestaltung: Teil IFamilienoberhaupt (FO) ist Bauunternehmer. Sein lukratives Hobby besteht in der Grundstücksentwicklung. Er geht davon aus, dass dann, wenn er die Grundstücke nicht persönlich entwickelt sondern unter Beteiligung seiner Familie (GbR), er eine Veräußerungsgewinnbesteuerung vermeiden kann, weil Einkünfte aus V+V vorliegen. Nachdem ihm ein Insolvenzverwalter ein günstiges Grundstück anbot, setzt er seinen Plan in die Tat um. Seine drei Kinder begleiten ihn pro Forma zum Notar und unterschreiben den Grundstückskaufvertrag. Die FO-GbR wird im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. FO finanziert den Erwerb und die Renovation mit einem nur auf ihn abgeschlossenen Darlehensvertrag. Er leitet die Renovation und sucht einen Käufer. Nach einem Jahr dürfen die Kinder ihn zum Verkauf erneut zum Notar begleiten. FO streicht einen beträchtlichen Veräußerungsgewinn ein und freut sich an seinem vermeintlich steuerfreien Gewinn und belächelt andere Unternehmer, die hierfür auch noch Steuerberater einsetzen.

Wie sähe die richtige Besteuerung aus?

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Die missglückte Steuergestaltung: Teil II

Das kommende Jahr war für FO nicht erfolgreich. Er erzielte in seinem Bauunternehmen einen hohen Verlust und entkommt knapp der Insolvenz. Der Verlustrücktrag ist dank der „genialen“ Steuergestaltung des Vorjahres wertlos.

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Die missglückte Steuergestaltung: Teil III

Noch ein Jahr später bekommen FO und seine Familienmitglieder unaufgeforderten Besuch zu unerträglich früher Stunde. Nach einer Beschlagnahme sämtlicher Unterlagen und mehrjähriger Prüfung kommt die Finanzverwaltung zu dem Ergebnis, • dass der Grundstücksveräußerungsgewinn als Spekulationsgewinn

steuerpflichtig ist und• dass die Kinder diesen Spekulationsgewinn anteilig zu versteuern haben.Nach Zugang der Einkommensteuerfestsetzungen melden die Kinder Insolvenz an. FO fragt nun den Steuerberater Teuer, wie er seine Kinder retten kann. Dieser legt für die GbR, vertreten durch FO, Einspruch ein. Die Finanzbehörde weist den Einspruch zurück, ohne auch nur die Kinder anzuhören. Tochter T des FO, die im 2. Semester Jura studiert, ist der Auffassung, sie hätte zumindest angehört werden müssen und sieht sich in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt.

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Vermögensverwaltende Personengesellschaft

• Voraussetzungen:Gesellschaft erzielt ausschließlich Überschusseinkünfte und ist nicht gewerblich geprägt.• RF: Die Einkünfte werden einheitlich und gesondert festgestellt nach den Regeln, die für die Überschusseinkunftsarten gelten, und entsprechend der quotalen Beteiligung zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).

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Zurechnung der Wirtschaftsgüter• Gewinneinkunftsarten: Die Gesellschaft ist Subjekt der

Gewinnerzielung. Ihr werden die Wirtschaftsgüter unmittelbar zugerechnet

• Überschusseinkunftsarten: § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO: Fiktion des Bruchteilseigentums. Dem einzelnen Gesellschafter wird seine Quote am Wirtschaftsgut unmittelbar zugerechnet. BGH vom 2.4.2008; IX ZR 18/06

• § 23 Abs. 1 S. 4 EStG: Die Anschaffung/Veräußerung einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gilt als Anschaffung/Veräußerung der Wirtschaftsgüter

• Im Falle des Verkaufs ist bei jedem Gesellschafter individuell zu prüfen, ob ein Einkünftetatbestand verwirklicht ist. Eine gesonderte Feststellung ist insoweit nicht möglich (BGH vom 21.1.2014, IX R 9/13)

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Veräußerungsvorgänge bei Vermögensverwaltung

• Bsp.: Die ABC GbR (je 1/3) veräußert ein Grundstück an die AB GbR (je ½). Es liegt ein Veräußerungsvorgang des C vor. Da er zu 1/3 beteiligt ist, ist in dieser Höhe zu prüfen, ob ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn vorliegt. Bei A und B liegen Erwerbsvorgänge i.H. einer Quote von 1/6 des Grundstücks vor. Der Rest gehörte ihnen schon vorher..

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Veräußerungsvorgänge bei Vermögensverwaltung

• Bsp.: Vermögensverwaltende AB GbR, an der A zu 75 % und B zu 25 % beteiligt sind. Diese Gesellschaft hält Anteile an der C-AG in Höhe von insgesamt 2 %, die verkauft werden. Liegt ein steuerpflichtiger Verkauf vor ?

• A: 75 % von 2 % sind1,5 % -> § 17 EStG• B: 25 % von 2 % = 0,5 % -> § 20 Abs. 2 Nr. 1

EStG

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Veräußerungsvorgänge bei Vermögensverwaltung

• Bsp.: Die Vermögensverwaltende AB GBR mietet ein Büro von A, der zu 75 % an der GbR beteiligt ist, und zahlt eine monatliche Miete von 200 €. Liegen Werbungskosten vor und wenn ja, in welcher Höhe?

• Das Büro ist ein Wirtschaftsgut. Es wird gedanklich nicht durch die GbR genutzt, sondern zu 75 % durch A und zu 25 % durch B. Soweit A die Immobilie nutzt, liegt eine nicht steuerbare Eigennutzung vor.

• 200 x 25 % = 50 € Werbungskosten• Vgl. BFH vom 18.5.2004, BStBl II 2004 898, für den Fall, dass

eine GbR einen Gesellschafter einen Büroraum überlässt

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Veräußerungsvorgänge bei Vermögensverwaltung

• Bsp.: A führt die Geschäfte der vermögensverwaltenden AB GBR und erhält hierfür eine Vergütung von 500 € mtl. Wie ist diese Vergütung zu qualifizieren

• Frage: Ist die Vergütung ein Vorabgewinn - Ausgleich für einen gesonderten Gesellschafterbeitrag iS des § 706 BGB oder Aufwand – Sondervergütung aufgrund eines gesonderten schuldrechtlichen Vertrags.

• BGB: Beides ist möglich. Maßgeblich, ob durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (dann im Rahmen der Gewinnverteilung zu berücksichtigen) oder aufgrund eines gesonderten Vertrags (dann sind die Mietkosten bei der GbR Werbungskosten und beim Gesellschafter Einnahmen aus V+V vgl. BFH VIII R 194/78, BStBl. II 81 510 unter 1d).

• § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gilt nicht!• Maßgeblich für Abgrenzung:

– Anerkennung der Vertragsfreiheit der Gesellschafter– Behandlung auf Ebene der Gesellschaft– Muss die Vergütung auch gezahlt werden, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird

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Wann liegt eine gewerbl. Personengesellschaft vor?

Gewerbliche Einkünfte der Gesellschafter liegen vor, wenn• Eine Gesellschaft besteht oder eine vergleichbare

Rechtsgemeinschaft• Gewerblichkeit des Rechtsgebildes• Gesellschafter oder vergleichbare Stellung• Mitunternehmerische Beteiligung des jeweiligen Gesellschafters

– Mitunternehmerinitiative (der typische Kommanditist hat die Möglichkeit der Stimmrechtsausübung §§ 161 II, 119 HGB, Widerspruchsrecht § 164 HGB und Kontrollrecht § 166 HGB)

– Mitunternehmerrisiko (zumindest Beteiligung am laufenden Gewinn und Verlust und an den stillen Reserven im Falle der Liquidation)

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Grundproblem der Personengesellschaften

• Prinzip der Transparenz/Alte Bilanzbündeltheorie: Es wird durch die Gesellschaft auf den einzelnen Gesellschafter durchgeschaut. Maßgeblich ist, ob bei ihm der steuerrechtliche Tatbestand erfüllt ist.

• Prinzip der Rechtssubjektivität der Personengesellschaft. Im Zivilrecht als eigenes Rechtssubjekt anerkannt. Im Steuerrecht nebulös als Gewinnerzielungssubjekt anerkannt.

• Rechtswirklichkeit im Steuerrecht: Zwischen beiden Polen!

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Anknüpfungspunkt im EStG

• Rechtlicher Ausgangspunkt: § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG:

• Frage: Soll § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nur sicherstellen, dass kein Steuersubstrat verloren geht oder handelt es sich um eine Qualifikations- und Zurechnungsnorm, die also auch dann gilt, wenn mehrere Subjekte miteinander agieren, die alle gewerblich tätig sind.

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Auslegungsprämisse der Rechtsprechung

Es darf auf keinen Fall Gewerbesteuersubstrat verloren gehen. Aus diesem Grund wird bei einer Leistungsbeziehung, die auch auf der anderen Seite zu den Gewinneinkünften gehört, teilweise danach differenziert, ob gewerbliche Einkünfte vorliegen.

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Gewinnermittlung bei der Personengesellschaft

Ausgangspunkt § 4 Abs. 1 S. 1 EStG:BV am Schluss des WJ

Abzgl. BV am Anfang des WJZzgl. EntnahmenAbzgl. Einlagen

Gewinn

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Zweistufige Gewinnermittlung

• Stufe 1: Ermittlung des Gewinns wie bei einem Einzelgewerbetreibenden, d.h. durch Betriebsvermögensvergleich korrigiert um Einlagen und Entnahmen. Einbeziehung des Ergebnisses etwaiger Ergänzungsbilanzen.

• Stufe 2: Addition der Sondervergütungen und der Ergebnisse der Sonderbilanzen der Gesellschafter

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Buchung von Sondervergütungen• Bsp.: An der AB OHG sind beide Gesellschafter zu 50 % beteiligt. A erhält für

die Geschäftsführung einer Vorabvergütung von 120 T€ (10 T€ mtl.). Ohne Berücksichtigung dieser Sondervergütung beträgt der Gewinn 1 Mio. €

• Buchhaltung Gesamtbilanz: Die Zahlung der Sondervergütung wird als Aufwand gebucht, mindert also den Gewinn der Handelsbilanz. Der quotal zu verteilende Gewinn ist daher entsprechend niedriger, beträgt also 880 T€

• Im Rahmen der Sonderbilanz des A wird sein Sonderbilanzgewinn ermittelt. Dieser Gewinn beträgt 120 T€.

• Im Rahmen der Gesamtbilanz/steuerlichen Gsamtrechnung ergeben sich folgende Gewinne:– A: ½ von 880 T€, also 440 T€ zzgl. 120 T€, also 560 T€– B: ½ von 880 T€, also 440 T€– Gesamtgewinn 1 Mio.€

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Handelsrechtliches Betriebsvermögen

• Alles, was der Handelsgesellschaft gehört. Die Handelsgesellschaften sind selbst rechtsfähig! Das Gesamthandsvermögen ist zivilrechtlich Eigentum der Gesellschaft.

• Alle Schulden, die die Gesellschaft aufgenommen hat, egal wo für.• Die Nutzung der Vermögensgegenstände spielt keine Rolle.

– Bsp.: Einfamilienhaus, in dem einer der Gesellschafter wohnt? Wenn von der Gesellschaft erworben und von der Gesellschaft finanziert, dann Gesellschaftsvermögen und in Bilanz anzusetzen.

• Nicht bilanziert wird alles, was der Gesellschaft nicht gehört. Bsp.: Fahrzeug des Gesellschafter-Geschäftsführers, das ausschließlich zu Gesellschaftszwecken genutzt wird.

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Steuerliches Betriebsvermögen

• Ausgangspunkt: Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz; alles, was der Gesellschaft nicht gehört, kann auch nicht Teil des steuerrechtlichen Gesamthandsvermögens sein (Gedanke der Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft)

• aber: Vermögen, das nicht den Gesellschaftszwecken dient, wird Privatvermögen; das von einem Gesellschafter genutzte EFH wird also zum Privatvermögen aller Gesellschafter

• Und: Konstruktion des Sonderbetriebsvermögens: Vermögen, das einem Gesellschafter gehört, aber der Gesellschaft dient oder der Beteiligung dient, muss bei der Ermittlung der Einkünfte des Gesellschafter berücksichtigt werden (Ableitung aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG: Qualifikationsnorm).

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Notwendiges Gesamthandsbetriebsvermögen

• Handelsrechtlich: Alle Wirtschaftsgüter die der Gesellschaft gehören.

• Steuerlich: Bewegliche Wirtschaftsgüter, die der Gesellschaft gehören. Massgeblichkeitsgrundsatz!Ausnahme: (Nahezu) ausschließliche private Nutzung.

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Gewillkürtes Gesamthandsbetriebsvermögen

• Bei Einzelunternehmen (steuerlich): Wirtschaftsgüter, die dem Unternehmer gehören und die zwischen 10 % und 50 % für betriebliche Zwecke genutzt werden und die zum Betriebsvermögen gewidmet worden sind (in der Regel durch Bilanzierung)

• Frage: Gibt es ein gewillkürtes Betriebsvermögen bei der Handelsbilanz? Nein, es kommt nur auf das Eigentum an. Keine Abgrenzung zur Privatsphäre.

• Frage: Gib es ein gewillkürtes Betriebsvermögen in der steuerlichen Gesellschaftsbilanz (Gewinnermittlung Stufe I)? BFH VIII B 115/93 nein: Maßgeblichkeitsgrundsatz (str.)

• Frage: Gib es ein gewillkürtes Betriebsvermögen in der Sonderbilanz: Ja, da hier dieselben Grundsätze gelten wie bei einem EU

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Typisches Sonderbetriebsvermögen II

• Darlehen zur Finanzierung der Beteiligung;• Vom Kommanditisten einer GmbH&Co KG

gehaltene Anteile an der GmbH arg.: Durch die Beteiligung an der Komplementär-GmbH erhält der Kommanditist Einfluss auf die Geschäftsführung. Die Einzelheiten des Sachverhalts sind zu prüfen.

• Anteile an einer Kapitalgesellschaft, zu der die Mitunternehmerschaft besonders enge wirtschaftliche Beziehungen hat (Einkaufsverband der Mitunternehmerschaft).

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Zurechnungskonflikte bei gewerblichen Vermögen

• Einzelunternehmen / Personengesellschaft• Der Mitgesellschafter A der AB OHG betreibt neben

seiner Beteiligung noch ein Einzelgewerbe. Ihm gehört ein Grundstück, dass neben dem Betriebsgelände der AB OHG liegt. Bisher diente das Grundstück als Lagerplatz und war damit notwendiges Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Er beabsichtigt nunmehr, dieses Grundstück leer zu räumen und der OHG als Parkplatz zu vermieten.

• Wo ist das Grundstück zu erfassen?

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Zurechnungskonflikte

• Heute ganz hM: § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG wird als Zurechnungsnorm verstanden, ordnet also an, dass das Wirtschaftsgut bei der Personengesellschaft, d.h. im Sonderbetriebsvermögen zu erfassen ist. Die Mietzahlungen sind anteilige Sonderbetriebseinnahmen des A.

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Zurechnungskonflikte

• Gewerbliche Schwesterpersonengesellschaften

• Die AB KG vermietet das Grundstück der der AB OHG. Nach Auffassung des BFH wird das Grundstück weiterhin bei der AB KG bilanziert. Die Mieteinnahmen stellen Einnahmen der AB KG dar.

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Zurechnungskonflikte

• Vermögensverwaltende und gewerbliche Schwesterpersonengesellschaften

• Die bloß vermögensverwaltende AB GbR vermietet das Grundstück der AB OHG. Nach der Rechtsprechung und der Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine mittelbare Überlassung durch die Gesellschafter A und B vor. Das Grundstück ist in dem jeweiligen Sonderbetriebsvermögen hälftig zu erfassen. Die Miete gehört zu den Sonderbetriebseinkünften.

• Problem: Abgrenzung zur Betriebsaufspaltung

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Zurechnungskonflikte

• Freiberufliche und gewerbliche Schwesterpersonengesellschaften

• Ergebnis ist offen!

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Kapitalkonten bei der Personengesellschaft

• Für jeden Gesellschafter werden mindestens 2 Kapitalkonten geführt.

• Kapitalkonto I: Festkapital, im Gesellschaftsvertrag festgelegtes Eigenkapital

• Kapitalkonto II: variables Kapitalkonto; hier werden Gewinne/Verluste und Privateinlagen und –entnahmen verrechnet. Dieses Konto wird häufig weiter aufgesplittet.

• Bezeichnungen sind nicht immer einheitlich.

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Korrespondenzprinzip

• In der Gesamthandsbilanz und in der Sonderbilanz muss der Sache und der Höhe nach korrespondierend bilanziert werden.

• Bsp.: A gewährt der AB OHG ein Darlehen. Da die OHG schwächelt, überlegt A, ob und ggfls. in welcher Höhe er die Darlehensforderung in seiner Sonderbilanz abschreiben könnte.

• Das Korrespondenzprinzip besagt, dass nicht nur der Art, sondern auch der Höhe nach gleich bilanziert werden muss. Auch das Korrespondenzprinzip wird aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgeleitet.

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Ergänzungsbilanzen

• Ergänzungsbilanzen dienen der steuerrechtlich notwendigen Korrektur der Gesamthandsbilanz, um für den einzelnen Gesellschafter ein zutreffendes Eigenkapital und damit einen zutreffenden Gewinn zu ermitteln.

• Eine Ergänzungsbilanz ist daher immer dann erforderlich, wenn die quotale Beteiligung des Gesellschafters an dem Gesamthandsergebnis zu einer unzutreffenden Besteuerung führen würde.

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Gründe, die zu einer notwendigen Ergänzungsbilanz führen können

• Einbringungsvorgänge iSd § 24 UmwStG• Entgeltlicher Erwerb von

Mitunternehmeranteilen• Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter in das

Gesellschaftsvermögen• Steuerrechtliche Sonderregelungen sind nur bei

einzelnen Gesellschaftern anwendbar/nicht anwendbar (AfA § 7 Abs. 5 EStG; Rücklage nach § 6b EStG)

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Sonderkorrekturen im Rahmen der Gewinnfeststellung auf Stufe I

• Aus Niehaus/Wilke, S. 101• An der A-OHG sind die A GmbH und A zu je 50 %

beteiligt. Die OHG erzielt einen Gewinn von insgesamt 200 T€. Zum Gesamthandsvermögen der OHG gehört eine Beteiligung von 20 % an der B GmbH. An die OHG erfolgt eine offene Gewinnausschüttung von 20 T€. Zur Finanzierung der Beteiligung nahm die OHG ein Darlehen über 200 T€ auf, für das sie Zinsen iHv 16 T€ zahlte und in ihrer Gewinnermittlung berücksichtigte.

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Wie sind die Einkünfte zu besteuern?

• Anteil der A-GmbH. Steuerfreiheit der anteiligen Gewinnausschüttung gem. § 8b Abs. 1 KStG, d.h. von 10 T€.

• § 8b Abs. 5 KStG: Erhöhung des Gewinns in Höhe von 5 % der Einnahmen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, d.h. i.H.v. 500 €

• Anteil A: 40 % sind steuerfrei gem. § 3 Nr. 40d EStG, d.h. 4000 €

• Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. § 3c Abs. 2 EStG: 40 % von 8.000 € = 3.200 €

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Wie wirkt sich dies auf die Gewinnermittlung aus?

• Aufteilung des vorläufigen Gewinns der Gesamthand: je 100 T€

• Korrektur bei der A-GmbH: Gewinnminderung 10 T€ und Gewinnerhöhung 500 €: Ergebnis der Gewinnkorrektur – 9,5 T€ Gewinnanteil A-GmbH Stufe I: 90,5 T€ (1oo T€ ./. 10 T€ + 500 €)

• Korrektur bei A: Gewinnminderung 4.000 €, Gewinnerhöhung 3.200 €: Ergebnis der Gewinnkorrektur: - 800 €; Gewinnanteil A Stufe I: 99,2 T€

• Gesamtgewinn Stufe I: 99,2 T€ zzgl. 90,5 T€ = 189,7 T€

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Sonderbilanzen

• Rechtlicher Ausgangspunkt § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG:

• Vergütungen, die der Gesellschafter für – seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft erhält,– die Hingabe von Darlehen oder– die Überlassung von Wirtschaftsgütern

• bezogen hat, dürfen den Gewinn nicht mindern (übersetzt: Sind auf der Ebene der Sonderbilanzen wieder zu addieren.)

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§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG/Sonderbilanzen

Aus dieser § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG wird zunächst abgeleitet: Alle Einnahmen und Ausgaben, die ihre Ursache in der Beteiligung an der gewerblich tätigen Personengesellschaft haben, sind, soweit sie nicht schon im Rahmen der Gewinnermittlung Stufe I berücksichtigt wurden, im Rahmen der Sonderbilanzen zu korrigieren. Aus dieser Norm wird ferner abgeleitet: Wenn die Ausgaben für die Überlassung von Wirtschaftsgütern zu korrigieren sind, muss auch die Zuordnung der Wirtschaftsgüter selbst korrigiert werden.

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Grenzen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG

• Kein Anwendungsfall des § 15 Abs. 1 Nr. 2 ist der Verkauf von Wirtschaftsgütern des Mitgesellschafters an die Gesellschaft.

• Arg. Wortlaut: Keine Tätigkeitsvergütung• Ist das Entgelt fremdüblich, bedarf es keiner

Korrektur der Gewinnermittlung.

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Idee des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG• Würde der Gesellschafter die gesondert vergüteten Leistungen

gegenüber Dritten erbringen, lägen Überschusseinkünfte vor. Diese Einkünfte werden als zum Gewerbebetrieb dazugehörig qualifiziert. Gedanklicher Vergleich mit Einzelunternehmer.

• Problem: Vergütungen, die Gesellschafter erhalten, die im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Einkünfte, freiberuflicher Einkünfte oder gewerblicher Einkünfte tätig werden

• Früher: Subsidiaritätstheorie: Fall des § 15 Abs. 1 Nr. 2 nur, wenn keine anderen gewerblichen Einkünfte

• Heute: Zurechnungsnorm; d.h. typischerweise auch gewerbliche Einkünfte im Rahmen der Personengesellschaften. Probleme in Randbereichen.

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Zusammenfassendes Beispiel zu Sonder- und Ergänzungsbilanzen

• (ähnlich Alpmann Schmidt, Weber-Grellet Bilanzsteuerrecht, Fall 54)• Bei der AB OHG richtet sich die Gewinnverteilung grundsätzlich nach dem

Stand der Kapitalkonten.• B hat seinen Anteil zum Ablauf des 30.06 aufgrund einer zu diesem Zeitpunkt

erstellten Zwischenbilanz erworben. Er führt die Kapitalkonten des Veräußerers C fort. Das Kapitalkonto I von A und C betrugen zu diesem Zeitpunkt je 60 T€. B zahlt aber wegen der schlechten Ertragslage nicht den vollen Kapitalanteil, sondern nur 35 T€. Den Kaufpreis hat er mittels Darlehen finanziert.

• Das Kapitalkonto II betrug bei beiden Gesellschaften jeweils 0. • Der Anteil an der OHG gehört zum Betriebsvermögen seines

Einzelunternehmens. B vermietet seit Jahren eine Lagerhalle an die OHG. Die Lagerhalle steht am 30.06 mit 260 T€ (gemeiner Wert: 320 T€) zu Buche; der Grund und Boden mit 180 T€ (gemeiner Wert: 300 T€).

• Wie sehen die Bilanzen der OHG am 1.7. aus?

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Gesamthandsbilanz OHG

Aktiva Passiva

Diverse Wirtschaftsgüter 120 T€

Kapitalkonto I A 60T€

Kapitalkonto I B 60 T€

Summe 120 T€ Summe 120 T€

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Ergänzungsbilanz des B

Aktiva Passiva

Minderbetrag des Kapitalkonto 25 T€

Verteilung des Minderbetrags auf die verschiedenen Wirtschaftsgüter, die auf der Aktivseite der Bilanz stehen 25 T€

Summe 25 T€ Summe 25 T€

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Sonderbilanz I des B

• Gem. § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG: Überführung zum Buchwert

Aktiva Passiva

Lagerhalle 260 T€ Sonderkapital 440 T€

Grund und Boden 180 T€

Summe 440 T€ Summe 440 T€

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Sonderbilanz II des B

Aktiva Passiva

Minderkapital 35 T€ Darlehen 35 T€

Summe 35 T€ Summe 35 T€

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Vermögensübertragungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter

• Gedanklicher Ausganspunkt• Einzelunternehmer: Derartige Übertragungen

werden über Entnahme und Einlage abgewickelt

• Kapitalgesellschaft: Je nach Gestaltung entweder Sacheinlage in die Kapitalrücklage oder Kauf/Verkauf

• Personengesellschaft: Kombination der verschiedenen Strukturen

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Definitionen

• Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben: betrieblich veranlasste Wertzugänge bzw. Wertabgänge

• Entnahmen/Einlagen: außerbetrieblich veranlasste Wertzugänge/Wertabgänge – Entnahme: § 4 Abs. 1 S. 2 EStG: Verwendung für

betriebsfremde Zwecke– Einlage: § 4 Abs. 1 S. 8 EStG: Zuführung für betriebliche

Zwecke– Begrifflich sind Entnahmen/Einlagen nicht nur zwischen

Betrieb und Privatsphäre möglich, sondern auch zwischen verschiedenen Betrieben desselben Steuerpflichtigen

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Systematik der Regelung der Entnahme

• Ausgangspunkt: § 4 Abs. 1 S. 2 EStG• Grundsätzliche Bewertung: § 6 Abs. 1 Nr. 4 S.1

EStG: Bewertung mit dem sog. Teilwert• Bewertung zum Teilwert bedeutet Aufdeckung

und Versteuerung der stillen Reserven. Bei Überführung in ein anderes Betriebsvermögen ist dies unerwünscht, weil das Wirtschafsgut weiterhin Betriebsvermögen bleibt. Sonderregelung in § 6 Abs. 5 S. 1 EStG

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Systematik der Bewertung der Einlage

• Ausgangspunkt: § 4 Abs. 1 S. 8 EStG• Grundsätzliche Bewertung: § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG

– Grundsatz: § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 HS 1 EStG: Bewertung zum Teilwert

– Besonderheit: § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 HS 2 EStG: Begrenzung des Wertes auf die Anschaffungskosten ggfls. gekürzt um die AfA (S.2); Bsp.: § 17 EStG

– Sonderregelung S.3 : Liegt der Einlage eine Entnahme aus einem anderen BV zugrunde, dann auch Bewertung der Einlage zum Buchwert. Vgl. die Regelung in § 6 Abs. 5 S. 1 EStG.

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Bsp.: Einlage einer wesentlichen Beteiligung

Sachverhalt: A ist an der X GmbH mit 5 % beteiligt. Diese Beteiligung legt er aus seinem Privatvermögen in das betriebliche Vermögen der ABC OHG ein. Er erhält keine Gegenleistung. Die Anschaffungskosten betrugen 10 T€. Der Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage beträgt 15 T€.• Bewertung der Einlage bei der OHG gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1

HS 2 b) EStG mit den Anschaffungskosten (Obergrenze der Bewertung).

• Besteuerung im Rahmen des § 17 EStG? Es liegt keine Veräußerung vor, da der Stpfl. kein Entgelt erhält.

• § 6 Abs. 5 EStG nicht anwendbar, da keine Einlage aus dem BV.

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Abwandlung• Der TW beträgt nicht 15 T€, sondern nur 5 T€• Bewertung der Einlage: § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 HS 1 EStG zum TW, also

5 T€• Problem: Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes im Rahmen

des § 17 EStG? Eine Erfassung eines Veräußerungsverlustes scheidet aus, da keine Veräußerung vorliegt.

• Korrektur: Vgl. BFH vom 2.9.2008 X R 48/02 und Weber-Grellet in L. Schmidt, § 17 Rn. 201: Eine Bewertung der Einlage entgegen dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 HS 2 EStG zu den Anschaffungskosten ist möglich, wenn die Einschränkungen bei der Berücksichtigung eines Verlustes gem. § 17 Abs. 2 S. 6 EStG dadurch nicht umgangen werden. Die Wertminderung wird demnach bei der Veräußerung der Beteiligung im Betriebsvermögen berücksichtigt.

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• § 6 Abs. 4 EStG• Unentgeltliche Übertragung zwischen den

Betriebsvermögen verschiedener Steuerpflichtiger aus betrieblichen Gründen (anderenfalls Einlage).

• Keine Anwendung bei Übertragungen zwischen Mitunternehmer und seiner Gesellschaft, soweit § 6 Abs. 5 EStG anwendbar.

• Bei Übertragendem kann eine Betriebsausgabe oder eine Entnahme vorliegen.

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• § 6 Abs. 5 EStG: Buchwertverknüpfung bei – Übertragung eines Wirtschafstgutes zwischen

mehreren BV desselben Steuerpflichtigen– Übertragung eines Witschaftsgutes vom BV des

Stpfl. in sein SonderBV und umgekehrt• RF: Buchwertverknüpfung• Rechtsdogmatisch einleuchtend: Die stillen

Reserven bleiben steuerverstrickt und werden weiterhin derselben Person zugeordnet.

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• § 6 Abs. 5 S. 3 Nrn. 1 und 2: • Unentgeltliche Übertragung zwischen BV des

Einzelunternehmens und der Mitunternehmerschaft und umgekehrt

• Unentgeltliche Übertragung zwischen dem SonderBV und dem Gesamthandsvermögen

• RF: BuchwertverknüpfungProblem: Bei dieser Übertragung können stille Reserven auf die anderen Gesellschafter übertragen werden. Eine Korrektur ist über Ergänzungsbilanzen möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben.

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• § 6 Nr. 5 S. 3 Nrn 1 und 2 EStG• Übertragung zwischen BV des Einzelunternehmens

und der Mitunternehmerschaft und umgekehrt gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschafterrechten

• Übertragung zwischen dem SonderBV und dem Gesamthandsvermögen gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschafterrechten

• RF: Buchwertverknüpfung

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• Die Gewährung/Minderung von Gesellschafterrechten führt zu einem tauschähnlichen Rechtsgeschäft.

• § 6 Abs. 5 EStG ist vorrangig vor § 6 Abs. 6 EStG anzuwenden.

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 3 EStG:• Buchwertverknüpfung bei

• Unentgeltlicher Übertragung zwischen den SonderBV der verschiedenen Mitunternehmer

• RF: Ein Überspringen stiller Reserven auf einen anderen Gesellschafter ist möglich. Denkbar wäre eine Korrektur über Ergänzungsbilanzen zu den Sonderbilanzen.

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStGUm zu verhindern, dass eine nach § 6 Abs. 5 EStG mögliche Übertragung dazu genutzt wird, Steuern insgesamt zu verkürzen, wird bei Verkäufen innerhalb der Sperrfrist eine Übertragung zum Teilwert rückwirkend angenommen.

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Sonderregelungen bei Übertragung im gewerblichen Bereich

• Gesellschafter A der AB OHG hat ein Grundstück im SonderBV der OHG, das die OHG als Parkplatz nutzt. Er bekommt eine sehr interessante Kaufofferte. Da sein Mitgesellschafter B sehr hohe Verlustvorträge hat, ersinnen beide folgende Lösung: A überträgt das Grundstück gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf die OHG. Die OHG verkauft anschließend das Grundstück. Der Veräußerungsgewinn soll nun anteilig dem B zugerechnet werden. Hier § 6 Abs. 5 S. 4 EStG!

• Wie wird die rückwirkende Änderung des Einbringungspreises

verfahrensrechtlich erfasst?• § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO

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Vermögensübertragungen zu fremdüblichen Bedingungen

• Qualifikation als entgeltliche Übertragung zwischen 2 verschiedenen Rechtssubjekten Gedanklicher Ausgangspunkt: Rechtssubjektqualität der Personengesellschaft im Rahmen des zivilrechtlichen Veräußerungsvorgangs.

• Keine Anwendung der Vorschriften über Entnahme und Einlage

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Vermögensübertragungen zu fremdüblichen Bedingungen

• Bsp: Gesellschafter A verkauft ein Grundstück an die AB OHG zu einem fremdüblichen Preis:

• Die AB OHG bilanziert das Grundstück in ihrer Gesamthandsbilanz zu AK

• Bei A ist zu prüfen, ob Spekulationseinkünfte (wenn Grundstück zu keinem Betriebsvermögen gehörte) vorliegen. Gehörte das Grundstück zu einem Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen, dann ist der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig.

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Vermögensübertragung zu einem erhöhten Preis

• Der Betrag, der den Teilwert übersteigt, wird nach den Grundsätzen von Entnahme und Einlage behandelt.

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Übertragungen gegen Gewährung von Gesellschaferrechten

• Wann liegt eine Übertragung gegen Gewährung von Gesellschafterrechten vor? Abgrenzung zum unentgeltlichen Geschäft und Abgrenzung zum (normal) entgeltlichen Geschäft

• Gesellschafterrechte werden gewährt, wenn sich die Stimmrechte und/oder die Gewinnbezugsrechte erhöhen.

• Maßgeblich ist in aller Regel die Buchung. Wird der Zugang auf dem Kapitalkonto I des Gesellschafters gebucht, das für seine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen maßgeblich ist, dann erhöhen sich die Gesellschafterrechte. Berührung des für die Beteiligung maßgeblichen Kapitalkontos!

• Wird auf einem Darlehenskonto gebucht, dann liegt – wegen des Auszahlungsanspruchs des Darlehens – ein voll entgeltliches Geschäft vor.

• Wird auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gebucht, dann liegt regelmäßig ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vor.

• BMF vom 11.7.2011, BStBl I 713

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Übertragungen gegen Gewährung von Gesellschaferrechten

Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann eine Übertragung gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auch vorliegen, wenn der Gesellschafter (1 Mann GmbH & Co KG) zu 100 % beteiligt ist.

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Fall 1: Übertragung gegen Gesellschafterrechte

• Der Gesellschafter überträgt ein Wirtschaftsgut seines PV in das Gesamthandsvermögen gegen Gewährung von Gesellschafterrechten

• § 6 Abs. 5 S. 3 Nrn. 1-2 EStG (-), weil vorher kein BV• § 6 Abs. 6 EStG: Bewertung mit dem Wert des

hingegebenen Wirtschaftsguts im Betriebsvermögen• Bei Gesellschafter § 17, § 20 Abs. 2 oder § 23 prüfen

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Fall 2: Übertragung gegen Gesellschafterrechte

• Übertragung von der Gesellschaft auf den Gesellschafter. Das Wirtschaftsgut wird beim Gesellschafter Privatvermögen. Die Beteiligung wird entsprechend vermindert.

• Im Ausgangspunkt gleiche Betrachtung wie Fall 1. § 6 Abs. 5 S. 3 Nrn 1 und 2 EStG nicht anwendbar, sondern gem. § 6 Abs. 6 EStG tauschähnlicher Umsatz. Veräußerungsvorgang auf Ebene der Gesellschaft mit Gewinnrealisierung.

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Fall 3: Übertragung gegen Gesellschafterrechte

• Übertragung vom Gesellschafter auf die Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschafterrechten, Wirtschaftsgut war vorher Betriebsvermögen

• Es liegt zwar ebenfalls ein tauschähnlicher Umsatz vor, aber Bewertungsregel des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1: Dh keine Bilanzierung wie ein entgeltliches Geschäft, sondern zwingende Buchwertverknüpfung.

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Buchwertfortführung bei der Personengesellschaft?

• Buchwertfortführung bedeutet, dass sich bei Addition sämtlicher Bilanzwerte der fortgeführte Buchwert ergeben muss.

• Die Buchwertfortführung kann in der Gesamthandsbilanz erfolgen oder über eine Ergänzungsbilanz erreicht werden.

• Das bedeutet, dass die Gesellschafter hier einen Gestaltungsspielraum haben. Dieser Gestaltungsspielraum wird vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen.

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Bsp.: Buchwertfortführung

A überträgt aus dem Vermögen seines Einzelunternehmens ein unbebautes Grundstück gegen Gewährung von Gesellschafterrechten in die AB OHG. Fortgeführter Buchwert 36 T€; TW 45 T€. Wie kann einer Buchwertverknüpfung Rechnung getragen werden?• 1. Möglichkeit: Buchung in der Gesamthandsbilanz je 36T€ auf

Kapitalkonto I und unbebautes Grundstück.• 2. Möglichkeit: Buchung in der Gesamthandsbilanz je 45 T€ auf

Kapitalkonto I und unbebautes Grundstück sowie Buchung in der Ergänzungsbilanz unbebautes Grundstück – 9 T€ und Eigenkapital -9 T€

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Fortführung des Beispiels

Die AB OHG verkauft das Grundstücks für 50 T€:• 1. Möglichkeit: 14 T€ Gewinn in

Gesamthandsbilanz; Quotale Aufteilung auf beide Gesellschafter

• 2. Möglichkeit: 5 T€ Gewinn in Gesamthandsbilanz und 9 T€ Gewinn in Ergänzungsbilanz des A. Falls A zu 50 % beteiligt ist, erhält wird ihm in der Summe ein Veräußerungsgewinn von 11,5 T€ zugerechnet und B von 2,5 T€

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Beispiel Buchwertfortführung (vgl. Niehus/Wilke S. 197)

• A überträgt aus dem Vermögen seines Einzelunternehmens ein unbebautes Grundstück gegen Gewährung von Gesellschafterrechten in die AB OHG. Fortgeführter Buchwert 36 T€; TW: 45 T€.

• A und B waren vor der Einbringung des Grundstücks zu je 50 % an der OHG beteiligt. Die Gesamtbilanz sieht vor der Einbringung folgendermaßen aus:

Geschäftswert 90 T€ EK I A 0 T€

Sonst. WG 0 T€

0 T€ EK I B 0 T€

Summe 0 T€

90 T€ Summe 0 T€

Aktiva BW TW Passiva

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Veränderung der materiellen Berechtigung am GV

Nach der Einbringung ändert sich die materielle Berechtigung am Gesellschaftsvermögen. Das Gesamtvermögen zu Verkehrswerten beträgt nunmehr 135 T€. Der Anteil des A ist 90 T€ und der Anteil des B 45 T€ (2/3 zu 1/3).

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Auswirkungen auf die Bilanzen

Die Gesamthandsbilanz bei Buchwertfortführung sähe zunächst wie folgt aus:

Geschäftswert 90 T€ EK I A 36 T€

Sonst. WG 0 T€

0 T€ EK I B 0 T€

Unbeb.. Grundst. 36 T€

45 T€

Summe 36 T€

135 T€ EK gesamt 36 T€

Aktiva BW TW Passiva

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207

Auswirkungen für B

• Die Aufteilung eines Veräußerungserlöses würde nach dem Verhältnis der Kapitalkonten erfolgen. B würde leer ausgehen

• Vor der Einbringung des Grundstücks hätte B 45 T€ vom Veräußerungserlös erhalten. Durch die Aufstockung der Beteiligung des A ginge dem B daher eine Beteiligung am Veräußerungserlös (sein Anteil an dem bisher verdienten Geschäftswert) i.H. von 45 T€ verloren.

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Ausgleichung der Kapitalkonten entsprechend der Beteiligung

Die Ausgleichung kann in der Gesamthandsbilanz erfolgen durch Ausgleich der Kapitalkonten entsprechend dem Verhältnis der Verkehrswerte, hier 2/3 A und 1/3 B.

Geschäftswert 0 € 90 T€ EK I A 2/3 24 T€

Sonst. WG 0 € 0 T€ EK I B 1/3 12 T€

Unbeb.. Grundst. 36 T€ 45 T€

Summe 36 T€ 135 T€ EK gesamt 36 T€

Aktiva BW TW Passiva

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209

Ungerechte Verteilung der stillen Reserven

• Diese Aufteilung würde nun allerdings nicht beachten, dass in dem Grundstück latente Ertragsteuerlasten enthalten sind und die B benachteiligen würden. Auf ihn würden latente Ertragsteuerlasten des A aus dem eingebrachten Grundstück auf einen Mehrwert von 9 T€ (Differenz Verkehrs- zu Buchwert) übergehen. Wenn das Grundstück zum Verkehrswert übertragen worden wäre, hätte A diesen Gewinn versteuern müssen.

• Diese Problematik könnte dadurch umgangen werden, dass dieses Steuerpotential dem A über eine negative Ergänzungsbilanz zugeschrieben würde.

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Gesamthandsbilanz bei Zurechnung der stillen Reserven in einer Ergäzungsbilanz

Geschäftswert 0 T€ 90 T€ EK I A 30 T€

Sonst. WG 0 T€ 0 T€ EK I B 15 T€

Unbeb. Grundst. 45 T€ 45 T€

Summe 45 T€ 135 T€ Summe 45 T€

Aktiva BW TW Passiva

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Ergänzungsbilanz des A:

Aktiva Passiva

Negatives Kapital 9 T€ Minderwert Grundstück 9 T€

Jetzt wird ein etwaiger Veräußerungsgewinn zutreffend verteilt. Außerdem muss A jene stillen Reserven versteuern, die bei Einbringung des Grundstücks bereits steuerverstrickt waren. Also ist insoweit eine allseits gerechte Lösung gefunden.

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212

Stille Reserven im Firmenwert?

• Es bleibt aber ein Problem: Auch der Firmenwert enthält stille Reserven. Dadurch, dass die Beteiligung des A aufgestockt wurde, ist ein Teil dieser stillen Reserven von B auf A übergegangen.

• Vor der Einbringung hätten sich die stillen Reserven zu je 50 % auf die Gesellschafter verteilt, jeder hätte 50 % (45 T€) versteuern müssen.

• Nach der Einbringung entfallen auf A 2/3 (60 T€) und auf B 1/3 (30 T€). Stille Reserven von 15 T€ haben gewechselt. Auch dies kann über Ergänzungsbilanzen ausgeglichen werden.

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Ergänzungsbilanzen, wenn der Wechsel sämtlicher stiller Reserven ausgeglichen wird

• Ergänzungsbilanz des A

• Ergänzungsbilanz des B

Aktiva PassivaMehrwert Firmenwert 15 T€ Minderw. Grundst. 9 T€

Ergänzungskapital 6 T€

Aktiva PassivaMinderkapital 15 T€ Minderw. Firmenwert 15 T€

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Unentgeltliche Übertragung• Unentgeltlich ist eine Übertragung, die weder gegen Gewährung von

Gesellschafterrechten noch gegen ein anderes Entgelt erfolgt. Zum Entgelt gehören die Übernahme von Verbindlichkeiten oder die Begründung einer Darlehensverbindlichkeit.

• Bei Personengesellschaften maßgeblich, auf welchem Gegenkonto der Wert des eingebrachten WG gebucht wird.

• Buchung auf Darlehenskonto: entgeltlich• Buchung auf Kapitalkonto I: Tauschähnlich, weil Gewährung von

Gesellschafterrechten• Buchung auf Kapitalkonto II: Es kommt auf die rechtliche Ausgestaltung an• Buchung auf gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto: unentgeltlich• Problem: Gerade bei Personengesellschaften fehlt es häufig an einer sauberen

Absprache.• Problem: Die Buchführung muss nicht der Absprache der Gesellschafter

entsprechen. Daher muss zunächst geklärt werden, was die Gesellschafter konkret vereinbart haben.

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RF bei unentgeltlicher Übertragung vom Gesellschafter auf Gesellschaft

• Buchwertfortführung § 6 Abs. 5 EStG, wenn Wirtschaftsgut aus einem anderen Betriebsvermögen eingelegt wird. Über eine Ergänzungsbilanz können dem Einlegenden die bisher verdienten stillen Reserven zugeordnet werden.

• Wird Wirtschaftsgut aus dem Privatvermögen eingelegt, dann § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG: Bewertung zum Teilwert. Begrenzung auf die (fortgeführten) AK bzw. HK, wenn das WG innerhalb der letzten 3 Jahre angeschafft oder hergestellt wurde oder § 17 oder § 20 Abs. 2 EStG

• Ziel der Einschränkung: Im Privatvermögen entstandenen stillen Reserven bleiben steuerverhaftet.

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RF bei unentgeltlicher Übertragung von der Gesellschaft auf den Gesellschafter

• Buchwertfortführung bei unentgeltlicher Übertragung in ein Betriebsvermögen § 6 Abs. 5 EStG

• Teilwert bei Entnahme ins Privatvermögen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

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Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften

• Erbitterter Streit, ob § 6 Abs. 5 EStG anwendbar, ob also eine Buchwertverknüpfung möglich ist.

• BFH gespalten. • Lit. wohl überwiegend der Auffassung, dass zumindest dann, wenn nicht nur die

Personen, sondern auch die Beteiligungsverhältnisse identisch sind, eine Buchwertverknüpfung analog § 6 Abs. 5 S. 1 EStG möglich ist.

• Arg.: Steuerpflichtig ist der Mitunternehmer. Es kommt hier nicht zu einer Übertragung der stillen Reserven.

• Finanzverwaltung: Stellt auf die Verselbständigung der Personengesellschaft ab. Das Wirtschaftsgut wird einem anderen Rechtsträger zugeordnet. Daher keine Buchwertverknüpfung. Bewertung bei der übernehmenden Personengesellschaft gem. § 6 Abs. 4 EStG. Bewertung bei der übertragenden Personengesellschaft wie eine Entnahme.

• BFH vom 10.04.2013, I R 80/12 Rn.: 19 ff. § 6 Abs. 5 EStG ist nicht anwendbar, weder S. 1 noch S 3 noch analog.

• RF: Verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Schwesterpersonengesellschaften• Deswegen Vorlage ans BVerfG

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Teilentgeltliche Übertragung• Ausgangspunkt: Das Entgelt ist weniger als der Wert des

übertragenen Wirtschaftsgutes.• Problem: Gesellschafterrechte

– Ausgangspunkt § 6 Abs. 6: Tausch, d.h. der Wert der Gesellschafterrechte ist das (Teil)-Entgelt

– Aber: Bei Übertragung aus dem betrieblichen Bereich, Behandlung wie ein unentgeltliches Rechtsgeschäft, soweit Gesellschafterrechte Gegenleistung sind.

• Bsp.: A überträgt an die AB OHG ein Grundstück und erhält im Gegenzug Gesellschafterrechte. Das Grundstück ist 100 T€ wert. Er erhält Gesellschafterrechte im Wert von 50 T€. Stammt das Grundstück aus dem PV, liegt ein teilentgeltliches RG vor, stammt es aus einem BV des A, wird es wie ein unentgeltliches RG beurteilt.

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Fallgestaltung (Niehus/Wilke, Beispiel 66):

• A ist mit 60 %, B mit 40 % an der AB OHG beteiligt. A veräußert an die AB OHG ein unbebautes Grundstück, dessen Teilwert 15 T€ beträgt für 10 T€. Er hatte das Grundstück vor 2 Jahren für 10 T€ erworben. Das Grundstück wird von der AB OHG fortan betrieblich genutzt. C nutzte das Grundstück zuvor– Privat als Wochenendgrundstück,– Lagerplatz für sein Einzelunternehmen– Vermietung an die AB OHG

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Aufteilung Entgeltlich/Unentgeltlich

• Strickte Trennungstheorie: Die Übertragung erfolgt zu 2/3 entgeltlich, zu 1/3 unentgeltlich.

• BFH alt/Finanzverwaltung: Aufteilung nach Bruchteilen, d.h. dem Veräußerungspreis von 10 T€ (2/3 von 15 T€) werden die Anschaffungskosten von 6,6 T€ (2/3 von 10 T€) gegenüber gestellt. Veräußerungsgewinn damit 3,3 T€.

• BFH neu? (Senate sind sich nicht einig): Maßgeblich ist ein Vergleich des Preises mit dem Buchwert. Wird der Buchwert nicht überschritten, liegt insgesamt ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vor (BFH vom 21.6.2012, BFH/NV 2012, 1536, und vom 19.9.2012, BFH/NV 2012, 1880).

• Aktuell: Beschluss des 10. Senats, in dem das BMF aufgefordert wird, dem Verfahren beizutreten vom 19.03.2014 zur Frage ob eine strikte oder eine modifizierte Trennungstheorie gilt Az.: X R 28/12.

• Wir folgen der strikten Trennungstheorie. Es ist ein Veräußerungsgewinn entstanden.• Unentgeltlich wurde ein Vermögenswert von 5 T€ übertragen, entgeltlich einer von

10 T€.

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Beurteilung bei der OHG• Bei Übertragung eines WG aus dem PV ist der unentgeltliche Teil als

verdeckte Einlage nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 mit dem Teilwert zu bewerten. Aber § 6 Abs. 1 Nr. 5 a): Hier anteilige AK, da Anschaffung innerhalb der letzten 2 Jahre, also 1/3 von 10 T€, also 3,3 T€

• Bei Übertragung aus dem Einzelunternehmen ist hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Anteils nach § 6 Abs. 5 EStG eine Buchwertverknüpfung anzunehmen, also Fortführung des Buchwertes iH von 1/3 von 10.000 = 3,3 T€. Denkbar wäre es, in der Gesamthandsbilanz einen Wert von 5 T€ anzusetzen und den Differenzbetrag in eine negative Ergänzungsbilanz einzustellen, um die stillen Reserven sachgerecht zu verteilen.

• Bei vorheriger Vermietung an die AB OHG liegt SBV vor. Auch hier Fortführung des Buchwertes i.H.v. 3,3 T€

• Hinsichtlich des entgeltlichen Teils Bilanzierung zu AK, d.h. zu 10 T€. Insgesamt wird das Grundstück daher mit 13,3 T€ bewertet.

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Beurteilung bei A

• Bei Übertragung aus dem PV können Spekulationseinkünfte vorliegen. Maßgeblich, ob zu eigenen Wohnzwecken genutzt (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG). Unbebautes Land dient nicht eigenen Wohnzwecken (Weber-Grellet, in: Ludwig Schmidt, § 23 Rn. 18). Da Veräußerung innerhalb der 10-Jahresfrist, steuerpflichtig. Wegen des unentgeltlich übertragenen Teil ist § 23 Abs. 1 S. 5 EStG zu beachten.

• Bei Übertragung aus dem Betriebsvermögen ist der Veräußerungsgewinn ebenfalls steuerpflichtig; soweit unentgeltlich übertragen wird, Buchwertverknüpfung, d.h. Ausbuchung zum Buchwert.

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Außergewöhnliche Belastungen §§ 33 ff EStG

• Allgemeine Regelung in § 33• Besondere Regelung in § 33 a EStG für

Unterhalt und Ausbildung• Besondere Regelung in § 33 b EStG:

Pauschbeträge für Hinterbliebene, Behinderte und Pflegepersonen

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Außergewöhnliche Belastungen iS des § 33 EStGVoraussetzungen• Aufwendungen – bewusste und gewollte Vermögensminderung -,• Kein Gegenwert: Wenn infolge der Aufwendungen dem Stpfl. ein Gegenwert zufließt, dann

grundsätzlich keine Belastung, sondern bloße Umschichtung.• Problem: Wenn man bewusst und gewollt Geld ausgibt, gibt es fast immer einen Gegenwert.• Der BFH sieht die Gegenwerttheorie inzwischen selbst kritisch BStBl. 2010 II 280; behindertengerechter

Umbau eines Hauses• Jedenfalls diverse Ausnahmen

– Anschaffung medizinischer Hilfsmittel, die nicht marktgängig sind– Beseitigung von Schäden an Vermögensgegenständen – verlorener Aufwand

• keine Werbungskosten, Betriebsausgaben oder Sonderausgaben• außergewöhnlich (größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrheit bei vergleichbaren

Einkommensverhältnissen, vergleichbaren Vermögensverhältnissen und vergleichbaren Familienstand)• zwangsläufig; wenn sich der Stpfl. aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht

entziehen kann und soweit die Aufwendungen notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen., insbesondere Krankheitskosten

• Übersteigen der zumutbaren Belastung• Antrag• Hinweis: Neuregelung der Prozesskosten in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG

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Einkünfte aus KapitalvermögenGrund des GestaltungsungetümsIdeen der Steuer: • Abgeltungssteuer an der Quelle, um Steuerhinterziehung zu vermeiden;• Besteuerung auch der Vermögenszuwächse, um Gestaltungen zu

vermeiden, bei denen die Erträge in die Substanzgewinne verschoben werden.

Folge:Eine völlig unsystematische Einkunftsart, die zumindest nicht mehr den Überschusseinkunftsarten zugerechnet werden kann. Unterschiedliche Besteuerungsmodelle, je nachdem ob die Kapitaleinkünfte den Gewinneinkünften zuzurechnen sind, dann Teileinkünfteverfahren, oder als Kapitaleinkünfte versteuert werden oder kraft Optionsausübung doch dem Teileinkünfteverfahren obliegen oder auf Antrag der Regelbesteuerung unterworfen werden.

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Grundsätzliche Funktionsweise der Steuer

• Keine Unterscheidung zwischen laufenden Einkünften und Veräußerungsgewinnen

• Einheitlicher Steuersatz von 25 % und keine Einberechnung in die Summe der Einkünfte

• Diverse Antragswahlrechte, um Unbilligkeiten im Einzelfall auszuschließen

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Steuerobjekt der Kapitaleinkünfte

• § 20 EStGInsbesondere Zinsen, Gewinnausschüttungen, Veräußerungsgewinne, Versicherungserträge

• Vorrangregelung: § 20 Abs. 8 EStG: Soweit die Kapitaleinkünfte zu einer der Gewinneinkunftsarten oder zu V+V gehören, unterliegen sie nicht der Besteuerung der Kapitaleinkünfte.

• Anm.: § 17 EStG nicht vergessen. Die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft von zumindest 1 % wird den gewerblichen Einkünften gleich gestellt.

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Optionsmöglichkeiten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

• § 32 d Abs. 2 Nr. 3 EStG: Bei einer Beteiligung von zumindest 25 % oder von 1 % und einer beruflichen Betätigung für die Gesellschaft kann zum Teileinkünfteverfahren optiert werden.

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Berechnung der Bemessungsgrundlage der Kapitaleinkünfte• Grundsatz: Der Werbungskostenabzug ist gesondert geregelt

durch § 20 Abs. 9 EStG: Bei der Ermittlung wird ein Werbungskostenpauschbetrag von 801 € abgezogen. Der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ausgeschlossen.

• Bei einer Beteiligung von mindestens 25 % können auf Antrag höhere Werbungskosten geltend gemacht werden § 32 d Abs. 2 Nr. 3 S. 2 EStG. Gleiches gilt bei einer Beteiligung von zumindest 1 % und beruflicher Betätigung für die Gesellschaft.

• Außerdem besondere Regeln in § 20 Abs. 4 EStG zur Berechnung des Veräußerungsgewinns.

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Steuertarif und Steuererhebung der Kapitaleinkünfte

• Steuertarif: § 32 d EStG: 25 %• Steuererhebung: §§ 38 ff.: Abzugsverfahren an der

Quelle• Grundsätzlich keine Steueranrechnung, weil § 32 d

Abs. 1 EStG eine abschließende Regelung darstellt.• Ausnahme: § 32 d Abs. 6 EStG: Auf Antrag werden

die Kapitaleinkünfte den Einkünften des § 2 hinzugerechnet und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen

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Besteuerungssystematik bei Kapitaleinkünften im Rahmen einer Gewinneinkunftsart

• Steuerobjekt: Sämtliche Vermögensmehrungen im Zusammenhang mit Bankkonten; Beteiligungen an Kapitalgesellschaften etc.– Besonderheit: § 17 EStG bei Beteiligungen von zumindest 1 % gehört der

Veräußerungsgewinn selbst dann zu den gewerblichen Einkünften, wenn die Beteiligung i.ü. dem Privatvermögen zuzurechnen ist.

• Steuerbefreiungen: § 3 Nr. 40: Teileinkünfteverfahren; 40 % steuerbefreit. Korrespondierend § 3 c EStG nur anteiliger Abzug von Betriebsausgaben.

• Steuertarif: Normale Besteuerung nach Tabelle• Steuererhebung: §§ 38 ff; Abzugsverfahren

Kapitalertragsteuer mit Steueranrechnung im Veranlagungsverfahren (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

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Systematischer Vergleich des Teileinkünfteverfahren mit der Abgeltungssteuer

BeispielsfallA ist zu 100 % an der A-GmbH beteiligt. Die A GmbH erzielt einen Gewinn von 100.000 €, den sie zu 100 % an den A ausschüttet. Die A-GmbH muss zunächst Körperschaftsteuer (15 %), Soli und GewSt abführen. Diese Belastungen belaufen sich geschätzt auf 30 %. Für die Ausschüttung stehen damit 70.000 zur Verfügung.

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Besteuerung unter Berücksichtigung der AbgeltungsteuerA kann von seinen Kapitaleinkünften den Sparerfreibetrag von 801 € abziehen; den Abzug höherer Werbungskosten schließt § 20 Abs. 9 S. 1 EStG zwar grundsätzlich aus. Da A jedoch zu mehr als 25 % beteiligt ist, kann er gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG auf Antrag höhere Werbungskosten geltend machen, wenn er denn welche hat. Ein Betrag von 69.199 € ist bei Ansatz des Werbungskostenpauschbetrages zu versteuern. Die Abgeltungsteuer beträgt 25 % (§ 32 d Abs. 1 S. 1, d.h. 17.300 €). Die Gesamtsteuerbelastung auf die € 100.000 beträgt damit etwa 47.300. Gem. §§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 43a Abs. 1 Nr. 1 muss die A-GmbH die Kapitalertragsteuer an der Quelle abführen. A kann diese Einkünfte im Rahmen der Veranlagung erklären, um etwa einen Verlustvortrag noch auszuschöpfen (§ 32 d Abs. 4) oder einen günstigeren individuellen Steuertarif (§ 32 d Abs. 6 EStG) auszunutzen.

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Besteuerung unter Berücksichtigung des TeileinkünfteverfahrensBesteuerungssystematik bei Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, etwa wenn die Beteiligung zu einem Betriebsvermögen gehört.• Prämissen: Der individuelle Steuersatz beträgt 43 % (incl. Soli). Betriebsausgaben sind im

Zusammenhang mit der Beteiligung nicht angefallen.• Die Ausschüttung an A unterliegt nicht der Besteuerung als Kapitaleinkünfte (§ 20 Abs. 8

EStG). Trotzdem ist die Kapitalertragsteuer an der Quelle einzubehalten (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG iVm § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Unbeachtlich ist daher zunächst, dass die Einkünfte beim A solche aus Gewerbebetrieb sind; § 43 Abs. 4 EStG.

• Allerdings tritt die Abgeltungswirkung nicht ein (§ 43 Abs. 5 S. 2 EStG); d.h., diese Kapitalerträge sind im Rahmen der Einkommensteuer zu erklären und mit dem individuellen Steuersatz zu versteuern. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG ordnet die Anrechnung der abgeführten Kapitalertragsteuer an.

• Bei der Besteuerung ist § 3 Nr. 40d EStG zu beachten. Die Bemessungsgrundlage erhöht sich infolge des Teileinkünfteverfahrens um 60 % der Einnahmen (€ 70.000), d.h. um 42.000. Da der individuelle Steuersatz 43 % beträgt, muss er € 18.060 an Steuern zahlen.

• Die Gesamtsteuerbelastung beträgt etwa € 48.000 (30.000 € auf Ebene der Körperschaft und 18.000 auf Ebene des Anteilseigners).

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Sonderfall Veräußerungsgewinne

Veräußerungsgewinne unterliegen grundsätzlich der gleichen Besteuerungssystematik wie laufende Gewinne. Eine Besonderheit besteht allerdings bei Beteiligungen von zumindest 1 % gem. § 17 EStG. Die Veräußerung derartiger Beteiligungen gilt als gewerblich und führt damit zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, auch wenn die Beteiligung selbst im Privatvermögen gehalten wurde.

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Systematik der Körperschaftsteuer

• Besteuerung des Gewinns auf Ebene der Kapitalgesellschaft mit 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) zzgl. Soli.

• Bei Ausschüttung an den Anteilseigner – natürliche Person – wird entweder durch die Abgeltungssteuer von 25 % zzgl. Soli die Einkommensbesteuerung sichergestellt. Bei Einkünften in einem Betriebsvermögen findet hingegen das Teileinkünfteverfahren Anwendung, d.h. 60 % der Einkünfte werden mit dem individuellen Steuersatz besteuert.

• Bei Ausschüttung an einen Anteilseigner, der selbst Körperschaftsteuersubjekt ist, werden die Einnahmen zu 95 % steuerfrei gestellt; 5 % gelten als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, erhöhen also den steuerpflichtigen Gewinn (§ 8b KStG). Die Steuerbefreiung gilt auch für Veräußerungsgewinne (§ 8 b Abs. 2 KStG).

• Verfahren: Die Dividenden werden bei der Ausschüttung der Abgeltungsteuer unterworfen und im Rahmen der Veranlagung angerechnet (§ 31 KStG iVm § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

• Ausschüttungen an den Anteilseigner stellen eine Gewinnverwendung dar und dürfen somit den Gewinn nicht mindern. Dies gilt insbesondere für verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl. § 8 Abs. 3 KStG).

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Art der Einkünfte und Bemessungsgrundlage• § 7 Abs. 1: Zu versteuerndes Einkommen; im wesentlichen

der Gewinn, der sich nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts ergibt (§§ 7 Abs. 2, 8 KStG). Auch die Vorschrift des § 4 Abs. 5 EStG (nicht abziehbare Betriebsausgaben) ist daher anwendbar.

• Besonderheiten bei der Gewinnermittlung: Eine Körperschaft hat zwingend nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG)

• Nichtabziehbare Aufwendungen gem. § 10 KStG: Ziel zum Teil, bei einer Körperschaft, die keine Privatsphäre hat, nicht mehr Aufwendungen zum Abzug zuzulassen, wie bei einer Privatperson

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Rechtsgeschäfte mit den Gesellschaftern

Rechtsgeschäfte mit den Gesellschaftern sind grundsätzlich anzuerkennen (Trennungsprinzip); etwa Abschluss eines Geschäftsführervertrages. Hier kann es aber zu einer künstlichen Erhöhung der Betriebsausgaben durch überhöhte Preise kommen (Thema verdeckte Gewinnausschüttungen, § 8 Abs. 3 KStG).

Hinweis: Bei Personengesellschaften gilt insoweit das Einheitsprinzip.

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Verdeckte Gewinnausschüttung

Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht betrieblich veranlasst ist. Der Vorteil kommt dem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person zugute.

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Fallgruppen der verdeckten Gewinnausschüttung• Durchführung eines Fremdvergleichs: Obergrenze des fremdüblichen ist

der Maßstab; insbesondere bei zu hohen Geschäftsführervergütungen, Tantiemen, Pensionszusagen; Darlehen zu einem unüblich niedrigen Zins, Verkauf von Gesellschaftsvermögen zu einem unüblich niedrigen Preis.

• Liebhaberei: Da eine Kapitalgesellschaft definitionsgemäß gewerbliche Einkünfte hat, können keine Liebhabereibereiche aus dem gewerblichen Bereich ausgeschieden werden. Die Aufwendungen werden als vGA an die Gesellschafter behandelt, Bsp.: Segelyachtverleih.

• Fehlen einer klaren, zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung mit einem beherrschenden Gesellschafter; maßgebend die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung, nicht die Kapitalbeteiligung. Es liegt in vollem Umfang eine vGA vor. Auf die Frage der Angemessenheit kommt es nicht an.

• Fehlende Üblichkeit/Ernsthaftigkeit.

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Rechtsfolge der verdeckten Gewinnausschüttung

• Die vGA, die zuvor als Betriebsausgabe abgezogen worden war, wird dem Gewinn wieder zugerechnet und damit auf Ebene der Körperschaft mit 15 % besteuert (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG).

• Der Zufluss bei dem Anteilseigner wird wie bei einer offenen Ausschüttung besteuert, d.h. Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG), sofern Beteiligung nicht zu einem Betriebsvermögen gehört.

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Beispielsfall: Verdeckte GewinnausschüttungDie A/B GbR vermietet der A/B GmbH das Betriebsgrundstück. Dabei erzielt sie Mieterlöse, die das ortsübliche Entgelt zu 100 % übersteigen.

Soweit die Mieterlöse das ortsübliche Entgelt übersteigen, liegen keine Mietaufwendungen vor, sondern verdeckte Gewinnausschüttungen. Sie unterliegen auf Ebene der Kapitalgesellschaft dem Kapitalertragsteuereinbehalt. Auf Ebene der GbR liegen gewerbliche Einkünfte vor. Damit ist das Teileinkünfteverfahren anzuwenden.

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Fall KSt 1: (BFH vom 20.10.2010; VIII R 34/08; BFH/NV 2011, 585)

A ist einer von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH. Er ist zu 60 % an der GmbH beteiligt. Beide Geschäftsführer haben keinen Anstellungsvertrag mit der GmbH. A hat allerdings einen Beratungsvertrag, der ihn dazu verpflichtet, die Finanztechnik beratend zu begleiten und seine persönlichen Kontakte im Bankenbereich zum Wohle der Gesellschaft zu erbringen. Er erhält mtl. 10.000 für seine beratende Tätigkeit. Die Vergütung ist jeweils am 5. des laufenden Monats fällig. Ähnliche Leistungen erbringt A auch für andere Gesellschaften, an denen er nicht beteiligt ist. Allerdings fakturiert er dort nur zwischen 4.000 und maximal 7.000 € monatlich. Die GmbH zieht die Beratungskosten als Betriebsausgaben ab, A deklariert sie in seiner Steuererklärung als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Zu Recht?