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CARL CZERNY ;Von clem Vortrage-J (1839) Dritter Teil aus Vollstandige theoretisch -practische Pianoforte-Schule op.500 Faksimile-Ausgabe herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Ulrich Mahlert ---;z, '../ BREITKOPF & HARTEL· WIESBADEN

Czerny Von dem VortragePart1

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Carl Czerny's treatise(1839) on performance practice in the 19th century

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Page 1: Czerny Von dem VortragePart1

CARL CZERNY

;Von clem Vortrage-J~ (1839)

Dritter Teil aus

Vollstandigetheoretisch-practische

Pianoforte-Schuleop.500

Faksimile-Ausgabe

herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von

Ulrich Mahlert

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BREITKOPF & HARTEL· WIESBADEN

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Einfiihrung

Carl Czemy (1791-1857) war eine der produktivsten und wir­kungstrachtigsten Personlichkeiten der Klavierpadagogik. DieGeschichte des Klavierspiels und die Praxis des Klavierunter­richts wurden und werden bis heute nachhaltig von CzemysWerk gepragt. Als Schuler Beethovens und als Lehrer u. a. derschulbildenden Koryphaen Franz Liszt, Theodor Kuliak undTheodor Leschetizky - urn nur drei renommierte Namen seinerzahlreichen Schuler zu nennen - wirkte Czemy als Vermittler, als,Scharnier' in der Entwicklungsgeschichte der Pianistik: Er ver­band die uber Carl Philipp Emanuel Bach auf Johann SebastianBach zuriickreichende Tradition des Klavierspiels mit demmodemen Virtuosentum, wie es sich im 19.Jahrhundert heran­bildete. Einerseits bewahrte, aktualisierte und verfeinerte Czemy- spezieli in der hier vorgelegten, seit dem 19.Jahrhundert erst­mals nachgedruckten Vortragslehre - die umfassenden musika­lisch-instrumentalen Fahigkeiten und Kenntnisse, die sich bis ins19.Jahrhundert mit dem Idealbegriff des ,Musicus' verbanden.Gleichzeitig legte Czemy ein breites Fundament fur eine spezieliklaviertechnische Ausbildung: Er wurde zum bekanntesten Pio­mer einer mit akribischem Trainingsgeist zu Werke gehendenSchulung des vinuosen Spiels.

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Czemys Laufbahn als Musiker und Padagoge ist gekennzeich­net von immensem Flei:B, unentwegtem Bildungsstreben undbewundemswerter Vielseitigkeit. Bestimmend fur seine person­liche und musikalische Entwicklung erwies sich, wie Czemysknappgefa:Bter Autobiographie1 von 1842 zu entnehmen ist,zunachst sein Vater Wenzel Czemy. 1750 in Bohmen geboren,hatte sich dieser als Schuler an einem Benediktinerkloster beiPrag »ziemlich grundliche Kenntnisse in der Musik" erworben,sah sich als 16jahriger »bei der Armut seiner Eltern genotigt,zum Militdr zu gehen"Z und zog nach 15jahriger Dienstzeit1786 mit seiner Frau nach Wien, urn dort - alsbald erfolgreich­als Klavierlehrer zu leben. Als einziges Kind des Ehepaarswurde hier am 20.Februar 1791 (in Mozarts Todesjahr also)Carl Czemy geboren.Durch seinen Vater war Czemy von friihester Kindheit an mitbester Klaviermusik vertraut: »Schon in der Wiege umgab michMusik, da mein Vater damals fleiflig (besonders Clementis undMozarts, Kozeluchs etc. Werke) ubte, und ihn auch viele durchMusik bekannte Landsleute, wie Wanhall, Gelinek, Lipavskyetc. besuchten. ... Ich solI ein sehr munteres Kind gewesen seinund schon im dritten Jahre meines Alters einige Stuckchen aufdem Klavier gespielt haben. ... Da mein Vater sich durch dasStudium der Bachschen, Clementischen und dhnlicher Werkeeine sehr gute Spielart und richtige Behandlung des Fortepianoangeeignet hatte, so hatte dieses auf meinen Fleifl einen gutenEinflufl, und mein Vater, weit entfernt mich zu einem ober­fldchlichen Konzertspieler bilden zu wollen, trachtete vielmehr,mir durch fortwdhrendes Studieren neuer Musikalien eine grofleGewandtheit im Avistalesen anzueignen und meinen Musiksinn

1m folgenden (abgekiirzt als Erinnerungen) zitiert nach der Ausgabe:Carl Czemy, Erinnerungen aus meinem Leben, hrsg. u. mit Anmer­kungen versehen von Walter Kolneder, = Sammlung musih.-wissen­schaftlicher Abhandlungen Bd. 46, Stra£burg u. Baden-Baden 1986.

2 Zitate dieses Satzes: Erinnerungen, S.7.

zu entwickeln. Auch war ich damals kaum zehn Jahre alt, als ichschon fast alles von Mozart, Clementi und den andern damalsbekannten Klaviercompositeurs mit vieler Geldufigkeit und beimeinem sehr guten musikalischen Geddchtnisse meistens aus­wendig vorzutragen wuflte. Alles, was mein Vater sich von sei­nem spdrlichen [VerdienstJ als Klaviermeister erubrigen konnte,wurde daraufverwendet, mir Musikalien zu kaufen, und da ichsorgfdltig von andern Kindern entfernt und stets unter denAugen meiner Eltern blieb, so wurde mir der Fleifl zur Gewohn­heit. Ohne von meinem Vater besonders dazu aufgemuntert zuwerden, fing ich schon im 7.Jahr meines Alters an, eigene Ideenaufzuschreiben, und ich mufl bemerken, dafl dieselben meistensso richtig gesetzt waren, dafl ich spdter, als ich Kenntnis vomGeneralbafl erhielt, wenig daran zu dndern fand. 'd

Nachdem Czemy durch den mit Beethoven befreundeten Gei­ger Wenzel Krumpholtz griindlich Beethovens bisher erschie­nene Werke kennengelemt und begeistert einsmdiert hatte,spielte er im Winter 1800/1801 dem bewunderten Meister vor(Mozarts Klavierkonzert C-dur KV 503, Beethovens soebenerschienene Sonate pathetique op. 13 sowie den Klavierpart vonBeethovens Kantate Adelaide, die Czemys Vater sang). Czemyberichtet uber Beethovens Reaktion: »AIs ich vollendet hatte,wendete sich Beethoven zu meinem Vater und sagte: ,DerKnabe hat Talent, ich seIber will ihn unterrichten und nehmeihn als meinen Schuler an. Schicken Sie ihn wochentlich einigeMale zu mir. Vor allem aber verschaffen Sie ihm Emanuel BachsLehrbuch uber die wahre Art das Clavier zu spielen, das erschon das ndchste Mal mitbringen mufl. ",4 Bis 1803 erhieltCzemy von Beethoven Unterricht, dem damaligen Usus ent­sprechend mehrmals wochentlich, wobei jedoch gelegentlichStunden ausfielen, weil »Beethoven eben komponierte und sichdaher entschuldigte ,,5.

1m Ruckgriff auf die (in Wien damals noch wenig bekannte)Ausdruckskunst C. Ph. E. Bachs lemte Czemy von Beethovenein ,modemes' Klavierspiel, das instrumentaltechnisch und imVortragsstil uber die damals ubliche und modische Spielweisehinausging: »In den ersten Lektionen beschdftigte mich Beetho­ven ausschlieflend nur mit den Skalen in allen Tonarten, zeigtemir die (damals den meisten Spielern noch unbekannte) einzigrichtige Haltung der Hdnde, der Finger und vorzuglich denGebrauch des Daumens, Regeln, deren Nutzen ich erst in weitspdterer Zeit im vollen Umfange einsehen lernte. Hierauf ginger mit mir die zu diesem Lehrbuch gehorigen Obungsstucke6

durch und machte mich vorzuglich auf das Legato aufmerksam,das er seIber in einer so unubertrefflichen Art in seiner Machthatte, und das zu jener Zeit alle andern Pianisten aufdem Forte­piano fur unausfuhrbar hielten, indem damals (noch vonMozarts Zeit her) das gehackte und kurz abgestoflene SpielMode war. ,,7

Czemy verschrieb sich jedoch nicht einseitig der Beethoven­schen Art des Klavierspiels. Hochste Bewunderung zolite erauch den ganz anders beschaffenen pianistischen Qualitaten des

3 Erinnerungen, S.7-9.4 Erinnerungen, S. 15.5 Erinnerungen, S. 16.6 Gemeint sind die 18 Probestiicke in 6 Sonaten (Berlin 1753, Beigabe

zum Versuch iiber die wahre Art das Clavier zu spielen, Teil 1,Berlin 1753).

7 Erinnerungen, S. 15.

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Mozart- und Clementi-Schulers Johann Nepomuk Hummel(1778-1837), den er zwischen 1801-1804 auf einer Soiree derWitwe Mozarts horte: "Wenn sich Beethovens Spiel durch eineungeheure Kraft, Charakteristik, unerhorte Bravour undGelaufigkeit auszeichnete, so war dagegen Hummels Vortragdas Muster der hochsten Reinheit und Deutlichkeit, der anmu­tigsten Eleganz und Zartheit, und die Schwierigkeiten warenstets auf den hochsten, Bewunderung erregenden Effekt berech­net, indem er die Mozartsche Manier mit der fur das Instrumentso weise berechneten Clementischen Schule vereinigte. ,,8Nicht minder bereichert wurde Czernys pianistische und kla­vierpadagogische Kompetenz durch die Bekanntschaft mitMuzio Clementi (1752-1832): ,,1m Jahr 1810 war Clementi inWien, und ich hatte das Gluck, in einer Familie bekannt zuwerden, wo er als Hausfreund seine meiste Zeit zubrachte undsich mit dem Unterricht des Frauleins vom Haus beschiiJtigte.Indem ich bei diesem Unterricht sehr oft zugegen war, lernte ichdie Lehrmethode dieses beruhmten Meisters und ersten Piani­sten seiner Zeit genau kennen, und diesem Umstand verdankeich es vorzuglich, wenn ich spater so glucklich war, viele bedeu­tende Schuler bis zu der Vollkommenheit auszubilden, durchwelche sich mehrere derselben in der Welt bekannt machten. ,,9

Clementi, der 1781 ein (unentschiedenes) Wettspiel mit Mozartausgefochten hatte, begriindete die ,englische Schule' des Kla­vierspiels (benannt nach dem vollen Ton und dem einem pedali­sierten Spiel entgegenkommenden klanglichen Reichtum derzeitgenossischen englischen Klaviere). Die englische Schuleerwies sich in der Folgezeit entwicklungstrachtiger als die inHummel gipfelnde ,Wiener Schule', die zusehends in ornamen­taler Brillanz verflachte. Clementi und etliche seiner Schuler(z. B. Johann Baptist Cramer, Johann Ladislaus Dusek und vorallem John Field) kreierten eine Satztechnik und eine Spiel­weise, die romantische Klaviertnusik und romantisches Klavier­spiel vorbereiteten. (Die stilistische Nahe von Field und Chopinetwa ist offenkundig.) Czerny selbst hat Clementis Eigenartgegenuber "Mozarts Manier" in seiner Lehre Von dem Vortragedeutlich charakterisiert (S. 71 f.).Durch unmittelbare Anschauung und enge personliche Bezie­hungen war Czerny also mit den Hauptrichtungen des zeitgenos­sischen Klavierspiels genauestens vertraut. Seine Klavierpadago­gik wird aus all diesen Quellen gespeist. Insbesondere in seinerVortragslehre geht er detailliert auf die Eigenarten der besagtenRichtungen und auf die jeweils angemessene Darstellungsweiseder betreffenden Musik ein (s. vor allem die Kapitel 5, 9, 10, 15).Obwohl Czerny schulbildend wurde, vertrat er selbst keineswegseinseitig den Vortragsstil einer bestimmten Schule. Sein immenserpadagogischer Erfolg beruhte und beruht vielmehr gerade auf derTatsache, daB er kraft seiner Aufgeschlossenheit und seines Bil­dungssrrebens imstande war, eine Summe aus den verschiedenenSchulen zu ziehen.Czerny begann seine insgesamt 30jahrige, ebenso ruhmreiche wiekraftezehrende Unterrichtstatigkeit bereits als Heranwachsender:"Etwa 15Jahre war ich alt, als ich (1806) anfing, seIber Unterrichtzu geben, und der Zufall wollte, daft ich bald einige talentvolleSchuler erhielt, welche sich bei Privatkonzerten ungemeinen Bei­fall erwarben. Dieses verschaffte mir gleich in den ersten Jahrenmeiner Laufbahn als Lehrer einen bedeutenden Ruf ... ,<10.

8 Erinnerungen, S. 18.9 Erinnerungen, S. 24.o Erinnerungen, S. 23.

IV

"Damals gab ich in der Regel elf bis zwolf Lektionen taglich, vonacht Uhr fruh bis acht Uhr abends, und unterrichtete bei demhochsten Adel und in den ersten Familien Wiens. Diese eintragli­che, aber auch hochst anstrengende und meine Gesundheit inAnspruch nehmende BeschiiJtigung dauerte durch mehr als zwan­zig Jahre bis zu dem Zeitpunkt, wo ich das Unterrichtgeben(1836) ganzlich aufgab. ,,11

Ebenfalls ins Jahr 1806 fallt der Beginn von Czernys - nichtminder erfolgreicher - Karriere als Komponist. Sein Opus 1(Variationen fur Klavier und Violine uber ein Thema seinesFreundes Krumpholtz, 1806 erschienen) komponierte er als,Naturtalent', das "von der Theorie nur sehr geringe Kenntnissehatte"12. "Um jene Zeit fing ich jedoch an, AlbrechtsbergersGeneralbaftschule zu studieren, und auch der alte Wanhall sagtemir bisweilen etwas Nutzliches uber diesen Gegenstand. Aber diebald darauf erfolgte Zunahme der Schuler, mit welchen ich uber­hauft wurde, raubte mir alle Zeit, um mich mit gehorigem Ernstder Komposition zu widmen. ,,13 Der ungeahnte Erfolg seinerersten beiden Werke motivierte Czerny jedoch zu hartnackig undauch lustvoll fortgesetzter Komponiertatigkeit, so daB er einimmenses CEuvre hervorbrachte: "Von diesem Augenblick sahich, daft mir im Komponieren ein neues, weites Feld eroffnet war,und ich versaumte nicht, dieses zu benutzen. Ohne auch nur einemeiner zahlreichen Lektionen zu versaumen, wandte ich alleAbendstunden zum Komponieren an ... ,,14.Das verbreitete Klischee, Czerny sei als Komponist nur einunentwegter, routinierter Etiidenschreiber gewesen, ist unzurref­fend. Von den 861 gedruckten Werken15 haben nur etwa 90Nummern unmittelbare klavierpadagogische Absichten. "Dieverbleibenden mehr als 110 Nummern umfassen seine Werke ,imernsten Styl' mit Sinfonien, Ouverturen, Klavier- und Violinsona­ten, Kammermusik und Kirchenmusik sowie als groftte Gruppedie Paraphrasen zu besonderen Anliissen und uber die Musikanderer Komponisten. Sie machen fast die Halfte seines gesamtenCEuvres aus. ,,16 Die von Wehmeyer treffend als "Musik-Kunst­handwerk"17 und als "Biedermeiermobel in Musik"18 charakteri­sierten Paraphrasen Czernys sind zumeist kompositorischanspruchslos. "In den letzten zwolfJahren seines Lebens kompo­nierte er nur noch wenige Paraphrasen, dagegen mehr Werke ,imernsten Styl'. Daraus ergibt sich ein eigentumliches Bild seinerProduktion: zwischen 1832 und 1845 veroffentlichte er 400 undzwischen 1845 und 1851 nur 80 Opusnummern. ,,19 Viele derkompositorisch anspruchsvolleren Werke Czernys blieben unge­druckt; der Verbleib diverser Manuskripte ist unkl~o. Und da

11 Erinnerungen, S. 25.12 Erinnerungen, S. 24.13 Erinnerungen, S. 24.14 Erinnerungen, S. 26.15 Diese Zahl nennt Grete Wehmeyer in ihrem Buch Carl Czerny und

die Einzelhaft am Klavier oder Die Kunst der Fingerfertigkeit unddie industrielle Arbeitsideologie, Kassel, Basel, London u. Ziirich1983, S.20. Eine Auswahl von Werken fur ungewohnliche Beset­zungen findet man im Anhang dieses Buches (S. 210-212). EinVerzeichnis von Czemys gedruckten Werken, das 798 NummemumfaBt, enthalt die von Walter Kolneder besorgte Ausgabe vonCzemys Erinnerungen (a.a.O., S. 55-74).

16 Wehmeyer, S.20. AufschluEreich zu Czemys kompositorischemSchaffen insgesamt ist das Kapitel Ein Biedermeier-Komponist imVormarz, S. 20-84.

17 Wehmeyer, S. 69.18 Wehmeyer, S. 73.19 Wehmeyer, S. 83.20 Wehmeyer, S. 82f.

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Czemys Beliebtheit beim breiten Publikum seiner Zeit auf seinenParaphrasen beruhte, wiihrend von seinen seriosen Werken nurwenig Notiz genommen wurde, verfestigte sich alsbald bei vielenemsthaften Musikem (- man denke an Schumanns zahlreicheInvektiven gegen Czemy -) das Bild von Czemy als das einesunermudlich musikalische Nichtigkeiten produzierenden Viel­schreibers.Doch hat es auch gewichtige Ausnahmen von dieser ublichenEinschiitzung gegeben. Beriihmt ist Igor Strawinskys Diktumuber Czemy und die musikalische Qualitiit seiner Etiiden. InChroniques de ma vie berichtet Strawinsky, daB er, urn zurUrauffuhrung seines Concerto pour piano et orchestre d'harrnonieim Jahre 1924 seine Finger gelenkig zu machen, »eine Reihe Etu­den von Czerny" ubte. »Das half mir sehr, und auflerdem berei­tete es mir einen wahren musikalischen Genufl. Ich habe anCzerny immer den blutvollen Musiker noch haher geschatzt alsden bedeutenden Padagogen. ,,21Auch Franz Liszt hat Czemy als Komponist geschiitzt. Er wiir­digte seine Leisrungen eingehend in einem 1856, ein Jahr vorCzemys Tod geschriebenen Brief an den Pianisten DionysPruckner, den er bis 1855 unterrichtet hatte. In diesem ehrenvol­len Zeugnis des ehemaligen Schulers uber seinen alten »Meister"wird Czemys Progressivitiit als Beethoven-Vermittler (- bis zumEnde seines Lebens war Beethoven mit Czemy befreundet -) undals piidagogischer Bahnbrecher einer neuen, uber Beethoven hin­ausgehenden Pianistik deutlich: »Ich billige ganzlich Ihren niihe­ren Verkehr mit Meister Czerny, dessen vielseitige musikalischeErfahrungen praktisch und theoretisch Ihnen von groflem Nutzensein kannen. Von allen jetzt lebenden Komponisten, welche sichspeziell mit dem Klavierspiel und Klaviersatz befaflt haben, kenneich keinen, dessen Ansichten und Beurteilungen einen so richtigenMaflstab des Geleisteten darbieten. In den zwanziger Jahren, woein grofler Teil der Beethovenschen Schapfungen fur die meistenMusiker eine Art von Sphinx war, spielte Czerny ausschlieBlichBeethoven mit ebenso vortrefflichem Verstandnis als ausreichen­der, wirksamer Technik; und spaterhin hat er sich auch nichtgegen einige getane Fortschritte in der Technik verschlossen, son­dern wesentlich durch seine Lehre und seine Werke dazu beige­tragen. ,,22

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Das vorliegende Werk, Czemys Lehre Vondem Vortrageerschien im Juni 1839 als dritter Teil der zunachst dreibiindigen,urn 184623 durch einen Supplementband erweitenen groBen

21 Igor Strawinsky, Schriften und Gesprache I, Erinnerungen (Chroni­ques de rna vie) Musikalische Poetik (Poetique musicale), mit einerEinleitung von Wolfgang Burde, Darmstadt 1983, S.119.

22 Zitiert nach Peter Raabe, Franz Liszt, Erstes Buch: Liszts Leben,Stuttgart und Berlin 1931, S. 229, Anmerkung 8.

23 Die Jahreszahl 1842, die in der von Paul Badura-Skoda besprgtenAusgabe (vgl. Anm. 28) des 2. und 3. Kapite!s aus Band N vonCzemys Pianoforte-Schule als Erscheinungsdatum des Supplement­bandes angegeben ist (S.23), erscheint irrig. Czemys Auswahlver­zeichnis eigener Werke im Anhang des Supplementbandes reicht biszur Opuszahl 776 (Impromptu fugue g-moll). Werke mit Opusza1l­len von solcher H6he ver6ffentlichte Czemy nicht vor 1845/46. DasImpromptu fugue op. 776 erschien zuerst im Mfu-z 1846 als Beilagezur Wiener allgemeinen Musik-Zeitung (Bd.6, Nr.27 vom 3. Mfu-z1846), als se!bstandige Ausgabe sodann im Mai 1846 (vgl. dieAnzeige in der Wiener allgemeinen Musik-Zeitung, Bd.6, Nr.65und 66 vom 30. 5. und 2. 6. 1846, S. 264).

Pianoforte-Schule op. 500. Vor einem niiheren Eingehen auf dieEigenart und die Bedeumng von Czemys Vortragslehre solIhier zuniichst das Lehrwerk in seiner Gesamtkonzeption vorge­stellt und gewiirdigt werden.Die Vollstandige theoretisch-praetische Pianoforte-Schule vondem ersten Anfange bis zur hachsten Ausbildung fortschreitendist Czemys piidagogisches Hauptwerk und gleichzeitig daswohl umfassendste, materialreichste Lehrwerk fur Klavier, dasim 19. Jahrhundert geschrieben wurde. Drei Jahre nach Beendi­gung von Czemys Unterrichtstiitigkeit veroffentlicht, bildet esebenso eine Summe seiner vielfiiltigen Erfahrungen wie auch derzuvor erschienenen Schulen. Czemy war mit vielen Lehrwer­ken der Vergangenheit bestens venraut; er selbst wies daraufhin, daB er »alle alten und neuen Schulen sehr genau kenne,grafltenteils auch seIber besitze"24. Czemys Schule ist also nichtlediglich ,eine unter vielen', sondem in gewisser Weise auch,eine fur viele'.Der erste und umfangreichste Band (19 Kapitel auf 168 Seiten)vermittelt eine klavierpraktische und musiktheoretische Elemen­tarlehre (u. a. richtige »Haltung des Karpers und der Hande",Gliederung der Tastatur, Fingeriibungen, Notationslehre,Kenntnis der Tonarten, Skalenubungen, Noten- und Pausen­werte, Bindungen und Synkopen, »Vom mehrstimmigen Satze",Taktarten, »Von der genauen Haltung des Takts und des Tem­pos", »Uber schwere und leichte Takttheile und uber das Takt­schlagen ", »Vom Uberschlagen und Ineinandergreifen derHande", Kenntnis der Intervalle, »Vom Tempo, (Zeitmass,Bewegung)", Verzierungslehre, »Uber den Vortrag, Ausdruckund die dafur angenommenen Zeichen"). Klavierpraxis undMusiklehre wechseln bestiindig miteinander ab, so daB der Schu­ler zu begreifen lemt, was er ausfuhrt, und praktizieren lemt, waser begriffen hat. So ist diese Schule in der Tat eine »theoretisch­praetische". Jeden Lemgegenstand vertieft Czemy durch eineFul1e von musikalisch abgerundeten Ubungsstiicken und modell­haften Ubungen, so daB Schuler und Lehrer ein fur damaligeUnterrichtsverhaltnisse einzigartig umfangreiches Studienmate­rial vorfinden. - Der zur Ostermesse 1839 erschienene umfang­reiche AnkundigungstedS

, mit dem der Verleger Diabelli fur dasneue Schulwerk warb, weist auf diese in ihrer Ausfuhrlichkeitneuartige Konzeption der Elementarlehre hin: »Der erste Theilenthalt den ganzen Elementar-Unterricht auf eine ausfuhrliche,fassliche, jedem, selbst dem zarten Kindesalter angemessene Artdargestellt. . .. Die trockene Kurze, mit welcher in den meistenbisherigen Lehrbuchern gerade diese wichtigste Periode desUnterrichts behandelt worden ist, und wo fast alles dem mundli-

24 Brief an Carl Friedrich Peters vom 25. 12. 1823; zit. nach Weh­meyer, a.a.O., S.86. Erwahnt sei in diesem Zusammenhang auchCzemys Tiitigkeit als Ubersetzer bzw. Bearbeiter zweier iiltererSchulwerke von Rang. Czemy besorgte die 1826 erschienene deut­sche Ausgabe der Methode de pianoforte (Paris 1802) von LouisAdam, der ersten Klavierschule des Pariser Konservatoriums undder ersten ausgesprochenen Virtuosenschule fUr Klavier; auflerdemredigierte er die Klavier- und Fortepiano-Schule Gena 1804) des Tho­maskantors August Eberhard Miiller, die in Czemys Bearbeitung als8. Auflage (Leipzig 1826) unter dem Tite! Grosse Pianoforte-Schuleerschien. (Miillers Schule ihrerseits ist die 6. Auflage der von ihmbearbeiteten Clavier-Schule von Georg Simon L6hlein, deren beideBande ersttnals 1765 und 1781 in Leipzig und Ziillichau gedrucktwurden.)

25 Allgemeine musikalische Zeitung (Leipzig), Bd.41, Nr.17 vom24.4.1839,6 unnumerierte Seiten nach Spalte 341.

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chen Vortrag und der Willkuhr des Lehrers uberlassen blieb, istdie hauptsachlichste Ursache, dass der Elementar-Untemcht furdie meisten Schuler so zeitraubend, abschreckend und langweiligerscheint, und haufig Fehler hinterlasst, welche keine spatereMuhe mehr abgewohnen kann. ,,26

DaB Czemys Schule nicht einer bestimmten Altersstufe zuge­dacht ist, sondem ausdriicklich Lemenden jeden Alters gerechtwerden will, spiegelt sich auch in der stilistischen Beschaffenheitder von ihm komponierten Ubungsbeispiele. Nirgends begegnenetwa kindertiimelnde Tone oder sonstige Idiome einer speziellkreierten ,padagogischen Musik'. Vielmehr ,sprechen' die musi­kalischen Satzchen auf nariirliche, unpratentiose Weise in dermusikalischen Umgangssprache der damaligen Zeit (- sofemnicht, wie hauptsachlich im 4. Band, besondere historische Stileerortert werden).Der zweite Band (16 Kapitel auf 154Seiten) tragt die UberschriftVon der Fingersetzung. Hier entfaltet Czemy ein Kompendiumvon gebriiuchlichen und entlegenen Spielformeln (einfach und inDoppelgriffen) auf Tonleiter- und Akkordbasis mit den zweck­maBigsten und jeweils wohlbegriindeten Fingersatzen. DieAbsicht ist neben der Erweiterung der instrumentaltechnischenFahigkeiten, "dass der Schuler (und uberhaupt jeder Pianist) injedem zweifelhaften Falle, und selbst bei den schwierigsten Kom­positionen, sich hieraus Raths erholen kann, und dass er durch einfleissiges Ueben der hier vorkommenden Beispiele die Fahigkeitund den Vortheil erlangt, jedes Tonstuck vollkommen richtig ein­studiren zu konnen, und selbst mit den neuesten Passagen undWirkungen der jetzigen Tonsetzer und Virtuosen im Vorausbekannt zu sein. ,,27 Zu bedenken ist hierbei, daB damaligeDrucke von Klavierwerken in der Regel keine Fingersatzbezeich­nungen enthielten. Die Lehre von der richtigen Applikatur waralso ein propadeutischer, dem Werkstudium vorangehenderLehrstoff.Der als Supplementband erschienene vierte Teil der Pianoforte­Schule (Die Kunst des Vortrags der altern und neuen Claviercom­positionen oder: Die Fortschritte bis zur neuesten Zeit) ist eineErweiterung der Lehre Von dem Vortrage, die den dritten Bandbildet. Er umfaBt 191 Seiten und handelt vom "Vortrage derneuesten Compositionen von Thalberg, Dahler, Henselt, Cho­pin, Taubert, Willmers, Fr. Liszt und andrer jetziger Tonsetzer"(1. Kapitel), " Ueber den richtigen Vortrag der sammtlichenBeethoven'schen Werke fur das Piano allein" (2. Kapitel) und" ...fur das Piano mit Begleitung" (3. Kapitel) sowie "Ueber denVortrag der Fugen Seb. Bach's, Handel's und andrer classischerAutoren" (4. Kapitel). Als Anhang findet man ein "Verzeichnissder besten Clavierwerke aller Tonsetzer seit Mozart bis auf dieneueste Zeit, zur Erleichterung der Auswahl fur Lehrer, Schuler,Kunstler und Dilettanten".1m 1. Kapitel erortert Czemy vor aHem die Realisationspraxisvieler damals befremdlich neuer Eigenarten des Klaviersatzes undder Notierungsweise in der avancierten zeitgenossischen Virtuo­senliteratur. Die meisten der hier gegebenen Hinweise verstehensich fur heutige Pianisten weitgehend von selbst. Die beidenBeethoven-Kapitel, die als Reprint vorliegen28

, summieren Czer-

26 Ebenda, 3. Seite.27 Ebenda.28 Carl Czerny, Ober den richtigen Vortrag der samtlichen Beethoven'­

schen Klavierwerke, CZERNY's »Erinnerungen an Beethoven"sowie das 2. und 3. Kapitel des IV. Bandes der » Vollstandigen theore­tisch-practischen Pianoforte-Schule op.500, hrsg. u. kommentienvon Paul Badura-Skoda, Wien 1963.

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nys authentische Erfahrungen mit Beethovens Werken fur undmit Klavier in jeweils knappen Bemerkungen zu den einzelnenKompositionen. Viele dieser Kommentare setzen aHerdings dieKenntnis der prinzipiellen Ausfuhrungen Czemys uber den Vor­trag, also des 3. Bandes der Pianoforte-Schule, voraus und bleibenohne sie diffus bzw. wenig ergiebig. 1m 4., dem Vortrag vonFugen gewidmeten Kapitel konkretisiert Czemy die entspre­chenden Ausfuhrungen von Kapitel 12 ("Uber den Vortrag derFugen und anderer Compositionen im strengen Style") des3. Bandes. Hier bietet sich ein aufschlU£reicher Einblick in diedamalige Auffassung und AuffUhrungspraxis von Musik derBach-Zeit.Czemys groBe Pianoforte-Schule unterscheidet sich von ver­gleichbaren friiheren und spateren Werken durch ihre einzigar­tige Stoffulle und durch ihre musiknahe Pragmatik. Wahrend inden Schulwerken des 18.Jahrhunderts durchweg die verbalenAusfuhrungen die eher sparlichen Beispiele uberwogen unddaher fur den Unterricht vergleichsweise wenig praktisches Mate­rial boten, drohten die Virtuosenschulen des friihen 19.Jahrhun­derts - als Musterbeispiel sei Hummels Anweisuni9 von 1828genannt - zu technokratischen Sammlungen von akribisch erstell­ten Ubungsformeln zu verkiimmem. Und die Lehrwerke desspateren 19. Jahrhunderts tendierten zusehends dazu, die Kla­viertechnik durch empirisch-physiologische, also naturwissen­schaftliche Fundierung und die Lehre vom musikalischen Vortragdurch rigide Systembildungen (- man denke an Hugo RiemannsAuftakttheorie als Basis seiner Phrasierungs- und Vortrags­lehre -) von der Realitat komponierter Musik und der ihr ange­messenen Darstellung zu entfremden. Czemy gelang mit seinerPianoforte-Schule die eminente Leistung, eine theoretischeGesamtschau des Klavierspiels und der ihm gegenwartigen Lite­ratur als praktische Lehre zu konkretisieren. Die "theoretisch­practische" Qualicit vor aHem macht den besonderen Rang desgesamten Lehrwerks aus. - Bis heute gilt, was Johannes Brahms1878 befand: "Die grofle Pianoforteschule von Czerny ist wohlder Muhe wert, durchgelesen zu werden. ... uberhaupt meine ich,man durfe heute mehr Respekt vor dem tuchtigen Mannehaben. ,dO

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Czemys Lehre Von dem Vortrage, der dritte Teil seiner graBenPianoforte-Schule, stellt fur die Interpretation von Musik desausgehenden 18. sowie des friihen und mittleren 19.Jahrhun­derts bis hin zur Brahms-Zeit ein zentrales und hochst instruk­tives auffuhrungspraktisches Quellenwerk dar. Wer Musik desmittleren 18.Jahrhunderts auf der Basis des zeitgenossischenMusikverstandnisses und der mit ihm verbundenen Vortrags­lehre zu begreifen und darzustellen sucht, wird vor aHem zuden reprasentativen und heute allgemein bekannten Schriftenvon Johann Joachim Quantz (1752i\ Carl Philipp Emanuel

29 Johann Nepomuk Hummel, Ausfiihrliche Anweisung zum Piano­Forte-Spiel, vom ersten Elementar-Unterrichte an, bis zur vollkom­mensten Ausbildung, Wien 1828, 2. iiberarbeitete Auflage 1838,Reprint (mit einem Vorwon von Andreas Eichhorn) der 2.Auflage,Straubenhardt 1989.

30 Brief vom Miirz 1878 an Clara Schumann; Clara Schumann Brief­wechsel mit Johannes Brahms, hrsg. von Benhold Litzmann, Bd.2,Leipzig 1927, S. 136.

31 Johann Joachim Quantz, Versuch einer Anweisung die Flote traver­siere zu spielen, Berlin 1752, Reprint (mit einer Einfiihrung vonBarthold Kuijken), Wiesbaden 1988.

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Bach (1753 und 1762)32, Leopold Mozart (1756?3, JohannFriedrich Agricola (1757?4 und Daniel Gottlob Tiirk (1789?5greifen und die entsprechenden Kapitel iiber den Vortrag stu­dieren. Von vergleichbarem Quellenwert fiir die Musik des19.Jahrhunderts ist die Vortragslehre von Czerny. Ihr NutzenfUr den ausiibenden Musiker diirfte sogar noch gro:Ber sein,denn an Reichtum der Musikbeispiele und in der umsichtigenDifferenziertheit ihrer Erlauterungen iibertrifft Czerny dieberiihmten Quellenwerke der genannten Vorganger erheblich.Czernys Vortragslehre fiillt einen voluminosen Band, wahrendseine Vorganger dem Vortrag nur einzeIne Kapitel widmeten. Indiesem Verhaltnis bereits zeigt sich der Materialreichtum vonCzernys Ausfiihrungen, aber auch die gegeniiber der Zeit seinerVorganger noch gewachsene Bedeutung der Lehre yom VortragfUr die musikalische Ausbildung. An geschickt komponierten,musikalisch durchweg reizvollen Beispielen in verschiedenen Stil­arten erortert Czerny exemplarisch die wesentlichen Problemedes adaquaten Vortrags von Klaviermusik der Bach-Zeit bis hinzu der urn 1840 beliebten Virtuosenliteratur. Auf diese Weisegelingt ihm die bewunderswerte, padagogisch mustergiiltige Lei­stung, RegeIn zu lehren und gleichzeitig den Sinn fiir die stilge­schichtliche Individualitat musikalischer Zusammenhange zuscharlen. Czerny lehrt, "dass jede Vortragsregel sich nach Neben­umstanden richten muss" (S.29), d. h. RegeIn stets im Blick aufdas jeweils zu Spielende zu reflektieren und individuell zu hand­haben sind.Wie gliedert Czerny seine Vortragslehre? Die ,,3 Bestandteile des

richtigen und schonen Vortrags" (S.l), die er in der Einleitung imeinzeInen darlegt, lassen sich in den Begriffen Dynamik, Artiku­lation und Agogik zusammenfassen. Diese drei auffiihrungsprak­tischen Grundelemente bilden den Inhalt der ersten drei Kapitel,die Czerny im Inhaltsverzeichnis durch die Gro:Bbuchstaben A,B und C hervorgehoben hat. Die iibrigen 17 Kapitel erortern inloser, keinem System verpflichteter Reihenfolge vielerlei weitereAspekte der Musizierpraxis. Drei Kapitel beschaftigen sich jeweilstillt mehreren Problemen, die mehr oder minder eng zusammen­hangen (Kapitel4, 5, 8). Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigtden Reichtum der behandelten Themen, der weit iiber den Inhaltfriiherer Vortragslehren hinausgeht und ein umfassendes, "theo­retisch-praetisches" Kompendium der zeitgenossischen Darstel­lungsmoglichkeiten, der Arbeitsweisen (s. vor aHem Kapitel 7, 8,13) bzw. der Musizierformen und -techniken (s. Kapitel 11, 13,14, 16-19) am Klavier bildet. Auch das Stimmen und die Pflegedes Instruments gehoren zum Lehrstoff Czernys (Kapitel20).Woran liegt es, daB im Zuge der Bemiihung urn historische Auf­fUhrungspraktiken im 20.Jahrhundert Czernys Vortragslehre- im Gegensatz zu den reprasemativen Lehrbiichern des 18. Jahr­hunderts - bisher kaum wiederemdeckt und nicht nachgedruckt

32 Carl Philipp Emanuel Bach, Versuch iiber die wahre Art das Clavierzu spielen, Berlin 1753, 1762, Reprint, hrsg. von Lomar Hoffmann­Erbrecht, Wiesbaden 1986.

33 Leopold Mozart, Versuch einer griindlichen Violinschule, Augsburg1756, Reprint der 3.Auflage Augsburg 1787 (mit einem Geleitwortvon David Oistrach, erlautert u. kommentiert von Hans RudolfJung), Wiesbaden 1983.

34 Johann Friedrich Agricola, Anleitung zur Singekunst, Berlin 1757.Zusammen mit dem italienischen Original von Pier Francesco Tosi(Bologna 1723) als Reprint, hrsg. von Erwin R.Jacobi, Celie 1966.

35 Daniel Gottlob Turk, Clavierschule, Leipzig u. Halle 1789, Reprint,hrsg. von Erwin R. Jacobi, Kassel 1959.

VII

worden ist? Ein Hauptgrund diirfte sein, da:B viele Musiker undMusikpadagogen sich der Musik des 19. Jahrhunderts nochunmittelbar nahe fUhlen. Man wahnt sich noch weitgehend inungebrochener Tradition und meint zu wissen bzw. intuitiv eru­ieren zu konnen, wie diese Musik zu spielen sei. Zudem scheintdie Musik des 19.Jahrhunderts - im Gegensatz zu Kompositio­nen friiherer Epochen - dank fortgeschrittener Fixierung desklanglich Gemeinten nach aHgemeinem Konsens weitgehend ein­deutig bzw. explizit notiert und insofern fUr den AusfUhrendenvergleichsweise unproblematisch zu sein. Doch dieser Schein ein­deutiger, unproblematischer Notentexte von Musik des 19.Jahr­hunderts triigt, und Czernys Vortragslehre entlarvt den Scheinwie kaum eine andere Schrift im Umkreis klassischer und roman­tischer Musik als triigerisch. Sie klart dariiber auf, daB die Noten­und Vortragszeichen in dieser Musik haufig mehr und anderesbedeuten als das, was ihnen in der Musizierpraxis einer spaterenEpoche iiblicherweise entnommen wird.Czernys Vortragslehre vergegenwartigt das Wissen des kundigenInterpreten seiner Zeit, ein Wissen, mit dem die Komponisten beider Niederschrift ihrer Werke weitgehend rechneten. Dies lie:Bdie N otierung vieler Vortragsnuancen entbehrlich erscheinen.Was irn 18. und 19.Jahrhundert fUr die Darstellung zeitgenossi­scher Musik "zum richtigen Notenlesen und guten Vortrage iiber­haupts"36 vorausgesetzt werden konnte, versteht sich im 20.Jahr­hundert keineswegs mehr von selbst. Musik des 19.Jahrhundertswird gegenwiirtig vermutlich weniger ,authemisch' (d. h. unkun­diger gegeniiber der damaligen Vortragslehre) gespielt als Musikder vorangehenden Jahrhunderte, deren historische AuffUh­rungspraktiken besser erforscht und bei Musikern mehr bekanntsind. Die historische Auffiihrungspraxis von Musik des 19. Jahr­hunderts und die mit den jeweiligen Stilarten und Werken ver­kniipfte Asthetik des Vortrags liegen noch weitgehend irn Dun­keIn. Das Studium der Czernyschen Vortragslehre demonstriertdieses Defizit und vermag betriichtlich zu seiner Uberwindungbeizutragen.Urn Klarheit iiber die Art der musikalischen Darstellung zugewinnen, zu der Czerny mit seiner Vortragslehre anleiten will,mu:B gekliirt werden, was Czerny und seine Zeitgenossen unter,Vortrag' verstanden. ,Vortrag' meint etwas anderes und hateinen anderen geschichtlichen Ort als die mit Begriffen wie ,Aus­fiihrung' (,Executio'), ,Interpretation' und ,Wiedergabe' bezeich­neten Darstellungsweisen.Der bis zur Bach-Zeit gebriiuchliche, der antiken Rhetorik ent­stammende Begriff ,Executio' bezeichnet einen Teilbereich, nam­lich den (nach ,Inventio' = Themenfindung, ,Dispositio' = Glie­derung, ,Elaboratio' = Ausarbeitung und ,Decoratio' = Aus­schmiickung) letzten Schritt in der Hervorbringung einer"Klang-Rede" (Mattheson). Idealtypisch liegt dieser Abfolge dieVorstellung der Personalunion eines alle fiinf Schritte leistendenmusikalischen ,Rhetors' zugrunde. Und gemessen an den Aus­fiihrungen zu den gewichtigen, substantiellen ersten vierBestandteilen beobachtet man in der iiberlieferten Lehre ein nurmehr untergeordnetes, vergleichsweise beilaufiges Interesse ander ,Executio'. Dem musikalischen ,Vorttag' dagegen, der sich inder zweiten Halfte des 18.Jahrhunderts emwickelt, kommt ein

36 $0 formulierte Leopold Mozart die Uberschrift des 12. HauptstUcksseiner Griindlichen Violinschule (a.a.O., vgL Anm.33).

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hoherer kiinstlerischer Eigenwert zu37• In diesem Sinne begreift

Czemy den ,Vortrag' durchaus geschichtlich als ein Phanomenjiingeren Datums. 1m 4. Teil der Pianoforte-Schule schreibt er:»Das, was wir jetzt Vortrag und Ausdruck nennen, war denAlten, (zu Handels und Seb. Bachs Zeiten) unbekannt ... "(S. 126). Die Mittel des ,Vortrags' und ihre Handhabung durchden Vortragenden werden ungleich reicher und subtiler beschrie­ben als vonnals die der ,Executio'.Andererseits ist ,Vortrag' abzugrenzen von den Spielarten derextrem subjektiven wie der priesterlich-rituellen ,Interpretation',die sich im spateren 19. Jahrhundert ausbreiteten. Weder betrach­tet der Vortragskiinstler die Werke, zugespitzt fonnuliert, als,Mittel zurn Zweck' einer exzessiven Selbstdarstellun~8, nochkultiviert er, als Hoherpriester sakrosankter Werke hinter diesenverschwindend, »in Demut das hachste Gluck des nachschaffen­den Kunstlers: nur noch Medium, nur Mittler zu sein zwischendem Gottlichen, dem Ewigen und den Menschen"39.Selbstverstandlich beschrankt der ,Vortrag' sich aber auch nichtauf eine objektive, textgetreue (im Sinne von: buchstabenge­treue40

) ,Wiedergabe' von Werken, wie sie in der ersten Halftedes 20. Jahrhunderts etwa von Strawinsky und Ravel als Reaktionauf den iibersteigerten Kult subjektivistischer Interpretationpostuliert wurde. Eine solche Beschrankung wiirde lediglich zueinem »richtigen Vortrag" fuhren, den Czemy (vgl. S.l, 5 und 6)und seine Zeitgenossen41 yom eigentlichen »schonen Vortrag"unterscheiden. Der »schone Vortrag", urn den es Czemy in seinerVortragslehre geht, rechnet mit einem Spieler, der als Statthalterdes Werks eine Mitte findet zwischen Eigenstandigkeit undSelbstbewuBtsein einerseits und Respekt vor dem Notentext an­dererseits.Czemy versteht den »schonen Vortrag" als »denjenigen Aus­druck, welchen der Spieler aus eigenem Gefuhl in das Tonwerklegen kann oder solt" (S.l). Demnach muB der Ausfuhrendenicht nur imstande sein, die Zeichen des Notentextes in der yomKomponisten gemeinten Bedeutung aufzufassen und zu realisie­ren; er muB auBerdem lemen, den der jeweiligen Kompositionangemessenen Spielraurn seiner subjektiven Ausdrucksmoglich­keiten wahrzunehmen und in den Vortrag einzubringen. Sein vonder Komposition hervorgerufener personlicher Ausdruck gilt

37 Johann Abraham Peter Schulz nennt in seinem bedeutsamen ArtikelVortrag (Musik) die Lehre vom Vortrag "die allerwichtigste in derpractischen Musik, aber auch die allerschwereste, weil sie gar vieleFertigkeiten voraussetzt, und die hochste Bildung des Virtuosen zumEndzwek hat." J.P.A. Schulz, Artikel Vortrag (Musik), in: JohannGeorg Sulzer, Allgemeine Theorie der schOnen Kiinste, 2. vermehrteAuflage, Teil4, Leipzig 1794, Reprint Hildesheim 1967, S. 700.

38 So erklan:e Franz Liszt in seiner Schrift Die Zigeuner und ihre Musikin Ungam (1859): "Die von der Begeisterung diktirten musikalischenWerke sind im Grunde nur das tragische oder riihrende ,Scenario' desGefiihls, das nur allein durch die Ausfiihrenden sprechen, singen,weinen, stohnen, beten, sich seiner freuen, sich erheben und iiber sichselbst frohlocken kann! Der Virtuose ist demnach ebenso Schopfer alsder Autor selbst ... " (Gesammelte Schriften Bd.6, Leipzig 1883,S.332; zit. nach: Erich Reimer, Artikel Virtuose, in: Handworter­buch der musikalischen Terminologie, hrsg. von Hans HeinrichEggebrecht, Wiesbaden 1971 ff., S. 6).

39 EdWin Fischer, Interpretation [am Klavier], in: Atlantisbuch derMusik, Berlin 1934, 8.Auflage Ziirich u. Freiburg 1958, S.509; zit.nach: Wehmeyer, a.a.O. (s. Annl.15), S.116.

40 "Die Sunde gegen den Geist eines Werkes beginnt immer mit derSunde gegen den Buchstaben ... "; Igor Strawinsky, MusikalischePoetik, in: Schriften und Gesprache I, a.a.O. (s. Annl.21), S.247.

41 Z.B. Johann Nepomuk Hummel, Ausfuhrliche Anweisung zumPiano-Forte-Spiel, a.a.O. (s. Annl.29), S. 426.

VIII

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nicht von vornherein als subjektive Willkiir, sondem als wiin­schenswerte bzw. erforderliche Erganzung des betreffendenWerks, sofem die im Notentext gesetzten Grenzen personlicherGestaltungsmoglichkeiten eingehalten werden.Zu erinnern ist daran, daB der auffiihrungspraktische Modellbe­griff ,Vortrag' die Parallelisierung von Musik und Sprache, dieAuffassung von Musik als einer (wie auch immer gearteten),Klangrede' beinhaltet. So wie der Redner vor einer Versarnm­lung, wie der Sprecher eines Gedichts und der Schauspieler aufder Biihne je nach personlicher Eigenart und vor allem nachBeschaffenheit des betreffenden Publikurns bei der Vertnittlungder jeweiligen Botschaft in vielen Einzelheiten der Darstellungs­weise £rei ist, so auch der vortragende Musiker. In diesem Sinnegibt Czemy dem Spieler zu bedenken, »dass]emand, der zu einerVersammlung spricht, oder gar offentlich redet (z. B. der Schau­spieler) doch ganz anders sprechen muss, als ]emand, der nur miteiner oder mit einigen Personen ein ruhiges Gesprach fuhrt."(S.58) Gerade das Ausschopfen der legitimen Freiheiten, dasVariieren der Darstellungsmittel nach MaBgabe der jeweiligenSituation kennzeichnen den Vortragskiinstler von Rang. ,Vor­trag' ist ein Akt der Kommunikation. Das »eigentliche Ziel" derVortragskunst besteht darin, "Geist und Seele in den Vortrag zulegen, und hiedurch auf das Gemiith, und den Verstand desHorers zu wirken." (S. 1) Der Spieler hat die Eigenart der musi­kalischen Botschaft, seiner subjektiven Empfindungen sowie derAdressaten zu beachten und diese Faktoren im Vortrag in einstimmiges Verhaltnis zu bringen. Wenn das gelingt, verdient derVortrag ein »Produzieren" (vgl. Kapitel 11, S. 62ff.) genannt zuwerden. In der Tat wird durch einen solchennaBen individuellen,in seiner Individualitat unwiederholbaren Akt das betreffendeWerk jeweils neu ,produziert' (- und nicht lediglich auf wieder­holbare Art ,reproduziert'; s. u.). Bezeichnenderweise verwendetCzemy den Begriff »Produzieren" in doppelter Bedeutung: als,Produzieren des Werks' und als ,Sich-Produzieren mit demWerk'. 1m Ideal des Vortrags sind beide Bedeutungen ungeschie­den verwirklicht.Urn mit seinem Vortrag "auf das Gemuth und den Verstand desHorers zu wirken", muB der Spieler ein ,Charakterdarsteller'sein. Die Wirkung einer Komposition beruht nach Czerny weit­gehend auf ihrem Charakter bzw. ihren Charakteren (vgl. etwaS.4, speziell zu den Charakteren der einzelnen Lautstarkegrade:»Man kann annehmen, daft jede der 5 Hauptgattungen des Forteund Piano einen bestimmten Charakter ausdrucken, und folglicheine besondere Wirkung hervorbringen kann "). Wahrend heut­zutage im allgemeinen bestimmte Vortragsbezeichnungen inerster Linie quantitativ und nicht qualitativ, als Ausdruck vonCharakteren verstanden werden, macht Czemy immer wiederdeutlich, daB es beim »schonen Vortrag" niemals urn abstraktQuantitatives, sondem stets urn charakteristische Qualitatengeht. ,Charakter' ist eine zentrale asthetische Kategorie in derCzemy gegenwartigen Musik und folglich in seiner Vortrags­lehre. Auf die Vielschichtigkeit und Bedeutungsfulle des Charak­terbegriffs kann hier nicht eingegangen werden42

. Hervorgeho­ben sei lediglich, daB Czemy den Begriff ,Charakter' sowohl aufdie generellen, typischen Eigenschaften (Gattung, Stil) eines

42 S. dazu ausfiihrlich Jacob de Ruiter, Der Charakterbegriff in derMusik. Studien zur deutschen Asthetik der Instrumentalmusik1740-1850, = Beihefte zum Archiv rur Musikwissenschaft Bd.29,hrsg. von Hans Heinrich Eggebrecht, Stuttgart 1989, insb. Kapitel I:Der Charakterbegriff in der deutschen Musiktheorie und -praxis von1740 bis 1835 (S. 25-126).

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IX

Werks wie auch auf sein Einmaliges und Unwiederholbaresbezieht. Die Bezeichnung ,Allegro' etwa verweist einerseits aufeinen charakteristischen Typus von Satzen; andererseits bemerktCzerny: "Der Charakter eines Tonstuckes, welches mit Allegrobezeichnet ist, kann sehr verschiedenartig sein" (S. 50; diese Fest­stellung wird anschlie~end in zehn Moglichkeiten konkretisiert).Der Vortragende sollte sich demgemm darum bemuhen, entspre­chende Bezeichnungen als Hinweise auf im jeweiligen Zusam­menhang stets individuelle, einmalige ,Charaktere' zu entschlus­seln und wiederzugeben. Dazu halt Czerny den Spieler immerwieder an, und darin liegt der besondere padagogische Wert sei­ner vielfaltigen Ausfuhrungen zu den Charakteren einzelnermusikalischer Elemente des Vortrags (u. a. neben den genanntenLautstarke- und Tempo-Charakteren zu Charakteren von Arti­kulationsarten: S. 15 f£., von agogischen Veranderungen: S.24ff.,von Passagengattungen und ihren Charakteren: S.38ff.).In Czernys Vermogen, musikalische Charaktere behutsam unddoch pragnant zu verbalisieren, zeigt sich im besonderen, dlli ergleichermllien ein hervorragender Padagoge wie ein asthetischhochgebildeter Kenner der Musik seiner Zeit war. An Czernyssprachlichem Feinschliff konnen Musiker padagogisch wie auf­fuhrungspraktisch immens viel lernen. Wer sich am Vorbild dergenannten Ausfuhrungen Czernys darin ubt, musikalische Cha­raktere und Charakternuancen zu erspuren und sprachlich diffe­renziert zu erfassen, wird als Lehrer wie als Spieler immer gro­~ere Fortschritte in der insbesondere fur klassische Musik grund­legenden Fahigkeit machen, in einem Werk "die Charakters ... soviel es moglich ist zu unterscheiden"43 und diese Unterschiede zuvermitteln.Die Kunst des "schonen Vortrags" ist nach Czerny unerme~lich

(S.l: " ... diese Art des Vortrags ist so mannigfaltig, dass manihrer Steigerung gar keine Grenzen setzen kann ... "); ihre Mittelsind unbegre=t differenzierbar. Diese Anschauung Czernysbleibt im Umgang mit seiner Vortragslehre wie auch mit anderenvergleichbaren Quellen stets zu bedenken. Verfechter einer histo­risierenden Auffiihrungspraxis neigen nicht selten dazu, Aussa­gen aus historischen Vortragslehren positivistisch verkurzt aufzu­fassen und entsprechend rigide zu handhaben. Solche Fetischisie­rung verbindet sich haufig mit dem Anspruch auf den ,wahren'Vortrag einer Musik. Davor ist zu warnen. Czernys Hinweis aufdie Unbegrenztheit des "schonen Vortrags" und seiner Mitteldeutet an, dlli es den einen ,wahren' Vortrag eines historischenWerks nicht gibt.Mit der ,Unendlichkeit' des "schonen Vortrags" hangt ein zentra­les Postulat von Czernys Vortragslehre zusammen, das hier mitdem Begriff ,Varietas' (Mannigfaltigkeit, Nuancenreichtum)bezeichnet sei. Gemeint ist die Fahigkeit, einen musikalischenZusammenhang (eine Phrase, ein Thema, eine Passage etc.) phan­tasievoll auf vielerlei Arten, aber jeweils der Besonderheit derbetreffenden Stelle angemessen zu spielen. Czerny fordert undlehrt darnit ein Vermogen, das in der heutigen Interpretations­praxis in der Regel unterentwickelt ist und in der Instrumentaldi­daktik vernachlassigt wird. Anders als zu Czernys Zeiten ist dieinstrumentale Interpretation von klassischer und romantischerMusik heute durchweg - bewu~t oder unbewu~t - am Modellvon Reproduktion, nicht aber an der Idee von Produktion ausge­richtet. ,Reproduktion' meint hier: Der Spieler erarbeitet, lernt

43 So Leopold Mozarts Forderung im 12. HauptstUck (Von dem richti­gen Notenlesen und guten Vortrag iiberhaupts) seiner GriindlichenViolinschule, a.a.O. (s. Anm. 33), 5.527.

und automatisiert im Dben eine bestimmte, bis ins Detail festge­legte Interpretationsversion der jeweiligen Komposition; fortanruft er das Werk nur noch in dieser gleichermllien perfektionier­ten wie erstarrten Gestalt abo Reproduktion basiert auf dem Prin­zip ,immer das Gleiche' (wobei ,das Gleiche' das einmal als defi­nitives Resultat Produzierte ist). Czernys Devise und die derMusik seiner Zeit angemessene Darstellungshaltung. dagegenlauten dem Sinn nach: ,immer anders' - oder ,immer Produktion,niemals Reproduktion'. Die Voraussetzungen solcher interpre­tatorischen Vielfalt sind - neben entwickelter (und entwickel­barer) musikalischer Phantasie - hochdiffere=ierte instrumental­technische Fertigkeiten.Mit derartigen unendlich verfeinerbaren technischen Qualitatenbeschaftigt sich Czerny gleich zu Beginn von Abschnitt A seinerVortragslehre (vgl. S.l£.). Die mehrmals wiederkehrendenWorte "unendlich" bzw. "unzahlig" stellen die technischeUbung selbst einfachster Tonfiguren unter einen bedeutsamen,,transzendenten' Anspruch. Dieser hat nichts gemein mit jenemmonotonen und geisttotenden pseudotechnischen Drill, derublicherweise mit Czerny-Ubungen und ihrer Erarbeitunggetrieben bzw. in Verbindung gebracht wird.Wie das ,Pri=ip Varietas' beim Vortrag von Stiicken a=uwen­den ist, zeigt Czerny an mehreren Stellen seiner Vortragslehre(vgl. insbesondere S.9, 12, 24f.). Grundsatzlich verlangt er:"Uberhaupt mufl jede, sich wiederholende Stelle das zweitemalmit einem andern Vortrag ausgefuhrt werden, als das erstemal."(S.12)Von besonderer Releva= ist das ,Prinzip Varietas' im Bereichder Agogik. Czernys ausfuhrliche und minutiose Hinweise zuden"Veranderungen des Zeitmasses" in Abschnitt C (Kapitel 3,S. 24ff.) lehren die Regeln einer musikalisch sinnvollen Agogikund machen deutlich, wie variabel man zu seiner Zeit dieGrundtempi von Stiicken zu handhaben pflegte.Sowohl bei kantablen, ausdrucksvollen Kompositionen in langsa­meren Tempi wie auch in brillanten Stiicken hat der Interpreteinen erheblichen Spielraum von Vortragsnuancen und ,Varie­tas'-Pllichten (vgl. Czernys Katalog "allgemeiner Empfindun­gen" in den Paragraphen 4 und 5 des 3. Kapitels, S.24). Undselbst in Werken mit besonders ausgepragten und bis ins musika­lische Detail auskomponierten Charakteren darf sich der Ausfuh­rende nach Czerny nicht auf eine blo~e Reproduktion des buch­stablich aufgeflliten Notentextes beschranken.Die eigentiimlichen Freiheiten des betreffenden Vortragsstilswerden in Kapitel10 genannt ("Uber den Vortrag leidenschaftli­cher und charakteristischer Compositionen", S.60-62). Czernylmt keinen Zweifel daran, wessen Werke hier vor allem gemeintsind: "Die meisten Beethovenschen Clavierwerke gehoren in die­ses Fach" (S.60). Als Beispiel eines Stiicks im "leidenschaftlichenund charakteristischen" Stil und der ihm angemessenen ,Willkiir­lichkeiten' des Vortrags lmt Czerny seinen Ausfuhrungen einScherzo in c-moll folgen. Das reizvolle Stiick wirkt stellenweisesehr ,beethovensch' (vgl. Beethovens Scherzi in der SinfonieNr.2 op.36, den Klaviersonaten op.2,3 und op.26 sowie denViolinsonaten op.24 und 30,2). Die speziellen Vortragsanwei­sungen, die Czerny fur sein Scherzo gibt (S.26 oben), zeigennoch einmal charakteristische, fur heutige Interpreten unge­wohnte Darstellungseigenarten, mit denen eine solche Musikrechnet. Mit der ausdriicklichen Forderung, dlli die letzten8Takte des Trios "streng im Takte" genommen werden mussen,"um verstandlich zu sein", deutet Czerny an, dlli vorher offenbarkeineswegs "streng im Takte", sondern - der Stilart des Stiickesentsprechend - durchweg mit agogischen Freiheiten gespielt wer-

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den soll. (Hinzuweisen ist darauf, daB Czernys exemplarischeErorterung des Vortrags "leidenschaftlicher und charakteristi­scher Compositionen" im Rahmen seiner Vortragslehre die Vor­aussetzung bildet fur ein volles Verstandnis der Beethoven-Kapi­tel im 4. Teil der Pianoforte-Schule. Diese Kapitel bleiben ohnedie besagten Ausfuhrungen im 3. Teil unklar.)Das erorterte ,Varietas'-Pri=ip hat Konsequenzen fur den richti­gen Umgang mit Czernys Vortragslehre. Eine an Czerny orien­tierte historische Auffuhrungspraxis ware zu erganzen durch eineentsprechende - phantasie- und variantenreiche - Ubepraxis. DasUben von Werken hatte dann nicht mehr die primare Funktion,eine bestimmte Interpretationsmoglichkeit bis zur Erstarrung zubefestigen. Der Sinn des Ubens wiirde vielmehr vor allem darinliegen, die Vielfalt der Vortragsmittel und der moglichen Darstel­lungsweisen auszuloten, beherrschen und in jedem Interpreta­tionsakt individuell anwenden zu lernen.Der angemessene Umgang mit Czernys Vortragslehre erweistsich insbesondere in der Art des interpretatorischen Transfersvon Czernys Musikbeispielen auf die Literatur des klassischenund romantischen Repertoires. Czernys Satzchen bieten vieleAnklange an Klaviermusik von Beethoven, aber auch von Cle­menti, Mozart, Hummel, Schubert und bisweilen sogar vonChopin und Liszt. Fiir den Spieler ist es reizvoll, dem Beispiel­charakter von Czernys Modellstiicken nachzuspiiren, sich aufvergleichbare Literaturstellen in klassisch-romantischer Klavier­musik zu besinnen und Czernys Hinweise an ihnen zu erproben.Solches gleichsam experimentierende Ubertragen allerdings stellteine anspruchsvolle und kreative, keineswegs eine mechanischeAufgabe dar. Eine normative, buchstabliche Anwendung vonCzernys Ausfuhrungen verbietet sich durchweg. In jedem Fallbleibt die jeweilige Differe= zwischen Czernys Beispielen und

x

den betreffenden Literaturstellen zu beachten. Ebenso wie inCzernys Satzchen - bei aller virtuos gehandhabten musikalischenUmgangssprachlichkeit - die erorterten Vortragsprinzipienimmer in individueller Weise zur Geltung kommen, so sollteauch die Interpretation klassisch-romantischer Musik auf derGrundlage von Czernys Wort- und Notentext stets mit Riick­sicht auf die Eigenart und Einmaligkeit des jeweiligen musikali­schen Zusammenhangs erfolgen. In der Tat ist die Umsetzungvon Czernys Vortragslehre fur den heutigen Spieler stets auch einAkt der Interpretation. Nicht die normativen Reglements dieserLehre, sondern der sie jeweils deutende und ihre Deutung verant­wortende Spieler bestimmen letztlich die Art und die Qualitat dermusikalischen Darstellung.Zum angemessenen Gebrauch von Czernys Vortragslehre alsQuelle historischer Auffuhrungspraxis ist schlie~lich die Diffe­renz zwischen den damals und den heute gebrauchlichen Instru­menten zu bedenken. Diese Differenz fillt jedoch bei der Umset­zung von Czernys Ausfuhrungen weniger stark ins Gewicht alses zunachst scheinen mag. Czernys Hinweise lassen sich durch­weg ebenso auf den damaligen Hammerfliigeln (mit Wiener bzw.englischer Mechanik) wie auf modernen Instrumenten realisieren.Das gilt selbst etwa fur Pedaltechniken wie das im 6. Kapitel(S.45) beschriebene Niederhalten des rechten Pedals (d. h. Auf­gehobenhalten der Dampfung) bei aufeinanderfolgenden leisenAkkorden in hoher Lage. GleichwoW ist es sinnvoll, daB Spielerauf modernen Fliigeln bzw. Klavieren die von Czerny intendier­ten und beschriebenen klanglichen Spezifika auf historischenInstrumenten erproben und studieren, urn die so entwickeltenKlangvorstellungen dem Spiel auf heute gebrauchlichen Instru­menten dienstbar zu machen.

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XI

Kommentar

Die folgenden Hinweise beschranken sich auf Randnotizen zueinigen Details von Czernys Vortragslehre und auf die Erlaute­rung einiger von Czerny erwahnter, heute nicht mehr durchwegbekannter Besonderheiten der damaligen Klavierpraxis. Auf eineauffiihrungspraktische Interpretation von Czernys Ausfuhrun­gen und der zugehorigen zahlreichen Beispiele im Blick auf ver­gleichbare Steilen aus dem Repertoire der Czerny gegenwiirtigenKlaviermusik wurde verzichtet. Solche Interpretationen, die injedem konkreten Fail urn der Besonderheit des jeweiligen Werk­ausschnitts willen sehr umsichtig und differenziert durchzufuh­ren waren, wiirden den hier gebotenen Rahmen sprengen.

S.l: Zur Bedeutung des Terminus" Vortrag" und zur Unter­scheidung "des richtigen und schonen Vortrags" (§ 6) s.Einfiihrung, S. VIII f.

S.16:

zo in c-moil. Dort wird ebenfails verlangt, daB die no­tierten Vortragsanweisungen, insbesondere die dynami­schen Bezeichnungen, in den Binnenabschnitten desnach dem Trio wiederholten Scherzo (d. h. dem zweitenDurchlauf des ersten und dem ersten Durchlauf deszweiten Scherzo-Teils) erheblich zu modifizieren sind.

(§4) Czernys Lehre, daB "das Legato die Regel, und aIleubrigen Vortrags-Arten [gemeint sind: Artikulationsar­tenJ nur die Ausnahmen" seien (das Legato also auchuberail anzuwenden sei, wo sich keine Artikulationsbe­zeichnungen finden), bedeutet die Umkehrung der bisins friihe 19.Jahrhundert iiblichen Artikulationspraxis,nach der das Legato eher die Ausnahme bildete und nurwo ausdriicklich gefordert zu spielen war.

S.2f.: Die Art des durch "unzahlige" dynamische Abstufun­gen belebten Dbens von Tonleiterformeln wurde u. a.auch von Czernys Schuler Franz Liszt sorgfaltig prakti­ziert und gelehrt. So berichtet Auguste de Boissier uberden Unterricht, den der damals 20jahrige Liszt ihrerTochter Valerie im Jahre 1832 gab: "Wahrend sie dieseUbungen [u. a. TonleiternJ ausfuhrt, solIe sie die Schat­tierungen studieren und sich darein versenken; bald un­merklich leichte und sanfte Piani, bald wohlgeformteCrescendi, Contraste dann und schlieftlich glanzvolleFortissimi herausbringen. Er will nicht, daft man mecha­nisch ube, sondern daft die Seele immer nach Ausdrucksuche und daft aIle diese Schattierungen, die die wahrePalette des Musikers ausmachen, vollendet und gewohn­heitsmaftig der Hand zu eigen seien und er in demAugenblick keine Muhe aufwenden musse, wo er ihrerbedarf." (Auguste de Boissier, Franz Liszt als Lehrer.Tagebuchblatter von Auguste Boissier, hrsg. von Da­niela Thode von Bulow, Berlin 1930, S.25.)

(§ 4) Auf die fundamentale Wichtigkeit und vielseitigeNiitzlichkeit von Skaleniibungen verweist Czerny im­mer wieder in seiner Vortragslehre (vgl. S.21, 23, 59,71,73,84).

S.32:

S.42:

S.79ff.:

(§ 5) Czerny verwendet den Begriff "Mordent" im Sinnevon ,Doppelschlag'. (Ahnlich Leopold Mozart in seinerGrundlichen Violinschule, a.a.O. [vgl. Einfuhrung,Anm.33J, S.248f.)

Das von Czerny beschriebene "eigentliche Pianopedal"kam urn die Mitte des 19.Jahrhunderts auJ;er Gebrauch.(Ein Abkommling dieses "Pianopedals" ist der an heuti­gen Klavieren haufig zum Zweck der Tondiimpfung ein­gebaute "Moderator-Zug".) Das heute bei Flugeln alsmittleres Pedal ubliche "Tonhaltungspedal" wurde erstin den 70er Jahren des 19.Jahrhunderts entwickelt.

1m Blick auf Czernys Ausfuhrungen zum Partiturspielbzw. Einrichten von Orchesterwerken fur Klavier istdaran zu erinnern, daB Czerny auch auf diesem Gebietstark von Beethoven gepragt war. In seinen Erinnerun­gen schrieb er 1842: "... als im Jahr 1805 seine OperLeonore aufgefuhrt wurde, lieft er mich dieselbe fur For­tepiano arrangieren. Seinen Bemerkungen bei dieser Ar­beit verdanke ich die mir spater so nutzlich gewordeneGeubtheit im Arrangieren" (Czerny, Erinnerungen ausmeinem Leben, a.a.O. [vgl. Einfiihrung, Anm. IJ,S.20).

Die "Schluss-Bemerkungen zum ganzen Werke" bezie­hen sich nicht nur auf die Vortragslehre, sondern aufaile drei der 1839 erschienenen Teile von Czernys Pia­noforte-Schule op. 500.

(§ 3) Der "Chiroplast" (Handbildner, -leiter), eine Er­findung des Klavierpadagogen Johann Bernhard Logier(1777-1846), soilte das Absinken des Handgelenks unddas Einknicken der Finger verhindern. Er bestand auseiner vor der Klaviatur befestigten Leiste mit zwei fahr­baren Halterungen, durch die die Finger beider Hiindegesteckt wurden. - Das von Henri Herz (1803-1888)erfundene "Dactylion" war eine Vorrichtung zur Star­kung der Fingerkraft. Es bestand aus beweglichen,oberhalb der Klaviatur angebrachten Ringen fur die ein­zelnen Finger, in denen diese gegen die nach oben ge­richtete Kraft eines Federzugs zu spielen hatten.

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S.6:

S.10:

(§ if.) Der Vergleich von "Accent" bzw. "Nachdruck"in der Musik mit sprachlichen Betonungen durch Deh­nung oder Akzentuierung von Silben zeigt, daB Czernyauch in der Musik neben der dynamischen Betonung dieDehnung als Mittel der Hervorhebung wichtiger Tonekannte.

Der Hinweis auf die Vermeidung von Monotonie imVortrag des letzten Beispiels auf S.5 durch Nichtbeto­nung der halben Noten in T.4 und 8 zeigt, daB Czernynicht von einer auf Zieltone gerichteten groJ;bogigen,dynamisch und agogisch zu realisierenden Energetik imSinne von Hugo Riemanns Auftakt-Lehre ausging.

(§ 12) Czernys erstaunliche Auffassung, daB auch beimDa Capo eines Scherzo nach dem Trio die Scherzo-Teilejeweils zu wiederholen seien, wird noch an anderer Stel­le unmillverstiindlich deutlich: vgl. die Bemerkung aufS.62 (oben) zu dem im 10. Kapitel abgedruckten Scher-

S.96:

Berlin, Friihjahr 1991 Ulrich Mahlert

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Page 13: Czerny Von dem VortragePart1

ofnhalt des dritten TheUs.

Von Oem Vortrag-e _ Einleitung-.

AVom Forte und Piano .

Kapitel 1. N<ihere Bestimmung-en 'liber die Anwendun~ des Forte, Pia-no, etc.'

Von dem musikalischen A'ccen I, odeI' Nachdruck,der auf einzelne Noten kommen muss

Von del' Anwendung des crescendo und dim-inuendo

B'--

Hapitel 2. Uber die Anwendung:- aller Abstufun:ren des Le[lato und Staccato.

Von dem getrag-enen Anschlag-, und dem Halb= Staccato

Yom Staccato .

Das Marcato odeI' Staccatissimo

c'-'""'

Hapitel:1 . Von den Veranderung:-en des Zeitmasses •

Nihere Bestimmung-en .

Von del' Anwelldung- des R{lardando und Accelerando

Hapitel 4. Vortralf des einfacllen Gesang-s

Vom Vortrag- del' Verzierungen

Vom Vartrag del' mehrstimmig-en Melodie.

Mapitel 5. Uber den Ausdruck in brilJanten Passag"en

UhH die willk'nh:rliche Anwendung:- des Arpef/[Iiren8.

Hapitel 6 . Uber den Gebrauch dl'r Pedale

Vom DaIDpfl1n~spedal .

Vom Vers('hiebun~p, _ Pedal (una Corda),

Vom Piano = odeI' Fla.uto =Pedal.

Hapitel '/'. Vom Gebraue.h des lJIiilzel=schen Metronoms (Taktmessers).

Hapitel 8. Uber das richtige,fiir jedes Tonsfuck g-eei:rnete Tempo

Uber lias .Alle[lra .

Uller das Ada[lio

Uber die Art, wie mall ~in 'fonstiick einstudieren soU

!!ber besonders schwierige Compositione'TI-.

Ubel' den Vtlrtrag lang-sameI' 'fonstuc-ke .

lfapitel 9. Uber !IllS brillante Spiel

Kapitel 10. Uber den Vortrag- leidenschaftli-cher, characteristischer Compositionen.

Rapitel 11. Uher das Produzieren.

E apitel 12. Uber den Vortra:r del' FU[le-n und anderer Compositionen im streng-en Style.

H apitel 13. Uher das AU5wel1dig' = Spielen .

Hap itcf 14-. Uher das A _ vista sllielen, (vom Blatte lesen) •

Rap itd 15. ther die besondere Art des VortraR's verschiedener Tonseher und d~ren 'Verke

RapHel 16. Vom Transponieren .

Rapitel 17. Uberdas Partitllrsp1elen und dieandern MllSikschliisseL

RapHel 18. Uber das Praludieren.

Ifapitel 19 . Vom Fantasieren (oder Jmpr01.nsieren) auf dem Fortepiano

lfapitel 20. Uber die gllten Eig-enschaften.die Erhaltung und dae; Stimmen dH Fllrtelliano.

Schlussb-emerkulIg-en zum Ijanzen Weditc .

D.& C.N?6600. C

Seite

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1

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5

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"I 24.24

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51

51

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71)

70

7t73

75

84

91

9.2

96

Page 14: Czerny Von dem VortragePart1

11

DRITTER THEII.LVon dem Vortrage.

Einleitung"§ I .

§ 3.Denn jedes Tonst'iick,ohne Ausnahme, erh"alt bet demZuhorer erst seinen Werth und seine "Vir =

kung durch die Art, wie es ihm "Vorgetragen wird, und diese Art des Vortrags ist so mannigfaltig,dassman ihrer Steigerung gar !teine Gl'enzen setzen kann, und dass del" Spieler, welcher aller Mittel dest\usdruc.ks machtig ist, selbst del' unbedeutendsten, ja misslungenen Compo$lfion Reize verlei~

hen ,und sie dem Dorer interessant machen kann ;_sowie dagegen das schonste Musikwerk vel'lorengeM, wenn sein Vortrag verungl'iickt .

§ 6,ABe Vortragszeichen, deren sich del' Tonsetzer moglicherwe-ise bedienen kann, beziehen sichauf

die folgenden 3 BestandtheHe des richtigen.llnd schonen Vortrags :a") Auf das fo l'te, piano, Cl'e8c:, dimin: etc: "also auf die versehiedenen Grade del'S t°:i r k e

und S cIa w"a ch e , mit del" man jede Taste anzus~hlagenhat,b,) Aufdas Legato,Staccato,etc: also auf die verschiedenen Grade des Haltens,Bindensund

Abstos sens, welches jeder Note zukommt; endlichc.) Auf das T'ital'dando, accelel'aondo,calando,etc: also auf die vorubergehenden Ver"anderun=.

ge n des VOl" ges chrie benen Zei tmas s es ,welche bie und da angebracht werden m"ussen .

§ 4, "ObwoW derVortrag und Ausdruck bereits zu den geistigen Eigenschaften des Spiders gehorL

so h"angt er doch so sehr von den mee-hani schen , oder materieUen Mitteln ab, dass bei grossenMeistern und vollendeten Spielern stets beide Eigensdi"aften in einander fliessen~und folgHch dieEine gleichsam nuT' die naturliche Folge del' Andern zu sein seheint.Wir werden dala-er aueh in diesem Theile die ersten Kapitel vorzugsweise znr Andeutung del" noehgesteigeden Mittel anwenden, durch welehe del" Spieler zur hochsten Ausbildung und mm wahren Zie~

I.e der KlInst einzig und allein gelangen kann •

§5"Man kann alles, was auf den Vortrag Bezug hat, in zwei Dauptahtheilungen absondeJ"ll~namHch:

1 tenS J 11 die genaue Beobachtung aUer Vortragszeichen, welche del' Aldol' seiber schOn seinem StUckebeisetzte , und

2tens In denjenigen Ausdruc.k, welchen del" Spieler aus e i gene m Ge(UhI in das Tonwerk legen kannodcI" solI,

§ 2.Abel" aUe diese Eigenschaften sind nul' die Mitt e I zum eigentHchen Ziele del' Kunst, welchesun be'"

dingt darin besteht, Geist und See Ie in den Vortrag zu legen, und hiedurch auf das Ge m nth., undden Verstand des Borers zu wirken.

.Ill tien zweiersten TheHen dieses Lehrbuches sind dem Schuler aIle Mittel angegeben worden ~ die.m echanis ch e Geschicklichkeit seiner Finger auszubilden ,und folgendc, dem Planisten unerlassli ~

ell e E igenschaften zu crwt!rbt'n :

a" ) ReinheH und Genauigkeit dt's Spiels"h .) Festes Takthalten, und genaue Eintheilung •C ") Richtiges und schneUes Notenfesen .d.) Fester AnscMag del' Tasten und schoner voller Ton ~

e .) Richtiger Fiogersatz •J'") GI'osse Gel'aufigkeit und Leichtigkeit in heiden H"anden, seThst bei bedeutenden Schwierigkei teng") Genaue Beobachtung del" gewohnHchen Vortragszeichen, insofern sie sich auf den mechanisch zu

erlernenden Unterschied zwischen Forte und Piano, sO wie zwischen Legato und Staccato be =ziehen.

A.Yom Forte und Piano.

§ I.Jedermanweiss,wieunendHchtheilbar die Zeit und del" Raum ist.

D.&,C.N? 6600. C.

Page 15: Czerny Von dem VortragePart1

,2

Eben so unendlichtheilbar ist nun abel' auch die K ra fi • und demzufolge kann man aus einer ejnzel~

nen Taste eines gut e n Fortepiano vom leisesten pp bis zum starksfen.if: sO viele Grade vo fl

sch.wachem odeI' starkem Tone herauszubringen ~ dass es ~ streng genonunen ,kaum berechenbae wa _re. E in Beispiel wird dieses kIa" machen 0 N ehmen wir die folgende Figur :

\~?i~Das unter den Noten stehende Zeichen -=:::::::::::::=-bedeufet, die ersten 8 Nolen anschwellen, un d

die nachfolgenden S Noten in demselben Verhoaltnisse wieder schwacher werden zu lassen. •Das Ansehwellen wird hervorgebracht, indem jeder Ton etwas starker .aIs del' vorhergehende

angeschlagen, odeI' vielmehr aufgedT'uckt wird 0

Dad i.e erste Note mit Plana hezeichnet ist , so darf nun dieses AnsehweUen hocbstens nul' z urn-mezza voce gesteigert werden, da bei del" sten Note kein sf odeI' forte steht 0

Demnaeh gibt es in diesem Beispiel schon S Grade von Starke ,welehe yom ersten piano bi.~ zurnmezza voce hervorzubringen sind 0

N ehmen wir nun abel' denselben Sab verlangert an, wie z oB :

\~~J?fj!'Jtj@iF ~==========

D.& C.N!? 6600.C,

§ 3.Abel' naturli.cherweise gehort aucheine grosse Geubtheit, ein hoher Grad von Machtuber seine phy ~

sischen Rilifte, und vollkommene mechanische Ausbildung del' Finger, so wie enoUchein feines Gehordazu, urn von allen diesen Schattierungen Gebrauch zu machen .

Ungeschickte odeI' plumpe Finger kOlmen derselben nieht mOachtig sein, und solche Spieler gIauhenhinreichend mit Ausdruck zu spielen, wenn sieauf eine hochst greUe Art Fo"te nnd Piano von einan"del' unterscheiden, so wie ungeschickte Mahler ihre Farbe bald dick, bald dUnn, ohne die feinerell Vel'=schrnelzungen, auftragen, und demnach nul' bunte, harte Rlext'reien hervorbringen .

§ 4, 0

Urn nun den Fingern die nothige Geubtheit in diesel' Rucksicht zu verschaffen, bleiben VOl' AHemIN ieder die Scale'a in allen Tonarten das vorz·u.gHchste Mittel, und del' Seh'uler hat sie uu n au f to r:ogende verschiedene Arten zu iiben :

D a hier das AnschweUen, ( ehenfaUs nul' bis zum mezza voce) durch j 6 Not e n dauert ,so folgt dar aus ,dass jede Note urn. einen geringeren Grad starker anzuschlagen ist, als in dem frUheren Beispiel, urnerst auf del' 16ten mit dem mezza voce auszn.kommen 0 Hier gibt es also schon 16 verschiedeneGradevon Sfarke vom piano bis ZUlli mezza voce.

Denken wir nus nun abel' diese Stelle noch mehr verlangert ~ etwa im chl'omatischen Laufe,) so,dass dasAnscbwellen durch zoB: 32 Noten danert, so giMes schon vomp bis zum m:v: 3! verschiedeneGra:de von Hraftanwendung 0

N un war abel' bei aUem diesem noeh von keinem Forte, von keinem Fortissimo, und aucll von kei:::nem Pianissimo die Rede, welche aUe wieder eben so vie! Grade zu einander mogJich und notbig rna =chen, Z, B:

\1~ffl5~-~~-mf .f ''if f. 1f f

§ 2.Alles eben Gesagte heweist, dass wir, olme Ubertreibung, wenigstens 100 Grade von Starke uncI

Schwache annehmen konnen, mit welchen ein Ton angeschlagen werd.en kann, so wie del" Mahler eineeinzelne Farbe so manigfach verdunnen kann ~ dass sie, von dem dicksten Striche sicb nach und nacll.,in unzahligen Abstufungen ,his zum feinsten ~ kaum merkbaren Anflng ( lind so um&,ekehrt,) verliert midverscbmilzt.Welche Menge Mittel zum Ausdruck stehen demnach dem Spieler a llein durc11 den An scilla g zuGebothe !_

Page 16: Czerny Von dem VortragePart1

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J, ) 1. te.nS Pia.nissimo. 2 tens Piano. 3 tens MezZ:Q voce. 4 tens Forte. 5 tens Fortis8imo"

Und zwar in allen Arten des Zeitmasses~VOID Tempo moderato his zurn PrestiR8imo ,jedochan fangs ohne aHe cr"escendo's oder dim,inuendo'8 .

B") Wenn er aIle diese Grade del' Starke in seiner Macht hat, sind dieselben Sealen mit del' Anwell=­dung des AnschweUens und Sinkens zu liben , indem del' Hefste Ton PI" OdeI' p anrangt,und beimAufwartssteigen die Kraft gleichmassig bis zum hochsten Tone zunimmt, von wo sie dann, beimAbwil"tsgehen del' Passage, wieder bis zurn ersten Piano sieh vermindert. Alicia hier gibtesmeh~rere A bstufungen . Z."B :

'1 tens Vom P/[J bis zurn mezza voce und dann eben so zuruck .2 te n.5 Vompp bis zum Forte und eben so zUrUck"6 lens Vompp bis zurn Fortissimo und zuruck.~~ Va rn piano ( ode .. mezzu voce) anfangend, bis zum forte l oder fortissimo) •

§ 5"Der Spieler hat ausserst streng dal"auf zu achten, dass beim crescendo das Zunehmen del" Starke

nach gleichen Graden, und ja nicht allzuplOtzlich, oder auch allzuspat ,StaU finde •Man muss daher stets die. Lange del' Passage berucksichtigen, welche cresc: oder dimin: vol"zutl"agenist, und den hochsten Grad del' eben anzuwendenden Starke an dem Wendepunkte anbringen"Wenn man z"D: in folg-endem Laufe:

schon in del" Mittc des ersten Taktes einzelne Tone forte anschlagen, und hierauf in den n"achst!o'ge n ==

den wieder schwacher wiirde , so ware die schone Wirkung des crescendo schon verfehU •Beim dlminuendo ist es eben so •C.) Die dritte nothwendige Art, die Fingerzu nben, besteht darin ~ dass man nach Beliebenjedem ein~

zelnen Fingereinen hesondert>n Nachdruck gebenkonne. Diesel' Nachdruck kann "ausserst leise"ka.um bemerkbar, er ka"lln abel' auch m:v:,] und if sein~w"ahrend aIle nbrigen ~'inger stets pio=no spielen.

In folgender Ubung, welch.eim Ganzen voUig piano vorzutragen ist, wird die mit" bezeichn:ete No.",tf' ungfe(ahr mezza voce angeschlagen :

JedeRepetition

,2 0 malP D er Nachdruck auf einem 11l<'ing-e.. "

A "

" 1\ A

"

" II f\ A A

~. " II A A A /\ f\

A II /\

~tEfffiID.~~C.N? 6600. C

Page 17: Czerny Von dem VortragePart1

4,

Diese Ubung ist (mit demselben Fing-ersatze ) auch in jenen Tonarten zu uben, wo der Daumen auf 0 h;;:rta~stenkommt. zoR: in Es,Des, Fis, etc:Wenn diese UIHwg pp exerziert wird, so ist der Nachdruek senr zart, (ung-efahr piano) anzuwenden.Ausserdem muss man dit'sen Nachdruck auch fD,:~e,und .ff auszufuhren wissen., wobei die 'u!:H";g-eu

Tone stets piano bleiben, und folglich dieselbe Ubung auch auf folgende Art sich eige.n machen:

~" ·· · . ·

.I -tJ/-.. -'...t4' --g +' ,,+.. "fp fp ffp ffp

: · · . ·· · .-~ -... ~

-~........,

§' .Abgesehen VOll den feineren Schattierungen, wekhe durch das cre8cendo und diminuendo bervor."

gebracht werden, ist del' Ausdruck, welcher auf del' Anwendung del' Kraft beruht , in 5 Hanptgrade ein =

zu theHen, welche beim Spiel genau von einander unterschieden werden mussen,namlich :

4 tens Das Pianissimo. 2tens D as Piano. 3 tens Das 111ezza 'Voce. 4-tens D as Forte. 5tens Das FortissimQ,

Urn den Fingt>rn, so wie dem Gehor die nothige mung hierin zu verschaffen, sind (n'achst den Scalen )aBe im f·ten und 2 ten Theile dieses Werkes vorkommenden FingersatzUbungen auf diese a Aden ge::nau nnd bOaufig zu Uben, wobei mit dem pp anzufangen ist.

Doell ist im Jehten Fane das Tempo langsamer zu nehmen .

§ 6.Es muss hieI' bemerkt werden, dass diesel' Nachdruck vom Spieler ja nicht durch eine heftige Be =

wegung del' Hand odeI' gar des Arms hervorgebracht werden darf, SOndeI'll nur durch den starkerellDruck des Fingers, welcher daher dem Zuhorer wohl horb aI', abel' nicht sichtbar werden darf .Se1bst beim sfarksfen Markiren eines einzelnen Tones, odeI' eines crescendo, muss die Hand unddel' Arm moglichst ruhig gehaHen werden 0

'lies Kapitel.Nahere Bestimmungen uber die -".nwendung des Forte,Piano,etc:

§ I.In den neueren Compositionen werden die Zeichen des Vortrags von den Autol'en meistens so

ausluhrlich angewendet, dass del' Spieler im AUgemeinen selten libel' den Willen des Comp08ileul'sin Zweifel sein kann .

Abel' selbst da gibt es Fane, wo vieles del' 'ViHkubr des Spielers ube-rlassen hIeibt, und in ·a,lterenClavler=Werken, (z. R: von 1J1ozart, Clementi,etc:) wo jene Zeichen ·a.usserst sparsam sich ange~

zeigl finden, hOangt del' Vortrag meistens von dem Geschmack und del' Einsicht des Vortragenden ab.Daber ist del' Vortrag diesel' Werke in diesel" Riicksicht weit schwerer .

§ 2.Man kann annehmen, dass jede del' ;) Hauptgattungen des Forte und Piano., einen bestimten Cha=

raIder ausdrucken, und foJgHch eine besondere Wirkung hervorbringen kann. Namlich :ao) Das Piani.''!8imo (pp ) ,welches die Ieiseste Rehandlung del' Tasten, die, ohne undeutlich zu weI' =

den, moglich ist, bezeichnet . Es tragt den Charakte'1' des GeheimnissvoUen, Mystischen ,und kanin seiner vollendeten AusfUhrung , auf den Zuhorer die reitzende Wirkung einer, aug weiter FerneschaJlenden Musik, eines Echo, hervorbringen.

h.) Das Piano ( p ) L ieblichkeit, Sanftmuth ,ruhige Gleichmuthigkeit , odeI' stille Wehmuth, aussernsich. durch die zwnr weiche und zarte, abel' doch schon etwas bestimt'reundallsdrucksvoUere Behand~lungsart. mit welcher bei diesem Grade die 'rasten anzuscblagen sind.

c.) Das Mezza voce. (m.v.) Diese Abstufung liegt genau in del' Mitte zwischen stark und schwach 0

und konnte mil dem ruhigenerzailJenden Gesprachston verglicben werden, del', ohne leise zu lis =peln, odeI' tibe-daul zu deklamiren ,mebr durch die vorzutragende S ache,als durch den Vorlra,ginteloessiel'en will. '"

d.) Das Forte, ( f) bezeichnet den Ausdruc.k der selhsts·andigen Bestimmtheit und Kraft,ohoe Uber=treibung des LeidenschaflHchen,in den Grenzen des Anstandes ._so wie in del" Regel ~aHes Glanz",v 0 II e, ( b rill ante) mit diesem G."dde del' Starke ausge(ubrt werden kann '

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Page 18: Czerny Von dem VortragePart1

5e.) Das Fortissimo. (:if) Dass selbsttler hochstf" Gra(] del' Star~e immel' in den Grenzen des Sc h '0 =

n en bleiben muss ~ und nie in greBes Schlag-en ~ in Misshandeln des Jnstnlments aUS(ll'ten da.·f ~

1st schon fruher gesagt worden. Jnnerltalb dieser Gl'enze d.·ucktes die Steigernu.g de.' FreuJehis ZUlU Jubel ~ des Schmerzes bis zur Wuth aus; so wie das Glanzende bis ZUl" Bravour empo."ge =

hoben wird.In foJgenden Beispielen kann der Schuler vorlaufig aBe diese Hauptschattierungen «ben.

All!! moderato.

~~19!Bf'ywifltlgf ~.

Von dem musikalischen Aecent ~ od.er Nachd.ruck,der aui'

einzelne Noten kODlRlen muss.§ I.

MaR weiss,dass jede Sprache aus langen und knrzen Silben besteht ,das heisst, aus soIcben, wei :.~he gedehnt, oder gewichtig aus.gespl'ochen werden mussen ,also auf welcbe der Accent kommt,undaus solch.en.weIcht" kurz und ohne Nachdruck lauten .

In folgenden Worten, z ..B:

~

:f:~~' :J:f-#-

~

P1'1

J -#-:+- -..,---- , , -.,--- -- - "'---' tI'..,. 117~T..,. T';-" +-.,---- ~ ~

u _ u _ u _U

Vergangenheit und Zukunff.

sind die mit _ bezeiclmeten SiIben lang, und die mit u bezeidmeten kurz,und weI' diese Worte au fverkehrte Art aussprechen woHte, "W'Urde sie rlicherlich, ja fast sinnlos madlen .

§ 2.Ganz dasselbe ist mit den musikaHschen Jdeefi der Fall, wo der Allsdruek stetl;! auf die geeigneb~No=

te kommen muss. Wenn sich dieses in dt'l' Musik auch nicht so genau dureh Regeln festsetzen ras8t~wiein de.. Spraehe, so Jeite! doch das riclltige GefUh1 fUr "\Vohlklang, DeutHelakeit, Rhytmu8, und vol'z'og=liell f"ur den Charakter jeder ehen vorzutragenden SteBe danmf ~ dass man die musikalische Deklama",HOD nieM vf>rfellle ~ nnd sich dem Zuhorer im Ausdruek seiner Gefiihle mogliehst verstandHcb mache.Meistens sehen die neuen Tonsetzer mit Genanigkeit die Zeichen zujeder Note, welcbe sie beson =derl;! hetonl wunschen (narnIicb. ::>~f\ ~ if:> sf,fz :.fP' auchwohl -:-u.d.g-.) und in dem Faile hat del' Spielernor djes€ Zeichen genau 7011 beachten .Wo dieses aher Dicht del' Fan ist, konncn im Allgemeinen folgende Regeln dienen :a.) .Jede Note von langerem Werthe muss mit mehr Naehdruck angeschlagen werden, als diekurl.ere.

welche ihr vorangeht oder nachfolgt. Z. B:Moderato.

A _. _

~~.Hier muss in der rechten Han.d jede halbe Note den Accent erhalten ~ also mit mehr Nachdruck gespidtwerden als die VierleJn •

D.& C.N~ 6600.C.

Page 19: Czerny Von dem VortragePart1

6Da d i€ ganze Stelle piano ist, so hlithe man sich . d iesen Nachd '"uck bis'l.um FOT'le zn steig ern: erdarfhochstenseinMezza voce seill.Ware jedoch die ganze Stelle m.v 0 bezeicl1net)' so musste del' N acbdruck schon dem FOT"te setber na =

he kommen .Die 'Begleitung del' Hnken Hand nimmt hieran diesem Ausdruck keinen Theil,weil sic in einfachen Ach oc

teln fOl'1schreitet " Bestunde abel' del' Satz in beiden H'anden aus gleichen Noten, so mOussten beideHan",de gleichen Nachdu'uck gehen. ZoE:

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=6 7.: "

Noch cine wic:htige Bemerknng ist libel' dieses Beispiel zu machen • Bei dem Ausdruck muss deI'S p ie =Ier so viel als mogIich Monotonie ( Einformigkeit ) vermeiden .Da nun im gegenwartigen Sahe in jedem Takte eine halbe Note vorkommt, so e."forded diesel' U m =

stand, dass ein= OdeI' zweimal jener Naehdruck n ie h t angebracht werde •D ieses geschieht hier am schicklichsten im4tmundims~Takte.D emnach muss das Ci8 (illl 4ten Talite )und das D (im sten Takte ) entweder mit gar keinem odeI' nul' mit welt schwacherem Ausdruckangeschla=gen werden.D iese Anderung kann desshalb nur ill dli'n beiden bezeichneten Takten Statt finden, wei! da gerade einAbschluss del' J dee befindl ich ist ~ (niimJich, im 4 te n Takteine Halhcade·nz und im sten eine voHkommene Cadenz.

u.nd wei! demnach das Ganze auch in diesel' Kucksicht eine Symetrie (Gleichmass)erhalten muss 0

h.)D iS80nierende ( das heisst: 'ub e lstimmende ) A ceorde werden gemeiniglicll etwas starker ausgeorOucHals die naehfolgenden con8onie'l'enden ( oder wo Idstimmenden) • Z.B :

+ + -l- -I- +'

Obwohl diese Stelle durchaus Forte vorzutragen ist ,so legt das Gefiihl doch auf die mit + bezeich =

neten dissonierenden Accorde nochetwas mehr Nachdruck, welcher jedoch das Taktgeflihl und denRh.rtmus niehl storen darf .E inzelne Noten del' Melodie, die, ais durchgehende Dissonanzen zur BegieHung libel stimen ~ weI'-=:den bessel' sehr sanft gespielt, besonders, wenn die Stelle langsam sein muss. Z. B :

~ - -"" II

- .

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pp \..,.." ~I 1-1"".~ -- -I"" .. -/'- I"" I-f- I .. .. .. .. 1+_+"

hdanle. ~

c.) Da es eine der-erstenPflicllten des Sp ielers ist, den Horer nie libel' die Takte.intheilung in Zweifelzu lassen, so fiihrt dieses schon VOn selbeI' mit sich, dass man, wo es nothig ist, jeden Anfang ei:oneS Takts, odeI' gar wohl jeden guten TakUheiI durch einen kleinen Nachdruck merkbar mache .Diess ist vorz"uglich nothwendig ~ wo die Comp08ition Ilierin in Zweifel lasst. Z.B :

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- II rD.& CoN~6600.C

Page 20: Czerny Von dem VortragePart1

4'

Obwohl bi.er del' eigentliche Accent erst auf die Viertel note kommt, so muss doch die erste Note Je ~

des Taktes insofern mit einigem (wenn auch kaum horbaren ) Nachdruck gespieH werden, urn den A ofangdes Taktes anzuzeigen. Denn del' Dorer kann nul' dann einem Tonstucke nachfolgen, wenn er stetsTakt und Rhytmus richtig aufzufassen vermag •Dasselbe giltauch bei gleichen fortlaufenden Passagen, wo sonst der Rorer Jeicht den Faden des Tali =

les verlieren konnte, z. B :A'lo _. ~a , , 10 co

l~ + ~-t- I."" J I - ~~

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"+ "" ~ +,-f- -l- AI _+-r....... +~A+ L ;;;

,)-~- d/m: - p rif~ __ -:$ ::::::..:#: 1: ~ +- I

:. -~

Hier muss jede mit +.bezeichnefe Note insoweit mit einigem Uber,gewicht angesehlagen werden ydassdie Takttheile versfandlich bleiben, ohwohl die Gleichheit des ganzen Laufes dadurch ja nieM ge =slort werden darf •d.) AHe s:ynkopirten Noten mussen mit besonclerem Nachdruck angeschlagen werden. Z. B:

t

--- -~ ~ --

,J rfJ

... cre8C:

~ .a+~ f·· ..

J...,.. ~+, r I ,- po-

)

ALlea.-uoot

II iel' ist die recbte Hand stets etwas mehl' als die Linke zu mark-iren •Dieses gilt all.ch,wenn die synkopirten Noten frei stehen, z.B:

Alii! \

(

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Hier ist del' Nachdruck in beiden Danden gleichmassig anzuweuden.e.) Jede,zwischen gestossenen Nuten stebende gebundene N~temuss, auch bei gleichem Werthe,mit.

einigem Nachdruck gespielt werden. Z.B:AUG -.

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Page 21: Czerny Von dem VortragePart1

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Die e"ste von den,2 Noten, wekhe hier mit eincr kleinen B indung zusammen gebunden sind, Wirdstets mit etwas sfarkerem Nacbdruck angeschlagen~wahren:daile 'ub,oigen gestossenen Noten I1IH'in

d~r vorgezeichneten Stat'ke auszufiihren sind,§ 3,

Die bei einzelnen Noten stehenden Ausdl'uckszeicben verstarken die Note urn eine AbstufungWenn also dne ganze Stelle pp zu spielen ist, so wird die mit ::>-oder 1\ bezeichnde Note bloss pio=no, also nul' mit sellr leichtem Nachdruck gespl.eH ,.Jsf die Stelle pfono, sO wird die einzelne Notem.~v, vorgetragen ; u, sow. Z .D .

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§ 4.Jede lange auslouhaUende Note muss ubrigens, besonders im VloUn im pp und p, mif einigem ,

obschon sehr kleinen Nachdruck angeschlagen werden, da das PlonofoT'te keinen haltenden Tonhat,und daher diesclbe, im Ge~ang , loU bald verklingen wlirde • Z. B :

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§ 5.Mit demsclben Nachdruck ist, im GeS:%!iede hohere Note im Vergleich gegen die tiefer liegende vorzo::-trag-ell.Z.O. ~ n- ~ - ~

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Page 22: Czerny Von dem VortragePart1

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§ 6.~Venn d iss 0 fl ierende Accol°de sich in consonieloende auf! osen, so kommt d er Nachd ruck, ( A ecen t)

stets auf rl ie D i880nanz 0 Z 0 .B :

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P &emplice~ 1_

'\usnahmen mussen auch hier vom A utor eigends angezeigt werden.

§ 1.Wenn ein einfacher Gesang sich mehl'mal wiederhohH, so kann er, durch stets verandeJ·te A ccen ~

tuirung, auf sehrmannigfac.he Weise verandert, und dadurch immer neu nnd interessanterhallenwerden. Z . .B:

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§ 8.Auch bei schneHeren Passagen kann del' Accent einmal auf den schwereren, einmal auf den leichte~

ren Takttheil fallen. Z. B:

All~

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Dei rasch fortlaufenden Passagen ist'ubrigens das leichte Markieren del' erst.en, auf den schwef'enTakttheH faHenden Note he-sonders dann sehrvortheilhaft, wenn man mit Accompagnement spielt ,und sowohl die Regieiter, aissich selbst, streng im Takt zu halten hat. Z. B:

Molto AUf}.

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Page 23: Czerny Von dem VortragePart1

10 §10.Bei AccQrden muss der hochste Ton am Meisten markirt

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we.rden,wenn er den Gesang bildet. Z.:B::::> ::::>

§ 13.Wenn in del' rechten Hand einfache und lange gehaltene Noten vorkommen, wahrend die Linke ei::

ne aus vielen Noten hestehende RegIeHung hat, so muss die rechte Hand beinahe forte, die Linke da=gegen plano gespielt werden. Z.D •

§1t.Ein Stuck schliesst entweder pp, oder jf;fast nie mezza voce.

§ 12.Dei der Wiederhohlnng ( da Capo) eine-s Scherzo, nach dem Trio, wird znlli zweitenmal del' er::

ste Theil desselhen, und znm erstenmal del' darauf foIgende zweite Theil dnrchaus 1"1" , fast ohne aLlen Ausdrnck gespielt .

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------­()a es in dieSem Reispiele unmogIich ist, in die rechte Hand sonst nocheinen besonderen Ausdruck2U Regen, ansser jenem, welder durch diesen starken Anschlag (mit del" ruhigsten Hand) und durch fe:stes Halten u.n!l Binden hervorgebracht wird, so ist es nothwendig, diesen Ansdruck in.. der HnkenHand in soferne anzubringen, als man die h'oher steig~ndenAeeorde und SechzehnteJn etwas ere-Ii ::cendo, die abw'artsgehenden dagegen diminuendo Yortragt, ohne jedoch die Grenzen des Plano zu'uberscllreiten ,und dass man dieser Begleitungsstimme durch einen welchen Anschlag einen sanfteuSchmelz gebe.

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Andante.

Page 24: Czerny Von dem VortragePart1

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Die Wirkung solcher wohl vorgetragenen Stellen ist sO tauschend, dass man glaubt ,die matiere Ge=sangstimme werde auf cinem and ern J nstrum ente, von einer besonderen Hand vorgetragen, w'ih renddas Pianoforte leicht und sanft accompagnirt ,

§ 15,'Venn ein gebundener Gesang mit abgestossener Begleitung 8taft findet, so ist de.'selbe mit meh,.

N achdruck zu spielen als diese Begleitung , Z, B :

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IHier wird die obere gehaltene Stimme beinahe forte, und nebst clem noeh mit Ausdruck vo.'gelragen ,~:ihrend die kurzen Noten in beiden Handen sellr piano, sehr 8taccato, (aberja nicht arpeggio) auszu=fuhren sind.

Von der An-wendung des

cl'e8cendo und diminuendo,

§ 1..Es muss VOl' Allem bemerkt werden, dass das cre8cendo niemals durch cine sichtbare Anstrengung

der Hand odeI' durcn honeres Anfneben del' Fin-gel' hervorgebracht werden darf, wenn man legatospieH, sondern nul' Jureh einen vermehrten in nern Druck del' Nerven und durell ein gr 0 5S e re 8

G ew i c ht, welches die Hand hiedurch erh'all;, ohne die Gefiufigkeitder Finger zu fesseln .

§ 2.Jede aufw'arts steigende Passage wird in derRe2:el cl'e8cendo, und jedeabw':irts gehende dim; =

nuendo vorgetragen, Z.B:

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Page 25: Czerny Von dem VortragePart1

12Allegro.

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Dieses ist auch zu beobaehten.,wo del' Tonseher gar keinen Vortrag angezeigt hat. Wo er dasGegen"theil haben will, muss er es eigends andeuten .

§ 3.Wird eine solche, nicht aHzukurze Passage zweimal nach einander wiederhohlt, so ist sie .las zwei"O

tema] weit mehr piano als das erstemal vorzutragen.Selbst pianissimo ist sie sodano. von angenehmer Wirkung . Z. B :········· ..·..·..5....·......··....·......._········....···.. I

Alle9'·o. .. 8a.·.·.· ..·· ..···..··· ..·~··:-;;..i: ..... ~:!l.l 2 ~ 3 - nco

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I iI' II'r~Das zweitem.il wiI'd demnaeh das cresc: nnd dimin: entweder gar llieht, odel"nur',iusserst 'Wenig an ~

gewendet, Uberhaupt muss jede, sieb. wiederhoblende Stene das zweitemal mit einemandern Vortragausgef"uhr-t werden, ais das erstemal .

D.&C.N?6600.C

Page 26: Czerny Von dem VortragePart1

'13§ 4,.

Wenn ein langsamer Gesang 'uber eine gehaltem~Harmonie aufwarts odel' abw'arts schreitet J so is l:eben so das cresc: und dim;",: in einem angemessenen G"ade anzubringen, z. B :-- -

(Andante. )

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Andanle. tE" versteht sich,dass del' Spieler diesen Ausdruck seIber liineinlegen muss, wenn del' Aulo}' g;jr kei=nen angezeigt hat.

§ 5.Kurze,aus geschwinden Laufen bestehende", und Forte auszufiihrende S':ifze wel'den gewohn 1iell

sowoW auf =wie abwarts crescendo gespielt ,so, dass die ldzte Note derselben den Accent bekomt;z. B~

A lle,qro. .:.r----.. ~

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§ 6.Diejenigen TrineI', welche eine wiHkunrliche Lange haben, und welche plano anfangen, mussen in

del' Mille ihrer Dauer bis zum Forte anschweHen, und sodann wieder eben so nach und naeh zum pia =

no .w.·uckkehren .Wenn soldle Triner forte anfangen., so m'ussen sie meistens diminll,endo bis zum pp ausgefuhrl: wer=den",Z.B:

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• ..."".J P--=;F==- :fJ ff=-=-PP

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~It in solcher, senr lange dauernder Triner kann durcll einen gleicllmassig und oft wiederkehn~ndellN achdruck ein gesteigertes Jnteresse gewinnen . Z. B:

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~Ci~::> ::> ::::- p -=:::..r=- P

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Del' TriBer darf sich. da auf keine Weise unterbrechen . nul' durclleinen sfarkeren, in gleicheo Zeit :­,r'aumen nacheinanderfolgenden Druck del' Hand wird dieses '0fte 1'(" Anscbwellen bervorgebracbt .

D.& CN~6600.c.

Page 27: Czerny Von dem VortragePart1

'14-Doch dan sich del' Spieler dieses nurda erlanben ~ wo eine Haltung mit dem Triller verbunde Il 1St. ~

nnd derseIbe folglich von wiUkUhrlicher Lange sein darf .

§ 7."Bei einem langen Tl'emolamdo, und Uberhaupt bei solchen eadem:::::= Passagen ~ welche dne win ::

k'uhrliche L'ange haben, findet dieses Anschwellen und Abnehmen del' Kraft gIeichfaHs meistentheiIsS taU, z.. B : A TTl! 1""'\

Adagio.~ ga : .

'~(i if$§~r;Iz.HHHHHHHHHH~-======================-- JOfJ rall:

-- -- pBiswenen~end einem aHgemeinen crf!Sc: und dimin:,nochandere kleinere Ansdruckszei::chen Statt ~ welche an dem aUgemeinen Anschwellen und Vermindern Theil nehmen mussen. Z. B:

-------

nimmt.~

~ I ... "'- JtrlP-AI_.. - ..

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Dile kleinen Zei~hen: -=::::-::=. mhssen indl'm I irn: 7;u::und ab::e.u.J.U.~ll ,

B. :tes Sapitel .Uber die Anwendung aUer Abstu'fungen des

Le!Jato und Staccato.

§ t.Das HaHen~Tragen und Abstossen del' Tasten kanneben so, wie die Starke nnd Scbw'adle, in fiin!

G rade ein~ethent werden. n'amlich :~ ,

a.) Das Legatissl.mo; wobei jeder Finger langer als die Dauer del' Note vorscllreibt, auf den Ta =sten liegt'n bleibt • Dieses ist nul' bei gebrochenen Accorden eigentIich anwendbar, und man hatwohl darauf zn achten, dass nul' consonleremde, ( das heisst wohlklin~ende,zum ~4.ccord ~ehor!g-e ) Toneauf solche ArtgehaIten wt'rden . Z. B:

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Page 28: Czerny Von dem VortragePart1

15Hiel" w'ird in del' reehten Hand der oberste, nnd in der Linken der unterste Ton so lange geb~lten ,alsob er nebstbei aIs Viedelnote be~ekhnetware" so wie aueh die mittern Pingel" sieh erst dann heben ,, .

wenn sie wieder anzuschlagen haben " Ungef'ahr so :

etc:

Bei ge8chwinden gebrochenen Accorden, die nicht als briUante Passage, sondern nur a18 Ver5tar =:

kung del' Harmonie: FuUe anzusehen sind, gilt dasselbe " Z"B:ALL'!

:t:

/;'j Das Leyato" dnrch dieses wird auf dem Pianofo."te der Gesang, so wie die gebuDdene Harmoniehervorgebrdcht, nnd der Spieler hat, indem er jeden Ton genau so lange b."aU ,bis der n"achstfo I "

gendekommt, soviel die Natur des Jnst:ruments zurasst, durch. dasselbe die Wirkung del' Men =schenstimme, oder eines Blasinstrumentes nachzuahmen "

C ,I Dag B alb: Staccato, oder getragenes Spiel,das zwischen Schleifen und Stossen in der MiUeIiegt, und jedem Ton ein besonderes GewicM gibt, obne ihn an den Folgenden zu bindeD. • Die,auf~:liese Art angeschlagenen Tone erhalten eine besondere Bedentnng, eineWichtigkeit, welche ,be =sODders unlangsameren Tempo, keine andere Vortrags: Art ersetzen kann.

d,) Das Staccato" Das Abstossen der Tone bringt ein frisches Leben in die MU5ik, und das ErmudendA.bl'lpannende, welches ein immerWabrendes Binden der Tone auf den Borer zuletzt hervorbriogenm'usste, wird durch das abwechselnde Absondern, und die dadurch bewirkten Ruhepunkte,vermie =

den.e-l Das Marcatissimo, (martellato, gehammert) steigert dieses Abstossen, am geh.origen Oa"te,

his zum kurzesten Aufblihen der einzelnen Tone, mad legt ,l'le1bst in die, an sich leichten, nube c::

deutenden Stenen, die Wirkung gfanzender Bl'avo'up nnd Ubervrindnng grosserSchwierigkeit.

§ 2"Auch zwischen diesen funf Ansdrncksgraden liegen nnz'abHge Schattiernngen, welcbe eilte

v 0 II ko m me n ausgebildete Fingerfertigkeit daun nach Eingabe des Gefuhls nnd Talents anwen '"den kann.In folgenden Beispielen. sind die Hauptnuancen nebeneinander gesteHt •--- J. l J h-"~ -1 l -

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Page 29: Czerny Von dem VortragePart1

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D er ~chwermuthigeCharakter diesel' Stene, und del' grosse Ausdruck,mit welch.em sie gespieH weI' '"'­den kann. berech.tigen den Spieler zu folgendem Vortrage :1. Heide Hande ruhen stets fest und mit anem Gewicht auf den Tasten, ohwob.l die Finger uberan,wo

p oder P'P vorgezeichnet ist , so leise ans~hIagen., wie ell! nothig ist •2 Bei allen Vierte]n und halben Noten druckt del" Finger, naeh dem Ansehlage,die Taste fest his

auf den Grund binah •3. In den ersten 3 Takten werden von del' rechten Hand die Gesangnoten so lange gehalten. ,daM je=

del' Finger die 8einige erst nach dem Anl'lchlage del' n'achstfoIgenden und zwarungefahrnachderDauer einer AcMel =Trio Ie ,verfasst. Die 6 l~tzten Tl'-lolen im 3ten Takt, nad die 9 letden T,.;o=len, im !)ten Takt werden von del' rechten Hand so lange gehalten, ais jeder Finger mogUcherwei=!Ie auf seiner Taste Hegen Meihen kann. Eben diel'lel'; gilt von allen Triolen inder lin ken Ran d .

4. Bei del' mehrstimmigen Stene im 4 ten und 6 ten Takte gleiten die 'Finger mit mogli.chster Ruhe nndBindung von einer Taste zm." andern •

§ 3.Das Legatissimo wird durch die Gindung, 80 wie auch meistens durch das beige(ligte Wort ange.=:

~eigt, und ist ausse.rdem noch bei allen SteUen, w~lche einen vielstimmigen gefUhlvoUen Gesang .odeI' eine wohUautende Harmonie bilden, anzllWenden • Jedoch. meistens pp , p , odeI' m.v.,seltenfopte oder if. z. B:

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D.& C 11/°6600. C

§ ...Das gewohnliche Legato wird durcll Bindungen angezeigt, muss abel' anch uberaH angewendet wei"~

den, wo del" A.utoP gar nicht5 andeutete. Denn in del' Mu~ik ist das Legato die Regel. und aBe ubri =ge n Vortrags =Arten nul' die Ausnahmen •W ie wlr wissen, besteht das Legato darin, das5 jede Note nach ih.r~mvollen Werthe gehalten,.und dieTa5te nicht eher verlas5en werden darf~bisdie nOachstfolgende Note eben angeschlagen wird.Anf die:-~~ A rt 1st jede Melodie. jeder mehniimige Satz;-Ulld jede ~ anch noch 50 schnelle Passage vorzutragen.

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Page 30: Czerny Von dem VortragePart1

,.')'Am wichHgsten und am 8chwierigsten istaber die Ausfiihrung des Legato in del' Fuge", und im gebull=deneu Styl~ wovon spateI' die Rede sein wird. Rier ein Beispiel im gewohnHchen St;'fle .

Allegro mo derato. _--..... ~ .. ~ _ I!/I sa loco

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{Del' weiche,sanfte Charakter diesel' Stene wird dadurch ansgedruckt ~dass die rechte Hand sowoh] dielangsamen Noten, wie die Laufemit schonem vollen Tone, volIkommener Gleichheit und Ruhe,und 80

gebunden vortrage~wie es auf einem guten Blasinstrumente (Clarinette odeI' Flote ) in einem Athernausge(uhrt werden konnte . .Tm sten Takte sind die Vierteln in beiden H'anden so zu halten ~ dass die ~"'in =

germoglichst spat, kurz VOl' dem n'achsten Anschlage aufgehoben werden . .Tn den hierauf folgenden4 TaMen sind aIle 4 Stimmen gleichmassig gesangvoH auszufiihren. Eben so die Acbtelnindennacbsl=folgenden 'I'akten .Die Achteln in del' linken Hand ( in den ersten 7 Takten) sind zwar gebunden zu spielen, docb. darf die un",terste Note nicht als Halbe, sondeI"ll hochstens als Viertel gehaHen werden.

§ 5.Besondere Bea.chtung verdieni jenes Legato ~ welches bei fo-rtlaufenden Noten anzuwenden ist,die

in beide Hande vertheHt vorkommen • Z. B :

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Page 31: Czerny Von dem VortragePart1

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§ 6.Wenn gebundene Oetavengange vorkommen, so muss sichder Spieler bemuhen,durch Abwech ::;

seln des 5t~ Fingers mit dem ~ten und 3ten , nnd durch grosse Ruhe del' Hand, das mogHchst bessteLegato hervorzubringen • Z.B:

- ~

'18Hie.' m'ussen beide Hande liberall einander in so1cher Gieichheit nachfolgen, dass del' Zuhorer gtetsntH' e j n eHan d legat.o spiele.n zu horen glaube.Dahermuss ioJe'ii'erHand die Iehte Note genau 80 lange gehalteu werden, his die u'achstfotgendevon del" :mdern Hand ange~chlagenworden 1st .Man darf diese Art nieM mit jeuer verwechseln, wo bei ahnHchen Passagen das Absetzen del' Iran-=de ab sicht1i ell bemerkhar sein muss, um irgend eine briUante undhesondereWirkung hervonu=bringen.

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TI& C N?6600. C

Man muss die verschiedenen Grade des Ausdrucks auf diese Sprlingeehen so Ieieht, wie auf nalurll =che Meiodien anzuw.endeu wissen.

Von dena. getragenen Anschlag nnd dem Halb:Staccato.§ t.

Diese Manier zerfallt in.2 Hauptarten ~ nrrd ist fUr den Spieler von besondrer- Wichtigl>eit . S iewird durdulas Zeiehen .~~ und bei einzeh.en Noten in neuerer Zeit dlJrdl ~ angezeigt.

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E in GJeiches gilt von voUstimmigen AceoT'den,wenn sie gehunden werden s,oUen .§ ,.

Wenn bedeutende S prunge legato vorzutragen sind, so muss man die Wurfkraft, so wie die Sicher=kelt del' Hand wohl in seiner Gewalt haben7um.nicbtmitzu grossem Gewicht auf die entfernte Taste zufallen.Daher sind solche Sprunge aueh fleissig pp, p find m.l'. zu uben • Z.B :to. _ ~

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Page 32: Czerny Von dem VortragePart1

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Die erste Art ihrer Anwendung besteht darin, dass man die langsamen Noten einer Melodie nu rdUi"ch etwas mebr als die U'alfte ihres Werthes, als ungefahr durch zwei Drittel desselben ausnall,und daher zwischen den n:u~heinanderfolgendenTonen einen kleinen Absatz horen l"asst.Die Tasten werden hiebei meistens mit einigem Nachdrnck angeschlagen. Bei ziemlich langsamenNolen wird die gan2.€ Hand jedesmal ein wenig gehoben; bei geschwindern abel' nul' del' Finger.Z:B:

Andantino."II ~

"'- . -rtf:~"'": ~

Die Wirkung diesel' Vortrags =Manier gleicht, im langsamen Tempo, einer, (lurch Seufzer uute.'bro:chel1en Rede, und del' Spieler hat darauf zu achten, jede Taste zu gleichbestimmter Zeit ausz-ulas ~

sen,um wedel' in das Le9ato,noch in das wirkliche Staccato sich zu verirren, ausser, wenn, wiehier im 8 tell Takte, wirklich eine Anderung des Vortrags angezeigt ist .

§ 3.Das langsame Tempo des vorhergehenden Beispiels gestattet, dass aile darin enthaHenen g-eb'age=

nen Nolen miteiner kleinen 'Bewegung del' Hand ansgefiihrt werden konnen. Abel' in schneHerea' Be =

wegung darf dieses nul' mit den Fingern geschehen . Z. B :

All!! moderatOr ~-- ~ - •. ~ ... .-L-t:-

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112'fi:Ua C~ I ,~ iI ¥ ~ I

Ir ~ dbm"' ~~ • IJ 8morz: 10

JltJ~ ; J J5::=3 ' ~itiiJr4; #

§ 4..Wenn aher die Laufe und Passagen noeh schneller auf diese 'lVeise gespielt werden sollen ,dann

findetdiezweite Art diesesVol'trags StaU,welchedarin besteht,dass jederFingerrnit seiner

D.& C.N?6600. C

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________________________p_t\l1~\\0tjjj6ii2lE;iijiK~0I.."·· ..... ......

~o

we'iehen S pitze auf den l'asten die Bewegun,g des Kratzens odeI' Abrupfens maeht, datH.j mehl' cderweniger Scimellkrafl del' Nerven anwendet , ond dadurch ein 8ehr Idares, )If'dendes , g 'e icllesSpiel sich aneignet, mittelst welchem selhst im @ehnellsten Tempo aIle Passagen gleich gerundetmtt vollem, nicM scharfen Ton, und mit del" schonsten Ruhe del' Hand hervorgebracht werden 1.00=nen.Dies er A nsch1ag ist ungefahr derselbe, dessen man sie-h beim Fingerwechsel auf ein er ,oft 'II Il dsdHiell oacheinander angeschlagenen Taste bedient, wie z:B : im:

nur class dabel die Finger naturHcherwf:'ise nie-mals schief und @eitwarts gehalten wel'd,en d•.irfen.

§ 5.Aile Compositlonen, welche,im briUanten Sfyl ges4"hrieben, aus einer grossen Masse von Noten be~

slehen, uod auf ein sclm.eHes TempQ berechuet sind, mu.ssen vOl"zugsweise auf diese Art vorgetra '"gen werden, weH das I"uhige Legato dieselben matt uud einrormig, das markir-te Staccato hingegen dieselben aHzu scharf und greH hezeiclmen wiirde •( Es vers'ehlsich, da88 einzehte Stellen liievon ufJerall Ausnahmen ldlden.)

§ 6.Diese Art gestattet aile Scb.attierungen des PP,P', m.v.,.his zum rm·te. Nul" das /i'orUs8imo

w'urde da efne ailzu grosse AnstrengungderNerven erfordern 6 Denn es versteht si~h,daM aile A,·;;ten des crescendo ,etc: nul' durch einen, dem Auge nicht sichtbaren,innern Nachdrnck derGand undFinger=Nerven hervorgebracht werden mussen.Hier ein Beispiel diesel' Art :

• . locoAll £! Vivace. Sa......········· ~ ~ ;:--.....,

• ,I ~~: ~. ~ ;,+.jt.-.t~ :t~f.!=-i:~~4": .~ ---

iii;--~dim:

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le!l!J ie.ri88imamente.

D.&> C.N°6600. C

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Page 34: Czerny Von dem VortragePart1

21AHe,mit den Worten Leggierm: odeI' Legg ieT-iss: bezeichneten Stellen m"ussen auf diese Art vo "::get-ragen werden, so wie auch die meisten geschmackvollen Verzierungen . besonders in den obe"nOcLaven, hiedurch den 8chonsten Reitz erhalten .

§ 7.D iese Spielweise ist zu wicntig, als dass del' Clavierist sie nul" so nebenher bei einzelnen Passa~

gen uben soHte. Er muss durcla eine g~raumeZeit sich vorzugsweise damit beschaftigen ~ und hie.'sind wieaer die voHstandigen Scalen:: Ubungen in allen 'l'ouarten das be:5ste 111.itte!. wenn man sieauf diese Art in allen Graden des Piano und Forte, so wie in jedem Tempo, fleissig uhf, his man imStande ist, jede Passage, ( die nicht aus Doppelnoten besteht) in dieser Manier nach Wi1Ik·uhrauszufiihren.

§ S.Diese Art lasst sehr viele Schattierungen und Abstufungen, vom Legato bis zum wi"kJichen Stoe =

c.ato, zu, indem man dieses Abrupfen durchmehr odeI' wenigel' Ansta'eugung del' Nerven.sowiedurchmenr oder mindere Beweglichkeit del' Fingerspitzen nada Belieben steigern odeI' vermindernzu ko" ~

nen im Stande sein muss.

VOD"l Staccato.§ t.

D as Sta.ccato wh'd dureh Punktchen uber den Noten, odeI' dureh kurzen Notenwerth und d3 r(} u ffolgende Pansen angezeigt. und. besteht in kurzem~festenAbstossen del' Tasten durchdie Finger

7.oh'fi€

die Hand dabei bedeutend zu heben ~ und ohne VOn jenem AbgleHen odeI' Abrupfen der Fingersp It,,,,zen Gehl'auch zu machen .

§ 5.D er Tonsetzer zeigt das Staccato stets auf irgend eine Art an ~ Ulnd del'S pielel' darf es nichtwil I..::

kuhl'lich anwenden.

§ 2.Man nimmt als Regel an ,dass durch jene Punktehen jede Noteum die H '3.1 ft e ihres Werthes k'u "=

zer auszuhalten ist .§ 3.

Das Staccato kann nur bis zu einem gewissen Grade del' Geschwindigkeit angewendet werden, uncijene Passagen, welche lUolto Alle9ro odeI' Presto auszufuhren sind ~ konnen nul' durch die vorherbe..::sprochene Art des Abrupfens ausgefuhrt werden. da das Staccato allzu anstrengend w"af'e.

§4.Es ist nothwendig.~,dassdel' Spieler das Staccato in aBen Graden des Plano uod Forte wohf inne..::

habe, und daherdie Ubungen del' Scalen u.s.w. auf aBe diese Aden, Yom Iangsamen Tempo bis zum'assiger Geschwindigkeit wohl nbe .

( oder:- at:.e ) N 0=

7' '3"'--::--... ..-.... ~ tI1~-----.....~ , ---- ...;'"

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§ 6.Wenn,2 oder 3 Noten dureh eine Bindung zusammengezogen sind, so wird die 2t~

tegestossen . Z. B :Moderato.

Wenn abel' am Ende der kleinen Bil1l.dung nocbein Punkt 'iber del' Note steht, so ist das A hstosse nausserst kurz,und nimmt del' Note mehr als die U"alfte ihres 'Verths .

Das Marcato,oder Staccatissimo.

§ 1. .D ieses ist die kurzeste Art des Abstossens, weIche his zum lfaT'tellato ( Rimmern'l geslei ge.'t

WErden kann, nnd welche die Tone mDgHchst .kurz ~ mit del' Schnelle des Blitzes erscbeinefl und ver=schwinden fa-sst,

§ 2.D iese Art wird dureh kleine. senkrechle Spitzen odeI' Striche ubel' den N oten al1ge~eigt j we i=

che ITi an daller von den Punktchen wohl zu nnterscheiden hat.

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Page 35: Czerny Von dem VortragePart1

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Jm folgenden. Beispiele sind aile 5 Hanptarten des Legato nnd Staccato naclleinanderfolgend anzu=wenden.

M ode,.alo.

§ 4.Abe" alif nicMs hat del" Clavlerist hiehei mehr zu acMen ~ als auf Beibehaltung des s c h 0 n en 'I' o~

nes, selbsf im sfarkstenjf, nnd dass das Ma.,.tellato nichl inPoHern und Kreischenansarte .Hier ein Beispiel •

Allegro. J..- Aa : , : : ;....... 10('1)

§ 5.Wenn lange ausgedehnte Passagen nach nnd naeh vom Legato zum Staccato ( ode.· uffi;rekedlrt ruber

gehell~ so gibtes zwiscllen .Teder Hanptart noch viele kleinerc Abstufungen, wfOiche von sehr ge·ub ==ten Yingern und feincm GefiihI in's UnendHchc ansge(ubrf werden k"onnen •

§ 6.Da !:lei diesem scharfen Abstossen des rnolto Staccato die ganze Hand, nnd sogar del" Vorde.rarm

§ 3.Das h'oher{" Aufheben der Hand und selbstdes Arms~ (Ilesonders bei Sprun)fen) ist hie" zlJfassig .

da d i eSes Mal-cafo meistens nur bei Octaven, A.cco.,.den~nnd sokhen Pas8agen angcb.oacht wi,·d.wo die Tone nieht aHzusehneH naeheinandcl" folgen ,«ad da del" Spieler zur Steigerullgdes EffeHsdabei oft viele Kr'aft anwenden muss.

\~~~

2.2

I

Page 36: Czerny Von dem VortragePart1

23au fgehoben werden mUss ~ S.6 ~rh'3It jede Stelle~ welehe au f d ies~ Weise V(H"getl"agen wi r..! ~ei ne h€'&[)f1c=

tiers gfanzende ( brillante) Wirkung und e."scheint dem Zuh'orer weit sd,wieriger 7 als si~ soos t lle ijeder andern Vortragsmanier wirklieh ware"S (I Z:"B : wi rd Niemand folgende stene sdlwierig nennen:

~

~ .,. :f!:: at f -

;:,II

J It!f'r ---~ I-&-- " ...." .... -) ..

Moderato .1

,~. ;, .+ .~

\ t..J.! ~ -- !;:.. ....

Jf~

jill'" % '~f .1"~.. -j

Abe,· man spiele sie folgendermassen'

vor1re=i'>

§ 8.l'r'aftige Octaven= Passagen~Acco,.derk Spl,'unge u.d"gl: m'ussen meistens auf diese Ad

tragen wel'den " Z • B:

Allegro.

§ ~"

Diese Manier I{ann in ihrem ganzen Umfange ~ nul" imf nnd 11 angewendd werden, obwoh! natu r=licherweise das "ansserst kurze Abstossen auch imp nnd PI" hiiufig vOrkommt "Nul' ist. im letzten I4'aHe del' Arm weit ruhiger zu haHen~und das Abstossen nul' durch die Finger her::­vQI"zulu'ingen"

n'amlich mit gebogeneo ~stra.ffen Fingern ~mit grosse.' Kraft ~ ausserst kurz" und m it del" Tiothigel1 Be '"wegung del' Arme;_ so wird man finden ~ dass sie in del' That dadurch viel scb.werer geworden,dassabel" auch ih."e Wirkung senr gesteiged, erscneint, und bis zu einem gewissen Grade sogar sclloo dieBewunderung des Zuho.'ers n\,Anspruch nehmen kann . Jst nun vollends eine sO vorgetragene Passa=ge wh"kHch schwer und gfanzend componh·t ~ so erh"aH sie den Charakter der Bravoul'~unddes~vor' :=

zugsweise so genanten brillanten Spiels, und wenn del' Spieler~ (besonders iiffentlich in lfrossem Locale)von dieser Manier an g e ho I' i ge n S tell en Gebrauch macht. ~ so kann er del' gew":ihlten Composi=tion einen ungewob.nlichen Geist und Cltm'aJder einhaucben, und die Zufdedenheit der Zuhorer hiszumEnthusiasmus steigern"

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§ 9"E i ne gTosse C eschwind igkeit rasst sich mit diesel" Manier l1i cht vereil1igen.: doch konnen un d sallen

se'b~t die Scalen, In einem m'assig schnene.n Tempo auf diese Al't bisweilen ge'ubt werd e n 7 u m denFingern und ;\nnen dIe nothige Sicherheitim Anschlage :lU versehaffen.

n.& C.N°6600 C

Page 37: Czerny Von dem VortragePart1

:24-Dell n de t S pi elf' l'" hat VO,'7; ugl idl darauf zu achten ~ dass die VOI'derarme nul" gerade so v iel Bewe,;"vngdabe.i machell '.oals 2.1.1 r Erreidmng des Effekts, uud steter BeibehaItung des schonen Tons eben no=>thig ist 0 Das Ubermass hierin kormte aHzu anstrengend, ja bei lange anbatfenden Passagen selbstdel'" C~sunclheit schadlich wel'den.

c . ates Kapitel.Von den Veranderungen des Zeitm3sses.

§ I.Wir kommen nun auf das Dritte ,und beinahe wicntigste Mittel des Vortrags, nOamIichauf dieman ~

nigfacben Veranderungen des vorgeschriebenen Tempo's durc11. dasrflllentando und accelerando.(ZuT'uekhalten und Be8chleunioen .)

§ 2.Dass die Zeit eben so unendlichtbeilbar ist, wie die Kraft, haben wir schon oben bemerkt • Nun

muss zwar aHerdings jedes Tonstuck in d~m, yom Autor vorgeschriebenennnd Yom SpieleJ" gleich Anoofangs festgesetzten Tempo, so wie auch ubf'rhaupt streng im Takte undin niernalsschwankender BEWe=gong bis an's Ende vorgetragen werden. Abel" diesem unbeschadet, kommen se.llr oft. fast: in jeder"Zeile, einzelne Noten ode.' SteBen VOl", wo ein kleines,o!t kaum beme.rkhare.s ZurUtkhalten ode ...Besc.hleunigen nothwendig ist , urn den Vortrag zu verschonern und das .Jnteresse zu vermehren .

§ 3.Dieses fheilweise Abweichen mit dem festen Halten des Zeitmasses aufeine geschmackvoHe und

versfandliche Art zu vereinigen, ist ~!e grosse Kunst des guten Spielers, und nul" durch ein feinge::obildetes Gefubl, grosse aufmerksame Ubullg, und durch Anhoren gnter KunstIer auf allen .Jnstru ::.menten, besonders abel" grosser San,ger, zu gewinnen •

§ -I.Nicht nul' jedes ganze Tonstiick, sondern jede einzelne Stene drUckt entweder wirklich irgend=t

eine bestimmte Empfindnng aus, odeI' erlaubt wenigstens, eine ~wlchedurch den Vortrag hineinztl ~

legen .Solche allgemeine Empfindungen konnen sein:

Sanfte Uberredung ,: leise Zweifel, odeI' unschlnssiges Z audern,: zartIiche Klage ,! ruhige H inge=hu ng, l Ubergang aus einem aufgeregten Zusfande in emen rnhigen ,~Uberlegende odeI' nachdenken~de Ruhe, ~ Seufzernnd Trauer, ~ ZuIispeln eines Geheimnisses, ~ Abschiednehmen ;hmd unzahligeandere Zusfande dieser Art •

Derjenige Spieler ~ demdie mechanischen Schwierigkeiten des Tonsflicks nicht mehr im Wegestehen, wird leicht diejenigen, ( oft nul' aus eini/ren einzelnen Noten bestehenden) Stellen ausfinden, wo ei 00

ne solche Empfindnng entweder im Willen des Compoaz"teura lag, ode)" schicklicherweise ausge ~

druckt werden kanu. Und in solchen Irallen ist ein kleines Zuruckhalten (calando, 9morZfi'11,doetc: ) meistens wahl angebracht , indem es widersinnig ware, da ein Dr"angen und Treiben desZ eitmasses anzuwenden .

§ 5.Andere SteBen konnen dagegen andeufen :

PI(itzliche Muuterkeit ,l eHende oder neugierige Fragen, ~ Ungednld, Unmutlnmd ausbrechend~n

Zorn, ~ kraftigen Entschlo.ss, ~ unwillige Vorwurfe,~Ubermnth und Laune, ~ furehtsames EntfHe-::ben, l plobliche merraschung ,~ Ubergang aus einem ruhigen Zustand in einen aufgeJ'egten ,1J.s.wIn solchen F":iUen ist das Drangen nnd Eilendes Tempo, (accelerando, atl'i'J1gendo,etc: ) naooturgemOass ,und an seinem Platze . § 6. -

AlJein wenn auch del' Spieler diese Empfindungen richtig aufzufassen und Zll errathen verma g.so liegt die Hauptsache doch da~!n, dass er deren Anwendung ja nicht libertreibe, und aile diese'Vodrags:: Mittel nicht bis zum Uberfluss vergeude, weil s(tnst leicht die schonste Stene verzerrtnnd unversfandlich erscbeinen kaun .

Nahere B estimmungen .§ 1,

E s gibt unendlich viele Fane, wo eine Stelle, oder ein Sab mit mehreren Arten von Ausdruckin Hinsicbt des Zeitmasses ausgefuhrt werden kann, ohne dass eine diesel' Arlen geradezu unrich=tig oder widersinnig sein mag.

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25

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4- verschiedene 2.Vol'trag:sarten. :~.

4.

Andante. ~(ffi"~n~ Q F ~ f IT" ('p'l

z"n Tempo - -: - - - - ~

z:n, Tempo _ _ ' _ _un poco_ :_r£tenuto ' _8morzundo., I

in Tempo _ _ , poco ur'ce!r'!=: rundo _ _ pul:: len:tando.in Tempo __ : mol/o _ ri = : =tar _ dando - -I per = dendo •

SOo:t.o B. "ann folgendermelod/ose Satz auf 4- verschiedene ~ Jarunter angezeigteh Artt'n vor",gdragen werden: --....

Nach del' i ten Art wird diese Stelle streng im Tempo gespielt" und del' nothige Ausdruck nu f'durch das crescendo und diminuendo, dureh das Legato und Halb =Leyato del" Aehteln" so wiedurch das Le!Jatissimo del' halben Noten hervorgebrac.ht °

Nach del' 2 ten Art wird schon im 2ten Takte ein kleines Zuruckhalten des Tempo ange,wendet.,wel~

ches gegen Ende des 3 ten , und durch den ganzen 4 ten Takt in ein aUmab.liges Smol'zundo zerflies5t,jedoch ohne inein aHzulangsames Dehnen auszuarten °

Nach del' 3ten Art mussen die 2 ersten Takte im hesd.l.leunigten, etwas eilendem Tempo, unddie 2

lehten in eben dem Grade wieder zuruckhaltend sein °

N aeh del' 4ten Art endlich wird das Ganze sehr zurlickhaltend vorgetragen, so dass nacb nnd n:lel-!gegen Ende das Tempo heinahe ins Adagio ubergeb.t °

Welehe diesel' 4- Arten mag nun wohl fiir das vorstehende Beispiel die Besste sein ?Del" Charakter jener stene ist sanft ,zartlich und sehnsucb.tsvoU oDie erste Art im slrengenTempo reicht da nicht hin, wie genau man aueb. das cresc:, etc: beobachten wollte °

Die zweiteAd istinso ferne vorzuziehen, als sie die Stelle hessel' heraushebt und Gelegenheit­gibt, durch den verfangerten "Klang jedes Tons im crescendo den Gesang und die Harmonie be::deutender zu mae-hen.

Die liritte Art ist fur den vorhin angedeuteten Chara.kterdie Beste. Sie gibt den 2 erstenaufsteigenden Takten mehr Lehen und W:irme , und das nachfolgende RallentandO' ,welches schonin del' Mille des 3 ten Taktes anzufangen hat, macht dann die 2 letzten Takte urn so anziehender •

Die vierte Art ware allzu s ehmac.htend , und wiewohl sie durch. einen sehr zarten nnd wohHdin =

genden Anschlag immerhin dem Chara.kter del' Stelle einen gewis8en Reitz geben konnte ,so w'a <;

f"e ~as Ganze doch alhm gedehnt •Uhrigens hlithe man sich, 80lche accelerando's, pitardando's ,etc:, zu ubertreiben ,und etwa

d.urch allzugrosses Dehnen die Stelle unversfandlich zu machen, oder durcb. zu grosses E i len zuverzerren; ein sehr kleiner, nach und nach gleic.hrnoassig anwach.s.endei- Grad reiel.Lt hin , so d as s£las vorgeschriehene Tempo kaum um seinen 5ten his 6W Theil verandert wird °

Und so wie das cresc: und dlmin: nacb und nach, in woblberechnetem Zu '" und Abnehmen d er8t'arke ,hervorgebradlt werden muss, so ist ell; auch mit dem accel: und rallent: . E in pi"O t 2.=

1 i c h e s L angsamer =odeI' Geschwinderwerden bei einer einzelnen Note verdirbt in diesem Fal=Je die ganze Wirkung °

Man sieht aus diesem Beispiel, dass eine und dieselbe Stelle mebrere Vortragsarten zu rasst ,wovon eigentlich keine als widersinnig betraehtet werden kann; ( denn widersinni:r ware es, z.B. wennman diese Stene durcbau.s stark und g-ehackt spielen wtlHte) 0_ Abel' das SchickHcbheitsgeruhl des S pielers unoauch die Berncksichtigung dessen, was einer solchen Stelle vorangeht und nachfolgt, mo sse rl t =:

scheiden, welche Art die entschieden ansprechendste ist •Besonders bei langwahrenden Ritardando gehort ein eigenes, wohlgebiidetes Gef.\ihl nod

viele Erfahrung dazu, um zu wissen ,wie weit man es ausd ehnen kann. 0 b. ned e n Z u hoI' e r Z lJ

langweilen.Wenn ubrigens eine solche Stelle sich an mehreren Orten eines Tonstucks wiederhohlen solHe~

dana steht es dem Spieler nicht nul' frei, jedesmal eine andere Vortragsweise anzuwenden, son :::def'1) ('13 ist sogar eine Pflicht, urn die Einformigkeit zu vermeiden; nnd er hat nul' zu bea cb ten ~

welche Ad in Rucksicht auf das, was vorangeht, Oller nachfolgt, eben die passendste 1st.

Von d~r Anw-endung des Ritardando und Accelerando§ 8 °

Das Ritardando wird in del' Regel weit haufige.o als das Accelerando angewendet,weil es denCharakter eines Satzes ~eniger entsteHen kann, als das zu ofte"e Beschlennigen des Zeilrnasses.

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Am schiddichstell wird ritardi..rt:

(J.) In jenen SteHen, welehe die Ruckkehr in das Rauptthema bilden .b.) In jenen NOlen, welche zu einem einzelnen Theilchen eines Gesangs fuhren 0

c .) Be i jerieo gehaltenen Noten , welche mit besonderem Nachdruck angescb lag-en werden Tn ussen.und nach welchen kurze N oten foJgen 0

d.) Dei dem Vbergang in ein anderes Zeitmass, odel' in einen, VOm Vorigen gllnz veioschieiJenenS atl; .

e.J Unmittelbsio VOl' cineI' HaJtung 0

f.) Beim Dim inu-endo einer f.oulier sehr lebhaften SteBe, so wie bei briHanten Passagen, wennplotzlich ein piano und deUcaf vorzutragender Lauf eintritt 0

g.):Dei Verzierungen, we1cbe aus sehr vielen geschwinden Noten bestehen, die man niehl in dasrechte ZeHmass hineinzwangen konnte •

ho) BisweiJen auch in <fern starken crescendo einer besonders mar.kirten SteHe,die zu einem be '"deutenden Satze odeI' zum 8chluss (uhrt.

i 0) Bei sehr Iaun igen, caprizio8en, und fantastischen Satzen, urn deren Chorakter desto mehrzu heben. .

It.} Endlich fast stets da, wo del' Tonsetzer ein e8pressivo gesetzt hat; so wiel 0) Das lEn.de eines jeden langen Trmers,weld~.ereine Haltung und Cadenz bUdet, llnd d imi c;

nuendo ist, wie anch jede sanfte Cadenz uberhaupt .

NB.Es versteht sich ,dass hier unter dl"IU Wort ritard(llldo auch alle iibrig:en Benennung:en mit verstanden werden ,wel=

che eine mehr odeI' mindel' lang:same Bewelfung: des Tempo ,mzeig:en, wiez. B. rallenL: , r-itenuto, 8morza ndo ,calarldo, etc: indem sich diese nul' durch den mehr" odeI' lI1indern Grad Yom R-itardando unterscheiden >

Hier einige Beispiele hieruber :A ndantlno e8pre8sivo 0 __ ~ -=:::::::- ~ __________

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21

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Anlllerkungen zum vorstehenden Beispiel.1.) Del' i ste Takt iilt streng im "rempo zu spielen,2.) Die letzten 3 Achleln des 2 ten Takts sind ein klein wenig ~ kaum merkbar~ zu ritardiren da

del" nacbfolgende 3t~ Talit wiedel" eine Wiederhohlung des ersten Takts ~ ( also des "auptlfeda~~kens) wiewoht auf einer andern Stufe~ ist •

3.) D~r lelzte, etwas arpeggirte Accord im 3. ten ~a.kte wird ein kl-:in wenig rltenuto ausgedruckL4.) DH~letzten 3 Achteln des 4ten Takts werden mit etwas mehr Warme., ( folg.-licb heillohe aecele=

rando) vorgetragen, welche erst in den 3 Jetzten Achteln des 5ten Takts wieder abnimmt _ii. i Jm 6 ten Takte ist eine von jenen, aus vielen Noten bestehenden Verzierungen, welche ein r~?

I ta rdil'en in beiden Uanden in soweit nothig macbt ~ dass die geschwinden Noten niehl uber ::eiH herausgesprudelt werden, sondern sellr zart. und grazio$ nach und nada verscbwimmen :erst die letzten 9 Noten diesel" Verzierung sind mehr merkbar zu ritardiren , und auf de ..~orletzten. Note ( dem Gis) eine kleine HaUung anzubringen •Uber die Eintheilung diesel" langeren Verzierungen wird sp·ater gesprochen werden.

1:.) Def' 7t~ und 8t~ Takt bleiben streng im Tempo.1'.) De. f' 9~e Takt mit Kraft und Warme, (folg-lich bei·uahe etwas accelerondo.)8.) Die 2 t!' H·alfte des 10ten Takts etwas ruhiger •9. \ Der 11t !l Takt etwas ritardando ~ lind del" Jehte di880nirende Accord sehr sanft, Roeh et.=

was mebr zuruckgehaHen., weiljedf'r di880nil'e'nd e Accord, ( wenll er pia'no ist ) auf die seArt mebD" Wirkung macbt .

lO.) Die 3 ersten Achtdn d.t;s n ten Takts im Tempo; dagegen die;} letzten Achtelll bedeutend ri=tal-dando, da sie den Ubergan,g: in das Thema bilden ,

11.) Del" 13t~ Takt im Tempo.12.) Das erste Viertel des n ten Takts schon ziemHcb ritard: welcbes sich in der 2 ten Viertel be::

dentend vermebrt , and wobei die 8 obern N oten stark und cresc: markirt werden mussen .Die Halhmg mnss uugeraJar darch ;) Acbteln dauern, und del" nachfolgende Laufmassigs('bnell~

gleidl.,zart,und diminuendo sein,his endHchdie sletzten Noten desselben merkbar rita,.:dando werden,

13.) Die 1 ste HaUte des 1.5ten Takts im Tempo, die 2t~ H·alfte ritard: wobei del' Schluss del" Vel':::iie-rung iiusserst zart verschweben muss. Riel" ist das ,.itardiren am nothigsten,da dieser'Takt eine sanft vorzutragende Sdlluss =Cadenz enthiiH .

14.) Del' Ietzte Takt im ruhigen Tempo.

Folgende zwei Bemerkungen sind wobl zu beachten.

1.) Obwohl in diesem Tlaema fast in jedem Takf.ein rUard: angebrae1lt wird, so muss rlas Ganze(hesondel's in der begleitenden linken Hand ~ ) so naturlich, folgerecht, ohne aBe Verzerl'u ng ,vol'ge::tragen werden, dass del" Zuborer nie nber das eigenUiche Z eitmass in Zweifel gelassen 0<1 e I"

gelangwt'ilt wird .II.) Da jeder Theil 2~ gespidt wird, so kann beim zweitenmale jeder Ausdruck und folglich

CLoth je(tes ritard: urn ein Weniges merkbarer angebrac1lt werden, wodurcb da.s Ga.nzc an In le","esse gewinnt •2 tes Beispid:

Allegro brillante e vivo

I\

8<1.········..·.. ··········..··········..·

~D.& C NO 6600 C.

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Anmerkungen zu diesem. Beispiele.

1 .) Der erste Takt im Tempo,mH grosser Kraft, welche dureb 5 Takte immer steigt ..2 .) Vom letzten Accord des 2 ten Takts heginnt ein ritard: ,welches his zum Ende des 4ten Talds

imer zunimmt ,und dadureh die Modulotionen del' Accorde hedeutender he1"aushebt.3.) Del' 5t~ Takt raseh im Tempo.4.) Del' 6t~,7t~ und ste ganz ruhig mit immer zunehmendem Ritardando.5.) 9 tH und tOter Takt im Tempo, mit Feuer .6.) Del" Ht~ Takt noeh kraftiger aher merkbar ritOl'd :,welehes jedoch nach und nach ahnimmt,so

dass die Passage gegen Mitte des n ten TaUs schon wieder im recilten Zeitmass fortJauft .'1 .) 13~ und 14t~ TaM im Tempo,. der 15t~ Takt anfangs ein klein wenig zuruckhaltend; der Hil,.e.17

1St! und t9t~ Takt im Tempo, mit vielem Feuer.8.) .lm 20ten Takt muss die Sechzehntel Pause wohl heacbtet werden, so dass sie be i n ah e uber

ibrem Werthe hervortritt . Das erste nachfolgende emit besonderem Nachdruck .9.) .ln der Milte des 2t ten TaMs fangt ein ritol'd:an, welcll('.s his ZUlli 23 sten Takt immerzunimmt

so wie die Achteln starker und kurzer werden.10.) Der Triner auf der HaUung muss durch wenigstens Ii. volle Taktedes vorgezeidmeten Tempo'8

dauerll • imer schwacher und langsamer werden ,so dass die letden Tone desselben,.so w iedie drei kleinen ScbTussnoten.unge(ahr so Jangsarn. wie die 4 teln im Andante=Tempo erscheinen.

1 f.) Das lJbrige 1m Tempo.§ 9.

Jeder plohliche Ubergang in eine andere l'onart muss auch durch eine Aenderung des Tem::.po herausgehoben werden;. Z. B :

D.&C.Nq 6600.C.

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Die ersten 5 Takte im Tempo.,J m trten "I'akte nach und nacb etwas ritard:Jrn 7ten Takte eine etwas ruhigere Bewegung , die jedoch das vorgeschriebene Z eitmass nieM e.1I=zu merkbar ausdehnen darf .Jill 8~ Takte die aUm':ihlige Ruckkehr ins erste Tempo.N n. Obwohl in diesem Beispiele die 2 ersten Takte wiederh.ohlt werden, SU w'are es hier nieht g'ut, sie zum zweitenmale

piano zu spielen, da ohnehin sp'ater ein piano nachfalg-t •Der Scb'Uler sieht hieraus, dass jede Vortrag-sreg-el sich nacn Nebenumstanden richten muss.

§to.Wenn die neue Tonart forte vorzutragen ist, und dagegen del' Ubergang zu derselben piano)

so muss sie im redden Tempo, ja beinahe etwas raseher, eintreten . Z. B:Moderato. ~~ ...

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§ it.Wenn del' lThergang in ein '['hema oder in eine Jdee aus gestossenen Noten oder Accorden be =

steM, sO ist uberhaupt ein Ritarda'Pdo gegen Ende dieses Ubergangs wohl ange.bracht . Besteh tabel" derselbe aus einem schnellen Laufe, odeI' sonst aus geschwinden und gebuudenen Noten , sow i"d er meistens bessel" vollig im Tempo, odeI' nach. Umsf:inden auch accelerando ausgefuhd.Z. B:

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Das Rital'dafldoimersten BeispieJe kann wohl auch in einem sehr hedeutenden Grade, (mo[to ritar=dando) .und mit einer Art von ubermuthiger Laune angehracht werden, wenn del' Charakter desGanzen es erlaubt 0

4 tes Sapitel .Vortrag des ein-ra,chen Gesangs.

§ 'I .Das P iano(orte kann, wie wir wissen ,den Ton nieht so lange halten und anschweUen lassen

wie die ~Ienschenstimme,dieVioUfle~Clari'nette,etc: 0 Daher erfordert derVortrag eines G e =sangs in langsamen Noten besondere Kunst und Aufmerksamkeit 0

In derneueren Zeit sind die PianOforte anch in diesel' Hinsicht sellr vervoHkommnet wor==den, und wenn del' Spieler dieselben zu bellandeln weiss, so kann er selbst olme die HilfsmiUel del'Verz ierungen und Passagen den obengenannten Jnstrumenten in llobem Grade nabe kommell 0

§ ,2 0

Ein einfacher Gesang muss mit weit mehr Nachdruck, also aDell verhoaJtnissm-assig vie! krafLi=gelo vorgetragen werden ~ als die begleitende Hand ~ welche dann gegen die Andere ungefahr in £lasVerh'aHnis8 zn treten hat, wie z oB: die GuitaT'e, welche del' Menschenstimme accompagnirt.

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Wurde hier del" Spieler beide Haude mit gleicher Sfarke vOl"trageu, so wUf'de die voHstimmige Be=gleitung den ohern Gesang voWg ube.t"tonen 0 Daher muss die rechte Hand, ungeachtet !fem vOl'geschriebenen piano, beinahe (orte spielen, wahrend die Linke sebr sanft accompagnirt 0

§ 3 0

Wenn del' Gesang .in del' Hnken Hand, oder in einer Mittelstimme vorkommt, so moss ere ben sokriiftig herausgehoben werden 0 Z 0 B :

D. & C. N f? 8600. C

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Jm ersten Beispiel ist der Gesang stefs in der linken Hand.Jm 2ten Beispiel ist er in den 4, ersten Takten in der untern Stimme der rechten Hand,in den na~~=

folgenden 3 Takten aber oben und unten verdoppelt, 'wahrend die Mittelstimme accompagnirt .Wenn er durch kr'aftigeren Anschlag recht herausgehoben wird, so ist die Wirkung so fauschend ,als ob eine besondere Hand, oder ein anderes Jnstrument diesen Gesang vortrage.Die Hnke Hand stosst ( im 2ten Beispiel) leicht und fest, etwas schwacber als der Gesang ,und etwasstarker als die hegleitenden Triolen . § .f .

Es ist keine Tanschung, dass del' Ton klangreicher wird, wen man die Taste fest bis auf den Grundtlinabdruckt. Dieses muss ,bei langsamen Noten,selbst da geschehen, wo man piano und pianissimoZU spielen hat . Auen muss hiebei die Hand voHig ruhig gehalten werden, und nul' durch ihr volles Geowicht, und dureh den innern, unsichtbaren Druc.k diesen Anscblag hervorbriugen. 80 wie aber einMordent,ein Triner, eine schnelle Verzierung, oder eine gel"aufigere Passage in diesem Gesangevol'''''kOmmt, muss diese schwere HaUung augenbHckHch. nachlasse.n, um diese schnell ern Noten mit de.r ge=ohodgen Zarilleit hervorzubrin~eu. Z. B :

Andante ~ ",' -All ., . ------..... / -r-cflL-+++~

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32Man wil'd bemerken, dass durch diese Abwechshmg des schwereren und leichtern Drucks zwei

garu. vel'seh iedene Gattungen des Tons aus dem Pianoforte hervorgebracht werden ,selbst dann ,wenn man 'ub,'igens das Ganze mit einem gleichen Grade des Piano ausfUhri: 0 Nul" muss man nacheiner leichten Vev'zierung den n'achsten rlllligE'n Tonnicht sogleich wiE'der mit dem schweren Dru=cke anschlagen, sondern nach und nach in diesen zuruckkommen 0

Vom Vortrag del' Verzierungen.§ 5.

lrber die kleinern Verzierungen ist schon im ersten Theil dieses Lehrhuches gesprochen worden.Hier bleibt uns noch das Nothige nber den Vortrag del' grossern und zusammengesetzten Verscho~

ncroogen des Gesangs feshmsteUen ubrig,1,) Die 3 Arten des Mordents, (n"amUch del' einfa1:he doppelte und dreifache,) werden in del" llegel immer ge=

schwind vorgetragen, indem ein schleppender l\lordent fast nie irgendeineWirkungmacht,Z,B:

Andante___________ ~ ~ hL~~/ ~ ""-- ........... -... f:a:l~ I:I:a ~ ~x:1:~~, W!O:e--~

~II oJ ritard:

~?;~#~ WIfJ

Hier mussen aUe kleinen Noten so spat und schnell, als es mit del" DeutIichkeit vertraglich ist,aus=gefuhrt,und dienachstfolgende Note fest angeschlagen werden,weH del' Zuhorer nie im Zweifel ge=lassen werden dad, welcher Ton del' heschliessende Grundton des Mordents ist 0

Da die zwei Mordente 1m sten Takte auf eine geschwinde Sechzehntel kommen, so muss sowoh 1

diese, wie die nachfolgenden 4 kleinen Noten zusammen in ,gleiche I' Geschwindigkeit ausgefoh rtwel'den, wen da zum besondern HaUen und Markiren del" Sechzehntel =Note keine Zeit ist 0

.Jndessen gibt es doch Valle, wo ein Mordent etwas rallenfandogespielt werden kann; (doch niemal~'

zu viel, wei! er sonst seinen Charakter ais Mordent verliert.) Dies8 geschieht hei jenen Cadenzoen,welche be =dentend ritardando vorzutragen sind, und pianissimo schHessen, Z,B:

Andarnte.~ __ ~ Ausfiihrullg- des 2 ten Tak~s,

l~Alles d~eses.gilt in diesem Fane auch dann, wenn die Mordernte durch das gewohnHche Zeichen ( ~ ):tngezelgt smd •

.In Rucksicht auf die Starke del' Ausfuhrung nimmt del' Mordent den Charakter del" Stelle an,woereben vorkommt, muss abel' stets sehr kiaI', und die ihm nachfolgende GrundnQte deutHch hervo,otretend sein •Korze TriHer, die gewohnlich nul" verlangerte Mordente sind, werden nach denselhen Regel n behan~

delt .2 ..) Die langern Geschmacksverzierungen sind wahre Verschonerungen jeder Melodie, wen sie del"Tonsetzer am gehorigen Orte anbringt ,und del" Spieler mit Delikatesse and richtiger Befonung aus=fuhrt,

S ie heben den einfachen Gesang, weIchel' ausserdem auf dem Pianoforte nicht jene Wi rku nghervorhringen konnte, die del' Menschenstimme und dem Saiten:: oder Blasinstrumente zu Gebo .::the steM, und geben dem Spieler Gelegenheit, die Ziartheit seiner Empfindungen auf die mannig =fachste Art auszudrucken .

Ab.er nul' derjenige Spieler, del' einen sehr hohen Grad von Gelaufigkeit und Leichtigkeit be=­sitzt, kann sie w'urdig ausfuhren , da ein plumper, unbehulflicher und ubelberechneter VOl'tl'agdieselben und ihre Wirkungen in eben dem Grade widrig machen kann., als im Gegentheil ihl'Reit-z jeden Zuhorer ansprechen muss,

D.& C. N'? 6600. C

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38Da diesetben immer nur in del" r{'('Men Band vorkommen~w'ahrend die Linke irgend ein einfaches

Accompagnement ausfiihrt , und cIa sie meistens aus einer ungleichen Zahl von Note rt hesleheo,wel =cbe oft sdlwer mit del" Begleitung einzutbeilen sind, so hat del' Spieler vorzuglicb. darauf ioU sellen]dass er sie frei und nnabhangig von del" Linken vorzutragen wisse, indem eine aHzuangstliche E irktheilung das Ganze steif und wirkungslos macht •Jmmer muss es sclleinen, als oh diese Verzierungen dem Spieler ehen erst wahrend dem Sp iere e in ~

fielen ~ u:md als eigene Fantasie und Jmprovisation vorgetragen wurden.Bier foigen Beispiele •

Andante.

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411::n~ ; ; f WrP~Hies' ist eine und dieselhe Stene auf 4 verschiedene Art{"n verdert •Jn N ~ 1. ist die Eintheilung ~ au.s gleiclten Noten hesfehend , leicht • Abel' del' Vortrag w':ire seta r Ifi ally

wenn man die Verzierung eintonig und streng im Takte spiden wonte. Jlu'e Ausf'uhrung muss sein

wiefolgt, ~

H.,re::z=::: =-=---pP un poco IJm()rz:

Denn da die Sanftheit diesel" Verziernng kein Staccato zufasst ~ so kann man hier nul" vo n ein emleisen cresc: und dlmin:,so wie in den letzten 6 Noten von einem sethI' geringen ritardil'en Ge =b I'aueh. roachen ~ wobei der Bass genau nach.folgen muss.Dei N ~ ,2 is! dieselbe Verzierung gegen das Ende etwas verlangert •Die Jehlen 9 Note.n bediirfen.daherschoneines vermehrten Ausdrucks.

1~B(f[~~c re8C: rq//ent: ===-D & C I\I? &60'0 C

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34Das cl"esc: so wie das rallent: muss welt merkharer hervortreten ~ da die ohern mil >- bezeirhne=ten Nolen schon einen bedeutenden Nachdruck erfordern, wekber im uhereilten Zeitmas-se unang€=­nehm w·are. Erst die 3 Ietzten Noten sind dimln:

Rei N~ 3 istdieVermehrungderNotennochbedeutender;und dadiesean sich schon den Bass:loum rilardiren nothigt~ so darf die ganze Verzierung ja nieht gedehnt, odeI' mit besonderem Nach=druck ausgefuhd werden ~ sondern Ieicht~zart~ und nul' in den letzten3 Noten etwas merkbar z u =

ruckhalleod, namlich' 1I~~

FF poco 8m.arz:

Del' Anschlag bei diesen rangeren und geschwinden Verzierungen 1St jenes Mittelding zwischenLefJato und Staccato, 'WO die Finger~ohnedie geringste Bewegung del' Hand, die Tastenleichtundzay't abrupfen, obwohl das Ganze noch immer dem Le!Jato nahe kommen muss.

Dieselbe Vortragsart gilt bei N~ 4- ; nul' dass die noch gl."ossere NotenzahI den Bass zn noch lang::samerem l'itardiren nothigt , urn die Verzierung zwa-r geschwind~abel' deutlieh uncI de lica t ,so wicin den Ie-bten 8 Noten aueh ein wenig sm01'zando hervorzubringen .

Del' Bass muss in den Ietzten 2 Fall~n so leicht unll sanft accompagniren, dass er die Wirkungdel" rechten Hand auf keine Weise stort, und da seln rallentiren nicht wiUkuhrlich ungleichseindarf, so kommen seine begleitenden Noten ungezwungen gerade mit jenen anzuschlagen ~ welche imLaufe del' Verzierung eben mit ihnen zusammentreffen.3 . Bei soIchen Verzienmgen setzen die Tousetzer gemeinigHch die Zahl del' Noten libel' dieselben~da=mit del' Spieler gleich auf den ersten Blick eine heifaufige Eintheilung derselben auf den Bass sich ent::werfen konne • Z: B :

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Andante. 19 ~.<J:t .~Lr~"" w- I ..

iI9'~~11drak ~ Fa j4~ j J ~ J j I

Da. im ersten Takte 19 Noten auf 6 kOmmen ~ so kann selbst beim Avista =- lesen del' Spieler Iekhtberechnen, dass 3 N oten auf eine kommen, und auf die letzte 4. Abel' er hlithe sich,diese 4 letztenNolen des Lallfs schneller als die fruheren zu spielen • Sie mussen den ubrigen so gleich sein ,dassman nicht den geringsten Unterschied bemerkt •

Jm 2 ten Takte kommen 28 N oten auf 6, folgHch etwas mehr als 4- und weniger als ;) auf Ei ne. Abel'da diesel' Lau! seinem Charakter nach, gegen Ende etwas ritardando sein muss, (weil die le.tzten3 Noten schon in die Cadenz uhergehen) , so kann del' Spieler das G:mze mehr naeh seiner WiHk'uhreinfheilen.

Hier ware e.s die besste Eintheilung, wenn auf die erstc Achtel 4, auf die 2t~ wieder 4- ~ auf die at!;), auf die 4-t~ wieder 5 ~ auf die Stil 6 ~ und eudUch auf die 6til AchteI die letzten 4 Noten des Laurs ge:=nommen wu-rden •

Abel' wir wiederhohlen. dass das Ganze sO sanft verschmolzen werden muss, class man nicht den.gel'ingsten Zwang oller Ungleichheit des Laufs wahrnehmen d·urfe, ausgenommen in deo 4 Iehten ~

ein klein wenig langsamer zu nehmenden Schlussnoten .J n del' ersten "'.lIne des sten TaUs kommen 13 Noten auf 3 , folglich auf die t~ 4. auf die 2t~ wie

del' !I-, und auf die 3t.~ ( ein wenig." smorzando) die Ietzten ;) .

D&C.N?6600 c-

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a5J n del' 2 ten H·:ilfte desselben Takts bedarf die EinLheilung gar keines Nach.denkens ~ indem der

.spiel~r immer 4- auf eine zu nehmen ~ jedoch im vorliegenden Fall den Lauf mit dem Ieichtesten Fin"'"gef"=staccato un d f!JP heJ'vorzubringen ~ und den Ietzten Ton ( das Cis) kurz ~ abel' ja nicht starkerwegLlJschne1len hat.Die kleinen Noten im 4t~ TaU sind im Yorliegenden Beispiele mit dem Basse einzutheilen,wie fo(gt:

------~.1111 ~ ~ ~II+I+'AII n

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JOP un poco 8morz:

II ~ II I """f:.,,

well in jenen FaHen ~ die del' WiHkuhr des Spielers ubel'lassen bleiben ~ er immer diejenige VortragsArt auswahlen kann~welche dem ganzen Gesang am vodheilhaftesten entspricht und an sich klar undrhythmisch kUngt .-4. Eine dernothwendigsten Eigenschaften zur schonen Ausfiihrung solcher langen Vel'zierungen istdie Unabhangigkei t jeder Hand von del' Andern; das heisst~ dass~ w·:ihrend die eine Handruhig nud fest ihre "Begleituugs:: Noteu spielt ~ die andere aBe aueh noch so langen nnd aus unglei::cher Notenzahl bestehenden Verziernngen frei ~ nafurlich und aline aile 'angstJiche EintheiJung aus=zufiihren im Stande sci.

D ieses ist (besonders im lang.-samen Tempo) am allerschwersten bei del' Eintlleilung solcher Noten ,wle7... B: 4 ode .. 5 Sechzehnteln auf 3 Triolen, odeI' 7 Noten auf 6~u.s.w. z."8:

Moderato. . ."" Sa.......··......·· ... -----..:____ _ -4fL.pr-

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Es geh·Qf'tbeinahe unter die Unmogiiehkeiten~ein strengeEintheilung soldier S·:itze aUlzufinden,undw'are ,weh ~uf jeden Fall eine sehr undankbar'e Mube.

D.b: CN?6600 C

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36D as einzige Mitt.el ZUlli Einstndieren derselben ist,. dass man jede Hand einzeln fur sielA im stren =c

gen festgesetzten 'Tempo so lange Ube, bis man beide znsammen, ohne an die Eintheilnng zu denkeflj80 genau nnd naturHch heransbringt, das-s die Note, welche auf eineu guten Takttheil kommt~ifl !lei'"den Handen ubereinstimmend angesch.lagen wird, nnd 1m nbrigen jede Hand ihre Passage s t re n g;g Je i eli, obne die mindeste Unterbrechnng ansznflihren vermag. Dann ist anch die rechte Eintb ei::lun~ von sdbst da. Ohnehin darfman,wenn, (wie im vori[en Beispiel) in del" einen Hand Lanfe vonnngleicher Notenzahl vorkommen, diese Ungleichheit meistens garnicl:lt horen lassen,sondern manmuss das Gaml.e in einem Znge herausbringen •flier einige Beispiele, wo die Begleitnng stets streng iTn Takte gehen mnss .

- -

(~W' WftfiIft\t) creec:

l/·):,b e- r I I F I 1]- r J I E r I

...

rIn jenen Takte.n, wo del" Lauf aus weit wenigeren Noten besteht, (wie z.B.der 7t.f Takt) musS

derselbe allerdings etwas znruckhaltend gespielt werden, um die stets gleiche D aner des Takts aus=

zufulJen; abel' dieses mnss so nngezwnngen nnd nnmerkhar geschehen, und nberdiess dabei diege=

dogere Notenzahl durch etwa~ grosseren Nacbdrnck ersetzt werden, 80 class das Ganze fUi" den "0=

rer seliejnbar ganz gleich. dahinrollt .

]).& CN?'6600. C

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Bei clem 8morzando und perdendo ist auch. der Bass eifl klein wenig zuruck ZU hait~n.

D. & c. N° 6 60 o. C.

Page 51: Czerny Von dem VortragePart1

asVom Vortrag del' mehrstimmigen Melodie.

§ 6.Die Melodie wird auch oft mit einfachen Acco1'den und Ha1'monien begleitet . Da !'lie in diesem

FaHe meistens in der Oherstimme hefindlich ist, 80 wird siezwar mit etwas mehr Nachdruckals dieandern SUmmen vorgetragen, aber die tiefern Stimmen dUrfen da nieM so schwach gespielt wer",ifen, wie die gewohnliche figurirte B assbegleitung • Z. B :

Andante sostenuto. . ----::::-- ~

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Ekl- W ItoOJ 1 :10...--... __

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tl?''h'f f Iff - ~ riM;; SHier muss jede Stimme mit festem Drncke angesehlagen, und in allen SUmmen jede Note nach ih =rem Werthe gehalten werden; doch durfen die tiefen Begleitnngsstimmen den ohern GesangnichtUber,tonen, welcher daher noeh mit einem etwas sfarkeren Grade yon Festigkeit anzuschlagen ist •

5 tes Kapitel.Uiber den Ausdruck in brUlantenPassagen •

§ •..Jn frUheren Z eiten OJ als die meehanische AusUhung noeh nieM so weit Yorgeschritten war,wie j~ht,

war man froh.,wenn man sehwierige odeI' gelaufige SteUen nul" rein ,denflichund im Tempo, (oft 'Tell ge=fiUg-) hervorbringen keute, und die damahlige Neuheit del' Sache erweckte nocll immer Bewunderun g •

.Jetzt Jaat man gefo.nden, dass seThst die schwierigsten SteUen einen hohern Ausell"1lck zulassen, dassman elm-ell Zartheit des Anschlags, wohlangebrachtes RallenUren ,etc:, selhst denjenigen SteUenei=nen anziehenden Reitz geben kann, wekhe frUher nur fur eine uberflussige Anha:nfung einer UnzahIvon NoteD gehalten worden sind. Und schon hiedurch hat das Pianofo1'teeplel unendlich gewoiien.so wie Composltioften dadurch neuen Werth erhalten ; denn auf diese Art erhaiten auch die Passagenein meloclisehes .Jnteresse,undhorenanf,einblosses OhrgekHngel,odel"ein, bloss fur denL erm bel'edmetes Fingerwerk Z11 sein •

§ 2.E.s glbt 4 Hauptgattungen von Passagen, die aus scJaneHen N oten bestehen ; nimlich :

(I. ) Sokhe,weJche zugleicheine Melodie hilden, wie z. B :A lleg1'o mode1'atQ.:.,. I I -,.

8a....•.•- _ ~ - , .

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39«iel' isl die l'lelodie vorberrschend, und die geschwinden Noten sind mehr nul' zur Aus(ul! ung da., u mderselben mehr Bewegung und Leben zu verleihen .Solche Passagen mussen demnaeh IC9ato vorgetragen werden ~ und das eigentliche briHante Sp iel ,welches je.der einzelnen Note eine markirte Wirkung gibt~ ware hier nicht anwendbar .b.) Solche ~ we1che, ohne eigentlich einen Gesang zu bilden ~ durch ein sehr leichtes zartes Spiel, beso n =

deI's in den obern Octaven, eine sehr anmuthige Wirkung hervorbringen. Z. B:_4fl':' lnod·t !.J • 68a. ·················•..· ·..··· ··· · ··· ..,.. · · .

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Hier muss eine grosse Geraufigkeit del' Finger mit einer sehr leichten Haltuug der Hand und des Armsverbunden werden ~ und del" zarte,halb abgerupfte Ans-cblag muss die Tone mit glockcbenartiger Lieb=Iichkeit klingen lassen.e .)Die eigentlichen briHanten Passagen, welche-meisteus kr'liftig ~ mehr oder mindel' Staccato, mit vie 0::

l'er Bewegnng und sehr lebendig ~ scharf markirt "unll hochst deutlich vorzutragen sind. Z .B :Allegro b,.illante. I ~ Sa.. ....: ..·:... ·......·..-·..· loco ________,~_ .L~.L ;;---...-11-_' • ~ I

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'7Obschon hier auch erne grosse Kraft entwickelt werden muss, und die Deutlichkeit in sofern zu beo:o.bachten ist, dass das Ganze nicM nntereinandel" brause, so ist die hiebei zu beobachtende Spielweisedoch nicht mit del' vorhergehenden zu verwechseln ., indem dure-Ii diese Palilsagen mehr die Harmoniedel' A.ccorde, als del' Effekt del' einze1nen Noten hervorgehoben werden muss.

§ 3.Die langeren Passagen., welche man in den CQlf,certen, VariaUonen ,Rondo'a,etc: findet., beste ~

hen meistens aus einem Gemiscb. diesel' 4, Hauptarten, und deI'Spieler hat aus del' Form und dem Ge=halt eines jeden Taktes zu entnehmen, welche Art eb..en anwendbar ist • Daher miissen seine Fingernicht nnr aBer 4 Arten voUkommen macMig sein, s01ld~rn anch jeden Augenblick aus dt>r Einen in.die andere nbergehen konnen .

§~ .Abel' man darf nieM glauben, dass aUe brillanten Passagen stets auch kr'aftig und markirt vorge-=­

h'agen werden mussen . Es gibt sehr viele Fane., wo Passagen, welche znder aten Art gehoren, ill i tdel' Z artheit und Leichtigkeit auszuf"uhren sind., welehe wir bei del' zweiten Art angezeigt haben .D ieses geschieht meistens, wenn eine sehr brHlante Passage zweimal nacheinaBder wiederhohltwirJ ,wo sie dann das zweitemal mit leichtem und deHkaten Vortrag ausget'Uhl't werden kann, welcher je=doch gegen dem Ende derselben wieder cre8cendo in das FOT'te Ubergeht.

§ 5.Um den Fingern die Geschicklichkeit zu verschaffen., auehgrosse Sc-hwierlgkeiten mit leichtem

und zarten Vol'trag auszu{uhren., hat del' Spieler nich! nur aUe Scalen =Ubungen, sondern anehaBe im 2 ten Theile dieses Lehl'buches vorkommenden Fingersatzbeispiele I!lowohl kr·a.ftigund bril=Iant , wie aucID. leicht und zart ., und in jedem Tempo wold zu uben • Ausserdem muss das Studinmgeeignetel' Tonstucke und Etuden ihm die voUeRdetellnd allseitige Sicherheit verschaffen .

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40Der ChaT'aktel' solder Passagen ist ihrem Zwecke zufolge,glanzend, kraftig, enhchlo9-sen u nd gross-=artig, und del'S pieler muss daher beide Rande mit diesel' Energie, Sicherheit, Bestimmtheit, un dB ravoul" vorgetragen lassen,und die geistige Aufregung, die er dabei selbeI' fiihlt, auch auf d ieZ u;;horer 'uberlragen .d.) End lien gibt es aueh Passagen , welche, onne Rucksicht auf die einzelnen Tone, nul' e ine n G e ~

sammt:. Effekt hervorzubringenbestimmt sind. Z.D:M 0 ito A llegl'o .

Uber die willkuhrliehe Anwendung des A rpeg girena .

Manehe Spieler gewohnen siell das ArpeggiN!n der Accorde so sehr an, dass !!lie gar nicht imStaude sind, voUgriffige Accorde, oder auch nur Doppeluoten, voUkommen fest nnd auf einmalan zuschlagen • Und do('h ist das letztere die Regel, wih:rend das Erstere die Ausnahme bUdd .

.Jndessen kann die Ammahme (namlich das Arpeg!JiQ ) so liallfig mit Wirknng angewendet werden:dasswir hiel' nul' zu bestimmen haben, wo das Eine- bes~erab das andere an seinem Platze ist.1. ) Alle ,!..cco1'de von !'lehr Imrzem Notenwerthe miissen fest und auf einmal ange~chlagen werden I

wen n del" Tonseher nichi ausd ruckHch da!'! Z eicben des Gegentheils beigesetzt ha t . Z. B :

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Dier sind in den letzten '7 Takten diejenigen Accorde ausdmcklich hezeichnet, welehe arpeggirt wef'=den mussen, und dieses Arpeggio muss uberdiess 'ausserst schnell sein, wei! es stets sowoh] nacb <fernvorgezeichneten Tempo, wie naeh dem Notenwertbe abgemessen sein muss _2 _') Solche Accorde, welche mit sebr grosser Kraft vorzutragen sind, hesonders, wenn sie denAnfangodeI' auell den Sehlnss dnes Tonstuekes odeI' einer Abtbeilung hilden, sind fest angeschlagen immervon hesserer Wlrkung, da das Al'peggrren stets einen guten Theil des Forte wegnimmt nnd vermin",dert _Eben dieses gilt, wenD zwei odeI' meh~ereAccorde sehr schnell nach einander folgen . Z. B:

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Del' Tonseher musste es anzeigen, wenn er diese Accorde gebrochen haben wolHe.3. ) Mehrstimmige 8atze, die einen gehnndenen Gesang bilden, odeI' bn strengeren. 4:;: stimmigen Sty:Ie geschriehen sind, m"itssen stets streng fest angeschlagen werden, und nurmanchmal kormteein ejn =

zeIner langsamer und vollstimmiger Accord, auf welchenein beson.drer Na.clidruck 'koml, das A l'peg=:9 i l' ern, gestatt;en. ~ . B ~

Andante.

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~dol:-.k

NilI'd ie a mit + hezeichneten Accorde, ( der letzte auf jeden Fall,) erlauben ein massiges A.rpeg!J ':ren ,welches jedocb. das Legato nieM unterbrechen darf _Das A"peggiren wird dagegen angewendet :1.) In allen langsamen und gehaHenen Accorden, welche einen Gesang hUden _Z. B:

A.71ante

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Lento. ~

Del' Jehte Accord im li,ten Takte darf nkht gehrochen werden ~ daer einen Abschlnss des Gesangs hibdet ~ w"ahrend aIle uhrigen Accorde massig geschwind:lln al'peggiren sind,jedoch so ~dass die 0 bereG esangsnote niemals aus dem Tempo kOmme _-2.) Wenn nach einem langsameren gebundene 0. Accorde menrere etwas schneUere ko men, so is t nu rdel" E l'stere:llu arpeggiren. + -r: .-------....- -+- ' .--- -I- ________