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Diplomarbeit Untersuchung zur Stereo-Kompatibilit¨ at von 3-Kanal-Mikrofon-Anordnungen Hochschule f¨ ur Musik Detmold Erich-Thienhaus-Institut vorgelegt von: Jochen Schulz Aurikelweg 88 50259 Pulheim Studiengang: Musik- ¨ Ubertragung (Tonmeister) Erstgutachter: Prof. Michael Sandner August 2006

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Diplomarbeit

Untersuchung zur Stereo-Kompatibilitat von3-Kanal-Mikrofon-Anordnungen

Hochschule fur Musik Detmold

Erich-Thienhaus-Institut

vorgelegt von:

Jochen Schulz

Aurikelweg 88

50259 Pulheim

Studiengang: Musik-Ubertragung (Tonmeister)

Erstgutachter: Prof. Michael Sandner

August 2006

Page 2: DA Schulz.pdf

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 4

2 Mikrofon-Anordnungen 7

2.1 Zur Richtungswahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2 Zur Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.3 Druckgradienten-Empfanger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.3.1 INA3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.3.2 OCT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.3.3 OCT2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.3.4 ORTF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.4 Druck-Empfanger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.4.1 Decca-Tree . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.4.2 Kugel-Vorhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.4.3 AB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.4.4 Stereo+C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3 Aufnahme der Musikbeispiele 17

3.1 Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.2 Raume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3.2.1 Neue Aula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.2.2 Martin-Luther-Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.2.3 Christus-Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.3 Besetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.3.1 Orchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.3.2 Vokal-Ensemble . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.3.3 Streichquartett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.3.4 Gitarre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.3.5 Orgel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.3.6 Saxophon – Einzel-Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

4 Vergleichs-Test 25

4.1 Test-Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

4.1.1 Surround-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2

Page 3: DA Schulz.pdf

4.1.2 Stereo-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4.1.3 Seitliche Horposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4.2 Horraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4.3 Bewertungsbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.4 Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.5 Testablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

5 Auswertung 30

5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

5.2 Druckgradienten-Empfanger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

5.2.1 Klangfarbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

5.2.2 Raumlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

5.2.3 Abbildungsbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

5.3 Druck-Empfanger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

5.3.1 Klangfarbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

5.3.2 Raumlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5.3.3 Abbildungsbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

5.4 Original vs. Downmix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

5.5 Saxophon – Einzel-Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

5.6 Kritische Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

6 Fazit 48

7 Danksagung 51

A Abbildungskurven 52

B Bewertungsbogen 55

3

Page 4: DA Schulz.pdf

Kapitel 1

Einleitung

Das Thema Mehrkanalwiedergabe oder neudeutsch Surround ist zum Zeitpunkt dieser

Diplomarbeit bei weitem nichts Neues mehr. Seit vielen Jahren wurden Lautsprecher-

Anordnungen entwickelt, welche mit einer moglichst kleinen Anzahl verschiedener Laut-

sprecher eine moglichst einhullende Wirkung auf den Horer erzielen konnen. Bereits in

den 1960er Jahren entstand die Quadrophonie, die sich zwar aufgrund konkurrierender

Technologien nie richtig durchsetzen konnte, aber durchaus als eine fruhe Variante der

heutigen Surround-Technologie anzusehen ist. Seit 1992 besteht die heute noch ubliche

Lautsprecher-Anordnung ITU-R BS. 775-1 [4] mit funf gleichwertigen Lautsprechern, wel-

che auch fur den Horvergleich dieser Arbeit verwendet wurde.

In erster Linie vom Erfolg des Kinos vorangetrieben, existieren seit einigen Jahren nun

auch diverse Tontrager-Formate, in denen der Konsument diese neuen Klangdimensio-

nen zu Hause rezipieren kann. Der Standard CD wurde um weitere Formate erweitert,

um die zusatzlichen Informationen speichern zu konnen. Hierzu gehoren z.Zt. die DVD-

Audio, DVD-Video und SACD, welche allesamt uber die Moglichkeit zur Speicherung von

Mehrkanal-Audio-Daten verfugen.

Wahrend die Nutzung der funf Wiedergabe-Kanale beim Film inzwischen selbstverstand-

lich ist und wohl am ehesten zum Erfolg der Surround-Wiedergabe-Systeme beigetragen ha-

ben durfte, ist die Nutzung dieser Kanale fur klassische Musik immer noch fragwurdig. Un-

ter Tonmeistern besteht bis heute Uneinigkeit uber die Notwendigkeit des Center-Kanals.

Auch wenn dies sicherlich auch eine personliche Geschmacksfrage darstellt, so soll diese

Arbeit u.a. versuchen zu klaren, ob die durch die neuen Formate nun mogliche Nutzung

des Center-Kanals Vorteile auch fur die Wiedergabe klassischer Musik bieten kann, oder

ob dessen Nutzung ohne Auswirkung auf die Qualitat der Wiedergabe bleibt oder sogar

Nachteile mit sich bringt.

Die Frage nach der Nutzung der Surround-Kanale soll in dieser Arbeit nicht behandelt wer-

den. Fur diesbezugliche Informationen sei die aktuell erschienene Diplomarbeit von Frau

Marie-Josefin Meindl [16] empfohlen.

Die Rundfunkanstalten verfugen vielerorts schon uber Produktions- und Ubertragungs-

4

Page 5: DA Schulz.pdf

moglichkeiten fur mehrkanalige Audio-Informationen. Zum Zeitpunkt dieser Arbeit gibt es

bereits etliche Anstalten, die gelegentlich 5.1-Sendungen uber DVB-S1 ausstrahlen (BR,

MDR, HR, SWR, WDR). Der uberwiegende Teil der Empfanger wird jedoch in nachster

Zeit noch nicht uber die erforderlichen Gerate zur Nutzung der DVB-S-Signale verfugen,

sondern ein Stereo-Wiedergabesystem mit UKW2-Empfang nutzen. Die Rundfunkanstal-

ten werden daher parallel zum Mehrkanalton weiterhin einen Stereoton ausstrahlen.

Eine zeitgleiche Ausstrahlung zweier verschiedener Formate lasst zumindest bei Live-Uber-

tragungen zunachst die Forderung nach zwei eigenstandigen Produktionsstudios und -teams

aufkommen, was eine komplette Verdopplung der Produktionsmittel und -kosten hervor-

rufen wurde. Fur Ubertragungen, die nicht live ubertragen werden, ließe sich der Aufwand

etwas beschranken, indem wahrend der Aufnahme die Mikrofonsignale fur beide Formate

von nur einem Studio aufgezeichnet werden. Fur die verschiedenen Formate musste im

Anschluss jeweis eine separate Abmischung vorgenommen werden, welche den eigentlichen

Mehraufwand darstellt.

Die Ausstrahlung einer Live-Ubertragung in zwei verschiedenen Formaten wurde die Rund-

funkanstalten nicht nur vor die Grenzen ihrer Produktionskapazitaten stellen, sondern auch

eine finanzielle Doppelbelastung darstellen, welche dauerhaft sicherlich von keiner Anstalt

tragbar ist. Eine Sendung im Mehrkanalformat kann demnach nur erfolgen, wenn sich

die beiden zu erstellenden Tonformate Zweikanal und Mehrkanal moglichst mit densel-

ben Geraten und vom selben Aufnahme-Team zeitgleich erstellen lassen. Optimal ware

hierzu ein Mikrofon-System, welches uber die notige Anzahl an Kanalen verfugt, um das

gewunschte Surround-Format auszufullen, welches sich aber ebenfalls mittels eines auto-

matischen Downmixes oder notfalls einer manuellen Mischung fur das Zweikanal-Format

eignet. Es sollten sich selbstverstandlich moglichst keine klanglichen Nachteile bilden ge-

genuber einem reinen Stereo-Mikrofon, wie es bislang verwendet wurde.

Die Frage nach einer parallelen Nutzung der Mikrofon-Anordnung fur Zwei- und Mehrkanal-

Wiedergabe ist aktuell sicherlich fur den Rundfunk von großerer Bedeutung. Aber auch

fur die Produktion von Musik-Datentragern wie DVD oder SACD ist die Fragestellung

sicherlich interessant, da dort ebenfalls beide Formate parallel gespeichert werden konnen

und entsprechend vorher mittels eines Mikrofon-Systems aufgenommen werden mussen.

Die zeitgleiche Erstellung der beiden Formate ist fur solche Produktionen zwar nicht un-

bedingt notig, es ließen sich aber dennoch Produktionskosten einsparen, wenn auf eine

kombinierte Mikrofonierung und Mischung zuruckgegriffen werden konnte.

Ziel der Arbeit ist es nun, einige etablierte Mikrofon-Anordnungen daraufhin zu prufen,

ob sie fur diese Doppel-Anforderung in Frage kommen. Mittels Horvergleich werden die

verschiedenen Anordnungen nicht nur gegeneinander, sondern auch gegen ihren eigenen

Downmix antreten, um den Grad der Verschlechterung durch eine Reduktion auf zwei

Kanale festzustellen. Ebenfalls soll untersucht werden, ob die Nutzung eines separaten

1Digital Video Broadcast – Satellite2Ultra-Kurz-Welle, in Europa etwa 87,5 MHz bis 108,0 MHz

5

Page 6: DA Schulz.pdf

Stereo-Mikrofons zum Zwecke der Zweikanal-Ubertragung klanglich generell vorzuziehen

ist gegenuber dem Downmix einer Mehrkanal-Mikrofon-Anordnung. Die gesammelten Er-

gebnisse sollen zuletzt anhand zweier weiterer Wiedergabe-Bedingungen – einer seitlichen

Abhorposition und der Kopfhorer-Wiedergabe – uberpruft und erweitert werden.

Zum Zwecke einer moglichst detaillierten Untersuchung wird sich diese Arbeit auf die

Unterschiede zwischen Zwei- und Dreikanal-Wiedergabe konzentrieren. Mit den Downmix-

Eigenschaften der Surround-Kanale wird sich eine weitere Diplomarbeit am Erich-Thienhaus-

Institut in Kurze beschaftigen [17].

6

Page 7: DA Schulz.pdf

Kapitel 2

Mikrofon-Anordnungen

Die Erkenntnisse, die in dieser Arbeit gewonnen werden sollen, basieren auf einer Ge-

genuberstellung verschiedener Mikrofon-Anordnungen mittels subjektiver Horvergleiche.

Um gezielt die Vor- und Nachteile bezuglich einzelner Parameter (wie Klangfarbe, Raum-

lichkeit) erforschen zu konnen, sollten diese isoliert und samtliche anderen Parameter bei

den zu untersuchenden Anordnungen moglichst identisch sein. Einer der einflussreichsten

bzw. offensichtlichsten Faktoren einer Mikrofon-Anordnung stellen sicherlich die Abbil-

dungseigenschaften dar, d.h. die Abbildung einer Schallquelle zwischen den Lautsprechern.

Zum besseren Verstandnis der Grunde fur die Zusammenstellung und Berechnung der

Test-Kandidaten sollen daher zunachst die wichtigsten Grundlagen ins Gedachtnis gerufen

werden.

2.1 Zur Richtungswahrnehmung

Das menschliche Vermogen der Richtungswahrnehmung beruht im wesentlichen auf zwei

Effekten. Zum einen kommt ein akustisches Schallsignal durch die endliche Schallgeschwin-

digkeit1 nicht zeitgleich bei beiden Ohren an, sondern hat je nach Winkel einen gewissen

Versatz, den man als Laufzeitdifferenz bezeichnet. Unser Gehor folgert aus diesen minima-

len Differenzen einen Winkel, aus der es den Schall vermutet.

Die andere Moglichkeit der Richtungsbestimmung wird durch Unterschiede im Schalldruck-

pegel hervorgerufen. Der menschliche Kopf stellt fur die Schallausbreitung ein Hindernis

dar, so dass nur das der Schallquelle zugewandte Ohr das Signal unverandert empfangt. Das

gegenuberliegende Ohr liegt im akustischen Schatten des Kopfes und empfangt ein abge-

schwachtes Signal – zumindest fur solche Wellenlangen, die kleiner sind als der Durchmesser

des Kopfes, also etwa oberhalb 1,5kHz [7]. Man spricht auch von Intensitatsunterschieden.

Bei Lautsprecherwiedergabe wird diese Theorie etwas komplexer, da der vom einzelnen

Lautsprecher abgestrahlte Schall nicht nur das jeweils nahere Ohr erreicht, sondern auch

das gegenuberliegende. Die grundlegenden Effekte der Laufzeit- und Intensitatsdifferenzen

1bei 20 Grad Celsius etwa 340m/s

7

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bleiben jedoch weiter bestehen. Es ist auf diese Weise moglich, eine Schallquellen auf der

Ebene zwischen den Lautsprechern als sogenannte Phantom-Schallquelle zu positionieren.

Die Grafiken 2.1 sollen die Großenordnungen der notigen Pegel- und Lautzeitunterschiede

skizzieren. Da das Richtungshoren von Phantomschallquellen von vielen Faktoren abhangt

– beispielsweise Dauer und Frequenz des Stimulus – konnen solche Grafiken selbstverstand-

lich nur eine ungefahre Einordnung darlegen. Fur detailliertere Informationen zu diesem

Thema sei auf die reichhaltige Literatur verwiesen, insbesondere [8] und [9].

Abbildung 2.1: Lokalisationskurven bei Zweikanal-Stereo [11]

Zur Anordnung der Lautsprecher hat man sich fur Musikwiedergabe auf einen interna-

tionalen Standard geeinigt. ITU-R BS. 775-1 [4] empfiehlt ein gleichseitiges Dreieck bei

Zweikanal-Wiedergabe, also eine Auslenkung von +/- 30 Grad bezogen auf die fronta-

le Blickrichtung. Abbildung 2.1a zeigt den erforderlichen Intensitatsunterschied zwischen

den beiden Lautsprechersignalen, um ein Schallsignal in die gewunschte seitliche Richtung

wandern zu lassen. Bei pegelgleichen Signalen bildet sich eine Phantom-Schallquelle genau

in der Mitte zwischen den Lautsprechern, ab einem Unterschied von etwa 18dB wird die

Schallquelle bereits vollig im jeweils lauteren Lautsprecher geortet. Mikrofonierungen, die

ausschließlich auf dieser sogenannten Intensitats-Stereofonie beruhen, sind z.B. das XY

oder das MS.

Lasst man den Pegel der Lautsprecher gleich und verandert nur die zeitliche Verzogerung,

so entsteht die Kurve aus Abbildung 2.1b. Die maximale Auslenkung tritt hier bei 0,82ms

auf [11]. Als Beispiel fur reine Laufzeit-Stereofonie sei das sogenannte AB genannt, welches

auch im spateren Horvergleich dieser Arbeit zu finden ist.

Bei der Auswahl eines Stereo-Mikrofonverfahrens lasst sich eine beliebige Kombination der

beiden genannten Effekte zur Positionierung von Phantomschallquellen verwenden. Pegel-

differenzen lassen sich durch das Drehen von (gerichteten) Mikrofonen erzielen, Zeitdiffe-

renzen durch die Verwendung eines Abstandes zwischen den Mikrofonen. Eine Ubersicht

uber die Parameter Mikrofonabstand und -winkel und den resultierenden Aufnahmewin-

kel bei der Verwendung von Mikrofonen mit Nieren-Charakteristik liefern die Kurven von

Williams (Abb. 2.2).

8

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Abbildung 2.2: Aufnahmewinkel fur Nieren-Mikrofone nach Williams [7]

Bei gleichbleibendem Aufnahmewinkel lasst sich durch die Variation dieser beiden Pa-

rameter Einfluss nehmen auf die klangliche und raumliche Darstellung der Schallquelle.

Letztendlich entscheidet der personliche Geschmack, ob fur den jeweiligen Einsatzzweck

eher Laufzeit- oder Pegeldifferenzen bevorzugt werden.

Betrachtet man die zur Auslenkung erforderlichen Pegel- und Laufzeitdifferenzen bei der

Wiedergabe uber drei Front-Lautsprecher, genauer gesagt bei jeweils einem außeren und

dem mittleren Lautsprecher (zur normierten Aufstellung s. [5]), so treten auch hier ahn-

liche Großenverhaltnisse wie bei Zweikanal-Wiedergabe auf. Nach Gernemann [11] sind

ebenfalls 18dB Pegelunterschied erforderlich, um die Phantomschallquelle ganz zu einem

Lautsprecher wandern zu lassen (s. Abb. 2.3a). Die erforderliche Laufzeitdifferenz betragt

hier jedoch lediglich 0,7ms (s. Abb. 2.3b).

Abbildung 2.3: Lokalisationskurven bei drei Frontlautsprechern [11]

Aus den Untersuchungen geht weiterhin hervor, dass sich die Lokalisationsscharfe bei

Wiedergabe uber drei Front-Lautsprecher deutlich erhoht im Vergleich zur Zweikanal-

Stereofonie. Diese These wird anhand des letzten Teils des Bewertungsbogens dieser Arbeit

noch naher aufgegriffen (s. Kapitel 5.5).

9

Page 10: DA Schulz.pdf

2.2 Zur Auswahl

Auch wenn die Ubertragungswege beim Rundfunk erst seit kurzester Zeit eine Mehrkanal-

Ausstrahlung zulassen, so besteht eine Aufnahme- und Wiedergabemoglichkeit von Drei-

kanal-Mikrofonanordnungen schon seit mehreren Jahren. Dementsprechend existieren eine

Reihe von Verfahren zur Mikrofonierung, teils theoretisch berechnet, teils durch prakti-

sche Hortests entstanden. Fur diese Diplomarbeit hat sich der Autor auf eine relativ klei-

ne Auswahl an Mikrofon-Anordnungen beschrankt, insgesamt sechs dreikanalige und zwei

zweikanalige. Der Grund hierfur lag vor allem in der realistischen Einschatzung der An-

zahl der zu erwartenden Testpersonen bzw. Bewertungsbogen. Um die Reprasentativitat

des Bewertungstests ausreichend hoch zu halten, wurde die Quantitat der zu testenden

Mikrofon-Anordnungen entsprechend eingeschrankt.

Zweck dieser Diplomarbeit sollte nicht der Entwurf eigener Mikrofon-Verfahren werden,

sondern ein Vergleich bereits bestehender Anordnungen, insbesondere ihrer klanglichen

Eigenschaften bei Zweikanal-Wiedergabe. Die Auswahl der verwendeten Mikrofon-Anord-

nungen umfasst daher vor allem solche Verfahren, die sich nach Rucksprache mit erfahre-

nen Tonmeistern bereits bei Rundfunk-Produktionen etabliert haben. Um den erforderli-

chen technischen Aufwand sowie die gegenseitige Abschattung zwischen den Mikrofonen

moglichst gering zu halten, wurden die verschiedenen Anordnungen in zwei Gruppen un-

terteilt. Als Kriterium diente hier die Charakteristik der verwendeten Mikrofone. Es ergab

sich demnach eine Gruppe von Anordnungen mit Nieren- oder Supernieren-Charakteristik

und eine mit durchgehend Kugel-Charakteristiken. Die Zusammenfassung gleicher Charak-

teristiken hat zwei relativ homogene Gruppen zur Folge, innerhalb derer sich die klang-

lichen Auswirkungen der verschiedenen Anordnungen nachvollziehen lassen. Auf einen

gruppenubergreifenden Vergleich (d.h. zwischen Nieren- und Kugel-Anordnungen) wur-

de bewusst verzichtet, da sich die klanglichen Eigenschaften ohnehin stark voneinander

unterscheiden, sowohl bezuglich des Frequenzganges als auch bezuglich des Direkt/Diffus-

Verhaltnisses.

Zur objektiveren Vergleichbarkeit wurden samtliche Mikrofon-Anordnungen einer Gruppe

zur gleichzeitigen Aufnahme auf eine entsprechende Traverse montiert. Eine Entscheidung

aufgrund von verschiedener musikalischer Interpretation sollte somit vermieden werden.

Samtliche verwendeten Anordnungen wurden in ihrer Abbildungsbreite moglichst einan-

der angeglichen. Dies geschah zum einen durch das Java-Applet Image-Assistent [10], zum

anderen (vor allem bei den Anordnungen mit Kugel-Mikrofonen) durch praktische Horver-

suche. Als Ausgangspunkt diente die Abbildungsbreite des ORTF-Mikrofons. Abbildung

2.4 zeigt die zumindest theoretisch vorhandene hohe Ubereinstimmung der vier Mikrofon-

Anordnungen der Druckgradienten-Gruppe. Die Darstellung der Abbildungskurve jeder

einzelnen Anordnung befindet sich im Anhang A. Durch die Angleichung sollte erreicht

werden, dass die Entscheidung des Test-Teilnehmers fur oder gegen eine bestimmte An-

ordnung nur von den zu untersuchenden klanglichen Eigenschaften abhangt. Der Einfluss

der Abbildungsbreite auf den Gesamteindruck eines Musikbeispiels ware sonst nicht uner-

heblich gewesen.

10

Page 11: DA Schulz.pdf

Abbildung 2.4: Abbildungskurve (Super-)Nieren-Anordnungen

2.3 Druckgradienten-Empfanger

Die meisten Mikrofon-Anordnungen, die ublicherweise zur Aufnahme klassischer Musik

verwendet werden, sind in ihrem Aufbau nicht starr festgelegt. Die von den verschiede-

nen Entwicklern entworfenen Anordnungen stellen in der Regel lediglich”Rezepte“ dar,

nach denen der Tonmeister fur den jeweiligen Einsatzzweck eine eigene Aufstellung umset-

zen kann. So ist die Richt-Charakteristik der Mikrofonkapseln meist vorgegeben, wahrend

der Abstand sowie teilweise auch die Ausrichtung der Mikrofone variabel bleiben, um den

gewunschten Aufnahmewinkel einzustellen. Das ORTF mit seinen festgelegten Parametern

stellt hierzu in dieser Arbeit die einzige Ausnahme dar.

Vor Beginn der Aufnahme wurden samtliche Mikrofon-Anordnungen auf die folgend dar-

gestellten Konfigurationen festgelegt, welche fur alle Musikbeispiele beibehalten wurden.

Auch wenn in nachfolgenden Kapiteln beispielsweise das OCT oder die INA3 nur noch

allgemein Erwahnung findet, so beziehen sich die Erkenntnisse stets auf die folgenden fest-

gelegten Anordnungen.

2.3.1 INA3

Hermann und Henkels entwickelten die Ideale Nieren Anordnung mittels eines praktischen

Vergleichstests [14]. Sie gehen von zwei eigenstandigen Stereo-Mikrofonen aus, die sich

genau in der 0-Grad-Richtung treffen ohne zu uberlappen. Da die Richtung des Center-

Mikrofons den einen Teil des Aufnahmewinkels kennzeichnet, muss aus Symmetriegrunden

auch das jeweils außere Mikrofon genau in die Richtung der gewunschten Grenze des Auf-

nahmebereichs zeigen. Jedes Mikrofonpaar deckt also genau den halben Aufnahmewinkel

ab.

Zur Erzielung eines Aufnahmewinkels von 98 Grad wurden die außeren Mikrofone in die-

11

Page 12: DA Schulz.pdf

Abbildung 2.5: Mikrofon-Anordnung INA3

sem Vergleich in einem Winkel von 49 Grad und einem Abstand von 112cm angeordnet.

Das Center-Mikrofon wurde um 24,5cm nach vorne versetzt.

2.3.2 OCT

Abbildung 2.6: Mikrofon-Anordnung OCT

Die Optimized Cardioid Triangle-Anordnung wurde von Dr. Gunther Theile am Institut

fur Rundfunktechnik entwickelt. Durch die Verwendung von Mikrofonen mit Supernieren-

Charakteristik fur den linken und rechten Kanal soll im Vergleich zu reinen Nieren-Anord-

nungen wie der INA3 die Kanaltrennung maximiert werden mit dem Ziel einer moglichst

stabilen Abbildung zwischen den Front-Lautsprechern. Dies wird unterstutzt durch die

Drehung der außeren Mikrofone um 90 Grad nach aussen. Das Center-Mikrofon ist fest um

8cm Richtung Klangkorper verschoben, so dass die gewunschte Abbildungsbreite lediglich

durch den Abstand zwischen linkem und rechtem Mikrofon eingestellt wird.

Durch die großere Kanaltrennung soll nicht nur die Wiedergabe fur den Sweetspot ver-

bessert werden, sondern auch seitliche Abhorpositionen sollen von einer stabileren und

trotzdem klanglich kompromisslosen Abbildung profitieren.

Da das OCT lediglich mit anderen Druckgradienten-Anordnungen verglichen werden sollte,

wurde auf die Verwendung von zusatzlichen Druckempfangern zur Vervollstandigung des

unteren Frequenzspektrums wie vom IRT empfohlen in diesem Hortest verzichtet. Um eine

Bevorteilung des OCTs auszuschließen, hatten die Druckempfanger bei allen Gradienten-

Anordnungen subjektiv zugemischt werden mussen, was weitere mogliche Fehlerquellen mit

sich gebracht hatte, die in dieser Gegenuberstellung bewusst ausgeschlossen werden sollten.

Außerdem sind hochstens in der Halfte der gewahlten Musikbeispiele (s. Kapitel 3.3 auf

Seite 20) tieffrequente Signale zu erwarten, die von der Beimischung von Druckempfangern

hatten profitieren konnen.

12

Page 13: DA Schulz.pdf

2.3.3 OCT2

Abbildung 2.7: Mikrofon-Anordnung OCT2

Die OCT2 -Anordnung ist eine Abwandlung des zuvor beschriebenen OCTs. Zum Zwecke

verbesserter Downmix-Eigenschaften wurde der Abstand des Center-Mikrofons auf 40cm

erhoht, gleichzeitig aber eine Verzogerung von 1ms2 hinzugefugt, welcher den erhohten Ab-

stand wieder kompensiert. Die Dekorrelation des Center-Signals von den ubrigen Signalen

wird dadurch gesteigert, was zur Vermeidung von Kammfiltereffekten beitragt.

Um ahnliche Abbildungseigenschaften wie die des OCTs zu bekommen, wurde der Abstand

der außeren Mikrofone auf 60cm herabgesetzt.

2.3.4 ORTF

Abbildung 2.8: Mikrofon-Anordnung ORTF

Die Kombination zweier Mikrofone mit Nieren-Charakteristik in einem Abstand von

17cm und einem Winkel von 110 Grad wurde in den 1960er Jahren von Ingenieuren des

franzosischen Rundfunks, vor allem R. Condamines, entwickelt und hat sich seitdem unter

dem Namen ORTF 3 international etabliert.

Da fur die Abbildungsbreite sowohl Laufzeit- als auch Pegeldifferenzen verantwortlich sind,

gehort das ORTF -Mikrofon zur Kategorie der Aquivalenz-Stereofonie. Fur den Hortest ver-

tritt es in der Gruppe der Nieren-Anordnungen die Zweikanal-Systeme. Alternativ ware

auch die Verwendung einer NOS -Anordnung4 moglich gewesen. Da das ORTF-Mikrofon

jedoch als unveranderliches Kompakt-Mikrofon (s. Kapitel 3.1) zur Verfugung stand, wur-

de diesem der Vorzug gegeben, um Fehlerquellen beim Auf- und Umbau der verschiedenen

Anordnungen moglichst auszuschließen.

2bei einer Schallgeschwindigkeit von 340m/s entspricht 1ms genau 34cm3Office de Radiodiffusion-Television Francaise4Nederlandsche Omroep Stichting (zwei Nieren-Mikrofone, Abstand 30cm, Winkel 90 Grad)

13

Page 14: DA Schulz.pdf

2.4 Druck-Empfanger

Aufgrund des von allen Seiten gleichen Amplitudenverhaltens bei Druck-Empfangern rich-

ten sich die Vorgaben der Mikrofon-Anordnungen in dieser Kategorie vor allen Dingen auf

die zu verwendenden Abstande zwischen den Mikrofonen. Im Vergleich zu gerichteten Mi-

krofonen ist der Pegel des aufgenommenen Diffus-Signales im Verhaltnis zum Direkt-Signal

bei Mikrofonen mit Kugel-Charakteristik großer. Es empfiehlt sich daher, den Abstand zwi-

schen Schallquelle und Mikrofon beim Wechsel von Druckgradienten- zu Druckempfangern

zu verringern, um ein gleichbleibendes Verhaltnis zwischen Direkt- und Diffusschall zu er-

reichen.

Eine Veranderung des Abstandes zur Schallquelle wurde allerdings auch eine Verande-

rung des Aufnahmewinkels der Mikrofon-Anordnung bedingen, um gleiche Abbildungsei-

genschaften bei der spateren Lautsprecher-Wiedergabe zu erhalten. Der Autor hat sich bei

dieser Arbeit fur einen konstanten Aufnahmewinkel und damit verbundenen gleichbleiben-

den Abstand zwischen Mikrofon-Anordnung und Ensemble entschieden. In Folge dessen ist

bei den Druckempfanger-Anordnungen ein etwas großerer Raumlichkeits-Eindruck zu er-

warten, der aber vernachlassigbar ist, da die Horvergleiche lediglich innerhalb einer Gruppe

vorgenommen werden sollten.

2.4.1 Decca-Tree

Der Decca-Tree besteht aus drei Druckempfangern, die als Dreieck angeordnet werden,

in einem verglichen mit den anderen hier vorgestellten Verfahren relativ großen Abstand

zueinander. Gangig ist eine Distanz von 1-2,5m zwischen linkem und rechtem Mikrofon

(in diesem Hortest 2m). Das mittlere Mikrofon wird in der Regel um 0,8-1,5m Richtung

Klangquelle verschoben (hier exakt 1m).

Abbildung 2.9: Mikrofon-Anordnung Decca-Tree

Damit der Klangkorper in der gewunschten Breite zwischen den Lautsprechern abgebildet

wird, muss eine gewisse Unabhangigkeit der Signale der drei Mikrofone erreicht werden.

Wenn nicht auf gerichtetere Mikrofone zuruckgegriffen werden soll, ist dies nur durch Ver-

minderung des Abstandes zum Klangkorper moglich, so dass das Center-Mikrofon oftmals

14

Page 15: DA Schulz.pdf

bereits in den Klangkorper hineinragt. Ein großerer Abstand hatte zur Folge, dass die ein-

zelnen Signale immer ahnlicher/korrelierter werden und sich das Ensemble nicht uber die

gewunschte Breite zwischen den Lautsprechern verteilt, sondern nur im mittleren Laut-

sprecher oder bei Zweikanal-Wiedergabe als Phantom-Schallquelle in der Mitte zwischen

linkem und rechtem Lautsprecher zu orten ist.

Im Gegensatz zur gleichmaßigen Abbildungskurve der AB -Anordnung findet beim Decca-

Tree eine starke Konzentration auf die drei Positionen Links, Mitte und Rechts statt (vgl.

Abbildungskurve A.5 im Anhang).

Das Bemerkenswerte am Decca-Tree ist seine Entstehungszeit. Bereits kurz nach der Ein-

fuhrung des Zweikanal-Stereotons Anfang der 1950er Jahre wurde diese Anordnung von

Ingenieuren der Decca entwickelt. Die Entsprechung der drei Mikrofone zu heutigen Laut-

sprecher-Anordnungen mit Center-Kanal konnte damals noch nicht beabsichtigt gewesen

sein. Bei der Popularitat des Decca-Trees bereits bei Zweikanal-Wiedergabe und den so-

mit akzeptierten klanglichen Phanomenen des Downmixes bietet sich eine Nutzung des

Center-Kanals mit den nun zur Verfugung stehenden Ubertragungswegen geradezu an.

2.4.2 Kugel-Vorhang

Abbildung 2.10: Mikrofon-Anordnung Kugel-Vorhang

Im Gegensatz zum Decca-Tree befinden sich die drei Mikrofone beim Kugel-Vorhang

exakt auf einer Linie. Der Abstand zwischen den außeren Mikrofonen betragt in diesem

Horvergleich 60cm, wodurch man Pegeldifferenzen vernachlassigen kann. Die Richtungs-

wahrnehmung erfolgt demzufolge lediglich uber Laufzeitdifferenzen. Abbildung A.7 im An-

hang zeigt deutlich, dass eine Schallquelle gleichzeitig dreimal abgebildet wird, namlich

jeweils durch die Paare L-C, C-R und L-R. Je nach Abhorposition ergibt sich eine instabile

bzw. sprunghafte Lokalisation.

2.4.3 AB

Bei der sogenannten AB -Mikrofonanordnung sind nur Laufzeitdifferenzen fur die Rich-

tungswahrnehmung verantwortlich. Pegelunterschiede sind bei einem Abstand zwischen

Klangquelle und Mikrofon, der um ein Vielfaches großer ist als der Abstand zwischen den

Mikrofonen, vernachlassigbar. Um dem Aufnahmewinkel des ORTF moglichst nahe zu

kommen, wurde fur den Hortest ein Mikrofonabstand von 39cm gewahlt. Dieser Wert lasst

15

Page 16: DA Schulz.pdf

Abbildung 2.11: Mikrofon-Anordnung AB

sich auch ohne die Hilfe des Image-Assistenten recht einfach errechnen. Um das Horereig-

nis vollstandig in einen seitlichen Lautsprecher wandern zu lassen, ist eine Lautzeitdiffe-

renz von etwa 0,87ms notwendig (vgl. Kapitel 2.1). Bei einer Schallgeschwindigkeit von

340m/s entspricht dies einer Wegdifferenz von knapp 30cm. Mochte man diese bei einem

Schalleinfallswinkel von exakt 50 Grad hervorrufen, so ist der Mikrofonabstand von 39cm

erforderlich.5

2.4.4 Stereo+C

Abbildung 2.12: Mikrofon-Anordnung Stereo+C

Grundlage der Stereo+C -Anordnung von Andreas Gernemann [13] bildet ein belie-

biges zweikanaliges Hauptmikrofon, zu dem ein drittes Mikrofon fur den Center-Kanal

hinzugefugt wird. Der großte Vorteil ist damit die stets gegebene Stereo-Kompatibilitat,

da das Center-Signal einfach weggelassen werden kann. Die Vorteile des Centers (z.B.

Vergroßerung der Horzone, Stabilitat der Frontabbildung) konnen aber bei mehrkanaliger

Wiedergabe beliebig hinzugefugt werden. Einzige Voraussetzung ist ein moglichst dekorre-

liertes Mitten-Signal, weshalb Gernemann einen Hohenunterschied von etwa 2m zwischen

Stereo- und Center-Mikrofon vorschlagt. Klangliche Nachteile wie etwa Kammfiltereffek-

te sollten aufgrund der Dekorrelation nicht auftreten. Durch die Unabhangigkeit des L-

R-Signals vom Center profitieren auch solche Wiedergabe-Anordnungen, bei denen der

Center-Lautsprecher nicht identisch mit den Lautsprechern fur L und R oder schlecht po-

sitioniert ist, etwa uber oder unter Fernsehgeraten.

Da das AB bereits als optimales Zweikanal-Hauptmikrofon in der Gruppe der Druck-

empfanger vorhanden war, wurde es als Grundlage des Stereo+C mitverwendet. Zudem

wurde ein Mikrofon mit Nieren-Charakteristik etwa 2m uber dem AB hinzugefugt.

539cm · sin(50Grad) = 30cm

16

Page 17: DA Schulz.pdf

Kapitel 3

Aufnahme der Musikbeispiele

3.1 Technik

Die Unterschiede zwischen den im vorigen Kapitel vorgestellten Mikrofon-Anordnungen

betragen teilweise nur wenige Centimeter im Abstand der Mikrofone zueinander bzw. we-

nige Grad Unterschied im eingestellten Winkel. Die zu erwartenden horbaren Differenzen

sind demnach relativ klein. Aus diesem Grunde wurde bei der Aufnahme versucht, andere

klangbeeinflussende Parameter fur alle Mikrofon-Anordnungen identisch zu halten. Neben

der bereits erwahnten gleichzeitigen Aufnahme der Anordnungen einer Gruppe, welche Un-

terschiede in der Darbietung eleminieren sollte, wurden samtliche Teile in der Signalkette

fur alle zwolf Aufnahmekanale identisch gehalten:

Kabel Cordial CTM-10 (10m)

Mikrofon-Vorverstarker Millennia HV-3D (8-Kanal)

Millennia HV-3C (2-Kanal, 2x)

AD-Wandlung Apogee AD-16X

Interface RME Fireface 800

Workstation Magix Sequoia

Bei der Auswahl der Mikrofone wurde die gleiche penible Produkteinfalt verfolgt. Samt-

liche Mikrofone wurden von der Firma Schoeps zur Verfugung gestellt. Bei den Druck-

empfanger-Anordnungen wurde das annahernd diffusfeld-entzerrte MK2S verwendet, da

sich das Hauptmikrofon stets nahe des Hallabstandes befand. Das MK2S ist außerdem

weiter verbreitet und wird vor allem als Hauptmikrofon haufiger verwendet als das freifeld-

entzerrte MK2.

Fur die Druckgradienten-Anordnungen musste prinzipbedingt auf verschiedene Mikrofon-

Typen zuruckgegriffen werden. Es wurde jedoch in Absprache mit dem Hersteller versucht,

solche Mikrofon-Kapseln fur die Charakteristiken Niere und Super-Niere auszuwahlen, die

17

Page 18: DA Schulz.pdf

Abbildung 3.1: Aufzeichnungs-Equipment

sich in ihrem Frequenzgang moglichst wenig unterscheiden.

INA3 MK4 + CMC6 (3x)

OCT CCM41V (2x), CCM4 (1x)

OCT2 CCM41V (2x), MK4 + CMC6 (1x)

ORTF MSTC 64 U (mit MK4-Kapseln)

Decca-Tree MK2S + CMC6 (3x)

AB MK2S + CMC6 (2x)

Kugelvorhang MK2S + CMC6 (3x)

Stereo+C MK2S + CMC6 (2x), MK4 + CMC6 (1x)

Da ein Vergleich der verschiedenen Zweikanal-Downmixe bei diesem Hortest Prioritat ha-

ben sollte gegenuber den originalen Dreikanal-Fassungen und fur diesen Vergleich das Me-

dium CD als optimal fur die Mehrheit der Horer angesehen wurde, hat sich der Autor bei

der Aufnahme fur die Samplingfrequenz 44.1kHz mit einer Auflosung von 24bit entschie-

den. Die Wordclock-Erzeugung wurde dem AD-16X uberlassen. Das nachfolgende Fireface,

welches lediglich die Aufgabe einer Weiterleitung der digitalen Daten in den PC hatte, ar-

beitete entsprechend als Slave.

Der Pegel der Mikrofon-Vorverstarkung wurde jeweils wahrend einer kurzen Einspielphase

der Musiker angepasst. Da die Lautstarken der einzelnen Anordnungen fur den Hortest oh-

nehin im Horraum angeglichen werden sollten, wurden fur die Aufnahme samtliche Kanale

auf den gleichen Wert eingestellt. Ein Vergleich der tatsachlichen Vorverstarkung mit den

aufgedruckten Rastungen fand zuvor mittels des Audio-Precision Mess-Systems im Erich-

Thienhaus-Institut statt. Abbildung 3.2 zeigt die zu vernachlassigende Abweichung von

maximal 0.1dB zwischen den einzelnen Kanalen. Eine nochmalige Messung am Aufnah-

meort fand daher nicht statt.

18

Page 19: DA Schulz.pdf

Abbildung 3.2: Verstarkung der zwolf Mikrofon-Vorverstarker bei eingestellten 60dB

Fur eine der funf Musikaufnahmen musste aus optischen und platztechnischen Grunden die

Infrastruktur des Aufnahmesaales verwendet werden. Die Vorverstarkung und Wandlung

fur die Orchester-Aufnahme fand daher uber das Stagetec Nexus statt, welches ebenfalls

uber rasterbare Einstellung der Vorverstarkung verfugt. Einschrankungen oder Abweichun-

gen zu den ubrigen Aufnahmen gab es demnach keine.

3.2 Raume

Das Ziel dieser Untersuchung sollte nicht das Finden einer optimalen Anordnung fur einen

bestimmten Aufnahmeraum sein. Diese Aufgabe wird der Tonmeister wohl auch in Zukunft

immer wieder aufs Neue zu bewerkstelligen haben. In dieser Untersuchung sollten vielmehr

klangliche Defizite beim Downmix aufgezeigt werden, und zwar moglichst unabhangig vom

Raum. Deshalb wurden die Musikbeispiele auf drei verschiedene Orte aufgeteilt.

Abbildung 3.3: Neue Aula

19

Page 20: DA Schulz.pdf

3.2.1 Neue Aula

Die Neue Aula der Musikhochschule Detmold wurde 1968 eroffnet. Mit einem Fassungs-

vermogen von etwa 600 Personen betragt die Nachhallzeit in leerem Zustand rund 1,7

Sekunden.

3.2.2 Martin-Luther-Kirche

Abbildung 3.4: Martin-Luther-Kirche

Die Martin-Luther-Kirche liegt im Zentrum von Detmold nahe des Marktplatzes. Sie

wurde 1898 erbaut und bietet ein Innenraum-Volumen von rund 3800m3. Die Nachhallzeit

betragt im leerem Zustand 2,5 Sekunden, in besetztem Zustand (welcher wahrend des

Konzerts erreicht wurde) bei etwa 1,7 Sekunden.

3.2.3 Christus-Kirche

Die Christus-Kirche wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im gotischen Stil erbaut. Sie liegt

am Kaiser-Wilhelm-Platz und stellt das Wahrzeichen der evangelisch-reformierten Kirche

in Detmold dar. Bei einem Volumen von rund 7500m3 liegt die Nachhallzeit bei etwa 3,6

Sekunden (leer).

3.3 Besetzungen

Bezuglich der Besetzungen bestand die gleiche Herausforderung wie bereits bei der Raum-

Auswahl. Es sollte nicht ein Optimum fur eine bestimmte Aufnahmesituation gefunden

werden, sondern es sollten generelle Schwierigkeiten der einzelnen Mikrofon-Anordnungen

beim Stereo-Downmix ermittelt werden. Als Kompromiss zwischen Allgemeingultigkeit und

Reprasentativitat hat sich der Autor auf funf unterschiedliche Musik-Beispiele beschrankt.

20

Page 21: DA Schulz.pdf

3.3.1 Orchester

Die Orchester-Aufnahme entstand im Rahmen eines Meisterkonzertes in der Neuen Aula

der Musikhochschule Detmold. Die Gruppe der Nieren-Anordnungen wurde wahrend des

eigentlichen Konzertes aufgenommen, da sie dem Publikum optisch zumutbarer erschien

als der Aufbau der Kugel-Anordnungen. Letzte wurde wahrend der Generalprobe am Tag

zuvor aufgenommen. Als Musikbeispiel wurde ein Ausschnitt aus dem Klavier-Konzert B-

Dur von W.A. Mozart gewahlt, aufgrund des unausgewogenen Abstandes des Klavieres

zum Hauptmikrofon allerdings die Orchester-Exposition.

Abbildung 3.5: Orchester-Aufnahme (Neue Aula)

Die Position des Mikrofon-Stativs war bei dieser Aufnahme bis auf wenige Centimeter fest-

gelegt, da samtliche Sitzplatze ausverkauft waren. Um dennoch das gewunschte Verhalt-

nis von Direkt- zu Diffus-Schall zu erhalten, wurde man normalerweise die Mikrofon-

Charakteristik andern. Durch die Festlegung auf die in Kapitel 2 beschriebenen Mikrofon-

Anordnungen war eine klangliche Anpassung nicht moglich. Die Orchester-Beispiele v.a.

der Druckgradienten-Gruppe enthielten dementsprechend wenig Raumsignale.

3.3.2 Vokal-Ensemble

Das Konzert des Vokal-Ensembles VierCant in der Martin-Luther-Kirche war die erste Auf-

nahme fur diese Arbeit. Wahrend des Konzertes wurde die Gruppe der Druckgradienten-

Anordnungen verwendet. Im Anschluss wurde das Ensemble gebeten, im der nun leeren

Kirche das letzte Stuck des Konzertes –”Notre Pere“ von Maurice Durufle – noch einmal

zu singen fur die Gruppe der Kugel-Anordnungen.

Der fur die Berechnungen der Mikrofon-Anordnungen verwendete Abstand von 5 Metern

wurde fur dieses Beispiel fur beide Mikrofon-Gruppen auf 3,5 Meter verringert, um das

Ensemble auf dem Podium nicht unnaturlich auseinander zu ziehen, aber trotzdem eine

akzeptable Abbildungsbreite zu erhalten. Fur das Direkt/Diffus-Verhaltnis war diese Ande-

rung ebenfalls klanglich vorteilhaft.

21

Page 22: DA Schulz.pdf

Abbildung 3.6: Vokalensemble-Aufnahme (Martin-Luther-Kirche)

3.3.3 Streichquartett

Der erste Satz aus dem Streichquartett g-Moll von Luigi Boccherini wurde von Studen-

ten der Musikhochschule Detmold eingespielt. Als Aufnahmeort wurde die Martin-Luther-

Kirche herangezogen. Wie bereits beim Vokal-Ensemble praktiziert wurde auch hier der

Mikrofonabstand von 5 Metern auf 3,80 Meter verringert. Aufgrund der gegebenen Stu-

fen im Altar-Bereich entstand bei der Anordnung der vier Instrumentalisten ein kleiner

Zwischenraum zwischen 2. Geige und Bratsche.

Abbildung 3.7: Streichquartett-Aufnahme (Martin-Luther-Kirche)

22

Page 23: DA Schulz.pdf

3.3.4 Gitarre

Der Gitarren-Student Hugo Acosta aus Dortmund spielte im Rahmen seiner CD-Produktion

in der Christus-Kirche die Sonatina von Federico Moreno Torroba. Wahrend der Aufwarm-

phase wurde das Stuck zweimal fur die beiden Mikrofon-Gruppen aufgenommen. Der Ab-

stand zwischen Instrument und Mikrofon-Traverse betrug 4 Meter. Das Material der an-

schließenden Produktion wurde nicht verwendet.

Abbildung 3.8: Gitarren-Aufnahme (Christus-Kirche)

3.3.5 Orgel

Ebenfalls in der Christus-Kirche entstand die Aufnahme von”Wer nur den lieben Gott lasst

walten“ des Komponisten J. S. Bach. Im Vergleich zu den anderen ebenfalls eingespielten

Werken wurde dieses Stuck fur den Hortest herangezogen, um auch extrem tieffrequente Si-

gnale bei den verschiedenen Mikrofonanordnungen vergleichen zu konnen, welche in keinem

Abbildung 3.9: Orgel-Aufnahme (Christus-Kirche)

23

Page 24: DA Schulz.pdf

anderen Musikbeispiel enthalten waren. An der Orgel spielte die Kirchenmusik-Studentin

Regina Werbick aus Detmold.

3.3.6 Saxophon – Einzel-Positionen

Zur besseren Uberprufung der tatsachlichen Abbildungskurven wurde ein einzelnes Saxo-

phon aus insgesamt 21 verschiedenen Positionen in der Martin-Luther-Kirche aufgenom-

men. Der Mikrofon-Aufbau entsprach exakt den fur die ubrigen Musik-Beispiele verwen-

deten Aufbauten. Um einen direkten Vergleich mit den berechneten Kurven des Image-

Assistenten [10] zu ermoglichen, wurde der Abstand (d.h. der Radius) zwischen Instrument

und Mikrofon auf 5 Meter festgelegt. Von der Mitte ausgehend wurden je 10 Positionen

nach links und rechts auf einem Halbkreis gekennzeichnet, jeweils mit einem Abstand von 5

Grad bzw. 43cm. Der resultierende Aufnahmewinkel betrug demnach zwischen den außeren

Positionen 100 Grad, was sich mit den berechneten Winkeln der verwendeten Mikrofon-

Anordnungen decken sollte. Der Spieler (Marcus Blome, Tonmeister-Student aus Detmold)

wurde gebeten, sich bei allen Positionen in Richtung der Mikrofon-Anordnungen zu drehen

und die Dynamik und Artikulation moglichst fur alle Wiederholungen konstant zu halten.

Abbildung 3.10: Anordnung der Einzel-Positionen

24

Page 25: DA Schulz.pdf

Kapitel 4

Vergleichs-Test

4.1 Test-Design

Als Grundlage fur den Hortest wurde der Dominanz-Paar-Vergleich verwendet. Jede Mikro-

fon-Anordnung einer Gruppe wurde innerhalb eines Tests mit jeder anderen Anordnung

verglichen. Im Gegensatz zum Ratingtest, bei dem jeder Testkandidat fur sich alleine an-

hand einer Skala bewertet wird, sollte der Paar-Vergleich vor allem bei geringen Unter-

schieden eindeutigere Ergebnisse liefern. Der Teilnehmer musste sich lediglich fur Beispiel

A oder B bezuglich der gefragten Kategorie entscheiden. Eine quantitative Einordnung

brauchte nicht getroffen zu werden.

Die Voraussetzung fur einen Dominanz-Paar-Vergleich ist eine relativ geringe Anzahl an

Kandidaten, die miteinander verglichen werden soll. Die pro Gruppe aufgenommenen vier

Mikrofon-Anordnungen ergeben jeweils sechs Paarungen. Um spater eine klare Rangord-

nung der Kandidaten erstellen zu konnen, mussen immer alle moglichen Paarungen pro

Testdurchgang vorkommen.

Da das Ziel dieser Arbeit nicht im Vergleich der ursprunglichen Dreikanal-Anordnungen

bestand, sondern in erster Linie die Downmix-Qualitaten getestet werden sollten, wurden

zwei verschiedene Tests entworfen, einen in Surround und einen in Zweikanal-Stereo. Die

einzelnen Musikbeispiele wurden immer auf eine Anzahl von jeweils zwolf Paarungen auf-

gefullt, auch wenn teilweise weniger Paarungen notwendig waren. Auf diese Weise konnte

immer der gleiche Testbogen verwendet werden. Auch die Dauer des Tests war immer gleich

lang.

4.1.1 Surround-Test

Beim Surround-Test wurden zunachst samtliche der vier Mikrofon-Anordnungen – jeweils

in ihrer Original-Fassung – miteinander verglichen, was eine Anzahl von sechs Paarungen

ergab. Beim Stereo-Mikrofon blieb der Center-Kanal entsprechend ungenutzt. Durch den

Vergleich der drei Dreikanal-Anordnungen mit ihrem eigenen Stereo-Downmix entstanden

drei weitere Paarungen.

25

Page 26: DA Schulz.pdf

Um auf eine Gesamtzahl von 12 Tracks zu kommen, wurde die erste Paarung als Trainings-

Phase genutzt und fur die Auswertung nicht weiter verwendet. Der zweite und letzte Track

diente einer Validitatsprufung, um Probleme des einzelnen Teilnehmers mit der Aufgaben-

stellung ausfindig zu machen und evtl. nicht konsistente Beurteilungen von der Auswertung

ausschließen zu konnen.

Der Surround-Test wurde auf DVD-Audio (48 kHz, 24 bit) erstellt. Die hinteren Kanale

blieben ungenutzt.

4.1.2 Stereo-Test

Beim Stereo-Test wurden ebenfalls die vier Mikrofon-Anordnungen miteinander verglichen,

hier allerdings immer als Zweikanal-Fassung. Der Center-Kanal der 3-Kanal-Anordnungen

wurde entsprechend des ITU-Standards mit einer 3dB-Absenkung auf den linken und rech-

ten Kanal verteilt. Das Stereo-Mikrofon blieb unverandert. Als Ausgabeformat wurde das

Audio-CD-Format (44.1 kHz, 16 bit) gewahlt, um den Test auch außerhalb des Horraumes

mit Hilfe gangiger CD-Player durchfuhren zu konnen.

Die Zusammenstellung des Tests folgte den Empfehlungen nach ITU-R BS. 1116-1 [3]. Die

Dauer des einzelnen Beispiels wurde auf zehn Sekunden gekurzt, um kleinste Unterschie-

de zwischen den jeweiligen Testkandidaten erfassen zu konnen. Die Pause zwischen den

einzelnen Paarungen wurde anhand von Vortests auf 6 Sekunden festgelegt, in denen der

Teilnehmer ausreichend Zeit haben sollte, um seine Entscheidung in Ruhe zu notieren.

Nach [3] wird eine Gesamtdauer von 20-30 Minuten empfohlen. Bei einer Anzahl von 12

Paarungen von je 26 Sekunden – also rund 5,5 Minuten pro Musikbeispiel – boten sich dem-

nach drei verschiedene Musikbeispiele pro Test an. Um alle funf Musikbeispiele verwerten

zu konnen, und dies auch noch jeweils einmal mit Druck- und einmal mit Druckgradienten-

Empfangern, mussten insgesamt vier verschiedene Surround-Tests und vier verschiedene

Stereo-Test erstellt werden.

Die Reihenfolge sowohl innerhalb eines Zwolfer-Blockes als auch bezuglich der einzelnen

A/B-Paarung wurde entsprechend den Empfehlungen aus [3] immer zufallig per Wurfel be-

stimmt, um eine Beeinflussung seitens des Versuchsleiters auszuschließen. Die Lautstarke-

Angleichung der einzelnen Mikrofon-Anordnungen wurde anhand einiger Vortests mit zwei

Tonmeister-Studenten subjektiv vorgenommen. Samtliche objektiven Messversuche mittels

Pegelmesser brachten leider nicht die gewunschte gleiche Lautheit.

Als Zusatz-Aufgabe wurde im Anschluss an die drei Musik-Beispiele noch ein vierter Block

hinzugefugt mit zehn Positionen der in Kapitel 3.3.6 erlauterten Saxophon-Aufnahmen

zur Kontrolle der Abbildungskurven. Aufgrund der insgesamt 378 Positionen1, aber den

bei acht verschiedenen Tests nur moglichen 80 Beispielen, konnte dieser Test-Teil nur an-

satzweise durchgefuhrt werden. Es wurde versucht, fur alle Mikrofon-Anordnungen die

gleichen wenigen Positionen abzufragen, um bei der Auswertung einheitlichere Kurven zu

118 Mikrofon-Anordnungen (10x Original + 8x Downmix) mit jeweils 21 Positionen

26

Page 27: DA Schulz.pdf

erhalten. Auch in diesem Test-Teil wurde die Reihenfolge wieder ausschließlich per Zufall

bestimmt. Aufgrund des konstanten Abstandes von 5 Metern zwischen Instrument und

Mikrofon ergab sich eine subjektiv großere Entfernung und Raumlichkeit bei der Grup-

pe der Druck-Empfanger gegenuber den Druckgradienten-Empfangern. Um die subtilen

Unterschiede innerhalb einer Gruppe uberhaupt sinnvoll auswerten zu konnen, wurde fur

jeden Test nur eine der beiden Gruppen verwendet.

4.1.3 Seitliche Horposition

Bei den Vorbereitungen der Musikbeispiele fiel bereits auf, dass eine klangliche Beurteilung

nicht nur im Sweetspot moglich ist, sondern auch seitliche Positionen durchaus geeignet

sind, um eine Bevorzugung festzustellen. Es wurde vermutet, dass die Ergebnisse ausserhalb

des Sweetspots moglicherweise sogar eindeutiger ausfallen wurden als die von der normalen

Abhorposition. Der Test wurde daher teilweise auch von einer seitlichen Position durch-

gefuhrt, etwa 70cm rechts und 20cm hinter dem Sweet-Spot. Nach [3] fallt diese Position

noch in den empfohlenen Horbereich, sie wurde aber trotzdem gesondert ausgewertet.

4.2 Horraum

Fur den Hortest wurde der Referenz-Abhorraum des Erich-Thienhaus-Institutes verwendet.

Dieser ist mit funf identischen Lautsprechern des Typs RL901K der Firma Musikelektronik

Geithain bestuckt, welche sich in der nach [5] empfohlenen Aufstellung (frontal +/- 30

Grad, seitlich 110 Grad) befanden.

Abbildung 4.1: Nachhallzeit T15 des Abhorraumes mit Toleranzkanal nach [5] - aus [15]

Die Wiedergabe der Horbeispiele erfolgte uber den Player Denon DVD-2900 und eine

Rotel RSP-1098 Vorverstarker. Die Abhorlautstarke wurde vor dem Test auf einen festen

Wert eingestellt, durfte jedoch von den Teilnehmern je nach personlicher Horgewohnheit

fur jedes Musikbeispiel um 2dB variiert werden.

Neben der Lautsprecher-Wiedergabe wurden einige Teilnehmer gebeten, den Test uber

Kopfhorer durchzufuhren. Hierzu wurden Audio-CDs ausgegeben, welche eine Test-Durch-

fuhrung auch außerhalb des Horraumes ermoglichte. Als Kopfhorer wurde bis auf eine

Ausnahme das Modell AKG K-501 verwendet.

27

Page 28: DA Schulz.pdf

4.3 Bewertungsbogen

Der Bewertungsbogen wurde mit dem Ziel entworfen, dass die Mehrzahl der Teilnehmer

den Test ohne Wiederholungen absolvieren soll. Da die Dauer jedes Paarvergleiches unter

Berucksichtigung der Fahigkeiten unseres Kurzzeit-Gedachtnisses auf zweimal zehn Sekun-

den beschrankt war, musste auch die Menge der zu bewertenden Parameter entsprechend

klein gehalten werden.

Statt einer simplen besser/schlechter-Einordnung sollte der Test einige Details zur Be-

grundung der Befurwortung oder Ablehnung einzelner Mikrofon-Anordnungen hervorbrin-

gen. Nach einigen Vorversuchen mit nachfolgender Diskussion uber die gehorten Unter-

schiede zwischen den Kandidaten kristallisierte sich die getrennte Behandlung von Direkt-

und Diffus-Schall heraus. Der Autor entschied sich zu diesem Zwecke fur die beiden Ka-

tegorien”Klangfarbe“ und

”Raumlichkeit“, wobei sich erstere eher auf den Direktschall

beziehen sollte, letztere eher auf den Diffus-Schall.

Zur Uberprufung der vorgenommenen Angleichung der Mikrofon-Anordnungen sollte zu-

dem noch die Kategorie”Abbildungsbreite“ eingeordnet werden. Es wurde angenommen,

dass dieser Punkt relativ schnell und ohne Nachdenken bewertet werden konnte, so dass die

Abbildungsbreite bei jedem Paarvergleich zuerst abgefragt wurde. Wahrenddessen sollte

der Teilnehmer unterbewusst eine Befurwortung eines der beiden Beispiele entsprechend

der subjektiven Kategorien”Klangfarbe“ und

”Raumlichkeit“ bilden.

Der letzte Testteil war nicht als Paarvergleich angelegt, so dass die Dauer der einzelnen

Beispiele verlangert werden konnte. Dies ermoglichte ebenfalls eine Erweiterung der zu

bewertenden Parameter. Da kein direkter Vergleich zu anderen Beispielen vorgenommen

werden sollte, wurde darauf geachtet, dass die verwendeten Kriterien moglichst beschrei-

bend statt bewertend formuliert wurden. Die Verwendung neutraler Adjektiv-Paare wie

hell/dunkel sollte im Gegensatz zu negativ formulierten Paaren wie schrill/dumpf den

Teilnehmer dazu ermutigen, ohne Bedenken auch die außeren Positionen in seine Bewer-

tung mit aufzunehmen. Lediglich das letzte Adjektiv-Paar angenehm/unangenehm zielte

auf eine tatsachliche Bewertung des gehorten Beispiels.

Eine Einordnung der Entfernung scheint auf den ersten Blick absurd, da samtliche Beispie-

le mit gleichem Abstand aufgenommen wurden. Solange der Test-Teilnehmer jedoch nichts

uber das Zustandekommen der Aufnahme erfahrt, wird er den Parameter nah/entfernt

ohne Probleme einordnen konnen.

4.4 Teilnehmer

Aufgrund der geringen Unterschiede zwischen den einzelnen Mikrofon-Anordnungen wur-

den fur den Hortest lediglich Experten-Horer herangezogen. Insgesamt 23 Tonmeister-

Studenten des Erich-Thienhaus-Instituts sowie zwei Tonmeister des SWR haben den Test

absolviert. Fur die seitliche Horposition wurden Teilnehmer herangezogen, die bereits einen

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Page 29: DA Schulz.pdf

Test aus der Sweetspot-Position gemacht haben. Wegen ihrer besonderen Kenntnisse des

eigenen Instrumentenklanges wurden zudem zwei der an den Aufnahmen beteiligten Mu-

siker fur den Hortest zugelassen.

Um denjenigen Teilnehmern, welche sich zur mehrmaligen Test-Teilnahme bereit erklart ha-

ben, ein moglichst abwechslungsreiches Musik-Programm zu bieten und damit eine gleich-

bleibend hohe Aufmerksamkeit wahrend des Tests zu erhalten, wurde stets darauf geachtet,

dass im Wiederholungsfalle ein anderer Test absolviert wurde.

4.5 Testablauf

Samtliche Teilnehmer wurden zu Beginn des Tests vom Versuchsleiter mundlich mit den

Fragestellungen vertraut gemacht. Aus jeder der drei Musikbeispiele wurde ein zu bewer-

tendes Paar gemeinsam durchgehort, um moglicherweise auftauchende Fragen vorab klaren

zu konnen. Ebenfalls wurden je drei der Positions-Beispiele der Zusatz-Aufgabe zusammen

gehort.

Der Teilnehmer konnte den Test anschließend selbstandig durchfuhren, wobei er mittels

Fernbedienung standig das Tempo an seine eigene Urteilsfahigkeit anpassen konnte. Die

Wiederholung des gehorten Paares sowie die Unterbrechung zwecks Nachdenken oder Aus-

ruhen war jederzeit moglich.

Die Tests aus der seitlichen Position wurden zum Teil eigenstandig durchgefuhrt, zum Teil

aber auch zu zweit. Dabei hatte der Teilnehmer im Sweetspot stets die Kontrolle uber das

Tempo und der seitliche Horer sollte nur im Anschluss an einen Musikblock im Bedarfsfall

um eine Wiederholung einzelner Paare bitten. Eine gegenseitige Beeinflussung durch even-

tuell entstehende Diskussionen sollte dadurch vermieden werden. Da die seitlichen Horer

bereits mit dem Testablauf vertraut waren und ihre Entscheidungen meist zugiger treffen

konnten als die Erstteilnehmer im Sweetspot, gab es hierbei keine Komplikationen.

Bei der Test-Durchfuhrung uber Kopfhorer außerhalb des Horraumes fehlte die gemein-

same Horphase mit dem Versuchsleiter. Um Unklarheiten dennoch vorzubeugen, wurde

versucht, nur solche Teilnehmer fur den Kopfhorer-Test heranzuziehen, welche den Test

bereits einmal uber Lautsprecher absolviert haben.

Die ursprunglich geplante Test-Dauer von 30 Minuten konnte von den meisten Teilnehmern

nicht erfullt werden. Die Moglichkeit des nochmaligen Horens wurde ofters als erwartet ge-

nutzt, so dass sich regelmaßig eine Dauer von 40-45 Minuten ergab. Die Unterschiede zwi-

schen den Musikbeispielen waren offenbar so gering, dass es selbst fur die mit klanglichen

Beurteilungen taglich konfrontierten Tonmeister-Studenten schwierig war, eine eindeutige

Entscheidung zu treffen.

29

Page 30: DA Schulz.pdf

Kapitel 5

Auswertung

5.1 Allgemeines

Zu Beginn der Auswertung sollen zwei praktische Beispiele die in diesem Kapitel ver-

wendeten Balken-Diagramme veranschaulichen. Ausgangspunkt ist stets der in Kapitel 4

erlauterte Dominanz-Paar-Vergleich zwischen vier Mikrofon-Anordnungen. Vergleicht man

jede Anordnung mit jeder anderen innerhalb der entsprechenden Gruppe, so resultieren

sechs Paar-Vergleiche.

Paarung Beispiel a Beispiel b Beispiel cA : B A A AA : C A C CA : D A A DB : C B B BB : D B B DC : D C D C

Abbildung 5.1: Beispiel-Antworten des Bewertungsbogens

Fur den Fall, dass der Teilnehmer die einzelnen Horbeispiele klar differenzieren kann und

fur ihn eine eindeutige Rangfolge erkennbar ist, so wurde er die sechs Paarungen wie in

Abbildung 5.1a ausfullen. Addiert man die Gewinne der einzelnen Anordnungen und setzt

sie ins Verhaltnis zur Gesamt-Anzahl an Paarungen, so entsteht Diagramm 5.2. Fur un-

seren Beispiel-Fall hat Anordnung A samtliche Paarungen – d.h. 3 von den insgesamt 6 –

gewonnen, es ergibt sich die maximale Balkenhohe von 50%. Anordnung D konnte keinen

Vergleich gewinnen, liegt also mit 0% auf dem letzten Platz. Die Balken der dazwischenlie-

genden Anordnungen haben im Idealfall eine Hohe von 1/6 (=16,6%) und 2/6 (=33,3%).

Nehmen wir fur unser zweites Beispiel an, dass die einzelnen Horbeispiele entweder so

ahnlich sind, dass der Teilnehmer sie nicht unterscheiden kann, oder aber sie zwar un-

terscheidbar sind, der Teilnehmer sie aber bezuglich des geforderten Kriteriums keiner

Rangfolge zuordnen kann. Da der Teilnehmer gebeten wurde, sich in jedem Vergleich stets

fur ein Beispiel zu entscheiden, werden die Antworten rein zufallig gegeben. Abbildung 5.1

b und c waren mogliche Beispiele.

30

Page 31: DA Schulz.pdf

Abbildung 5.2: Beispiel eines Auswertungs-Diagramms

Das resultierende Balkendiagramm zeigt im Extremfall bei allen Anordnungen die gleiche

Hohe von 100% geteilt durch die Anzahl der Anordnungen, in unserem Fall also 25%.

Aufgrund der je drei Paarungen pro Anordnungen kann sich fur einen einzelnen Bewer-

tungsbogen leider keine gleiche Verteilung ergeben. Addiert man jedoch die Ergebnisse

mehrerer Bewertungsbogen, die entsprechend unserer zweiten Annahme rein statistisch

ausgefullt wurden, so ergibt sich die ideale Verteilung 5.2b+c.

Samtliche folgenden Auswertungen werden zwischen diesen beiden Extrem-Beispielen lie-

gen. Je mehr sie sich dem Diagramm a nahern, desto eindeutiger sind die gegebenen Ant-

worten. Nahern sie sich dagegen dem Diagramm zu b+c, so wurden die Antworten entweder

insgesamt rein zufallig gegeben, oder die einzelnen Teilnehmer haben verschiedene Meinun-

gen uber die gehorten Musikbeispiele.

Bei der Testdurchfuhrung konnte nicht abgesehen werden, wieviele Teilnehmer den Test

noch machen wurden. Deshalb musste zu Beginn eine Gewichtung festgelegt werden, welche

der vier Abhor-Situationen auf eine hohe Anzahl an Bewertungen angewiesen sind. Da vor

allem Probleme in Zusammenhang mit dem Downmix erortert werden sollten, wurde den

normalen Abhorpositionen im Sweet-Spot die hochste Prioritat gegeben. Das Abhoren uber

Kopfhorer sowie die seitliche Horposition wurden als Zusatzinformationen angesehen und

erst sekundar durchgefuhrt. Abbildung 5.3 zeigt die Anzahl der ausgefullten Testbogen.

Fur die Druckgradienten-Empfanger ergibt sich eine Gesamtanzahl von 78 Bewertungen,

fur Druck-Empfanger eine Anzahl von 66 Bewertungen. Insgesamt wurden also 48 Tests

mit je drei Musikbeispielen durchgefuhrt. Die Anzahl von teilweise nur zwei Bewertungen

fur die sekundaren Abhorpositionen stellt hier sicherlich die Grenze der Reprasentativitat

der Tests dar. Andererseits ergibt sich bei den gewahlten funf verschiedenen Musikbeispie-

len eine großere Verallgemeinerung bezuglich des Einsatzzweckes.

Bei der Auswertung soll zunachst ein Gesamtuberblick uber die gegebenen Urteile gege-

ben werden. Im Anschluss werden anhand der funf Musikbeispiele mogliche Starken und

31

Page 32: DA Schulz.pdf

3-Kanal 2-Kanal 3-KanalSweet-Spot Sweet-Spot Kopfhorer seitlich

Druck-gradienten-Empfanger

Gitarre 8 3 2 2Vokal-Ensemble 9 9 4 2Orchester 5 3 2 4Orgel 4 4 2 1Streichquartett 7 2 2 3Gesamt 33 21 12 12

Druck-Empfanger

Gitarre 3 3 2 2Orchester 7 9 4 2Orgel 9 5 4 3Streichquartett 4 5 2 2Gesamt 23 22 12 9

Abbildung 5.3: Anzahl der abgegebenen Bewertungsbogen

Schwachen der einzelnen Anordnungen naher differenziert.

Zur Verdeutlichung seien hier noch die moglichen Extremfalle fur die in Kapitel 5.4 folgen-

den Balken-Diagramme erwahnt. Die Prozent-Werte entsprechen der gewahlten Bevorzu-

gung des Originals gegenuber seinem eigenen Downmix. Eine Bewertung mit 100% ergibt

sich demnach bei einer ausnahmslosen Bevorzugung des Originals, die 0%-Marke bei einer

entsprechenden Bevorzugung des Downmixes. Eine gleiche Beurteilung oder der bereits

zuvor angedeutete Fall einer Unhorbarkeit von Unterschieden wurde zu einem Wert von

50% fuhren.

5.2 Druckgradienten-Empfanger

5.2.1 Klangfarbe

In der Kategorie Klangfarbe ergibt sich bei der 3-Kanal-Wiedergabe ein eindeutiger Vor-

sprung fur die INA3. Auch wenn der theoretische Maximalwert bei 50% liegt, so stellen

die erreichten 38% bei der großen Anzahl an Bewertungen schon eine deutliche Bevorzu-

gung dar. Das OCT2 kann sich von den ubrigen Anordnungen mit 25,8% etwas absetzen,

wahrend das OCT1 und das ORTF sich nur unwesentlich unterscheiden.

Betrachtet man von diesem Ergebnis ausgehend das Resultat bei Zweikanal-Wiedergabe

(ebenfalls im Sweet-Spot), so muss zunachst festgehalten werden, dass sich die Werte ein-

ander annahern. Auffallig ist weiterhin, dass sich die Bevorzugung der INA3 verringert,

wahrend das zweikanalige ORTF deutlich an Stimmen gewinnt. Dennoch liegt die INA3

weiterhin vorne. Die beiden OCT-Anordnungen haben ihre Platzierung vertauscht, so dass

das OCT2 bei Zweikanal-Wiedergabe auf einen letzten Platz rutscht, wobei sich die abge-

gebenen Urteile nur marginal von der in Kapitel 5.1 erklarten rein zufalligen Bewertung

abgrenzen.

Uberraschend eindeutig fallt wiederum die Auswertung der Kopfhorer-Wiedergabe aus. Die

Rangordnung erinnert stark an die der Dreikanal-Wiedergabe, mit der INA3 vor OCT2 und

32

Page 33: DA Schulz.pdf

Abbildung 5.4: Bevorzugungen bezuglich Klangfarbe bei Druckgradienten-Empfangern

OCT1. Der Gewinner ist hier allerdings das ORTF, welches mit 38,9% ebenso deutlich fuhrt

wie die INA3 bei Dreikanal-Wiedergabe. Hieraus ließe sich festhalten, dass eine Anglei-

chung der Anzahl der Mikrofone an die jeweiligen Wiedergabe-Kanalen klangliche Vorteile

mit sich bringt. Unklar bleibt hierbei, warum die Ergebnisse bei Lautsprecher-Wiedergabe

diesen Vorsprung nicht zeigen konnten, da in beiden Fallen das selbe Audio-Material ver-

wendet wurde. Es lasst sich nur vermuten, dass die moglicherweise auftretenden negativen

Eigenschaften des Downmix wie Kammfilter-Effekte uber Lautsprecher weniger deutlich

hervortreten als uber Kopfhorer.

Bei einer seitlichen Horposition wird eine klare Bevorzugung der dreikanaligen Mikrofon-

Anordnungen ersichtlich. Zwar liegt die INA3 auch hier wieder knapp vorne, der Unter-

schied zwischen den dreikanaligen Anordnungen und dem ORTF scheint in dieser Situation

aber viel gravierender zu sein. Obwohl sich die seitliche Horposition noch innerhalb der

empfohlenen Horzone (vgl. Kapitel 4.2) befindet, scheint der Center-Lautsprecher bereits

hier entscheidende Vorteile fur die Klangqualitat zu liefern.

Um dem Leser anhand der erhaltenen Bewertungen eigene Ruckschlusse zu ermoglichen,

soll eine Ubersichts-Tabelle (Abb. 5.5) samtliche Resultate des jeweiligen Parameters auf

einen Blick liefern.

Entgegen der bislang erkennbaren Bevorzugung der INA3 zeigt sich beim Beispiel Orgel

offenbar eine deutliche Schwache fur den Stereo-Downmix. Naturlich mussen die Ergebnis-

se fur Kopfhorer-Wiedergabe aufgrund von nur zwei Bewertungen (s. Abb. 5.3) relativiert

werden. Trotzdem sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es bei der INA3 moglicher-

weise zu Problemen bei kritischem Material wie den konstanten Tonen der Orgel kommen

kann. Die Supernieren-Anordnungen scheinen hierfur aufgrund der hoheren Kanaltrennung

weniger anfallig zu sein.

Beim Musik-Beispiel Orchester hingegen kann sich die INA3 selbst bei Kopfhorer-Wieder-

gabe gegenuber dem ORTF durchsetzen. Eine generelle Behauptung, zweikanalige Mikrofon-

33

Page 34: DA Schulz.pdf

Abbildung 5.5: Bevorzugungen bezuglich Klangfarbe bei Druckgradienten-Empfangern

Anordnungen seien fur Zweikanal-Wiedergabe stets optimal, ist also nicht haltbar.

5.2.2 Raumlichkeit

Bezuglich des Parameters Raumlichkeit sind die Ergebnisse zumindest bei Lautsprecher-

Wiedergabe vollig unsignifikant. Bei der Dreikanal-Wiedergabe lasst sich der Vorsprung der

INA3 gerade noch erahnen, die ubrigen drei Anordnungen liegen auf annahernd gleichem

Niveau. Fur die zweikanalige Wiedergabe rucken samtliche Anordnungen auf eine Hohe

nahe der 25%, was auf keine ernsthaften Vor- oder Nachteile der einzelnen Anordnung

bezuglich des Parametes Raumlichkeit hindeutet.

Abbildung 5.6: Bevorzugungen bezuglich Raumlichkeit bei Druckgradienten-Empfangern

Wie schon zuvor beim Parameter Klangfarbe beobachtet, liefern die Ergebnisse bei Kopfhorer-

Wiedergabe sehr viel eindeutigere Signale. Klare Gewinner sind die INA3 und das ORTF

34

Page 35: DA Schulz.pdf

mit jeweils 36,1%. Erstaunlich ist im Vergleich zum Parameter Klangfarbe, dass der Down-

mix einer Dreikanal-Anordnung bezuglich der Raumlichkeit anscheinend ahnlich gute Er-

gebnisse liefern kann wie eine reine Zweikanal-Anordnung. Die beiden Supernieren-Anordnungen

mussen sich von den Nieren-Anordnungen geschlagen geben, wobei das OCT2 gegenuber

dem OCT1 noch leichte Vorteile zu haben scheint. Fragwurdig bleibt naturlich weiterhin,

warum die Unterschiede bei den Tests uber Lautsprecher nicht in der Form aufgetreten

sind.

Entgegen den Erwartungen scheint die Verwendung des Center-Lautsprechers fur den

Raumlichkeits-Eindruck nicht alleine ausschlaggebend zu sein. Die OCT-Anordnungen lie-

gen zusammen mit dem ORTF eng beieinander bei knapp 20%. Lediglich die INA3 kann

sich mit ihren 43% eindeutig absetzen.

Anhand der Ubersichtstabelle lasst sich feststellen, dass die Ablehnung fur zweikanalige

Abbildung 5.7: Bevorzugungen bezuglich Raumlichkeit bei Druckgradienten-Empfangern

Anordnungen bei seitlichen Horpositionen offenbar stark von der Besetzung abhangt. Bei

den Beispielen Gitarre und Orgel – d.h. bei solistischen Besetzungen – wurde das ORTF

nicht ein einziges Mal bevorzugt. Dies mag daran liegen, dass sowohl der Direkt- als auch

der Diffusschall lediglich aus dem jeweils naheren Lautsprecher zu vernehmen sind, was im

Vergleich zu dreikanaligen Anordnungen als negativ bewertet wurde. Zwar ist der Direkt-

schall in beiden Fallen nur aus einem Lautsprecher ortbar, bei dreikanaliger Wiedergabe

ist der Diffus-Schall allerdings auch aus den außeren Lautsprechern wahrnehmbar, was zu

einem raumlicheren Eindruck fuhrt. Bei großeren Ensembles tritt dieses Phanomen nicht

mehr ganz so deutlich auf, da die außen sitzenden Musiker je nach gewahlter Abbildungs-

breite durch Pegeldifferenzen durchaus im entfernteren Lautsprecher abgebildet werden

und die negative Ortung in nur einem Lautsprecher nicht so deutlich zum Vorschein kommt.

35

Page 36: DA Schulz.pdf

5.2.3 Abbildungsbreite

Die Frage nach der Abbildungsbreite sollte in diesem Test keinerlei Qualitatskriterium un-

tersuchen. Es sollte lediglich zu Kontrollzwecken dienen, inwieweit die zu Beginn entworfe-

nen Mikrofon-Anordnungen bezuglich der Abbildungsbreite tatsachlich vergleichbar sind.

Trotz der von den Test-Teilnehmern oft beklagten Unhorbarkeit und damit Ratlosigkeit

Abbildung 5.8: Empfundene Abbildungsbreite bei Druckgradienten-Empfangern

uber das anzukreuzende Musikbeispiel, zeigt das Diagramm 5.8 eine offensichtlich breiter

empfundene Abbildung der INA3 und des ORTF, wohingegen die beiden Supernieren-

Anordnungen stets als schmaler empfunden wurden. Es lasst sich an dieser Stelle nicht

vollkommen ausschließen, dass der Parameter Abbildungsbreite unterbewusst auch die Be-

wertungen fur die beiden anderen Parameter beeinflusst haben kann. Der Autor mochte

jedoch nochmals betonen, dass mit Hilfe der dargelegten Berechnungen und Vortests ver-

sucht wurde, die einzelnen Mikrofon-Anordnungen moglichst einander anzugleichen. Die

Abbildung 5.9: Empfundene Abbildungsbreite bei Druckgradienten-Empfangern

36

Page 37: DA Schulz.pdf

von den Teilnehmern geschilderten Probleme bei der Bewertung des Parameters Abbil-

dungsbreite belegen zudem die außerst geringen Unterschiede. Zumindest die Bewertungen

fur die dreikanalige Wiedergabe im Sweet-Spot konnen zudem eine Korrelation zwischen

den Parametern in Frage stellen. Andererseits ware auch eine Beeinflussung der subjektiven

Kriterien auf die Abbildungsbreite denkbar.

5.3 Druck-Empfanger

5.3.1 Klangfarbe

Betrachten wir zunachst wieder samtliche Musik-Beispiele zusammengefasst, so ergibt sich

bei dreikanaliger Wiedergabe zunachst eine Bevorzugung der beiden Anordnungen Decca-

Tree und Stereo+C gegenuber dem Kugel-Vorhang und dem zweikanaligen AB. Eine klare

Ablehnung einzelner Anordnungen lasst sich hieraus jedoch nicht entnehmen.

Beim Vergleich dieser Ergebnisse mit denen der zweikanaligen Wiedergabe andert sich

Abbildung 5.10: Bevorzugungen bezuglich Klangfarbe bei Druck-Empfangern

erstaunlicherweise nur die Verteilung zwischen Stereo+C und AB. Die Hohe der Bevor-

zugungen fur den Decca-Tree sowie den Kugel-Vorhang bleiben konstant. Da das Ste-

reo+C bis auf den hinzugefugten Center-Kanal identisch ist mit dem AB, ist eine Ver-

lagerung zum reinen AB bei Stereo-Wiedergabe nicht verwunderlich. Ahnlich der Ergeb-

nisse bei Druckgradienten-Empfangern bewegen sich samtliche Anordnungen bei Stereo-

Lautsprecher-Wiedergabe relativ nah beieinander.

Erst die Ergebnisse fur Kopfhorer-Wiedergabe beinhalten eine klare Aussagekraft. Das AB

stellt mit seinen 36,1% einen eindeutigen Favoriten dar und unterstreicht damit die Vorteile

der zweikanaligen Anordnungen fur eine zweikanalige Wiedergabe. Sowohl der Decca-Tree

als auch das Stereo+C – obwohl fur diesen Zweck ursprunglich gar nicht ausgelegt – lassen

sich durch den Downmix in ihrer Bewertungshohe nicht abbringen. Lediglich der Kugel-

Vorhang wird bei Zweikanal-Wiedergabe deutlich herabgestuft.

37

Page 38: DA Schulz.pdf

Bei seitlicher Abhorposition konnen ahnlich der Sweet-Spot-Wiedergabe die beiden An-

ordnungen Decca-Tree und Stereo+C gute Ergebnisse erzielen. Der Kugel-Vorhang folgt

mit einigem Abstand, wird aber gegenuber dem zweikanaligen AB immer noch deutlich

bevorzugt. Auch bei den Druck-Empfangern wird der Center-Lautsprecher demnach bei

Positionen außerhalb des Sweet-Spots als klanglich vorteilhaft beurteilt.

Abbildung 5.11: Bevorzugungen bezuglich Klangfarbe bei Druck-Empfangern

5.3.2 Raumlichkeit

Die Ergebnisse der Raumlichkeitsbewertung unterscheiden sich erstaunlich wenig von de-

nen der Klangfarbe. Wieder wird der Decca-Tree und das Stereo+C leicht bevorzugt in

der Dreikanal-Wiedergabe. Bei zweikanaliger Wiedergabe teilt sich das AB erneut einen

ersten Platz, diesmal allerdings mit dem Stereo+C. Der Decca-Tree erhalt in der Katego-

rie Raumlichkeit einige Prozentpunkte Abstand im Vergleich zur Klangfarben-Bewertung.

Gleich ist allerdings die etwas schlechtere Bewertung des Kugel-Vorhangs.

Bei den Ergebnissen fur Kopfhorer-Wiedergabe lasst sich der gleiche Vorgang zwischen

Decca-Tree und Stereo+C beobachten wie bei der zweikanaligen Lautsprecher-Wiedergabe.

Wahrend der Decca-Tree in der Kategorie Klangfarbe vorne liegt, hat das Stereo+C in der

Kategorie Raumlichkeit geringe Vorteile. Die Bewertungen unterscheiden sich jedoch nur

um wenige Prozentpunkte. Das AB kann bei Kopfhorer-Wiedergabe erneut einen klaren

ersten Platz behaupten.

Fur die seitliche Abhorposition muss das zweikanalige AB allerdings mit deutlichem Ab-

stand einen letzten Platz verzeichnen. Der Kugel-Vorhang liegt zwar nur auf einem dritten

Rang, allerdings ist der Abstand in dieser Kategorie nur marginal auf die beiden ande-

ren Anordnungen. Es lasst sich also auch hier feststellen, dass eine Nutzung des Center-

Lautsprechers nicht nur Vorteile fur die Klangfarbe, sondern ebenso fur die Raumlich-

38

Page 39: DA Schulz.pdf

Abbildung 5.12: Bevorzugungen bezuglich Raumlichkeit bei Druck-Empfangern

keit bietet. Die bei den Druckgradienten-Empfangern beobachtete Abhangigkeit von der

Ensemble-Breite lasst sich fur Druckempfanger nicht verallgemeinern. Durch die fehlenden

Pegeldifferenzen kommt es offenbar selbst bei großen Ensembles nicht zu einer Abbildung

im entfernteren Lautsprecher. Bei zweikanaligen Anordnungen mit Druckempfangern be-

steht demnach standig die unbefriedigende Abbildung in nur einem Lautsprecher. Mit Hilfe

des zusatzlichen Center-Kanals des Stereo+C lasst sich diese negative Eigenschaft des ABs

allerdings schnell beseitigen (s. Tabelle 5.13).

Abbildung 5.13: Bevorzugungen bezuglich Raumlichkeit bei Druck-Empfangern

39

Page 40: DA Schulz.pdf

5.3.3 Abbildungsbreite

Die Ergebnisse fur die Abbildungsbreite machen bei den Druck-Empfangern einen recht

ausgeglichenen Eindruck. Die Voruberlegungen und -tests scheinen hier noch etwas prazi-

Abbildung 5.14: Empfundene Abbildungsbreite bei Druck-Empfangern

ser als bei den Druckgradienten-Empfangern eine Chancengleichheit fur die verwendeten

Mikrofon-Anordnungen verwirklicht zu haben. Lediglich der Kugel-Vorhang wurde bei nor-

malen Abhorpositionen als schmaler empfunden als die ubrigen Anordnungen. Auffallig ist

zudem die Fuhrung des AB bei Zweikanal-Wiedergabe. Da das AB beim Wechsel von

Drei- auf Zweikanal-Wiedergabe absolut identisch geblieben ist, kann die Ursache fur

diese scheinbare Verbreiterung nur in einer subjektiven Verschmalerung der Dreikanal-

Anordnungen beim Downmix liegen.

Abbildung 5.15: Empfundene Abbildungsbreite bei Druck-Empfangern

Erstaunlich bleibt in der Kategorie Abbildungsbreite der plotzliche Sprung des Kugelvor-

hangs von einem durchweg schmaleren Eindruck fur normale Abhorpositionen auf den

40

Page 41: DA Schulz.pdf

breitesten Rang bei seitlicher Horposition. Ein Zusammenhang zwischen Abbildungsbrei-

te und Ensemblebreite lasst sich anhand der Tabelle 5.15 nicht eindeutig feststellen, da

der Kugel-Vorhang bei einer seitlichen Abhorposition sowohl bei solistischen als auch bei

großeren Besetzungen als breiter empfunden wurde.

Das Hinzufugen der Center-Niere beim Stereo+C lasst zunachst eine Verschmalerung der

Stereo-Basis gegenuber dem reinen AB vermuten. Bei den Beispielen Orchester, Orgel und

Streichquartett lasst sich dieser Effekt auch beobachten. Das Ergebnis bei dreikanaliger

Wiedergabe beim Beispiel Streichquartett weicht hiervon merkwurdigerweise ab.

Fur solistische Besetzungen scheint die Bewertung des Parameters Abbildungsbreite schwie-

riger bzw. weniger eindeutig zu sein. Hier wurde das eigentlich schmalere Stereo+C ge-

genuber dem AB ausnahmslos als breiter eingestuft.

5.4 Original vs. Downmix

Die Erwagung einer Untersuchung uber die Bevorzugung des Originals gegenuber seinem

Downmix erscheint zunachst trivial und uberflussig. Die Auswertung zeigt jedoch, dass es

fur die Test-Teilnehmer keineswegs immer leicht war, einen Downmix zu entlarven und

gegebenenfalls schlecht zu bewerten. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es fur

Abbildung 5.16: Bevorzugung des Originals gegenuber Downmix

diese Untersuchung keinen separaten Test-Teil gab. Die Paarvergleiche zwischen Original

und dem jeweiligen Downmix wurden mit in die in Kapitel 4 erlauterten zwolf Tracks

pro Musikbeispiel verflochten. Bezuglich der Anzahl der verwendeten Bewertungsbogen

gilt entsprechend weiterhin Tabelle 5.3, Spalten 1 und 4. Die Teilnehmer wurden nicht

daruber in Kenntnis gesetzt, welcher Art die Unterschiede der zu bewertenden Beispiele

sein wurden. Man kann daher durchaus von einem Blindtest sprechen.

Insgesamt ergibt sich fur alle Mikrofon-Anordnungen eine Bevorzugung des Originals ge-

41

Page 42: DA Schulz.pdf

genuber dem Downmix. Aus Abbildung 5.16 lasst sich jedoch ablesen, dass die Nachteile

eines Downmixes nicht so gravierend sind, wie man dies gemeinhin vermuten wurde. Fur

beide Parameter (Klangfarbe und Raumlichkeit) wurden die OCT-Anordnungen am be-

sten bewertet, d.h. das Original wurde dem Downmix am seltesten vorgezogen. Die Werte

bewegen sich in beiden Fallen an der 60% -Marke, was einer minimalen Bevorzugung des

Originals entspricht. Bei 50% wurden beide gleich gut bewertet.

Etwas eindeutiger zugunsten des Originals verhalten sich die INA3 sowie die Kugel-Anord-

nungen mit 70-75% in der Kategorie Klangfarbe, wobei der Decca-Tree mit 69% noch am

besten von den Kugel-Anordnungen abschneidet. Das signifikanteste Ergebnis findet sich

fur die Anordnungen Decca-Tree und Stereo+C in der Kategorie Raumlichkeit. Mit 82%

wird das Original klar bevorzugt, was auf Schwachstellen des Downmixes bezuglich der

Raumlichkeits-Darstellung hindeutet.

Bei einer seitlichen Abhorposition vergroßert sich die Bevorzugung der Dreikanal-Wieder-

Abbildung 5.17: Bevorzugung des Originals gegenuber Downmix

gabe gegenuber dem Zweikanal-Downmix. Das extremste Beispiel stellt das Stereo+C dar,

welches in beiden Kategorien mit 100% bewertet wurde, d.h. bei samtlichen Vergleichen

wurde dem Original gegenuber dem Downmix der Vorzug gegeben. Dies stellt fur die Ver-

wendung des Stereo+C jedoch keinerlei Nachteil dar, da es auf einem Stereo-Hauptmikrofon

basiert, welches fur die Zweikanal-Wiedergabe einfach ohne den hinzugefugten Center-

Kanal verwendet werden kann.

Bei den anderen Anordnungen sind die Ergebnisse nicht ganz so extrem. Wie schon bei

der Sweet-Spot-Position festgestellt, konnen auch hier die beiden OCT-Varianten mit 75%

das beste Verhaltnis, d.h. die geringsten Nachteile des Downmixes, vorweisen. Die INA3

und der Kugelvorhang folgen mit geringem Abstand, wahrend die Test-Teilnehmer sich

beim Decca-Tree und beim Stereo+C ihrer Entscheidung zugunsten des Originals fast aus-

nahmslos sicher waren. Mit etwas Vorsicht ließe sich hieraus die Annahme formulieren, dass

42

Page 43: DA Schulz.pdf

der Downmix klanglich umso negativer ausfallt, je ungerichteter die verwendete Mikrofon-

Charakteristik ist.

Abbildung 5.18 zeigt schließlich die empfundene Veranderung der Abbildungsbreite zwi-

Abbildung 5.18: Eindruck der Abbildungsbreite Original gegenuber Downmix

schen Original und Downmix. Wahrend die Anordnungen INA3, Stereo+C sowie der Kugel-

Vorhang mit Werten um die 50% keine Veranderung beim Downmix-Vorgang bemerken

lassen, scheinen die Downmixe der OCT-Anordnungen als breiter empfunden zu werden

gegenuber dem Original. Beim Decca-Tree hingegen wurde die Abbildung des Downmixes

als schmaler beurteilt.

Die Betrachtung der Ergebnisse fur die seitliche Abhorposition zeigt erneut eine starke

Abhangigkeit der Beurteilung von der Richtwirkung der Mikrofone. Wahrend die Dow-

nmixe der Druckgradienten-Anordnungen als leicht breiter empfunden wurden, wurden

samtliche Kugel-Anordnungen mit einer deutlichen Verschmalerung der Abbildungsbreite

beurteilt. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Veranderung der Abbildungsbreite mit

der Beurteilung der Klangfarbe oder Raumlichkeit lasst sich hier jedoch nicht bemerken,

da samtliche Downmixe als schlechter als ihr Original beurteilt wurden, unabhangig von

der Richtung der Breitenveranderung. Die Test-Teilnehmer waren hier offensichtlich in der

Lage, fur die drei verlangten Kategorien ein unabhangiges Urteil abzugeben, was der in

Kapitel 5.2 befurchteten Annahme einer gegenseitigen Beeinflussung zwischen den drei Ka-

tegorien widerspricht.

5.5 Saxophon – Einzel-Positionen

Wie bereits im Rahmen des Test-Designs angekundigt, hatte der Test-Teil der Einzel-

Positionen einen nicht so großen Stellenwert innerhalb dieser Arbeit. Um moglichst ein-

deutige Ergebnisse fur die reinen Musik-Beispiele zu erhalten, wurde die Gesamt-Testdauer

43

Page 44: DA Schulz.pdf

entsprechend der Empfehlungen (s. Kapitel 4) moglichst kurz gehalten. Dieser vierte Test-

Teil musste sich demnach auf eine sehr kleine Auswahl an Quell-Positionen beschranken.

Als kleine Orientierung und vor allem als Anregung fur weitere Untersuchungen sollen den-

noch anhand der Gruppe der Druckgradienten-Empfanger einige Ergebnisse exemplarisch

gezeigt werden.

Abbildung 5.19: Richtungs-Kurve Druckgradienten-Empfanger

Abbildung 5.19 zeigt die empfundene Richtung der Schallquelle bei den verschiedenen

Mikrofon-Anordnungen. Entsprechend der 21 Positionen der Schallquelle (s. Kapitel 3.3.6)

wurden auch 21 mogliche Werte auf der Lautsprecher-Achse markiert. Die Auswahl be-

schrankte sich auf die Quell-Positionen Links 9 und 4, Mitte (=0) sowie Rechts 2 und 6.

Zu Anschauungszwecken wurden samtliche Positionen auf eine Seite gespiegelt.

Wie erhofft zeigen die Kurven der verschiedenen Anordnungen nur geringe Abweichun-

gen. Die im Hauptteil der Auswertung ermittelte geringere Abbildungsbreite der OCT-

Anordnungen lasst sich auch hier ablesen. Aufgrund der wenigen Einzel-Bewertungen kam

es leider nicht bei allen Positionen zu einer ausreichenden Glattung der Mittelwerte. Die

OCT1-Kurve erhielt deshalb leider einen unerwarteten Knick an der Position 6, welcher

sich bei weiteren Testdurchlaufen sicherlich korrigiert hatte. Fur reprasentativere Aussa-

gen bedurfte es eines eigenen Tests nur fur diese Richtungs-Abbildungen mit mindestens

doppelt so vielen Positionen und einem Vielfachen an Bewertungen.

Neben der Richtung sollten die Test-Teilnehmer eine Aussage treffen, wie scharf oder

verschwommen ihnen das Signal erscheint, oder mit anderen Worten, wie sicher sie sich

bei Ihrer Richtungs-Bestimmung waren. Die Bewertungsskala bestand bei allen der noch

folgenden Kategorien aus funf Stufen (s. Bewertungsbogen im Anhang B), welche zum

Zwecke der Auswertung mit den Ziffern 1-5 gleichgesetzt wurden. Die meisten Mikrofon-

Anordnungen erhielten eine relativ konstante Bewertung fur alle Positionen. Die einzige

bemerkenswerte Ausnahme stellt der Downmix der INA3 dar. Er errang sein bestes Ergeb-

nis bei der seitlichen Position 9, wurde zur Position 4 hin (entspricht 20 Grad Auslenkung

von der Mitte) jedoch extrem verschwommen bewertet.

Die These nach Gernemann [11], wonach der Center-Lautsprecher im Vergleich zur Zwei-

kanal-Wiedergabe eine großere Abbildungsscharfe hervorrufen soll, kann anhand der ge-

44

Page 45: DA Schulz.pdf

Abbildung 5.20: Bewertung scharf/verschwommen bei Druckgradienten-Empfangern

machten Untersuchungen weder eindeutig belegt noch kann ihr widersprochen werden.

Wahrend die Downmixe der dreikanaligen Anordnungen meist als unscharfer als ihr jewei-

liges Original bewertet wurden, was eine Nutzung des Center-Kanals befurworten wurde,

zeigt das zweikanalige ORTF bei einigen Positionen eine noch scharfere Abbildung. Es

ware daher nicht richtig zu behaupten, dass der Center-Kanal generell eine hohere Abbil-

dungsscharfe hervorruft. Vielmehr lasst sich festhalten, dass beim Downmix einer dreika-

naligen Anordnung mit einer verschwommeneren Abbildung gerechnet werden muss.

Abbildung 5.21: Bewertung angenehm/unangenehm (Sweetspot)

Die Bewertung des Musikbeispiels zwischen den Extremen Angenehm/Unangenehm wurde

von einigen Teilnehmern als schwierig oder nicht eindeutig kommentiert. Nach Ruckspra-

che mit dem Versuchsleiter wurde in einigen Fallen das Paar Naturlich/Unnaturlich als

aussagekraftiger angesehen und als Hilfe bzw. Ersatz verwendet.

Nach den Ergebnissen der vorigen Testteile war mit einer positiven (bzw. angenehmen) Be-

wertung der Idealen Nieren Anordnung bereits zu rechnen. Ebenfalls belegt das durchweg

bessere Abschneiden der Wiedergabe mit Center gegenuber den Downmixen die gezeig-

ten klanglichen Vorteile der dreikanaligen Wiedergabe. Neu bei dieser positionsabhangigen

Auswertung ist die bei einigen Anordnungen festzustellende fallende Kurve beim Down-

mix. Die außeren Positionen wurden hier oft als angenehmer bewertet als die mittleren

Positionen nahe des Centers. Insbesondere bei Kopfhorer-Wiedergabe (Kurve 5.22) lasst

45

Page 46: DA Schulz.pdf

Abbildung 5.22: Bewertung angenehm/unangenehm (Kopfhorer)

sich dieses Phanomen feststellen. Die problematische Stelle des Downmixes stellen dem-

nach mittige Schallquellen dar, wahrend bei den außeren Positionen kaum noch klangliche

Unterschiede auszumachen sind.

Abbildung 5.23: Bewertung nah/entfernt (Sweetspot)

Erstaunlich geradlinig verlauft der Entfernungseindruck fur das ORTF bei einer fast kon-

stanten Durchschnittsbewertung von 3, also exakt der mittleren der funf Bewertungskate-

gorien. Die meisten dreikanaligen Anordnungen zeigen hiervon nur geringe Abweichungen,

solange sie uber drei Lautsprecher wiedergegeben werden. Lediglich die INA3 zeigt fur die

Position 2 eine nennenswerte Abweichung.

Die Downmixe der verschiedenen Anordnungen unterscheiden sich im Entfernungseindruck

dagegen etwas auffalliger. Wahrend fur die Center-Position die Ergebnisse relativ eng be-

einander liegen, zeigen die OCT-Anordnungen beim Downmix eine Tendenz zu einer emp-

fundenen großeren Entfernung fur seitliche Positionen der Schallquelle, wohingegen die

INA3 einen etwas naheren Eindruck gegenuber dem konstanten ORTF zeigt. Diese Ergeb-

nisse sollten jedoch aufgrund der wenigen Bewertungen nicht uberbewertet werden.

Auch fur die Einordnung zwischen den Extremen Hell/Dunkel lasst sich bemerken, dass

die Anordnungen nur wenig voneinander abweichen, solange sie in ihrem ursprunglichen

Zustand wiedergegeben werden. Erst beim Downmix kommt es zu einer merklichen Abwei-

chung der OCT-Anordnungen zu einem dunkleren Klang, besonders bei Positionen genau

46

Page 47: DA Schulz.pdf

Abbildung 5.24: Bewertung hell/dunkel (Sweetspot)

auf der Halfte des Aufnahmewinkels, also in unserem Fall etwa bei 25 Grad Auslenkung ge-

genuber der Mitte. Am geringsten sind die Unterschiede wie schon zuvor bei der Einordnung

zwischen Angenehm/Unangenehm beobachtet am seitlichen Ende des Aufnahmewinkels.

5.6 Kritische Anmerkungen

Die vorliegende Arbeit wurde mit dem Ziel entworfen, eine moglichst allgemeingultige

Aussage bezuglich der Downmix-Eigenschaften von Mikrofon-Anordnungen zu erhalten. Es

wurden aus diesem Grunde funf verschiedene Besetzungen mit unterschiedlichen Aufnahme-

Raumen herangezogen. Wie erwartet zeigten sich fur die verschiedenen Situationen in

mancherlei Hinsicht durchaus unterschiedliche Resultate. Die vorliegende Arbeit ist des-

halb sicherlich nicht als Universal-Losung anzusehen, sondern vielmehr als Anregung und

Richtlinie fur die eigenen Versuche vor Ort. Wo immer es moglich und sinnvoll erschien,

wurde versucht, die gemeinsamen Tendenzen fur die funf Musikbeispiele auszuarbeiten.

Ein kritisches Ohr bei jeder Aufnahme ist dadurch sicherlich nicht zu ersetzen. Es kommt

hinzu, dass jede Mikrofon-Anordnung in dieser Arbeit nur in einer einzigen Konfiguration

verwendet wurde. Fur andere Aufnahmewinkel ergeben sich moglicherweise Abweichungen

zu den gezeigten Ergebnissen.

Die Beschrankung auf je vier Mikrofon-Anordnungen pro Gruppe erschien zu Beginn der

Arbeit als ungunstig, da sicherlich weitaus mehr Anordnungen in der heutigen Praxis re-

gelmaßig Verwendung finden und einer Untersuchung wurdig gewesen waren. Nach Aus-

wertung der Ergebnisse hat sich diese Einschrankung jedoch mehr als bezahlt gemacht.

Trotz des großen Zeit- und Personalaufwandes, den der Horvergleich mit immerhin 48

Testdurchlaufen zu je rund 45 Minuten mit sich gebracht hat, sind die Ergebnisse sicher-

lich in manchen Gebieten nicht vollig eindeutig und reprasentativ. Es ware daher denkbar,

diese Arbeit mit lediglich zwei Kandidaten, namlich einer dreikanaligen und einer zwei-

kanaligen Anordnung, welche auf die jeweilige Situation optimiert werden, fortzusetzen,

um noch scharfere Ergebnisse zu erhalten, ob und wann der Aufwand eines zusatzlichen

Stereo-Mikrofon zu rechtfertigen ware.

47

Page 48: DA Schulz.pdf

Kapitel 6

Fazit

Die in dieser Diplomarbeit durchgefuhrten Aufnahmen und Hortests wurden mit dem Ziel

erstellt, einige der aktuell auftauchenden Fragen bei der parallelen Nutzung von Zwei-

und Mehrkanal-Ubertragungswegen zu erortern. Zum Zwecke der Aufwands- und Kosten-

Minimierung sollte in erster Linie untersucht werden, welche Mikrofon-Anordnungen in der

Lage sind, ein klanglich befriedigendes Ergebnis zeitgleich fur beide Formate zu liefern. Au-

ßerdem sollte geklart werden, ob eine Nutzung des Center-Kanals fur Musik-Ubertragung

uberhaupt anzustreben ist.

In der Gruppe der Druckgradienten-Mikrofone konnte die sogenannte Ideale Nieren Anord-

nung (INA3) fur einen Großteil der Musikbeispiele uberzeugen. Besonders beeindruckend

ist der in Abbildung 5.6 gezeigte Vorsprung gegenuber allen anderen Mikrofon-Anordnungen

bei seitlicher Abhorposition. Aber selbst bei Zweikanal-Wiedergabe uber Lautsprecher wur-

de die INA3 von der mit den gleichen Mikrofon-Kapseln ausgestatteten ORTF-Anordnung

nicht uberragt. Nachteile gegenuber den Konkurrenten entstanden bei der Verwendung der

INA3 lediglich beim Abhoren uber Kopfhorer, wo es dem zweikanaligen ORTF die Fuhrung

abgeben musste.

Die OCT-Anordnungen zeigten gegenuber zweikanaligen Anordnungen lediglich bei seit-

lichen Abhorpositionen Vorteile durch den Center-Kanal. Fur den Sweetspot ergab sich

keinerlei Vorteil gegenuber dem ORTF. Der Downmix der OCT-Anordnungen schnitt im

direkten Vergleich mit dem jeweiligen Original besser ab als alle anderen Anordnungen.

Trotzdem wurde der Downmix der INA3 meistens bevorzugt. Offenbar scheint die Nutzung

der seitlichen Einsprechrichtung der Supernieren klangliche Nachteile mitsichzubringen, die

gravierender hervortreten als die Vorteile, die es bezuglich des Downmixes im Vergleich zu

seinen Konkurrenten aufweist. Da die Richtcharakteristik frequenzabhangig ist, ergeben

sich bei seitlichem Schalleinfall Abweichungen vom meist geraden Frequenzgang der fron-

talen Einsprechrichtung, was sich negativ auf die Klangfarbe auswirkt. Das OCT2 schnitt

insbesondere bei Kopfhorer-Wiedergabe besser ab als das OCT1, so dass man die Verwen-

dung eines Delays im Center-Kanal ohne Bedenken empfehlen kann. Selbst bei dreikanaliger

Wiedergabe scheint sich hierdurch keinerlei Benachteiligung zu ergeben.

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Das ORTF konnte nur bei Kopfhorer-Wiedergabe uberzeugen. In allen anderen Situatio-

nen scheinen die Dreikanal-Anordnungen Vorteile zu bieten oder zumindest ahnlich gute

Ergebnisse zu liefern.

Fur die Druckgradienten-Anordnungen lasst sich also festhalten, dass die nun mogliche

Ubertragung eines Center-Kanals beim Vorhandensein eines entsprechenden Lautsprechers

durchweg Vorteile bringt, sowohl klanglich als auch raumlich. Selbst bei einer idealen

Abhorposition im Sweetspot wurde der Center-Kanal als vorteilhaft bewertet, bei der im

Alltag wohl viel haufiger vorkommenden seitlichen Abhorposition noch viel eindeutiger.

Fur besonders audiophile Anspruche konnte die Verwendung eines zusatzlichen ORTFs

(oder anderen zweikanaligen Hauptmikrofons) Vorteile bringen gegenuber dem Downmix

einer Dreikanal-Anordnung. In diesem Test trat dieses Phanomen jedoch nur bei Kopfhorer-

Wiedergabe auf. Und selbst dort gab es Musik-Beispiele, in denen der Downmix der INA3

gegenuber dem ORTF favorisiert wurde (s. Tabelle 5.5). Eine generelle Empfehlung zu

einem zusatzlichen Stereo-Mikrofon kann demnach nicht fur sinnvoll angesehen werden.

Bei ausreichender Kapazitat an Mikrofonen und Aufnahmewegen lohnt jedoch ein kurzer

Vergleich vor Ort.

In der Gruppe der Druckempfanger konnte die verwendete Variante des Kugel-Vorhangs in

keiner Disziplin uberzeugen. Die Erzeugung von drei Front-Signalen erfordert anscheinend

entweder die Verwendung von großeren Abstanden zwischen den Kapseln oder eine großere

Richtwirkung der Mikrofone, damit die Signale die gewunschte Dekorrelation aufweisen.

Zwischen den beiden Anordnungen Decca-Tree und Stereo+C lasst sich kein klarer Sie-

ger ausmachen. Die Menge der Musikbeispiele hat vielmehr gezeigt, dass es meist von der

Schallquelle abhangt, welche der beiden Mikrofonierungen favorisiert wird. Eine Regel, wo-

nach man sich fur eine der beiden Anordnungen entscheiden konnte, vermochte der Test

nicht zu geben.

Eindeutig fiel jedoch die Entscheidung bezuglich des reinen ABs aus. Dieses wurde im

Vergleich zu den dreikanaligen Anordnungen stets als schlechter bewertet. Lediglich bei

Kopfhorer-Wiedergabe liegt die zweikanalige Anordnung vorn. Die Nutzung des Center-

Kanals bringt daher wie schon bei den Druckgradienten-Empfangern eine deutliche Berei-

cherung gegenuber dem bisherigen Zweikanal-Stereo. Als Empfehlung kann anhand die-

ser Arbeit das Stereo+C gesehen werden, welches zum einen zusammen mit dem Decca-

Tree bei der dreikanaligen Wiedergabe favorisiert wurde. Zum anderen bietet das Ste-

reo+C jederzeit einen hervorragenden Zweikanal-Ton, der einfach durch Weglassen des

Center-Kanals zu realisieren ist. Fur den Fall, dass der Decca-Tree im Einzelfall dem Ste-

reo+C vorgezogen wird, bringt die Aufstellung einer zusatzlichen AB-Anordnung fur die

Kopfhorer-Wiedergabe leichte Vorteile. Im Alltag wird sich dies jedoch kaum lohnen, zu-

mal die Wiedergabe uber Lautsprecher diesen Vorteil nicht bestatigen konnte. Wie bereits

vor Einfuhrung des mehrkanaligen Ubertragungsweges hangt die Wahl einer Mikrofon-

Anordnung in erster Linie von geschmacklichen Kriterien ab. Die Rucksicht auf Downmix-

Eigenschaften braucht zumindest bei Verwendung der hier vorgestellten Druckempfanger-

Anordnungen Decca-Tree und Stereo+C keine primare Rolle einzunehmen.

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Page 50: DA Schulz.pdf

Der Autor mochte an dieser Stelle anhand seiner wahrend dieser Arbeit gemachten Erfah-

rungen anmerken, dass die Qualitat einer Musik-Aufnahme in erster Linie von der gewahl-

ten Mikrofon-Position im Raum sowie der Position und des Abstandes der Musiker abhangt.

Die hier beobachteten Unterschiede zwischen den einzelnen Mikrofon-Anordnungen sol-

len zwar nicht vernachlassigt werden, sind aber fur den Gesamteindruck einer Aufnahme

eher zweitrangig. Statt wie in unserem Test viele Anordnungen aufzubauen und hinterher

einen Favoriten herauszusuchen, ware der Weg der Optimierung einer einzigen Anordnung

bezuglich der gewunschten Parameter Abbildungsbreite, Direkt/Diffus-Verhaltnis, etc. si-

cherlich in vielen Fallen derjenige mit dem besseren Gesamt-Ergebnis.

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Kapitel 7

Danksagung

Diese Diplomarbeit hatte ohne die Mithilfe zahlreicher Personen und Firmen sicherlich

nicht stattfinden konnen. Ich mochte mich daher an dieser Stelle sehr herzlich bei all

denjenigen bedanken, die zum Entstehen dieser Arbeit beigetragen haben, insbesondere

bei

• meinem Betreuer Herrn Prof. Michael Sandner fur die konstrukive Beratung bei der

Ausarbeitung und Umsetzung des Themas,

• Herrn Prof. Thomas Gorne fur die Unterstutzung bei der Ausarbeitung des Test-

Designs,

• den vielen Musikern fur die meist mehrmaligen Einspielungen der Musik-Beispiele,

• den Studenten des Erich-Thienhaus-Institutes fur die rege Teilnahme am Horver-

gleich,

• und meiner Kommilitonin Michaela Wiesbeck furs zugige Korrekturlesen.

Fur die großzugige Bereitstellung von Aufnahme-Equipment mochte ich mich bei den bei-

den folgenden Firmen und Personen bedanken:

• Mega-Audio GmbH, Herr Uwe Grundei (Mikrofon-Vorverstarker und Wandler)

• Schalltechnik Dr.-Ing. Schoeps GmbH, Herr Helmut Wittek (Mikrofone)

Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern Angelika und Walter Schulz, die mir durch

familiaren Ruckhalt und finanzielle Unterstutzung das Tonmeister-Studium ermoglicht ha-

ben.

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Anhang A

Abbildungskurven

Abbildung A.1: Abbildungskurve INA3

Abbildung A.2: Abbildungskurve OCT

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Abbildung A.3: Abbildungskurve OCT2

Abbildung A.4: Abbildungskurve ORTF

Abbildung A.5: Abbildungskurve Decca-Tree

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Abbildung A.6: Abbildungskurve AB

Abbildung A.7: Abbildungskurve Kugelvorhang

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Anhang B

Bewertungsbogen

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Abbildung B.1: Bewertungsbogen Seite 1

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Page 57: DA Schulz.pdf

Abbildung B.2: Bewertungsbogen Seite 2

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Page 58: DA Schulz.pdf

Literaturverzeichnis

[1] Michael Williams: Microphone Arrays for Stereo and Multichannel Sound Recording,

Editrice Il Rostro (2004)

[2] Gunther Theile: Multichannel Natural Music Recording Based on Psychoa-

coustic Principles, AES 19th Intern. Conference (2001). Veroffentlicht unter

http://www.irt.de/irt/indexpubli.htm

[3] ITU-Empfehlung: Recommendation ITU-R BS. 1116-1: Methods for the subjective as-

sessment of small impairments in audio systems including multichannel sound systems

(1994-1997)

[4] ITU-Empfehlung: Recommendation ITU-R BS. 775-1: Multichannel stereophonic

sound system with and without accompanying picture (1992-1994)

[5] SSF-01 Empfehlung fur die Praxis: Horbedingungen und Wiedergabeanordnungen fur

Mehrkana-Stereofonie, Surround Sound Forum des VDT (1998). Veroffentlicht unter

http://www.tonmeister.de

[6] Dolby Laboratories Inc.: Surround Sound – Past, Present, and Future,

http://www.dolby.com (1999)

[7] Jorg Wuttke: Mikrofonaufsatze, Schoeps GmbH (2000)

[8] Jens Blauert: Raumliches Horen, Hirzel Verlag (1974).

[9] Helmut Wittek: Untersuchungen zur Richtungsabbildung mit L-C-R Hauptmikrofonen,

Diplomarbeit, IRT (2000)

[10] Helmut Wittek: Image Assistant – Programm zur automatischen Errechnung von

Lokalisationskurven, http://www.hauptmikrofon.de, vorgestellt zur 21. Tonmeister-

tagung (2000)

[11] Andreas Gernemann: Psychoakustische Werte fur die Lokalisation mit zwei und drei

Frontlautsprechern

[12] Andreas Gernemann: Mikrofonanordnungen fur drei Frontkanale – eine systematische

Betrachtung, 20. Tonmeistertagung (1998)

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Page 59: DA Schulz.pdf

[13] Andreas Gernemann: Stereo+C – An All-Purpose Arrangement of Microphones Using

Three Frontal Channels, AES 110th Convention (2001)

[14] Hermann/Henkels: Vergleich von 5 Surround-Mikrofonen, 20. Tonmeistertagung

(1998)

[15] Joachim Kiesler: Akustischer Prufbericht Nr. 1/2006, Musikelektronik Geithain GmbH

(2006)

[16] Marie-Josefin Meindl: Vergleich von Mikrofonaufstellungen zur Raumwiedergabe uber

5.1, Diplomarbeit, Wien (2006)

[17] Michaela Wiesbeck: Untersuchungen zum Downmix von Surround-

Mikrofonanordnungen, Diplomarbeit, ETI Detmold (2006)

59

Page 60: DA Schulz.pdf

Erklarung

Detmold, den 13. August 2006

Hiermit erklare ich, Jochen Schulz (Tonmeister-Student am Erich-Thienhaus-Institut der

Musikhochschule Detmold), die vorliegende Diplomarbeit selbstandig verfasst und keine

anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet zu haben. Alle Stellen der Arbeit, die

anderen Werken wortlich oder sinngemaß entnommen wurden, sind unter Angabe der Quel-

le als Entlehnung kenntlich gemacht.

Die Arbeit wurde in dieser oder ahnlicher Form noch keiner Prufungskommission vorgelegt.

Jochen Schulz

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