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Nemrut Dağı Nemrut Dağı von Norden Höhe 2150 m Lage Provinz Adıyaman, Türkei Gebirge Ankar Dağları, Taurusgebirge Koordinaten 37° 5851N, 38° 4428O Gestein Kalkstein Tumulus von Süden, links Parkplatz und Ausgangspunkt des Gipfelwegs Götterthrone und -köpfe auf der Ostterrasse Nemrut Dağı (Adıyaman) aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Der Nemrut Dağı, auch Nemrut Dağ oder Nemrud Dağı (armenisch Նեմրթ, kurdisch Çiyayê Nemrûdê), ist ein Berg im Südosten der Türkei, unweit des Oberlaufs des Euphrat. Er gehört zum Taurusgebirge und liegt 86 Kilometer nordöstlich von Adıyaman in der gleichnamigen Provinz. Er ist mit 2150 Metern [1] Höhe eine der höchsten Erhebungen des nördlichen Mesopotamiens. Die Region wurde 1988 zum Nationalpark erklärt. Auf seinem Gipfel erhebt sich eine monumentale Kombination aus Heiligtum und Grabstätte. Sie wurde von dem späthellenistischen König Antiochos I. Theos (69–36 v. Chr.) von Kommagene errichtet, der dafür den Begriff Hierothesion (griechisch ἱεροθέσιον) prägte. Das Heiligtum sollte Zentrum einer neuen Religion sein, die persische und griechische Mythologie vereinte. Antiochos selbst gab sich kurz nach seiner Krönung den Namenszusatz Theos (Gott), eine auch im Rahmen des hellenistischen Herrscherkultes ungewöhnliche Selbstvergöttlichung. In zwei langen griechischen Inschriften legte der König fest, wie genau er zu Lebzeiten und nach seinem Tod verehrt werden sollte. Seine Abstammung führte er väterlicherseits auf die achämenidischen Großkönige Dareios I. und Xerxes I. und mütterlicherseits auf die Seleukiden mit Alexander dem Großen als Ahnherren zurück. Die Kultstätte wurde 1881 vom deutschen Ingenieur Karl Sester wiederentdeckt. Seitdem führten türkische, amerikanische und deutsche Archäologen hier Ausgrabungen durch; Die ersten Erforscher des Hierothesions waren 1882/83 Otto Puchstein und Carl Humann, ihnen folgte in den 1950er und 1960er-Jahren ein deutsch- amerikanisches Ausgrabungsteam mit Friedrich Karl Dörner und Theresa Goell von den American Schools of Oriental Research. 1987 wurde das Grabheiligtum in die UNESCO-Liste des Welterbes aufgenommen. Seitdem waren verschiedene Gruppen, darunter die International Nemrud Foundation und zuletzt die Mitglieder des Commagene Nemrut Conservation and Development Program von der Technischen Universität des Nahen Ostens auf dem Berg tätig. Das Grabmal besteht aus einer Geröllaufschüttung mit einem Durchmesser von 150 und einer Höhe von 45 Metern über dem natürlichen Gipfel des Berges. Der Schotterhügel ist umgeben von drei Terrassen im Norden, Westen und Osten. [2] Auf der westlichen und östlichen Terrasse sind große Götterstatuen zu sehen, die König Antiochos in Gesellschaft von griechisch-persischen Göttern darstellen. Dazu kommen verschiedene Reihen Koordinaten: 37° 5851N, 38° 4428O Nemrut Dağı (Adıyaman) – Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nemrut_Dağı_(Adıyaman) 1 von 32 17.03.2014 20:09

Nemrut Da ğı (Adıyaman) Koordinaten: 37° 58 ONemrut Da ğı Nemrut Da ğı von Norden Höhe 2150 m Lage Provinz Adıyaman, Türkei Gebirge Ankar Da ğları, Taurusgebirge Koordinaten

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  • Nemrut Dağı

    Nemrut Dağı von Norden

    Höhe 2150 m

    Lage Provinz Adıyaman, Türkei

    Gebirge Ankar Dağları, Taurusgebirge

    Koordinaten 37° 58′ 51″ N, 38° 44′ 28″ O

    Gestein Kalkstein

    Tumulus von Süden, links Parkplatz

    und Ausgangspunkt des Gipfelwegs

    Götterthrone und -köpfe auf der

    Ostterrasse

    Nemrut Dağı (Adıyaman)aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

    Der Nemrut Dağı, auch Nemrut Dağ oder Nemrud Dağı(armenisch Նեմր�թ, kurdisch Çiyayê Nemrûdê), ist einBerg im Südosten der Türkei, unweit des Oberlaufs desEuphrat. Er gehört zum Taurusgebirge und liegt86 Kilometer nordöstlich von Adıyaman in dergleichnamigen Provinz. Er ist mit 2150 Metern[1] Höheeine der höchsten Erhebungen des nördlichenMesopotamiens. Die Region wurde 1988 zumNationalpark erklärt.

    Auf seinem Gipfel erhebt sich eine monumentaleKombination aus Heiligtum und Grabstätte. Sie wurdevon dem späthellenistischen König Antiochos I. Theos(69–36 v. Chr.) von Kommagene errichtet, der dafür denBegriff Hierothesion (griechisch ἱεροθέσιον) prägte. DasHeiligtum sollte Zentrum einer neuen Religion sein, diepersische und griechische Mythologie vereinte. Antiochosselbst gab sich kurz nach seiner Krönung denNamenszusatz Theos (Gott), eine auch im Rahmen deshellenistischen Herrscherkultes ungewöhnlicheSelbstvergöttlichung. In zwei langen griechischenInschriften legte der König fest, wie genau er zuLebzeiten und nach seinem Tod verehrt werden sollte.Seine Abstammung führte er väterlicherseits auf dieachämenidischen Großkönige Dareios I. und Xerxes I.und mütterlicherseits auf die Seleukiden mit Alexander dem Großenals Ahnherren zurück.

    Die Kultstätte wurde 1881 vom deutschen Ingenieur Karl Sesterwiederentdeckt. Seitdem führten türkische, amerikanische unddeutsche Archäologen hier Ausgrabungen durch; Die erstenErforscher des Hierothesions waren 1882/83 Otto Puchstein und CarlHumann, ihnen folgte in den 1950er und 1960er-Jahren ein deutsch-amerikanisches Ausgrabungsteam mit Friedrich Karl Dörner undTheresa Goell von den American Schools of Oriental Research. 1987wurde das Grabheiligtum in die UNESCO-Liste des Welterbesaufgenommen. Seitdem waren verschiedene Gruppen, darunter dieInternational Nemrud Foundation und zuletzt die Mitglieder desCommagene Nemrut Conservation and Development Program vonder Technischen Universität des Nahen Ostens auf dem Berg tätig.

    Das Grabmal besteht aus einer Geröllaufschüttung mit einemDurchmesser von 150 und einer Höhe von 45 Metern über demnatürlichen Gipfel des Berges. Der Schotterhügel ist umgeben vondrei Terrassen im Norden, Westen und Osten.[2] Auf der westlichenund östlichen Terrasse sind große Götterstatuen zu sehen, die KönigAntiochos in Gesellschaft von griechisch-persischen Göttern darstellen. Dazu kommen verschiedene Reihen

    Koordinaten: 37° 58′ 51″ N, 38° 44′ 28″ O

    Nemrut Dağı (Adıyaman) – Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nemrut_Dağı_(Adıyaman)

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  • von Reliefstelen, die die Ahnengalerie des Königs und andere Verwandte darstellen, sowie Abbildungen vonrituellen Handlungen. Um Platz für die Errichtung des Heiligtums zu schaffen, wurden rund 300.000 m³massiver Fels bewegt. Auf den Berg führen Prozessionswege aus drei Richtungen.

    Im Laufe der Zeit haben Erdbeben, Unwetter und zahlreiche Besucher dazu beigetragen, dass ein großer Teilder Reliefs zerstört und die einstmals 8–10 m hohen Statuen heute kopflos sind. Die Häupter sind vor denStatuen aufgestellt. Im Hügel wird eine Grabkammer vermutet, die allerdings ungeachtet vieler Versuche, indas Innere des Hügels vorzudringen, bis heute nicht nachgewiesen wurde.

    Die Monumentalstatuen mit dem Altar und den Reliefs bieten, besonders bei Sonnenauf- und -untergang,ein beeindruckendes Bild. Die Anlage gilt als unfertig, es wurden keinerlei Spuren von abgehaltenenKulthandlungen vorgefunden.

    Der heutige, türkische Name des Berges bezieht sich auf den sagenhaften, in Bibel und Koranvorkommenden König Nimrod.

    Inhaltsverzeichnis

    1 Lage2 Geologie3 Flora und Fauna4 Forschungsgeschichte5 Geschichtlicher Hintergrund6 Königskult und Kunstreligion des Antiochos I.7 Heiligtum

    7.1 Tumulus und Terrassen7.2 Ausstattung7.3 Monumentalstatuen7.4 Zustand7.5 Kultinschrift7.6 Dexiosisreliefs

    7.6.1 Antiochos-Kommagene7.6.2 Antiochos-Apollon7.6.3 Antiochos-Zeus7.6.4 Antiochos-Herakles7.6.5 Bedeutung der Dexioseis

    7.7 Löwenhoroskop7.7.1 Beschreibung7.7.2 Deutung

    7.8 Investiturreliefs7.9 Ahnengalerien

    7.9.1 Beschreibung7.9.2 Zuweisung der Stelen zu bekannten Herrschern

    7.10 Stelen der Verwandten7.11 Hauptaltar7.12 Nordterrasse7.13 Wege und Eingänge7.14 Grabkammer

    8 Ikonografie9 Rezeption

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  • Blick vom Nemrut Dağı nach

    Südosten auf den Euphrat

    10 Literatur11 Weblinks12 Einzelbelege

    Lage

    Der Nemrut Dağı befindet sich im Norden des Landkreises Kahta dertürkischen Provinz Adıyaman. Er gehört zu den Ankar Dağları, denwestlichen Ausläufern der zum Taurusgebirge gehörenden MadenDağları, nördlich liegen die Malatya Dağları, die die GrenzeKommagenes bildeten. Über letztere führen Passstraßen in dieGegend von Malatya, die militärisch und als Karawanenwegegenutzt wurden und zum Teil noch heute in Gebrauch sind. Auchwenn einige Berge des Grenzgebirges im Nordwesten höher sind, istder Nemrut Dağı eine aus fast allen Richtungen sichtbareLandmarke. Er überblickt nach Südosten Nordmesopotamien und dasEuphrattal, nach Südwesten den Fluss Kahta Çayı (auch CendereÇayı, antiker Name Chabinas) und Adıyaman sowie nach Süden dasheute im Atatürk-Stausee verschwundene Samosata und den Euphratübergang bei Zeugma. Von dersüdwestlich gelegenen Residenzstadt Arsameia am Nymphaios führte ein Prozessionsweg zum NemrutDağı.[3]

    Heute erreicht man den Nemrut Dağı von Kahta aus über die D-360, von der bei Narince eine beschilderteStraße nach Norden abzweigt. Sie ist zunächst asphaltiert, im letzten, steilen Teil dann gepflastert und führtbis zu einem Parkplatz mit einem Touristenzentrum unterhalb des Gipfels, von wo aus die Terrassen mit denMonumentalstatuen nach einem Aufstieg von etwa 25 Minuten zu erreichen sind.

    Geologie

    Die Formationen der Ankar Dağları entstanden im Laufe der Gebirgsbildung aus zahlreichen verschiedenenGesteinsarten. Für den Gipfel und die nähere Umgebung des Nemrut Dağı waren dabei nur eozäneKalksteine ausschlaggebend. Dieser Entstehungsprozess begann vor über 35 Millionen Jahren im Eozän undsetzte sich im Oligozän fort. Die schroffe Landschaft am Fuß des Berges entstand in dieser Zeit und imnachfolgenden Pliozän durch Verwitterung. Die aufgefalteten Kalksteinschichten treten an den Hängen desNemrut in Form von Durchbrüchen zu Tage, in den tieferen Zonen sind sie vom Oberboden bedeckt. ImSüdosten finden sich dabei typische Formen einer Karstoberfläche. Dazu gehören Senken, die durcheingebrochene, unter dem Mutterboden entstandene Hohlräume im Kalkstein entstanden sind und die derVermessungs-Ingenieur in Goells Team Heinrich Brokamp, der eine topographische Karte des Bergeserstellte, als Ice caves (Eishöhlen) bezeichnet. Dort halten sich das Jahr über Reste von verfestigtemFirnschnee, die im Sommer Tieren zur Tränke dienen. Im Nordosten, etwa zwei Kilometer hangabwärts,treten einzelne Schichten von grau-grünem Sandstein auf. Sie liegen, im Gegensatz zu den schrägaufgeschobenen Kalksteinplatten, waagrecht. Das hat zur Folge, dass an dieser Schnittstelle der beidenGesteinsarten eine Quelle entspringt, die schon in hellenistischer Zeit, aber auch noch heute, derWasserversorgung dient.

    Die Handwerker, die das Heiligtum auf dem Berggipfel erstellten, verwendeten dazu nur Steine aus derdirekten Umgebung. Neben Sandstein aus der Umgebung der Quelle kam Kalkstein zum Einsatz, der ausden Durchbrüchen an den Berghängen gebrochen wurde. Möglicherweise wurde auch Material von der

    abgetragenen Spitze des Berges verarbeitet.[4]

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  • Osman Hamdi Bey 1882 auf

    dem Nemrut Dağı

    Flora und Fauna

    Zur kargen Vegetation der Hochgebirgslandschaft gehören weder Bäume noch Sträucher.[5] In einerUntersuchung von Ahmet Zafer von 2009 wurden 250 Arten von Samenpflanzen gezählt, darunter 14 %Korbblütler, 10 % Lippenblütler, 9,2 % Süßgräser, 7,6 % Kreuzblütler und 7,2 % Hülsenfrüchtler.[6] ZurTierwelt des Nationalparks gehören Bär-, Wolf-, Schakal-, Fuchs- und Dachsarten.[7] Unter den Vogelarten,die beobachtet werden können, sind der Weißkehlsänger, der Steinschmätzer, der Mittelsteinschmätzer undder Rostbürzelsteinschmätzer, weiterhin Schneefink, Ohrenlerche und Brachpieper.[8]

    Forschungsgeschichte

    Der Nemrut Dağı wurde bereits im frühen 19. Jahrhundert durch Helmuthvon Moltke kartiert, der als Militärberater im Osmanischen Reich weilte.Obwohl er den Zeugnissen der Antike durchaus Aufmerksamkeit widmeteund den Berg als Landmarke bei seinen Landaufnahmen benutzte, war ihmjedoch das Heiligtum auf dem Gipfel entgangen. 1881 berichtete derStraßenbauingenieur Karl Sester in einem Brief an die Königlich-PreußischeAkademie der Wissenschaften in Berlin von assyrischen Monumenten aufdem Berg. Der Archäologe Otto Puchstein wurde daraufhin 1882 vonAlexander Conze, dem Generalsekretär des Deutschen ArchäologischenInstituts, im Namen der Akademie beauftragt, mit dem Ingenieur zumNemrut Dağı zu reisen. Am 4. Mai 1882 trafen sie erstmals auf dem Bergein, den sie noch mit tiefem Schnee bedeckt fanden. Puchstein fand dennochdie griechische Inschrift auf der Rückseite der Statuen und begann mit derAbschrift. Wegen der Witterung, die ihre Untersuchungen behinderte, reistensie bald wieder ab und Puchstein kehrte im Juni desselben Jahres zurück. Am 19. Oktober gab er vor derphilosophisch-historischen Klasse der Akademie einen Bericht ab. Im folgenden Jahr reiste Carl Humann imAuftrag der Akademie in Begleitung von Puchstein und Felix von Luschan zum Nemrut Dağı. Vom 8. bis23. Juni 1883 erstellten sie Zeichnungen und Photographien der Monumente und brachten zahlreicheGipsabdrücke nach Berlin in die Königlichen Museen. Auf ihrem Weg besuchten und erforschten sie auchandere Orte der Kommagene, darunter die Hierothesia von Karakuş und Sesönk, Samosata, Perrhe sowie diespäthethitischen Fundstätten von Sakçagözü und Zincirli. Der türkische Archäologe Osman Hamdi Bey, dervon der Unternehmung erfahren hatte und ebenfalls Kommagene kennenlernen wollte, war bereits im Mai,in Begleitung des Bildhauers Osgan Efendi, auf dem Berg und hatte trotz hohen Schnees Forschungsarbeitendurchgeführt. Ihren Bericht Le tumulus de Nemroud-Dagh: Voyages, description, inscriptions[9] gab das vonOsman Hamdi Bey begründete Kaiserlich-Ottomanische Museum im Herbst 1883 heraus. DieForschungsergebnisse Humanns und Puchsteins erschienen 1890 unter dem Titel Reisen in Kleinasien undNordsyrien.[10]

    Der deutsche Althistoriker Friedrich Karl Dörner brach 1938 mit dem Bauforscher und Architekten RudolfNaumann zu einer Forschungsreise durch die Landschaft Kommagene auf und besuchte dabei dasHeiligtum, konnte aber seine geplanten Arbeiten wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs zunächstnicht fortsetzen. Erst 1951 reiste er erneut dorthin mit der Absicht, die Möglichkeiten von Grabungen aufdem Nemrut Dağı zu erkunden. Auf dem Weg von Kahta zum Ort Horik, der die Basisstation für dieArbeiten am Nemrut Dağı bilden sollte, erhielt er in einem Dorf von einem Bewohner Hinweise auf einenBildstein. Dies führte zur Entdeckung der kommagenischen Residenzstadt Arsameia am Nymphaios mitdem dortigen Hierothesion und der großen Kultinschrift. Die amerikanische Archäologin Theresa Goellhatte sich ebenfalls bereits 1939 mit dem Nemrut Dağı befasst und ihn 1947 erstmals aufgesucht. Im Jahr1951 war sie mit Unterstützung durch die American Schools of Oriental Research wiederum, gemeinsammit dem deutschen Altorientalisten Albrecht Götze, auf dem Weg dorthin, ohne mit Dörnerzusammenzutreffen. Als Goell und Dörner voneinander erfuhren, beschlossen sie, nach einem zweijährigen

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  • Briefwechsel, die Untersuchungen in Kommagene gemeinsam durchzuführen. Nachdem Dörner 1953 dieErlaubnis der Türkischen Republik zu Grabungen in Arsameia erhalten hatte, war Goell von 1953 bis 1956als Architektin in Arsameia tätig, während Dörner als Epigraphiker an den Forschungen auf dem Gipfelbeteiligt war. Die Ausgrabungen dauerten bis 1964 an. Danach kehrte Goell noch einige Male zurück, sowurden 1967 Mess- und Photographierarbeiten durchgeführt und 1973 der Hauptaltar restauriert. Für 1976waren Radaruntersuchungen des Tumulus und des unter dem Schotter anstehenden Felsen durch dasStandford Research Institute geplant, mit dem Ziel, die Grabkammer des Königs zu finden, sie scheitertenjedoch an Finanzierungsproblemen.[11]

    Friedrich Karl Dörner kehrte 1984 noch einmal zu Restaurierungsarbeiten auf der Westterrasse zum NemrutDağı zurück,[12] konnte aber aus gesundheitlichen Gründen die Arbeiten nicht weiterführen. Unter derLeitung von Dörners Schülern Sencer Şahin, Jörg Wagner und Elmar Schwertheim, dem nachmaligen Leiterder von Dörner gegründeten Forschungsstelle Asia Minor, arbeitete das deutsch-türkische Nemrut-

    Dağı-Projekt von 1987 bis 1991 an der Erforschung und Sicherung der Monumente.[13] 1998 gründete derniederländische Architekt Maurice Crijns in Zusammenarbeit mit Herman Brijder von der Universität vonAmsterdam die International Nemrud Foundation (INF). Sie widmete sich bis 2003 der Arbeit auf demBerg.[14] Das türkische Ministerium für Kultur und Tourismus zog 2004 die Grabungsgenehmigung des INFzurück[15] und 2005 wurde an der Middle East Technical University in Ankara das Commagene NemrutConservation and Development Program unter der Leitung der Architektin Şahin Güçhan ins Lebengerufen. Ziel des Projektes ist nicht nur die weitere archäologische Untersuchung und Instandhaltung desHeiligtums, sondern auch die Verbesserung der touristischen wie der allgemeinen Infrastruktur im Bereichdes Nationalparks um den Nemrut Dağı.[16] Zu den Plänen gehört auch die Errichtung eines Museumsunterhalb des Gipfels. Nach den Vorschlägen von Sencer Şahin soll es unter einem Kuppelbau eineTumulussimulation enthalten, an der die Monumente, geschützt vor den Gefahren der Witterung, aufgestelltwerden. Auf dem Berg selbst sollen die Originale durch Repliken ersetzt werden.[17]

    Geschichtlicher Hintergrund

    Die historische Landschaft Kommagene liegt in der heutigen Südosttürkei im Winkel zwischen dem Euphratim Osten und dem Antitaurus mit den Malatya Dağları im Nordwesten. Im Süden reicht sie bis zumEuphratübergang bei Zeugma, nahe dem heutigen Birecik und bis Doliche beim modernen Gaziantep. Nachdem Ende des eisenzeitlichen luwischen Königreichs Kummuh war das Land assyrische, späterbabylonische Provinz, bis zur Eroberung Babylons durch das persische Reich der Achämeniden im Jahr 539v. Chr. Nach zwei Jahrhunderten Zugehörigkeit zum Perserreich folgte die Herrschaft Alexanders desGroßen, der Armenier und schließlich der Seleukiden. Im Jahr 163 v. Chr. sagte sich der StatthalterPtolemaios vom Seleukidenreich los und begründete das selbstständige Königreich Kommagene. In derRegierungszeit seiner Nachfolger Mithridates Kallinikos und dessen Sohn Antiochos I. lag Kommagenezwischen den Interessengebieten des Römischen Reiches im Westen und der Parther im Osten. Einflüsse ausdieser Vorgeschichte und der gegenwärtigen Lage in einem Spannungsgebiet waren maßgeblich prägend fürden Königskult, den Antiochos einführte, und damit auch für die Gestaltung des Hierothesions, das er,vermutlich gegen Ende seiner Herrschaft in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. auf dem NemrutDağı errichten ließ.

    Königskult und Kunstreligion des Antiochos I.

    Nach Antritt seiner Herrschaft im Jahr 69 v. Chr. baute Antiochos I. den kommagenischen Königskult, denbereits sein Vater eingeführt hatte, erheblich aus und initiierte dazu eine synkretistische Kunstreligion. Anzahlreichen Orten seines Reiches erbaute oder erweiterte er Hierothesia oder Temene, die der Ausübungdieses Kultes und damit seiner Verehrung dienten. Hierothesia waren nach Friedrich Karl Dörner„sepulkrale Kultstätten“,[18] also Heiligtümer in Verbindung mit Grabstätten von Angehörigen derHerrscherfamilie. Temene bezeichneten kleinere Kultstätten ohne Grab. Heiligtümer bestanden neben dem

    Nemrut Dağı (Adıyaman) – Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nemrut_Dağı_(Adıyaman)

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  • Große Kultinschrift von Arsameia am

    Nymphaios

    Nemrut Dağı unter anderem in Arsameia am Nymphaios mit demGrab von Antiochos’ Vater Mithridates Kallinikos, in Arsameia amEuphrat (dem heutigen Gerger) für seinen Großvater Samos II., amKarakuş, wo vermutlich Antiochos’ Gemahlin Isias und weitereweibliche Angehörige begraben sind,[19] in Sesönk, einem weiterenGrabhügel, in dem das Grab einer hochgestellten Familie,möglicherweise auch des Mithridates II., des Sohnes des Antiochos’,vermutet wird,[20] sowie bei Sofraz Köy, Zeugma und Samosata. Anallen Orten wurden Inschriften gefunden, in denen er zum Teil sehrausführliche Anweisungen für die Ausübung seines Kultes gab.Weiterhin können aus den Texten Schlüsse auf die Entwicklung desKults und der begleitenden Religion gezogen werden.

    Die Bevölkerung des Landes Kommagene bestand zu der Zeit aus einer iranischen Oberschicht, die derpersischen Tradition folgte, aber auch aus einer griechischen Elite, die im Zuge der makedonischenEroberungszüge Alexanders ins Land gekommen war. Außerdem lag das Land im Spannungsgebietzwischen dem römischen Reich im Westen und dem Partherreich im Osten. Diese beiden westlichen undöstlichen Kulturrichtungen wollte Antiochos in dem Kult um seine Person und in der Kunstreligion, die er

    dazu ins Leben rief, vereinen.[21] Dazu führte er zum einen seine Abstammung auf der väterlichen Seite aufdie Achämeniden bis zu Xerxes I. und Dareios I. zurück, auf der mütterlichen Seite über die Seleukiden bisauf Alexander den Großen. Zum anderen positionierte er sich als Gott in der Gesellschaft andererGötterfiguren, die er als synkretistische Vereinigungen von orientalischen und hellenistischen Götterndarstellte, und fügte seinem Namen den Zusatz Theos (griechisch θεός für Gott) hinzu.

    Der oberste Gott, dem griechischen Zeus entsprechend, trägt den Namen Zeus-Oromasdes (Ζεύς

    Ώροµάσδης),[22] nach dem altpersischen Himmelsgott Ahura Mazda, in der zoroastrischen Religion

    ein Hochgott, den Dareios zu seinem persönlichen Schutzgott erwählt hatte.[21]

    Den griechischen Apollon vereinigte er mit drei anderen Göttergestalten zu Apollon-Mithras-Helios-

    Hermes (Ἀπόλλων Μίθρας Ἥλιος Ἑρµῆς).[22] Bereits Mithridates hatte die Kombinationen Mithras-Apollon und Helios-Hermes eingeführt, wobei in beiden Zusammenstellungen jeweils ein Sonnengottvertreten ist. Der griechische Sonnengott Helios ist einerseits mit dem ebenfalls hellenistischenGötterboten Hermes verknüpft, zum andern Apollon mit Mithras, wobei letzterer auf denaltpersischen Mitra- verweist. Dieser entwickelte sich in der Achämenidenzeit vom Hüter dermenschlichen Beziehungen zum Sonnengott, dem eine herausragende Funktion in der altpersischenReligion zukam.Der dritte Gott ist Artagnes-Herakles-Ares (Ἀρτάγνης Ἡρακλῆς Ἄρης). Während Herakles dergriechische in den Olymp aufgenommene Heros ist und Ares der bekannte Kriegsgott, ist Artagnes diegriechische Wiedergabe des altiranischen Götternamens Verethragna. Artagnes taucht inachämenidischen Quellen nicht auf, einzig in wenigen verstreuten Schriften werden Herakles oderAres als eine interpretatio graeca eines Gottes im westiranischen Raum erwähnt, sodass angenommenwerden kann, dass er in der achämenidischen Religion höchstens eine untergeordnete Rolle spielte.Sein Auftauchen an prominenter Stelle in Kommagene kann wohl nur mit einem späterenPopularitätsschub erklärt werden, den er auch in Khuzistan erfahren hat, wo er ebenfalls mit Herakles

    gleichgesetzt wurde.[23]

    Die einzige weibliche Gottheit in Antiochos’ Pantheon ist die allnährende Kommagene (παντρόφοςΚοµµαγηνή), die Landesgöttin. Sie wird mit der griechischen Schicksalsgöttin Tyche gleichgesetzt,auch wenn der Name in der Inschrift auf der Rückseite ihrer Monumentalstatue nicht ausdrücklich

    genannt wird.[24]

    Auffällig ist hier, dass die persische/östliche Komponente der Namen bei den männlichen Göttern nurjeweils einen von mehreren Bestandteilen bildet, die weibliche Gottheit wird nur mit ihrem griechischen

    Nemrut Dağı (Adıyaman) – Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nemrut_Dağı_(Adıyaman)

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  • Namen bezeichnet. Auch tauchen die Mehrfachbenennungen nur dort auf, wo die Gottheiten dem Besucherbekannt gemacht werden sollen, an anderen Textstellen wird lediglich der westliche, griechische Nameangegeben. Daraus wird geschlossen, dass der gedankliche Ausgangspunkt der Religion griechisch-hellenistisch bleibt, der orientalische Anteil nur Ergänzung ist.[25]

    In verschiedenen Inschriften, unter anderem von Sofraz Köy, Arsameia am Nymphaios und dem NemrutDağı, legte Antiochos fest, dass seine Untertanen die Kultfeiern zu seinen Ehren am 10. und 16. jedesMonats abhalten sollten, den Daten seiner Thronbesteigung (10. Loos) und seines Geburtstages (16.Audnaios).[26] Zu diesen Anlässen fanden auch öffentliche Speisungen statt. Aus dem Besitz des Herrschersstiftet Antiochos Ländereien, χῶραι genannt, und ganze Dörfer, κῶµαι, wurden für die Versorgung derHeiligtümer eingesetzt. Als Personal der Hierothesia wurden Hierodulen, Musiker und Musikerinnenbestimmt, die Eigentum der Gottheit waren und deshalb nicht versklavt werden durften. Diese Regelung galtauch für deren Nachkommen, sodass die personelle Ausstattung der Kultstätten „auf ewig“ gesichert sein

    sollte.[27] Durch das dichte Netz von Hierothesia und Temene, die über das Reich verteilt waren, sorgte erdafür, dass jeder Einwohner die Möglichkeit hatte, regelmäßig an den Feierlichkeiten teilzunehmen.

    1973 stellte Helmut Waldmann in seinem Buch Die Kommagenischen Kultreformen unter KönigMithradates I. Kallinikos und seinem Sohn Antiochos I. die These auf, dass der Religionssynkretismusbereits von Antiochos’ Vater Mithridates eingeführt wurde. Der Fund der Stele und der Inschrift von SofrazKöy durch Jörg Wagner 1974 widerlegten diese Theorie. Die Inschrift kann sicher als die früheste bekanntedes Antiochos eingeordnet werden, unter anderem weil er sich dort noch als König (βασιλεύς) und nicht, wiespäter üblich, als Großkönig (βασιλεύς µέγας) bezeichnet. Außerdem werden in der Inschrift nur diegriechischen Götter Apollon und Artemis erwähnt, ohne iranische Zusatznamen. Daher scheint es nichtwahrscheinlich, dass zu dieser frühen Zeit schon die west-östliche Kunstreligion existierte.[28]

    Nach dem Tod Antiochos’ verlor der Kult stark an Bedeutung. Sencer Şahin wies 1991 darauf hin, dass dasHeiligtum nicht fertiggestellt wurde und aller Wahrscheinlichkeit auch nie Feierlichkeiten am Nemrut Dağıstattgefunden haben. Es fehlen geplante Statuen auf der Nordterrasse sowie in der Inschrift beschriebeneTische und der Kopf der Monumentalstatue des Königs auf der Ostterrasse ist unfertig, vor allem aber gibtes keinerlei Kleinfunde, die nach dem regelmäßigen Abhalten von Kulthandlungen sicher zu erwartenwären.[29]

    Heiligtum

    Tumulus und Terrassen

    Über dem Gipfel des aus Kalkstein bestehenden Berges ist ein Tumulus aus Schottersteinen mit einemDurchmesser von etwa 150 Metern und einer Höhe von 45 Metern aufgeschüttet. Darunter liegen imNordosten, im Südwesten und im Nordwesten drei künstlich angelegte Terrassen, kurz als Ost-, West- undNordterrasse bezeichnet. Die Ostterrasse ist annähernd rechteckig, ihr zentraler Hof misst etwa21 × 26 Meter, einschließlich aller Monumente und des großen Altars ist sie etwa 50 × 50 Meter groß. Dieetwa zehn Meter tiefer liegende Westterrasse hat Gesamtmaße von 50 × 30 Metern und ist nach Westen zumTeil künstlich unterfangen, um Platz für die Ausstattung zu schaffen. Für den Tumulus müssen nach denBerechnungen des Geologen Hans-Gert Bachmann etwa 300.000 Tonnen Geröll bewegt worden sein. EinTeil davon dürfte beim Herausarbeiten der Terrassen aus dem Berg angefallen sein, ob der Gipfel selbstdafür bearbeitet wurde, ist unsicher. Die Monumentalstatuen, die Wächtertiere und die Sockel der Stelensind ebenfalls aus lokalem Kalkstein geschaffen, am südöstlichen Hang unterhalb der Ostterrasse sind nochSpuren von Steinbrucharbeiten zu erkennen. Für die Reliefstelen der Ahnen wurde grünlicher Sandsteinverwendet, der bei einer Quelle nordöstlich des Berges in einer Entfernung von etwa eineinhalb StundenFußweg gewonnen wurde.[4]

    Ausstattung

    Nemrut Dağı (Adıyaman) – Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nemrut_Dağı_(Adıyaman)

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  • Zeichnung des Tumulus mit

    den Terrassen von Carl

    Humann und Otto Puchstein,

    1890

    Plan der Terrassen von Carl

    Humann und Otto Puchstein,

    1890

    Die Throne der Ostterrasse

    Thron des Zeus, Ostterrasse

    West- und Ostterrasse verfügten über die annähernd gleiche Ausstattung.Vorhanden waren jeweils:

    Die Reihe der monumentalen Sitzstatuen der Götter Antiochos,Kommagene, Zeos-Oromasdes, Apollon-Mithras-Helios-Hermes undHerakles-Artagnes-Ares, dazu auf jeder Seite die Wächtertiere Löweund Adler.Zwei Reihen von gesockelten Reliefs der Ahnen, 15 Vorfahren auf derväterlichen, persischen Seite und 17 auf der mütterlichen, griechisch-makedonischen Seite. Unter letzteren befinden sich auch weiblicheVorfahren.Eine Reihe von Dexiosis-Reliefs, die Antiochos beim Handschlag mitden Göttern zeigen, daneben das Löwenhoroskop. Diese Reihe wirdebenfalls von (kleineren) Wächterlöwen und -adlern eingerahmt.Zwei kurze Reihen von je drei Reliefs von zeitgenössischenMitgliedern der Königsfamilie, hinter den Ahnengalerien. Davonwurden nur auf der Ostterrasse Reste und Sockel gefunden. Der Fundeines weiteren Reliefs auf der Westterrasse, das laut Inschriftmöglicherweise Antiochos’ Sohn und Nachfolger Mithridates II.zugeordnet werden kann, zeigt jedoch, dass auch dort eventuellderartige Reihen vorhanden waren.Eine Reihe mit weiteren Reliefs, Investiturgruppe genannt.

    Die Anordnung der Statuen, Stelen und der zugehörigen kleinen Altäre istden örtlichen Gegebenheiten folgend unterschiedlich. Ein großer, gestufterAltar ist nur auf der Ostterrasse vorhanden. Dort sind die Dexiosisreliefs aufeinem zweiten Podium unterhalb der Kolossalstatuen aufgestellt, beidseitigdavon führt eine Treppe nach oben zu den monumentalen Wächtertieren.Dazwischen steht vor den Statuen und Reliefs ein Blockaltar, derwahrscheinlich auf der Ostterrasse ein Pendant hat.

    Monumentalstatuen

    Die monumentalen Sitzstatuen derGötter standen mit dem Rücken zumTumulus und überblickten diejeweilige Terrasse. Sie waren ausKalksteinblöcken in sieben Schichtenmit einer Höhe von etwa einem Meterzusammengesetzt. Die obersteSchicht bestand nur aus einem Blockvon 2,5 bis 3 Metern Höhe, der denKopf der Figur bildete. Damiterreichten die Figuren eine Höhe von

    über acht Metern. Die Grundfläche der Throne einschließlich derdavorstehenden Fußbank beträgt etwas über drei Meter im Quadrat. Bei derden zentralen Platz einnehmenden Zeusfigur, die die anderen auch in derHöhe mit 8,75 Metern (Westterrasse 9,65 Meter) übertraf, ist auch die Basismit 3,82 × 3,32 Metern am größten.[30] Die untere Schicht bildete denSockel des Throns und den Fußschemel, die nächsten drei die Füße,Unterschenkel und die Oberschenkel der Figur. Diese Schichten bestandenaus einem mehrteiligen, rechteckigen Rahmen, dessen hohler Innenraum bis

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  • Schulterpartie eines Adlers,

    Ostterrasse

    zu einer Höhe von zwei Metern mit Geröllsteinen gefüllt war. Die Schichten 5 und 6 bildeten denOberkörper und die Schultern des Gottes, wobei bei den meisten die Schulterschicht aus nur einem Blockbesteht. Darauf saß der Kopf, in einigen Fällen war der obere Teil der Kopfbedeckung aus einer weiteren,achten Schicht gebildet.[31]

    Die Anordnung der Götter ist von links nach rechts Antiochos, Kommagene, Zeus-Oromasdes, Apollon-Mithras-Helios-Hermes und Herakles-Artagnes-Ares. Sie werden beidseitig von je einem ebenfallsüberlebensgroßen Adler und ganz außen von einem Löwen flankiert.

    Die Bekleidung der männlichen Götter besteht aus einem Mantel, der auf der Ostterrasse übergeworfen istund auf der rechten Schulter von einer Plattenfibel zusammengehalten wird. Auf der Westterrasse sind dieMäntel angezogen. Darunter tragen die Figuren ein langärmliges Gewand, dessen Stoff an den Seiten vonden Beinen herabfallende Falten bildet, sowie eine Hose.[32] Die Füße sind mit doppelt geschnürten Stiefelnmit Zunge bekleidet. Auf den Köpfen saß eine persische Tiara, eine aus der phrygischen Mützehervorgegangene, konische Kopfbedeckung, deren Spitze nach vorne abgeknickt ist. Ohren- undNackenschutz hängen bis auf die Schulterschicht herab. Im Unterschied dazu trägt Antiochos als einzigereine „armenische“ Tiara. Diese ist an den Seiten abgeflacht und läuft nach oben spitz zu, wobei am oberenRand fünf strahlenartige Dreiecke zu erkennen waren, von denen heute allerdings nur noch vier vorhandensind. Dazu sind die Ohren- und Nackenteile hochgeklappt. Über den Tiaren tragen die Götter ein etwa15 Zentimeter breites Diadem, das hinten zusammengebunden ist. An der Vorderseite der Kopfbedeckungläuft als Verzierung ein Band mit runden Scheiben von unten bis zur Spitze. Apollon, Zeus und Antiochoshalten in der linken, auf dem Schoß liegenden Hand ein Barsom, ein zusammengeschnürtes Zweigbündel.

    Herakles hält eine aufrecht stehende Keule in der linken Hand, die bis an die Schultern reicht.[31]

    Kommagene trägt über den Schultern einen Mantel (Himation), der den halben Hinterkopf bedeckt, denOberkörper und die Arme freilässt und auf dem Schoß wieder zusammengefasst und vermutlich mit derlinken Hand gehalten wird. Der Saum läuft deutlich erkennbar über die Unterschenkel. Ihre Unterbekleidungbildet ein Chiton, der seitlich an den Beinen herabfällt und unter den Brüsten mit zwei Bändernzusammengegürtet ist. Die Fußbekleidung ist aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes schwer zudeuten, wahrscheinlich handelt es sich um Sandalen. Die zylindrische Kopfbedeckung deuten Dörner undder Kunsthistoriker John H. Young als Kalathos,[33] während Bruno Jacobs einen Kranz aus Früchten undÄhren zu erkennen glaubt.[32] In der linken Hand hält die Göttin ein Füllhorn, das aufrecht stehend bis aufSchulterhöhe reicht.

    Die Paare von Wächtertieren beiderseits der Götterreihe sindebenfalls aus mehreren Schichten zusammengesetzt, auf derOstterrasse sind es fünf, auf der Westterrasse sechs. Die auf einemgemeinsamen Sockel stehenden Tierfiguren sind zwischen 4,5 und5 Metern groß, der Löwe überragt den Adler um wenige Zentimeter.Der hohle Innenraum der Körper ist wiederum mit Schottersteinengefüllt. Die Köpfe sind aus einem Teil gearbeitet. Die Figur desAdlers ist einfach gearbeitet, er hat einen mächtigen Kopf mitkräftigem oberen Schnabel, weit geöffneten Augen und buschigenBrauen. Die Flügel sind an den Körper angelegt, die Schultern nachvorn gereckt. Die Klauen sind zu einem Halbkreis gespreizt. DerLöwe ist sitzend dargestellt. Die aufgestellten Vorderpranken haben

    an der Rückseite einen Streifen mit angedeutetem Fell. Die mächtige Mähne besteht aus zahlreichenübereinanderliegenden Haarbüscheln. Über dem leicht geöffneten Maul sind die Nasenlöcher tiefeingeschnitten. Die Augen sind weit geöffnet und haben knotige Brauen. Darüber ist vor dem Mähnenansatzein Streifen feinerer Haare zu sehen. Die Ohren sind nur als Löcher in der Mähne dargestellt. In diesenkleinen Ohren, der symmetrischen, flammenartig gezeichneten Mähne, der schematischen Darstellung vonMaul, Nase und Backenhaaren und anderen Merkmalen sieht Theresa Goell deutliche Gemeinsamkeiten zuassyrischen und hethitischen, aber auch achämenidischen Löwenfiguren.[34]

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  • Bei den Kopfteilen aller Großstatuen, der Götter wie der Tiere, sind seitlich quadratische Transportlöchermit einem Durchmesser von etwa 5–6 Zentimetern zu sehen. Sie geben Anlass zu der Vermutung, dass dieKöpfe, anders als die Körper, nicht am Objekt selbst, sondern zu ebener Erde fertig bearbeitet und danacherst aufgesetzt wurden.[35]

    Zustand

    Die Throne der Großplastiken sind auf der Ostterrasse zum Teil bis auf Schulterhöhe erhalten, auf derWestterrasse befinden sich nur noch die drei unteren Schichten in situ. Die Köpfe sind sämtlichherabgefallen und vor den Sitzen aufgestellt. Der Kopf der östlichen Kommagene war zu Beginn derUntersuchungen durch Goell und Dörner 1953 als einziger noch an seinem Platz, stürzte jedoch zwischen1961 und 1963 infolge eines Blitzschlags[36] auch herab und wurde dabei beschädigt. Bei den meisten derKöpfe fehlen die oberen Abschlüsse der Kopfbedeckungen, bei den männlichen Gottheiten die Spitzen derTiaren, bei Kommagene der Kalathos oder Korb. Einzig der Antiochoskopf auf der Westterrasse ist bis aufAbschläge an den Ecken erhalten. Nasen und Lippen sind meist durch den Absturz abgeschlagen. OttoPuchstein nahm auf Grund der gleichmäßigen Falllage an, dass die Zerstörungen zeitgleich stattgefundenhatten, und schrieb sie deshalb einem Erdbeben zu. Hans-Gert Bachmann dagegen vertritt die Ansicht, dassWitterungseinflüsse im Laufe der Jahrhunderte ausgereicht haben könnten, den heutigen Zustandauszulösen.[4]

    Antiochos West

    Kommagene West

    Zeus West

    Apollon West

    Herakles West

    Adlerkopf West

    Antiochos Ost

    Kommagene Ost

    Zeus Ost

    Apollon Ost

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  • Rückseite der Monumentalstatuen mit

    Inschrift, Westterrasse

    Ausschnitt der Inschrift, Westterrasse

    Apollon und HeraklesOst

    Löwenkopf Ost

    Rekonstruktion der Monumentalstatuen und Dexiosisreliefs der Westterrasse

    durch Humann, 1890[37]

    Kultinschrift

    Auf der Rückseite der Throne befindet sich auf beiden Terrassen diegroße Kultinschrift des Antiochos. Nach einer Überschrift, die derKönig selbst gibt, wird sie als Nomos-Inschrift (griechisch Νόµος,deutsch Gesetz) bezeichnet. Sie umfasst auf der Westterrasse zweider Kalksteinblöcke, auf der Ostterrasse ist die Ausführung etwasmonumentaler und füllt die unteren drei der Blöcke aus, die denGötterthron bilden. Inhaltlich sind die beiden Texte, von einzelnenBuchstaben abgesehen, identisch, die westliche Version ist bessererhalten, sodass kleinere Fehlstellen des Osttextes damit ausgefüllt

    werden konnten.[38]

    Antiochos stellt sich in der Inschrift zunächst mit Abstammung undallen Titeln und Epitheta vor:

    [Βασιλεύς µέ]γας ᾿Αντίοχος Θεὸς∆ίκαιος ᾿[Επιφ]αν[ὴς] Φιλορώµαιος καὶΦιλέ[λλ]ην, ὁ ἑκ βασιλέως Μιθραδά-του Καλλινίκου καὶ βασιλίσσης Λαο-δίκης θεᾶς Φιλαδέλφου τῆς ἐκ βασι-λέω[ς] Αντιόχου ᾿Επιφανοῦς Φιλο-µήτορος Καλλινίκου ἐπὶ καθω-σιοµένων βάσεων ασύλοιςγράµµασιν ἕργα χάριτος ἰδίας εἰς

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  • Teilweise aufgestellte Dexiosisreliefs

    der Westterrasse 1996, von links

    Kommagene, Apollon, Reste der

    Zeusstele, Herakles. Das

    Löwenhoroskop fehlt.

    χρόνον ἀνέργραφεν αἰώνιον

    „Der grosse König Antiochos, Gott, der Gerechte, Epiphanes, Freund der Römer und Hellenen,Sohn des Königs Mithradates Kallinikos und der Königin Laodike, Göttin, der Bruderliebenden,Tochter des Königs Antiochos Epiphanes, des Mutterliebenden, Siegreichen, zeichnete aufgeheiligten Thronbasen mit unvergänglichen Buchstaben Worte der eigenen Huld auf – fürewige Zeiten.“

    – ANTIOCHOS I.: Übersetzung des griechischen Textes nach Helmut Waldmann[39]

    Im Folgenden beschreibt er sein Leben, wobei er vor allem seine immerwährende Frömmigkeit hervorhebt,die er für seine treueste Schutzwehr und seine unnachahmliche Wonne hält. Aus diesem Grund errichtet erseine Grabstätte sowie eine Stätte der Götterverehrung rund um den Gipfel der Schluchten des Tauros.[40]

    Danach gibt er in dem Nomos Anweisungen für die Durchführung der Kulthandlungen in dem Hierothesion.Der von ihm bestimmte Priester soll an den festgelegten Feiertagen persische Gewänder anlegen und seineHelfer mit goldenen Kränzen bekrönen. Auf den Altären sollen Opfer an Kräutern, Weihrauch, Wein undSpeisen dargebracht werden. Die versammelte Volksmenge soll zuvorkommend empfangen werden und beieinem genussreichen Fest mit Speisen und Getränken versorgt sowie mit Musik unterhalten werden. Weiterlegt er fest, dass die von ihm für die Feierlichkeiten vorgesehenen Personen für alle Zeiten von niemandemversklavt oder anderweitig verkauft werden dürfen. Die für die Versorgung der Festlichkeiten zuständigenDörfer, die ich als unantastbaren Besitz der Götter geweiht habe,[40] dürfen nicht angegriffen odergeschädigt werden. Er schließt mit der Drohung des unversöhnlichen Zorns der Götter sowie dervergöttlichten Ahnen für jeden, der dieser Anordnung zuwiderhandelt. Ebenso sollen den Folgsamen dieewige Huld der Götter sicher sein.

    Der Klassische Philologe Eduard Norden bezeichnet die Inschrift als das bedeutendste Denkmalgriechischer Prosa einer Zeit, aus der sonst so gut wie nichts erhalten ist.[41]

    Dexiosisreliefs

    Eine Reihe von fünf Stelen befand sich im Osten vor denMonumentalstatuen auf einem Podium, vor dem ein 0,85 Meterhoher Altarblock von 2,50 × 1,50 Metern stand. Im Westen schlossendie entsprechenden Skulpturen sich rechts (nördlich) an dieSitzstatuen an. Im ersten Relief ist nicht die für Dexioseis typischeHandreichung zu sehen, vielmehr streckt die Landesgöttin demKönig die Rechte mit den Früchten des Landes entgegen. Dienächsten drei sind echte Dexiosisreliefs, die den Erbauer Antiochosbeim Handschlag mit seinen Mitgöttern zeigen. Die fünfte, rechteStele ist als Löwenhoroskop bekannt. Die Reihe wird wie dieGroßstatuen von je einem Löwen und einem Adler flankiert. Von denStelen und Figuren sind auf der Ostterrasse nur eine geringe Zahlvon kleinen Fragmenten erhalten, während im Westen teilweise fastkomplette Stelen oder zumindest mehr und größere Bruchstückevorgefunden wurden. Die folgende Beschreibung bezieht sichdemgemäß auf die westlichen Reliefs. Die Stelen waren 2011 bis auf einen kleinen Teil der Zeusdexiosis amNemrut Dağı nicht zu sehen. Alle Personenreliefs besitzen auf der Rückseite eine Inschrift, die den Königmit Titulatur und die jeweils dargestellte Gottheit nennt.

    Antiochos-Kommagene

    Das erste Relief zeigt König Antiochos mit der Landesgöttin Kommagene. Es ist etwa 2,65 Meter hoch und1,50 Meter breit. Der Oberkörper des links stehenden Königs ist frontal dargestellt, der nach rechts

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  • Die Dexiosisreihe abschließende

    Figuren von Adler und Löwe,

    Westterrasse

    Rekonstruktion der Dexiosisreliefs

    von Antiochos mit Kommagene und

    Apollon auf der Westterrasse von

    Humann und Puchstein (1890)[42]

    gewandte Kopf im Profil. Kommagenes Körper ist ihm leichtzugewandt, der Kopf ist seitlich gezeigt. Sie streckt ihm die rechteHand entgegen und bietet ihm die Früchte des Landes an, in derlinken hält sie ihr Füllhorn. Antiochos trägt die armenische Tiara, diemit einem von Früchten, Blumen und Blättern umrahmten Löwenverziert ist und deren oberer Teil fehlt. Die hochgekipptenOhrenklappen sind ebenfalls floral verziert, das über der Tiaragetragene Diadem zeigt mehrere schreitende Löwen. Der Oberkörperist mit einem Umhang bekleidet, der auf der rechten Schulter vonzwei herzförmigen Broschen gehalten wird, die mit einem Adlerdekoriert sind. Darunter kommt ein Harnisch zum Vorschein,bestehend aus Rauten, die mit sechsstrahligen Sternen verziert sind.Er ist vorn offen und wird mit Schnüren zusammengehalten. An denArmen ist ein Hemd erkennbar, eine um die Hüfte geschlungeneSchärpe hält einen Rock, der bis auf die persischen Stiefel reicht undtypisch für kommagenische Herrscherkleidung ist. Darunter sindHosen zu sehen, die in den Stiefeln stecken. An der rechten Seiteträgt der König sein Schwert, dessen Scheide mit vierblättrigenRosetten geschmückt ist. Von dem in der linken Hand gehaltenenSzepter ist nur der eiförmige obere Teil erhalten, der mit Blätternumwickelt ist.

    Die Göttin trägt einen bis zu den Knien reichenden Chiton, darüberein Himation. Dieses lässt die rechte Brust frei und ist über derlinken zu einem Knoten gebunden. Von den zurückgekämmtenHaaren fallen Locken über die Ohren und bis auf die Schultern.Darüber trägt sie einen schweren Kranz aus Früchten, darunterTrauben, Äpfel und Zitronen, darüber erhebt sich ein Kalathos. Imlinken Arm hält sie ihr nach unten spitz zulaufendes Füllhorn, aus dem oben wiederum Früchtehervorquellen.

    Ein Teil des Reliefs, der den Körper des Königs und Kopf sowie Oberteil des Füllhorns der Kommageneenthält, befindet sich in den Berliner Museen. Er wurde von Humann und Puchstein, den beiden erstenwestlichen Archäologen, die den Berg erforschten, dorthin verbracht, nachdem sie das Relief ein Jahr nachihrem ersten Besuch 1882 stark beschädigt vorgefunden hatten. Weitere Teile, darunter Torso der Göttin undFüße des Antiochos wurden 1954 von Goell und Dörner gefunden und zusammengesetzt.[43]

    Antiochos-Apollon

    Das etwa 2,30 Meter hohe Relief ist bis auf einen Streifen zwischen den beiden Dargestellten weitgehenderhalten, der zweifellos vorhandene Handschlag fehlt. Die Tiara ist hier vollständig, sie zeigt die fünfSpitzen der armenischen Variante, jede oben mit einer Kugel verziert. Die Spitzen sind mit Palmettengeschmückt, die hochgebundenen Seitenklappen mit Lorbeerbündeln. Das Schwert wird hier links getragen,sodass lediglich der Griff zu sehen ist. In der linken Hand hält der König das lange Szepter. Dessen oberesEnde, das hinter seiner rechten Schulter zu sehen ist, ist mit einer Kugel versehen, das untere Ende, vor denFüßen Apolls, mit perlstabartigen Ornamenten. Der Rest der Kleidung und Ausstattung entspricht etwa derauf der ersten Dexiosis.

    Apollons Kopfbedeckung ist die persische Tiara mit nach vorn gekippter Spitze und herabhängendemNacken- und Seitenschutz, ganzflächig mit Sternen verziert. Das darübersitzende Diadem hat abwechselndKreise und Rauten als Schmuck. Hinter dem Kopf ist ein Strahlenkranz mit einem Durchmesser von etwa50 Zentimetern zu sehen, der seine Funktion als Sonnengott deutlich macht. Die Strahlen reichen zum Teilüber den Rand des Reliefs hinaus. Seine Bekleidung besteht aus einem eng anliegenden Hemd mit einem

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  • Unterteil der Zeusdexiosis auf der

    Westterrasse 2011

    Rekonstruktion der Dexiosisreliefs

    von Antiochos mit Zeus und Herakles

    auf der Westterrasse von Humann und

    Puchstein (1890)

    übergeworfenen Umhang, der vor der rechten Schulter von einer runden Brosche zusammengehalten wird.Er lässt die Brust frei und ist zwischen den Beinen wieder bis auf Knöchelhöhe sichtbar. Hosen und Stiefelentsprechen denen des Königs. Um den Hals liegt ein geflochtenes Halsband, am linken Handgelenk ist einArmreif erkennbar. Die linke Hand hält den Barsom.

    Das Relief ist verhältnismäßig flach ausgearbeitet, die Gesichter auffällig glatt.[44] Eine ähnlicheDarstellung Antiochos’ mit derselben Gottheit fand sich in Arsameia am Nymphaios, dort wird der Gottallerdings als Mithras-Helios-Apollo-Hermes bezeichnet.[45]

    Antiochos-Zeus

    Die Zeusdexiosis überragt mit über drei Metern die Reihe derReliefstelen deutlich. Sie ist auf etwa einem Viertel der Gesamthöhedurchgebrochen, zwischen Ober- und Unterteil besteht eine Lücke.Die Oberflächen des Zeuskörpers und von Antiochos’ Gesicht sindgroßflächig weggebrochen. Das Bild zeigt links Antiochos stehendund frontal, den Kopf nach rechts gewandt, während Zeus auf einemebenfalls frontal abgebildeten Thron sitzt, den Kopf dem Königzuwendet und ihm die Hand reicht. Die Darstellung der Königsfigurentspricht größtenteils derjenigen von den anderen Dexioseis.Unterschiede zeigen sich lediglich in der Dekoration verschiedenerKleidungs- und Ausstattungsstücke, so sind die Tiara und dasDiadem hier mit geflügelten Blitzbündeln geschmückt, auchEichenblätter und -zweige tauchen häufig als Ornamente auf. Daslinks gehaltene Szepter ist in gutem Erhaltungszustand hinter derSchulter zu sehen. Das Schwert hängt hier auf der rechten Seite, ander Scheide konnten Humann und Puchstein nebenEichenverzierungen noch Löwenköpfe erkennen.

    Die Kleidung des Zeus lässt sich schwieriger rekonstruieren, sicherzu erkennen sind die nach vorn gekippte, sternengeschmücktepersische Tiara und das mit Blitzbündeln versehene Diadem. Auchhier taucht das bei Antiochos beschriebene Eichenlaub wieder auf.Während die Kopfbedeckung eher auf den altpersischen AhuraMazda verweist, ist die Oberbekleidung eindeutig griechisch. Siebesteht aus Chiton und Himation, darunter eng anliegende Hosen undStiefeln, die wieder das Eichenblattmotiv aufweisen. Er sitzt aufeinem Thron mit einer davorstehenden Fußbank. Die Beine desThrones sind unten als Löwenpranken dargestellt, die oben an denLehnen in einer lockigen Mähne und Löwenköpfen enden. Die Pfeiler, die rechts und links von derRückenlehne sichtbar sind, sind mit den obligatorischen Eichenblättern geschmückt und werden von jeeinem Adler bekrönt, der aufrecht mit ausgebreiteten Flügeln darauf sitzt. Die beiden Vögel wenden sich dieKöpfe zu. In der linken Hand hält der Gott ein Szepter, das auf der Fußbank steht. Das obere Ende ähnelt

    dem des Königs.[46]

    Antiochos-Herakles

    Die letzte Dexiosis hat eine Höhe von 2,17 Metern. Sie ist recht gut erhalten, es fehlen Teile zwischen denbeiden Personen, der rechte Arm des Herakles und der linke des Königs sowie der Handschlag. Das Gesichtdes Antiochos ist verschwunden, aber durch ein Foto von Hamdi Bey[47] bekannt. Vom Gesicht desHerakles fehlen kleinere Teile. Die Kleidung des Antiochos ist vergleichbar mit der von den anderenReliefs. Die Tiara ist hier wieder, wie beim Kommagene- und dem Apollonrelief, mit schreitenden

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  • Abguss des Löwenhoroskops von

    Karl Humann, 1883, in den

    Staatlichen Museen zu Berlin

    Löwenfiguren verziert, ebenso das Diadem. Umhang, Hemd, Hosen und Schuhwerk entsprechen denbeschriebenen Mustern. Auch bei Szepter und Schwert sind keine bemerkenswerten Unterschiedefestzustellen, die Scheide ist hier floral geschmückt.

    Herakles hebt sich von allen abgebildeten Figuren dadurch ab, dass er vollständig nackt ist. Er hat auf demKopf ein Gebinde aus Weinblättern, seinen bekannten Löwenfellumhang trägt er über dem linken Arm. Derherabhängende Kopf und die Pranken des Löwen sind sehr detailliert herausgearbeitet. In der linken Handhält der Gott aufrecht eine knorrige Keule, die bis zur Höhe des Kopfes aufragt. Der Körper ist muskulös,das Gesicht bärtig.[48]

    Bedeutung der Dexioseis

    Über die Bedeutung der Dexiosisreliefs herrscht keine vollständige Klarheit. Aus zahlreichen Beispielen, diees schon seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. gibt, ist bekannt, dass das Hauptgewicht bei der rechten Personliegt. Diese hat mit dem Handschlag seinem Gegenpart etwas zu geben. Da es in den kommagenischenReliefs immer die Gottheit ist, die rechts steht, scheint sie dem König ihre Huld zu gewähren, ihm vielleichtseine Herrschaft zu verleihen.[32] Sicherlich handelt es sich um Begrüßungsszenen. Puchstein sieht darin einZeichen der Apotheose des Königs, indem dieser von den Göttern der Reihe nach als einer ihresgleichen

    begrüßt und damit in ihre Reihen aufgenommen wird.[49] Helmut Waldmann, der 1973 die kommagenischenKönigsinschriften neu bearbeitete und herausgab, sieht umgekehrt Antiochos in der Rolle des Begrüßenden,der über die Dexiosisreliefs im Land kundtut, dass er ebendiese Götter begrüßt und mit ihnen denGötterkreis seiner Religion bildet.[50] Theresa Goell sieht Parallelen unter anderem zu den älterenhethitischen Reliefs von Tudhalija IV. in der Umarmung durch seinen Schutzgott Šarruma in Yazılıkaya[51]

    oder des Königs Warpalawas von Tuwana in İvriz, der dem Gott Tarhunna gegenübersteht.[52] InVerbindung mit dem in den Inschriften geäußerten Wunsch des Königs, auf ewig in die himmlischenSphären aufgenommen zu werden, tendiert sie daher zur Deutung als Apotheose.[53]

    Löwenhoroskop

    Beschreibung

    Das letzte Relief in der Reihe der Dexioseis ist das Löwenhoroskop.Von der Stele auf der Ostterrasse sind nur Fragmente gefundenworden, sie wird auf eine Breite von 2,32 und eine Höhe von1,70 Metern geschätzt. Das Monument auf der Westterrasse wurdevon Humann und Puchstein in nahezu unbeschädigtem Zustandgefunden, es misst 2,40–2,42 Meter in der Breite und1,75–1,84 Meter in der Höhe. Sie nahmen einen Abdruck, der sichheute in den Staatlichen Museen zu Berlin befindet. Das seitdemstärker angeschlagene Relief war 2011, wie auch die Dexiosisreliefs,nicht mehr vor Ort aufgestellt.

    Das Bild zeigt einen nach rechts schreitenden Löwen, dessen Kopfdem Betrachter zugewandt ist. Vor allem der Kopf und die kräftigen,muskulösen Beine ragen skulpturartig weit aus dem Relief hervor.Aus dem geöffneten Maul hängt die Zunge zwischen zweiReißzähnen über das Kinn, darüber sind Barthaare auf dem Oberkiefer eingraviert. Über den weit offenenAugen umfängt den Kopf eine mächtige Mähne, auch an den Beinen und am Bauch sind Haarbüschel zusehen. Der Schwanz hängt am rechten Hinterbein herab und kringelt sich wieder nach oben. Der gesamteKörper und Teile des Hintergrunds sind mit achtstrahligen Sternen bedeckt, auf der Brust liegt eineMondsichel. Über dem Rücken des Tieres findet sich eine Reihe von drei Sternen mit 16 Strahlen, die in

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  • darüberliegenden Inschriften namentlich bezeichnet werden.[54]

    Deutung

    Die 19 über den Löwenkörper verteilten Sterne bilden unzweifelhaft das Sternbild des Löwen. Es entsprichtbis auf eine unwesentliche Abweichung der Beschreibung in den Katasterismen (Sternentstehungssagen) desEratosthenes.[55] Die Mondsichel auf der Brust steht somit nahe dem Hauptstern Leonis α, genannt Regulus

    (griechisch Βασιλίσκος, deutsch kleiner König) des Sternbilds, der Königsstern genannt wird.[56] Die dreiSterne über dem Löwenrücken sind wie folgt beschriftet:

    Der linke Stern trägt die Bezeichnung Πϋρόεις ῾Ηρακλέους, „der Feurige des Herakles“, eineBezeichnung des Planeten Mars. Da Mars der römische Name des Kriegsgottes Ares ist, ist hier dieBeziehung zu dem Gott Artagnes-Herakles-Ares erkennbar.An dem mittleren Stern ist die Beschriftung Στίλβων ᾿Απόλλωνος, „der Glänzende des Apollon“, zulesen, die den Planeten Merkur bezeichnet und über den griechischen Namen Hermes des römischenGottes Merkur im kommagenischen Götternamen Apollon-Mithras-Helios-Hermes vertreten ist.Die Inschrift am dritten Stern der Reihe lautet Φαέθων ∆ιός, „der Scheinende des Zeus“, weist auf denPlaneten Jupiter und den Hauptgott Zeus-Oromasdes.

    Dies führt zu der einmütig vertretenen Meinung, dass auf dem Relief eine Sternenkonstellation dargestelltist, bei der sowohl der Mond, der mit der Göttin Hera und später mit der Personifikation des LandesKommagene gleichgesetzt wurde,[32] als auch die Planeten Mars, Merkur und Jupiter im Sternbild desLöwen stehen und damit an dem Königsstern Regulus vorbeiziehen. Welcher der dafür möglichenZeitpunkte und welches damit zusammenhängende Ereignis hier von Antiochos präsentiert werden sollte, istumstritten. Humann und Puchstein ließen von dem Astronomen Friedrich Tietjen in Berlin und dessenMitarbeiter Paul Lehmann die möglichen Daten in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. berechnen.Lehmann hielt „aus astronomischen Gründen“ den 17. Juli 98 v. Chr. für den wahrscheinlichsten Zeitpunkt.Humann und Puchstein schlossen sich dieser Annahme an. Da der 17. Juli nicht mit dem in der Kultinschriftangegebenen Geburtstag am 16. Audnaios (etwa Dezember/Januar) übereinstimmen konnte, vermuteten sieden Zeugungszeitpunkt als dargestelltes Datum.[55] Damit legten sie das Geburtsjahr auf 97 v. Chr. fest, waslange Zeit in zahlreichen Publikationen übernommen wurde. Friedrich Karl Dörner stellte dazu fest, dassAntiochos dann als Sieben-Monats-Kind geboren wäre. Zudem war es unüblich, die Geburtshoroskope vonHerrschern zu veröffentlichen, da sie den astrologischen Schlüssel zur Berechnung des Lebensendeslieferten. Die Astronomen Otto Neugebauer und H. B. van Hoesen stellten bei einer Neuberechnung imAuftrag des Grabungsteams 1959 fest, dass die Planeten am angenommenen Datum kurz vor der Sonneaufgingen und deshalb am Himmel nicht sichtbar waren. Sie entschieden sich demzufolge für den 7. Juli62 v. Chr., an dem die Gruppierung bereits am Abendhimmel hell leuchtend zu erkennen war. Dörner undGoell schlossen sich diesem Votum an,[57] ebenso wie der Philologe Heinrich Dörrie. Sie bezogen in ihreBewertung auch die Tage vor und nach dem berechneten Zeitpunkt ein, an denen Mars, Merkur, der Mondund Jupiter am Königsstern Regulus vorbeizogen und damit die in den Dexioseis gezeigte Begrüßung desKönigs nachvollzogen.[58][59] Die beiden Astronomen nahmen als Anlass einen Vertrag zwischen Antiochosund Pompeius über eine Gebietsneuordnung an, der allerdings von Antiochos sonst in keiner der zahlreichenInschriften erwähnt wird. Deshalb vermuten Dörner und Goell stattdessen, dass das Relief alsGründungshoroskop des Hierothesions am Nemrut Dağı zu deuten ist.[58] Der niederländische ArchitektMaurice Crijns, Leiter der International Nemrud Foundation (INF), die von 1998 bis 2003 vor Ort an derErforschung und Erhaltung der Monumente arbeitete, schlug 1999 den 14. Juli 109 v. Chr. vor und hält fürdieses Datum den Krönungstag von Mithridates I., dem Vater Antiochos’, für möglich.[60] Auch dieseDatierung bleibt weiter umstritten.[56]

    Investiturreliefs

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  • Investiturszene Westterrasse,

    Staatliche Museen zu Berlin

    Reliefs der persischen Ahnen,

    Westterrasse, nicht in ursprünglicher

    Reihenfolge

    Darius I. Westterrasse

    Auf der Westterrasse wurde nördlich der Dexiosisreihe, etwa rechtwinkligdazu, eine weitere Reihe von wahrscheinlich fünf Sockeln gefunden. Diedazugehörigen Stelen sind nur in Teilen erhalten. Neben zwei Reliefs mitvermutlich weiblichen Gestalten, die seitliche Positionen in der Sockelreiheeinnahmen und von denen hauptsächlich Konturen zu erkennen sind, ist vonder mittleren Stele mehr erhalten. Diese wurde von Humann und Puchsteinin Fragmenten gefunden und nach Berlin verbracht. Auf der Ostterrasse fandsich am südlichen Ende unterhalb der Reihe der Monumentalstatuen,westlich der mütterlichen Ahnengalerie, eine ähnliche Sockelreihe, bei derdie Grabungsmannschaft um Goell und Dörner ein vergleichbares Relieffand. Das westliche Bild zeigt zwei sich gegenüberstehende männlichePersonen in der üblichen Haltung, den Körper frontal dem Betrachter und dieGesichter einander zugewandt. Die rechte Figur trägt die armenische Tiara,über dem Brustharnisch einen Umhang, ein Hemd mit Schärpe und Stiefel.Links hängt ein Schwert in der Scheide. Die Oberflächen der Kleidung undder Ausrüstung sind nicht ausgearbeitet oder verziert, was bedeutet, dass dieDarstellungen nicht vollendet wurden. Von der linken Figur fehlen der Kopf, beide Arme und Teile derBrust. Bekleidung und Ausrüstung entsprechen, soweit erkennbar, der rechten Person. Auf dem östlichenPendant ist zu sehen, dass die Figuren sich die rechte Hand entgegenstrecken und damit gemeinsam einDiadem halten Daraus lässt sich schließen, dass es sich um eine Investiturszene handelt, wobei der linkenFigur von der rechten die Königswürde verliehen wird.[61] Ob es sich dabei um Antiochos I. handelt, dervon seinem Vater Mithridates I. ins Amt eingeführt wird, oder ob Antiochos selbst seinen Sohn MithridatesII. zum König macht, lässt sich nicht klären. Spuren einer Inschrift wurden nicht entdeckt. Auch über dieIdentität der seitlichen, weiblichen Gestalten kann nur spekuliert werden.[62]

    Wegen des von den beiden Personen gemeinsam gehaltenen Diadems wird die Investiturszene auch als

    „Stephanophoros“ (Kronenträger) bezeichnet.[63]

    Ahnengalerien

    Beschreibung

    Auf beiden Terrassen sind zweiReihen von Reliefstelen vorhanden,von denen eine die väterlichen,persischen, die andere diemütterlichen, seleukidischen Ahnendes Königs Antiochos zeigt. Auf derOstseite sind beide Reihenrechtwinklig zu denMonumentalstatuen, einandergegenüberstehend, aufgestellt, imNorden die persischen, im Süden diegriechischen Ahnen. Auf Grund derPlatzverhältnisse ist auf der Westseite

    zwar die persische Ahnenreihe ebenfalls rechtwinklig zu den Götterthronenaufgestellt, im Süden der Terrasse, die makedonische jedoch im Westen, dieGroßstatuen anblickend. Vor jedem Ahnenrelief befand sich ein kleiner Altaraus drei Steinblöcken, von denen zwei nebeneinander und der dritte obenaufgelegt waren, sodass ein annähernder Würfel mit einer Kantenlänge zwischen 0,75 und 1,0 Meternentstand.[64] Die Rückseite der Stelen trug jeweils eine Inschrift, bestehend aus dem Namen Antiochos imNominativ mit Beinamen, Titeln und Eltern und dem Namen des Abgebildeten im Akkusativ mitsamt dem

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  • -danes Westterrasse

    Reste von Skulpturen und Sockeln

    der südlichen Reihe auf der

    Ostterrasse

    Weibliche seleukidische Ahnen, links

    Isias Philostorgos und rechts

    vermutlich Laodike, Zeichnung von

    Carl Humann, 1890

    Namen des Vaters. Alle Figuren blicken vom Betrachter aus gesehen nachlinks, der erste, älteste Vorfahr steht jeweils am linken Ende. Die Abfolge derväterlichen Ahnen umfasst 15, die der mütterlichen 17 Personen. Entgegender Meinung Puchsteins entsprechen die östlichen und westlichenAhnenreihen einander vollständig. Den ersten Ausgräbern war ein völligverschütteter Sockel bei der nördlichen Stelenreihe auf der Ostterrasseentgangen, weshalb sie irrtümlich hier nur 14 Vorfahren vermuteten. Diespätere Grabungsmannschaft der 1950er-Jahre konnte den fehlenden Sockelfreilegen und den Fehler berichtigen.[65]

    Nur einzelne der etwas überlebensgroßen Reliefs sind erhalten. Anders alsdie Bezeichnung Ahnengalerie vermuten lässt, zeigen die Bilder keineindividuellen, porträthaften Züge, sondern sind eher schemahaft mit nurkleineren Abweichungen aufgebaut. Die ersten fünf der iranischen Ahnenstellen persische Großkönige dar. Sie tragen die mit Sternen verziertepersische Tiara mit der nach vorn gekippten Spitze und Nackenklappe,darüber ein Diadem. Sie sind mit einem knöchellangen,langärmeligen persischen Umhang (Kandys) bekleidet, der über derBrust von Bändern und Broschen zusammengehalten wird. ImGesicht ist ein Vollbart und ein Schnurrbart zu erkennen. Mit derrechten Hand libiert der König aus einer runden, mit einervierblättrigen Rosette geschmückten Phiale. In der Linken hält er denBarsom. Ein besonders schönes Beispiel ist die Abbildung desDarius I. auf der Ostterrasse, die deutlich die Kombination vongriechischen und orientalischen Merkmalen erkennen lässt. TheresaGoell beschreibt das Relief wie folgt:

    His face is modeled in superb Greek fashion suggesting cameoor goldsmith work. The style and technique is an excellentexample of the eclecticism of the art of Antiochus, combiningexquisite neo-classical Greek workmanship into face and calmexpression with Persian raiment and twisting mustache.

    „Sein Gesicht ist in einer ausgezeichneten griechischen Artund Weise gestaltet, die an Kamee- oderGoldschmiedearbeiten erinnert. Der Stil und die Technik sindein hervorragendes Beispiel für den Eklektizismus der Kunstvon Antiochos, welche die außerordentliche neo-klassischegriechische Ausführungsqualität des Gesichts und des ruhigenAusdrucks mit persischem Gewand und Zwirbelbartkombiniert.“

    – THERESA GOELL[66]

    Die folgenden zehn Bildnisse zeigen zunächst Satrapen, ab derneunten Stele Könige von Armenien und schließlich von 13 bis 15kommagenische Herrscher. Sie alle tragen, soweit das nocherkennbar ist, die übliche kommagenische Tracht. Dazu gehört als Kopfbedeckung die spitze, nicht gekippteTiara mit Diadem. Der Oberkörper ist mit einem ledernen Harnisch mit Rautenmuster bekleidet, darüberHemd und ein Umhang, der auf der Schulter von Broschen gehalten wird. Um die Hüfte liegt eine Schärpe,darunter ein Rock. Senkrecht in der linken Hand halten die Figuren ein Szepter, in der rechten einen spitzenGegenstand, wohl einen Dolch. Dessen Scheide ist links am Körper an der Schärpe angebracht. DieFußbekleidung sind Stiefel.[67]

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  • Bei den seleukidisch-griechischen Vorfahren der mütterlichen Seite sind die ersten 12 oder 13 männlich, vonihnen sind größtenteils nur sehr fragmentierte Reste geblieben. Soweit daraus erkennbar sind sie barhäuptigund bartlos. Im besten Zustand ist die achte Stele auf der Westseite, Seleukos IV. Philopator. Sie ist vomKnie bis zur Schulter erhalten und liefert die meisten Informationen über Kleidung und Ausstattung dermännlichen Ahnen in dieser Reihe. Der Abgebildete trägt einen glatten Lederharnisch, der an der Hüfte inlappenartige Streifen oder in einen militärischen Rock übergeht. Darunter kommt ein Chiton zum Vorschein,darüber ein Mantel (Himation), den an der Schulter wiederum eine Brosche zusammenhält. Die Füße sindmit Sandalen bekleidet. Die linke Hand hält das Szepter, die rechte bringt das Trankopfer aus einem Rhyton,an der linken Körperseite hängt ein Schwert in der Scheide. Diagonal von der rechten Schulter über denOberkörper verläuft ein 13 Zentimeter breiter verzierter Gurt. Bemerkenswert daran ist ein Medaillon aufHöhe der Taille. Es ist rund, hat einen Durchmesser von 16 Zentimetern und zeigt eine fein gearbeitetePorträtbüste des Herakles, der Gottheit Atragnes-Herakles-Ares. Der Gott ist durch die Keule in der linkenHand eindeutig zu identifizieren. Von der nächsten Stele, Antiochos IV. Epiphanes, ist ein entsprechendesStück gefunden worden, hier ist auf der Brosche ein junger Mann mit lockigem Haar abgebildet. Da beiSeleukos zweifellos Herakles der Abgebildete war, wird vermutet, dass hier Apollon, also die GottheitApollon-Mithras-Helios-Hermes zu sehen ist. Von den weiteren männlichen griechischen Ahnen sind wenigverwertbare Reste vorhanden.

    Die letzten vier oder fünf der Ahnenreliefs zeigen weibliche Figuren. Sie sind ebenfalls mit Chiton undHimation bekleidet. Der Chiton fällt faltenreich bis zum Boden, der darüberliegende Mantel hängt bis aufKniehöhe und ist kopftuchartig über den Kopf gezogen. Darüber liegt auf der Stirn ein einfacher Kranz(Stephane). In der linken Hand halten die weiblichen Ahnen ein Szepter, im Unterschied zu den männlichenwird es leicht schräg gehalten. Der rechte Arm ist angewinkelt, die Hand ruht auf Höhe der Brust. An derSeite kommen ein birnenförmiger Ohrring und einige Haarlocken zum Vorschein. An den Füßen sindSandalen erkennbar.[68]

    Zuweisung der Stelen zu bekannten Herrschern

    Die Figuren weisen wenig individuelle Züge auf, daher kann eine direkte Zuordnung zu historischenPersonen nur über die Inschriften auf der Rückseite erfolgen. Da auch diese nur in Teilen erhalten sind,müssen weitere Quellen hinzugezogen werden. Zunächst wurde davon ausgegangen, dass eine Abfolge vonVater/Mutter zu Sohn/Tochter vorausgesetzt werden kann. Dabei ergab sich das Problem, dass die jeweilszur Verfügung stehenden Zeiträume nicht mit der Anzahl der Personen in Einklang zu bringen waren. Soliegen zwischen Darius I. und Antiochos etwa 450 Jahre, was bei 15 Abgebildeten einen zu großenGenerationenschnitt von 30 Jahren ergäbe. Bei den seleukidischen Ahnen stehen für einen Zeitraum von 300Jahren 17 Generationen zur Verfügung, was extrem viel erscheint. Friedrich Karl Dörner ging dabei vonverschiedenen Lösungsansätzen aus. Zum einen schloss er aus den bekannten Herrschaftsdaten derpersischen Könige, dass bei den ersten fünf das Vater-Sohn-Prinzip eingehalten worden war, wobei XerxesII., der nur 45 Tage regierte, weggelassen wurde. Danach wird einmal, zwischen Stele 5 und 6 auf denSchwiegervater statt den Vater übergegangen. Bei den weiteren schloss Dörner entweder vom Vaternameneiner Stele auf den Namen des vorherigen Herrschers, wenn deren Inschrift nicht erhalten war, oder errekonstruierte aus der Geschichtsschreibung die achämenidische Ahnenreihe. Damit kommt er auf folgendeHerrscherliste:[69]

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  • Stele Name Funktion

    1 Dareios I. Großkönig von Persien

    2 Xerxes I.* Großkönig von Persien

    3 Artaxerxes I.* Großkönig von Persien

    4 Dareios II.* Großkönig von Persien

    5 Artaxerxes II. Großkönig von Persien

    6 Aroandas I. Satrap von Armenien

    7 Aroandas II. Satrap von Armenien

    8 -danes (nicht mehr lesbar) Satrap von Armenien (?)

    9 Ardoates* König von Armenien

    10 Samos I. König von Armenien

    11 Arsames König von Armenien

    12 Orontes III.* König von Armenien

    13 Ptolemaios König von Kommagene

    14 Samos II. König von Kommagene

    15 Mithridates I. König von Kommagene

    * Die kursiv gesetzten Herrschernamen sind nur aus externen Quellen rekonstruierbar.

    Die seleukidische Ahnenreihe beginnt mit Alexander, der hier erstmals in der bekannten epigraphischen undliterarischen Überlieferung mit dem Beinamen „der Große“ ausgestattet ist. Diese fiktive Abstammung desSeleukidengeschlechts geht schon auf Seleukos I. zurück.[70] Die nächsten drei Reliefs sind durch ihreInschriften zu bestimmen, von den nachfolgenden nur noch zwei direkt und eines über den Vaternamen desfolgenden. Die Stele von Antiochos VIII. Grypos, die Puchstein dem 12. Sockel zugeordnet hatte, vermutetDörner auf Platz 13. Die darauf folgenden Monumente bilden weibliche Vorfahren des Antiochos ab. Beider Bestimmung der fehlenden Namen berücksichtigt Dörner die Legitimität und die Bedeutung derbekannten Herrscher und streicht alle Usurpatoren mit ihren Nachkommen. Thomas Fischer dagegen weistdarauf hin, dass nach Konflikten unter den Seleukiden die Dynastie in eine ältere und eine jüngere Liniegespalten war und berücksichtigt nur die, die danach Antiochos VIII. Grypos zu seinen rechtmäßigenVorgängern zählte. Er stellt dabei letzteren wieder, wie Puchstein, auf Platz 12 und nimmt somit ab Stele 13weibliche Ahnen an.[71] In der folgenden Liste sind beide Interpretationen des männlichen Stammbaumsaufgeführt.[69]

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  • Stele Name nach Dörner Name nach Fischer

    1 Alexander der Große Alexander der Große

    2 Seleukos I. Nikator Seleukos I. Nikator

    3 Antiochos I. Soter Antiochos I. Soter

    4 Antiochos II. Theos Antiochos II. Theos

    5 Seleukos II. Kallinikos* Seleukos II. Kallinikos*

    6 Seleukos III. Soter* Seleukos III. Soter*

    7 Antiochos III. der Große* Antiochos der Sohn*

    8 Seleukos IV. Philopator* Antiochos III. der Große*

    9 Antiochos IV. Epiphanes* Seleukos IV. Philopator

    10 Demetrios I. Soter Demetrios I. Soter

    11 Demetrios II. Nikator Demetrios II. Nikator

    12 Antiochos VII. Sidetes* Antiochos VIII. Grypos

    13 Antiochos VIII. Grypos weibliche Vorfahren

    –17 weibliche Vorfahren

    * Die kursiv gesetzten Herrschernamen sind nur aus externen Quellen rekonstruierbar.

    Auf Stele 14 der Westterrasse ist der Name Kleopatra zu erschließen, auch die Inschrift Isias Philostorgosauf Stele 16 ist lesbar. Ob diese mit der Isias, der Gattin des Antiochos, die in einer Inschrift zu einerDexiosis am Karakuş erwähnt wird, identisch ist, ist unklar. Dörner ergänzt aus dem Stammbaum desKönigs für Stele 15 Tryphaina und für 17 Antiochos’ Mutter Laodike.[69] Bruno Jacobs veröffentlichte eineandere Deutung der weiblichen Figuren,[72] beide sind im Folgenden dargestellt.

    Stele Name nach Dörner Name nach Jacobs

    14Kleopatra Thea, Gattin von Demetrios II.Nikator und Mutter von Antiochos VIII. Grypos

    Kleopatra (?) Tryphaina, Gattin von AntiochosVIII. Grypos und Tochter von Ptolemaios VIII.

    15Tryphaina, Gattin von Antiochos VIII. Gryposund Tochter von Ptolemaios VIII.

    Laodike, Gattin von Mithridates I. Kallinikos undMutter von Antiochos I.

    16Isias Philostorgos, möglicherweise Gattin vonAntiochos I.

    Isias Philostorgos

    17Laodike, Gattin von Mithridates I. Kallinikosund Mutter von Antiochos I.

    eine Tochter des Antiochos I., möglicherweiseLaodike, Gattin des Orodes II.

    Stelen der Verwandten

    Auf der Ostterrasse wurde hinter beiden Ahnenreihen je eine weitere, dreiteilige Reihe festgestellt. Beidiesen Reliefs waren keine Altäre vorgelagert. Es wird vermutet, dass darauf noch lebende Verwandte desKönigs abgebildet waren. Zwei teilweise erhaltene Skulpturen konnten bereits Humann und Puchstein beider nördlichen, väterlichen Ahnengalerie finden. Goell und Dörner schließen aus den Darstellungen vonzwei jüngeren, bartlosen Männern in kommagenischer Tracht und aus wenigen gefundenenInschriftenfragmenten, dass es sich um zwei Söhne des Königs Antiochos I. handelt, möglicherweiseAntiochos II. und Mithridates II. Von der dritten Stele sowie der entsprechenden südlichen Reihe sind nurspärliche Bruchstücke vorhanden, die keine Schlüsse auf die Abgebildeten zulassen.

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  • Vermutlich Söhne des Antiochos,

    links Antiochos II., rechts Mithridates

    II., Zeichnung von M. Lübke 1890

    Löwe am Nordwesteck der

    Altarplattform

    Plattform des Hauptaltars auf der

    Ostterrasse

    Ob auf der westlichen Terrasse ebenfalls solche Reliefs vorhandenwaren, ist nicht geklärt. Humann und Puchstein fanden eine Stele mitteilweise erhaltener Inschrift nahe der südlichen Ahnengalerie aufder Westterrasse, die sie dem Ende dieser Reihe zuordneten. Aus derInschrift konnte auf einen Mithridates geschlossen werden, den sieals den Vater des Königs interpretierten. Da jedoch die Titulatur desAntiochos hier derjenigen auf den anderen Stelen der Reihe nichtentsprach, außerdem bei Mithridates der Beiname Kallinikos fehlte,ist der Schluss möglich, dass diese Stele zu einer zweiten Reihegehört, die analog zur Ostterrasse lebende Angehörige desKönigshauses darstellt, hier vielleicht Mithridates II., den Sohn undNachfolger Antiochos’.[73]

    Hauptaltar

    Am Ostrand der östlichen Plattform,in Blickrichtung derMonumentalstatuen, befindet sicheine gestufte Plattform von13 × 13 Metern. Humann undPuchstein trieben bei ihrenGrabungen auf der Suche nach einemEingang zu der vermutetenGrabkammer des Königs einenGraben von Westen nach Osten durchden Sockel. Die Ausgräber um Goellkonnten 1973 den Pyramidenstumpfaus vorhandenen Sandsteinblöcken restaurieren. Er verfügte auf vier Seitenüber je fünf Stufen aus Sandsteinblöcken und erhob sich mindestens1,50 Meter über die Fläche des Hofes. Die zweite, breitere Stufe von untenging auf der Westseite in den anstehenden Felsen des Hofes über und bildetesomit einen Weg, der die Altarplattform auf allen Seiten umlief. Eine Mauer,die Humann und Puchstein auf der Ostseite zum Abhang hin fanden und für

    frei stehend hielten, schließt direkt an die unterste Stufe an und bildet eine Stützmauer. Auf der Westseite,zum Hof hin, entdeckten sie zwei weitere Mauern, die einige Meter in Richtung zum Hügel parallelverliefen. Über ihre Funktion herrschte Unklarheit, sie hielten sie für einen späteren Anbau. Die Gräber inden 50er-Jahren erhielten dann von ihren kurdischen Arbeitern die Auskunft, dass es sich um eine inmoderner Zeit errichtete Falle für die Wachteljagd handelte, und rissen die Mauern ab. Auf der Oberflächeder Plattform stand vermutlich ein Altarblock, möglicherweise ein persischer Feueraltar, der von Löwen undAdlern flankiert war. Eines dieser Tiere, einen 1.78 Meter hohen sitzenden Löwen, fanden die Gräber an derNordwestecke des Podiums und stellten ihn dort auf. Weitere Wächtertiere, insgesamt zwei Löwen und zweiAdler, kamen fragmentiert in dem Schutt um die Plattform ans Licht, den die Grabungsarbeiten derErstausgräber hinterlassen hatten. Die Tiere standen wahrscheinlich rechts und links des Feueraltars. Unterdem Schutt wurden einige Blöcke mit schrägen Flächen gefunden, die zu der Annahme führen, des der Altareventuell einen Giebel hatte.[74] Goell und Donald H. Sanders, der 1996 für die Herausgabe dergesammelten Forschungsergebnisse sorgte, sehen Ähnlichkeiten des Altars zu Darstellungen auf denFassaden der Felsengräber der achämenidischen Könige Darius I., Darius II., Xerxes und Artaxerxes I. inNaqsch-e Rostam. Dort ist eine gestufte Pyramide mit einem Feueraltar zu sehen, auf der ein König untereinem geflügelten Gott Ahura Mazda steht.[75]

    Nordterrasse

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  • Nordterrasse von Osten

    Die nördliche Terrasse unterscheidet sich von den anderen beidenhauptsächlich durch das Fehlen von skulpturalem Schmuck. Hauptmerkmalist eine etwa 86 Meter lange Reihe von Steinsockeln, die zur Ostterrasse hineinen keilförmigen Bereich von 56 Metern Länge und 32 Metern Breitezwischen Tumulus und Abhang sowie im weiteren Verlauf nach Westen hinein Rechteck von 5 × 28 Metern abgrenzt. Daran schließt sich dergeschotterte Weg zur Westterrasse an. Die Sockel stehen bis auf wenigeStellen lückenlos. Einige davon sind aus dem Felsen gearbeitet, dieMehrzahl besteht aus Sandsteinblöcken, von denen einige wegen derUnebenheiten des Geländes unterfüttert sind. Daneben liegen umgefalleneOrthostaten mit Zapfen, die, wie bei den Ahnen- und den Dexiosisreliefs, inein Loch des Sockels passen. Sie sind glatt und zeigen keinerlei Spuren vonReliefs oder Inschriften.

    Über die Funktion der daraus entstandenen Wand besteht keine Klarheit.Humann und Puchstein gingen davon aus, dass die Orthostaten nieaufgestellt waren und nahmen als Möglichkeit an, dass sie entweder nochmit Bildwerken versehen werden sollten oder dem Schutz vor den Nordstürmen dienen sollten.[76] AufGrund von Mörtelspuren in den Sockeln schlossen die Ausgräber um Goell und Dörner, dass die Steinefrüher tatsächlich darin standen und durch die gleiche Zerstörungskraft – Vandalismus oder Erdbeben – wiedie übrigen Monumente umgestürzt sind. Da die Steine nur durchschnittlich 30 Zentimeter dick sind undsomit ihrer Ansicht nach kaum für Reliefs geeignet waren, hielten sie die Wand für eine reine Abgrenzungder Nordterrasse und des den Hügel umlaufenden Prozessionsweges gegen den nördlichen Abhang.[77]

    Bruno Jacobs dagegen hält es für wahrscheinlicher, dass die Sockelreihe für weiteres Bildwerk gedacht war.Da die Breite der Steine unterschiedlich ist, schlägt er als Motive eine Götterprozession oder einen Opferzug

    vor mit Wagen, Gespann- oder Opfertieren.[32]

    Ungefähr 28 Meter vom westlichen Ende der Sockelreihe findet sich ein Durchgang von fast einem MeterBreite. Nördlich davon ist auf dem Abhang eine Rampe erkennbar, die das Ende eines nördlichen Zugangsvom darunterliegenden Tal bildet. Beidseitig der Rampe sind Reste von Mauern zu sehen, auf der östlichenSeite Spuren einer keilförmigen Plattform von grob 3 × 3 Metern. Bei den Grabungen kamen zudemBruchstücke einer Adlerfigur zutage, die hier, ähnlich wie auch am östlichen Eingang, gestanden hatte.[77]

    Wege und Eingänge

    Sowohl Hamdi Bey als auch Humann und Puchstein äußerten ihre Verwunderung, dass Antiochos, derzahlreiche Besucher an seiner Kultstätte erwartete, keine Zugangsrouten angelegt habe. Die Ausgrabungender 1950er und 1960er-Jahre konnten jedoch belegen, dass aus verschiedenen Richtungen dreiProzessionswege, genannt Propylaia Odos (griechisch προπύλαια ὁδός), auf den Gipfel führten. Im Ostentrafen sich zwei Routen, die aus Arsameia am Euphrat (Gerger) und von der Quelle des Nymphaios (KahtaÇayı) kamen, an einer anderen Quelle, die etwa eineinhalb Stunden Fußweg nordöstlich vomGipfelheiligtum lag. Von dort führte der teilweise natürliche, teilweise in den Felsen geschlagene Wegbergan zur Ostterrasse. Etwa 300 Meter unterhalb des Hierothesions wurde an dem Aufgang ein Sockel miteiner umgestürzten Inschriftenstele gefunden. In dem ausführlichen und gut erhaltenen Text stellt Antiochossich zunächst mit Abstammung, Beinamen und Titulatur vor, um dann den Ankömmling zu warnen. Werirrtümlich den Ort betrete, solle umkehren und sich in einem Tempel reinigen. Wer in feindlicher Absichtsich dem Heiligtum nähere, dem droht er die unfehlbaren Pfeile des Apollon und des Herakles in seinembösen Herzen an sowie bitteren Schmerz im Inneren seines alles Gute hassenden Wesens.[40] An der Stelevorbei führte der Pfad weiter bis zur Nordostecke der östlichen Terrasse, wo schließlich zwischen demgestuften Altar und der väterliche Ahnengalerie der Eingang zum Hof lag. Er wurde von einem sitzendenAdler auf einer Plattform bewacht, von dem allerdings außer den Umrissen der Klauen auf der Basis nurkleinste Bruchstücke erhalten sind.

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  • Ein zweiter Prozessionsweg kam im Westen vom Hierothesion des Mithridates Kallinikos in Arsameia amNymphaios. Er näherte sich dem Gipfel von Südwesten und passierte etwa 100 Meter unterhalb derWestterrasse den Standpunkt einer entsprechenden Stele, die 1955 gefunden wurde. Trotz deren sehrbrüchigem Zustandes konnte Dörner feststellen, dass der Text der Inschrift demjenigen vom östlichenPropylaia Odos gleicht. Von dort schwenkte der Weg nach Nordwesten und verlief unterhalb der Stützmauerder griechischen Ahnenreihe, um anschließend an deren Nordende mit einer Kehre auf die Terrasse zuführen. An diesem Eingang wurde ein größeres Fragment eines über zwei Meter großen sitzenden,dreiköpfigen Löwen ergraben, der vermutlich dort als Wächterfigur stand.

    Auch zur Nordterrasse führte ein erkennbarer Propylaia Odos vom Tal des Kahta Çayı herauf. Er war vorallem im letzten Stück vor dem Eingang, wie oben beschrieben, deutlich ausgebaut und von Mauern undeiner Plattform flankiert, auf der ebenfalls ein Wächtertier, hier der Adler, stand. Etwas unterhalb desEingangsbereichs wurde 1955 eine weitere Stele und unweit davon auch ein entsprechender Sockelgefunden. Sie wies keine Spuren von Beschriftung auf, der Fundplatz wäre laut Goell und Sanders allerdingsder logische Platz für eine Propylaia-Inschrift.

    Um den gesamten Hügel führte ein geschotterter Prozessionsweg. Vor den beiden Hauptterrassen teilte ersich und führte sowohl auf die Höfe, wo die Kulthandlungen stattfinden sollten, als auch hinter dieMonumentalstatuen, wo die große Nomos-Inschrift zu lesen war.[78]

    Grabkammer

    Aus der großen Kultinschrift des Antiochos geht eindeutig hervor, dass sein Körper auf dem Gipfel desNemrut Dağı bestattet werden sollte. Seine Grabkammer konnte jedoch trotz zahlreicher Versuche nochnicht gefunden werden. Bereits Humann und Puchstein fanden bei ihren Untersuchungen Spuren vonfrüheren Grabungsversuchen an verschiedenen Stellen des Tumulus.[79] Sie vermuteten den Eingangaußerhalb des Schotterhügels und öffneten den Stufenaltar auf der Ostterrasse, wobei sie auf der Suche nacheinem Dromos (Eingangskorridor) einen Graben von Ost nach West durch die Plattform trieben. FriedrichKarl Dörner hatte 1956 in Arsameia den großen Felsgang bei Sockelanlage II mit Hilfe vonBergbauingenieuren der Firma Siemens erfolgreich freigelegt. Unter deren Anleitung begannen Arbeiter,hinter der Monumentalstatue des Zeus Oromasdes auf der Ostseite einen Stollen in den Hügel zu treiben,stießen jedoch bald auf den gewachsenen Felsen. Auch an zahlreichen anderen Stellen am Tumulus warenGrabungsversuche erfolglos.[80]

    In den Jahren 1963 und 1964 kamen bei der Suche verschiedene geophysikalische Methoden zurAnwendung. Zunächst untersuchte der Geologe und Geophysiker Maurizio Girelli von der Fondazione Ing.C. M. Lerici del Politecnico di Milano den Berggipfel mittels Refraktionsseismik und geoelektrischenWiderstandsmessungen. Im nächsten Jahr stellte der Geophysiker Jeremy R. Hutt mit Unterstützung vonDynaMetric Inc. aus Pasadena, California, weitere Messungen an, nun bezüglich des Erdmagnetfelds undder Gravitation, sowie nochmals seismische Messungen, diesmal unter veränderten Voraussetzungen, undschließlich mittels Metalldetektoren. Lediglich die Schwerkraft- und Magnetfeldmesswerte zeigten eineAnomalie im Bereich der Ostterrasse. Bei Probebohrungen stellte diese sich jedoch als natürlichenUrsprungs heraus. Die seismischen Untersuchungen erbrachten zwar ein Bild des gewachsenen Felsensunter dem aufgeschütteten Schotter, ein Hinweis auf einen Dromos oder eine Grabkammer kam nichtzustande.[81] Radaruntersuchungen, die für 1976 geplant waren, kamen wegen Geldmangels nicht zurDurchführung. Das Nemrut-Dağı-Projekt von Sencer Şahin führte in den späten 1980er-Jahren erneutegeophysikalische Untersuchungen durch, die weitere Informationen über die Struktur des Gipfelserbrachten, jedoch wiederum keinen Hinweis auf die gesuchte Kammer.[82]

    Ikonografie

    In den Darstellungen von Göttern und Menschen finden sich zahlreiche ikonografische Elemente, die sich

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  • der achämenidischen oder iranischen Kultur einerseits und der makedonischen, griechischen oderseleukidischen andererseits zuordnen lassen. Zu diesen Elementen zählen Kleidung, Ausstattung,Bewaffnung und Schmuck.

    Einige dieser Merkmale sind westlicher und östlicher Kultur gleichzeitig zuzurechnen. Dazu gehörtbeispielsweise das von fast allen Personen, männlich wie weiblich, Herrschern und Göttern getrageneDiadem. Unterschiede zeigen sich in der Ornamentierung, bei den iranischen Herrschern finden sich Adler,Löwen, Blitzbündel oder einfache Scheiben als Schmuck, während das, auch von Münzen bekannte,seleukidische und hellenistische Diadem glatt ist. Das persische Diadem wird über der Tiara getragen, daswestliche dagegen direkt auf dem Haar oder der Stirn. Als Verschluss am Hinterkopf findet sich in allenFällen der Heraklesknoten. Ebenfalls in beiden Kulturkreisen taucht die um den Bauch liegende Schärpeauf, bei Persern verziert, unter anderem mit Eichenlaub, und bei Seleukiden schmucklos. Das Szepter findetsich ebenso wie das Schwert sowohl bei Griechen wie bei Persern, wobei letzteres bei den SeleukidenSchmuckgravuren und verzierte Griffe aufweist.[83]

    Zu den Ausstattungselementen persischer Art zählen bei der Kleidung Stiefel, ein Umhang, die persischeTunika, Hosen, Tiara und Harnisch. Die einfachen Stiefel, bei den Göttern teilweise mit Eichenblätternverziert, sind achämenidischen Ursprungs und von zahlreichen Abbildungen aus Persepolis bekannt. BeimUmhang handelt es sich bei den ersten fünf Ahnen, den altpersischen Königen, um den als Kandysbekannten achämenidischen Mantel. Die späteren Ahnenfiguren ebenso wie die Monumentalstatuen auf derOstseite tragen einen schweren Umhang, der möglicherweise hellenistischen Vorbildern nachempfunden ist.Die darunter getragene persische Tunika, die die Sitzstatuen der Ostterrasse tragen, ist ebenso wie die in denStiefeln steckende Hose nur schwer zu erkennen. Kopfbekleidung ist die persische Tiara, deren Ohren undNackenklappen herunterhängen. Sie ist meist mit Sternenmustern geschmückt. Bei den ersten fünfachämenidischen Ahnen sowie den Göttern ist die Spitze der Mütze nach vorn gekippt, bei den späteren,iranischen Vorfahren ist die Kopfbedeckung, soweit erkennbar, gerade. Als einziger trägt Antiochos einearmenische Tiara, die oben in fünf spitzen Dreiecken ausläuft. Auch auf Münzen und allen anderenDarstellungen ist er damit abgebildet. Die persische Tiara ist von Bildern aus Persepolis bekannt und war beiden Griechen das Zeichen der persischen Königswürde. Der Harnisch, den die väterlichen Vorfahren abStele 6 tragen, ist aus Leder und vollständig mit Sternen oder Rauten, gelegentlich auch floral dekoriert.

    Schmuck und Bewaffnung der iranischen Seite bestehen aus Broschen, Halsringen, einem einfachenArmband, Phialen und einem Dolch. Die Broschen halten die Umhänge zusammen und sind meist, außer beiden westlichen Monumentalstatuen, in doppelter Ausführung vorhanden. Bei den altpersischen Ahnen (Stele1 bis 5) sind sie rund oder oval ohne Ornament, bei den späteren (6 bis 15) herzförmig und mit Blitzbündelnund Adlern geschmückt. Mehrere persische Vorfahren tragen einen vorn offenen Halsring (Torques). Einähnliches Schmuckstück ist beim Achämenidenkönig Dareios III. auf dem Alexandermosaik aus Pompeji zuerkennen. Die ältesten fünf persischen Herrscher halten in der rechten Hand eine Phiale, wie sie auszahlreichen Funden bekannt ist, aus der sie Trankopfer darbringen. Die späteren halten stattdessen, soweiterhalten, einen Dolch, dessen Scheide an der rechten Hüfte hängt. Das letzte orientalische Element ist deraus der zoroastrischen Religion stammende Barsom, ein zusammengebundenes Zweigbündel, das die fünfaltpersischen Ahnen in der linken Hand halten, ebenso die männlichen Götterstatuen außer Herakles, derseine Keule hält.[84]

    Von den Ausstattungsstücken, die dem westlichen Kulturkreis zuzuordnen sind, sind einige makedonischaus der Zeit Alexanders. Von den Kleidungsstücken ist zunächst der Har