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DIE NACHT | 2014 | ACRYL, KREIDE AUF LEINWAND | 180 X 240 CM DANIEL HARMS FALSCHE HELDEN ODER MUTIGE IRRE

Daniel Harms | Falsche Helden oder mutige Irre

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DANIEL HARMSFalsche helden oder mutige irre

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david and goliath | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm leda and the swan | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

gemälde / studie | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

„IcH wüRDE MIcH voR ALLEM ALS ExpRESSIoNIStEN EMpfINDEN!“ daniel harms neue Bildserie Falsche helden oder mutige irre

die Bezugnahme auf den expressionismus war von daniel

harms nicht stilistisch gemeint. unser gespräch drehte sich

zunächst um vermeintliche einflüsse der street- oder urban art.

das wurde er bereits mehrfach gefragt. doch tatsächlich würde

er mit dieser szene überhaupt nichts zu tun haben. er sei froh,

wenn er nicht die wohnung verlassen müsse. wenn sein werk

kategorisiert werden solle, dann eben als entäußerung seines

innenlebens - als seelenmalerei.

derart unverstellt habe ich schon lange keinen Künstler mehr

über seine werke reden hören. daniel harms hat auch nicht die

diskursschmiede einer Kunsthochschule durchlaufen, in der

das kreative denken und machen im hohen maße konsensua-

lisiert wird. sein Zugang in die Kunst lässt sich als klassischen

Quereinstieg beschreiben. sozialisiert wurde er im Kontext der

metal-musik, und vermittelt durch seine lebensgefährtin, die

freie Kunst an der an der Kunsthochschule weißensee studiert

hatte, begann er 2006 zu malen. seit 2007 leben beide zusam-

men in Berlin.

tatsächlich ist daniel harms‘ direkte, unverfälschte haltung

gegenüber dem medium malerei in mehreren aspekten durch-

aus vergleichbar mit dem anti-akademismus der urban art: die

Flächigkeit und Zeichenhaftigkeit seines vokabulars verbunden

mit texteinschlüssen als poetische exklamation, in denen sich

sowohl comics als prägendes genre manifestieren als auch die

visuellen einflüsse von werbeplakaten. schließlich auch die oft

rauschhafte geschwindigkeit seines schaffens, das sich ohne

vorzeichnungen im direkten dialog mit der leinwand vollzieht.

nicht denken, sondern machen - als möglichst authentischer

ausfluss innerer regungen! trotz der poppigen heiterkeit der

Farben und der virtuosität seines strichs ist daniel harms‘ Kunst

von einem gänzlich ironiefreien Pathos geprägt. dem jungen

mann sind die dinge, mit denen er sich beschäftigt, sehr ernst,

und das gespräch mit ihm über seine Bilder führt schnell in

Bereiche, die so persönlich, ja geradezu intim sind, dass er sie

dann doch nicht preisgeben möchte.

in diesem sinne lässt sich die aktuelle, acht Bilder umfassende

werkserie „Falsche helden oder mutige irre“ als Form der

abstraktion oder auch entlastung von dem allzu-menschlichen

seines künstlerischen Zugriffs beschreiben. die auseinanderset-

zung mit acht meisterwerken bzw. meistern der Kunstgeschichte

(caravaggio, rubens, goya, schiele, Beckmann, Bacon, Pollock,

Picasso) beschreibt er selbst in musikalischer Begrifflichkeit als

„remastering“, also als neuinszenierung eines stoffs, was sich im

unterschied zu einer coverversion durchaus weit von der vor-

lage entfernen kann. so ist innerhalb von harms‘ serie lediglich

rubens‘ „leda“, die im Übrigen auf einem stich von miche-

langelo zurückgeht, als motivtreu zu bezeichnen, während

etwa Pollocks weitgehend abstraktes Bild „male and Female“

von 1942 in die wild-sexualisierte szene eines Kentaurenritts

übertragen wurde, deren Bezug auf die inspirierende Quelle

ausschließlich inhaltlich gedeutet werden kann. gleichsam als

Kommentar dazu ist in harms‘ gemälde zu lesen: „manchmal

werden unsere erwartungen von Fantasien betrogen“.

die im vorgang der aneignung der motive herrschenden

ambivalenz zwischen arroganz und demut wird von harms

sehr genau reflektiert. er sampelt das material im vorgang der

Zerstückelung und neu-arrangierung. der hochmut liegt in

der prinzipiellen herangehensweise, im abarbeiten und Über-

winden von künstlerischen väterfiguren. lust, ekstase, tod und

schuld sind dabei die vorherrschenden register. und an dieser

stelle wird der Zugang in die Bildwelt des daniel harms wieder

außerordentlich persönlich, verletzlich und eben demutsvoll.

er spricht davon, dass die dinge ihm „vor dem herzen stehen“.

harms antwortet mit seiner schieren existenz auf die Bilder

der vergangenheit. unter diesen Blickwinkel werden vor allem

seine Bildinterpretationen von goyas „saturn frisst seine Kin-

der“, caravaggios „david und goliath“ oder auch Beckmanns

schauriger „nacht“ zu dokumenten psychologischer verwer-

fungen, zu denen die sprache der Kunstkritik keinen Zugang

mehr hat.

marc Wellmann, 2014

marc wellmann ist seit april 2013 künstlerischer leiter von

Berlins ältestem Kunstverein, dem haus am lützowplatz – För-

dererkreis Kulturzentrum e.v. davor war er fast fünf Jahre lang

ausstellungsleiter am georg-Kolbe-museum in Berlin-westend.

er studierte Kunstgeschichte und amerikanistik an der Freien

universität Berlin (Fu) und promovierte 2004 an der universität

der Künste (udK). von ihm gibt es zahlreiche Publikationen v.a.

zu zeitgenössischer Kunst, außerdem lehrt er an der Fu sowie

der udK.

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saturn devouring his son | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm weiBlicher aKt | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

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david and goliath | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

die nacht | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

gemälde / studie | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

leda and the swan | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

male and Female | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

minotaur | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

saturn devouring his son | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

weiBlicher aKt | 2014 | acryl, Kreide auF leinwand | 180 x 240 cm

Daniel Harms | 1980 in hamburg geboren, lebt und

arbeitet seit 2007 in Berlin. nach der schule absolviert er

zunächst eine ausbildung zum einzelhandelskaufmann,

verlässt früh sein elternhaus und beginnt eine bürgerliche

Karriere. nach sechs Jahren bricht er mit seinem bishe-

rigen leben, kündigt seine stelle und es beginnt eine Zeit

‚im Zeichen des rock‘n roll‘. Jahrelang spielt er in Bands

gitarre. als er durch einen schweren unfall ein Jahr lang

ans Bett gefesselt ist, wendet er sich inspiriert von seiner

Freundin, die selbst Künstlerin ist, dem malen zu. als auto-

didakt ist seine Kunst bis heute ventil und ausdruck innerer

regungen und seines bewegten werdegangs. Falsche hel-

den oder mutige irre ist nach redux und hold tight seine

dritte große werkserie. daniel harms hat bisher vor allem

in Berlin und istanbul ausgestellt und war dort auch auf

Kunstmessen vertreten.