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danube connects 01 I 13 1 connects danube das magazin für die donauländer Sonderausgabe zum Thema Kultur im Donauraum 1 | 2013 Über Kultur sprechen: die 1. Donau-Kulturkonferenz Sich für Kultur engagieren: das Müszi in Budapest Ganz schön bunt! Kulturelle Vielfalt entlang der Donau

danube connects - das magazin für die donauländer, 1/2013

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Sonderausgabe über kulturelle Vielfalt entlang der Donau.

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Über Kultur sprechen: die 1. Donau-Kulturkonferenz

Sich für Kultur engagieren:das Müszi in Budapest

Ganz schön bunt!Kulturelle Vielfalt entlang der Donau

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Wir bieten Informationen und Bilder aus der internationalen Presse über Politik, Tourismus und Kultur im Donauraum. Zudem halten wir Sie auf dem Laufenden über die Donau-raumstrategie und die unterschied-lichen Veranstaltungen entlang der Donau. Am besten schauen Sie gleich mal vorbei.

Sie haben interessante Infos über den Donauraum?

Schicken Sie den Link einfach an [email protected].

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Liebe Leserinnen und Leser,

ie kann man die Kultur im Donauraum umfassend präsentieren? Aus einer Region, die so vielfältig ist in ihren Stilricht-ungen, Sprachen, Ethnien und Religionen. Ganz einfach: Es geht nicht. Also haben wir eine Auswahl getroffen, um einen Eindruck von dem facettenreichen Spektrum, den unterschiedlichen Zielen und Ansätzen der Künstler zu vermitteln.

Wir sprachen mit Regina Hellwig-Schmid, der Initiatorin der donumenta Regensburg und Kennerin der südosteuropäischen Kunstszene,und mit Ben Mergelsberg, einem jungen Filme-macher aus Berlin, dessen Film „Danube Sounds“ kürzlich Premiere feierte. Weiter entlang der Donau erfuhren wir etwas

über den „ästhetischen Ungehorsam“ der Budapester Kunstszene und warfen einen Blick auf die Kulturszene der bulgarischen Stadt Ruse,die ambitioniert daran arbeitet, Kulturhauptstadt 2019 zu werden.

Natürlich darf in einer Kulturausgabe von danube connects das Donau-fest Ulm/Neu-Ulm nicht fehlen. Bringt es doch alle zwei Jahre Künstler aus allen Donauländern zusammen – und das seit 1989. Zur 1. Interna-tionalen Donau-Kulturkonferenz in Ulm trafen sich weniger Künstler, dafür zahlreiche Akteure aus dem kulturellen Bereich. „Cui bono?“, fragt sich unser Autor Thomas Zehender und liefert interessante Antworten.

Viel Lesevergnügen und gute Anregungen wünschen Ihnen

Andrea Toll & Sabine GellerChefredaktion und Initiatorinnen danube connects

danube connects gibts auch auf Facebook!

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Donau

DEUTSCHLAND TSCHECHIEN

ÖSTERREICH

SLOWAKEI

UNGARN

SLOWENIEN

KROATIEN

BOSNIEN-HERZEGOWINA

SERBIEN

RUMÄNIEN

UKRAINE

BULGARIEN

ITALIEN

MOLDAWIEN

Ulm

Neu-Ulm

Regensburg

LinzWien Bratislava

Budapest

LublijanaZagreb

Novi Sad

Belgrad

Osijek

Bukarest

Sofia

Rom

Kischinau

Sarajewo

Tulcea

KULTUR KENNT KEINE GRENZENÜber die erste Internationale Donau-Kulturkonferenz in Ulm..................6–7

DER DONAURAUM MUSS NEU VERMESSEN WERDENsagt Regina Hellwig-Schmid im Interview.............................................8

ARS ELECTRONICA CENTER LINZAuf virtueller Entdeckungsreise............9

RECLAIMING BUDAPESTWie die Budapester Kulturszene nach Alternativen sucht......................10–11

DEUTSCHE SPUREN IN DEN DONAULÄNDERNBald im Internet: ein historisch-touris-tischer Reiseführer..........................12

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Kultur kennt keine Grenzen

Inhalt

10Reclaiming

Budapest

DANUBIUS UND SEINE KAMERADENDie Wanderausstellung der EDA zeigt einzigartige paläolithische Funde .....24

RUDERBOOTE UND MUSIK beim Rowmania-Festival im September in Tulcea ..........................................20

FRESH DANUBE FILMS BEIMFILM FESTIVAL NOVI SADEin Projekt für junge Filmemacher...20

TERMINE........................................19

IMPRESSUM...................................19

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Impressionen aus Kroatien

Ruse - Klein-Wien in Bulgarien

Donaufest Ulm/Neu-Ulm

RUSE – EINE KULTURSTADT, DIE ES NOCH ZU ENTDECKEN GILTDie nordbulgarische Stadt an der Donau hat viele Facetten...........13–15 DONAUFEST – VOM BRÜCKEN-SCHLAG IN DEN OSTEN NACH EUROPAWas sich im Laufe der Donaufeste verändert hat ............................16–17

DAS DONAUFEST BEKOMMT VERSTÄRKUNG Im September findet das erste Donau-fest in Bratislava statt......................18

DIE GERÄUSCHE DER DONAU„Danube Sounds“ heißt der neue Film von Ben Mergelsberg.................20–21

DONAU-IMPRESSIONEN AUS KROATIENSo sieht der Fotograf Damir Rajle die Donau...................................22–23

Danube Sounds

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Kunststaatssekretär Jürgen Walter: „Mit der Konferenz will das Land Ba-den-Württemberg ein nachhaltiges Zei-chen für die Notwendigkeit einer ver-stärkten kulturellen Zusammenarbeit im Rahmen der Donauraumstrategie der Europäischen Union setzen.“ Europaminister Peter Friedrich: „Die Tatsache, dass Baden-Württem-berg mit seiner weitreichenden Donau-Initiative als einziges Land im Donau-raum eigene Projektmittel bewilligt hat, stieß im ganzen Donauraum auf große Aufmerksamkeit.“

Erhard Busek, früherer österreichi-scher Vizekanzler: „Zu den Bedin-gungen eines europäischen Flusses gehört, dass wir uns kennen. Dafür gab es in den Workshops zahlreiche Ideen: Gründung von Instituten, in denen Donausprachen gelehrt wer-den, Gründung von Archiven, um die gemeinsame Geschichte zu bewahren und aufzuarbeiten, Errichtung von Do-naumuseen, eine Kulturgeschichte des Donauraums, eine Enzyklopädie der Sprachen, mehrsprachige Medien, in-terkulturelle Theatergruppen.“

Ivo Gönner, Ulmer Oberbürgermei-ster: „Die Kultur kann eine große Rolle spielen gegen den Nationalismus, mehr noch als Politik und Wirtschaft, denn die Kultur kennt keine Grenzen.“ Ilma Rakusa, Schweizer Literaturwis-senschaftlerin, Schriftstellerin und Lite-raturübersetzerin: „Ja, es braucht Initi-ativen, um in schwierigen, vor allem in Mittel- und Südosteuropa äußerst kri-senhaften Zeiten einen gemeinsamen Kulturraum zu etablieren, der das Ver-bindende statt das Trennende betont. Der Fluss – mag er auch vielerorts als Grenze dienen – kennt selber keine Grenzen, er sollte uns Vorbild sein.“

Kultur kennt keine Grenzen

Die 1. Internationale Donau-Kulturkonferenz fand Mitte April 2013 in Ulm statt. Sie wurde veranstaltet vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg in Kooperation mit der Eu-ropäischen Donau-Akademie. Auf der zweitägigen Veranstaltung ka-men neben namhaften Referenten zahlreiche Akteure aus dem kul-turellen Bereich der Donauanrainerländer zusammen. Behandelt wurden Fragen der kulturellen Identität im Donauraum, die Notwen-digkeit zur Etablierung eines Kunst- und Kulturnetzwerks Donau, und es wurde nach der Bedeutung der Kulturförderung bei der Entwick-lung der Zivilgesellschaft im Donauraum gefragt.

Peter Friedrich, Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten

Ivo Gönner, Oberbürgermeister Stadt Ulm Erhard Busek, Vorstand des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa

Jürgen Walter, Staatssekretär Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Donau-Kulturkonferenz

Mehr Krawattenträger als Künstler – das war der erste Eindruck von der 1. Donau-Kulturkonferenz in Ulm, bei der die Frage aufdrängte: Cui bono? (Wem nützt es?) Vordergründig den Ver-anstaltern und der Stadt, die mit diesem Event Werbung in eigener Sache ma-chen. Aber worin liegt der Nutzen für Kultur und Künstlern in den Donaulän-dern? Möglicherweise liegt der Nutzen einzig in der Erkenntnis, dass es weder eine übergreifende Donaukultur noch eine Donau-Identität gibt. Gerade darin liegen aber Reiz und Chance: Kaum eine andere europäische Region bietet eine derartige Vielfalt an Stilrichtungen und Sprachen, Religionen und Ethnien; sie steht für das Motto „United in diversity“ der Europäischen Union.Die Kulturkonferenz in Ulm und ihre Nachfolgeveranstaltung in Novi Sad im kommenden Jahr werden zeigen, ob es

gelingt, Initiativen auf längere Sicht zu fördern und zu etablieren, die tatsäch-lich Kunst und Künstlern nutzen, ihrer Präsentation und Verknüpfung. Posi-tive Beispiele finden sich bereits in den Mitgliedsländern der Donauraumstrate-gie: Das Donaufest 2014 in Ulm könnte sich unter dem Sparzwang verstärkt um noch unentdeckte, junge Künstler bemü-hen anstatt auf große Namen zu setzen. Die Akademie Schloss Solitude bei Stutt-gart bietet jungen Künstlern attraktive Stipendien und Arbeitsmöglichkeiten. Im bulgarischen Ruse macht die Elias-Canetti-Stiftung trotz geringen Budgets mit anspruchsvollen Veranstaltungen auf sich aufmerksam. Erfolgsgeschichten sind die donumenta in Regensburg oder die Wanderausstellung „Der Mensch. Der Fluss“, welche die bildende Kunst in den Donauländern zu den Menschen gebracht haben. Ein „Europäisches Haus

der Donau-Kulturen“ an einem festen Ort kann dies kaum leisten, ist in Zeiten der Neuen Medien ein veraltetes Modell und verschlingt ohnehin knappes Geld für Personal, Verwaltung und Unterhalt.

Der größte Nutzen für die Kultur be-stünde letztlich darin, dass sich Kon-ferenzen bald als überflüssig erweisen, weil Künstler und Kulturinitiativen ihre Sache selbst in die Hand nehmen und die frei werdenden Gelder in eine Donau-Kulturstiftung fließen, die konkrete Pro-jekte statt staatstragende Konferenzen fördert. An künstlerischer Kreativität herrscht kein Mangel, auf offizieller Sei-te braucht es etwas Mut: Die Krawatten dürfen schon mal gelockert werden.

Thomas Zehender, UlmFreier Journalist und Texter

Die Krawatten lockern, bitte! Kommentar

Ilma Rakusa bei der Eröffnung der Donau-Kulturkonferenz in Ulm

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Im April fand die 1. Donau Kultur-konferenz statt. Welche neuenImpulse gab es dort für Sie?

Viele Begegnungen, neue und alte, alle konzentriert auf den Donauraum, bei denen sich sofort wieder Projektideen und Diskussionen über mögliche Koo-perationen und die Lust am Austausch entwickelten. Dabei zeigte sich, dass – trotz aller virtuellen Netze – die per-sönliche Begegnung nach wie vor der „Königsweg“ ist, etwas anzustoßen.

Wie beurteilen Sie die Situation für Künstler in den Donauländern?

Die Situation der Künstler im den Do-nauländern scheint insbesondere in den politisch instabilen Ländern nicht einfacher geworden zu sein, wenn wir von der Reisefreiheit absehen. Warum sonst würden immer noch viel zu viele ihren Lebensmittelpunkt in westliche Länder verlagern? Sicherlich spielt auch die Hoffnung, dort den aktu-ellsten und fortschrittlichsten Stand der Künste zu finden, eine Rolle. Ich befürchte nur, dass die Künstler ihre Wurzeln aufgeben und ihre Funktion als Kulturbotschafter ihrer Heimatlän-der und Kulturmittler zwischen diesen immer mehr verlieren werden.

Wie geht es nach der donumenta weiter?

Es ist ja nicht „nach der donumenta“. Nach der donumenta kann allenfalls bedeuten, dass eine Form des Austau-sches und der Präsentation von Positi-onen der aktuellen Kunstszenen – die bisherigen binationalen donumen-ta–Veranstaltungen – dringend nach Erweiterung in den supranationalen Raum rufen. Dass der Donauraum und seine ersten, noch recht voluntaristisch und grob geknüpften Netze engere Kontakte – „Maschen“ – bekommen, bis sie den Donauraum als künstle-rischen rekonstruieren und gegen fremde Funktionalisierung immunisie-ren. In diesen Prozess begibt sich der Verein donumenta gerade, erweitert seine Plattform für Kunst und plant internationale Projekte und Koopera-tionen. Wir haben in den letzten zehn Jahren sehr viele Projekte angestoßen, sehr viele Menschen im Donauraum zusammengebracht, ein großartiges Netzwerk der Kulturschaffenden aufgebaut, da gibt es einfach keinen Schlusspunkt. Und das ist gut so!

Mit der erfolgreichen Jubiläumsaus-stellung im letzten Jahr 14 x 14 Ver-messung des Donauraumes. Positi-onen in der Kunst hat die donumenta ihren Radius bereits auf die 14 Länder erweitert, die im Fokus der Donau-

raumstrategie stehen. Wir konnten die bedeutendsten Künstler der Region einladen, uns einen persönlichen Blick auf ihr Land zu gewähren, daraus ist eine brilliante Fotoausstellung entstan-den, die als Wanderausstellung im ge-samten Donauraum zu sehen sein soll.

Welche Vorraussetzungen müssen geschaffen werden, damit grenzüber-greifende Projekte entstehen und um-gesetzt werden können?

Der Donauraum, nun aus politischen oder eurostrategischen Zielen wesent-lich erweitert, muss dementsprechend auch gänzlich neu „vermessen“ wer-den. Längst haben die Staaten, natio-nalen Ökonomien und Tourismusin-dustrien ihre Zielmarken gesetzt. Die Kunst muss sich beeilen, ihren univer-sellen Anspruch nicht nur anzumel-den, sondern so „vermessen“ zu sein, dass sie zu den hastig in die Welt ge-setzten Vereinnahmungen den ruhigen Blick auf die gemeinsamen Werte und Wünsche jenseits aller Zweckbin-dungen gewinnt. Die Voraussetzung für Kunst und Kultur, für Künstle-rinnen und Künstler bleibt immer die gleiche: Freiheit für ihre Wege, Unab-hängigkeit von Einflussnahme, Sicher-heit der Existenz.

Andrea Toll, danube connects

Interview

Der Donauraum muss neu vermessen werden

Im Gespräch: Regina Hellwig-Schmid, Künstlerin und Initiatorin derdonumenta Regensburg, und Andrea Toll

Behutsam eingebettet in das traditio-nelle Brucknerfest sorgte das erste Ars Electronica Festival im Jahr 1979 mit einem Multimedia-Ereignis namens Linzer Klangwolke nachhaltig für Auf-sehen. Heute zählt die Klangwolke zu den etablierten kulturellen Events in Linz und das Ars Electronica Center die meisten Besucher aller Museen – trotz Konkurrenz durch das ebenfalls ambi-tionierte Lentos Kunstmuseum.Das Ars Electronica Center schlägt den Bogen von Kunst zu Wissenschaft, ver-bindet digitale Technologie mit gesell-schaftlichen Fragen. „Ein Ort, an dem man entdecken und forschen kann, ex-perimentieren und erkunden, ein Ort, der sich die Welt von Morgen als Bühne ausgesucht hat und Einflüsse aus vie-len verschiedenen Denk- und Betrach-tungsweisen bündelt und präsentiert“, so beschreibt sich das Haus selbst, des-sen Träger die Stadt Linz ist. Stets sind mehrere Ausstellungen gleichzeitig zu sehen zusätzlich zur Dauerausstellung „Neue Bilder vom Menschen“.Nur wenige Schritte trennt das Ars Electronica Center vom nördlichen Kopf der Nibelungenbrücke und dem Donauufer im Stadtteil Urfahr. Was

liegt also näher, als die Donau ins Haus zu holen? Die Künstlergruppe um den Japaner Hideaki Ogawa hat dazu eine beeindruckende, 25 Meter lange Instal-lation mit dem Titel BLUE geschaffen, die in Echtzeit Fließgeschwindigkeit, Wellenbildung und Wasserspiegel der Donau visualisiert. Je nach Tages- und Jahreszeit verändert sich BLUE. Bei Hochwasser steht den Betrachtern die Donau bildlich bis zum Hals, bei Nied-rigwasser im Sommer erreicht sie nur Kniehöhe. Besonders reizvoll: Die In-stallation befindet sich unterhalb des Wasserspiegels der Donau. Immer wie-der schwimmen Blasen vorbei, die im Internet ständig Daten zum Fluss und seiner Umgebung aufnehmen. Wenn Besucher sie berühren, zerplatzen sie und geben ihre Informationen ab. Alles fließt: Zeit, Wasser und Information – eine Installation, die rasch ihre medita-tive Wirkung entfaltet und zum Nach-denken anregt.Wer es spektakulärer mag, begibt sich im Ars Electronica Center in den „Deep Space“ auf eine virtuelle Reise. Acht HD-fähige Beamer projizieren gesto-chen scharfe Bilder, Filme oder Anima-tionen im Format von 16 auf 9 Meter

auf Wand und Boden; eine zusätzliche Aussichtsplattform in fünf Meter Höhe macht das dreidimensionale Erlebnis vollkommen. Die Daten für den welt-weiten virtuellen Trip durch Raum und Zeit liefert die 2004 veröffentlich-te Software „NASA World Wind“. Sie verbindet Satelliten- und Luftbilder mit Höhendaten und platziert sie auf einem künstlichen Globus, sodass der Betrach-ter detaillierte und wirklichkeitsgetreue Darstellungen aus den verschiedensten Gegenden der Welt erhält. Über eine offene Schnittstelle kann NASA World Wind ergänzt werden um weitere Bil-der, Reiserouten, Sehenswürdigkeiten oder Städtenamen. In Windeseile im Tiefflug der Donau entlang gleiten, den Fluss von der Mündung bis zum Delta aus der Vogelperspektive betrachten im Format 16 auf 9 Metern einschließlich passendem Sound – NASA World Wind macht’s möglich. Bei einem anschlie-ßenden Spaziergang draußen entlang des Donauufers in Urfahr klingt das faszinierende virtuelle Erlebnis in der realen Umgebung nach.

Thomas Zehender, UlmFreier Journalist und Texter

Eine trockene Torte, die den Namen der Stadt trägt, und grauer Staub aus dem Stahlwerk an der Donau prägten bis vor wenigen Jahrzehnten das Image der ober-österreichischen Landeshauptstadt Linz. Den Wandel zur international beachteten Kulturstadt förderte vor allem das 1996 eröffnete Ars Electronica Center, das sich als Museum der Zukunft versteht, Forschungslabor eingeschlossen.

Auf virtueller Entdeckungsreise im

Ars Electronica Center in Linz

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Der Budapester Heldenplatz: histo-rischer Schauplatz und touristischer Anziehungspunkt, eingerahmt vom Museum der Bildenden Künste und der Kunsthalle, den zwei größten staatli-chen Kunsteinrichtungen der Stadt. Hier inszenierte sich der ungarische Künstler Tibor Horváth 2013 selbst. Ein Demonstrationsschild in seiner Hand, bedruckt mit Parkbäumen, verdeckte exakt die real dahinter liegende Kunst-halle. Horváths Arbeit ist eine Reaktion auf die jüngsten kulturpolitischen Ent-wicklungen in Ungarn, im Zuge derer zunehmend inhaltliche Einflussnah-me auf die Künste ausgeübt wird. Zu Beginn des Jahres trat der damalige Leiter der Kunsthalle, Gábor Gyulás, unter Druck der staatlich unterstütz-ten, rechts-konservativen ungarischen Kunst-Akademie (MMA) zurück. Anlass war eine von ihm kuratierte, kritisch-humoristische Ausstellung zur unga-rischen Identität gewesen.

Eine Fotografie der Aktion Tibor Hor-váths wurde im März 2013 Teil eines besonderen Ausstellungsprojektes. Unter dem Titel „HG60 – aesthetic disobedience“ versammelten die Kura-torinnen Krisztina Hunya und Bea Ist-vánkó eine Auswahl an Kunstwerken aus der umfassenden Sammlung des ungarischen Ökonomen Gábor Hunya, anlässlich dessen 60. Geburtstages. Die Werke ungarischer und rumänischer Künstler entstammen unterschied-lichen historischen Kontexten von den 60er Jahren bis heute. „Leitgedanke der Ausstellung war die Präsentation von künstlerischen Reflexionen auf ein zeit-aktuelles Geschehen. Vergangenheits-bewältigung sollte dabei bewusst keine Rolle spielen,“ so Kuratorin Hunya.

Die mediale Bandbreite der Ausstel-lung erstreckte sich von Malerei über Fotografie bis hin zu dokumentierten Performances und Kunst im öffentli-chen Raum. Eine Arbeit Janos Sugars etwa besteht aus einem Straßenschild, das mit dem Wort „Entschuldigung“, auf einer Seite in ungarischer, auf der anderen in rumänischer Sprache, bedruckt ist. Ursprünglich war sie

in einem Straßenzug in Târgu Mureș installiert. Die Stadt war nach der rumänischen Revolution 1989 Schau-platz blutiger Auseinandersetzungen zwischen Ungarn und Rumänen gewe-sen. In die ungarische und rumänische Gegenwart leiteten Arbeiten von Tibor Horváth, Lörinc Borsos und Sorin Tara über.

Alternativen aufzeigen

Als Ausstellungsort wählten die Kura-torinnen den dritten Stock des alten Corvin-Einkaufszentrums im Herzen von Pest. Seit September 2012 befin-det sich hier das Müvelödesi Szint (Community and Art Level), kurz: Müszi. Auf knapp 2800 Quadratmetern vereint es derzeit 25 Künstlerateliers, ein begrüntes „Großraum“-Büro, meh-

In einem zunehmend politisierten Umfeld strebt die Budapester Kulturszene nach Alternativen und Unabhängigkeit. Eine Übersicht zu Ansätzen des „ästhetischen Ungehorsams“, der Internationalisierung und dem Anspruch auf Öffentlichkeit.

Reclaiming BudapestKulturszene

rere Ausstellungsräume, eine kleine Bar und einen Gemeinschaftsgarten. Beinahe täglich finden hier Veranstal-tungen, Ausstellungen, Performances, Lesungen und Workshops statt. Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz und ist von staatlichen Förderungen gänzlich unabhängig. Eben diese Sonderposition Müszis innerhalb der Budapester Kulturszene prädestinierte es Krisztina Hunya zufolge für eine Ausstellung kritisch-reflexiver Kunst, die sonst in Ungarn kaum gefördert werde. Zudem betont die Kuratorin „ist es gerade jetzt wichtig, nicht nur über Unverhältnismäßigkeiten im Be-reich der Kunstförderung und Kultur-politik zu klagen, sondern, wie Müszi, Alternativen aufzuzeigen.“ Dieser Beschreibung entspricht auch das Chimera Project, dessen Galeriesich am Klauzál tér befindet, im Zentrum des alten jüdischen Viertels. Seit einem Jahr wirkt das Projekt des Schweizer Kunsthistorikers Patrick Ur-wyler und Bogi Mittich, Soziologin aus Ungarn, vor allem im Bereich der inter-nationalen Vernetzung junger Künstler aus Ungarn. Die Galerie kuratiert re-gelmäßig thematisch gefasste Ausstel-lungen lokaler sowie internationaler Künstler in ihrer Budapester Galerie und anderen urbanen Zentren, wie Berlin und Zürich. Chimera agiert zeit-gleich als Galerie für zeitgenössische Kunst, als Plattform eines internatio-nalen Künstleraustausches sowie als Design-Agentur und ist so in der Lage, sich selbst, unabhängig von staatlichen Förderungen, zu finanzieren.

Wege in die Öffentlichkeit

2012 brachte Chimera das ungarische Künstlerkollektiv 1000% mit einer Ausstellung unter dem Titel „1000% Reclaiming Budapest Since 2002“ in die Neurotitan Galerie in Berlin. Sie umfasste 180 Werke der Gruppe um Attila Stark, Richard Orosz, Tamas Fü-redi, Balazs Szabo and Krisztian Vörös, die als Pioniere der Urban und Street

Art in Budapest gelten. Im Gegenzug präsentierte Chimera im Rahmen von Looking for Freedom im Frühjahr 2013 etablierte Berliner Street Art-Künstler in der Budapester Galerie. Beide Ausstellungen berührten ein Thema, das in Budapest noch am Anfang einer Entwicklung steht. Denn zeitgenös-sische Kunst im öffentlichen Raum, zumal stadtpolitisch geförderte, ist in der ungarischen Hauptstadt bislang ein seltener Anblick. Einen Schritt in Richtung aktiver, gemeinschaftlicher Gestaltung des Stadtraumes machte im Mai 2013 das Lakatlan-Festival. Ziel des 5-Tages-Workshops, der wiederum in Müszi stattfand, war die Einrei-chung eines nachhaltigen Nutzungs-konzeptes vakanter Räumlichkeiten im Stadtgebiet auf eine Ausschreibung der Stadt Budapest hin.

Derweil planen die Kuratorinnen von HG60 eine Folgeprojekt im Jahr 2014, das in Wien stattfinden soll. Der Schwerpunkt der Werkauswahl wird dabei auf zeitgenössische Positionen ungarischer Künstler seit dem Ende des sozialistischen Regimes in Ungarn verschoben. Zeitlich soll die Ausstel-lung direkt an die ungarischen Parla-mentswahlen im April kommenden Jahres gebunden sein. So hat sie das Potenzial, eine breitere Öffentlichkeit zu schaffen für jenen Teil der Budape-ster Kunstszene, der sich der staatli-chen Deutungshoheit zu entziehen sucht – eine Szene, die sich einmischt, vernetzt, aktiv nach Partizipation und Identifikation mit dem öffentlichen Raum und einer sichtbaren Vielfalt strebt.

Carolin Krahl, Freie Journalistin

Wissenschaft

Ausstellung HG60 im Müszi

Kulturzentrum Müszi, Budapest

Ausstellung Looking for Freedom, Chimera Projekt

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Deutsche Spuren in den Donauländern

Tourismus

Entlang der Donau gibt es viel zu entdecken – Geschichtliches wie Tou-ristisches. Deswegen entwickelt das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm zusammen mit seinen Part-nermuseen in Rumänien (Satu Mare, Arad Timisoara, Resita), Ungarn (Pécs) und Serbien (Novi Sad) zurzeit einen historisch-touristischen Reiseführer für das Internet, der voraussichtlich Ende des Jahres online geschaltet wer-den soll.

Die Geschichte der Deutschen in Süd-osteuropa ist sowohl zeitlich als auch geografisch nicht homogen verlaufen und sie beschränkt sich nicht auf eine klar begrenzte Region. Heute sind davon vier Länder betroffen, die seit dem Ersten Weltkrieg bzw. seit dem Jugoslawienkrieg in den 1990er Jahren autonom sind. Da die Geschichte der Deutschen in diesen Regionen nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend ta-buisiert war und so etwas wie ein kol-lektives Gedächtnis an diese Geschich-te nicht existiert, kam die Idee mit dem Reiseführer auf.

„Es soll aber nicht nur ein Führer für donauschwäbische Heimwehtouristen aus Deutschland, Österreich oder Ame-rika sein. Das Projekt dient auch dazu, die betroffenen Länder für diesen Teil ihrer eigenen Geschichte zu sensibilisie-ren und dem interessierten Publikum in Südosteuropa ein Informationsangebot zu machen“, legt Christian Glass, Leiter des Donauschwäbischen Zentralmuse-ums, dar.

So gibt es in dem Reiseführer viel Wis-senswertes über die Deutschen im süd-östlichen Europa nachzulesen. Der Le-ser erfährt interessante Fakten über die Großregion Donau, über ihre Geschich-te im Allgemeinen ebenso wie über die Migrationsgeschichte im Speziellen. Auch über einzelne Städte und Regi-onen sind zahlreiche Informationen hinterlegt. Unter welchen Kriterien sie ausgewählt wurden, erklärt Glass: „Für uns war wichtig, dass die Orte in einem Zusammenhang mit der Geschichte der deutschen Minderheit stehen und auch heute noch eine Rolle im Alltagsleben sowie der Kultur spielen.“

Wer Tipps zu bekannten Reisezielen und Geheimtipps auf der Webseite sucht, wird dort ebenfalls fündig.

Andrea Toll, danube connects

RUSE – eine Kulturstadt, die es noch zu entdecken gilt

Kulturstadt Ruse

erblichener Glanz der ehemals wichtigsten Stadt Bulgariens, Geburtsort des Literatur-Nobelpreisträgers Elias Canetti und die Ambition, im Jahr 2019 Europäische Kulturhauptstadt zu sein – all das sind Facetten der nordbulgarischen Stadt Ruse, einem „Klein-Wien“ am Unterlauf der Donau.

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D

MAMA DUNA7. Internationales Donaufestin Ulm und Neu-Ulm27. August - 5. September 2010

Kontakt und Information:

donau.büro.ulm · Tel. 0049 (0) 731 / 88 03 06-0

www.donaubuero.de · [email protected]

„Von mir, der Donau, kannst du die Lektionen des ewigen Lebens lernen.“ György Konrádfestdonauulm neu-ulm

Der Zustand des Hauses an der Sla-wjanska-Straße 12 in der nordbulga-rischen Stadt Ruse ist allerdings so nicht ganz gewollt. Eigentlich nämlich möchte die in Ruse ansässige Internati-onale Elias Canetti Gesellschaft das Ge-bäude renovieren und hier ein Kultur-zentrum einrichten. Denn das Haus hat eine besondere Geschichte. Es wurde 1898 vom jüdisch-sephardischen Kauf-mann Jacques Elias Canetti, dem Groß-vater des späteren Schriftstellers Elias Canetti, erbaut und von der Familie bis zur Auswanderung nach Manchester als Lebensmittelgeschäft genutzt. Doch wegen bis heute nicht bereinigter Re-stitutionsfragen und Besitzansprüche sind Investitionen vorerst nicht mög-lich. Auf einer vorläufigen Basis dürfen die Räumlichkeiten des ehemaligen Geschäfts indes von der Canetti-Gesell-schaft genutzt werden. Und so ist das Kulturzentrum zwar in Betrieb, wenn auch auf spartanischer Basis.

Pomp und SubkulturDer Anstrich von Alternativkultur, dender Raum vermittelt, ist wiederum

nicht so weit entfernt vom Selbstver-ständnis der Canetti-Gesellschaft. Denn der Kulturbegriff der Organisation ist breit. Wie Elisa Calosi, die Programm-verantwortliche der Gesellschaft, er-klärt, hat darin explizit auch urbane Subkultur ihren Platz. So veranstaltet die Canetti-Gesellschaft nicht nur Le-sungen, Filmvorführungen oder Kon-zerte, sondern in ihrem Kalender findet sich auch ein Skater-Festival. Und jun-ge Leute sind es auch, die bei der Ein-richtung und dem Unterhalt des entste-henden Kulturzentrums mithelfen. Das schaffe ein Gefühl für Zusammengehö-rigkeit und vermittle Respekt für den Ort, erklärt Frau Calosi.Ein ganz anderes Ruse bekommt man zu sehen, wenn man vom Elias Canetti Zentrum, dem Sitz der Gesellschaft in einem prachtvollen historischen Haus am Platz der Freiheit, aus dem Fenster blickt. An ihrem grandiosen Haupt-platz prahlt die Stadt mit vergangener Größe. Tatsächlich war man einst die wichtigste Stadt Bulgariens gewesen. Das erklärte sich vorab aus der Lage am Unterlauf der Donau, wo schon die

Römer einen befestigten Hafen für ihre Kriegsschiffe eingerichtet hatten. So lange die Donau der wichtigste Trans-portweg der Region war, blühte auch Ruse. Durch ihre Verkehrsfunktion und die hier zusammenlaufenden slawi-schen, osmanischen und rumänischen Einflüsse hatte die Stadt auch eine tra-ditionell kosmopolitische Bevölkerung.Heute jedoch ist Ruse etwas ins Abseits geraten. Von Sofia aus ist die Anfahrt sowohl per Bahn wie auf der Straße langwierig. Näher läge Bukarest. Doch hier gilt es nicht nur eine Landesgren-ze zu überwinden, sondern auch die Donau. Bis vor Kurzem war die große Eisenbrücke für Bahn und Straßenver-kehr von Ruse nach Giurgiu auf dem rumänischen Ufer der einzige feste Übergang zwischen Bulgarien und Ru-mänien, mit entsprechender Anfällig-keit für Staus und Wartezeiten. Inzwi-schen allerdings ist flussaufwärts, mehr als 200 Kilometer westlich, eine zweite Brücke zwischen Vidin und Calafat er-öffnet worden.

Der Raum ist groß und roh, erhellt durch kaltes Neonlicht. Beton, Backstein, Holzbalken. Ein Raum, der die Atmosphäre städtischer Subkultur atmet. Nicht unbedingt hätte man ihn in Verbindung gebracht mit einer Gesellschaft, die den Namen eines Literaten und Nobelpreis-Laureaten trägt.

Facettenreich –die Kulturszene in Ruse

links und unten: Veranstaltungen im Elias-Canetti-Haus, Ruse

Kulturstadt Ruse

Denn durch die Umwälzungen der Weltkriege und während vier Jahr-zehnten in sozialistischer Abschottung verlor Ruse viel Substanz. Am histo-rischen Stadtkern nagte der Zahn der Zeit, Geld zu seiner Erhaltung war kaum vorhanden, und rundherum entstand ein Gürtel von Industrie und Wohnsilos, wie sie von Prag bis Wla-diwostok die Architekturlandschaft des ganzen kommunistischen Blocks kennzeichneten. Die 1954 eröffnete Donaubrücke minderte zwar etwas die Isolation, doch erbaut worden war sie nicht, um die sich misstrauisch gegen-überstehenden Bulgaren und Rumä-nen einander anzunähern. Vielmehr hatten militärstrategische Beweggrün-de der Sowjets den Ausschlag gege-ben, und so führte die „Brücke der Freundschaft“ besagte Freundschaft vor allem im Namen, weniger aber in ihrer Funktion. Als dann auf der rumänischen Donau-seite ein großes Chemiewerk in Betrieb ging, das die Luft verschmutzte, begannen die Ein-wohner von Ruse zu Tausenden weg-zuziehen.

Die Altlasten der sozialistischen Stadt-entwicklung sind bis heute nicht ab-

getragen, wenn auch die Bemühungen unverkennbar sind. Wirtschaftliche Probleme machen den Prozess nicht einfacher. In den inzwischen allgemein hübsch renovierten Kern der Altstadt muss sich der Besucher immer noch vorarbeiten.

Ambition Kulturhauptstadt

Doch wie viele Besucher kommen? Ruse liegt nicht gerade am Weg, von den Tagesgästen auf Donau-Kreuz-fahrt einmal abgesehen. Indes gibt es nun Pläne, die Stadt international wie-der auf die Landkarte zu bringen. Ruse will sich, wenn Bulgarien für 2019 die Gelegenheit hat, eine europäische Kul-turhauptstadt zu stellen, für diese Rol-le bewerben.„Die technische Fähigkeit dazu hätten wir bestimmt“, sagt Martin Ivanov. „Die hier tätigen Nichtregierungsorga-nisationen haben gerade eben mit der Organisation eines großen Festivals, zu dem wir europäische Mittel erhal-ten haben, gezeigt, dass sie das kön-nen.“ Beteiligt war auch die Canetti-Gesellschaft, als deren Geschäftsführer Ivanov fungiert. Daneben engagiert er sich auch stark auf breiterer Basis im

bulgarischen NGO-Sektor. Die Tätig-keitsfelder überschneiden sich, denn neben Kunst und Kultur ist politische Bildung und die Stärkung zivilgesell-schaftlicher Prozesse auch ein pro-grammatischer Schwerpunkt der Ca-netti-Gesellschaft.Bei der Kandidatur zur europäischen Kulturhauptstadt haben allerdings nicht die NGOs die Federführung, sondern die politischen Behörden der Stadt. Wo aber in Bulgarien die Poli-tik ins Spiel kommt, werden Prozesse schnell einmal undurchsichtig. Beobachter meinen denn auch, dass die Kommission zur Ausarbeitung der Kandidatur nicht unbedingt transpa-rent besetzt worden sei. Außerdem hat Ruse mit harter Konkurrenz zu rech-nen. Denn auch andere bulgarische Städte aspirieren auf den Ruhm als kulturelles Gravitationszentrum Euro-pas für ein Jahr; allen voran die Haupt-stadt Sofia.

Rudolf Hermann, Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung International, Prag

Erinnerungen an Rustschuk

Als Großvater Canetti sein Geschäfts-haus baute, erlebte Ruse seine wohl besten Zeiten. Die Stadt trug damals noch ihren osmanischen Namen Rust-schuk, doch die Türkenherrschaft hat-ten die Bulgaren bereits abgeschüttelt. Geblieben war die wirtschaftliche Be-deutung, nicht zuletzt durch die Ei-senbahnlinie nach Varna. Es war die erste Eisenbahnlinie im Osmanischen Reich gewesen, und eine Weile lang bildete sie das letzte Teilstück des legendären Orient-Express. Der wirt-schaftliche Aufschwung schlug sich im Bau reicher Bürgerhäuser und

splendider Repräsentationsbauten im Zentrum nieder. Das historische Ensemble des Freiheitsplatzes stünde auch einer größeren Stadt gut an. Kein Wunder, erhielt Ruse den Spitznamen „Klein-Wien“. Wie bei der großen Schwester weiter oben an der Donau erzählt die Architektur von vergange-ner Größe, nicht mehr unbedingt aber von heutiger Bedeutung.

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E

MAMA DUNA7. Internationales Donaufestin Ulm und Neu-Ulm27. August - 5. September 2010

Kontakt und Information:

donau.büro.ulm · Tel. 0049 (0) 731 / 88 03 06-0

www.donaubuero.de · [email protected]

„Von mir, der Donau, kannst du die Lektionen des ewigen Lebens lernen.“ György Konrádfestdonauulm neu-ulm

Erst hatte Ulm Anfang der 80er Jahre den ZDF-Preis als kulturfreundlichste Stadt mit mehr als 100 000 Einwohnern gewonnen, dann leistete man sich 1988 ein Stadtfest, dessen kulturelles Pro-gramm für Aufsehen und kontroverse Diskussionen sorgte. Ulm war auf den Geschmack gekommen, eine Fortset-zung mit der Donau als sinnstiftender Klammer erwünscht. „Ulm ist ohne Donau nicht denkbar“, sagt der dama-lige Oberbürgermeister Ernst Ludwig und blickt zurück: 1989 kommt erste Bewegung in den erstarrten Ostblock, im Mai öffnet Ungarn erstmals den Eisernen Vorhang an der Grenze zu Österreich und Michail Gorbatschow besucht Deutschland, spricht über Pe-restroika (Umgestaltung) und Glasnost (Offenheit), während sich in Rumänien der kommunistische Diktator Ceau-cescu an der Macht hält. „Wir sind in eine große europapolitische Entwick-lung geraten, waren zur rechten Zeit an

der richtigen Stelle präsent“, sagt Lud-wig heute. Damals sah er Ulm in einer Vorreiterolle, um kommunalpolitische Projekte an der Donau wiederzubele-ben – und griff beherzt zu.

Das erste Donaufest 1989Der Titel „Donaufest OstWest ´89 – eu-ropäische Begegnung, Kultur aus acht Donauländer“ kennzeichnete den An-spruch, den ein Budget von beacht-lichen 1,5 Millionen D-Mark unter-strich. Zum Vergleich: Das Donaufest 2012 hatte einen Etat von 860 000 Euro, die Städte Ulm und Neu-Ulm brach-ten gemeinsam 450 000 Euro auf, der Rest musste erwirtschaftet werden. Der künstlerische Leiter Pierre Jean Valentin, eigens für das Donaufest en-gagiert, präsentierte vom 21. Juni bis 9. Juli ein Programm, das einige vor Neid erblassen, andere von Ulmer Großmannssucht sprechen ließ. Zum Festauftakt war eine Uraufführung des

Rundfunk-Sinfonie-Orchesters und des Rundfunk-Chors Belgrad am Donau-ufer zu hören, ein Höhepunkt jagte den anderen. Namhafte Künstler aus allen Donauländern waren beteiligt, aus der Sowjetunion und selbst aus der DDR – im Sommer 1989 noch eine kleine Sen-sation! Das Programm bot eine einzigartige Mischung aus Kultur und Kunst, Mu-sik, Theater, Film, Jazz, Rock und Fuß-ball, aber auch ernsthafte Konferenzen zu Wissenschaft, kultureller Identität und Umweltschutz. So wurde in Ulm eine Resolution einstimmig verabschie-det zur intensiveren Zusammenar-beit der damals acht Donauländer zur Verbesserung der Wasserqualität, der Donaulandschaft und somit letztlich auch der Lebensqualität der Menschen. Ernst Ludwig brachte es damals auf den Punkt: „Das wäre ein Leitsatz: Wie die Donau in Städten und Ländern an-

Donaufest

Es war ein Wagnis in jeder Hinsicht für die kleine Großstadt Ulm, als sie zum Donaufest OstWest´89 rief. Die Fortsetzung ließ bis 1998 auf sich warten, doch seitdem findet das Internationale Donaufest alle zwei Jahre statt. Ein Ausblick auf 2014 und ein Rückblick auf die Anfänge macht deutlich, wie sich die Gewichte zwischen Politik und Programm, zwischen Kultur und Begeg-nung verschoben haben.

Donaufest in Ulm und Neu-Ulm

Donaufest – vom Brückenschlag nach Osten 1989

kommt, so sauber sollte sie sie wieder verlassen. Die Maßstäbe würden dann von den oberen Anliegern gesetzt.“ Auch die größte Ulmer Heimatzei-tung würdigte die politische Signal-wirkung, die vom Donaufest OstWest ´89 ausging: „Drei Tage nach der Euro-pawahl, bei der nur die Westeuropäer wählen durften, schlägt Ulm Brücken in den Osten.“

Mehrfach wurde der Wunsch geäu-ßert, das Donaufest möge in dieser

Form fortgesetzt werden, allerdings in anderen Donauländern. Und obwohl die baden-württembergische Landes-regierung unter Lothar Späth ihre Un-terstützung zusicherte, ließ das zweite Donaufest bis zum Jahr 1998 auf sich warten. Ernst Ludwig, der aus Alters-gründen nicht mehr für eine zweite, verkürzte Amtsperiode kandidiert hatte, erlebte es im Ruhestand. Zu seinem Nachfolger bestimmten die Ulmer Ivo Gönner. Von 1998 bis 2010 trug Peter Langer die Verantwortung für das Donaufest, das sich in dieser Zeit als kulturpolitische Veranstaltung etabliert hat ebenso wie das Donaubü-ro Ulm/Neu-Ulm, das er mit aufbaute und leitete. 2012 wird ein neues Kapi-tel in der Donaufest-Geschichte aufge-schlagen. Neue Verantwortliche, neue Ausrichtung: Kritiker sprachen und schrieben von einem entpolitisierten Donaufest 2012.

Neue AnsätzeDas neue Team des Donaubüros sieht im Donaufest stattdessen ein Vorzei-geprojekt innerhalb der Donauraum-strategie. Bereits 2012 sei ein „neues Format“ geschaffen worden. Als „Fest der Begegnung auch im kulturellen Kontext“ habe das Internationale Do-naufest ein Alleinstellungsmerkmal, sagt Sabine Meigel, seit Januar 2011 Leiterin des Donaubüros. Auch beim Donaufest 2014 setzt das Donaubüro weiter auf sein Begegnungskonzept

aus dem Jahr 2012, das 700 Bürger aller Altersgruppen und 22 Instituti-onen aus Ulm/Neu-Ulm eingebunden hat. So wird zum Beispiel der Trom-peterwettbewerb des Jahres 2012 mit Vorentscheiden in den Donauländern und der Uraufführung eines Fanfaren-stücks auf einer Ulmer Schachtel im kommenden Jahr seine Fortsetzung finden – als Pianistenwettbewerb. Es wird ein Wiederhören und -se-hen geben mit der ukrainischen Band Indie-Ya, Gewinner des Donau Pop-Camps 2012, und ein internationales Bildhauer-Symposium soll die Kunst den Besuchern auf unkomplizierte Weise näherbringen. Das Donau-Ju-gendcamp erlebt ebenfalls eine Neu-auflage. Musik und Begegnung wer-den beim Donaufest künftig eine noch gewichtigere Rolle spielen, zumal Musik alle Sprachbarrieren umgeht.

Im Festprogramm für 2014 findet sich außerdem ein mit internationalen Hi-storikern bestücktes Symposium mit dem Titel „Donauländer und Julikrise 1914“. Es soll die politischen Ereignisse beleuchten, die im Sommer vor 100 Jahren den Ersten Weltkrieg ausgelöst haben – aus sozial-, kultur- und men-talitätsgeschichtlicher Sicht. Koopera-tionspartner des Donaubüros ist dabei erstmals die Ulmer Volkshochschule. Eine Konferenz soll sich mit Touris-mus, Verkehr, Technologie und Um-weltschutz befassen. Auch das Thema Randgruppen und Minderheiten soll aufgegriffen werden als Fortsetzung der Veranstaltungsreihe aus dem Jahr 2012 über die Lage der Roma. „Was die Donau getrennt hat, erlebt man heute nicht mehr“, sagt der ehe-malige Ulmer OB Ernst Ludwig. Seit dem Donaufest OstWest im Juni 1989 haben sich die Zeiten geändert und das Donaufest mit. Durch das Budget sind den Machern Grenzen gesetzt, der Verzicht auf eine große Konzertbühne mit international bekannten Musiker und Gruppen für das Jahr 2014 Folge und Chance zugleich. Ein Programm, das neue künstlerische Strömungen aufgreift, bewusst die Avantgarde und Subkultur aus den Donauländern den etablierten Namen, den Staatskünst-lern und dem Kommerz vorzieht, hat seinen Reiz und kann das Profil des Donaufests schärfen.

Thomas Zehender, UlmFreier Journalist und Texter

zum neuen Europa 2014

Das Donaufestbietet eine Bühne für Tradition genauso wie für Moderne.

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In Bratislava findet vom 5. bis 8. September ein Donaufest statt, das künftig im Wechsel mit dem Inter-nationalen Donaufest Ulm/Neu-Ulm veranstaltet werden soll.

Seit 15 Jahren wird das Internationale Donaufest auf beiden Seiten des Flusses in Ulm und Neu-Ulm gefeiert. Vom 5. bis 8. September 2013 bekommt das Festival nun einen neuen Sprössling in Bratislava. Künftig soll das Interna-

tionale Donaufest mit Beteiligung al-ler zehn Anrainerstaaten im jährlichen Wechsel zwischen Ulm/Neu-Ulm und Bratislava stattfinden. Vier Tage lang werden Anfang September an vier Standorten in Bratislava die Wurzeln der europäischen Kultur im Mittel-punkt stehen. Den Auftakt bildet am 5. September eine internationale Fach-konferenz im Rathaus mit Themen wie „Kulturwege Europas als Vorbild für gemeinsame Projekte im Donauraum“

und „Schutz des traditionellen Hand-werks als Erbe der Donau-Nationen“.Die Konferenz wird vom Bratislava Tourist Board und dem Danube Com-petence Center in Belgrad gemeinsam veranstaltet.

Veranstaltungsort für das Kulturpro-gramm sowie das Handwerk- und Gas-tronomiefestival der Donauländer und -regionen wird die Eurovea Promenade an der Donau sein, wo in den letzten Jahren ein neuer Stadtteil mit Cafés, Re-staurants, Büros, Hotels und einer groß-en Shopping Mall entstanden ist. In das Programm mit einbezogen werden aber auch der malerische Innenhof des Alten Rathauses für die Verkostung von Wei-nen aus den Donauländern (6. bis 8. September), mehrere Schulen, in denen Workshops für Design und Handwerk stattfinden, sowie der Stadtteil Čunovo, wo Wettbewerbe im Stand Up Paddling (SUP) auf der Donau geplant sind.

Das Donaufest bekommt Verstärkung

Impressum

danube connectsdas magazin für die donauländerTel. +49 / (0)731 / 153 75 05Fax +49 / (0)731 / 153 75 [email protected]

Herausgeber: European Journalists Association,Sektion Ulm

Verlag: Süddeutsche VerlagsgesellschaftNicolaus-Otto-Str. 14, 89079 Ulm

Konzept und Gestaltung: Sabine [email protected]

Redaktion: Andrea [email protected]

Anzeigenleitung: Sabine [email protected]

Bildnachweis: Titelbild: © Chimera Project Danube Sounds, Elias Canetti-Stiftung, Elvira Eberhardt, Sabine Geller, Manfred Horvath, Nicolas Ferrando/Lois Lammer-huber, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, Eugenia Maximova, Heiko Mozer, Damir Rajle, Joachim Strauß, Martina Strilic

Übersetzung: Christiane Hadamitzky

Autoren: Rudolf Hermann, Carolin Krahl, Raluca Nelepcu, Andrea Toll, Thomas Zehender

Termine 2013

Even

ts 2

013

26.08–01.09. 6. Cinema City Int. Film Festival Novi Sad

30.08–05.09. Rowmania Festival, Tulcea

05.–08.09. International Danube Festival, Bratislava

12.09. Kommunales Engagement im Donauraum Sigmaringen

25.09. General Assembly of the DCSF Danube Civil Society Forum in the Danube Region - Ruse, Bulgaria

10.–15.10. Literaturfestival Ruse 2013 mit innovativen Autoren aus Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien, Italien und Bulgarien

11.10. 5 Jahre Europäische Donau-Akademie 19.30 Uhr, Museumsgesellschaft, Ulm

24–27.10. 5th European Literature Days Spitz an der Donau

28–29.10. 2nd Annual Forum of the EU Strategy for the Danube Region, Bucharest

2014

04.–13.07. Internationales Donaufest, Ulm/Neu-Ulm

Zigeuner – Begegnungen mit einem ungeliebtem Volk

Vorbehalte und Berührungsängste, die nicht zuletzt ein Erbe des Natio-nalsozialismus sind, verstellen in Deutschland den Blick auf das Thema Zigeuner. Mit kritischem Wohlwollen schildert Rolf Bauerdick den Alltag der Zigeuner. Weder beschönigt er ihre massive Diskriminierung noch entbindet er sie von ihrer Eigenverantwortlichkeit. Er geht den Ursachen einer dramatischen Verelendung und der Zunahme ethnischer Konflikte auf den Grund, frei von dem Vorurteil, dass die einen immer Opfer, die anderen immer die Täter sind. Dabei stellt Rolf Bauerdick politisch korrekte Klischees in Frage und wendet sich massiv gegen die stereotype Verwendung des Begriffspaars Sinti und Roma. Schon der Titel seines Buches hat Brisanz. „Zigeuner“ ist für ihn kein rassistisches Schimpfwort, keine diffamierende Fremdbezeichnung oder Täterkategorie – wie für Ro-mani Rose, den Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, sondern eine für ein Großteil dieses Volkes identitätsstiftende Eigenbe-zeichnung. Viele seiner Begegnungen sprechen dafür.

Gebundenes Buch, 352 Seiten, 13,5 x 21,5 cm, 33 s/w AbbildungenVerlag: DVA Sachbuch, 22,99 EuroISBN: 978-3-421-04544-7

Bratislava05.-08.09.

2013

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„Hallo, ich will wissen, wie das Ende der Donau aussieht!“ Darauf erhält Ben Mergelsberg nie eine Antwort, was ver-mutlich am gewählten Medium liegt: Denn der damals siebenjährige Junge schickt diese Anfrage per Flaschenpost los, die er nahe seines Heimatsortes Seitingen-Oberflacht im Landkreis Tuttlingen in die Donau wirft. Zwan-zig Jahre später machen sich Mergels-berg, Bastian und Raphaell Kaletta, seine Freunde aus Schulzeiten, sowie andere Künstler selbst auf den Weg, um die Donau zu erfahren. Mit zwei alten Autos, vollgepackt mit Kontra-bass, Schlagzeug, Akkordeon und Ka-

meraausrüstung, sowie einer ebenso alten Straßenkarte starten sie zu sechst in Berlin. Der Plan: Viel erleben, Men-schen kennenlernen, Musiker treffen, spontan mit ihnen Musik machen und alles mit der Kamera festhalten.

Und der Plan geht auf: Sie sprechen mit Mönchen des Klosters Beuron und neh-men ihre Gesänge auf, sind in einer Ra-diostation in Budapest zu Gast, begeg-nen der „Buda Folk Band“ aus Ungarn, spielen Free Jazz in Novi Sad, nehmen die besten Sänger eines Fischerdorfes im Donaudelta auf und sie lernen den Saxophonisten Dušan Petrovic und den

Gitarristen Branislav Radovanovic in Belgrad kennen. „Irgendwann hörten wir das Album „Belgrad‘s burning“ und waren von dem Sound begeistert. Einer der Musiker darauf war Dušan Petrovic“, erzählt Mergelsberg. So gibt diese Platte letztendlich den Ausschlag, die Reise zu unternehmen. Nachdem der Filmemacher Kontakt zu dem Ser-ben aufgenommen hat, vereinbaren sie ein Treffen in Belgrad. Aus dem Kon-takt wird eine Freundschaft. Petrovic und Radovanovic reisen im Sommer 2013 eigens nach Ulm, um bei der von danube connects und dem Donaubüro organisierten Vorstellung von „Danube

Danube Sounds

Es war ein Kindheitstraum: Einmal der Donau von der Quelle bis zur Mündung folgen. Im Juli 2011 reali-sierten der Filmemacher Ben Mergelsberg, seine Schulfreunde Bastian und Raphaell Kaletta und andere Künstler diesen Traum. Von den spontanen Musik-Sessions, den abenteuerlichen Begegnungen und den Geräuschen entlang der Donau erzählt der Film „Danube Sounds“, der in diesem Sommer Premiere feierte.

Die Geräusche der Donau

Lässt sich von der Donau inspirieren: Ben Mergelsberg

Sounds“ im Haus der Donau mit dabei zu sein – und hier zusammen mit den Brüdern Kaletta zu jammen.

„Danube Sounds“ zeigt aber nicht nur die verschiedenen musikalischen Be-gegnungen auf der Reise, sondern der Zuschauer bekommt Impressionen ganz unterschiedlicher Art. Es gibt keine durchgestylten, arrangierten Bil-der, vielmehr entsteht das Gefühl, die Reise hautnah mitzuerleben: Die erste von unzähligen Pannen, der alte 190er Mercedes, der vollbepackt über kur-vige Straßen fährt, Ben, der sich im Auto die Zähne putzt, Füße, die in der Donau baumeln, Sonnenuntergänge an der Donau, ein Unwetter auf dem Cam-pingplatz, die jungen Leute beim Ver-such, sich in einem Dorf Brot zu besor-gen. „So chaotisch die Reise auch war, wir haben mit dem Film ein Kunstwerk geschaffen, das viel von unseren Gefüh-len und Begegnungen widerspiegelt“, fasst Mergelsberg zusammen.

Was bleibt, ist der Wunsch, noch mehr zu erfahren, über die Menschen und die Orte entlang der Donau – nicht nur beim Zuschauer, sondern wohl auch bei den Filmemachern. Denn zurzeit befinden sich Bastian Kaletta und Rosa Subria wieder auf Reisen an der Donau entlang bis nach Istanbul, um weitere Episoden für die Website von Danube Sounds zu produzieren. Hier können Nutzer auf einer Karte unterschiedliche Reisestationen anklicken. Man sieht Ausschnitte aus dem Film, hört Ge-räusche von der Donau, zum Beispiel Frösche quaken, oder Geschichten von den Menschen. Die Idee der jetztigen Reise ist, eine Klangreise oder ein Ra-diofeature in Istanbul zu produzieren. Weitere Klangepisoden sollen in Wien, Budapest, Guca, Belgrad und Kladovo sowie in Prizren und in Albanien ent-stehen. „Wir haben durch alte und neue Kontakte ein Netzwerk aktiviert, das uns bei der Suche nach Menschen und

ihren Geschichten, Musik und Klängen behilflich sein wird“, erklärt Kaletta „und wir wollen Donaureisende dazu anregen, uns ihre Ton- und Filmaufnah-men oder Fotos zu schicken. Das Mate-rial bearbeiten wir dann und stellen es ebenfalls auf die Webseite. Unser Ziel ist es, Menschen dazu anzuregen, sich auf künstlerische Weise mit dem Bal-kan und seiner vielfältigen Kulturland-schaft auseinanderzusetzen. Die Donau ist der roter Faden, aber keinenfalls eine geografische Einschränkung.“

Andrea Toll, danube connects

Danube Sounds

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Als DVD und im Internet„Danube Sounds“ gibt es auf DVD und auf einer eigenen Webseite auf www.danubesounds.net.

Ben Mergelsberg Ben ist Fotograf und studierte in Oxford „Human Sciences“. Er arbeitete als Filme-macher, Journalist und Fotograf in ganz unterschiedlichen Teilen der Welt, bevor er nach Berlin zog. Hier realisierte er mit Wrangelfilm diverse Filmprojekte.

Bastian KalettaBastian ist Musiker und Komponist. Er lernte Geige spielen, dann Guitarre und E-Bass, spielte in unterschiedlichen Rock- und Popbands. Nach dem „Popkurs“ an der HMT in Hamburg zog er 2006 nach Berlin. Seit 2012 studiert Kaletta Doublebass und Filmmusik an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover.

WrangelfilmWrangelfilm ist eine junge Produktionsfirma in der Wrangelstraße in Berlin-Kreuz-berg. Das Kollektiv von Filmemachern filmt aus Leidenschaft. Für sie ist Filme machen „eine Art, die Welt zu entdecken, sie zu besingen, zu kritisieren und sie neu zu erträumen. Die Filmprojekte werden an allen Ecken der Welt umgesetzt.

Szenen der Donaureise

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Croatia – KroatienDonau-Impressionen von Damir Rajle

Damir Rajle wurde am 13. Mai 1970 in Osijek/Kroatien geboren. Während seiner Ausbildung in Geodäsie ist er erstmals mit der Fotografie in Berührung gekommen und ihr bis heute verbunden.

Aus seinem Interesse an der Fotografie ist eine Zusammenarbeit mit der Osijeker Tageszeitung sowie weiteren Zeitungen in Kroatien und im Ausland entstanden. Er zeigt seine Fotografien bei Ausstellungen in Kroatien und nimmt an internationalen Ausstellungen unter der Schirmherrschaft der „Fédération Internationale de l’Art Photographique“ von Schweden über Paris und Argentinien bis nach Katar und Macau teil.

Hinter der Kirche, ganz in der Nähe, zerrte die Donau das unterhöhlte Ufer: Die Fischer vertäuten ihre Boote an den wurzeln der Pappelbäume.

In der Nähe war die Flussmündung. Immer, wenn die Drau Hochwasser hat-te, sah man genau, wie sie sich treppen-förmig in die Donau herunterließ, im großen Gewässer ertrank und an Schnelligkeit und Farbe verlor.

Marijas Bilder from Lydia S.-Hodak, Osijek

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Mit unterschied-lichen Initiativen und Projekten setzt sich die Eu-ropäische Donau-akademie (EDA) aus Ulm dafür

ein, die kulturelle, wissenschaftliche

und demokratische Zusammenarbeit in den Donauländern zu fördern. So passt die Ausstellung „The Making of World Art along the Danube“ gut ins Kon-zept, denn sie macht deutlich, dass die Donau, losgelöst von heutigen Landes-grenzen, bereits vor zehntausenden von Jahren ein verbindendes Element war, wie die prähistorischen Fundstücke aus dem Donauraum zeigen. Dieser Blick-winkel ist ein ganz neuer und er soll dazu beitragen, die Menschen entlang der Donau zu vereinen, das Trennende der Geschichte zu überwinden und das Wir-Gefühl zu fördern.

Auch wenn diese länderübergreifende Gemeinsamkeit auf prähistorische Epo-chen zurückgeht, markiert sie dennoch die enorm dynamischen Anfänge der

menschlichen Kulturgeschichte. Denn vor rund 40 000 Jahren fand im Donau-raum ein einzigartiger kultureller Auf-bruch statt. Die von Afrika über Kleina-sien einwandernden Menschen fanden hier Lebensbedingungen vor, die es ih-nen ermöglichten, sich künstlerisch aus-zudrücken. In einmaliger Dichte finden sich hier früheste Zeugnisse mensch-licher Malereien in Höhlen, figurine Darstellungen weiblicher Körper, Tiere und mystische Tiermenschgestalten. Auf 14 Roll-ups werden die transnati-onalen Funde aus der Steinzeit, wie beispielsweise der Löwenmensch aus Deutschland, die Venus von Willendorf aus Österreich, die Vučedol-Taube aus Kroatien und die Venus von Pazardzhik aus Bulgarien dargestellt und die unter-schiedlichen Epochen erklärt. Die Zeit-spanne reicht vom Proto-Aurignacian (vor ca. 48.000 Jahren) und geht bis zur Jungsteinzeit (vor ca. 5000 Jahren). 14 Experten aus fast allen Donauländern sind an dem Projekt beteiligt, das von der Baden-Württemberg Stiftung finan-ziert und von der Universität Ulm kofi-nanziert wird.

Ausstellungseröffnung in BrüsselVorraussichtlich im Herbst 2013 soll die Ausstellung in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Brüssel eröffnet werden. Abgeschlossen ist das Projekt damit nicht, denn es gibt noch zahl-reiche Ideen, dieses weiter auszubauen. So sollen Replikate von den Fundstü-cken erstellt und die Ausstellung mul-timedial erlebbar gemacht werden. Die große Vision aber ist ein eigenes Aus-stellungsschiff für Danubius und seine Kameraden.

Mögliche Ausstellungsorte: Ulm/Neu-Ulm, Regensburg, Passau, Linz, Wien, Bratislava, Komárno, Buda-pest, Baja, Vukovar, Novi Sad, Belgrad, Turnu Severin, Galati, Tulcea, Vidin, Ruse, Silistra

Zwar ist es schon zehntausende von Jahren her, doch nun ist wissen-schaftlich belegt, dass alle Donaubürger gemeinsame Wurzeln haben. Die Europäische Donauakademie (EDA) hat eine Wanderausstellung konzipiert, die das anhand von einzigartigen paläolithischen Funden zeigt.

Danubius und seine Kameraden

Löwenmensch, Ulm

Danubius, Lepinski Vir

Founder, Lepinski Vir

Progenitrix, Lepinski Vir