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14 MMW-Fortschr. Med. Nr. 8 / 2013 (155. Jg.) MMW-HOTLINE Kostenlose Hotline: (0800) 2 37 98 30 oder per E-Mail: [email protected] Helmut Walbert Allgemeinarzt, Medizinjournalist und Betriebswirt Medizin Leser der MMW können sich mit allen Fragen zur Abrechnung und Praxisführung an Helmut Walbert, Facharzt für Allgemeinmedizin, Würz- burg, wenden. Sie erreichen ihn jeden Donnerstag von 13 bis 15 Uhr unter der kostenlosen Rufnummer (0800) 2 37 98 30 oder per E-Mail: [email protected]. Sonografien gibt es bei mir nur in der Privatsprechstunde Kann ich die dann bei GKV-Patienten IGeLn? Dr.med. K, Allgemeinmedizin, KVBW: Ich bin als Vertragsärztin mit GKV-Pa- tienten mehr als ausgelastet. Ich komme nicht dazu, Ultraschalluntersuchungen durchzuführen und möchte diese in mei- ne Sprechstundenzeiten für Privatpa- tienten verlagern. Hier habe ich noch freie Kapazität. Kann ich die Sonografien dann als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) abrechnen? Antwort: Bei medizinisch notwendigen Leistungen – sei es Diagnostik oder Thera- pie – hat der GKV-Patient einen Anspruch auf Leistungen zu Lasten seiner Kranken- kasse. Dies ist leider unabhängig davon, ob die Leistung letztendlich bezahlt wird, oder ob das RLV überschritten wird. Zu notwen- diger Leistung sind wir vertraglich verpflich- tet. Wird Notwendiges unterlassen, droht Ärger auf allen Ebenen: Schadensersatzan- sprüche von Seiten des Patienten, Vorwürfe über vertragswidriges Verhalten von Seiten der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, unter Umständen Ärger mit der Kammer wegen berufswidrigem Ver- halten. Lediglich Leistungen, die „WANZ“ (die saloppe Abkürzung für den Paragrafen 12 SGB V, „wirtschaftlich; ausreichend; not- wendig; zweckmäßig“) überschreiten, kön- nen geIGeLt werden. In diesen Fällen ist eine Verlagerung der Leistungen in eine Privat- sprechstunde nicht nur möglich, sondern unterstreicht auch den Selbstzahlercharak- ter. In solchen Fällen ist es wichtig, dass die vom Patienten gewünschte Leistung vorher vertraglich vereinbart wurde. Fiktiv zugelassene Arzneimittel Darf ich die nicht verordnen? Dipl. med. A. F., KV Thüringen: Ein Kollege erzählte mir, dass es Arznei- mittel gäbe, die seit Jahren auf dem Markt wären, aber nicht mehr verordnet werden dürfen. Können Sie mir da weiter helfen? Antwort: Der Kollege meinte sicherlich so genannte „fiktiv zugelassene Arzneimittel“. Bei diesen Medikamenten handelt es sich oft um Präparate, die schon lange auf dem Markt sind. Vor über zehn Jahren hat der Ge- setzgeber die Pharmafirmen aufgefordert, eine Nachzulassung durchzuführen. Bei einem Teil der in Frage kommenden Präpa- rate ist entweder das Nachzulassungsver- fahren noch nicht abgeschlossen oder ein laufendes Klageverfahren noch nicht ent- schieden. Das Problem ist durch ein Urteil des Bundes- sozialgerichts entstanden. Dieses hat ent- schieden, dass die gesetzlichen Krankenkas- sen diese fiktiv zugelassenen Präparate nicht zu erstatten brauchen. Dadurch kommt es immer häufiger vor, dass Krankenkassen diese Präparate in den Regress stellen. Sollte ein Arzt die Verordnung eines solchen Präparates für unverzichtbar halten, sollte er dieses auf einem Privatrezept verordnen. Der Patient kann sich dann als Mitglied/ Kunde seiner Krankenkasse mit dieser aus- einandersetzen und eine Rückerstattung einfordern. Der Arzt sollte in jedem Fall die rechtskräftige Zulassung abwarten und sich nicht bewusst einer Rückforderung ausset- zen. Eine offensichtlich aktuelle Übersicht findet der Vertragsarzt bei der KV Bayern unter der Internetadresse www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Verordnungen/Verordnungen Ak- tuell 2013. Im Prinzip muss aber jede Kas- senärztliche Vereinigung eine entsprechend verbindliche Auskunft geben können. Fiktiv zugelassene Arzneimittel dürfen nur auf ein Privatrezept. © lolipep / Fotolia.com

Darf ich die nicht verordnen?

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14 MMW-Fortschr. Med. Nr. 8 / 2013 (155. Jg.)

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Kostenlose Hotline: (0800) 2 37 98 30

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Helmut WalbertAllgemeinarzt, Medizinjournalist und Betriebswirt Medizin

Leser der MMW können sich mit allen Fragen zur Abrechnung und Praxisführung an Helmut Walbert, Facharzt für Allgemeinmedizin, Würz-burg, wenden. Sie erreichen ihn jeden Donnerstag von 13 bis 15 Uhr unter der kostenlosen Rufnummer (0800) 2 37 98 30 oder per E-Mail: [email protected].

Sonografien gibt es bei mir nur in der Privatsprechstunde

Kann ich die dann bei GKV-Patienten IGeLn?

Dr.med. K, Allgemeinmedizin, KVBW: Ich bin als Vertragsärztin mit GKV-Pa-tienten mehr als ausgelastet. Ich komme nicht dazu, Ultraschalluntersuchungen durchzuführen und möchte diese in mei-ne Sprechstundenzeiten für Privatpa- tienten verlagern. Hier habe ich noch freie Kapazität. Kann ich die Sonografien dann als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) abrechnen?Antwort: Bei medizinisch notwendigen Leistungen – sei es Diagnostik oder Thera-

pie – hat der GKV-Patient einen Anspruch auf Leistungen zu Lasten seiner Kranken-kasse. Dies ist leider unabhängig davon, ob die Leistung letztendlich bezahlt wird, oder ob das RLV überschritten wird. Zu notwen-diger Leistung sind wir vertraglich verpflich-tet. Wird Notwendiges unterlassen, droht Ärger auf allen Ebenen: Schadensersatzan-sprüche von Seiten des Patienten, Vorwürfe über vertragswidriges Verhalten von Seiten der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, unter Umständen Ärger mit

der Kammer wegen berufswidrigem Ver-halten. Lediglich Leistungen, die „WANZ“ (die saloppe Abkürzung für den Paragrafen 12 SGB V, „wirtschaftlich; ausreichend; not-wendig; zweckmäßig“) überschreiten, kön-nen geIGeLt werden. In diesen Fällen ist eine Verlagerung der Leistungen in eine Privat-sprechstunde nicht nur möglich, sondern unterstreicht auch den Selbstzahlercharak-ter. In solchen Fällen ist es wichtig, dass die vom Patienten gewünschte Leistung vorher vertraglich vereinbart wurde.

Fiktiv zugelassene Arzneimittel

Darf ich die nicht verordnen?Dipl. med. A. F., KV Thüringen: Ein Kollege erzählte mir, dass es Arznei-mittel gäbe, die seit Jahren auf dem Markt wären, aber nicht mehr verordnet werden dürfen. Können Sie mir da weiter helfen?Antwort: Der Kollege meinte sicherlich so genannte „fiktiv zugelassene Arzneimittel“. Bei diesen Medikamenten handelt es sich oft um Präparate, die schon lange auf dem Markt sind. Vor über zehn Jahren hat der Ge-setzgeber die Pharmafirmen aufgefordert, eine Nachzulassung durchzuführen. Bei einem Teil der in Frage kommenden Präpa-rate ist entweder das Nachzulassungsver-fahren noch nicht abgeschlossen oder ein laufendes Klageverfahren noch nicht ent-schieden.Das Problem ist durch ein Urteil des Bundes-sozialgerichts entstanden. Dieses hat ent-

schieden, dass die gesetzlichen Krankenkas-sen diese fiktiv zugelassenen Präparate nicht zu erstatten brauchen. Dadurch kommt es

immer häufiger vor, dass Krankenkassen diese Präparate in den Regress stellen. Sollte ein Arzt die Verordnung eines solchen Präparates für unverzichtbar halten, sollte er dieses auf einem Privatrezept verordnen. Der Patient kann sich dann als Mitglied/Kunde seiner Krankenkasse mit dieser aus-einandersetzen und eine Rückerstattung einfordern. Der Arzt sollte in jedem Fall die rechtskräftige Zulassung abwarten und sich nicht bewusst einer Rückforderung ausset-zen. Eine offensichtlich aktuelle Übersicht findet der Vertragsarzt bei der KV Bayern unter der Internetadresse www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Verordnungen/Verordnungen Ak-tuell 2013. Im Prinzip muss aber jede Kas-senärztliche Vereinigung eine entsprechend verbindliche Auskunft geben können.

Fiktiv zugelassene Arzneimittel dürfen nur auf ein Privatrezept.

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