Das Bindegewebe und seine Bedeutung für die CranioSacrale Therapie

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Immer wieder erstaunt die wohltuende und heilsame Wirkung der craniosacralen Therapie die Patienten und auch die Therapeuten. In dieser Ausarbeitung möchte ich das Augenmerk auf das Bindegewebe und die Faszien richten. Diese alles verbindenden und gestaltgebenden Strukturen sind für mich ein möglicher Erklärungsansatz für die Wirksamkeit der craniosacralen Therapie. Der besondere Aufbau und die daraus resultierenden Fähigkeiten dieser Gewebe sind meines Erachtens maßgeblich für die ganzheitliche Wirkung.Aus diesem Grund habe ich das 10-Punkte-Protokoll im Hinblick auf seine Verbindung zu den Faszien untersucht und dies zu einem zentralen Thema dieser Ausarbeitung gemacht.

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Richard Royster Institut

und seine Bedeutung in der CranioSacralen Therapie

Das Bindegewebe

Bernd Bosbach Im Binsenfeld 7 51515 Krten Email: [email protected]

for my beloved ones...Vielen Dank an: - Anne Bosbach - Dr. Richard Royster - Kirsten Balks - alle meine Lehrer

Inhaltsverzeichnis1. Einleitung ..............................................................................................................................1 2. Das Bindegewebe ...............................................................................................................2 2.1 Die Matrix .................................................................................................................... 4 2.1.1 Die Grundsubstanz .......................................................................................... 5 2.1.2 Kollagene Fasern ............................................................................................. 6 2.1.3 Elastische Fasern ............................................................................................. 7 2.1.4 Wasser .............................................................................................................. 8 2.1.5 Nichtkollagene Proteine ................................................................................ 10 3. Funktionen des Bindegewebes .........................................................................................11 3.1 Sttzfunktion .............................................................................................................. 11 3.2 Trgerfunktion .......................................................................................................... 12 3.3 Schutzfunktion .......................................................................................................... 12 3.4 Funktion in der Hmodynamik................................................................................ 12 3.5 Abwehrfunktion ........................................................................................................ 13 3.6 Kommunikation und Austausch ............................................................................. 13 3.7 Ein anderer Blick auf die Funktionen des Bindegewebes ..................................... 14 4. Myofasziale Strukturen .....................................................................................................16 4.1 Ketten, Zge und Bcken ......................................................................................... 16 4.1.1 Anatomische Zge nach Thomas W. Meyers ............................................... 16 4.1.2 Faszienketten nach Serge Paoletti .............................................................. 22 4.1.3 Transversale Faszienbrcken ........................................................................ 27 4.2 Lsionsketten ........................................................................................................... 28 5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie ...............................................29 5.1 Craniosacraler Rhythmus ........................................................................................ 29 5.2 Das 10-Punkte-Protokoll ......................................................................................... 29 5.2.1 CV-4 / Stillpunkt............................................................................................ 30 5.2.2 Transversale Entspannung ........................................................................... 31 5.2.3 Dekompression von L5-S1 ........................................................................... 33 5.2.4 Ausgleich von Okziput und Sakrum ............................................................ 33 5.2.5 Anheben des Os frontale ............................................................................. 33 i

5.2.6 Techniken an den Ossa parietalia .............................................................. 34 5.2.7 Dekompression der sphenobasilren Synchondrose ................................ 35 5.2.8 Techniken an den Ossa temporalia ............................................................ 36 5.2.9 TMG Kompression und Dekompression ..................................................... 37 5.2.10 Induktion eines Stillpunktes ...................................................................... 38 6. Schlussfolgerungen ...........................................................................................................39 7. Literatur ............................................................................................................................40 Abbildung 1: Kollagen-Biosynthese ........................................................................................6 Abbildung 2: Zusammenwirken von elastischer und kollagener Fasern ............................8 Abbildung 3: Verteilung von Wasser im menschlichen Krper ............................................9 Abbildung 4: Eine einfache Tensegrity-Struktur. Die stabilen Rhren entsprechen den Knochen, die Kabel entsprechen Myofaszialen-Strukturen ..............................................12 Abbildung 5: Vier zellulre Phasen der lokalen Abwehr .....................................................13 Abbildung 6: Die laterale Faszienkette. X = Berhrungspunkte der Faszien und Schaltstellen ...........................................................................................................................22 Abbildung 7: Die posteriore Faszienkette ............................................................................23 Abbildung 8: Die mediale und laterale Faszienkette der oberen Extremitten ...............24 Abbildung 9: Die periphere Faszienkette.............................................................................25 Abbildung 10: Die meningiale Faszienkette ........................................................................26 Abbildung 11: Transversale Faszienbrcken .........................................................................27 Abbildung 12: Fasziale Verbindungen des Os occiput ........................................................30 Abbildung 13: Os hyoideum und verbundene Faszien .......................................................32 Abbildung 14: Fasziale Verbindungen des Os frontale .......................................................34 Abbildung 15: Fasziale Verbindungen der Osssa parietalia ...............................................35 Abbildung 16: Fasziale Verbindungen des Os sphenoidale ...............................................36 Abbildung 17: Fasziale Verbindungen der Ossa temporalia ...............................................37 Abbildung 18: Fasziale Verbindungen des Os mandibulare ..............................................38 Tabelle 1: Embryonale Entwicklung ........................................................................................2 Tabelle 2: Keimbltter und Organe ........................................................................................3

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Tabelle 3: Die oberflchliche Rckenlinie .............................................................................17 Tabelle 4: Die oberflchliche vordere Linie ..........................................................................18 Tabelle 5: Die laterale Linie ...................................................................................................18 Tabelle 6: Die Spirallinie ........................................................................................................19 Tabelle 7: Die tiefe vordere Linie ...........................................................................................21

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1. Einleitung

1. EinleitungImmer wieder erstaunt die wohltuende und heilsame Wirkung der craniosacralen Therapie die Patienten und auch die Therapeuten. In dieser Ausarbeitung mchte ich das Augenmerk auf das Bindegewebe und die Faszien richten. Diese alles verbindenden und gestaltgebenden Strukturen sind fr mich ein mglicher Erklrungsansatz fr die Wirksamkeit der craniosacralen Therapie. Der besondere Aufbau und die daraus resultierenden Fhigkeiten dieser Gewebe sind meines Erachtens mageblich fr die ganzheitliche Wirkung. Aus diesem Grund habe ich das 10-Punkte-Protokoll im Hinblick auf seine Verbindung zu den Faszien untersucht und dies in zu einem zentralen Thema dieser Ausarbeitung gemacht.

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2. Das Bindegewebe

2. Das BindegewebeWas ist ein menschliches Wesen? Ein menschliches Wesen ist ein Behlter, den das Wasser erfunden hat, um an Land spazieren gehen zu knnen. (Deane Juhan 2003: 59)

Gebildet und zusammengehalten wird der von Deane Juhan erwhnte Behlter von Bindegewebe, das in unserem Krper in unterschiedlichen Formen vorkommt. Es kann eine fast wssrige Form haben, aber auch als festes und flexibles Netzwerk erscheinen. Dieses untersttzende Netzwerk unterteilt die unterschiedlichen Gewebe und Organe des Krpers in einzelne Einheiten und ist gleichzeitig die verbinde Struktur, die alles zu einem komplexen System zusammenfgt. Das Bindegewebe verwandelt den Zug der Schwerkraft und die Kontraktionen der Muskulatur in kontrollierte, harmonische Bewegungen unserer Krperteile. Bindegewebe wird gebildet von den Mesenchymzellen des Mesoderms, dass als drittes Keimblatt in der dritten Woche der embryonalen Entwicklung entsteht. 1. Woche 2. Woche 3. Woche 4. Woche 2.Monat Einfurchung, Bildung der Blastozyste 1 Umwandlung der Blastozyste in die zweiblttrige Keimscheibe mit Ektoderm und Entoderm Umwandlung der zweiblttrigen in die dreiblttrige Keimscheibe mit Ektoderm, Mesoderm und Entoderm Abgrenzung des Embryos; Auftreten der Gliedmaenknospen; zahlreiche Organanlagen; Entstehung des uteroplazentaren Kreislaufes Entwicklung vieler Organe; Ausbildung der Krperform; zunehmendes Kopfvolumen, Augen, Ohren und Nase nehmen ihren Platz ein; Entwicklung der Gliedmaen Alle Organanlagen befinden sich an ihrem Platz und die Organe wachsen, differenzieren sich und reifen. Ende des 6. Monats ist der Fetus lebensfhig Tabelle 1: Embryonale Entwicklung

3. bis 6. Monat

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Die Blastozyste (gr.: blastos = Spross, Keim; kystis = Blase bzw. Keimblschen) ist bei den meisten Sugetieren jenes Entwicklungsstadium der Embryogenese, das der Bildung der Morula folgt

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2. Das Bindegewebe

Aus den Keimblttern entwickeln sich die Krperorgane und -gewebe wie folgt: Mesoderm Bindegewebe, Knorpel, Knochen, quergestreifte und glatte Muskulatur Perikard, Pleura, Peritoneum Blut- und Lymphzellen Herzwnde, Blut- und Lymphgefe Nieren und Gonaden mit ihrem Drsenapparat Nebennierenrinde und -mark Milz Muskel- und Bindegewebsschichten des Verdauungssystems Epithelauskleidung des Verdauungstraktes, der Blase und des Ureters Wandepithel des Respirationstraktes, der Paukenhhle und der Tuba Eustachii Parenchym der Tonsillen, der Schilddrse und der Nebenschilddrse Thymus

Entoderm

sophagus, Magen, Leber, Gallenblase und Gallenwege Pankreas, Darmtrakt Tracheobronchialsystem Allantois und inneres Blatt der Kloaken- und Rachenmembran

Ektoderm

Zentrales und peripheres Nervensystem Sinnesepithel der Sinnesorgane Haut und Hautanhangsgebilde Brustdrse Hypophyse Zahnschmelz Tabelle 2: Keimbltter und Organe

Die Vielfltigkeit seiner Erscheinungsformen erhlt das Bindegewebe durch die unterschiedliche Zusammensetzung. Hier muss man zellulre und extrazellulre Bestandteile

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2. Das Bindegewebe

des Bindegewebes unterscheiden, die durch ihr Vorkommen die Funktion des Gewebes mitbestimmen. Die Zellen des Bindegewebes werden eingeteilt in ortsstndige und bewegliche Zellen. Die ortsstndigen Zellen sind: Fibroblasten, die eine wichtige Rolle bei der Synthese der extrazellulren Matrix spielen und Fibrozyten, die durch ihre langen Fortstze dreidimensionale Gefge bilden und so das Bindegewebe stabilisieren. Chondroblasten, die alle Komponenten der Knorpelgrundsubstanz bilden und Chondrozyten, aus Chodroblasten hervorgehende und im Knorpelgewebe ansssige Zellen. Osteoblasten, Zellen die fr die Knochenbildung verantwortlich sind und Osteozyten, die im Lakunensystem der mineralisierten Knochen liegen. Mastzellen, Zellen der krpereigenen Abwehr, die bestimmte Botenstoffe, unter anderem Histamin und Heparin gespeichert haben. Fettzellen, Zellen des Fettgewebes. Diese Zellen entstehen im Bindegewebe, leben und sterben dort. Sie entstehen aus den Mesenchymzellen des Mesoderms. Die beweglichen Zellen hingegen stammen von den Knochenmakszellen ab. Zu ihnen zhlen: Makrophagen, gehren zu den Fresszellen (Phagozyten) und damit zum Immunsystem. Leukozyten, Zellen des Krpers, die im Blut, im Knochenmark, in den lymphatischen Organen und anderen Krpergeweben zu finden sind. Leukozyten erfllen spezielle Aufgaben in der Abwehr von Krankheitserregern und krperfremden Strukturen. Die extrazellulren Bestandteile des Bindegewebes werden als als Grundsubstanz oder Matrix bezeichnet. Synonym werden die Begriffe extrazellulre Matrix und amorphe Matrix benutzt.

2.1 Die MatrixIm deutschsprachigen Raum wird der Begriff Grundsubstanz als die Zusammenfassung von Glykosaminnoglykanen und Proteoglykanen definiert. Im englischsprachigen Raum werden die Begriffe Grundsubstanz und Matrix synonym benutzt. Da die Matrix aber mehr umfasst als nur die Zusammenfassung von Mucopolysacchariden, benutze ich hier diesen Begriff. Zur Matrix zhlen alle extrazellulren Bestandteile des Bindegewebes. Sie beinhaltet: Grundsubstanz Kollagene Fasern 4

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Elastische Fasern Wasser Nicht-kollagene Proteine

Auer Wasser werden die Bestandteile der Matrix von den Bindegewebszellen gebildet. Durch die Matrix erhlt das Gewebe sein Volumen. Es entsteht eine stabiles Netzwerk. Die Grundsubstanz und das gebundene Wasser haben die Aufgabe, Gewicht zu tragen und Ste zu dmpfen. 2.1.1 Die Grundsubstanz Die transparente flssige Grundsubstanz, die in allen Bindegeweben des Krpers gefunden werden kann, ist die Basis ihrer unterschiedlichen Formen. Sie sieht aus und hat die Konsistenz von rohem Eiwei eines Hhnereis. Von Ihr werden alle Zellen des Krpers umsplt. Damit ist sie Teil des inneren Ozeans (Deane Juhan) Produziert wird die Grundsubstanz von den Fibroblasten, die aus dem embryonalen Mesoderm hervorgehen und die zu den am frhsten spezialisierten Zellen gehren. Die Grundsubstanz kommt in einer Vielzahl von Varietten vor, die eines gemeinsam haben, sie bestehen alle aus Kohlehydraten in Verbindung mit einer Proteinkette einem Mucopolysaccharid. Die chemische Zusammensetzung ist komplex und kann sehr unterschiedlich sein. Daraus ergibt sich eine hohe Anpassungsfhigkeit der Grundsubstanz an unterschiedliche Bedingungen und unterschiedliche Anforderungen. Whrend lange Mucopolysaccharid-Ketten der Grundsubstanz einen eher gelartige Zustand verleihen, fhren krzere Moleklketten zu einem eher solartigen Zustand. Diese Zustnde verndern sich in gesundem, aktiven Gewebe stndig. Eine gesunde Grundsubstanz untersttzt das chemische und physikalische Gleichgewicht aller Gewebe im Krper.

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2.1.2 Kollagene Fasern Kollagen ist das hufigste Protein im Tierreich. Etwa 40 % allen Eiweies im Krper ist Kollagen. In der Entwicklung des menschlichen Embryos taucht das Kollagen am 12. Tag der Entwicklung auf. Es entspringt dem Mesenchym, einer Unterart des Mesoderms.

Abbildung 1: Kollagen-Biosynthese (nach Solitchka, 2005 [http://fr.wikipedia.org fr.w]) Aufgebaut sind Kollagene Fasern aus links-spiralig verdrehten Eiweiketten (Polypeptiden), die als Alpha-Helix bezeichnet werden. Diese Eiweiketten enthalten 333 Aminosuren. Drei Alpha-Ketten werden rechts-spiralig zu einer Tripelhelix zusammengefhrt. Diese dreifache Helix ist das eigentliche Kollagenmolekl. Die drei Polypeptidketten des Kollagenmolekls enthalten also 1000 Aminosuren. Man unterscheidet Alpha-1-Ketten und Alpha-2-Ketten. Unterschiedliche Kollagentypen ergeben sich aus der Kombination unterschiedlicher Alpha-Ketten. So besteht der Kollagentyp 1 aus zwei Alpha-1-Ketten und einer Alpha-2-Kette, der Kollagentyp 2 besteht aus drei Alpha-1-Ketten. Durch das Zusammenketten und spiralige verdrehen von Kollagenmoleklen entstehen Kollagenfibrillen. Mehrere Kollagenfibrillen bilden eine Kollagenfaser. 6

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2. Das Bindegewebe

Makroskopisch betrachtet, findet man in Sehnen und Bndern Bndel von Kollagenen Fasern, die spiralig verdreht sind. Die wiederholte entgegengesetzte Verdrehung erhht die Belastbarkeit der Strukturen. Das Prinzip der spiralig verdrehten Fasern findet man in Nhgarn, Seilen und Stahlseilen. Mit 50 bis 100 N/mm2 ist die Zugfestigkeit kollagener Fasern und Fibrillen hher als die von Stahl. Kollagene Molekle, Fibrillen und Fasern richten sich nach der Belastung aus, die auf die jeweilige Struktur einwirken. Erfolgt die Belastung stets auf die gleiche Weise und aus der gleichen Richtung, so orientiert sich das kollagene Material daran. Es entsteht geformtes Bindegewebe. Wirken die Belastung aus stndig wechselten Richtungen auf das Gewebe ein, bildet sich ein eher maschenartiges Geflecht. Das so entstehende Gewebe wird als ungeformtes Bindegewebe bezeichnet. Fr die Ausrichtung und Orientierung kollagener Molekle ist die piezoelektirsche Aktivitt extrem wichtig. Produziert werden die Proteine, aus denen die Kollagenen Fasern bestehen, von den Fibroblasten. Aufgrund des Aufbaus aus Proteinketten sind zhlen kollagene Fasern nicht zum lebenden Gewebe 2.1.3 Elastische Fasern Im lockeren Bindegewebe und elastischem Knorpel findet man die elastischen Fasern, deren Hauptbestandteil das Elastin ist. Das Ligamentum flavum besteht fast ausschlielich aus elastischen Fasern. Elastin hat eine gelbliche Farbe, aus diesem Grund weisen Gewebe in denen dieser Stoff in groen Mengen vor kommt ebenfalls eine gelbliche Frbung auf. Das oben genannte Ligamentum flavum ist nach diesem Farbton benannt bersetzt heit es gelbes Band. In Gefen betrgt der Anteil an elastischen Fasern 50 %, in der Haut und in Sehnen nur etwa 2 5 %. Gebildet werden die elastischen Fasern aus der amorphen Masse des Elastin, das von Mikrofibrillen umgeben ist. Elastische Fasern sind sehr verzweigt und bilden eine netzartige Struktur. Sie knnen sich um 100 bis 150 % verlngern. Bei ihrer Verlngerung speichern sie potentielle Energie, die nach der Belastung dafr sorgt, dass sie wieder in ihre Ursprungsform zurckkehren.

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2. Das Bindegewebe

Abbildung 2: Zusammenwirken von elastischer und kollagener Fasern Entsprechend ihrem Namen verleihen die elastischen Fasern dem Gewebe Elastizitt und Mobilitt. Wirken Belastungen auf Sehnen und Bnder, werden diese zuerst von den elastischen Fasern aufgefangen und dann gleichmig auf die kollagenen Fasern bertragen. Dabei sorgen die elastischen Fasern dafr, dass der wellenfrmige Verlauf der kollagenen Fasern beibehalten wird. Bei 37C liegt das Funktionsoptimum der elastischen Fasern. 2.1.4 Wasser Der Mensch besteht im Volumen zu 70 % und im Gewicht zu 60 % aus Wasser. In unserem Krper finden wir Wasser an den unterschiedlichsten Stellen: Als interstitielle Flssigkeit zwischen den Zellen Als Bestandteil unseres Blutes, in den Gefen Als Bestandteil des Liquor cerebrospinalis Als axoplasmatische Flssigkeit im Nervensystem Innerhalb unserer Zellen

70 % des im Krper vorhandenen Wasser findet sich in Zellen. Es macht 80 % der Gesamtmasse einer Zelle aus. Die restlichen 30 % lassen sich der extrazellulren Flssigkeit zu ordnen. Davon sind 20% intramuskulr, ca. 13% transzellulr (Augen, Bauchraum, Rckenmark, Gehirn usw.) und ca. 67% interstitiell.

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2. Das Bindegewebe

Abbildung 3: Verteilung von Wasser im menschlichen KrperBetrachten wir den Krper als einen mit Wasser gefllten Ballon, so lge dieser in Form einer abgeflachten Kugel auf der Erde. Nhmen wir nun ein Klebeband und schnrten damit den Ballon ein, entstnde eine zylindrische Form, die es dem Ballon ermglichen wrde, aufrecht zu stehen. Wrden wir nun fortfahren und den Ballon mit weiterem Klebeband einschnren, knnten wir ihn dnner und schmaler werden lassen. So liee sich der Ballon in jede denkbare Form bringen, ohne im inneren eine Feste Struktur zu bentigen. Wre die Hlle des Ballons ausreichend fest (und wir erinnern uns,

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2. Das Bindegewebe

dass Bindegewebe sehr fest ist), knnten wir den Ballon weiter formen und quetschen, bis wir ausreichend hydrostatischen Druck aufgebaut htten, um eine recht festen Zylinder zu erzeugen. (Dean Juhan 2003: 81, bersetzt vom Autor)

Wasser besitzt unterschiedliche Aggregatzustnde, die von der Temperatur abhngig sind. Wasser kommt als Eis, flieendes Wasser oder Dampf vor. Bei niedrigen Temperaturen entsteht die feste Form des Eises, hier bilden die einzelnen Molekle eine homogene Masse von Kristallen. Entsteht Dampf, so spaltet sich Wasser bei hohen Temperaturen in einzelne Molekle auf. Flieendes Wasser finden wir, wenn die Temperatur zwischen den beiden Extremen liegt. Bei 37C, die in unserem Krper herrschen, liegen 50% des Wasser in halbkristalliner Form vor, es bilden sich Flssigkristalle. Durch die Flssigkristalle kann Wasser Informationen speichern und weiterleiten. Erhht sich die Temperatur, wird das Wasser flssiger und besitzt weniger Flssigkristalle. Eventuell gespeicherte Informationen werden gelscht. 2.1.5 Nichtkollagene Proteine Die nichtkollagenen Proteine kommen berall im Bindegewebe vor, sie gelten als Vernetzungs- und Verbindungsproteine. Sie knnen von allen Bindegewebszellen gebildet werden. Sie verbinden die extrazellulren Bestandteile des Bindegewebes miteinander. So entsteht ein Netzwerk, das dem Bindegewebe seine Funktion verleiht. Nichtkollagene Proteine ermglichen den Transport von Stoffen durch das BIndegewebe und beeinflussen die Polaritt von Zellen, damit sind sie an Stoffwechselvorgngen beteiligt. Eine weitere wichtige Funktion besteht in der Bildungen von Verbindungen zwischen Proteoglykanen und Hyaloronronsureketten. Dadurch wird Wasser im Gewebe gebunden, dadurch kann das Gewebe seine druckabsorbierende Funktion erfllen.

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3. Funktionen des Bindegewebes

3. Funktionen des BindegewebesSo vielfltig die Erscheinungsformen des Bindegwebes sind, so vielfltig sind auch seine Funktionen. Die unterschiedlichen Funktionen des Bindegewebes lassen sich anatomisch, histologisch und physiologisch ableiten. Betrachtet man die Vielzahl von Aufgaben, die das Bindegewebe in unserem Krper bernimmt, kann man mit Bestimmtheit behaupten, dass es eine fundamentale Rolle fr die Aufrechterhaltung aller Krperfunktionen spielt.

3.1 SttzfunktionDas Bindegewebe ist das gestaltgebende Gewebe. Es dient der anatomischen Unversehrtheit des Einzelnen und gibt ihm seine unverkennbare Gestalt. Es sorgt dafr, dass Gelenke stabil bleiben und funktionieren. Bindegewebe ist das "Organ", welches Bewegung auf den Krper bertrgt und uns zu einem strukturellen Ganzen macht. Durch das Zusammenwirken von Bindegewebe und aktiven Muskeln mit unserem Skelett erhlt unser Krper ein Spannungssystem, das grundlegend ist fr unsere aufrechte Struktur. Dieses Spannungsystem lsst sich am besten mit einem Begriff beschreiben, den Buckminster Fuller 2 geprgt hat - "Tensegrity".

Abbildung 4: Eine einfache Tensegrity-Struktur. Die stabilen Rhren entsprechen den Knochen, die Kabel entsprechen Myofaszialen-Strukturen

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US-amerikanischer Architekt, Konstrukteur, Designer, Philosoph und Schriftsteller. Er zhlt neben Frei Otto und Santiago Calatrava zu den fhrenden Vertretern einer biomorphen Architektur.

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3. Funktionen des Bindegewebes

Die Funktion einer Tensegrity-Struktur beruht in erster Linie auf der Strke der verbindenen Kabel, nicht auf der Strke der starren Strukturen. Sind die verbindenden Kabel zu schwach, nicht angepasst oder von unzureichender Lnge, raubt das der Struktur einen Groteil ihrer Stabilitt. Die Prinzipien der Tensegrity beschreiben sehr genau das Verhltnis zwischen dem Bindegewebe, den Muskeln und dem Skelett.

3.2 TrgerfunktionGetragen vom Bindegewebe durchziehen das Nerven-, das Gef- und das Lymphsystem unsern Krper. Diese System sind eng miteinander verwoben, so bestehen sie nicht nur zum Teil selber aus Bindegewebe, sondern sind von Bendegewebshllen umgeben, die wiederum mit dichteren Bindegewebsstrukturen verbunden sind und von ihnen gelenkt werden.Besonders deutlich wird die tragende Rolle der Faszien (des Bindegewebes, Anm. d, Verf.) anhand der Fascia cervicalis profunda, die unlsbar mit dem Plexus cervicalis und den sympathsichen Zentralganglien verbunden ist, sowie am Beispiel der Mesos, die echte Trgerstrukturen fr Gefe und Nerven darstellen. (Serge Paoletti 2001: 147)

3.3 SchutzfunktionDas Bindegewebe schtzt den Krper vor der Wucht einwirkender Krfte. Es bewahrt die von ihm umgebenen Strukturen vor Kompression, Zug und Schdigung. Die Schutzfunktion wird im Bereich des Gehirns und des Rckenmarks besonders deutlich, wo das Bindegewebe - die Meningen und Membranen - Druckschwankungen und Ste absorbieren um so die Strukturen vor schdigenden Wirkungen zu schtzen.

3.4 Funktion in der HmodynamikWie bereits beschrieben, umkleidet das Bindegewebe die Gefe. So bildet es auch die Hlle fr Venen und Lymphgefe. Wirkt im arteriellen Gefsystem vor allem die Kraft des Herzen, so gibt es fr den Rckstrom von Blut und Lymphe keine vergleichbare Pumpe. Venen und Lymphgefe besitzen anders als Arterien auch keine feste, schwer verformbare Wandstruktur, sie knnen kollabieren. Aus diesem Grund finden sich in den genannten Gefen Klappen, die den Rckstrom zu Herzen erleichtern, aber nicht bewerkstelligen. 12

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3. Funktionen des Bindegewebes

Untersttzt wird der Rckstrom von den Faszien, die sich ununterbrochen mit einer Frequenz von 8 - 12 cpm bewegen. Durch die Kontraktion der Faszien kommt eine Pumpbewegung zustande, die hilft die Flssigkeit weiterzubewegen. Venen und Lymphgefe durchstoen die Faszien im Bereich von ringfrmigen Strukturen. Tritt an diesen Stellen zu viel Spannung auf, so knnen diese Ringstrukturen die Gefe frmlich abschnren und so den Rstrom empfindlich stren.

3.5 AbwehrfunktionDem Bindegewebe kommt eine wichtige Rolle in der Abwehr zu. Die erste Abwehrreihe im Kampf gegen Krankheitserreger nimmt die Grundsubstanz ein. Diese reagiert mit einer lokalen Abwehrreaktion, noch bevor die allgemeine Abwehr eingreift. Gesteuert wird diese lokale Abwehr durch eine Reihe von Gewebshormonen.

Abbildung 5: Vier zellulre Phasen der lokalen Abwehr Zudem trennen bindegewebige Strukturen die einzelnen Krperhhlen und Organsysteme voneinander ab. Durch diese Barrieren wird eine ungehinderte Verbreitung von Krankheitserregern und Noxen im gesamten Organismus verhindert.

3.6 Kommunikation und AustauschDas Bindegewebe und damit die Grundsubstanz sind mit den Zellen des menschlichen Krpers eng verbunden. ber die extrazellulre Flssigkeit stehen die Zellen im 13

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3. Funktionen des Bindegewebes

Austausch mit der Grundsubstanz. Das dient zum einen der Abwehr, und zum anderen der stndigen Kommunikation.

3.7 Ein anderer Blick auf die Funktionen des BindegewebesNeben der rein anatomischen und physiologischen Betrachtung des Bindegewebes, gibt es einen anderen Blick auf dieses gestaltbildende und vernetzende Gewebe. MaeWan Ho schreibt, dass wir dem Bindegewebe nicht ausreichend gerecht werden, wenn wir nur seine mechanischen Funktionen betrachten und es als armseligen Cousin anderer Substanzen in unserem Krper sehen. Sie betrachtet das Bindegewebe als _Flssigkristall_, mit den entsprechenden Eigenschaften. Sie betont, dass die Bindegewebe eine wichtige Rolle in der schnellen Interkommunikation spielen, die unsere Krper als ein _kohrentes Ganzes_ funktionieren lassen. Sie bezieht sich bei Ihren Betrachtung unter anderen auf James L. Oschman, der schreibt:Um es noch einmal zu wiederholen, man erkennt jetzt, das diese Bindegewebe-Faser-Systeme neben ihrer offensichtlichen Funktion fr die Krpermechanik und -architektur auch wichtige Kommunikations- un Stofwechsel-Systeme darstellen. Sie sind Teil des Halbleiter-Tensegrity-Schwingungs-Kontinuum, das alle Teile des Organismus miteinander kommunizieren lsst. (J.L.Oschmann, 2009: 179)

Von besonderem Interesse hierbei scheint die Betrachtung der kollagenen Fasern und ihrer besonderen Eigenschaften. Der besondere Aufbau aus Alpha-Helices und Tipel-Helices, die wechselnd spiralig mit einander verdreht sind, erinnert an elektronische Schaltkreise. Wie bei diesen kann man den Faserverlauf im Bindegewebe als Reihen-Parallelschaltung betrachten. So wirkt sich die Ausrichtung des Kollagenennetzes auf das Gesamtenergiefeld des Krpers aus. Zu dem betrachten diverse Autoren die kollagenen Fasern als lebende Kristalle. Fr Mae-Wan Ho liegt in den besonderen kristallinen Eigenschaften des Netzes, dass aus kollagenen Fasern und gebundenem Wasser erzeugt wird eine Form von Erinnerung, die durch weitere Vernetzung und chemische Modifikation des Kollagens weiter verfestigt werden kann. So speichert dieses Netzwerk Erinnerungen an vergangene Erfahrungen, hat aber auch die Kapazitt neue Erfahrungen zu registrieren, da Bindegewebe ebenso wie der Rest unseres Krper einem metabolischen Umsatz unterliegt. Man kann sagen, dass Erinnerungen dynamisch in dem strukturierten Netzwerk verteilt und gespeichert werden. 14

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3. Funktionen des Bindegewebes

Fritz A. Popp, der Begrnder der Biophotonen-Forschung, geht davon aus, dass eine der wichtigsten Informationsleitungen in unserem Krper eine optische sein muss, da nur kohrentes Licht in der Lage wre eine Zahl von 1 Trillion biologischer Prozesse in unserem Krper ausreichend effektiv zu koordinieren. Auch in diesem Zusammenhang scheint der besondere Aufbau der Kollagen Molekle von Interesse zu sein, da sie durch den spiraligen Aufbau als optisch aktive Molekle gelten. Sie bernehmen damit eine Rolle in der Lichtlenkung in unserem Organismus.

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4. Myofasziale Strukturen

4. Myofasziale StrukturenBindegewebe findet sich im ganzen Krper, von Kopf bis Fu. Es gibt hrteres und weicheres, eher elatisches und eher rigides. So ist ein Knochen eine Ansammlung von hrterer interzellulrer Matrix in einem bindegewebigen Bett. Eine andere spezialisierte Form des Bindegewebes sind die Myofaszien. Wir finden Myofaszien als eine strkere Ansammlung von Fasern auf der Oberflche von Muskeln. Sie bndeln einzelne Muskelfibrillen zu Muskelfaser, Muskelfasern zu Muskelfaserbndeln und diese zu Muskeln. Myofsazien verbinden angrenzende Muskeln zu Gruppen. Muskeln dehnen sich aus und ziehen sich zusammen, indem sie Druck auf das myofsziale Gewebe ausben. Dieses Gewebe bertrgt dann, wie ein Abspannseil, die Bewegung auf das Periosteum der Knochen.

4.1 Ketten, Zge und BrckenThomas W. Myers beschreibt anatomische Zge, die er nach klaren Regeln definiert und durch Prparation nachgewiesen hat. Wichtig fr ihn ist, dass die Gewebe, die einen anatomischen Zug ausmachen, eine fortlaufende Ausrichtung von Fasern haben. Diesen Regeln folgend definiert Myers acht anatomische Zge oder myofasziale Meridiane. (Myers, Thomas W. 2009 : 65) Schultz und Feitis beschreiben sieben myofasziale, ringfrmig um den Krper laufende Bnder. Diese Bnder oder Brcken sind verbindende Strukturen, in Bereichen des Krpers, in denen traditionell keine anatomischen Verbindungen von vorne nach hinten zu finden sind. Man kann sich diese auch als transversale Ebenen durch den Krper sehen. ( Schultz, R. Louis & Feitis Rosemary. 1996 : 53) Serge Paoletti unterscheidet 7 Faszienketten er sieht die die Funktion der Faszienketten in drei wichtigen Bereichen. So dienen sie der Kraftbertragung, der Bewegungskoordination und -harmonisierung, sowie der Stodmpfung. 4.1.1 Anatomische Zge nach Thomas W. Meyers In den folgenden Tabellen finden sich die Beschreibungen anatomischen Zge nach Thomas W. Myers, unterteilt in myofsaciale Zge und kncherne Stationen. Ausgelassen sind die Armlinien und die Funktionale Linie.

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4. Myofasziale Strukturen

Die oberflchliche RckenlinieKncherne Stationen Myofasziale Zge Os frontale, obere Kante der Augenhhle Galea aponeurotica Kante des Os occiput Fascia sacrolumbale Os sacrum Ligamentum sacrotuberale Tuberositas ischidicum Ischiocrurale Muskulatur Condylus des Femurs Achillessehne Os calcaneus Fascia plantaris plantare Flchen der Phalangen der Ossa digitorum plantares Tabelle 3: Die oberflchliche Rckenlinie

Die oberflchliche vordere LinieKncherene Stationen Myofasziale Zge Fazie der Kopfhaut Processus mastoideus M. sternocleidomastoideus Manubrium sternalis Fascia sternochondrale 5. Rippe M. rectus abdominis Tuberculum pubis M. rectus femoris 17

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4. Myofasziale Strukturen

Kncherene Stationen Myofasziale Zge Patella Subpatellare Sehne Tuberositas tibiae Kurze und lange Zehenextensoren dorsale flche der Phalangen der Ossa digitorum plantares Tabelle 4: Die oberflchliche vordere Linie

Die laterale LineKncherne Stationen Myofasziale Zge Kante des Os occipitale / Processus mastoideus M. spleniius capitis / M. sternocleidomastoideus 1. und 2. Rippe Mm. intercostalis internus et externus Rippen M. obliquus lateralis SIPS, SIAS, Crista iliaca M. gluteus maximus M. tensor fasica latae Tractus iliotibialis, Abduktoren Condylus lateralis tibiae Lig. fibula anterior Fibulakpfchen Mm. peronei longus et brevis 1. bis 5. Metatarsale Tabelle 5: Die laterale Linie

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4. Myofasziale Strukturen

Die SpirallinieKncherne Stationen Kante des OS occipitale / Prozessus mastoideus / Processus transverle des Atlas und des Axis Mn. splenius capitis et cervicis Proccessus spinale der unteren HWK und oberen BWK Mm. rhoboidei major et minor medialer Rand der Skapula M. seratus anterior Seitliche Rippen M. obliquus externus, Aponeurose, Linea alba M. obliquus internus Crista iliaca, SIAS Tensor fascia latae, Tractus iliotibialis Condylus tibialis lateralis M. tibialis anterios Basis der 1. Metatarsale M. peroneus longus Fibulakpfchen M. biceps femoris Tuberositas ischiadicum Lig. sarotuberale Os sacrum Fascia sacrolumbale, M. erector spinae Kante des Os occipitale Tabelle 6: Die Spirallinie abdominale Myofasziale Zge

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4. Myofasziale Strukturen

Die tiefe vordere LinieKncherne Stationen Myofasziale ZgeGEMEINSAME UNTERE

LINIE M. tibialis posterior, Lange Zehenflexoren

Plantare tarsale Knochen, Zehen Posteriore / superiore Fibula / Tibia Fascia popliteus, Kapsel des Knies Epicondylus femoralis medialis Septum intermusculare posterior, Mm. adductor magnus und minimus Ramus ischiadicum Faszie des Beckenbodens, M. levator anus, Fascia oturatorius internus Os coxygeus Fascia sacralis anterior, Lig. longitudinale anterior Krper der LumbalwirbelTIEFER ANTERIORER

ANTEIL

Epicondylus femoralis medialis Linea aspera femoralis Septum intermusculare anterior, Mm. adductor brevis und longus Trochanter femoralis minor M. psoas, M. iliacus, M. pectineus, Triangulum femoralis Krper der Lumbalwirbel und QuerfortstzeHINTERER OBERER

ANTEIL

Krper der Lumbalwirbel

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4. Myofasziale Strukturen

Kncherne Stationen Myofasziale Zge Lg. longitudinale anterior, Mm. longus capitis und collis Basis des Occiput OBERER MITTLER ANTEIL Krper der Lumbalwirbel Hinterer Anteil des Zwerchfells, Crus diaphragma, Zentralsehne Pericard, Mediastinum, Pleura Fascia prevertebralis, Pharynx, Mm. scaleni, Fascia scaleni medialis Basis des Occiput OBERER VORDERER ANTEIL Krper der Lumbalwirbel Hinterer Anteil des Zwerchfells, Crus diaphragma, Zentralsehne Vorder Teil des Zwerhfell Posteriorer Teil der unteren Rippen, des Rippenknorpels und des Proc. xyphoideus Fascia endothoracica, Hinterer Teil des Manubrium Infrahyoidale Muskulatur, Fascia pretrachalis Os hyoideus Suprahyoidale Muskulatur Os mandibulus Tabelle 7: Die tiefe vordere Linie

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4. Myofasziale Strukturen

4.1.2 Faszienketten nach Serge Paoletti Auch Paoletti beschreibt die Faszienketten als durchgehende Strukturen, von Kopf bis Fu, die sich anhand der Faserverlufe klar unterscheiden lassen. Er unterscheidet innere und uere Faszienketten, die mit einander in Verbindung stehen. (Paoletti, Serge. 2001) Die von ihm beschriebene laterale Fazienkette beginnt am Fu, geht ber in die uere Faszie des Unterschenkels und setzt dann am Fibulakpfchen an. Danach zieht sie weiter auf die Vorder-Auenseite des Oberschenkels, ber den Tractus iliotibialis und die Fsacia lata. Im Bereich der Hfte und des Beckens trifft sie auf eine horizontale Faszienkette, die ber den M. piriformis und den M. obturatorius internus mit dem Perineum verbunden ist. Ab dem Becken gibt es zwei mgliche Verlufe. Anterior folgt sie den Mm. recti abdominis und dann den thorakalen Faszien und geht dann in Hhe der Schlsselbeine in die oberflchlichen Faszien ber und zieht bis zum seitlichen Schdelbereich. Der posteriore Verlauf folgt der Fascia thoracolumbalis und trifft im hinteren Bereich des Schultergrtels auf die Auenrotatoren der Schultern. ber die Faszie der Mm. trapezius, splenius und semispinalis erreicht sie die hintere Seite des Okziput.

Abbildung 6: Die laterale Faszienkette. X = Berhrungspunkte der Faszien und Schaltstellen (Paoletti, S.: 2001, S. 181)

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4. Myofasziale Strukturen

Die posteriore Faszienkette beginnt ebenfalls am Fu, geht ber in die Faszie an der Rckseite der Wade. Auf Kniehhe findet sich eine Schaltstelle. Von hier geht sie ber in die Faszie des Biceps femoris. Die Schaltstellen in Hhe des Geses am Tuber ischiadicum, Keuz- und Steibein, und an der Crista iliaca folgt als nchstes. Danach steigt diese Faszienkette hinten wie die laterale Faszienkette nach oben. ber die schrg verlaufenden Fasernd der Fascia thoracolumbalis kann sie aber auch zu Gegenseite ziehen. im Gesbereich trifft sie mit zwei anderen Fszienketten zusammen. In horizontaler Richtung mit der Perinealfaszie - ber das Steibein und die Ligg. sacrotuberale. In vertikaler Richtung mit der Dura-mater-Faszie - ber das Steibein und Fasern, die den Endabschnitt der Dura mater unter Zwischenschaltung von Kreuz- und Steibein mit dem Lig. sacrotuberale verbinden.

Abbildung 7: Die posteriore Faszienkette (Paoletti, S.: 2001, S.182) An der Hand beginnt die mediale Faszienkette und verluft von dort entlang dem vorderen Innenrand der ventralen Unterarmmuskeln. An der Schaltstelle am Ellbogen kann ein Teil der Kraft ber die schrg verlaufenden Fasern der Bizeps-Faszie auf die laterale Faszienkette bertragen werden. Sie verluft weiter entlang des Septum intermuskulare mediale zur Faszie des M. coracobrachialis, ber die Schaltstelle am Acromi-

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4. Myofasziale Strukturen

um und an der Klavikula. Sie endet ber die Fsascia cervicalis superficalis und die Skalenusfaszie vorn-seitlich am Schdel. Die laterale Faszienkette der oberen Extremitt verluft entweder entlang dem vorderen medialen Faszienrand der radiusseitigen dorsalen Unterarmmuskeln oder entlang dem hinteren-medialen Rand derselben Faszie. Von hier verluft sie ber die Schaltstelle an der Auenseite des Ellbogens, entlang des Septum intermusculare laterale bis zum spitzen Winkel des M. deltoideus. Hier kann sie zwei Richtungen einschlagen. Nach vorn-medial ber den medialen Anteil der Deltoideusfaszie ab hier nimmt Sie den gleichen Verlauf, wie die mediale Faszienkette. Nach hinten-lateral kann sie ber den lateralen Rand der Fascia deltoidea verlaufen. Dieser Verlauf der Kette setzt an der Spina scapula an und trifft dort auf die schrgen Fasern der posterioren Faszienkette des M. latissimus dorsi und der Auenrotatoren zusammen. Letztlich erreicht sie das Okziput auf gleichem Weg wie die posteriore Faszienkette.

Abbildung 8: Die mediale und laterale Faszienkette der oberen Extremitten (Paoletti, S.: 2001, S. 182) Die obenbeschrieben Faszienketten zhlen zu den ueren Faszienketten. Die inneren Faszienketten unterteilt Paoletti in eine periphere und eine zentrale Faszienkette.

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4. Myofasziale Strukturen

Die periphere Faszienkette hat ihren Ursprung im Perineum, dabei ist zu beachten, dass die ueren Faszienketten ber die Faszien des Damms und der Mm. piriformis und obturatorius hier einen Einfluss haben knnen. Vom Perineum aus geht sie in die Fascia transversalis oder das Peritoneum ber und zieht zur Schaltstelle in Zwerchfellhhe. Zieht dann weiter mit der Fascia endothoracica zum Schultergrtel. Dort befindet sich eine weitere Schaltstelle. Angenhert an die ueren Faszienketten setzt sie endlich an der Schdelbasis an.

Abbildung 9: Die periphere Faszienkette (Paoletti, S.: 2001, S. 183) Ausgangspunkt der Zentralen Faszienkette ist das Zwerchfell. Dabei ist daran zu denken, das sich darunter ein organsttzendes Fsaziensystem befindet und dass die Abdominalfaszien mit den Beckenfaszien in Verbindung stehen. Die Kette verluft entlang dem Pericard zur Fascia pharyngobasilaris. Im Bereich der Arpertura thoracis besteht eine Verbindung mit der Fascia cervicalis media und profunda, dadurch kann ein Teil der Spannungen auf kncherne Strukturen bertragen werden. An der Schaltstelle des Os hyoideus kann die Fascia cervicalis superficialis einen Teil der Belastungen bernehmen. Sie zieht weiter bis zur Schdelbasis ber die Fascia pterygotemporomandibularis und die Fascia interpterygoidea, von dort aus weiter ber die Nasenscheiden und eventuell weiter bis zur interkraniellen Dura mater. 25

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4. Myofasziale Strukturen

Fr die Craniosacrale Therapie von besonderem Interesse ist die meningiale Faszienkette. Sie beginnt im Bereich des Os coxygis, Sie kann an dieser Stelle von den inneren Faszienketten, den ueren Faszienketten und der Dammfaszie beeinflusst werden. Vom Steibein steigt sie durch den Wirbelkanal auf, dort befinden sich zahlreiche Schaltstellen an den Wirbeln. Von den anterioren Schaltstellen entlang der Wirbelsule sind zwei besonders widerstandsfhig. Im unteren Bereich das Lig. coxygeum und im oberen Bereich die Anheftungen an C2/C3. Eine zu starke vertikale Dehnung der Spinalnerven und des Rckenmarks wird verhindert durch laterale Auslufer der Dura spinalis, die die Nerven bis zum Foramen intervertebrale begleiten. Durch das Foramen magnum, an dem sie rundherum angeheftet ist, luft sie weiter in die Schdelhhle. Hier heftet sie sich berall an den knchernen Schdel. Die Faszienkette bildet hier zwei Septen, die der Beweglichkeit und dem Schutz dienen, dies sind: Das Tentorium cerebelli, die als eine Verstrkung der horizontalen Befestigung gesehen werden kann. Die Falx cerebelli und die Falx cerebri verzahnen sich mit der Crista galli und verstrken so die vertikale Befestigung. An zwei Stellen hat die meningiale Faszienkette Verbindung mit dem Exokranium. An der Schdelbasis durch die Faszienfortstze um die Hirnnerven und am Schdeldach ber transossre Kanlchen mit der Galea aponeurotica.

Abbildung 10: Die meningiale Faszienkette (Paoletti, S.: 2001, S. 183)

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4. Myofasziale Strukturen

4.1.3 Transversale Faszienbrcken

Abbildung 11: Transversale Faszienbrcken (Schultz R. L.: 1996, S. 55) Die ab- und aufsteigenden Krfte und Strungen werden durch Transversale Strukturen, wie sie unter anderem von Schultz und Feitis beschrieben werden, abgefangen und umgeleitet. In der oben stehenden Abbildung sieht man die sieben Faszienbnderoder -brcken, die Schultz und Feitis beschreiben. ( Schultz, R. Louis & Feitis Rosemary. 1996 : 55). Fr die craniosacrale Therapie sind folgende Bereich dabei von besonderem Interesse: 27

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4. Myofasziale Strukturen

Der Beckengrtel, der die hier zusammenlaufenden Krfte aufnimmt, kontrolliert und umlenkt. Das Zwerchfell, das die Bauchhhle gegenber der Brusthhle abdichtet und eine Vielzahl von Funktonen hat - Atmung, hmodynamischer Antrieb, Aufhngung der Bauchorgane und viszeraler Motor.. Zudem bildet es den bergang zwischen einem Bereich mit Unterdruck und einem mit kaudalwrts steigendem Druck. Der Schultergrtel, an dem alle internen und externen Faszienketten zusammenlaufen. Die hier zusammentreffenden aufsteigenden und absteigenden, inneren und ueren Krfte, sind eine mgliche Erklrung fr die Hufigkeit von Strungen im Schulter-Nacken-Bereich. Das Os hyoideum, das im oberen Teil der zentralen Faszienkette eingefgt ist und damit verhindern kann, dass sich starke Belastungskrfte ungehindert auf die Schdelbasis bertragen. Es ist damit Stodmpfer und Verteiler fr die zentrale Faszienkette. Es verteilt auftretende Krfte ber die Fascia cervicalis superficialis nach seitlich-vorne oder ber den M. digastricus nach hinten auf das Os temporale. Der zerviko-okzipitale bergang, der eine erste Pufferzone ist fr absteigende und eine letzte fr aufsteigende Erschtterungen. Das Okziput bildet hierbei eine Schnittstelle fr die Faszienketten, und alle Faszienketten setzen hier an, auch die endokraniellen Faszienketten der Dura mater. Die sich daraus ergebende hohe Beanspruchung ist eine Erklrung fr die hufig auftretenden Bewegungseinschrnkungen.

4.2 LsionskettenAls Lsionsketten werden bertragungen von Druckbelastungen und Distorsionen ber die oben erwhnten Achsen bezeichnet. Als Auslser einer Lsionskette kommen unterschiedliche Faktoren in Frage: Traumata, Narben, Infektionen, Entzndungen, Stress. Diese Auslser fhren an der betroffenen Stelle zu einer Funktionsstrung, die, wenn sie nicht aufgelst wird die Struktur des Gewebes verndert. Auf Dauer kann sich diese Funktionsstrung entlang einer Faszienkette fortpflanzen. Unterscheiden lassen sich absteigende Lsionsketten und aufsteigende Lsionsketten. Absteigende Lsionsketten haben ihren Ursprung im Bereich des Kopfes, des Nacken, des Schultergrtels, des Beckens, der unteren Extremitten, dem Thorax, dem Zwerchfell und dem Abdomen (Reihenfolge nach Wichtigkeit) und folgen dann nach kaudal den Faszienketten. Die absteigenden Lsionsketten sind meist krzer als die aufsteigenden Lsionsketten, die sich von kaudal nach cranial den Faszienketten folgend ausbreiten.

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5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie

5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale TherapieAnhand des 10-Punkte-Protokolls mchte ich im folgenden die Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie verdeutliche. Dabei mchte ich zeigen, wie wir ber die sanften cranialen Techniken Einflu auf die unterschiedlichen Faszien und damit auch auf unterschiedliche Bereiche in unserem Krper nehmen knnen.

5.1 Craniosacraler RhythmusDer CSR (craniosacrale Rhythmus) entsteht zentral, durch die Bildung und Resorption der Gehirn- und Rckenmarksflssigkeit. Durch die intermittierende Bildung und die konstante Resorption entsteht ein Rhythmus, der im ganzen Krper sprbar ist. Die Weiterleitung dieses Rhythmus von zentral nach peripher geschieht ber die Faszien. Schaut man sich die Faszialen Verbindung der beiden Motor-Knochen des Craniosacralen Systems - Os occiput (Abb.12, S. 30) und Os sphenoid - an, so wird ersichtlich, dass die Faszien ideal geeignet sind, den Rhythmus im gesamten Krper zu verbreiten.

5.2 Das 10-Punkte-ProtokollDas 10-Punkte-Protokoll stellt eine Abfolge von grundlegenden craniosacralen Techniken dar, die diagnostisch und therapeutisch genutzt werden. Die Reihenfolge der Techniken ist nicht notwendigerweise festgelegt und kann den Bedrfnissen des Patienten angepasst werden. 1) CV-4 / Stillpunkt 2) Transversale Entspannung: Beckenring, Zwerchfell, Schultergrtel, Zungenbein und okzipitale-kraniale Basis 3) Dekompresion von L5-S1, ffnen der ISG 4) Ausgleich von Okziput und Sacrum 5) Anheben des Os frontale 6) Techniken an den Ossa parietalia 7) Dekompression der sphenobasilren Synchondrose 8) Techniken an den Ossa temporalia 9) TMG Kompresion und Dekompression 10) Induktion eines Stillpunktes Im Folgenden werden die einzelnen Schritte und die davon beeinflussten Faszien genauer dargestellt: 29

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5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie

5.2.1 CV-4 / Stillpunkt CV-4 - Kompression des vierten Ventrikels - so nannte William Garner Sutherland diese Technik, weil er davon ausging, dass durch den Widerstand gegen die Flexionsphase, ber das Membransystem eine Kompression auf den vierten Ventrikel ausgebt wird. Durch die CV-4 wirken wir auf die Nervenkerngebiete und die Formatio reticularis ein. Das hat einen Einfluss auf die Aktivitt des Zwerchfell, die autonome Kontrolle der Atmung und es reduziert die Spannung des sympathischen Nervensystems nachhaltig. Als Resultat eines Stillpoints erwarten wir eine Steigerung der autonomen Funktionen. Dazu gehren Mikrobewegungen der Nackenmuskulatur, die ein Anzeichen fr eine Art Entwirrung und Entspannung der Faszien sind, die in diesem Bereich ansetzen.

Abbildung 12: Fasziale Verbindungen des Os occiput

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5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie

Der CV-4-Stillpunkt gilt in craniosacralen Therapie als eine Technik, die bis auf wenige Ausnahmen3, immer eingesetzt werden kann. Die umfassende Wirksamkeit dieser Technik erklrt sich aus den Faszialen Verbindungen des Os occiput (Abb. 13, S. 30), das als wichtige Schalt- und Verbindungsstelle einer Vielzahl von Faszien fungiert. Serge Paoletti geht davon aus, dass das Os occiput mit allen von ihm beschriebenen Faszienketten (S. 22 ff.) in direkter Verbindung steht. 5.2.2 Transversale Entspannung Mit der transversalen Entspannung nehmen wir Einfluss auf folgende Bereiche: Beckenring Zwerchfell Schultergrtel Zungenbein Okzipitale-kraniale Basis

Dadurch, dass wir in diesen Bereichen mit sanftem Druck arbeiten, benehmen wir die Spannung der Gewebe, die hufig, durch auf- und absteigende Belastungen unter Stress geraten. Dadurch knnen sich die Faszien und verbundenen Gewebe entspannen. Die Entspannung zeigt sich in autonomen Bewegungen des Gewebes. Folgen und verstrken wir diese autonomen Bewegungen, knnen wir die Entspannung noch verstrken. Im Bereich des Beckenrings entlastet die transversale Entspannung die Wirkung der Spannungsmuster der externen und der internen Faszienketten, die hier aufeinander treffen. Im Bereich des Zwerchfells wird die Spannung ausgeglichen, die aufgrund seiner besonderen Funktion als Vermittler zwischen Bereichen mit Unterdruck und Bereichen mit steigendem Druck entstehen. In der Reihe der transversalen Gewebe nimmt das Zungenbein eine wichtige Rolle ein, die sich durch seine Lage und die verbundenen Faszienzge ergibt (Abb. 14, S. 32) es verteilt die Spannungsmuster der zentralen Faszienkette so, dass sie nicht ungehindert auf das Os occipitale und die Sphenobasilre Synchondrose einwirken. Zu dem lenkt es die Krfte beim Sprechen und Schlucken.

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Kontraindikation fr die Induktion eines CV-4-Stilpunkt sind: akuter Schlaganfall und/oder ein zerebrales Aneurysma

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5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie

Abbildung 13: Os hyoideum und verbundene Faszien (Paoletti, S.: 2001, S. 76) Aus der Abbildung 13 ergibt sich die eine Erklrung fr die weitreichende Wirkung der Dekompression der okzipitalen-kranialen Basis. Sie dient der Entspannung der kurzen Nackenmuskeln und der in diesem Bereich ansetzenden Faszien. 32

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5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie

5.2.3 Dekompression von L5-S1 Der Duraschlauch endet im Bereich des 2. Sakralwirbels und strahlt dort ber das Filum terminale in das Periost des Os sacrale und das Ligamentum coccygeum ein. Das letzte bewegliche Segment, auf welches wir Einfluss nehmen knnen ist das Segment L5-S1. In dem wir in diesem Bereich eine Traktion anwenden, nehmen wir Einfluss auf die meningiale Faszienkette (S. 26). Die mediale Kompression der SIAS wirkt sich auf die Faszien des Beckenrings ein und lst die Iliosakral-Gelenke. Durch diese Techniken wird die Beweglichkeit des Duraschlauches im Wirbelkanal positiv beeinflusst. 5.2.4 Ausgleich von Okziput und Sakrum Diese sanfte schaukelnde Mobilisation von Okziput und Sakrum untersttzt die Bewegung des Duraschlauches im Wirbelkanal. Auer im Bereich des Foramen magnum, C2 und C3 und dem Kreuzbein, wo die Dura eine feste kncherne Verbindung hat, ist aufgrund einer losen Verbindung zu den Wirbeln eine Bewegung von 2 - 6 mm cranial und caudal mglich. So nehmen wir ein weiteres mal Einfluss auf die meningiale Faszienkette. 5.2.5 Anheben des Os frontale Die Falx cerebri setzt an der Crista frontalis an, so bekommen wir ber das Anheben des Os frontale einen Einfluss auf die Falx cerebri, in dem sie leicht nach anterior gedehnt wird. Da die Falx in das Tentorium cerebelli bergeht, nehmen wir ebenso auf diese Struktur Einfluss. ber die transossren Kanlchen, die die Dura mater mit der Galea aponeurotica verbinden und direkt ber die Anstze am Os frontale, wirkt das Anheben des Strinbeins auf die oberflchliche Rclkenline nach T. W. Meyers (S. 17) ein. Die Oberkante der Augenorbita gilt als kncherne Station der oberflchlichen Rckenlinie.

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Abbildung 14: Fasziale Verbindungen des Os frontale 5.2.6 Techniken an den Ossa parietalia Wei beim Anheben des Os frontale nehmen wir mit den Techniken an den Ossa parietalia Einfluss auf die Galea aponeurotica. Zu dem wirken wir direkt auf die Fascia temporalis ein. Nachdem wir die Suturen der Ossa parietalia gelst haben, nehmen wir durch den praietalen Lift Einfluss auf die Falx cerebri. Anders als beim Stirnbein-Lift ist die Wirkrichtung eine andere. Wirkt die Kraft beim Anheben des Stirnbeins in anteriore Richtung und wird ber die Falxen und das Tentorium auf die menigiale Faszienkette bertragen. Beim Parietale-Lift, wirkt die Kraft direkt nach kaudal und nimmt so sehr direkt Einfluss auf die meningiale Faszienkette (S. 26). Da die Faszien der Kopfhaut als Ausgangspunkt der oberflchlichen vorderen Linie (S. 17) gelten, nehmen wir mit diesen Techniken Einfluss auf diesen Faszienzug.

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Abbildung 15: Fasziale Verbindungen der Osssa parietalia 5.2.7 Dekompression der sphenobasilren Synchondrose Nach Sutherland ist die Kompression der SBS (sphenobasilre Synchondrose) die schwerwiegenste von 7 Dysfunktionen des Os sphenoidale. Durch die Anstze an den Processi clinoidei anterior und posterior, haben die beiden Bltter des Tentorium cerebelli eine groen Einfluss auf die Stellung des Keilbeins. Da wir, bevor wir in die Dekompression gehen, erst das Spannungsmuster der Kompression bernehmen, lsen wir die Spannungen des Tentoriums. Danach erst ist die Dekompression erfolgreich mglich. ber die Fascia pterygotemporomandibulare und die Fascia interpterygoidea ist das Sphenoid verbunden mit der zentralen Faszienkette (S. 25). ber die Fascia cervicalis profunda besteht eine Verbindung zum Perikard, der Pleura und der Faszie des Zwerchfells. ber die direkte Verbindung mit dem Os occipitale entsteht eine Beziehung zu den Strukturen, die mit dem Okziput verbunden sind. So wirken sich Fehlstellungen des Os sphenoidale auf das Foramen magnum und die Spannungsverhltnise der Dura mater spinalis, bis hinab zum Os sacrale und zum Os cocygeus aus. Somit nimmt die SBS und das Os sphenoidale eine zentrale Rolle in craniosacralen Therpie ein. Nach T. W. Myers 35

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5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie

ist die sphenobasilre Synchondrose eine kncherne Station der tiefen vorderen Linie (S. 20) und ber das Okziput auch der Spirallinie (S. 19). Zu dem steht die SBS mit der meningialen Faszienkette in Verbindung (S. 26) ber das Diaphragma sella, das ber der Hypophyse und der Sella turcica liegt, und das zum interkraniale Membransystem zu zhlen ist, haben Spannungsmuster in den mit dem Sphenoid verbunden Faszienzgen Einfluss auf die Hypophyse.

Abbildung 16: Fasziale Verbindungen des Os sphenoidale 5.2.8 Techniken an den Ossa temporalia Die Troublemaker des Craniosacralen Systems sind klar verbunden mit dem Tentorium cerebelli, Spannungsmuster der interkranialen Membranen eine Fehlstellung dieser Knochen hervorrufen knnen. Anders herum knnen aber auch Spannungsmuster externer Faszienzge eine Fehlstellung der Ossa temporalia bewirken und darber zu Fehlspannung im Tentorium cerebelli und den Falces fhren. Vom den Ossa temporalia besteht neben der knchernen Verbindung zum Sphenoid auch eine Faszeiverbindung ber die Fascia interpterygoidea.

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Die Fascia temporalis mit ihren Laminae profunda und superficialis sind hier angeheftet und auch die Fascia masseterica, die zu dem eine Verbindung mit der Mandibula herstellt. ber die Fascia cervicalis superficials stehen die Temporalia in Verbindung mit dem Perikard, der Pleura und der Faszie des Zwerchfells. Fr Myers sind sie eine kncherne Station der tiefen vorderen Linie (S. 20).

Abbildung 17: Fasziale Verbindungen der Ossa temporalia 5.2.9 TMG Kompression und Dekompression Zur Zeit erfhrt das temporomadibulr Gelenk (TMG) besondere Aufmerksamkeit. Es scheint als wrden sich in diesem Gelenke vielfltige Probleme des Krpers widerspiegeln. Es stellt eine kncherne Station der tiefen vorderen Linie (S. 20) dar und steht auch mit der zentralen Faszienkette (S. 25) in Zusammenhang. So wirken Spannungsmuster in diesen Ketten auf das Kiefergelenk und den Unterkiefer ein. Durch die anfngliche Kompression des TMG bernehmen wir die Spannung in den entsprechenden Geweben und harren aus, bis es zu einer Spannungsvernderung kommt. Dann gehen wir in Dekompression und verweilen bis es auch dort zu einer

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5. Bedeutung der Faszien fr die Craniosacrale Therapie

Spannungsvernderung kommt. So sind wir in der Lage, die Spannungsverhltnisse der verbundenen Gewebe nachhaltig zu verndern und auszubalancieren.

Abbildung 18: Fasziale Verbindungen des Os mandibulare 5.2.10 Induktion eines Stillpunktes Den Abschluss des 10-Punkte-Protokolls bildet wieder ein Stillpunkt. Dieser kann wieder als CV-4 induziert werden oder aber von den Fersen, dem Sakrum oder dem Sakrum und dem Okziput. Mit diesem Stillpunkt gleichen wir die Spannungsverhltnis aller Faszien aus, nachdem wir ber die anderen Schritte des Protokolls auf einzelne Faszienzge speziell eingewirkt haben.

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6. Schlussfolgerungen

6. SchlussfolgerungenDas 10-Punkte-Protokoll stellt eine gute Mglichkeit dar, Einfluss auf die Spannungsverhltnisse der unterschiedlichen Faszienketten / -zge zu nehmen. Die Techniken, die wir anwenden, wirken dabei sehr spezifisch und durch die Verbundenheit aller Faszien miteinander, auch global. Das ist eine mgliche Erklrung fr die allgemein entspannende und aufbauende Wirkung der craniosacralen Therapie. Nur wenn wir mit geringem Zug auf die Faszien einwirken, erreichen wir die Weiterleitung der einwirkenden Kraft durch die ganze Kette. Dabei muss die Kraft so gering sein, dass wir keinen kolloidalen Widerstand auslsen. Die Weiterleitung innerhalb der Faszienkette wird auch als Creep-Phnomen bezeichnet, da die Wirkung die Faszien entlang kriecht. Mit dem von uns angewandten Augapfeldruck lsen wir keinen kolloidalen Widerstand aus und erreichen so eine Weiterleitung unserer Impulse. Auch unsere energetischen Techniken und deren Wirksamkeit lsst sich aus dem Aufbau und der Leitfhigkeit der Faszien erklren. So gibt es in unserem Krper kein leitfhigeres Material als Faszien. Und nehmen wir zu dem an, dass wir stndig Biophotonen aussenden, dann nutzen wir auch die optischer Leitfhigkeit der Faszien, insbesondere die der kollagenen Fasern. So knnen wir konstatieren, dass die craniosacrale Therapie durch den ausgleichenden Einfluss auf die Faszien eine heilsame Umgebung fr den Krper schafft. Die craniosacralen Techniken sorgen dafr, dass die Grundsubstanz in einen eher solartigen Zustand bergeht und damit Stoffwechselvorgnge optimal untersttzt werden. Auf der anderen Seite zeigt die enge Verwobenheit der einzelnen Schdelknochen mit den unterschiedlichen Faszienketten und -zgen auch, dass es von Nutzen sein kann, Spannungsungleichgewichte distal des Kraniums zu lsen, um eine optimale Wirkung der craniosacralen Techniken, auch auf den gesamten Organismus, zu ermglichen.

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7. Literatur

7. LiteraturBischof, M.: Biophotonen - Das Licht in unseren Zellen, Frankfurt a. M. 1995 Chaitow, L.: Kraniosakrale Manipulation, Mnchen 2010 Juhan, D.: Jobs Body - A Handbook For Bodyworker, Barrytown 2003 Kern, M.: Wisdom in the Body - The Craniosacral Approach to Essential Health, Berkeley 2005 Liem, T.: Kraniosakrale Osteopathie: Ein praktisches Lehrbuch, Hamburg 2005 Mae-Wan Ho: The Rainbow and the Worm - The Physics of Organism, Singapur 2008 Myers, T. W.: Anatomy Trains - Myofascial Meridians fr Manual and Movement Therapists, Edinburgh 2009 Oshman, J. L.: Energiemedizin - Konzepte und ihre wissenschaftliche Basis, Mnchen 2009 Paoletti, S.: Faszien, Mnchen 2001 Schnke, M. et al: Prometheus - Lernatlas der Anatomie - Kopf, Hals und Neuroanatomie, Stuttgart 2009 Schultz, R. & Feitis R.: The endless web - Fascial Anatomy and Physical Reality, Berkeley 1996 Upledger, J. E. & Vredevoogd J. D., Craniosacral Therapy, Seattle 1983 van den Berg, F.: Angewandte Physiologie - Das Bindegewebe des Bewegungsapparates verstehen und beeinussen, Stuttgart 1999

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