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MAGAZIN BÜCHER 140 Biol. Unserer Zeit 1/2011 (41) www.biuz.de © 2011 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ÖKOLOGIE Von Licht und Schatten Ein Autorenteam aus ganz verschie- denen Fächern konfrontiert die Leserschaft mit einem Problem, welches den meisten Menschen bis heute überhaupt nicht bekannt ist: mit der Lichtverschmutzung, d.h. der Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen, deren Licht in der Atmosphäre gestreut wird. Unter der Mitwirkung von Astronomen, Chronobiologen, Molekularbiologen, Ornithologen und Zoologen wird die Kontami- nierung unseres Lebensraumes mit künstlichem Licht dargestellt. Die- ses fast schon globale Problem führt zu massenhaftem Sterben von Tieren und zur Verarmung von Fauna und Flora. Das Buch ist in sieben Kapitel gegliedert – jedes für sich ein Le- severgnügen – und schließt mit ei- nem ausführlichen Literaturver- zeichnis ab. In Kapitel 1 wird das künstliche Licht im Wandel der Zeiten dargestellt, vom Zähmen des Feuers bis zur modernen Be- leuchtungskultur und schließlich zum „Lichtwahn“ in etlichen Städ- ten. Kapitel 2 behandelt die Licht- verschmutzung in Mitteleuropa. Die Kapitel 3–5 beschreiben die Auswirkungen des Lichts auf ver- schiedene Organismen-Gruppen: Insekten, Vögel und Meeresschild- kröten. Speziell bei Nachtfaltern wirkt sich künstliche Beleuchtung fatal aus. In Ballungsräumen wur- den Rückgänge über 90% regi- striert. In Kapitel 6 behandeln die Autoren das Mondlicht als natürli- chen Zeitgeber für verschiedene Meeresorganismen. Kapitel 7 schließlich mit der provokanten Überschrift „Licht auf die innere Uhr“ beschreibt in Kürze die Be- deutung der Circadianrhythmik und deren Störung in und durch den Menschen. Der Inhalt dieses sehr empfeh- lenswerten Buches sollte Allge- meinwissen werden. Das Ende der Nacht. Die globale Lichtverschmutzung und ihre Folgen. T. Posch, A. Frey- hoff, T. Uhlmann (Hrsg.), Wiley- VCH, Weinheim 2010. 151 S., 29,00 R. ISBN 978-3-527-40946-4. Volker Storch, Universität Heidelberg VERHALTEN Komplexe Zusammenschau Ach, wie einfach, weil übersicht- lich war’s vordem! Als Schlüssel- reiz, AAM und Erbkoordination das Verhalten vom Stichling bis zum Homo sapiens erklärten! Und wie anschaulich und einsichtig! Um das tierische Verhalten geht es auch im neuesten Kompendium von Herausgeber Peter Kappeler: Verhaltenswissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum geben, ausgehend von ihren Forschungen, einen Überblick über den aktuellen Stand der Verhaltensökologie: In 21 Kapiteln analysieren 34 Autorin- nen und Autoren die übergreifen- den Themen Kommunizieren und Wahrnehmen, Konflikt und Koope- ration, Sexualverhalten und Ver- mehrung sowie Verhaltensände- rungen von etwa 400 Arten aller Tierstämme (wie es ein taxonomi- sches Register ausweist). Dabei spielen die o.g. Begriffe und Kon- zepte der klassischen deutschen Verhaltenskunde keine Rolle mehr. Leitend ist vielmehr das proximate und ultimate Paradigma, getragen von der so mächtigen und gesi- cherten Darwin-Theorie der natür- lichen und sexuellen Selektion. Dieser theoretische Rahmen hat sich in den letzten Jahrzehnten als so fruchtbar erwiesen, dass die Verhaltensökologie zu den expan- dierendsten biologischen Diszipli- nen geworden ist. Verhaltensökolo- gisches Denken und Forschen zieht zunehmend Studenten an, weil es intellektuell anspruchsvoll und interdisziplinär eine Menge Methoden nutzt, um die tierischen Anpassungsleistungen des geneti- schen Apparats an die Umwelt, wie sie sich im Verhalten ausdrücken, differenzierter zu verstehen. Dieser Vielfalt an Forschungswegen und neuesten Erkenntnissen ist es ge- schuldet, in Nachfolge von Krebs & Davies „Verhaltensökologie“ (1978) mal wieder einen Überblick über den aktuellen Forschungs- stand zu gewinnen. Und dieser generalisierende Blick bestätigt und verwirrt bezie- hungsweise weckt Interesse zu- gleich. So erweist sich das zugrun- deliegende Theoriengebäude als stabil. Ausgehend von den vier Fra- gen Tinbergens wie auch von der EMPFEHLUNGEN AUS DEM WILEY-BLACKWELL BUCHLEKTORAT Auf der Suche nach weiterführender Literatur zu BIUZ-Artikeln? Unser Buchlektorat gibt Tipps: Vegetarismus Wie vielschichtig das Thema Ernährung ist und welche überraschenden Erkenntnisse die Wissenschaft hierzu beitragen kann, ist in dem sehr ansprechend bebilderten Buch „Forschung und Ernährung – ein Dialog“ (ISBN 978-3-527-32691-4) von Esther Schärer-Züblin weiter vertieft. In einem multidisziplinären Ansatz wird das aktuelle Wissen über Ernährungskonzepte und sich wandelnde Vorstellungen von einem gesunden, langen Leben für jeden nachvollziehbar. Andreas Sendtko,Weinheim ABB. Andreas Sendtko ist Publishing Editor bei Wiley-Black- well in Wein- heim. Bild: Foto Borchard, Heidelberg.

Das Ende der Nacht. Die globale Lichtverschmutzung und ihre Folgen. Von T. Posch, A. Freyhoff und T. Uhlmann (Hrsg.)

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M AG A Z I N B Ü C H E R

140 Biol. Unserer Zeit 1/2011 (41) www.biuz.de © 2011 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Ö KO LO G I E

Von Licht undSchattenEin Autorenteam aus ganz verschie-denen Fächern konfrontiert dieLeserschaft mit einem Problem,welches den meisten Menschen bisheute überhaupt nicht bekannt ist:mit der Lichtverschmutzung, d.h.der Aufhellung des Nachthimmelsdurch künstliche Lichtquellen,deren Licht in der Atmosphäregestreut wird.

Unter der Mitwirkung vonAstronomen, Chronobiologen,Molekularbiologen, Ornithologenund Zoologen wird die Kontami-nierung unseres Lebensraumes mitkünstlichem Licht dargestellt. Die-ses fast schon globale Problemführt zu massenhaftem Sterben vonTieren und zur Verarmung vonFauna und Flora.

Das Buch ist in sieben Kapitelgegliedert – jedes für sich ein Le-severgnügen – und schließt mit ei-nem ausführlichen Literaturver-zeichnis ab. In Kapitel 1 wird daskünstliche Licht im Wandel derZeiten dargestellt, vom Zähmendes Feuers bis zur modernen Be-leuchtungskultur und schließlich

zum „Lichtwahn“ in etlichen Städ-ten. Kapitel 2 behandelt die Licht-verschmutzung in Mitteleuropa.Die Kapitel 3–5 beschreiben dieAuswirkungen des Lichts auf ver-schiedene Organismen-Gruppen:Insekten, Vögel und Meeresschild-kröten. Speziell bei Nachtfalternwirkt sich künstliche Beleuchtungfatal aus. In Ballungsräumen wur-den Rückgänge über 90% regi-striert. In Kapitel 6 behandeln dieAutoren das Mondlicht als natürli-chen Zeitgeber für verschiedeneMeeresorganismen. Kapitel 7schließlich mit der provokantenÜberschrift „Licht auf die innereUhr“ beschreibt in Kürze die Be-deutung der Circadianrhythmikund deren Störung in und durchden Menschen.

Der Inhalt dieses sehr empfeh-lenswerten Buches sollte Allge-meinwissen werden.

Das Ende der Nacht.Die globale Lichtverschmutzungund ihre Folgen. T. Posch, A. Frey-hoff, T. Uhlmann (Hrsg.), Wiley-VCH, Weinheim 2010. 151 S.,29,00 R. ISBN 978-3-527-40946-4.

Volker Storch, Universität Heidelberg

V E R H A LT E N

KomplexeZusammenschau

Ach, wie einfach, weil übersicht-lich war’s vordem! Als Schlüssel-reiz, AAM und Erbkoordinationdas Verhalten vom Stichling bis

zum Homo sapiens erklärten! Undwie anschaulich und einsichtig!

Um das tierische Verhalten gehtes auch im neuesten Kompendiumvon Herausgeber Peter Kappeler:Verhaltenswissenschaftler aus demdeutschsprachigen Raum geben,ausgehend von ihren Forschungen,einen Überblick über den aktuellenStand der Verhaltensökologie: In21 Kapiteln analysieren 34 Autorin-nen und Autoren die übergreifen-den Themen Kommunizieren undWahrnehmen, Konflikt und Koope-ration, Sexualverhalten und Ver-mehrung sowie Verhaltensände-rungen von etwa 400 Arten allerTierstämme (wie es ein taxonomi-sches Register ausweist). Dabeispielen die o.g. Begriffe und Kon-zepte der klassischen deutschenVerhaltenskunde keine Rolle mehr.Leitend ist vielmehr das proximateund ultimate Paradigma, getragenvon der so mächtigen und gesi-cherten Darwin-Theorie der natür-lichen und sexuellen Selektion.Dieser theoretische Rahmen hatsich in den letzten Jahrzehnten alsso fruchtbar erwiesen, dass dieVerhaltensökologie zu den expan-dierendsten biologischen Diszipli-nen geworden ist. Verhaltensökolo-gisches Denken und Forschenzieht zunehmend Studenten an,weil es intellektuell anspruchsvollund interdisziplinär eine MengeMethoden nutzt, um die tierischenAnpassungsleistungen des geneti-schen Apparats an die Umwelt, wiesie sich im Verhalten ausdrücken,differenzierter zu verstehen. DieserVielfalt an Forschungswegen undneuesten Erkenntnissen ist es ge-schuldet, in Nachfolge von Krebs& Davies „Verhaltensökologie“(1978) mal wieder einen Überblicküber den aktuellen Forschungs-stand zu gewinnen.

Und dieser generalisierendeBlick bestätigt und verwirrt bezie-hungsweise weckt Interesse zu-gleich. So erweist sich das zugrun-deliegende Theoriengebäude alsstabil. Ausgehend von den vier Fra-gen Tinbergens wie auch von der

EMPFEHLUNG EN AUS DEM WILE Y-BLACK WELL BUCHLEK TO RAT

Auf der Suche nach weiterführenderLiteratur zu BIUZ-Artikeln? Unser Buchlektorat gibt Tipps:

VegetarismusWie vielschichtig das Thema Ernährung istund welche überraschenden Erkenntnissedie Wissenschaft hierzu beitragen kann,ist in dem sehr ansprechend bebildertenBuch „Forschung und Ernährung – einDialog“ (ISBN 978-3-527-32691-4) vonEsther Schärer-Züblin weiter vertieft. Ineinem multidisziplinären Ansatz wird dasaktuelle Wissen über Ernährungskonzepteund sich wandelnde Vorstellungen voneinem gesunden, langen Leben für jedennachvollziehbar.

Andreas Sendtko, Weinheim

ABB. AndreasSendtko istPublishingEditor beiWiley-Black-well in Wein-heim. Bild: Foto Borchard,Heidelberg.