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DAS EXPERIMENT –
DER GERICHTSHOF
DER NATUR
Prof. Dr. Harald LeschSternwarte der LMU München
Die Physik ist die Grundlage der Moderne
Die Physik ist die Basis derempirischen Wissenschaften
Die Physik ist das Fundament der Weltbeschreibung
Kausalität
Es gibt eine gesetzliche Ordnung der
ganzen Natur
Voraussetzung:
Kant: Natur als nomologische Struktur
der Zusammenhang von
Ursache und Wirkung
Satz vom zureichenden Grunde (Leibniz)
* aposteriori = nach der Erfahrung, apriori = vor der
Erfahrung
Typen von Aussagen
Eine aposteriorische*
oder Tatsachen-Aussage
Eine apriorische*
oder Vernunft-Aussage
wird für wahr gehalten aufgrund von …
… bestandenen Überprüfungen,
eingetroffenen Vorhersagen.… Kohärenz, d.h.
widerspruchsfreies Einfügen in eine
für widerspruchsfrei gehaltenen
Theorie. Beispiel:
Die Planeten bewegen sich um die Sonne. Satz des Pythagoras:
In der Euklidischen Geometrie gilt für ein
rechtwinkliges Dreiecka²+b²=c²
FortsetzungTypen von Aussagen.
Eine elementare Aussage Eine komplexe (wissenschaftliche) Aussage
wird für wahr gehalten aufgrund …
Beispiel:
HEISENBERGs „Weltformel“
… von Evidenz,
d.h. klarer und deutlicher Einsicht.
… der Logik des wissenschaftlichen
Prozesses:
Neue
ErfahrungProblem Hypothese Folgerungen
Überprüfung
Hypothese
wird
ParadigmaZählen und Messen
-+
Unter französischem und schweizer Staatsgebiet verläuft der 27 km lange Tunnel des Large Hadron
Collider. An vier Punkten kreuzen sich die Teilchenstrahlen; dort befinden sich die vier großen Detektoren. Der kleinere Ring ist der Vorbeschleuniger SPS.
Beispiel für die Erzeugung extrem komplexer Aussagen
• Aufbau der Welt aus Grundbausteinen
• Wechselwirkung der Grundbausteine
Methoden der Physik
PhysikQuantitative Lehre der
Naturphänomene
Grundlegende Fragen: Struktur der Materie
Struktur der Kraftfelder
Struktur von Raum und Zeit
Naturgesetze
„Ein Biologe käme nie auf diese Idee!“
a) Reduktion komplizierter Phänomene auf
möglichst wenige fundamentale Naturgesetze
b) Konstruktion effektiver makroskopischer
Gesetze zur Beschreibung komplexer
Systeme (aus typisch 1023 Bausteinen)
PhysikQuantitative Lehre der
Naturphänomene
Forschungsziele:
PhysikQuantitative Lehre der
Naturphänomene
Sprache: Mathematische Formeln
• Newton´sche Mechanik
• Einstein´sche
Relativitätstheorie
• Quantenmechanik
• Quantenfeldtheorie
Differential / Integralrechnung
Lineare Algebra
Differentialgeometrie
Funktionalanalysis
Gruppentheorie
Topologie
PhysikQuantitative Lehre der
Naturphänomene
Wesentliche Elemente der Physik:
TheorieMathematisches Konzept, das im Prinzip
eine Klasse von Naturphänomenen
vollständig beschreibt
Vereinfachte Beschreibung komplexer
Systeme durch andere physikalische
Objekte/Prozesse
Einzige zulässige Methode zum Test
bzw. zur Falsifizierung von
Theorien/Modellen
Modell
Experiment
Physik kennt keinen SinnEs geht in der Welt mit rechten Dingen zu!
Physik verzichtet auf metaphysische
Fragestellungen – darauf beruht ihr „Erfolg“
Spezialisierung - Reduktion – Verzicht
Suche nach Naturgesetzen
Physik ist das Paradebeispiel des Naturalismus
Naturalismus als naturphilosophisch-anthropologische
Position
• 1. Universeller Anspruch
• 2. Beschränkung der zur Beschreibung & Erklärung zugelassenen Mittel
• 3. Evolutionärer Charakter
• 4. Entwirft ein kosmisches Gesamtbild
• 5. Weist dem Menschen einen bestimmten Platz zu
• 6. Fähigkeiten des Menschen sind evolutionär, naturalistisch erklärbar
Naturalismus ist eine Hintergrundannahme,
ein Weltbild,
ein forschungsleitendes Paradigma,
eine metaphysische Grundentscheidung.
Mittelbeschränkung – nur mit rechten Dingen
„Jede Hypothese muss an der Erfahrung scheitern
können“
• Nur so viel Metaphysik wie nötig
• So viel Realismus wie möglich
• Verzicht auf teleologische Erklärungsmuster
• Mittelbeschränkung ist programmatisch
• Sparsamkeitsprinzip (Ockhams Rasiermesser, Denkökonomie)
• Konkurrenz von Hypothesen, Modellen, Theorien
Sparsam
Einfach
Elementar
Pragmatisch – Programmatisch - Antidogmatisch
Kritischer Rationalismus
Karl R. Popper(1902-1994)
Logik der Forschung (11934)
Induktionsproblem: Begründung allgemeiner Sätze (All-Sätze)
Abgrenzungsproblem: Wissenschaft Pseudowissenschaft
Alle Schwäne
sind weiß.
Beob
achtu
ngen o
d.
Experim
ente
Induktionsschluss
Problem:
Noch so viele Beobachtungen können
einen All-Satz nicht verifizieren.
deduktive
Methode
Eine einzige Beobachtung kann einen
All-Satz falsifizieren.
All-Sätze sind nicht verifizierbar, aber falsifizierbar.
Abgrenzungskriterium ist Falsifizierbarkeit.
"Diese Überlegung legt
den Gedanken nahe, als
Abgrenzungskriterium
nicht die Verifizierbar-
keit, sondern die
Falsifizierbarkeit des
Systems vorzuschlagen
... Ein empirisch-
wissenschaftliches
System muss an der
Erfahrung scheitern
können." (LdF, 15)
Modernes Empirieverständnis
URSACHE UND WIRKUNG
• Keine Erklärung der in Ruhe gelassenen Natur
• Natur wird durch kontrollierte Eingriffe
theorieadäquat „befragt“
• Nicht das Gegebene sondern das
Geschaffene/Konstruierte ist Gegenstand der Physik
• Vorhersage im physikalischen Sinne, betrifft nicht die
Natur an sich, sondern die in ihren Bedingungen unter
Kontrolle gebrachte Natur!
Physik ist die zentrale Entscheidungsinstanz desNaturalismus
Ein falsch oder richtig in der Physik ist auch immerein falsch oder richtig im Bild der Welt
GrundlagenforschungTechnikMedizinKlima
EnergieRessourcen
DAS PROGRAMM DES NATURALISMUS
Urknall
Hintergrundstrahlung
Galaxien/Sterne
PlanetensystemErdeDNS
Leben
Bewusstsein
Mensch/
Sprache
Gesellschaft
Kultur Religion
Moral
Elementar-
teilchen
Quantentheorie
Relativitätstheorie
Chemie/MolekularbiologieBiologie
Neurowissenschaften
KognitionswissenschaftenSoziobiologie
Natursphäre - Anthroposphäre
Bei der Erforschung der Natur ist die Methode der Erfahrungswissenschaften allen anderen überlegen
Theorie ↔ Erfahrung
Unmittelbare Erfahrung führt nicht direkt auf Theorie
„Wir irren uns empor“ (G. Vollmer)
Beobachtungen – Messungen – gezielte Experimente
Werden dabei Irrtümer aufgedeckt,
wird man versuchen sie zu beseitigen
Bei der Erforschung der Natur ist die empirische Methode allen anderen überlegen
Überlegenheit der empirischen Methode beruht
auf der Schärfe der kritischen Instrumente =>EXPERIMENT
In einer Hierarchie, in der Wissenschaften auf anderen aufbauen, stehen die
Naturwissenschaften ganz unten, und die PHYSIK bildet dort das Fundament.
Was sind Naturgesetze?
• Regelmäßigkeiten im Verhalten realer Systeme
• Mathematische Formulierungen natürlicher Vorgänge
• Im mathematischen Naturgesetz verstehen wir genau das, was überhaupt
an ihr verstanden werden kann. Die Natur ist nicht subjektiv geistig; sie
denkt nicht mathematisch. Aber sie ist objektiv geistig; sie kann
mathematisch gedacht werden. (Das Tiefste, was wir über sie wissen)
• Hypothese ↔ Experiment ↔ Theorie ↔ Gesetz
• Was bleibt beim Rückgang und Durchgang durch die Natur und ihre
Geschichte? Das Letzte: Mathematische Naturgesetze!
Erhaltungssätze sind
Naturgesetze
Alles entwickelt sich und wird älter (Zeit)
Alles besteht aus Atomen (Materie)
Alles bewegt sich (Energie)
Alles hat Ausdehnung (Raum)
0
ii q
L
q
L
td
d
Lagrangesche Gleichungen
4Ediv
t
H
c
1Erot
0Hdiv
jc
4
t
E
c
1Hrot
Maxwellgleichungen
Zeitabhängige Schrödingergleichung
tiU
m2
22
ki4kiki Tc
k8Rg
2
1R
Einstein´sche Feldgleichungen
Das physikalische Experiment
a) Präparierung „reiner“ (oft einfacher) Systeme;
kontrollierte Eliminierung von Störeinflüssen
( Beispiel: Reibung )
b) Ermittlung charakteristischer physikalischer Größen
( Zahlen mit Maßeinheiten )
c) Korrektur verbleibender Störeinflüsse
d) Quantifizierung der Messgenauigkeit
( Messfehler Praktikum )
e) Vergleich mit Theorie / Modell
Orientierungseinheit SS2005 Was ist Physik? Caren Hagner, Universität Hamburg
Wolfgang Pauli „erfindet“ das Neutrino (1930)
Za
hl d
er
Ele
Ktr
on
en
Energie des Elektrons
So sollte es aussehen
Aber dies wurde gemessen!
eepn
Energiespektrum der Elektronen beim β-Zerfall
neutrinopnelektron EcmcmE 22
Als Lösung
postuliert W. Pauli
das Neutrino
Orientierungseinheit SS2005 Was ist Physik? Caren Hagner, Universität Hamburg
Erster Nachweis des Neutrinos 1956
Neutrinos erzeugt durch Kernreaktor
Nachweis durch Neutrinoeinfang, Szintillator, PMT’s
Nobelpreis für Reines 1995
Cowan und Reines
F. Reines
1995
Massendefekt
Bei der Fusion zweier Teilchen zu einem dritten wird Bindungsenergie
in Form von Strahlung frei
Wasserstoffbrennen
in der Sonne
Massendefekt bei
Kernfusions-
prozessen
beträgt weniger als
1% der Masse der
Ausgangskerne
2cmE
Bestätigung (1995)
Kamiokande
(Sonne live! im
„Neutrinolicht“)
Gravitationslinsen
ART: Die Ausbreitung von
Licht ändert sich
beim Durchgang durch
ein Gravitationsfeld
Gravitationslinsen
Dunkle Materie (WIMP) Suche Weltweit
Die astronomische Beobachtung
• Strahlung wird empfangen und mit Labordaten verglichen
• Annahme: Naturgesetze aus Experimenten auf der Erde abgeleitet, gelten auch im Kosmos.
• Interpretation der Strahlung
• Ableitung der Dynamik (Massen, T, n, v)
Die astronomische Theorie
• Annahme: Naturgesetze aus Experimenten auf der Erde abgeleitet, gelten auch im Kosmos.
• Hypothesenbildung
• Vorhersagen:
Pauli & Heisenberg-Prinzip führten zur Vorhersage der Weißen Zwerge & Neutronensterne
• Kernphysik führte zur stellaren Nukleosynthese und zum Urknall-Modell
• Allgemeine Relativitätstheorie führte zur Vorhersage der Schwarzen Löcher und der Expansion des Universums
Die größte Geschichte aller Zeiten …
Kosmologie ist Innenarchitektur des Kosmos – kein Davor und Außerhalb
Die Naturgesetze gelten überall im Universum!
Fluktuationsgenerator
Fluktuationsverstärker
Kurze Geschichte
des Universums
Die größte Geschichte aller Zeiten …
Selbstentfaltung der Materie !
Vom Einfachen zum Komplexen – vom Urknall zum Gehirn !
Die Entwicklung
des Systems Erde
Die Entwicklung
des Systems Erde
43
Woraus besteht unsere Welt? Vom Kleinsten bis zum Grössten
10 -34
10 -30
10 -26
10 -22
10 -18
10 -14
10 -10
10 -6
1m 106
1010
1014
1018
1022
1026
Earth radius Earth to Sun
Galaxies
ObservablesInstruments
Proton Nuclei
Microscope
Telescope
Radio Telescope
Virus Cell
Atom
SUSY particle? Higgs? Z/W
(range of weak force)
(range of nuclear force)
(Particle beams)
Electron Microscope
Radius of observable Universe
LHC LEP
tAccelerators
Messinstrument Objekt
Teilchen-beschleuniger
LEP - LHC
Elektronen-
mikroskop
Lichtmikroskop
Teleskop
Radio
Teleskop
Grösse des
Universums
Galaxien
Entfernung
Erde-Sonne
Virus
Zelle
ProtonAtomkern
Atom
SUSY Teilchen?
Higgs?
Z/W
46 Größenordnungen !
Vom Helium zum Higgs-Feld
1028m10-18 m
45
Urknall im Labor
Die Detektoren messen:Energie, Flugrichtung und Teilchentyp der Spuren.
Mit diesen Messwerten können die physikalischen Theorien der Teilchenphysik überprüft werden.
Zusammenhang Kosmologie - Teilchenphysik
frühes Universum: Temperatur 1015 K
Bewegungsenergie der Teilchen: 100 GeV
alle Teilchen
kollidieren unkontrolliert
gezielte, kontrollierte
einzelne Kollisionen
und deren Aufzeichnung
Teilchenbeschleuniger:
Bewegungsenergie der Teilchen: 100 GeV
47
Alter Temperatur Energie Größe
10-43
s 1032
K 1019
GeV Nadelspitze
10-36
s 1028
K 1015
GeV Tennisball
10-24
s 1022
K 109
GeV 50 km
10-14
s 1017
K 10000 GeV wie Sonne
10-10
s 1015
K 100 GeV
10-6
s 1013
K 1 GeV wie Sonnen
-system
1s 1010
K 0.001 GeV 1 Lichtjahr
1 min 109
K 0.0001 GeV 50 Lichtjahre
1 Jahr 106
K 0.0000001 GeV wie Milch-
straße
100.000 Jahre 10.000 K 1 eV 1 Million
Lichtjahre
heute 3 K 10-4
eV 10 Milliarden
Lichtjahre
Mit dem LHC zurück zum Urknall
• Heißes Universum <-> typische TeilchenenergieSonne: T = 107 K <-> E = 10-6 GeV LHC : T > 1016K <-> E > 10 3 GeV (>109 mal höher!)
– Die „Ursuppe“: Nachstellen im TeilchenensembleALICE: Pb+Pb Quark-Gluon „Plasma“?
– Die „Petersilie“: Nachstellen in EinzelprozessenATLAS, CMS, LHCb: p+p b, t, W, Higgs? SUSY?
gemessene
Einzelprozesse
Theorien
LHC
(p+p)LHC
Pb+Pb
48
Vom Urknall bis .....
49
Die 4 Ecksteine der Kosmologie
• Expansion des Universums• Universum begann mit einem BIG BANG, vor ca. 13.7 Milliarden Jahren• Das Universum expandiert• Das Universum ist auf großen Längen isotrop und homogen
• Ursprung der kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB)• Die CMB ist der Überrest des heißen Urknalls• Die letzte Streufläche stellt die letzte WW von Strahlung und Materie dar• Die Strahlungstemperatur des CMB entwickelte sich von 3000K nach 2.7K
• Nukleosynthese der leichten Elemente• Kernbausteine verschmelzen in den ersten drei Minuten zu den leichten Kernen Wasserstoff und Helium• Das Urknall-Modell sagt korrekt das Verhältnis von Wasserstoff zu Helium voraus: ~25%
•Entstehung von Galaxien und Galaxienhaufen• Strukturentstehung beginnt nach der Entkopplung von Materie und Strahlung • Das Urknall-Modell stellt den Rahmen dar, in dem sich die Strukturentstehung verstehen lässt
50
Die Planckwelt und die anfängliche
SingularitätAm Anfang……Planck Ära = 0 - 10-43 s nach dem Urknall
Zeit läuft rückwärts
t 0
R 0
T
Anfangssingularität – Der Anfang
• t<10-43s bekannt als die Planckära• Quanteneffekte werden wichtig• Einstein’s Theorie der Gravitation bricht
zusammen
Planckzeit wird über die Unbestimmtheitsrelation definiert:
Et m pc2t p p (ct p )
3c2t p
c5t p4
Gt p2
Mit der Planckzeit tp
• Planck Länge lp ctp
• Planck Dichte p 1/Gtp2
• Planck Masse mp p lp3
t p G
c5
1/ 2
1043s lp
G
c3
1/ 2
1.7x1035m p
c5
G210
96kgm
3
m p c
G
1/ 2
2.5x108kg EP m pc
2
c5
G
1/ 2
1019GeV TP
EP
kB
c5
kB2G
1/ 2
1032K
51
Die Geschichte des Universumst=0T=∞
Atoms
Mat
ter
Clu
mpi
ngHe
m-m+
q-
q+W±
Zo?
InitialSingularity
1010yrs2.73K
109yrs30K
107yrs300K
3x105yrs3000K
3mins109K
4s5x109K
1s109K
0.01s1011K
10-4s1012K
10-6s1013K
10-12s1015K
10-35s1027K
10-43s1031K
Die rationale Physik
sieht nur die Oberfläche
der Wirklichkeit.
Carl Friedrich von Weizsäcker: Die Physik
erklärt nicht
die Geheimnisse der Natur,
sie führt sie auf
tiefer liegende Geheimnisse zurück.