6
Bauwelt 2.2019 16 THEMA Das Haus der vielen Wege Blick von der Schloßbrücke über den Kupfergraben auf die James-Simon-Gale- rie. Rechts das Neue Mu- seum, im Hintergrund das Pergamonmuseum. Foto: Simon Menges Bauwelt 2.2019 17 THEMA Die lange Entstehungs- geschichte des zen- tralen Eingangsgebäu- des auf der Berliner Museumsinsel von David Chipperfield Ar- chitects

Das Haus der vielen Wege - bauwelt.de · 20 THEMA Bauwelt 2.2019 Die JamesSimonGalerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof visàvis vom Neuen Museum

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Das Haus der vielen Wege - bauwelt.de · 20 THEMA Bauwelt 2.2019 Die JamesSimonGalerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof visàvis vom Neuen Museum

Bauwelt 2.201916 THEMA

Das Haus der vielen Wege

Blick von der Schloßbrücke über den Kupfergraben auf die James-Simon-Gale-rie. Rechts das Neue Mu-seum, im Hintergrund das Pergamonmuseum. Foto: Simon Menges

2 14.01.2019 14:13:57

Bauwelt 2.2019 17THEMA

Die lange Entstehungs­geschichte des zen­tralen Eingangsgebäu­des auf der Berliner Museumsinsel von David Chipperfield Ar­chitects

3 14.01.2019 14:14:03

Page 2: Das Haus der vielen Wege - bauwelt.de · 20 THEMA Bauwelt 2.2019 Die JamesSimonGalerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof visàvis vom Neuen Museum

Bauwelt 2.201918 THEMA

Text Sebastian Redecke

James-Simon-Galerie

2 14.01.2019 15:16:38

Bauwelt 2.2019 19THEMA

Blick von Süden über die Bodestraße zum Neu bau. Rechts das Alte und dahin­ter das Neue Muse um, links das Galeriehaus Bas­tian aus dem Jahr 2007, ebenfalls von Chipperfield. Foto: Simon Menges, La-geplan im Maßstab 1 :15.000 David Chipperfield Archi-tects

Das zentrale Empfangsgebäude für die Berli-ner Museumsinsel von David Chipperfield Architects steht prominent am Kupfergraben. Seine Aufgabe als Entrée einer unterirdi-schen Verbindung der Museen wird es aber auf lange Zeit nur teilweise erfüllen können. An einem so herausgehobenen Ort auf der Muse­umsinsel in der Mitte Berlins ein weiteres Ge­bäude zu errichten, lenkte schon in seiner lan­gen Vorplanung alle Aufmerksamkeit auf sich und wurde mit viel Argwohn verfolgt. Es stellt sich zum Verständnis zunächst die Frage nach sei­ner Aufgabe: Die James­Simon­Galerie, benannt nach dem großzügigen Förderer der Berliner Museen in der Zeit von Kaiser Wilhelm II., bindet als zentrales Eingangsgebäude die Museen auf der Insel zusammen und macht sie dem allzu oft nur noch kurz durchlaufenden Besucher leich ­ter zugänglich. Die Kunstrezeption als Abgrasen von Highlights, bei der die fundierte Hingabe durch touristisches Erleben ersetzt wird, ist längst ein Phänomen der großen Masse und er­fordert daher ein Management. Auf der Berli ­ner Museumsinsel sind es rund 2,8 Millionen Be­sucher pro Jahr. Sie werden im Servicegebäude James­Simon­Galerie aufgenommen, können sich für ihren geplanten Rundgang orientieren, und werden auch gleich im Café/Restaurant und im Shop zum Konsum animiert.

Der Neubau liegt am westlichen Rand der Insel zwischen Kupfergraben und Neuem Museum. Das Konzept des Eingangsgebäudes ist differen­ziert, vor allem geprägt von vielen Wegebezie­hungen. Erst innen, auf drei Ebenen verteilt, er­klärt es sich von selbst. Das Gebäude verbin ­det in der Folge eines Masterplans von 1999 drei der fünf Museen miteinander: das Neue Muse­um, das Alte Museum und das Pergamonmuse­um. Später ist auch eine Verbindung zum Bode Museum nördlich der Bahnbrücke vorgesehen.

Die sehr lange, mühevolle Entwurfs­ und mehrfache Umplanungsgeschichte begann mit dem Wettbewerb 1994 zum Wiederaufbau des Neuen Museums von Friedrich August Stüler und einer Ergänzung zum Kupfergraben (Bauwelt 22.1994). David Chipperfields Entwurf erhielt da­mals hinter dem Mailänder Giorgio Grassi den zweiten Preis, und wurde dann 1997, nach einem Gutachterverfahren mit den fünf Preisträgern, zur Ausführung ausgewählt. Das Neue Museum wurde mit Chipperfields Umbau zu einem Fest der Architektur und stieß weltweit auf große Be­

1 Altes Museum

2 Neues Museum

3 Alte Nationalgalerie

4 Pergamonmuseum

5 Bode­Museum

6 Kupfergraben

7 Lustgarten

8 Humboldt Forum

2

34

5

67

8

1

3 14.01.2019 15:16:40

Page 3: Das Haus der vielen Wege - bauwelt.de · 20 THEMA Bauwelt 2.2019 Die JamesSimonGalerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof visàvis vom Neuen Museum

Bauwelt 2.201920 THEMA

Die James­Simon­Galerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof vis­à­vis vom Neuen Museum (klei­nes Foto). Die Stützen sind 26 cm breite Betonfertig­teile mit Marmorzuschlag.

4 14.01.2019 15:16:41

Bauwelt 2.2019 21THEMA

achtung (Bauwelt 13.2009). Für die Ergänzung zum Kupfergraben kann man dies nicht behaup­ten. 2001 entstand eine neue Planung mit gläser­nen Kuben, die als „Containerdorf“ heftig kriti­siert und schließlich verworfen wurde (Seite 33). Die Architektur wie sie sich heute zeigt, ist deut­lich mehr aus dem Charakter des Ortes entwi­ckelt. Chipperfield spricht hinsichtlich der von ihm gewählten grundlegend anderen Architektur­sprache von einem „eigenen Lernprozess in der Auseinandersetzung mit der historischen Sub­stanz“.

Die anfängliche Sorge, dass nun ein vergleichs­weise kleines Gebäude auf der Insel nicht pas­sen würde, die von großen, kompakten Solitären bestimmt wird, hat sich nicht bestätigt. Im Ge­genteil: Mit seinen Proportionen und Abstufun­gen gelingt dem Architekten nicht nur die mühe­volle Einpassung an das benachbarte Neue Mu­seum, sondern auch an das allzu wuchtige Per­gamonmuseum im Hintergrund.

Erreicht man den Bau vom Lustgarten an sei­ner Stirnseite, führt eine einladende Freitreppe hinauf in das Obere Foyer. Ein weiterer Eingang zum Unteren Foyer befindet sich auf der Längs­

seite in der Kolonnade vis­à­vis des Neuen Mu­seums. Mit den neuen Pfeiler­Kolonnaden ist es gelungen, vor und hinter dem Neuen Museum ei­ne direkte Anbindung an den zentralen Bereich der Museumsinsel mit dem großen Kolonnaden­hof zu erreichen. Der dortige den Freiraum um­greifende Säulengang, der am Neuen Museum sich fortsetzt, wird zu einem Umgang komplet­tiert. Chipperfield wählte ein filigranes Vokabular, das scheinbar nicht die Kraft besitzt, sich ge­gen die Nachbarn zu behaupten. Doch auch dies ist nicht der Fall. Sogar auf dem vom Neubau,

dem Neuen Museum und dem Pergamonmuse­um als hinteren Abschluss gebildeten neuen, deutlich kleineren und steinernen Kolonnaden­hof hat man nicht den Eindruck, erdrückt zu werden. Fast spielerisch gelingt es mit den leicht wirkenden Betonstäben, die an Chipperfields Deutsches Literaturmuseum der Moderne in Mar­bach von 2006 erinnern, ein Ensemble zu bil­den, das die Besucher neugierig auf Erkundun­gen macht, auch auf die neue Verbindung zur versteckt liegenden „Säulengasse“ zwischen Neu­em Museum und Pergamonmuseum. Diese ver­längerten überdachten Promenaden werden beim Erkunden der Insel eine besondere Beachtung erlangen. Projektleiter Alexander Schwarz sprach bei der Schlüsselübergabe an die Staatlichen Museen am 13. Dezember von einem ganz eige­nen Weg der „Wiedergewinnung des romanti­schen Klassizismus“. Die Strenge des Konzepts lässt die 26 Zentimeter breiten Stäbe der Kolon­naden allerdings aus bestimmten Blickwinkeln betrachtet monoton erscheinen.

Empfang und Orientierung

Nach dem Eintritt in die Halle des Unteren Foyers auf Ebene 1 wird gleich links das 300 Zuhörer aufnehmende Auditorium unter der Freitreppe erreicht. Geradeaus führt der Weg über eine Treppe nach oben zur niedrigen Zwischenebene mit dem vollständig mit Walnussholz ausgeklei­deten Museumsshop, der Garderobe und weite­ren Servicefunktionen. Zwei große Schaufens ­ter öffnen sich zum Kupfergraben. Rechts vom Foyer gelangt man über eine Treppe auf die et­was unter Wasserkante liegende Ebene 0 mit ei­nem zum Foyer offenen Ausstellungsbereich zur Geschichte der Museumsinsel. Ein mitten im Saal stehender, zehn Meter hoch aufragender Pfahl aus Kiefernholz, der zur Befestigung der Mu­seumsinsel im schlammigen Untergrund aus der Zeit von Karl Friedrich Schinkel gehörte, lenkt den Blick des Besuchers noch einmal hinauf zum Licht, bis dann die unterirdische Archäologi­sche Promenade durch die Museen beginnt. Heute ruht der Bau auf 1200 Gründungspfählen aus Beton mit Stahlkern, die in den Boden ge­trieben wurden. Zum Kupfergraben hin breitet

Der sehr mächtige Sockel orientiert sich am Perga­monmuseum. Links: Restau­rant hinter der Hochkolon­nade am Kupfergraben.Fotos: Erik-Jan Ouwerkerk; kleine Fotos: Sebastian Redecke

Mit der weit sichtbaren Ein-gangsgeste, mit der Frei-treppe und der offenen Halle zwischen den Kolon-naden wird die Galerie zu einem Propyläengebäude, das den erhobenen öffent-lichen Raum feiert. Alexander Schwarz, Projektpartner

5 14.01.2019 15:16:42

Page 4: Das Haus der vielen Wege - bauwelt.de · 20 THEMA Bauwelt 2.2019 Die JamesSimonGalerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof visàvis vom Neuen Museum

Bauwelt 2.201922 THEMA

Architekten

David Chipperfield Archi­tects, Berlin

Projektpartner

David Chipperfield, Martin Reichert, Alexander Schwarz

Projektleitung

Urs Vogt (Lph 1–5, Künstle­rische Bauoberleitung)

Projektteam

Mathias Adler, Alexander Bellmann, Thomas Beck, Martin Benner, Alexander Corvinus, Maryla Duleba, Matthias Fiegl, Anke Fritzsch, Dirk Gschwind, Anne Hengst, Paul Hiller­kus, Isabel Karig, Linda von Karstedt, Ludwig Kauff­mann, Mikhail Kornev, Ast­rid Kühn, Thoms Kupke, Dalia Liksaite, Jonas Marx, Sebastian von Oppen, Torsten Richter, Elke Salei­na, Antonia Schlegel, Thomas Schöpf, Eberhard Veit, Anja Wiedemann

Bauleitung

Wenzel + Wenzel, Berlin (Lph 6–8)

Tragwerksplanung

IGB Ingenieurgruppe Bauen, Berlin

Gebäudetechnik

Innius Dö, Berlin; Inros Lackner, Rostock

Lichtberatung

matí, Adliswil

Lichtplanung

Conceptlicht, Traunreut

Landschaftsarchitekt

Levin Monsigny, Berlin

Bauherr

Stiftung Preußischer Kultur­besitz, vertreten durch Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Berlin

Hersteller

Aufzüge Schindler Systemböden Lindner Infoanlagen Bosch Sanitär Duravit, Grohe Bestuhlung Auditorium EHEIM Möbel

Die Kolonnade an der Bode­straße vor dem Neuen Mu­seum und ihre bescheidene Fortführung vor der James­Simon­Galerie Fotos: Erik-Jan Ouwerkerk, kleines Foto: Sebastian Redecke. Schnitte im Maß-stab 1 :1000 David Chipper-field Architects

6 14.01.2019 15:16:44

Bauwelt 2.2019 23THEMA

sich auf dieser Ebene der 700 Quadratmeter gro­ße, fensterlose Saal mit Lichtdecke für Wechsel­ausstellungen aus, der flexible Möglichkeiten der Gliederung bietet. Variabel klimatisiert lässt er zudem die Präsentation besonders empfindlicher Leihgaben zu. Ein solcher Saal wurde von den Staatlichen Museum dringend erwartet.

Über die niedrige Zwischenebene mit Muse­umsshop und Garderobe erreichen die Besu­cher die Ebene 2 mit dem Oberen Foyer. Dieses Eingangsfoyer wird wohl aufgrund der Freitrep ­ pe von Besuchern mehr genutzt werden. Im hin­teren Teil der Halle liegt der zentrale Infopoint mit Kasse. An ihrer Stirnseite weist der Raum eine Besonderheit auf. Da nur fünf Meter dahinter die mächtige Fassade des Pergamonmuseums von Alfred Messel emporragt und zu präsent ge­wesen wäre, hat Chipperfield eine Glasverbund­fläche als transluzente Front mit drei Zentimeter dünnem, geschliffenem Marmor eingefügt. Dies war aufwändig zu realisieren – aber wie andere Sonderelemente nimmt man dies nicht wahr. Der Architekt zelebriert weiter Understatement.

Die Hochkolonnade

Längs zum Foyer schließt das weitgehend gläser­ne Café/Restaurant an, ein auffallend schmaler und langer Saal, der mit vorgelagerter Terrasse entlang des Kupfergrabens weite Teile der Ko­lonnade einnimmt. Auf dieser oberen Ebene wird sich am nördlichen Ende im nächsten Jahr die Pforte zum schnellen Rundgang durch die Perga­monmuseum­Highlights öffnen, ein weiteres,

Mit den Pfeiler-Kolonnaden wird vor und hinter dem Neuen Museum eine direkte Anbindung der James- Simon-Galerie an den gro-ßen Kolonnadenhof der Museumsinsel erreicht. Die Wege vervollständigen nun einen Umgang.oberirdisches Entrée, das zum Programm des Hauses gehört. Diese Hochkolonnade als Stadt­loggia auf der Westseite zum Kupfergraben ist schon von weitem gut sichtbar. Sie erhebt sich über dem Sockel, der, das muss kritisch ange­merkt werden, zu hoch ausgefallen ist und da­durch auf Passanten abweisend wirken kann. Der Sockel erhielt in einer späten Entwurfsphase noch die zwei große Schaufensteröffnungen auf der Zwischenebene, die innen wichtig sind, aber außen nicht in einen Sockel passen. Die Kolonnade nimmt die ganze Länge des Gebäudes ein. Sie endet im Süden seitlich der Freitreppe, wo der Besucher auch außerhalb der Öffnungs­zeiten eine kleine Plattform als Ausguck aufsu­chen kann, mit Blick auf den Lustgarten, das Hum­boldt Forum und dicht nebenan auf die Ziegel­front vom Neuen Museum.

Freude, sogar Staunen erweckt bei Chipper­field wieder der Umgang mit den reduziert ver­wendeten Materialien, dazu die vielen Ideen der

Der kleine Kolonnadenhof mit der „Säulengasse“ zwischen Neuem Museum und Pergamonmuseum Rechts: Der Zwischenraum von Alt und Neu ermög ­licht die Zufahrt in den Ko­lonnadenhof.

7 14.01.2019 15:16:45

Page 5: Das Haus der vielen Wege - bauwelt.de · 20 THEMA Bauwelt 2.2019 Die JamesSimonGalerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof visàvis vom Neuen Museum

Bauwelt 2.201924 THEMA

Die zentrale Treppe ver ­bindet das Untere Foyer, die Zwischenebene und das Obere Foyer miteinander. Im Hintergrund der Infopoint mit der Abschlusswand aus Glas und Marmor von der

griechischen Insel Thassos. Kleines Foto: Auf glei cher Ebene liegt der obere Zu­gang ins Pergamonmu­seum. Fotos: Ute Zscharnt, Björn Schumann (links)

8 14.01.2019 15:16:47

Bauwelt 2.2019 25THEMA

1 Archäologische Pro­ menade

2 Ausstellung Museums­ insel

3 Sonderausstellung

4 Anlieferung

5 Auditorium

6 Kleiner Kolonnadenhof

7 Säulengang zum Großen Kolonnadenhof

8 Unterer Eingang/Foyer

9 Museumsshop

10 Garderobe

11 Oberer Eingang/Foyer

12 Kasse, Info

13 Café/Restaurant

14 Zugang Pergamon­ museum

Das Auditorium mit 300 Plät­zen befindet sich unter der großen Freitreppe, der niedrige, mit viel Holz ge­staltete Museumsshop auf der Zwischenebene.Fotos: Björn Schumann (o.), Sebastian Redecke, Grund-risse im Maßstab 1 : 1000

11

2

2

3

4

4

5

5

6

7 7

8

910

1112

1314

9 14.01.2019 15:16:49

Page 6: Das Haus der vielen Wege - bauwelt.de · 20 THEMA Bauwelt 2.2019 Die JamesSimonGalerie hat zwei Eingänge: oben am Ende der Freitreppe und im Kolonnadenhof visàvis vom Neuen Museum

Bauwelt 2.201926 THEMA

präzisen Ausarbeitung zum Beispiel bei den glä­sernen Brüstungen mit ihren Einfassungen, den Bronze­Handläufen oder den in die Architektur eingebauten steinernen Sitzbänken. Auch der Sichtbeton, einfach bearbeitet, zeigt an allen Ecken und Kanten Perfektion. Er harmoniert zu den Böden aus hellem Muschelkalk. Die schlan­ken Pfeiler­Kolonnaden sind Betonfertigteile mit leicht glitzerndem Marmorzuschlag. Hoch oben hängen als Heiz­ und Kühldecke Platten aus fein­maschigem Kupferdraht. Im Auditorium ent­schied man sich für etwas harte Zuhörerbänke, kerngeräuchertes Eichenholz und eine mehr­fach nach unten zur Bühne geschwungene Un­terdecke. Um den hohen Anspruch gerecht zu werden, war es entscheidend, die Arbeit an der

James SimonDie aus der Uckermark stammende jüdische Familie Simon lebte seit 1838 in Berlin und gründete ein Geschäft für Her­renausstattung. Später stieg die Familie in den Baumwoll­handel ein. James Simon (1851–1932) führte sehr erfolg­reich das Geschäft des Vaters fort, war ein großer Unter­stützer des Kaisers Wilhelm II. und teilte seine Begeiste­rung für die Antike. Dies zeigte sich bei seiner großzügigen Förderung von Grabungen in Ägypten. Er unterstützte auch den Bau des Kaiser­Friedrich­Museums (das heutige Bode­Museum) auf der Museumsinsel. Simon verfügte über eine bedeutende Privatsammlung mit Werken aus der Antike, dem Spätmittelalter und der italienischen Renais­sance, die in seinem Privathaus in der Tiergartenstraße aus­gestellt waren. Diese Sammlung stellte er dem Museum zur Verfügung, das hierfür einen speziellen Ausstellungs­saal einrichtete. In seiner Sammlung befand sich auch die 1913 im ägyptischen Tell el­Amarna gefundene Büste Nofre­tete, die er 1920 den Berliner Museen schenkte. Die Schen­kungen James Simons, die sich heute auf sieben Sammlun­gen der Staatlichen Museen zu Berlin verteilen, umfassen mehr als 10.000 Objekte. Neben seiner Kunstleidenschaft galt die Aufmerksamkeit des Mäzens vor allem dem Ge­meinwohl der Bedürftigen seiner Stadt. Er verwendete etwa ein Drittel seiner Einnahmen für humanitäre Zwecke. (Foto: Ullstein Bild)

Treppe zwischen James­ Simon­Galerie und Eiserner Brücke hinunter zum Was­ser. Rechts oben: Blick vom Lustgarten auf das Alte Museum, ganz links der Neu­bau. Rechts: Blick vom Oberen Foyer auf den Lust­

garten, im Hintergrund das Humboldt Forum mit Kup ­pel. Der Plan zeigt die Archä­ologische Promenade, die vier Museen miteinan­der verbinden wird.Fotos: Erik-Jan Ouwerkerk, rechts: Ute Zscharnt

sorgfältigen Gestaltung der Oberflächen und den Details, der man überall gewahr wird, bis an die Grenzen des Machbaren zu leisten und durchzu­stehen.

Wann kommt die Promenade?

Die James­Simon­Galerie wird sich nach ihrer Er­öffnung Mitte 2019 in das Gesamtbild einfügen. Sie wird sich zudem für die Staatlichen Museen mit dem Auditorium, dem Saal für Wechselaus­stellungen, den offenen Foyers und den neu ent­standenen zwei Plätzen mit ihren Kolonnaden am Unteren Foyer und oben an der Freitreppe mit Belvedere und Café/Restaurant zum Ort der Begegnung entwickeln. Allerdings wird es bis auf

weiteres nur den Zugang zum Südflügel des Per­gamonmuseums – noch nicht saniert und daher weiterhin zugänglich – und zum Neuen Museum geben. Alle weiteren unterirdischen Verbindun­gen werden erst viel später möglich sein. Damit kann das Gebäude diese wichtige Aufgabe auf lange Zeit nur teilweise erfüllen.

Trotz einiger planerischer Rückschläge, dras­tischer Verzögerungen und rasant steigender Gesamtkosten von rund 74 Millionen auf 134 Mil ­lio nen Euro ist es David Chipperfield gelungen, dass die Kritiker besänftigt wurden und die James­Simon­Galerie nicht als Fremdkörper auf­trumpft, sondern gelassen, aber mit der Feier­lichkeit der Kolonnaden als moderne Agora ein Zeichen setzt.

10 14.01.2019 15:16:50

Bauwelt 2.2019 27THEMA

Die unterirdische Archäologische Promenade der Museumsinsel Plan: BBR

11 14.01.2019 15:16:54