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Karl Marx / Friedrich Engels DAS KAPITAL BAND 2

DAS KAPITAL, 2. Band - ciml.250x.comciml.250x.com/archive/marx_engels/german/kapital2.pdf · DAS KAPITAL BAND 2 Karl Marx, Friedrich Engels 2 Vorwort Das zweite Buch des

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Karl Marx / Friedrich Engels

DAS KAPITAL

BAND 2

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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VORWORT............................................................................................................. 2

[VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE] ................................................................13

DIE METARMORPHOSEN DES KAPITALS............................................................14

Der Kreislauf des Geldkapitals......................................................................................................................................14I. Erstes Stadium. G - W...............................................................................................................................................15II. Zweites Stadium. Funktion des produktiven Kapitals............................................................................................20III. Drittes Stadium. W´ - G´.........................................................................................................................................23IV. Der Gesamt-Kreislauf .............................................................................................................................................29

Der Kreislauf des produktiven Kapitals.......................................................................................................................561. Einfache Reproduktion .............................................................................................................................................57II. Akkumulation und Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ..............................................................................65III. Geldakkumulation...................................................................................................................................................68IV. Reservefonds ...........................................................................................................................................................70

Der Kreislauf des Warenkapitals ..................................................................................................................................72

Die drei Figuren des Kreislaufsprozesses.....................................................................................................................80

Die Umlaufszeit.................................................................................................................................................................92

Die Zirkulationskosten ....................................................................................................................................................96I. Reine Zirkulationskosten...........................................................................................................................................96

1. Kauf- und Verkaufszeit........................................................................................................................................962. Buchführung .........................................................................................................................................................983. Geld.......................................................................................................................................................................99

II. Aufbewahrungskosten..............................................................................................................................................991. Vorratbildung überhaupt ....................................................................................................................................1002. Eigentlicher Warenvorrat...................................................................................................................................103

III. Transportkosten.....................................................................................................................................................106

DER UMSCHLAG DES KAPITALS .......................................................................110

Umschlagszeit und Umschlagszahl ..............................................................................................................................110

Fixes Kapital und zirkulierendes Kapital ..................................................................................................................1131. Die Formunterschiede .............................................................................................................................................113II. Bestandteile, Ersatz, Reparatur, Akkumulation des fixen Kapitals ....................................................................119

Der Gesamtumschlag des vorgeschoßnen Kapitals. Umschlagszyklen .................................................................128

Theorien über fixes und zirkulierendes Kapital Die Physiokraten und Adam Smith ........................................132

Theorien über fixes und zirkulierendes Kapital. Ricardo .......................................................................................149

Die Arbeitsperiode .........................................................................................................................................................157

Die Produktionszeit........................................................................................................................................................163

Die Umlaufszeit...............................................................................................................................................................169

Wirkung der Umschlagszeit auf die Größe des Kapitalvorschusses......................................................................174I. Arbeitsperiode gleich der Zirkulationsperiode ......................................................................................................179

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II. Arbeitsperiode großer als Zirkulationsperiode .....................................................................................................182IV. Resultate ................................................................................................................................................................188V. Wirkung von Preiswechsel ....................................................................................................................................191

Der Umschlag des variablen Kapitals.........................................................................................................................197I. Die Jahresrate des Mehrwerts .................................................................................................................................197II. Der Umschlag des variablen Einzelkapitals..........................................................................................................205III. Der Umschlag des variablen Kapitals, gesellschaftlich betrachtet ....................................................................208

Die Zirkulation des Mehrwerts....................................................................................................................................212II. Akkumulation und erweiterte Reproduktion ........................................................................................................226

DIE REPRODUKTION UND ZIRKULATION DES GESELLSCHAFTLICHENGESAMTKAPITALS ............................................................................................231

Einleitung.........................................................................................................................................................................2311. Gegenstand der Untersuchung................................................................................................................................231II. Die Rolle des Geldkapitals.....................................................................................................................................233

Frühere Darstellungen des Gegenstandes ..................................................................................................................236I. Die Physiokraten......................................................................................................................................................236II. Adam Smith ............................................................................................................................................................237

1. Smiths allgemeine Gesichtspunkte ...................................................................................................................2372. Smiths Auflösung des Tauschwerts in v + m ...................................................................................................2423. Der konstante Kapitalteil ...................................................................................................................................2444. Kapital und Revenue bei A. Smith....................................................................................................................2475. Zusammenfassung..............................................................................................................................................251

III. Die Späteren ..........................................................................................................................................................254

Einfache Reproduktion .................................................................................................................................................2571. Stellung der Frage ...................................................................................................................................................257II. Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion....................................................................................259III. Der Umsatz zwischen den beiden Abteilungen: .................................................................................................261IV. Der Umsatz innerhalb Abteilung II. Notwendige Lebensmittel und Luxusmittel............................................263V. Die Vermittlung der Umsätze durch die Geldzirkulation....................................................................................268VI. Das konstante Kapital der Abteilung I.................................................................................................................275VII. Variables Kapital und Mehrwert in beiden Abteilungen ..................................................................................276VIII. Das konstante Kapital in beiden Abteilungen ..................................................................................................279IX. Rückblick auf A. Smith, Storch und Ramsay......................................................................................................282X. Kapital und Revenue: Variables Kapital und Arbeitslohn...................................................................................284XI. Ersatz des fixen Kapitals ......................................................................................................................................290

1. Ersatz des Verschleiß-Wertteils in Geldform...................................................................................................2922. Ersatz des fixen Kapitals in natura....................................................................................................................2953. Resultate .............................................................................................................................................................301

XII. Die Reproduktion des Geldmaterials .................................................................................................................303XIII. Destutt de Tracys Reproduktionstheorie ..........................................................................................................309

Akkumulation und erweiterte Reproduktion............................................................................................................3161. Schatzbildung......................................................................................................................................................3172. Das zusätzliche konstante Kapital.....................................................................................................................3193. Das zusätzliche variable Kapital .......................................................................................................................322

II. Akkumulation in Abteilung II................................................................................................................................323III. Schematische Darstellung der Akkumulation .....................................................................................................325

1. Erstes Beispiel ....................................................................................................................................................3282. Zweites Beispiel .................................................................................................................................................3313. Umsatz von IIc bei Akkumulation ....................................................................................................................335

IV. Nachträgliches.......................................................................................................................................................337

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Vorwort

<7> Das zweite Buch des "Kapital" druckfertig herzustellen, und zwar so, daß es einerseits als zusam-menhängendes und möglichst abgeschloßnes Werk, andrerseits aber auch als das ausschließliche Werkdes Verfassers, nicht des Herausgebers dastand, war keine leichte Arbeit. Die große Zahl der vorhandnen,meist fragmentarischen Bearbeitungen erschwerte die Aufgabe. Höchstens eine einzige (Manuskript IV)war, soweit sie ging, durchweg für den Druck redigiert; dafür aber auch der größte Teil durch Redaktio-nen aus späterer Zeit veraltet. Die Hauptmasse des Materials war, wenn auch größtenteils sachlich, sodoch nicht sprachlich fertig ausgearbeitet; abgefaßt in der Sprache, worin Marx seine Auszüge anzuferti-gen pflegte: nachlässiger Stil, familiäre, oft derbhumoristische Ausdrücke und Wendungen, englische undfranzösische technische Bezeichnungen, oft ganze Sätze und selbst Seiten englisch; es ist Niederschriftder Gedanken in der Form, wie sie sich jedesmal im Kopf des Verfassers entwickelten. Neben einzelnen,ausführlich dargestellten Partien andre, gleich wichtige nur angedeutet; das Material illustrierender Tatsa-chen gesammelt, aber kaum gruppiert, geschweige verarbeitet; am Schluß der Kapitel, unter dem Drangzum nächsten zu kommen, oft nur ein paar abgerißne Sätze als Marksteine der hier unvollendet gelaßnenEntwicklung; endlich die bekannte, dem Verfasser selbst manchmal unleserliche Handschrift.

Ich habe mich damit begnügt, die Manuskripte so wörtlich wie möglich wiederzugeben, am Stil nur daszu ändern, was Marx selbst geändert haben würde, und nur da erläuternde Zwischensätze und Übergängeeinzuschieben, wo dies absolut nötig und der Sinn obendrein ganz unzweifelhaft war. Sätze, deren Deu-tung nur im entferntesten Zweifel zuließ, sind lieber ganz wörtlich abgedruckt worden. Die von mir her-rührenden Umarbeitungen und Einschiebungen betragen im ganzen noch keine zehn Druckseiten und sindnur formeller Natur.

<8> Die bloße Aufzählung des von Marx hinterlaßnen handschriftlichen Materials zu Buch II beweist,mit welcher Gewissenhaftigkeit ohnegleichen, mit welcher strengen Selbstkritik er seine großen ökono-mischen Entdeckungen bis zur äußersten Vollendung auszuarbeiten strebte, ehe er sie veröffentlichte;eine Selbstkritik, die ihn nur selten dazu kommen ließ, die Darstellung nach Inhalt und Form seinem stetsdurch neue Studien sich erweiternden Gesichtskreis anzupassen. Dies Material besteht nun aus folgen-dem.

Zuerst ein Manuskript "Zur Kritik der politischen Oekonomie", 1.472 Quartseiten in 23 Heften, geschrie-ben August 1861 bis Juni 1863. Es ist die Fortsetzung des 1859 in Berlin erschienenen ersten Hefts <Sie-he Band 13, S. 3 - 160> desselben Titels. Es behandelt auf Seite 1 - 220 (Heft I - V) und dann wieder aufSeite 1159 - 1472 (Heft XIX - XXIII) die in Buch I des "Kapital" untersuchten Themata, von der Ver-wandlung von Geld in Kapital bis zum Schluß, und ist die erste vorhandne Redaktion dafür. Die Seiten973 - 1158 (Heft XVI bis XVIII) handeln von: Kapital und Profit, Profitrate, Kaufmannskapital undGeldkapital, also von Thematen, die später im Manuskript zu Buch III entwickelt sind. Die in Buch IIsowie sehr viele später in Buch III behandelten Themata sind dagegen noch nicht besonders zusammen-gestellt. Sie werden nebenbei behandelt, namentlich in dem Abschnitt, der den Hauptkörper des Manu-skripts ausmacht: Seite 220 - 972 (Heft VI - XV): Theorien über den Mehrwert. Dieser Abschnitt enthälteine ausführliche kritische Geschichte des Kernpunkts der politischen Ökonomie, der Mehrwertstheorieund entwickelt daneben, in polemischem Gegensatz zu den Vorgängern, die meisten der später im Manu-skript zu Buch II und III besonders und in logischem Zusammenhang untersuchten Punkte. Ich behaltemir vor, den kritischen Teil dieses Manuskripts, nach Beseitigung der zahlreichen durch Buch II und IIIbereits erledigten Stellen, als Buch IV des "Kapitals" zu veröffentlichen. So wertvoll dies Manuskript, sowenig war es für die gegenwärtige Ausgabe des Buch II zu benutzen.

Das dem Datum nach jetzt folgende Manuskript ist das von Buch III. Es ist wenigstens größtenteils 1864und 1865 geschrieben. Erst nachdem dies im wesentlichen fertig, ging Marx an die Ausarbeitung vonBuch I, des 1867 gedruckten ersten Bandes. Dies Manuskript von Buch III bearbeite ich jetzt für denDruck.

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Aus der nächsten Periode - nach Erscheinen des Buch I - liegt vor für Buch II eine Sammlung von vierManuskripten in Folio, von Marx selbst I - IV numeriert. Davon ist Manuskript I (150 Seiten), vermutlichvon 1865 <11> oder 1867 datierend, die erste selbständige, aber mehr oder weniger fragmentarische Be-arbeitung von Buch II in seiner gegenwärtigen Einteilung. Auch hiervon war nichts benutzbar. Manu-skript III besteht teils aus einer Zusammenstellung von Zitaten und Hinweisen auf Marx' Auszugshefte -meist auf den ersten Abschnitt des Buch II bezüglich - teils aus Bearbeitungen einzelner Punkte, nament-lich der Kritik der A. Smithschen Sätze über fixes und zirkulierendes Kapital und über die Quelle desProfits; ferner eine Darstellung des Verhältnisses der Mehrwertsrate zur Profitrate, die in Buch III gehört.Die Hinweise lieferten wenig neue Ausbeute, die Ausarbeitungen waren sowohl für Buch II wie Buch IIIdurch spätere Redaktionen überholt, mußten also auch meist beiseite gelegt werden. - Manuskript IV isteine druckfertige Bearbeitung des ersten, und der ersten Kapitel des zweiten Abschnitts von Buch II, undist da, wo es an die Reihe kommt, auch benutzt worden. Obwohl sich herausstellte, daß es früher abgefaßtist als Manuskript II, so konnte es doch, weil vollendeter in der Form, für den betreffenden Teil des Buchsmit Vorteil benutzt werden; es genügte, aus Manuskript II einige Zusätze zu machen. - Dies letztre Manu-skript ist die einzige einigermaßen fertig vorliegende Bearbeitung des Buch II und datiert von 1870. Diegleich zu erwähnenden Notizen für die schließliche Redaktion sagen ausdrücklich: "Die zweite Bearbei-tung muß zugrunde gelegt werden."

Nach 1870 trat wieder eine Pause ein, bedingt hauptsächlich durch Krankheitszustände. Wie gewöhnlichfüllte Marx diese Zeit durch Studien aus; Agronomie, amerikanische und namentlich russische ländlicheVerhältnisse, Geldmarkt und Bankwesen, endlich Naturwissenschaften: Geologie und Physiologie, undnamentlich selbständige mathematische Arbeiten, bilden den Inhalt der zahlreichen Auszugshefte ausdieser Zeit. Anfang 1877 fühlte er sich soweit hergestellt, daß er wieder an seine eigentliche Arbeit gehnkonnte. Von Ende März 1877 datieren Hinweise und Notizen aus obigen vier Manuskripten als Grundlageeiner Neubearbeitung von Buch II, deren Anfang in Manuskript V (56 Seiten Folio) vorliegt. Es umfaßtdie ersten vier Kapitel und ist noch wenig ausgearbeitet, wesentliche Punkte werden in Noten unter demText behandelt; der Stoff ist mehr gesammelt als gesichtet, aber es ist die letzte vollständige Darstellungdieses wichtigsten Teils des ersten Abschnitts. - Ein erster Versuch, hieraus ein druckfertiges Manuskriptzu machen, liegt vor in Manuskript VI (nach Oktober 1877 und vor Juli 1878); nur 17 Quartseiten, dengrößten Teil des ersten Kapitels umfassend, ein zweiter - der letzte - in Manuskript VII, "2. Juli 1878",nur 7 Folioseiten.

<12> Um diese Zeit scheint Marx sich darüber klar geworden zu sein, daß ohne eine vollständige Revo-lution seines Gesundheitszustandes er nie dahin kommen werde, eine ihm selbst genügende Bearbeitungdes zweiten und dritten Buchs zu vollenden. In der Tat tragen die Manuskripte V - VIII die Spuren ge-waltsamen Ankampfs gegen niederdrückende Krankheitszustände nur zu oft an sich. Das schwierigsteStück des ersten Abschnitts war in Manuskript V neu bearbeitet; der Rest des ersten und der ganze zweiteAbschnitt (mit Ausnahme des siebzehnten Kapitels) boten keine bedeutenden theoretischen Schwierig-keiten; der dritte Abschnitt dagegen, die Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Kapitals,schien ihm einer Umarbeitung dringend bedürftig. In Manuskript II war nämlich die Reproduktion behan-delt zuerst ohne Berücksichtigung der sie vermittelnden Geldzirkulation und sodann nochmals mit Rück-sicht auf diese. Dies sollte beseitigt und der ganze Abschnitt überhaupt so umgearbeitet werden, daß erdem erweiterten Gesichtskreis des Verfassers entsprach. So entstand Manuskript VIII, ein Heft von nur 70Quartseiten; was Marx aber auf diesen Raum zusammenzudrängen verstand, beweist die Vergleichungvon Abschnitt III im Druck, nach Abzug der aus Manuskript II eingeschobnen Stücke.

Auch dies Manuskript ist nur eine vorläufige Behandlung des Gegenstands, bei der es vor allem daraufankam, die gewonnenen neuen Gesichtspunkte gegenüber Manuskript II festzustellen und zu entwickeln,unter Vernachlässigung der Punkte, über die nichts Neues zu sagen war. Auch ein wesentliches Stück vonKapitel XVII des zweiten Abschnitts, das ohnehin einigermaßen in den dritten Abschnitt übergreift, wirdwieder hineingezogen und erweitert. Die logische Folge wird öfters unterbrochen, die Behandlung iststellenweise lückenhaft und namentlich am Schluß ganz fragmentarisch. Aber was Marx sagen wollte, istin dieser oder jener Weise darin gesagt.

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Das ist das Material zu Buch II, woraus, nach einer Äußerung von Marx zu seiner Tochter Eleanor kurzvor seinem Tode, ich etwas machen sollte. Ich habe diesen Auftrag in seinen engsten Grenzen genom-men; wo irgend möglich, habe ich meine Tätigkeit auf bloße Auswahl zwischen den verschiednen Re-daktionen beschränkt. Und zwar so, daß stets die letzte vorhandne Redaktion unter Vergleichung der frü-hern zugrunde gelegt wurde. Wirkliche, d.h. andre als bloß technische Schwierigkeiten boten dabei nurder erste und dritte Abschnitt, diese aber auch nicht geringe. Ich habe sie zu lösen gesucht ausschließlichim Geist des Verfassers.

Die Zitate im Text habe ich meist übersetzt bei Belegen für Tatsachen oder wo, wie bei Stellen aus A.Smith. das Original jedem zu Gebot steht, <13> der der Sache auf den Grund kommen will. Nur in Kapi-tel X war dies nicht möglich, weil hier direkt der englische Text kritisiert wird. - Die Zitate aus Buch Itragen die Seitenzahlen der zweiten Auflage, der letzten, die Marx noch erlebt hat.

Für das Buch III liegt außer der ersten Bearbeitung im Manuskript: "Zur Kritik", den erwähnten Stückenin Manuskript III und einigen, in Auszugsheften gelegentlich eingesprengten kurzen Noten, nur vor: daserwähnte Manuskript in Folio von 1864 - 1865, ausgearbeitet in ungefähr derselben Vollständigkeit wieManuskript II von Buch II, und endlich ein Heft von 1875: Das Verhältnis der Mehrwertsrate zur Profit-rate, mathematisch (in Gleichungen) entwickelt. Die Fertigstellung dieses Buchs für den Druck schreitetrasch voran. Soweit ich bis jetzt beurteilen kann, wird sie hauptsächlich nur technische Schwierigkeitenmachen, mit Ausnahme freilich einiger sehr wichtigen Abschnitte.

Es ist hier der Ort, eine Anklage gegen Marx zurückzuweisen, die, erst nur leise und vereinzelt erhoben,jetzt, nach seinem Tod, von deutschen Katheder- und Staatssozialisten und deren Anhang als ausge-machte Tatsache verkündet wird - die Anklage, als habe Marx ein Plagiat an Rodbertus begangen. Ichhabe bereits an andrer Stelle das Dringendste darüber gesagt , kann aber erst hier die entscheidenden Be-lege beibringen.

Diese Anklage findet sich meines Wissens zuerst in R. Meyers "Emancipationskampf des vierten Stan-des", S. 43:

"Aus diesen Publikationen" (den bis in die letzte Hälfte der dreißiger Jahre zurückdatierenden von Rod-lertus) "hat nachweisbar Marx den größten Teil seiner Kritik geschöpft."

Ich darf bis auf weitern Nachweis wohl annehmen, daß die ganze "Nachweisbarkeit" dieser Behauptungdarin besteht, daß Rodbertus dies Herrn Meyer versichert hat. - 1879 tritt Rodbertus selbst auf die Bühne,und schreibt an J. Zeller (Tübinger "Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft" 1879, S. 219) mitBeziehung auf seine Schrift: "Zur Erkenntniß unsrer staatswirthschaftlichen Zustände" (1842), wie folgt:

<14> "Sie werden finden, daß derselbe" {der darin entwickelte Gedankengang} "schon ganz hübsch vonMarx ... benutzt worden ist, freilich ohne mich zu zitieren."

Was ihm denn auch sein posthumer Herausgeber Th. Kozak ohne weiteres nachplappert. ("Das Kapital"von Rodbertus. Berlin 1884. Einleitung, S. XV.) - Endlich, in den von R. Meyer 1881 herausgegebnen"Briefen und socialpolitischen Aufsätzen von Dr. Rodbertus-Jagetzow", sagt Rodbertus geradezu:

"heute finde ich mich von Schäffle und Man geplündert, ohne daß ich genannt werde". (Brief Nr. 60, S.134.)

Und an einer andern Stelle nimmt Rodbertus' Anspruch bestimmtere Gestalt an:

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"Woraus der Mehrwert des Kapitalisten entspringt, habe ich in meinem 3. sozialen Brief im wesentlichenebenso wie Marx, nur kürzer und klarer gezeigt." (Brief Nr. 48, S. 111.)

Von allen diesen Anklagen auf Plagiat hatte Marx nie etwas erfahren. In seinem Exemplar des "Emanci-pationskampfs" war nur der die Internationale betreffende Teil aufgeschnitten, das Aufschneiden des üb-rigen habe ich selbst erst nach seinem Tode besorgt. Die Tübinger Zeitschrift sah er nie an. Die "Briefeetc." an R. Meyer blieben ihm ebenfalls unbekannt, und bin ich auf die Stelle von wegen der "Plünde-rung" erst 1884 durch die Güte des Herrn Dr. Meyer selbst aufmerksam gemacht worden. Dagegen denBrief Nr. 48 kannte Marx; Herr Meyer hatte die Gefälligkeit gehabt, das Original der jüngsten Tochtervon Marx zu schenken. Marx, dem allerdings einiges geheimnisvolle Gemunkel über die bei Rodbertus zusuchende geheime Quelle seiner Kritik zu Ohren gekommen war, zeigte ihn mir mit der Bemerkung: Hierhabe er endlich authentische Auskunft darüber, was Rodbertus selbst beanspruche; wenn er weiter nichtsbehaupte, so könne dies ihm, Marx, schon recht sein; und daß Rodbertus seine eigne Darstellung für diekürzre und klarere halte, dies Vergnügen könne er ihm auch lassen. In der Tat hielt er durch diesen Briefvon Rodbertus die ganze Sache für erledigt.

Er konnte dies um so eher, als ihm, wie ich positiv weiß, die ganze literarische Tätigkeit von Rodbertusunbekannt geblieben war bis gegen 1859, wo seine eigne Kritik der politischen Ökonomie nicht nur inden Grundzügen, sondern auch in den wichtigsten Einzelheiten fertig war. Er begann seine ökonomischenStudien 1843 in Paris mit den großen Engländern und Franzosen; von den Deutschen kannte er nur Rauund List und hatte genug an ihnen. Weder Marx noch ich erfuhren von der Existenz von Rod- <15> bertusein Wort, bis wir 1848 in der "Neuen Rheinischen Zeitung" seine Reden als Berliner Abgeordneter undseine Handlungen als Minister zu kritisieren hatten. Wir waren so unwissend, daß wir die rheinischenAbgeordneten befrugen, wer denn dieser Rodbertus sei, der so plötzlich Minister geworden. Aber auchdiese wußten nichts von den ökonomischen Schriften Rodbertus' zu verraten. Daß dagegen Marx, auchohne Rodbertus' Hilfe, schon damals sehr gut wußte, nicht nur woher, sondern auch wie "der Mehrwertdes Kapitalisten entspringt", beweisen die "Misère de la Philosophie", 1847 <Siehe Band 4, S. 63 -182>und die 1847 in Brüssel gehaltnen und 1849 in der "Neuen Rheinischen Zeitung", Nr. 264 - 269<Siehe Band 6, S. 397 - 423>, veröffentlichten Vorträge über Lohnarbeit und Kapital. Erst durch Lassalleerfuhr Marx gegen 1859, daß es auch einen Ökonomen Rodbertus gebe, und fand dann dessen "drittensozialen Brief" auf dem Britischen Museum.

Dies der tatsächliche Zusammenhang. Wie steht es nun mit dem Inhalt, um den Marx den Rodbertus "ge-plündert" haben soll?

"Woraus der Mehrwert des Kapitalisten entspringt", sagt Rodbertus, "habe ich in meinem 3. sozialenBrief ebenso wie Marx, nur kürzer und klarer gezeigt."

Also das ist der Kernpunkt: die Mehrwertstheorie; und es ist in der Tat nicht zu sagen, was sonst Rod-bertus bei Marx als sein Eigentum allenfalls reklamieren könnte. Rodbertus erklärt sich hier also für denwirklichen Urheber der Mehrwertstheorie, die Marx ihm geplündert habe.

Und was sagt uns der 3. soziale Brief über die Entstehung des Mehrwerts? Einfach, daß die "Rente", wieer Bodenrente und Profit zusammenfaßt, nicht aus einem "Wertzuschlag" auf den Wert der Ware entstehe,sondern

"infolge eines Wertabzugs, den der Arbeitslohn erleidet, mit andren Worten: weil der Arbeitslohn nureinen Teil des Werts des Produkts beträgt",

und bei hinreichender Produktivität der Arbeit

"nicht äqual dem natürlichen Tauschwert ihres Produkts zu sein braucht, damit von diesem noch zu Ka-pitalersatz (!) und Rente übrig bleibt".

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Wobei uns nicht gesagt wird, was das für ein "natürlicher Tauschwert" des Produkts ist, bei dem zu "Ka-pitalersatz", also doch wohl Ersatz des Rohstoffs und des Verschleißes der Werkzeuge nichts übrig bleibt.

Glücklicherweise ist uns vergönnt zu konstatieren, welchen Eindruck diese epochemachende EntdeckungRodbertus' auf Marx machte. Im <16> Manuskript: "Zur Kritik etc." findet sich in Heft X, S. 445ff. <Sie-he Band 26, 2. Teil, S. 78> eine "Abschweifung. Herr Rodbertus. Eine neue Grundrententheorie". Nurunter diesem Gesichtspunkt wird hier der dritte soziale Brief betrachtet. Die Rodbertussche Mehr-wertstheorie im allgemeinen wird erledigt mit der ironischen Bemerkung: "Herr Rodbertus untersuchterst, wie es in einem Lande aussieht, wo Grund- und Kapitalbesitz nicht geschieden sind, und kommtdann zum wichtigen Resultat, daß die Rente (worunter er den ganzen Mehrwert versteht) bloß gleich derunbezahlten Arbeit oder dem Quantum von Produkten ist, worin sie sich darstellt."

Die kapitalistische Menschheit hat nun schon verschiedliche Jahrhunderte lang Mehrwert produziert undist allmählich auch dahin gekommen, sich über dessen Entstehung Gedanken zu machen. Die erste An-sicht war die aus der unmittelbaren kaufmännischen Praxis entspringende: der Mehrwert entstehe auseinem Aufschlag auf den Wert des Produkts. Sie herrschte unter den Merkantilisten, aber schon JamesSteuart sah ein, daß dabei, was der eine gewinnt, der andre notwendig verlieren muß. Trotzdem spuktdiese Ansicht noch lange fort, namentlich unter Sozialisten; aus der klassischen Wissenschaft wird sieaber verdrängt durch A. Smith.

Bei ihm heißt es, "Wealth of Nations", b. I, ch. VI:

"Sobald Kapital (stock) sich angehäuft hat in den Händen einzelner, werden einige darunter es natürli-cherweise anwenden, um fleißige Leute an die Arbeit zu setzen und diesen Rohstoffe und Lebensmittel zuliefern, um durch den Verkauf der Produkte ihrer Arbeit, oder durch das was ihre Arbeit dem Wert jenerRohstoffe hinzugefügt hat, einen Profit zu machen ... Der Wert, den die Arbeiter den Rohstoffen zusetzen,löst sich hier in zwei Teile auf, wovon der eine ihren Lohn zahlt, der andre den Profit des Beschäftigersauf den ganzen von ihm vorgeschoßnen Betrag von Rohstoffen und Arbeitslöhnen."

Und etwas weiter:

"Sobald der Boden eines Landes durchweg Privateigentum geworden, lieben es die Grundbesitzer wieandre Leute auch, zu ernten, wo sie nicht gesäet, und fordern Bodenrente selbst für die natürlichen Er-zeugnisse des Bodens ... Der Arbeiter ... muß dem Grundbesitzer einen Anteil von dem abtreten, wasseine Arbeit gesammelt oder produziert hat. Dieser Anteil, oder was dasselbe, der Preis dieses Anteils,macht die Bodenrente aus."

Zu dieser Stelle bemerkt Marx in dem erwähnten Manuskript: "Zur Kritik etc.", S. 253 <Siehe Band 26, 1.Teil, S 48>: "A. Smith faßt also den Mehrwert, nämlich die Surplusarbeit, den Überschuß der verrichtetenund in der Ware vergegen- <17> ständlichten Arbeit über die bezahlte Arbeit hinaus, also über die Arbeithinaus, die ihr Äquivalent im Lohn erhalten hat, als die allgemeine Kategorie auf, wovon der eigentlicheProfit und die Grundrente nur Abzweigungen."

Ferner sagt A. Smith, b. I, ch. VIII:

"Sobald der Boden Privateigentum geworden, verlangt der Grundbesitzer einen Anteil fast aller Produkte,die der Arbeiter darauf erzeugen oder einsammeln kann. Seine Bodenrente macht den ersten Abzug vomProdukt der auf den Boden verwandten Arbeit aus. Aber der Bebauer des Bodens hat selten die Mittel,sich bis zur Einbringung der Ernte zu erhalten. Sein Unterhalt wird ihm gewöhnlich vorgeschossen ausdem Kapital (stock) eines Beschäftigers, des Pächters, der kein Interesse hätte ihn zu beschäftigen, wenner nicht das Produkt seiner Arbeit mit ihm teilte, oder sein Kapital ihm ersetzt würde samt einem Profit.Dieser Profit macht einen zweiten Abzug von der auf den Boden verwandten Arbeit. Das Produkt fast aller

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Arbeit ist demselben Abzug für Profit unterworfen. In allen Industrien bedürfen die meisten Arbeiter ei-nes Beschäftigers, um ihnen bis zur Vollendung der Arbeit Rohstoff und Arbeitslohn und Unterhalt vor-zuschießen. Dieser Beschäftiger teilt mit ihnen das Produkt ihrer Arbeit, oder den Wert, den diese denverarbeiteten Rohstoffen zufügt, und in diesem Anteil besteht sein Profit."

Marx hierzu (Manuskript, S. 256 <Siehe Band 26, 1. Teil, S. 50/51>): "Hier also bezeichnet A. Smith indürren Worten Grundrente und Profit des Kapitals als bloße Abzüge von dem Produkt des Arbeiters odervon dem Wert seines Produkts, gleich der von ihm dem Rohstoff zugefügten Arbeit. Dieser Abzug kannaber, wie A. Smith früher selbst auseinandergesetzt, nur bestehn aus dem Teil der Arbeit, den der Arbeiterden Stoffen zusetzt über das Arbeitsquantum hinaus, welches nur seinen Lohn zahlt oder nur ein Äquiva-lent für seinen Lohn liefert - also aus der Surplusarbeit, aus dem unbezahlten Teil seiner Arbeit."

"Woraus der Mehrwert des Kapitalisten entspringt" und obendrein der des Grundeigentümers, hat alsoschon A. Smith gewußt; Marx erkennt dies schon 1861 aufrichtig an, während Rodbertus und derSchwarm seiner unter dem warmen Sommerregen des Staatssozialismus wie Pilze emporschießendenVerehrer es total vergessen zu haben scheint.

"Dennoch", fährt Marx fort, "hat Smith den Mehrwert als solchen nicht als eigne Kategorie geschiedenvon den besondren Formen, die er im Profit und Grundrente erhält. Daher bei ihm, wie noch mehr beiRicardo, viel Irrtum und Mangelhaftigkeit in der Untersuchung." <Siehe Band 26, 1. Teil, S. 48> - DieserSatz paßt wörtlich auf Rodbertus. Seine "Rente" ist einfach die Summe von Bodenrente + Profit; von derBodenrente macht er sich eine total falsche <18> Theorie, den Profit nimmt er unbesehn wie er ihn beiseinen Vorgängern findet. - Marx' Mehrwert dagegen ist die allgemeine Form der ohne Äquivalent vonden Eignern der Produktionsmittel angeeigneten Wertsumme, die sich nach ganz eigentümlichen, erst vonMarx entdeckten Gesetzen in die besondren, verwandelten Formen von Profit und Bodenrente spaltet.Diese Gesetze werden entwickelt in Buch III, wo sich erst zeigen wird, wie viele Mittelglieder nötig sind,um vom Verständnis des Mehrwerts im allgemeinen zum Verständnis seiner Verwandlung in Profit undGrundrente, also zum Verständnis der Gesetze der Verteilung des Mehrwerts innerhalb der Kapitalisten-klasse zu kommen.

Ricardo geht schon bedeutend weiter als A. Smith. Er begründet seine Auffassung des Mehrwerts auf eineneue, bei A. Smith zwar schon im Keim vorhandne, aber in der Ausführung fast immer wieder vergeßneWerttheorie, die der Ausgangspunkt aller nachfolgenden ökonomischen Wissenschaft geworden. Aus derBestimmung des Warenwerts durch die in den Waren realisierte Arbeitsmenge leitet er die Verteilung desden Rohstoffen durch die Arbeit zugesetzten Wertquantums unter Arbeiter und Kapitalisten ab, ihreSpaltung in Arbeitslohn und Profit (d.h. hier Mehrwert). Er weist nach, daß der Wert der Waren derselbebleibt, wie auch das Verhältnis dieser beiden Teile wechsle, ein Gesetz, bei dem er nur einzelne Aus-nahmsfälle zugibt. Er stellt sogar einige Hauptgesetze über das wechselseitige Verhältnis von Arbeitslohnund Mehrwert (in der Form von Profit gefaßt), wenn auch in zu allgemeiner Fassung fest (Marx, "Kapi-tal" I, Kap. XV, A <Siehe Band 23, S. 543 - 547>) und weist die Grundrente als einen unter bestimmtenUmständen abfallenden Überschuß über den Profit nach. - In keinem dieser Punkte ist Rodbertus überRicardo hinausgegangen. Die innern Widersprüche der Ricardoschen Theorie, an denen seine Schulezugrunde ging, blieben ihm entweder ganz unbekannt oder verleiteten ihn nur ("Zur Erkenntniß etc.", S.130) zu utopistischen Forderungen statt zu ökonomischen Lösungen.

Die Ricardosche Lehre vom Wert und Mehrwert brauchte aber nicht auf Rodbertus' "Zur Erkenntniß etc."zu warten, um sozialistisch ausgebeutet zu werden. Auf S. 609 des ersten Bandes "Kapital" (2. Aufl.)<Siehe Band 23, S. 614> findet sich zitiert: "The possessors of surplus produce or capital" <"Die Besitzerdes Mehrprodukts oder Kapitals">, aus einer Schrift: "The Source and Remedy of the National Difficul-ties. A Letter to Lord John Russell", London 1821. In dieser Schrift, auf deren <19> Bedeutung schon dereine Ausdruck: surplus produce or capital hätte aufmerksam machen müssen, und die ein von Marx ausseiner Verschollenheit gerißnes Pamphlet von 40 Seiten ist, heißt es:

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"Was auch dem Kapitalisten zukommen möge" {vom Standpunkt des Kapitalisten aus} "er kann immernur die Mehrarbeit (surplus labour) des Arbeiters aneignen, denn der Arbeiter muß leben." (p. 23.)

Wie aber der Arbeiter lebt und wie groß daher die vom Kapitalisten angeeignete Mehrarbeit sein kann, istsehr relativ.

"Wenn das Kapital nicht an Wert abnimmt im Verhältnis wie es an Masse zunimmt, so wird der Kapitalistdem Arbeiter das Produkt jeder Arbeitsstunde abpressen über das Minimum hinaus, wovon der Arbeiterleben kann ... der Kapitalist kann schließlich dem Arbeiter sagen: du sollst kein Brot essen, denn mankann von Runkelrüben und Kartoffeln leben; und dahin sind wir gekommen." (p. 23, 24.) "Wenn der Ar-beiter dahin gebracht werden kann, sich von Kartoffeln zu nähren, statt von Brot, so ist es unbestreitbarrichtig, daß mehr aus seiner Arbeit herausgeschlagen werden kann; d.h. wenn, um von Brot zu leben, ergenötigt war, für seine Erhaltung und die seiner Familie die Arbeit des Montags und Dienstags für sich zubehalten, so wird er bei Kartoffelnahrung nur die Hälfte des Montags für sich erhalten; und die andreHälfte des Montags und der ganze Dienstag werden freigesetzt entweder für den Nutzen des Staats oderfür den Kapitalisten." (p. 26.) "Man bestreitet nicht (it is admitted), daß die den Kapitalisten bezahltenInteressen, sei es in der Gestalt von Rente, Geldzins oder Geschäftsprofit, bezahlt werden aus der Arbeitanderer." (p. 23.)

Hier also ganz Rodbertus' "Rente", nur daß statt "Rente": Interessen gesagt wird.

Marx bemerkt hierzu (Manuskript "Zur Kritik", S. 852 <Siehe Band 26, 3. Teil, S. 236/237>): "Dieskaum bekannte Pamphlet - erschienen zu der Zeit, wo der 'unglaubliche Schuhflicker' MacCulloch anfing,von sich reden zu machen - enthält einen wesentlichen Fortschritt über Ricardo hinaus. Es bezeichnetdirekt den Mehrwert oder 'Profit', wie Ricardo es nennt (oft auch Mehrprodukt, surplus produce) oderinterest <Zins>, wie der Verfasser des Pamphlets es heißt, als surplus labour, Mehrarbeit, die Arbeit, dieder Arbeiter gratis verrichtet, die er verrichtet über das Quantum Arbeit hinaus, wodurch der Wert seinerArbeitskraft ersetzt, also ein Äquivalent für seinen Lohn produziert wird. Ganz so wichtig wie es war, denWert in Arbeit aufzulösen, ganz so wichtig war es, den Mehrwert (surplus value), der sich in einem Mehr-produkt (surplus produce) darstellt, in Mehrarbeit (surplus labour). Dies ist in der Tat bei A. Smith schongesagt, und bildet ein Hauptmoment in <20> Ricardos Entwicklung. Aber es ist bei ihnen nirgends in derabsoluten Form herausgesagt und fixiert." Es heißt dann weiter, S. 859 <Siehe Band 26, 3. Teil, S.252/253> des Manuskripts: "Im übrigen ist der Verfasser in den ökonomischen Kategorien befangen, wieer sie vorfindet. Ganz wie bei Ricardo das Verwechseln von Mehrwert und Profit zu unangenehmen Wi-dersprüchen führt, so bei ihm, daß er Mehrwert Kapitalinteressen tauft. Zwar steht er darin über Ricardo,daß er erstens allen Mehrwert auf Mehrarbeit reduziert und, wenn er den Mehrwert Kapitalinteressennennt, zugleich hervorhebt, daß er unter interest of capital die allgemeine Form der Mehrarbeit versteht,im Unterschied von ihren besondern Formen, Rente, Geldzins und Geschäftsprofit. Aber er nimmt denNamen einer dieser besondern Formen, interest, wieder als den der allgemeinen Form. Und dies reichthin, damit er wieder in das ökonomische Kauderwelsch" (slang steht im Manuskript) "zurückfällt."

Dieser letztere Passus sitzt unserm Rodbertus wie angegossen. Auch er ist befangen in den ökonomischenKategorien, wie er sie vorfindet. Auch er tauft den Mehrwert mit dem Namen einer seiner verwandeltenUnterformen, den er noch dazu ganz unbestimmt macht: Rente. Das Ergebnis dieser beiden Böcke ist, daßer wieder in das ökonomische Kauderwelsch verfällt, seinen Fortschritt über Ricardo hinaus nicht weiterkritisch verfolgt, und statt dessen sich verleiten läßt, seine unfertige Theorie, ehe sie noch die Eierschalenlosgeworden, zur Grundlage einer Utopie zu machen, mit der er wie überall zu spät kommt. Das Pamphleterschien 1821 und antizipiert die Rodbertussche "Rente" von 1842 bereits vollständig.

Unser Pamphlet ist nur der äußerste Vorposten einer ganzen Literatur, die in den zwanziger Jahren dieRicardosche Wert- und Mehrwerttheorie im Interesse des Proletariats gegen die kapitalistische Produktionkehrt, die Bourgeoisie mit ihren eignen Waffen bekämpft. Der ganze Owensche Kommunismus, soweit erökonomisch-polemisch auftritt, stützt sich auf Ricardo. Neben ihm aber noch eine ganze Reihe von

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Schriftstellern, von denen Marx schon 1847 nur einige gegen Proudhon ("Misère de la Philosophie", p. 92<Siehe Band 4, S, 98>) anführt: Edmonds, Thompson, Hodgskin etc., etc., "und noch vier Seiten Etce-tera". Ich greife aus dieser Unzahl von Schriften nur aufs Geratewohl eine heraus: "An Inquiry into thePrinciples of the Distribution of Wealth, most conducive to Human Happiness", by William Thompson; anew edition, London 1850. Diese 1822 verfaßte Schrift erschien zuerst 1824. Auch hier wird der von dennichtproduzierenden Klassen angeeignete <21> Reichtum überall als Abzug vom Produkt des Arbeitersbezeichnet, und das in ziemlich starken Ausdrücken.

"Das beständige Streben dessen, was wir Gesellschaft nennen, bestand darin, durch Betrug oder Berech-nung, durch Schrecken oder Zwang, den produktiven Arbeiter zu bewegen, die Arbeit zu verrichten fürden möglichst kleinen Teil des Produkts seiner eignen Arbeit." (p. 28.) "Warum soll der Arbeiter nichtdas ganze absolute Produkt seiner Arbeit erhalten?" (p. 32.) "Diese Kompensation, die die Kapitalistendem produktiven Arbeiter abnötigen unter dem Namen Bodenrente oder Profit, wird beansprucht für denGebrauch des Bodens oder andrer Gegenstände ... Da alle physischen Stoffe, an denen oder vermittelstderer der besitzlose produktive Arbeiter, der nichts besitzt, außer seiner Fähigkeit zu produzieren, dieseseine Produktionsfähigkeit geltend machen kann, im Besitz andrer sind, deren Interessen den seinen ent-gegengesetzt, und deren Einwilligung eine Vorbedingung seiner Tätigkeit ist -, hängt es da nicht ab, undmuß es nicht abhängen von der Gnade dieser Kapitalisten, welchen Teil der Früchte seiner eignen Arbeitsie ihm als Entschädigung für diese Arbeit wollen zukommen lassen?" (p. 125) "... im Verhältnis zurGröße des zurückbehaltenen Produkts, ob man dies Steuern, Profit oder Diebstahl nenne ... diese Defal-kationen" (p. 126) usw.

Ich gestehe, ich schreibe diese Zeilen nicht ohne eine gewisse Beschämung. Daß die antikapitalistischeenglische Literatur der zwanziger und dreißiger Jahre in Deutschland so gänzlich unbekannt ist, trotzdemMarx schon in der "Misère de la Philosophie" direkt darauf hingewiesen und manches davon - das Pam-phlet von 1821, Ravenstone, Hodgskin etc. - im ersten Band des "Kapital" mehrfach zitiert, das mag nochhingehn. Aber daß nicht nur der sich an Rodbertus' Rockschöße mit Verzweiflung anklammernde Litera-tus vulgaris <vulgäre Schriftsteller (R. Meyer)>, "der wirklich auch nichts gelernt hat", sondern auch derProfessor in Amt und Würden <A. Wagner>, der "sich mit Gelehrsamkeit brüsten tut", seine klassischeÖkonomie bis zu dem Grad vergessen hat, daß er Marx ernsthaft vorwirft, er habe Rodbertus Dinge ent-wendet, die schon in A. Smith und Ricardo zu lesen stehn - das beweist, wie tief die offizielle Ökonomieheute heruntergekommen ist.

Was hat dann aber Marx über den Mehrwert Neues gesagt? Wie kommt es, daß Marx' Mehrwertstheoriewie ein Blitz aus heitrem Himmel eingeschlagen hat, und das in allen zivilisierten Ländern, während dieTheorien aller seiner sozialistischen Vorgänger, Rodbertus eingeschlossen, wirkungslos verpufften?

Die Geschichte der Chemie kann uns das an einem Beispiel zeigen.

Noch gegen Ende des vorigen Jahrhunderts herrschte bekanntlich die phlogistische Theorie, wonach dasWesen jeder Verbrennung darin bestand, <22> daß sich von dem verbrennenden Körper ein andrer, hy-pothetischer Körper trenne, ein absoluter Brennstoff, der mit dem Namen Phlogiston bezeichnet wurde.Diese Theorie reichte hin, die meisten damals bekannten chemischen Erscheinungen zu erklären, wennauch in manchen Fällen nicht ohne Anwendung von Gewalt. Nun stellte 1774 Priestley eine Luftart dar,

"die er so rein oder so frei von Phlogiston fand, daß gewöhnliche Luft im Vergleich damit schon verdor-ben erschien".

Er nannte sie: dephlogistisierte Luft. Kurz nachher stellte Scheele in Schweden dieselbe Luftart dar undwies deren Vorhandensein in der Atmosphäre nach. Er fand auch, daß sie verschwindet, wenn man einenKörper in ihr oder in gewöhnlicher Luft verbrennt, und nannte sie daher Feuerluft.

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"Aus diesen Ergebnissen zog er nun den Schluß, daß die Verbindung, welche bei der Vereinigung vonPhlogiston mit einem der Bestandteile der Luft" {also bei der Verbrennung} "entstehe, nichts weiter alsFeuer oder Wärme sei, welche durch das Glas entweiche."

Priestley wie Scheele hatten den Sauerstoff dargestellt, wußten aber nicht, was sie unter der Hand hatten.Sie "blieben befangen in den" phlogistischen "Kategorien, wie sie sie vorfanden". Das Element, das dieganze phlogistische Anschauung umstoßen und die Chemie revolutionieren sollte, war in ihrer Hand mitUnfruchtbarkeit geschlagen. Aber Priestley hatte seine Entdeckung gleich darauf in Paris Lavoisier mit-geteilt, und Lavoisier untersuchte nun, an der Hand dieser neuen Tatsache, die ganze phlogistische Che-mie, entdeckte erst, daß die neue Luftart ein neues chemisches Element war, daß in der Verbrennungnicht das geheimnisvolle Phlogiston aus dem verbrennenden Körper weggeht, sondern dies neue Elementsich mit dem Körper verbindet, und stellte so die ganze Chemie, die in ihrer phlogistischen Form auf demKopf gestanden, erst auf die Füße. Und wenn er auch nicht, wie er später behauptet, den Sauerstoffgleichzeitig mit den andern und unabhängig von ihnen dargestellt hat, so bleibt er dennoch der eigentlicheEntdecker des Sauerstoffs gegenüber den beiden, die ihn bloß dargestellt haben, ohne auch nur zu ahnen,was sie dargestellt hatten.

Wie Lavoisier zu Priestley und Scheele, so verhält sich Marx zu seinen Vorgängern in der Mehr-wertstheorie. Die Existenz des Produktenwertteils, <23> den wir jetzt Mehrwert nennen, war festgestelltlange vor Marx; ebenso war mit größrer oder geringrer Klarheit ausgesprochen, woraus er besteht, näm-lich aus dem Produkt der Arbeit, für welche der Aneigner kein Äquivalent gezahlt hat. Weiter aber kamman nicht. Die einen - die klassischen bürgerlichen Ökonomen - untersuchten höchstens das Größenver-hältnis, worin das Arbeitsprodukt verteilt wird zwischen dem Arbeiter und dem Besitzer der Produkti-onsmittel. Die andren - die Sozialisten - fanden diese Verteilung ungerecht und suchten nach utopisti-schen Mitteln, die Ungerechtigkeit zu beseitigen. Beide blieben befangen in den ökonomischen Kategori-en, wie sie sie vorgefunden hatten.

Da trat Marx auf. Und zwar in direktem Gegensatz zu allen seinen Vorgängern. Wo diese eine Lösunggesehn hatten, sah er nur ein Problem. Er sah, daß hier weder dephlogistisierte Luft vorlag noch Feuerluft,sondern Sauerstoff - daß es sich hier nicht handelte, sei es um die bloße Konstatierung einer ökonomi-schen Tatsache, sei es um den Konflikt dieser Tatsache mit der ewigen Gerechtigkeit und der wahrenMoral, sondern um eine Tatsache, die berufen war, die ganze Ökonomie umzuwälzen, und die für dasVerständnis der gesamten kapitalistischen Produktion den Schlüssel bot - für den, der ihn zu gebrauchenwußte. An der Hand dieser Tatsache untersuchte er die sämtlichen vorgefundnen Kategorien, wie Lavoi-sier an der Hand des Sauerstoffs die vorgefundnen Kategorien der phlogistischen Chemie untersucht hat-te. Um zu wissen, was der Mehrwert war, mußte er wissen, was der Wert war. Ricardos Werttheorieselbst mußte vor allem der Kritik unterworfen werden. Marx also untersuchte die Arbeit auf ihre wertbil-dende Qualität und stellte zum ersten Mal fest, welche Arbeit, und warum, und wie sie Wert bildet, unddaß Wert überhaupt nichts ist als festgeronnene Arbeit dieser Art - ein Punkt, den Rodbertus bis zuletztnicht begriffen hat. Marx untersuchte dann das Verhältnis von Ware und Geld und wies nach, wie undwarum, kraft der ihr innewohnenden Werteigenschaft, die Ware und der Warenaustausch den Gegensatzvon Ware und Geld erzeugen muß; seine hierauf gegründete Geldtheorie ist die erste erschöpfende undjetzt stillschweigend allgemein akzeptierte. Er untersuchte die Verwandlung von Geld in Kapital, undbewies, daß sie auf dem Kauf und Verkauf der Arbeitskraft beruhe. Indem er hier die Arbeitskraft, diewertschaffende Eigenschaft, an die Stelle der Arbeit setzte, löste er mit einem Schlag eine der Schwierig-keiten, an der die Ricardosche Schule zugrunde gegangen war: die Unmöglichkeit, den gegenseitigenAustausch von Kapital und Arbeit in Einklang zu bringen mit dem Ricardoschen Gesetz der Wertbestim-mung durch Arbeit. Indem er die Unterscheidung des Kapitals in <24> konstantes und variables konsta-tierte, kam er erst dahin, den Prozeß der Mehrwertbildung in seinem wirklichen Hergang bis ins einzeln-ste darzustellen und damit zu erklären - was keiner seiner Vorgänger fertiggebracht; konstatierte er alsoeinen Unterschied innerhalb des Kapitals selbst, mit dem Rodbertus ebensowenig wie die bürgerlichenÖkonomen im Stande waren, das geringste anzufangen, der aber den Schlüssel zur Lösung der verwik-keltsten ökonomischen Probleme liefert, wovon hier wieder Buch II - und noch mehr, wie sich zeigen

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wird, Buch III - der schlagendste Beweis. Den Mehrwert selbst untersuchte er weiter, fand seine beidenFormen: absoluter und relativer Mehrwert, und wies die verschiedne, aber beidemal entscheidende Rollenach, die sie in der geschichtlichen Entwicklung der kapitalistischen Produktion gespielt. Auf Grundlagedes Mehrwerts entwickelte er die erste rationelle Theorie des Arbeitslohns, die wir haben, und gab zumersten Mal die Grundzüge einer Geschichte der kapitalistischen Akkumulation und eine Darstellung ihrergeschichtlichen Tendenz.

Und Rodbertus? Nachdem er das alles gelesen, findet er darin - wie immer Tendenzökonom! einen "Ein-bruch in die Gesellschaft", findet, daß er selbst bereits viel kürzer und klarer gesagt hat, woraus derMehrwert entsteht, und findet endlich, daß das alles zwar auf "die heutige Kapitalform" paßt, d.h. auf dasKapital, wie es historisch besteht, nicht aber auf "den Kapitalbegriff", d.h. die utopistische Vorstellungdes Herrn Rodbertus vom Kapital. Ganz der alte Priestley, der bis an sein Ende aufs Phlogiston schworund vom Sauerstoff nichts wissen wollte. Nur daß Priestley den Sauerstoff wirklich zuerst dargestellt,während Rodbertus in seinem Mehrwert oder vielmehr seiner "Rente" nur einen Gemeinplatz wieder ent-deckt hatte, und daß Marx es verschmähte, im Gegensatz zu Lavoisiers Verfahren, zu behaupten, er seider erste, der die Tatsache der Existenz des Mehrwerts aufgedeckt.

Was Rodbertus sonst ökonomisch geleistet hat, steht auf demselben Niveau. Seine Verarbeitung desMehrwerts in eine Utopie ist von Marx in der "Misère de la Philosophie" schon unabsichtlich mit krit i-siert; was sonst noch darüber zu sagen, habe ich in der Vorrede <Siehe Band 4, S. 558/559> zur deut-schen Übersetzung jener Schrift gesagt. Seine Erklärung der Handelskrisen aus der Unterkonsumtion derArbeiterklasse findet sich bereits in Sismondis "Nouveaux Principes de l'Économie Politique", liv. IV, ch.IV. Nur daß <25> Sismondi dabei stets den Weltmarkt vor Augen hatte, während Rodbertus' Horizontnicht über die preußische Grenze hinausgeht. Seine Spekulationen darüber, ob der Arbeitslohn aus Kapi-tal oder Einkommen stamme, gehören der Scholastik an und erledigen sich endgültig durch den drittenAbschnitt dieses zweiten Buchs des "Kapital". Seine Rententheorie ist sein ausschließliches Eigentumgeblieben und kann fortschlummern, bis das sie kritisierende Manuskript von Marx erscheint. <SieheBand 26, 2. Teil, S. 7 - 102> Endlich seine Vorschläge zur Emanzipation des altpreußischen Grundbesit-zes vom Druck des Kapitals sind wieder durchaus utopistisch; sie vermeiden nämlich die einzige prakti-sche Frage, um die es sich dabei handelt - die Frage: Wie kann der altpreußische Landjunker jahraus,jahrein sage 20.000 Mark einnehmen und sage 30.000 Mark ausgeben, und doch keine Schulden machen?

Die Ricardosche Schule scheiterte gegen 1830 am Mehrwert. Was sie nicht lösen konnte, blieb erst rechtunlösbar für ihre Nachfolgerin, die Vulgärökonomie. Die beiden Punkte, an denen sie zugrunde ging,waren diese:

Erstens. Die Arbeit ist das Maß des Werts. Nun hat aber die lebendige Arbeit im Austausch mit dem Ka-pital einen geringern Wert als die vergegenständlichte Arbeit, gegen die sie ausgetauscht wird. Der Ar-beitslohn, der Wert eines bestimmten Quantums lebendiger Arbeit, ist stets geringer als der Wert des Pro-dukts, das von diesem selben Quantum lebendiger Arbeit erzeugt wird, oder worin dieses sich darstellt.Die Frage ist in dieser Fassung in der Tat unlöslich. Sie ist von Marx richtig gestellt und damit beantwor-tet worden. Es ist nicht die Arbeit, die einen Wert hat. Als wertschaffende Tätigkeit kann sie ebensowenigeinen besondren Wert haben, wie die Schwere ein besondres Gewicht, die Wärme eine besondre Tempe-ratur, die Elektrizität eine besondre Stromstärke. Es ist nicht die Arbeit, die als Ware gekauft und verkauftwird, sondern die Arbeitskraft. Sobald sie Ware wird, richtet sich ihr Wert nach der in ihr, als einem ge-sellschaftlichen Produkt, verkörperten Arbeit, ist er gleich der zu ihrer Produktion und Reproduktion ge-sellschaftlich nötigen Arbeit. Der Kauf und Verkauf der Arbeitskraft auf Grund dieses ihres Werts wider-spricht also keineswegs dem ökonomischen Wertgesetz.

<26> Zweitens. Nach dem Ricardoschen Wertgesetz produzieren zwei Kapitale, die gleich viel und gleichhoch bezahlte lebendige Arbeit anwenden, alle andern Umstände gleichgesetzt, in gleichen Zeiten Pro-dukte von gleichem Wert und ebenfalls Mehrwert oder Profit von gleicher Höhe. Wenden sie aber ungle i-che Mengen lebendiger Arbeit an, so können sie nicht Mehrwert oder, wie die Ricardianer sagen, Profit

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von gleicher Höhe produzieren. Nun ist aber das Gegenteil der Fall. Tatsächlich produzieren gleiche Ka-pitale, einerlei wie viel oder wie wenig lebendige Arbeit sie anwenden, in gleichen Zeiten durchschnitt-lich gleiche Profite. Hier liegt also ein Widerspruch gegen das Wertgesetz vor, den schon Ricardo fand,und den seine Schule ebenfalls zu lösen unfähig war. Auch Rodbertus konnte nicht umhin, diesen Wider-spruch zu sehn; statt ihn zu lösen, macht er ihn zu einem der Ausgangspunkte seiner Utopie. ("Zur Erk.",S. 131.) Diesen Widerspruch hatte Marx bereits im Manuskript "Zur Kritik" <Siehe Band 26, 2. Teil, S.17 - 21, 55 - 62, 164 - 228, 423 - 466> gelöst; die Lösung erfolgt nach dem Plan des "Kapital" in BuchIII. <Siehe Band 25, 1. und 2. Abschnitt> Bis zu seiner Veröffentlichung werden noch Monate verstrei-chen. Die Ökonomen also, die in Rodbertus die geheime Quelle und einen überlegnen Vorgänger vonMarx entdecken wollen, haben hier eine Gelegenheit zu zeigen, was die Rodbertussche Ökonomie leistenkann. Wenn sie nachweisen, wie nicht nur ohne Verletzung des Wertgesetzes, sondern vielmehr aufGrundlage desselben eine gleiche Durchschnittsprofitrate sich bilden kann und muß, dann wollen wirweiter miteinander sprechen. Inzwischen mögen sie sich gefälligst beeilen. Die brillanten Untersuchungendieses Buch II und ihre ganz neuen Ergebnisse auf bisher fast unbetretenen Gebieten sind nur Vordersätzezum Inhalt des Buch III, das die Schlußergebnisse der Marxschen Darstellung des gesellschaftlichen Re-produktionsprozesses auf kapitalistischer Grundlage entwickelt. Wenn dies Buch III erschienen, wird voneinem Ökonomen Rodbertus wenig mehr die Rede sein.

Das zweite und dritte Buch des "Kapital" sollte, wie Marx mir öfters sagte, seiner Frau gewidmet werden.

London, an Marx' Geburtstag, 5. Mai 1885.

Friedrich Engels

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[Vorwort zur zweiten Auflage]

<27> Die vorliegende zweite Auflage ist der Hauptsache nach ein wortgetreuer Abdruck der ersten. DieDruckfehler sind verbessert, einige stilistische Nachlässigkeiten beseitigt, einige kurze, nur Wiederholun-gen enthaltende Absätze gestrichen worden.

Das dritte Buch, das ganz unerwartete Schwierigkeiten gemacht hat, ist nun auch beinahe im Manuskriptfertiggestellt. Bleibe ich gesund, dann kann der Druck noch diesen Herbst beginnen.

London, 15. Juli 1893.

F. Engels

<28> Der bequemeren Übersicht wegen folgt hier eine kurze Zusammenstellung der den einzelnen Manu-skripten II-VIII entlehnten Stellen:

Erster Abschnitt

S. 31 - 32 aus Ms. II. - S. 32 - 42 Ms. VII. - S. 42 - 45 Ms. VI. - S. 45 - 120 Ms. V. - S. 120 - 123 Note,unter Bücherauszügen gefunden. - S. 124 bis Schluß Ms. IV; jedoch eingesprengt: S. 131 - 132, Stelle ausMs. VIII; S.136 u. 142 Noten aus Ms. II.

Zweiter Abschnitt

Anfang, S. 154 - 163, ist Schluß von Ms. IV. - Von hier an bis Schluß des Abschnitts S. 350 alles aus Ms.II.

Dritter AbschnittKap. 18: (S. 351 - 358) aus Ms. II.Kap. 19: I u. II (S. 359 - 388) aus Ms. VIII. - III (S. 388 - 390) aus Ms. II.Kap. 20: I (S. 391 - 393) aus Ms. II, nur der Schlußabsatz aus Ms. VIII.

II (S. 394 - 397) im wesentlichen aus Ms. II.III, IV, V (S. 397 - 420) aus Ms. VIII.VI, VII, VIII, IX (S. 420 - 435) aus Ms. II.X, XI, XII (S. 435 - 476) aus Ms. VIII.XIII (S. 476 - 484) aus Ms. II.

Kap. 21: (S. 485 - 518) ganz aus Ms. VIII.

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Die Metarmorphosen des Kapitals

Der Kreislauf des Geldkapitals

<31> Der Kreislaufsprozeß des Kapitals geht vor sich in drei Stadien, welche, nach der Darstellung desersten Bandes, folgende Reihe bilden:

Erstes Stadium: Der Kapitalist erscheint auf dem Warenmarkt und Arbeitsmarkt als Käufer; sein Geldwird in Ware umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt G - W durch.

Zweites Stadium: Produktive Konsumtion der gekauften Waren durch den Kapitalisten. Er wirkt als kapi-talistischer Warenproduzent; sein Kapital macht den Produktionsprozeß durch. Das Resultat ist: Ware vonmehr Wert als dem ihrer Produktionselemente.

Drittes Stadium: Der Kapitalist kehrt zum Markt zurück als Verkäufer; seine Ware wird in Geld umge-setzt oder macht den Zirkulationsakt W G durch.

Die Formel für den Kreislauf des Geldkapitals ist also:G - W ... P ... W´- G´, wo die Punkte andeuten, daß der Zirkulationsprozeß unterbrochen ist, und W´ wieG´ ein durch Mehrwert vermehrtes W und G bezeichnen.

Das erste und dritte Stadium wurden im ersten Buch nur erörtert, soweit dies nötig für das Verständnisdes zweiten Stadiums, den Produktionsprozeß des Kapitals. Die verschiednen Formen, worin das Kapitalin seinen verschiednen Stadien sich kleidet, und die es bei wiederholtem Kreislauf bald annimmt, baldabstreift, blieben daher unberücksichtigt. Sie bilden jetzt den nächsten Gegenstand der Untersuchung.

<32> Um die Formen rein aufzufassen, ist zunächst von allen Momenten zu abstrahieren, die mit demFormwechsel und der Formbildung als solchen nichts zu tun haben. Daher wird hier angenommen, nichtnur, daß die Waren zu ihren Werten verkauft werden, sondern auch, daß dies unter gleichbleibenden Um-ständen geschieht. Es wird also auch abgesehn von den Wertveränderungen, die während des Kreislaufs-prozesses eintreten können.

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I. Erstes Stadium. G - W

G - W stellt den Umsatz einer Geldsumme in eine Summe von Waren dar; für den Käufer Verwandlungseines Geldes in Ware, für die Verkäufer Verwandlung ihrer Waren in Geld. Was aus diesem Vorgang derallgemeinen Warenzirkulation zugleich einen funktionell bestimmten Abschnitt im selbständigen Kreis-lauf eines individuellen Kapitals macht, ist zunächst nicht die Form des Vorgangs, sondern sein stoffli-cher Gehalt, der spezifische Gebrauchscharakter der Waren, welche den Platz mit dem Gelde wechseln.Es sind einerseits Produktionsmittel, andrerseits Arbeitskraft, sachliche und persönliche Faktoren derWarenproduktion, deren besondre Art natürlich der Sorte des herzustellenden Artikels entsprechen muß.Nennen wir die Arbeitskraft A, die Produktionsmittel Pm, so ist die zu kaufende Warensumme W = A +Pm, oder kürzer W . G - W, seinem Inhalt nach betrachtet, stellt sich also dar als G - W ; d.h. G - W zer-fällt in G - A und G - Pm; die Geldsumme G spaltet sich in zwei Teile, wovon der eine Arbeitskraft, derandre Produktionsmittel kauft. Diese beiden Reihen von Käufen gehören ganz und gar verschiednenMärkten an, die eine dem eigentlichen Warenmarkt, die andre dem Arbeit smarkt.

Außer dieser qualitativen Spaltung der Warensumme, worin G umgesetzt wird, stellt G - W aber noch einhöchst charakteristisches quantitatives Verhältnis dar.

Wir wissen, daß der Wert, resp. Preis der Arbeitskraft ihrem Inhaber, der sie als Ware feilhält, in derForm von Arbeitslohn bezahlt wird, d.h. als Preis einer Arbeitssumme, die Mehrarbeit enthält; so daß,wenn z.B. der Tageswert der Arbeitskraft = 3 Mark, dem Produkt fünfstündiger Arbeit, diese Summe indem Kontrakt zwischen Käufer und Verkäufer figuriert als der Preis oder Lohn, sage für zehnstündigeArbeit. Wurde ein solcher Kontrakt z.B. mit 50 Arbeitern geschlossen, so haben sie zusammen dem Käu-fer <33> während eines Tages 500 Arbeitsstunden zu liefern, wovon die Hälfte, 250 Arbeitsstunden = 25zehnstündigen Arbeitstagen, bloß aus Mehrarbeit besteht. Quantum wie Umfang der zu kaufenden Pro-duktionsmittel müssen hinreichen zur Anwendung dieser Arbeitsmasse.

G - W drückt also nicht nur das qualitative Verhältnis aus, daß eine bestimmte Geldsumme, z.B. 422Pfd.St., in einander entsprechende Produktionsmittel und Arbeitskraft umgesetzt wird, sondern auch einquantitatives Verhältnis zwischen den in Arbeitskraft A und den in Produktionsmitteln Pm ausgelegtenTeilen des Geldes, ein Verhältnis, von vornherein bestimmt durch die Summe der von einer bestimmtenArbeiterzahl zu verausgabenden überschüssigen Mehrarbeit.

Wenn also z.B. in einer Spinnerei der Wochenlohn der 50 Arbeiter 50 Pfd.St. beträgt, müssen 372 Pfd.St.in Produktionsmitteln verausgabt werden, falls dies der Wert der Produktionsmittel, welche die Wochen-arbeit von 3.000 Stunden, wovon 1.500 Stunden Mehrarbeit, in Garn verwandelt.

Wieweit in verschiednen Industriezweigen die Anwendung zuschüssiger Arbeit einen Wertzuschuß in derForm von Produktionsmitteln bedingt, ist hier ganz gleichgültig. Es handelt sich nur darum, daß unterallen Umständen der in Produktionsmitteln verausgabte Teil des Geldes - die in G - Pm gekauften Pro-duktionsmittel - hinreichen, also von vornherein darauf berechnet, in entsprechender Proportion beschafftsein müssen. Oder die Masse der Produktionsmittel muß hinreichen, um die Arbeitsmasse zu absorbieren,um durch sie in Produkt verwandelt zu werden. Wären nicht hinreichend Produktionsmittel vorhanden, sowäre die überschüssige Arbeit, über die der Käufer verfügt, nicht verwendbar; sein Verfügungsrecht dar-über führte zu nichts. Wären mehr Produktionsmittel vorhanden als verfügbare Arbeit, so blieben sie un-gesättigt mit Arbeit, würden nicht in Produkt verwandelt.

Sobald G - W vollzogen, verfügt der Käufer nicht nur über die zur Produktion eines nützlichen Artikelsnötigen Produktionsmittel und Arbeitskraft. Er verfügt über eine größere Flüssigmachung der Arbeits-kraft, oder größeres Quantum Arbeit, als zum Ersatz des Werts der Arbeitskraft nötig, und zugleich über

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die Produktionsmittel, erheischt zur Verwirklichung oder Vergegenständlichung dieser Arbeitssumme: erverfügt also über die Faktoren der Produktion von Artikeln von größerem Wert als dem ihrer Produktion-selemente, oder einer Mehrwert enthaltenden Warenmasse. Der von ihm in Geldform vorgeschoßne Wertbefindet sich also jetzt in einer Naturalform, worin er als Mehrwert (in Gestalt von Waren) heckenderWert verwirklicht werden kann. In andern Worten: er befindet sich in dem <34> Zustand oder der Formvon produktivem Kapital, welches die Fähigkeit hat, als Wert und Mehrwert schaffend zu fungieren. Ka-pital in dieser Form heiße P.

Der Wert von P ist aber = Wert von A + Pm, = dem in A und Pm umgesetzten G. G ist derselbe Kapital-wert wie P, nur in verschiedner Existenzweise, nämlich Kapitalwert in Geldzustand oder Geldform -Geldkapital.

G - W oder seiner allgemeinen Form nach G - W, Summe von Warenkäufen, dieser Vorgang der allge-meinen Warenzirkulation ist daher zugleich, als Stadium im selbständigen Kreislaufsprozeß des Kapitals,Verwandlung des Kapitalwerts aus seiner Geldform in seine produktive Form, oder kürzer Verwandlungvon Geldkapital in produktives Kapital. In der hier zunächst betrachteten Figur des Kreislaufs erscheintalso Geld als der erste Träger des Kapitalwerts, daher Geldkapital als die Form, worin das Kapital vorge-schossen wird.

Als Geldkapital befindet es sich in einem Zustand, worin es Geldfunktionen vollziehen kann, wie im vor-liegenden Fall die Funktionen des allgemeinen Kaufmittels und des allgemeinen Zahlungsmittels. (Letz-tres, sofern die Arbeitskraft zwar zuerst gekauft, aber erst gezahlt wird, nachdem sie gewirkt hat. Soweitdie Produktionsmittel nicht fertig auf dem Markt vorhanden, sondern erst zu bestellen sind, wirkt dasGeld bei G - Pm ebenfalls als Zahlungsmittel.) Diese Fähigkeit entspringt nicht daraus, daß das Geldka-pital Kapital, sondern daraus, daß es Geld ist.

Andrerseits kann der Kapitalwert im Geldzustand auch nur Geldfunktionen, und keine andern, verrichten.Was diese letztren zu Kapitalfunktionen macht, ist ihre bestimmte Rolle in der Bewegung des Kapitals,daher auch der Zusammenhang des Stadiums, worin sie erscheinen, mit den andern Stadien seines Kreis-laufs. Z.B. im Fall, der uns zunächst vorliegt, wird Geld umgesetzt in Waren, deren Verbindung die Natu-ralform des produktiven Kapitals bildet, die also latent, der Möglichkeit nach, bereits das Resultat deskapitalistischen Produktionsprozesses in sich birgt.

Ein Teil des Geldes, welches in G - W die Funktion von Geldkapital verrichtet, geht durch die Vollzie-hung dieser Zirkulation selbst in eine Funktion über, worin sein Kapitalcharakter verschwindet und seinGeldcharakter bleibt. Die Zirkulation des Geldkapitals G zerfällt in G - Pm und G - A, Kauf von Produk-tionsmitteln und Kauf von Arbeitskraft. Betrachten wir den letztem Vorgang für sich. G - A ist Kauf vonArbeitskraft seitens des Kapitalisten; es ist Verkauf der Arbeitskraft - wir können hier sagen der Arbeit,da die Form des Arbeitslohns vorausgesetzt - von seiten des Arbeiters, des Inhabers der Arbeitskraft. Wasfür den Käufer G - W (= G - A), ist hier, wie bei jedem Kauf, für den Verkäufer (den Arbeiter) A - G (=W - G), <35> Verkauf seiner Arbeitskraft. Dies ist das erste Zirkulationsstadium oder die erste Metamor-phose der Ware (Buch I, Kap. III, 2a); es ist, seitens des Verkäufers der Arbeit, Verwandlung seiner Warein ihre Geldform. Das so erhaltne Geld verausgabt der Arbeiter nach und nach in einer Summe von Wa-ren, die seine Bedürfnisse befriedigen, in Konsumtionsartikeln. Die Gesamtzirkulation seiner Ware stelltsich also dar als A - G - W, d.h. erstens A - G (= W - G) und zweitens G - W, also in der allgemeinenForm der einfachen Warenzirkulation W - G - W, wo das Geld als bloßes verschwinden des Zirkulati-onsmittel, als bloßer Vermittler des Umsatzes von Ware gegen Ware figuriert.

G - A ist das charakteristische Moment der Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital, weil esdie wesentliche Bedingung, damit der in Geldform vorgeschoßne Wert sich wirklich in Kapital, in Mehr-wert produzierenden Wert verwandle. G - Pm ist nur notwendig, um die durch G - A gekaufte Arbeit s-masse zu realisieren. G - A wurde daher von diesem Gesichtspunkt aus dargestellt in Buch I, Abschn. II,

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Verwandlung von Geld in Kapital. Die Sache ist hier noch von einem andern Gesichtspunkt aus zu be-trachten, mit speziellem Bezug auf das Geldkapital als Erscheinungsform des Kapitals.

G - A wird allgemein als charakteristisch angesehn für die kapitalistische Produktionsweise. Aber kei-neswegs aus dem angegebnen Grund, weil der Kauf der Arbeitskraft ein Kaufkontrakt ist, worin die Lie-ferung eines größern Quantums Arbeit bedungen wird, als zum Ersatz des Preises der Arbeitskraft, desArbeitslohns, nötig ist; also Lieferung von Mehrarbeit, die Grundbedingung für die Kapitalisation desvorgeschoßnen Werts, oder was dasselbe, für Produktion von Mehrwert. Sondern vielmehr seiner Formhalber, weil in der Form des Arbeitslohns mit Geld Arbeit gekauft wird, und dies gilt als Merkmal derGeldwirtschaft.

Hier ist es wieder nicht das Irrationelle der Form, welches für charakteristisch gilt. Dies Irrationelle wirdvielmehr übersehn. Das Irrationelle besteht darin, daß die Arbeit als wertbildendes Element selbst keinenWert besitzen, also auch ein bestimmtes Quantum Arbeit keinen Wert haben kann, der sich in ihrem Prei-se ausdrückt, in ihrer Äquivalenz mit einem bestimmten Quantum Geld. Aber wir wissen, daß der Ar-beitslohn bloß eine verkleidete Form ist, eine Form, worin z.B. der Tagespreis der Arbeitskraft sich alsPreis der während eines Tages von dieser Arbeitskraft flüssig gemachten Arbeit darstellt, so daß also etwader in 6 Stunden Arbeit von dieser Arbeitskraft produzierte Wert als Wert ihrer zwölfstündigen Funktionoder Arbeit ausgedrückt wird.

<36> G - A gilt als das Charakteristische, als die Signatur der sog. Geldwirtschaft, weil die Arbeit hier alsWare ihres Besitzers erscheint, das Geld daher als Käufer - also wegen des Geldverhältnisses (d.h. Kaufund Verkauf von menschlicher Tätigkeit). Nun aber erscheint das Geld schon sehr früh als Käufer soge-nannter Dienste, ohne daß G sich in Geldkapital verwandelte oder der allgemeine Charakter der Wirt-schaft umgewälzt würde.

Dem Geld ist es durchaus gleichgültig, in welche Sorte von Waren es verwandelt wird. Es ist die allge-meine Äquivalentform aller Waren, die in ihren Preisen schon zeigen, daß sie ideell eine bestimmte Geld-summe darstellen, ihre Verwandlung in Geld erwarten, und nur durch ihren Stellenwechsel mit Geld dieForm erhalten, worin sie in Gebrauchswerte für ihre Besitzer umsetzbar sind. Findet sich also auf demMarkt die Arbeitskraft einmal als Ware ihres Besitzers vor, deren Verkauf unter der Form der Zahlung fürArbeit geschieht, in Gestalt des Arbeitslohns, so stellt ihr Kauf und Verkauf nichts Auffallenderes dar alsder Kauf und Verkauf jeder andern Ware. Nicht, daß die Ware Arbeitskraft käuflich ist, sondern daß dieArbeitskraft als Ware erscheint, ist das Charakteristische.

Durch G - W , die Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital, bewirkt der Kapitalist die Ver-bindung der gegenständlichen und persönlichen Faktoren der Produktion, soweit diese Faktoren aus Wa-ren bestehn. Wird Geld zum ersten Mal in produktives Kapital verwandelt, oder fungiert es für seinenBesitzer zum ersten Mal als Geldkapital, so muß er erst die Produktionsmittel kaufen, Arbeitsgebäude,Maschinen etc., ehe er die Arbeitskraft kauft; denn sobald letztre in seine Botmäßigkeit übergeht, müssendie Produktionsmittel da sein, um sie als Arbeitskraft anwenden zu können.

So stellt sich die Sache von seiten des Kapitalisten dar.

Von seiten des Arbeiters: Die produktive Betätigung seiner Arbeitskraft wird erst möglich von dem Au-genblick, wo sie infolge ihres Verkaufs in Verbindung mit den Produktionsmitteln gesetzt wird. Sie exi-stiert also vor dem Verkauf getrennt von den Produktionsmitteln, von den gegenständlichen Bedingungenihrer Betätigung. In diesem Zustand der Trennung kann sie weder direkt verwandt werden zur Produktionvon Gebrauchswerten für ihren Besitzer, noch zur Produktion von Waren, von deren Verkauf dieser lebenkönnte. Sobald sie aber durch ihren Verkauf in Verbindung mit den Produktionsmitteln gesetzt ist, bildetsie einen Bestandteil des produktiven Kapitals ihres Käufers, ebensogut wie die Produktionsmittel.

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Obgleich daher in dem Akt G - A Geldbesitzer und Arbeitskraftbesitzer sich nur als Käufer und Verkäuferzueinander verhalten, als Geldbesitzer <37> und Warenbesitzer einander gegenübertreten, sich also nachdieser Seite hin in bloßem Geldverhältnis zueinander befinden, - so tritt doch der Käufer von vornhereinzugleich als Besitzer der Produktionsmittel auf, welche die gegenständlichen Bedingungen der produkti-ven Verausgabung der Arbeitskraft durch ihren Besitzer bilden. Mit andern Worten: diese Produktions-mittel treten dem Besitzer der Arbeitskraft gegenüber als fremdes Eigentum. Andrerseits steht der Ver-käufer der Arbeit ihrem Käufer gegenüber als fremde Arbeitskraft, die in seine Botmäßigkeit übergehn,seinem Kapital einverleibt werden muß, damit dies wirklich als produktives Kapital sich betätige. DasKlassenverhältnis zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter ist also schon vorhanden, schon vorausgesetzt, indem Augenblick, wo beide in dem Akt G - A (A - G von Seiten des Arbeiters) sich gegenübertreten. Es istKauf und Verkauf, Geldverhältnis, aber ein Kauf und Verkauf, wo der Käufer als Kapitalist und der Ver-käufer als Lohnarbeiter vorausgesetzt wird, und dies Verhältnis ist damit gegeben, daß die Bedingungenzur Verwirklichung der Arbeitskraft - Lebensmittel und Produktionsmittel - getrennt sind als fremdesEigentum von dem Besitzer der Arbeitskraft.

Wie diese Trennung entsteht, beschäftigt uns hier nicht. Sie existiert, sobald G - A vollzogen wird. Wasuns hier interessiert, ist: Wenn G - A als eine Funktion des Geldkapitals erscheint, oder Geld hier als Exi-stenzform des Kapitals, so keineswegs bloß, weil das Geld hier auftritt als Zahlungsmittel für einemenschliche Tätigkeit, die einen Nutzeffekt hat, für einen Dienst; also keineswegs durch die Funktion desGeldes als Zahlungsmittel. Das Geld kann in dieser Form nur verausgabt werden, weil die Arbeitskraft imZustand der Trennung von ihren Produktionsmitteln (einschließlich der Lebensmittel als Produktionsmit-tel der Arbeitskraft selbst) sich befindet; und weil diese Trennung nur dadurch aufgehoben wird, daß dieArbeitskraft an den Inhaber der Produktionsmittel verkauft wird; daß also auch die Flüssigmachung derArbeitskraft, deren Grenzen keineswegs mit den Grenzen der zur Reproduktion ihres eignen Preises nöti-gen Arbeitsmasse zusammenfallen, dem Käufer gehört. Das Kapitalverhältnis während des Produktions-prozesses kommt nur heraus, weil es an sich im Zirkulationsakt existiert, in den unterschiednen ökonomi-schen Grundbedingungen, worin Käufer und Verkäufer sich gegenübertreten, in ihrem Klassenverhältnis.Es ist nicht das Geld, mit dessen Natur das Verhältnis gegeben ist; es ist vielmehr das Dasein dieses Ver-hältnisses, das eine bloße Geldfunktion in eine Kapitalfunktion verwandeln kann.

Bei Auffassung des Geldkapitals (wir haben mit diesem einstweilen nur zu tun innerhalb der bestimmtenFunktion, in der es uns hier gegenüber- <38> tritt) laufen gewöhnlich zwei Irrtümer neben- oder durch-einander. Erstens: Die Funktionen, die der Kapitalwert als Geldkapital verrichtet, und die er eben ver-richten kann, weil er sich in Geldform befindet, werden irrtümlich aus seinem Kapitalcharakter abgeleitet,während sie nur dem Geldzustand des Kapitalwerts geschuldet sind, seiner Erscheinungsform als Geld.Und zweitens umgekehrt: Der spezifische Gehalt der Geldfunktion, der sie zugleich zu einer Kapitalfunk-tion macht, wird aus der Natur des Geldes hergeleitet (Geld daher mit Kapital verwechselt), während siegesellschaftliche Bedingungen voraussetzt, wie hier in Vollziehung von G - A, die in bloßer Waren- undentsprechender Geldzirkulation keineswegs gegeben sind.

Auch der Kauf und Verkauf von Sklaven ist seiner Form nach Warenkauf und -verkauf. Ohne Existenzder Sklaverei kann Geld aber nicht diese Funktion vollziehn. Ist Sklaverei da, so kann Geld im Ankaufvon Sklaven ausgelegt werden. Umgekehrt reicht Geld in der Hand des Käufers keineswegs hin, umSklaverei zu ermöglichen.

Daß der Verkauf der eignen Arbeitskraft (in der Form des Verkaufs der eignen Arbeit oder des Arbeits-lohns) nicht als isolierte Erscheinung, sondern als gesellschaftlich maßgebende Voraussetzung der Pro-duktion von Waren sich darstelle, daß also das Geldkapital auf gesellschaftlicher Stufenleiter die hierbetrachtete Funktion G - W vollziehe, - dies unterstellt historische Prozesse, durch welche die ursprüngli-che Verbindung der Produktionsmittel mit der Arbeitskraft aufgelöst wurde; Prozesse, infolge deren dieMasse des Volks, die Arbeiter, als Nichteigentümer und die Nichtarbeiter als Eigentümer dieser Produkti-onsmittel sich gegenüberstehn. Wobei es nichts zur Sache tut, ob die Verbindung vor ihrer Zersetzung die

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Form besaß, daß der Arbeiter selbst als Produktionsmittel zu den andern Produktionsmitteln gehörte, oderob er deren Eigner war.

Der Tatbestand, der hier also dem Akt G - W zugrunde liegt, ist die Verteilung; nicht die Verteilung imgewöhnlichen Sinn als Verteilung der Konsumtionsmittel, sondern die Verteilung der Elemente der Pro-duktion selbst, von denen die gegenständlichen Faktoren auf der einen Seite konzentriert sind, die Ar-beitskraft davon isoliert auf der andern.

Die Produktionsmittel, der gegenständliche Teil des produktiven Kapitals, müssen also dem Arbeiterschon als solche, als Kapital gegenüberstehn, bevor der Akt G - A ein allgemein gesellschaftlicher Aktwerden kann.

Wir haben früher <Siehe Band 23, 7. Abschnitt, S. 589-802> gesehn, daß die kapitalistische Produktion,einmal etabliert, in ihrer Entwicklung nicht nur diese Trennung reproduziert, <39> sondern sie auf stetsgrößern Umfang erweitert, bis sie der allgemein herrschende gesellschaftliche Zustand geworden. DieSache bietet aber noch eine andre Seite dar. Damit das Kapital sich bilden und sich der Produktion be-mächtigen kann, ist eine gewisse Entwicklungsstufe des Handels vorausgesetzt, also auch der Warenzir-kulation und damit der Warenproduktion; denn es können nicht Artikel als Waren in die Zirkulation ein-gehn, sofern sie nicht für den Verkauf, also als Waren, produziert werden. Als normaler, herrschenderCharakter der Produktion erscheint die Warenproduktion aber erst auf Grundlage der kapitalistischenProduktion.

Die russischen Grundeigentümer, die infolge der sog. Bauernemanzipation ihre Landwirtschaft jetzt mitLohnarbeitern statt mit leibeignen Zwangsarbeitern betreiben, klagen über zweierlei: Erstens über Mangelan Geldkapital. So heißt es z.B.: Bevor man die Ernte verkauft, habe man Lohnarbeitern in größeremUmfang zu zahlen, und da fehle es an der ersten Bedingung, an Barem. Kapital in der Form von Geldmuß gerade zur Zahlung des Arbeitslohns beständig vorhanden sein, um die Produktion kapitalistisch zubetreiben. Doch darüber mögen sich die Grundbesitzer trösten. Mit der Zeit pflückt man Rosen, und ver-fügt der industrielle Kapitalist nicht nur über sein eignes Geld, sondern auch über l´argent des autres <dasGeld der anderen>.

Charakteristischer aber ist die zweite Klage, nämlich: daß, wenn man auch Geld habe, man nicht in hin-reichendem Umfang und zu beliebiger Zeit die zu kaufenden Arbeitskräfte disponibel finde, indem derrussische Landarbeiter infolge des Gemeineigentums der Dorfgemeinde an Grund und Boden noch nichtvöllig von seinen Produktionsmitteln getrennt, daher noch kein "freier Lohnarbeiter" im vollen Sinne desWorts ist. Aber das Vorhandensein des letztren auf gesellschaftlicher Stufenleiter ist unerläßliche Bedin-gung, damit G - W, Verwandlung von Geld in Ware, als Verwandlung von Geldkapital in produktivesKapital, darstellbar sei.

Es versteht sich daher von selbst, daß die Formel für den Kreislauf des Geldkapitals: G - W ... P ... W´- G´selbstverständliche Form des Kapitalkreislaufs nur auf Grundlage schon entwickelter kapitalistischer Pro-duktion ist, weil sie das Vorhandensein der Lohnarbeiterklasse auf gesellschaftlicher Stufe voraussetzt.Die kapitalistische Produktion, wie wir gesehn, produziert nicht nur Ware und Mehrwert; sie reproduziert,und in stets erweitertem Umfang, die Klasse der Lohnarbeiter und verwandelt die ungeheure Majorität derunmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter. G - W ... P ... W´- G´, da die erste Voraussetzung seinesVerlaufs das beständige Vor- <40> handensein der Lohnarbeiterklasse, unterstellt daher schon das Kapitalin der Form des produktiven Kapitals, und daher die Form des Kreislaufs des produktiven Kapitals.

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II. Zweites Stadium. Funktion des produktiven Kapitals

Der hier betrachtete Kreislauf des Kapitals beginnt mit dem Zirkulationsakt G - W, der Verwandlung vonGeld in Ware, Kauf. Die Zirkulation muß also ergänzt werden durch die entgegengesetzte MetamorphoseW - G, Verwandlung von Ware in Geld, Verkauf. Aber das unmittelbare Resultat von G - W ist die Un-terbrechung der Zirkulation des in Geldform vorgeschoßnen Kapitalwerts. Durch die Verwandlung vonGeldkapital in produktives Kapital hat der Kapitalwert eine Naturalform erhalten, worin er nicht fortzir-kulieren kann, sondern in die Konsumtion, nämlich in die produktive Konsumtion, eingehn muß. DerGebrauch der Arbeitskraft, die Arbeit, kann nur im Arbeitsprozeß realisiert werden. Der Kapitalist kannden Arbeiter nicht wieder als Ware verkaufen, da dieser nicht sein Sklave ist, und jener weiter nichts ge-kauft hat, als die Vernutzung seiner Arbeitskraft auf bestimmte Zeit. Er kann andrerseits die Arbeitskraftnur vernutzen, indem er durch sie die Produktionsmittel als Warenbildner vernutzen läßt. Das Resultat desersten Stadiums ist also der Eintritt in das zweite, das produktive Stadium des Kapitals.

Die Bewegung stellt sich dar als G - W ... P, wo die Punkte andeuten, daß die Zirkulation des Kapitalsunterbrochen ist, sein Kreislaufsprozeß aber fortdauert, indem es aus der Sphäre der Warenzirkulation indie Produktionssphäre eintritt. Das erste Stadium, die Verwandlung von Geldkapital in produktives Ka-pital, erscheint also nur als Vorläufer und Einleitungsphase des zweiten Stadiums, der Funktion des pro-duktiven Kapitals.

G - W setzt voraus, daß das Individuum, welches diesen Akt vollzieht, nicht nur über Werte in beliebigerGebrauchsform verfügt, sondern daß es diese Werte in Geldform besitzt, daß es Geldbesitzer ist. Der Aktbesteht aber gerade in der Weggabe des Geldes, und jener kann nur Geldbesitzer bleiben, soweit ihm dasGeld implizite durch den Akt der Weggabe selbst zurückströmt. Geld kann ihm aber nur zurückfließendurch den Verkauf von Waren. Der Akt setzt ihn also voraus als Warenproduzenten.

G - A. Der Lohnarbeiter lebt nur vom Verkauf der Arbeitskraft. Ihre Erhaltung - seine Selbsterhaltung -erfordert tägliche Konsumtion. Seine <41> Zahlung muß also beständig in kürzern Terminen wiederholtwerden, damit er die zu seiner Selbsterhaltung nötigen Einkäufe - den Akt A - G - W oder W - G - W -wiederholen kann. Der Kapitalist muß ihm daher beständig als Geldkapitalist und sein Kapital als Geld-kapital gegenübertreten. Andrerseits aber, damit die Masse der unmittelbaren Produzenten, der Lohnar-beiter, den Akt A - G - W vollziehn könne, müssen ihr die notwendigen Lebensmittel in käuflicher, d.h. inWarenform, beständig gegenübertreten. Dieser Zustand erheischt also schon einen hohen Grad der Zir-kulation der Produkte als Waren, also auch des Umfangs der Warenproduktion. Sobald die Produktionvermittelst Lohnarbeit allgemein, muß die Warenproduktion die allgemeine Form der Produktion sein.Diese als allgemein vorausgesetzt, bedingt ihrerseits eine stetig wachsende Teilung der gesellschaftlichenArbeit, d.h. stets größre Besondrung des Produkts, das als Ware von einem bestimmten Kapitalisten pro-duziert wird, stets größre Spaltung sich ergänzender Produktionsprozesse in verselbständigte. In demsel-ben Grad wie G - A entwickelt sich daher G - Pm; d.h. in demselben Umfang trennt sich die Produktionder Produktionsmittel von der der Ware, deren Produktionsmittel sie sind, und treten diese jedem Waren-produzenten selbst als Waren gegenüber, die er nicht produziert, sondern zum Behuf seines bestimmtenProduktionsprozesses kauft. Sie kommen her aus, von dem seinen vollständig getrennten, selbständigbetriebnen Produktionszweigen, und gehn ein in seinen Produktionszweig als Waren, müssen daher ge-kauft werden. Die sachlichen Bedingungen der Warenproduktion treten ihm in immer größrem Umfangals Produkte andrer Warenproduzenten, als Waren, gegenüber. In demselben Umfang muß der Kapitalistals Geldkapitalist auftreten, oder erweitert sich der Maßstab, worauf sein Kapital als Geldkapital fungie-ren muß.

Andrerseits: Dieselben Umstände, welche die Grundbedingung der kapitalistischen Produktion produzie-ren - das Dasein einer Lohnarbeiterklasse -, sollizitieren den Übergang aller Warenproduktion in kapitali-

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stische Warenproduktion. Im Umfang wie diese sich entwickelt, wirkt sie zersetzend und auflösend aufjede ältre Form der Produktion, die, vorzugsweis auf unmittelbaren Selbstbedarf gerichtet, nur den Über-schuß des Produkts in Ware verwandelt. Sie macht den Verkauf des Produkts zum Hauptinteresse, zu-nächst ohne scheinbar die Produktionsweise selbst anzugreifen, wie dies z.B. die erste Wirkung des kapi-talistischen Welthandels auf solche Völker war, wie Chinesen, Indier, Araber etc. Zweitens aber, wo sieWurzel gegriffen, zerstört sie alle Formen der Warenproduktion, die entweder auf Selbstarbeit der Produ-zenten gegründet, oder bloß auf den Verkauf des <42> überschüssigen Produkts als Ware. Sie verallge-meinert zuerst die Warenproduktion und verwandelt dann stufenweise alle Warenproduktion in kapitali-stische.

Welches immer die gesellschaftlichen Formen der Produktion, Arbeiter und Produktionsmittel bleibenstets ihre Faktoren. Aber die einen und die andern sind dies nur der Möglichkeit nach im Zustand ihrerTrennung voneinander. Damit überhaupt produziert werde, müssen sie sich verbinden. Die besondre Artund Weise, worin diese Verbindung bewerkstelligt wird, unterscheidet die verschiednen ökonomischenEpochen der Gesellschaftsstruktur. Im vorliegenden Fall ist die Trennung des freien Arbeiters von seinenProduktionsmitteln der gegebne Ausgangspunkt, und wir haben gesehn, wie und unter welchen Bedin-gungen beide in der Hand des Kapitalisten vereint werden - nämlich als produktive Daseinsweise seinesKapitals. Der wirkliche Prozeß, den die so zusammengebrachten persönlichen und sachlichen Warenbild-ner miteinander eingehn, der Produktionsprozeß, wird daher selbst eine Funktion des Kapitals - kapitali-stischer Produktionsprozeß, dessen Natur ausführlich im ersten Buch dieser Schrift entwickelt worden.Jeder Betrieb der Warenproduktion wird zugleich Betrieb der Ausbeutung der Arbeitskraft; aber erst diekapitalistische Warenproduktion wird zu einer epochemachenden Ausbeutungsweise, die in ihrer ge-schichtlichen Fortentwicklung durch die Organisation des Arbeitsprozesses und die riesenhafte Ausbil-dung der Technik die ganze ökonomische Struktur der Gesellschaft umwälzt und alle früheren Epochenunvergleichbar übergipfelt.

Durch die verschiednen Rollen, die sie während des Produktionsprozesses bei der Wertbildung, also auchin der Erzeugung von Mehrwert spielen, unterscheiden sich Produktionsmittel und Arbeitskraft, soweitsie Existenzformen des vorgeschoßnen Kapitalwerts, als konstantes und variables Kapital. Als verschied-ne Bestandteile des produktiven Kapitals unterscheiden sie sich ferner dadurch, daß die erstern, im Besitzdes Kapitalisten, sein Kapital bleiben auch außerhalb des Produktionsprozesses, während bloß innerhalbdesselben die Arbeitskraft Daseinsform eines individuellen Kapitals wird. Wenn die Arbeitskraft nur inder Hand ihres Verkäufers, des Lohnarbeiters, Ware ist, so wird sie dagegen Kapital nur in der Hand ihresKäufers, des Kapitalisten, dem ihr zeitweiser Gebrauch zufällt. Die Produktionsmittel selbst werden nurgegenständliche Gestalten des produktiven Kapitals, oder produktives Kapital, von dem Augenblick, woihnen die <43> Arbeitskraft, als persönliche Daseinsform desselben, einverleibbar geworden ist. So wenigalso menschliche Arbeitskraft von Natur Kapital, sowenig sind es die Produktionsmittel. Sie erhaltendiesen spezifischen gesellschaftlichen Charakter nur unter bestimmten, geschichtlich entwickelten Bedin-gungen, wie nur unter solchen den edlen Metallen der des Geldes, oder gar dem Geld der des Geldkapitalsaufgeprägt wird.

Indem es fungiert, verbraucht das produktive Kapital seine eignen Bestandteile, um sie in eine höherwer-tige Produktenmasse umzusetzen. Da die Arbeitskraft nur als eins seiner Organe wirkt, ist auch der durchihre Mehrarbeit erzeugte Überschuß des Produktwerts über den Wert seiner Bildungselemente die Fruchtdes Kapitals. Die Mehrarbeit der Arbeitskraft ist die Gratisarbeit des Kapitals und bildet daher für denKapitalisten Mehrwert, einen Wert, der ihm kein Äquivalent kostet. Das Produkt ist daher nicht nur Ware,sondern mit Mehrwert befruchtete Ware. Ihr Wert ist = P + M, gleich dem Wert des in ihrer Herstellungverzehrten produktiven Kapitals P plus dem von ihm erzeugten Mehrwert M. Unterstellen wir, diese Warebestehe aus 10.000 Pfund Garn, in deren Herstellung Produktionsmittel zum Wert von 372 Pfd.St. undArbeitskraft zum Wert von 50 Pfd.St. verbraucht worden. Während des Spinnprozesses übertrugen dieSpinner den Wert der durch ihre Arbeit verzehrten Produktionsmittel im Belauf von 372 Pfd.St. auf dasGarn, wie sie zugleich, entsprechend ihrer Arbeitsausgabe, einen Neuwert von, sage 128 Pfd.St. darstell-ten. Die 10.000 Pfund Garn sind daher Träger eines Werts von 500 Pfd.St.

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III. Drittes Stadium. W´ - G´

Ware wird Warenkapital als unmittelbar aus dem Produktionsprozeß selbst entsprungene funktionelleDaseinsform des bereits verwerteten Kapitalwerts. Würde die Warenproduktion in ihrem ganzen gesell-schaftlichen Umfang kapitalistisch betrieben, so wäre alle Ware von Haus aus Element eines Warenkapi-tals, bestehe sie nun aus Roheisen oder Brüsseler Spitzen, Schwefelsäure oder Zigarren. Das Problem,welche Sorten des Warenheeres durch ihre Beschaffenheit zum Kapitalrang bestimmt, welche andere zumgemeinen Warendienst, ist eins der selbstgeschaffnen holden Drangsale der scholastischen Ökonomie.

In einer Warenform muß das Kapital Warenfunktion verrichten. Die Artikel, woraus es besteht, von Hausaus für den Markt produziert, müssen verkauft, in Geld verwandelt werden, also die Bewegung W - Gdurchlaufen.

<44> Die Ware des Kapitalisten bestehe aus 10.000 Pfund Baumwollengarn. Wurden im SpinnprozeßProduktionsmittel zum Wert von 372 Pfd.St. verzehrt und ein Neuwert von 128 Pfd.St. geschaffen, so hatdas Garn einen Wert von 500 Pfd.St., welchen es ausdrückt in seinem gleichnamigen Preise. Dieser Preiswerde realisiert durch den Verkauf W - G. Was macht diesen einfachen Vorgang aller Warenzirkulationgleichzeitig zu einer Kapitalfunktion? Keine Veränderung, die sich innerhalb desselben ereignet, sei esmit Bezug auf ihren Gebrauchscharakter, denn als Gebrauchsgegenstand geht die Ware an den Käuferüber, sei es mit Bezug auf ihren Wert, denn dieser erleidet keinen Größenwechsel, sondern nur einenFormwechsel. Erst existierte er in Garn, jetzt existiert er in Geld. So tritt ein wesentlicher Unterschiedhervor zwischen dem ersten Stadium G - W <1. und 2. Auflage: W - G; geändert nach der Druckvorlagevon Engels.> und dem letzten Stadium W - G. Dort fungiert das vorgeschoßne Geld als Geldkapital, weiles sich vermittelst der Zirkulation in Waren von spezifischem Gebrauchswert umsetzt. Hier kann die Wa-re nur als Kapital fungieren, sofern sie diesen Charakter schon fertig aus dem Produktionsprozeß mit-bringt, bevor ihre Zirkulation beginnt. Während des Spinnprozesses schufen die Spinner Garnwert zumBelauf von 128 Pfd.St. Davon bilden, sage 50 Pfd.St., dem Kapitalisten bloß ein Äquivalent für seineAuslage in Arbeitskraft, und 78 Pfd.St. - bei einem Exploitationsgrad der Arbeitskraft von 156% - bildenMehrwert. Der Wert der 10.000 Pfund Garn enthält also erstens den Wert des aufgezehrten produktivenKapitals P, wovon der konstante Teil = 372 Pfd.St., der variable = 50 Pfd.St., ihre Summe = 422 Pfd.St.,= 8.440 Pfund Garn. Der Wert des produktiven Kapitals P ist aber = W, dem Wert seiner Bildungsele-mente, die in dem Stadium G - W dem Kapitalisten als Waren in den Händen ihrer Verkäufer gegenüber-standen. - Zweitens aber enthält der Wert des Garns einen Mehrwert von 78 Pfd.St. = 1560 Pfund Garn.W als Wertausdruck der 10.000 Pfund Garn ist also = W + W, W plus einem Inkrement von W (= 78Pfd.St.), welches wir w nennen wollen, da es in derselben Warenform existiert wie jetzt der ursprünglicheWert W. Der Wert der 10.000 Pfund Garn = 500 Pfd.St. ist also = W + w = W´. Was W, als Wertausdruckder 10.000 Pfund Garn, zu W´ macht, ist nicht seine absolute Wertgröße (500 Pfd.St.), denn sie ist wie beiallen andern W als Wertausdruck irgendeiner andern Warensumme bestimmt durch die Größe der in ihrvergegenständlichten Arbeit. Es ist seine relative Wertgröße, seine Wertgröße verglichen mit dein Wertdes in seiner Produktion aufgezehrten Kapitals P. Dieser Wert ist in ihr enthalten, <45> plus dem vomproduktiven Kapital gelieferten Mehrwert. Sein Wert ist größer, überschüssig über diesen Kapitalwert,um diesen Mehrwert w. Die 10.000 Pfund Garn sind Träger des verwerteten, mit einem Mehrwert berei-cherten Kapitalwerts, und sind dies als Produkt des kapitalistischen Produktionsprozesses. W´ drückt einWertverhältnis aus, das Verhältnis des Werts des Warenprodukts zu dem des in seiner Produktion veraus-gabten Kapitals, also die Zusammensetzung seines Werts aus Kapitalwert und Mehrwert. Die 10.000Pfund Garn sind Warenkapital, W´, nur als verwandelte Form des produktiven Kapitals P, also in einemZusammenhang, der zunächst nur im Kreislauf dieses individuellen Kapitals existiert, oder für den Kapi-talisten, der mit seinem Kapital Garn produziert hat. Es ist sozusagen nur ein inneres, kein auswärtigesVerhältnis, das die 10.000 Pfund Garn als Wertträger zu Warenkapital macht; sie tragen ihr kapitalisti-sches Muttermal nicht in der absoluten Größe ihres Werts, sondern in seiner relativen Größe, in ihrer

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Wertgröße verglichen mit der, die das in ihnen enthaltene produktive Kapital besaß, ehe es sich in Wareverwandelt. Werden daher die 10.000 Pfund Garn zu ihrem Wert von 500 Pfd.St. verkauft, so ist dieserZirkulationsakt, für sich betrachtet, = W - G, bloße Verwandlung eines gleichbleibenden Werts aus Wa-renform in Geldform. Aber als besonderes Stadium im Kreislauf eines individuellen Kapitals ist derselbeAkt Realisierung des von der Ware getragnen Kapitalwerts von 422 Pfd.St. + dem von ihr getragnenMehrwert von 78 Pfd.St., also W´ - G´, Verwandlung des Warenkapitals aus seiner Warenform in Geld-form.

Die Funktion von W´ ist nun die alles Warenprodukts: sich in Geld zu erwandeln, verkauft zu werden, dieZirkulationsphase W - G durchzumachen. Solange das jetzt verwertete Kapital in der Form des Warenka-pitals verharrt, auf dem Markt festliegt, steht der Produktionsprozeß still. Es wirkt weder als Produkt-noch als Wertbildner. Je nach dem verschiednen Grad der Geschwindigkeit, womit das Kapital seine Wa-renform abstößt und seine Geldform annimmt, oder je nach der Raschheit des Verkaufs, wird derselbeKapitalwert in sehr ungleichem Grad als Produkt- und Wertbildner dienen und die Stufenleiter der Repro-duktion sich ausdehnen oder verkürzen. Es wurde im ersten Buch gezeigt, daß der Wirkungsgrad einesgegebnen Kapitals durch Potenzen des Produktionsprozesses bedingt ist, die von seiner eignen Wertgrößein gewissem Grad unabhängig sind. < Siehe Band 23, S. 629 -631>

<46> Hier zeigt sich, daß der Zirkulationsprozeß neue, von der Wertgröße des Kapitals unabhängige Po-tenzen seines Wirkungsgrads, seiner Expansion und Kontraktion in Bewegung setzt.

Die Warenmasse W´, als Träger des verwerteten Kapitals, muß ferner in ihrem ganzen Umfang die Me-tamorphose W´ - G´ durchmachen. Die Quantität des Verkauften wird hier wesentliche Bestimmung. Dieeinzelne Ware figuriert nur noch als integrierender Teil der Gesamtmasse. Die 500 Pfd.St. Wert existierenin 10.000 Pfund Garn. Gelingt es dem Kapitalisten, nur 7.440 Pfund zu ihrem Wert von 372 Pfd.St. zuverkaufen, so hat er nur den Wert seines konstanten Kapitals, den Wert der verausgabten Produktions-mittel, ersetzt; wenn 8.440 Pfund, so nur die Wertgröße des vorgeschoßnen Gesamtkapitals. Er muß mehrverkaufen, um Mehrwert zu realisieren, und er muß alle 10.000 Pfund Garn verkaufen, um den ganzenMehrwert von 78 Pfd.St. (= 1.560 Pfund Garn) zu realisieren. Er erhält also in 500 Pfd.St. Geld nur einenGleichwert für die verkaufte Ware; seine Transaktion innerhalb der Zirkulation ist einfaches W - G. Hätteer seinen Arbeitern 64 Pfd.St. statt 50 Pfd.St. Lohn gezahlt, so wäre sein Mehrwert nur 64 Pfd.St. statt 78Pfd.St., und der Exploitationsgrad nur 100% statt 156%; aber nach wie vor bliebe der Wert seines Garnsunverändert; nur das Verhältnis seiner verschiednen Teile wäre ein andres; der Zirkulationsakt W - Gwäre nach wie vor Verkauf von 10.000 Pfund Garn für 500 Pfd.St., ihren Wert.

W´ = W + w (= 422 Pfd.St. + 78 Pfd.St.). - W ist gleich dem Wert von P oder dem produktiven Kapital,und dies gleich dem Wert von G, das in G - W, dem Kauf der Produktionselemente, vorgeschossen wur-de; in unserm Beispiel = 422 Pfd.St. Wird die Warenmasse zu ihrem Wert verkauft, so W = 422 Pfd.St.und w = 78 Pfd.St.; dem Wert des Mehrprodukts von 1.560 Pfund Garn. Nennen wir w, in Geld ausge-drückt, g, so ist W´- G´ = (W + w) - (G + g), und der Kreislauf G - W ... P ... W´- G´ in seiner explizitenForm also G - W ... P ... (W + w) - (G + g).

Im ersten Stadium entzieht der Kapitalist Gebrauchsartikel dem eigentlichen Warenmarkt und dem Ar-beitsmarkt; im dritten Stadium wirft er Ware zurück, aber nur in einen Markt, den eigentlichen Waren-markt. Wenn er aber durch seine Ware dem Markt mehr Wert wieder entzieht, als er ursprünglich hinein-warf, so nur, weil er größern Warenwert hineinwirft, als er ursprünglich entzog. Er warf den Wert G hin-ein und entzog den Gleichwert W; er wirft W + w hinein und entzieht den Gleichwert G + g. - G war inunserm Beispiel gleich dem Wert von 8.440 Pfund Garn; er wirft aber 10.000 Pfund in den Markt, gibtihm also größern Wert, als er ihm nahm. <47> Andrerseits hat er diesen gewachsnen Wert nur hineinge-worfen, weil er im Produktionsprozeß Mehrwert (als aliquoter Teil des Produkts, ausgedrückt in Mehr-produkt) durch Exploitation der Arbeitskraft produzierte. Nur als Produkt dieses Prozesses ist die Wa-renmasse Warenkapital, Träger des verwerteten Kapitalwerts. Durch Vollziehung von W´- G´ wird so-wohl der vorgeschoßne Kapitalwert realisiert wie der Mehrwert. Die Realisation beider fällt zusammen in

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der Reihe von Verkäufen, oder auch in dem Verkauf auf einen Schlag, der gesamten Warenmasse, dieW´- G´ ausdrückt. Aber derselbe Zirkulationsvorgang W´- G´ ist verschieden für Kapitalwert und Mehr-wert insofern, als er für jeden von beiden ein verschiednes Stadium ihrer Zirkulation, einen verschiednenAbschnitt in der von ihnen innerhalb der Zirkulation zu durchlaufenden Metamorphosenreihe ausdrückt.w, der Mehrwert, kam erst zur Welt innerhalb des Produktionsprozesses. Er tritt also zum ersten Mal aufden Warenmarkt, und zwar in Warenform; sie ist seine erste Zirkulationsform, daher auch der Akt w - gsein erster Zirkulationsakt oder seine erste Metamorphose, die also noch zu ergänzen bleibt durch denentgegengesetzten Zirkulationsakt oder die umgekehrte Metamorphose g - w.

Anders verhält es sich mit der Zirkulation, die der Kapitalwert W im selben Zirkulationsakt W´- G´ voll-zieht, welches für ihn der Zirkulationsakt W - G ist, wo W = P, gleich dem ursprünglich vorgeschoßnenG. Es hat seinen ersten Zirkulationsakt als G, als Geldkapital, eröffnet und kehrt durch den Akt W - G zurselben Form zurück; es hat also die beiden entgegengesetzten Phasen der Zirkulation 1) G - W und 2) W -G durchlaufen und befindet sich wieder in der Form, in der es denselben Kreislaufsprozeß von neuembeginnen kann. Was für den Mehrwert erste Verwandlung der Warenform in Geldform, ist für den Kapi-talwert Rückkehr oder Rückverwandlung in seine ursprüngliche Geldform.

Durch G - W wurde das Geldkapital in eine gleichwertige Summe Waren, A und Pm, umgesetzt. DieseWaren funktionieren nicht wieder als Waren, als Verkaufsartikel. Ihr Wert existiert jetzt in der Hand ihresKäufers, des Kapitalisten, als Wert seines produktiven Kapitals P. Und in der Funktion von P, der pro-duktiven Konsumtion, werden sie verwandelt in eine von den Produktionsmitteln stofflich verschiedneWarensorte, in Garn, worin ihr Wert nicht nur erhalten, sondern vergrößert wird, von 422 Pfd.St. <48>auf 500 Pfd.St. Durch diese reale Metamorphose werden die im ersten Stadium G - W dem Markt entzo-gnen Waren ersetzt durch stofflich und wertlich verschiedne Ware, die nun als Ware fungieren, in Geldverwandelt und verkauft werden muß. Der Produktionsprozeß erscheint daher nur als Unterbrechung desZirkulationsprozesses des Kapitalwerts, wovon bis dahin nur die erste Phase G - W durchlaufen ist. Erdurchläuft die zweite und abschließende Phase W - G nachdem W stofflich und wertlich verändert. So-weit aber der Kapitalwert, für sich genommen, in Betracht kommt, hat er nur eine Veränderung seinerGebrauchsform im Produktionsprozeß erlitten. Er existierte als 422 Pfd.St. Wert in A und Pm, er existiertjetzt als 422 Pfd.St. Wert von 8.440 Pfund Garn. Betrachten wir also bloß die beiden Phasen des Zirkula-tionsprozesses des, von seinem Mehrwert getrennt gedachten, Kapitalwerts, so durchläuft er 1) G - W und2) W - G, wo das zweite Weine veränderte Gebrauchsform, aber denselben Wert hat wie das erste W; alsoG - W - G, eine Zirkulationsform, die durch den doppelten Stellenwechsel der Ware in entgegengesetzterRichtung, Verwandlung aus Geld in Ware, Verwandlung aus Ware in Geld, notwendig die Rückkehr desals Geld vorgeschoßnen Werts zu seiner Geldform bedingt; seine Rückverwandlung in Geld.

Derselbe Zirkulationsakt W´- G´, der für den in Geld vorgeschoßnen Kapitalwert zweite abschließendeMetamorphose, Rückkehr zur Geldform, ist für den gleichzeitig vom Warenkapital mitgetragnen unddurch sein Umsatz in Geldform mitrealisierten Mehrwert erste Metamorphose, Verwandlung aus Waren-form in Geldform, W - G, erste Zirkulationsphase.

Es ist hier also zweierlei zu bemerken. Erstens: Die schließliche Rückverwandlung des Kapitalwerts inseine ursprüngliche Geldform ist eine Funktion des Warenkapitals. Zweitens: Diese Funktion schließt eindie erste Formverwandlung des Mehrwerts aus seiner ursprünglichen Warenform in Geldform. Die Geld-form spielt also hier doppelte Rolle; sie ist einerseits rückkehrende Form eines ursprünglich in Geld vor-geschoßnen Werts, also Rückkehr zur Wertform, die den Prozeß eröffnete; sie ist andrerseits erste ver-wandelte Form eines Werts, der ursprünglich in Warenform in die Zirkulation tritt. Werden die Waren,woraus das Warenkapital besteht, ihrem Wert verkauft, wie hier vorausgesetzt, so wird W + w verwandeltin das gleichwertige G + g; in dieser Form G + g (422 Pfd.St. + 78 Pfd.St. = 500 Pfd.St.) existiert dasrealisierte Warenkapital jetzt in der Hand des Kapitalisten. Kapitalwert und Mehrwert sind jetzt als Geldvorhanden, also in der allgemeinen Äquivalentform.

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Am Schluß des Prozesses befindet sich der Kapitalwert also wieder in derselben Form, worin er in ihneintrat, kann ihn also wieder von neuem <49> als Geldkapital eröffnen und durchlaufen. Eben weil dieAusgangs und Schlußform des Prozesses die des Geldkapitals (G), wird diese Form des Kreislaufsprozes-ses von uns als Kreislauf des Geldkapitals bezeichnet. Nicht die Form, sondern nur die Größe des vorge-schoßnen Werts ist am Schluß verändert.

G + g sind nichts als eine Geldsumme von einer bestimmten Größe, in unserm Fall 500 Pfd.St. Aber alsResultat des Kreislaufs des Kapitals, als realisiertes Warenkapital, enthält diese Geldsumme den Kapital-wert und den Mehrwert; und zwar sind diese nun nicht mehr miteinander verwachsen, wie im Garn; sieliegen jetzt nebeneinander. Ihre Realisation hat jedem der beiden selbständige Geldform gegeben. 211/250davon sind der Kapitalwert, 422 Pfd.St., und 39/250 davon der Mehrwert von 78 Pfd.St. Diese durch Rea-lisation des Warenkapitals bewirkte Trennung hat nicht nur den formellen Gehalt, wovon wir gleich spre-chen werden; sie wird wichtig im Reproduktionsprozeß des Kapitals, je nachdem g ganz, teilweise odergar nicht zu G geschlagen wird, also je nachdem es als Bestandteil des vorgeschoßnen Kapitalwerts fort-fungiert oder nicht. g und G können auch ganz verschiedne Zirkulation durchlaufen.

In G´ ist das Kapital wieder zu seiner ursprünglichen Form G zurückgekehrt, zu seiner Geldform; aber ineiner Form, worin es als Kapital verwirklicht ist.

Erstens ist eine quantitative Differenz da. Es war G, 422 Pfd.St.; es ist jetzt G´, 500 Pfd.St., und dieseDifferenz ausgedrückt in G ... G´, den quantitativ verschiednen Extremen des Kreislaufs, dessen Bewe-gung selbst nur durch die Punkte ... angedeutet ist. G´ ist > G, G´- G = M, dem Mehrwert. Aber als Re-sultat dieses Kreislaufs G ... G´ existiert jetzt nur noch G´, es ist das Produkt, worin sein Bildungsprozeßerloschen ist. G´ existiert jetzt selbständig für sich, unabhängig von der Bewegung, die s hervorbrachte.Sie ist vergangen, es ist da an ihrer Stelle.

Aber G´ als G + g, 500 Pfd.St. als 422 Pfd.St. vorgeschoßnes Kapital plus einem Inkrement desselben von78 Pfd.St., stellt zugleich ein qualitatives Verhältnis dar, obgleich dies qualitative Verhältnis selbst nur alsVerhältnis der Teile einer gleichnamigen Summe, also als quantitatives Verhältnis existiert. G, das vorge-schoßne Kapital, das jetzt wieder in seiner ursprünglichen Form (422 Pfd.St.) vorhanden ist, existiert jetztals realisiertes Kapital. Es hat sich nicht nur erhalten, es hat sich auch als Kapital realisiert, indem es sichals solches unterscheidet von g (78 Pfd.St.), worauf es bezogen ist als auf seinen Zuwachs, seine Frucht,auf ein durch es selbst gehecktes Inkrement. Es ist als Kapital realisiert, weil als Wert, der einen <50>Wert geheckt hat. G´ existiert als Kapitalverhältnis; G erscheint nicht mehr als bloßes Geld, sondern es istausdrücklich als Geldkapital gesetzt, ausgedrückt als Wert, der sich verwertet hat, also auch die Eigen-schaft besitzt, sich zu verwerten, mehr Wert zu hecken als er selbst hat. G ist als Kapital gesetzt durchsein Verhältnis zu einem andern Teil von G´, als dem durch es Gesetzten, aus ihm als Ursache Bewirk-tem; als der Folge, wovon es der Grund. So erscheint G´ als in sich differenzierte, sich funktionell (be-grifflich) in sich selbst unterscheidende, das Kapitalverhältnis ausdrückende Wertsumme.

Aber dies ist nur ausgedrückt als Resultat, ohne die Vermittlung des Prozesses, dessen Resultat es ist.

Wertteile unterscheiden sich als solche qualitativ nicht voneinander, außer soweit sie als Werte ver-schiedner Artikel, konkreter Dinge auftreten, also in verschiednen Gebrauchsformen, daher als Werteverschiedner Warenkörper - ein Unterschied, der nicht aus ihnen selbst als bloßen Wertteilen entspringt.Im Geld ist alle Verschiedenheit der Waren ausgelöscht, weil es eben die ihnen allen gemeinsame Äqui-valentform ist. Eine Geldsumme von 500 Pfd.St. besteht aus lauter gleichnamigen Elementen von 1Pfd.St. Da in dem einfachen Dasein dieser Geldsumme die Vermittlung ihrer Herkunft ausgelöscht undvon der spezifischen Differenz, welche die verschiednen Kapitalbestandteile im Produktionsprozeß besit-zen, jede Spur verschwunden ist, so existiert der Unterschied nur noch in der begrifflichen Form einerHauptsumme (englisch principal) = dem vorgeschoßnen Kapital von 422 Pfd.St. und einer überschüssigenWertsumme von 78 Pfd.St. G´ sei z.B. = 110 Pfd.St., wovon 100 = G, Hauptsumme, und 10 = M, Mehr-wert. Es herrscht absolute Gleichartigkeit, also begriffliche Unterschiedslosigkeit, zwischen den beiden

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konstituierenden Teilen der Summe von 110 Pfd.St. Beliebige 10 Pfd.St. sind immer 1/11 der Gesamt-summe von 110 Pfd.St., ob sie nun 1/10 der vorgeschoßnen Hauptsumme von 100 Pfd.St. oder der Über-schuß von 10 Pfd.St. über dieselbe. Hauptsumme und Zuwachssumme, Kapital und Mehrsumme sinddaher ausdrückbar als Bruchteile der Gesamtsumme; in unserm Beispiel bilden 10/11 die Hauptsummeoder das Kapital, 1/11 die Mehrsumme. Es ist daher begriffsloser Ausdruck des Kapitalverhältnisses,worin hier am Schluß seines Prozesses das realisierte Kapital in seinem Geldausdruck erscheint.

Allerdings gilt dies auch für W´ (= W + w). Aber mit dem Unterschied, daß W´, worin W und w auch nurproportionelle Wertteile derselben homogenen Warenmasse, hinweist auf seinen Ursprung P, dessen un-mittelbares <51> Produkt es ist, während in G´, einer unmittelbar aus der Zirkulation herstammendenForm, direkte Beziehung zu P verschwunden ist.

Der begriffslose Unterschied zwischen Haupt- und Zuwachssumme, der in G´ enthalten ist, soweit es dasResultat der Bewegung G ... G´ ausdrückt, verschwindet sofort, sobald es aktiv als Geldkapital wiederfungiert, also nicht umgekehrt als Geldausdruck des verwerteten industriellen Kapitals fixiert wird. DerKreislauf des Geldkapitals kann nie mit G´ beginnen (obgleich G´ jetzt als G fungiert), sondern nur mit G;d.h. nie als Ausdruck des Kapitalverhältnisses, sondern nur als Vorschußform des Kapitalwerts. Sobalddie 500 Pfd.St. von neuem als Kapital vorgeschossen werden, um sich von neuem zu verwerten, sind sieAusgangspunkt statt Rückkehrpunkt. Statt eines Kapitals von 422 Pfd.St. ist jetzt eins von 500 Pfd.St.vorgeschossen, mehr Geld als früher, mehr Kapitalwert, aber das Verhältnis zwischen den zwei Bestand-teilen ist weggefallen, ganz wie ursprünglich die Summe von 500 Pfd.St. statt der von 422 Pfd.St. hätteals Kapital fungieren können.

Es ist keine aktive Funktion des Geldkapitals, sich als G´ darzustellen; seine eigne Darstellung als G´ istvielmehr eine Funktion von W´. Schon in der einfachen Warenzirkulation, 1) W1 - G, 2) G - W2, fungiertG erst aktiv im zweiten Akt G - W2; seine Darstellung als G ist nur Resultat des ersten Akts, kraft dessenes erst als verwandelte Form von W1 auftritt. Das in G´ enthaltene Kapitalverhältnis, die Beziehung einesseiner Teile als des Kapitalwerts auf den andern als dessen Wertinkrement, bekommt allerdings funktio-nelle Bedeutung, soweit, bei beständiger Wiederholung des Kreislaufs G ... G´, G´ sich in zwei Zirkula-tionen spaltet, Kapitalzirkulation und Mehrwertzirkulation, also die beiden Teile nicht bloß quantitativ,sondern auch qualitativ verschiedne Funktionen vollziehn, G andre als g. Aber an sich betrachtet, schließtdie Form G ... G´ die Konsumtion des Kapitalisten nicht ein, sondern ausdrücklich nur die Selbstverwer-tung und die Akkumulation, soweit letztre zunächst in periodischem Anwachs des stets von neuem vorge-schoßnen Geldkapitals sich ausdrückt.

Obgleich begriffslose Form des Kapitals, ist G´ = G + g zugleich erst das Geldkapital in seiner realisiertenForm, als Geld, welches Geld geheckt hat. Hier ist aber zu unterscheiden von der Funktion des Geldkapi-tals im ersten Stadium G - W . G in diesem ersten Stadium zirkuliert als Geld. Es fungiert als Geldkapitalnur deshalb, weil es nur in seinem Geldzustand eine Geldfunktion verrichten, sich in die ihm als Warengegenüberstehenden Elemente von P, in A und Pm umsetzen kann. In diesem Zirkulationsakt fungiert esnur als Geld; aber weil dieser Akt das erste Stadium des <52> prozessierenden Kapitalwerts, ist er zu-gleich Funktion des Geldkapitals, kraft der spezifischen Gebrauchsform der Waren A und Pm, die gekauftwerden. G´ dagegen, zusammengesetzt aus G, dem Kapitalwert, und g, dem durch diesen erzeugtenMehrwert, drückt verwerteten Kapitalwert aus, den Zweck und das Resultat, die Funktion des gesamtenKreislaufsprozesses des Kapitals. Daß es dies Resultat in Geldform, als realisiertes Geldkapital ausdrückt,entspringt nicht daraus, daß es Geldform des Kapitals, Geldkapital ist, sondern umgekehrt daraus, daß esGeldkapital, Kapital in Geldform ist, daß das Kapital in dieser Form den Prozeß eröffnet hat, in Geldformvorgeschossen worden ist. Die Rückverwandlung in die Geldform ist eine Funktion des WarenkapitalsW´, wie wir gesehn, nicht des Geldkapitals. Was aber die Differenz von G´ gegenüber G betrifft, so ist sie(g) nur Geldform von w, dem Inkrement von W; G´ ist nur = G + g, weil W´ = W + w war. In W´ ist alsodiese Differenz und das Verhältnis des Kapitalwerts zu dem von ihm geheckten Mehrwert vorhanden undausgedrückt, bevor beide in G´ verwandelt, in eine Geldsumme, worin beide Wertteile selbständig einan-

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der gegenübertreten und daher auch zu selbständigen und voneinander verschiednen Funktionen ver-wendbar sind.

G´ ist nur Resultat der Realisierung von W´. Beide, W´ wie G´, sind nur verschiedne Formen, Warenformund Geldform, des verwerteten Kapitalwerts, beide haben dies gemein, daß sie verwerteter Kapitalwert.Beide sind verwirklichtes Kapital, weil hier der Kapitalwert als solcher mitsamt dem Mehrwert als vonihm verschiedner, durch ihn erhaltner Frucht existiert, obgleich dies Verhältnis nur ausgedrückt ist in derbegriffslosen Form des Verhältnisses zweier Teile einer Geldsumme oder eines Warenwerts. Aber alsAusdrücke des Kapitals in Beziehung zu und im Unterschied von dem durch es erzeugten Mehrwert, alsoals Ausdrücke von verwertetem Wert, sind G´ und W´ dasselbe und drücken dasselbe aus, nur in ver-schiedner Form; sie unterscheiden sich nicht als Geldkapital und Warenkapital, sondern als Geld undWare. Sofern sie verwerteten Wert, als Kapital betätigtes Kapital darstellen, drücken sie nur das Resultatder Funktion des produktiven Kapitals aus, der einzigen Funktion, worin der Kapitalwert Wert heckt. IhrGemeinsames ist, daß sie beide, Geldkapital und Warenkapital, Existenzweisen des Kapitals sind. Daseine ist Kapital in Geldform, das andre in Warenform. Die sie unterscheidenden spezifischen Funktionenkönnen daher nichts andres sein, als Unterschiede zwischen Geldfunktion und Warenfunktion. Das Wa-renkapital, als direktes Produkt des kapitalistischen Produktionsprozesses, erinnert an diesen seinen Ur-sprung und ist daher in seiner Form rationeller, minder begriffslos als das Geldkapital, <55> in dem jedeSpur dieses Prozesses erloschen ist, wie überhaupt im Geld alle besondre Gebrauchsform der Ware er-lischt. Es ist daher nur, wo G´ selbst als Warenkapital fungiert, wo es unmittelbares Produkt eines Pro-duktionsprozesses und nicht verwandelte Form dieses Produkts ist, daß seine bizarre Form verschwindet -also in der Produktion des Geldmaterials selbst. Für Goldproduktion z.B. wäre die Formel: G - W ... P ...G´ (G + g), wo G´ als Warenprodukt figuriert, weil P mehr Gold liefert als für die Produktionselementedes Goldes im ersten G, dem Geldkapital, vorgeschossen war. Hier verschwindet also das Irrationelle desAusdrucks G ... G´ (G + g), wo ein Teil einer Geldsumme als Mutter eines andern Teils derselben Geld-summe erscheint.

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IV. Der Gesamt-Kreislauf

Wir haben gesehn, daß der Zirkulationsprozeß nach Ablauf seiner ersten Phase G - W unterbrochen wirddurch P, wo die auf dem Markt gekauften Waren A und Pm nun als stoffliche und wertliche Bestandteiledes produktiven Kapitals konsumiert werden; das Produkt dieser Konsumtion ist eine neue Ware, W´,stofflich und wertlich verändert. Der unterbrochene Zirkulationsprozeß, G - W, muß ergänzt werdendurch W - G. Aber als Träger dieser zweiten und abschließenden Phase der Zirkulation erscheint W´, einestofflich und wertlich von dem ersten W verschiedne Ware. Die Zirkulationsreihe stellt sich also dar als1) G - W1; 2) W´2- G´, wo in der zweiten Phase der ersten Ware W1 eine andre von höherem Wert undverschiedner Gebrauchsform, W´2, untergeschoben ist während der durch die Funktion von P verursach-ten Unterbrechung, der Produktion von W´ aus den Elementen von W, den Daseinsformen des produkti-ven Kapitals P. Die erste Erscheinungsform dagegen, worin uns das Kapital (Buch I, Kap. IV, 1) gegen-übertrat, G - W - G´ (aufgelöst: 1) G - W1; 2) W1- G´) zeigt dieselbe Ware zweimal. Es ist beidemal die-selbe Ware, worin sich das Geld in der ersten Phase verwandelt, und welche sich in der zweiten Phase inmehr Geld rückverwandelt. Trotz dieser wesentlichen Verschiedenheit haben beide Zirkulationen dasgemein, daß in ihrer ersten Phase Geld in Ware und in ihrer zweiten Ware in Geld verwandelt wird, das inder ersten Phase verausgabte Geld also in der zweiten wieder zurückfließt. Einerseits haben sie diesenRückstrom des Geldes zu seinem Ausgangspunkt gemein, andrerseits aber auch den Überschuß des rück-strömenden Geldes über das vorgeschoßne. Insofern erscheint auch G - W ... W´- G´ in der allgemeinenFormel G - W - G´ enthalten.

<56> Es ergibt sich hier ferner, daß in den beiden der Zirkulation angehörigen Metamorphosen G - Wund W´- G´ sich jedesmal gleich große, gleichzeitig vorhandne Wertexistenzen gegenüberstehn und ein-ander ersetzen. Die Wertveränderung gehört lediglich der Metamorphose P, dem Produktionsprozeß, derso als reale Metamorphose des Kapitals, gegenüber den bloß formellen Metamorphosen der Zirkulation,erscheint.

Betrachten wir nun die Gesamtbewegung G - W ... P ... W´- G´, oder ihre explizite Form G - W ... P ... W´(W + w) - G´ (G + g) Das Kapital erscheint hier als ein Wert, der eine Reihenfolge zusammenhängender,durch einander bedingter Verwandlungen durchläuft, eine Reihe von Metamorphosen, die ebensovielePhasen oder Stadien eines Gesamtprozesses bilden. Zwei dieser Phasen gehören der Zirkulationssphärean, eine der Produktionssphäre. In jeder dieser Phasen befindet sich der Kapitalwert in verschiedner Ge-stalt, der eine verschiedne, spezielle Funktion entspricht. Innerhalb dieser Bewegung erhält sich nicht nurder vorgeschoßne Wert, sondern er wächst, vermehrt seine Größe. Endlich, im Schlußstadium, kehrt erzur selben Form zurück, worin er beim Ausgang des Gesamtprozesses erschien. Dieser Gesamtprozeß istdaher Kreislaufsprozeß.

Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geld-kapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Ka-pital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder ab-streift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier indem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt.

Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten,deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden.Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinan-der annimmt.

Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockungineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W, so erstarrt das Geldkapital zumSchatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite,

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während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W´- G´, so ver-sperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.

Andrerseits liegt es in der Natur der Sache, daß der Kreislauf selbst die Fixierung des Kapitals, währendbestimmter Fristen, in den einzelnen <59> Kreisabschnitten bedingt. In jeder seiner Phasen ist das indu-strielle Kapital an eine bestimmte Form gebunden, als Geldkapital, produktives Kapital, Warenkapital.Nur nachdem es die seiner jedesmaligen Form entsprechende Funktion vollzogen hat, erhält es die Form,worin es eine neue Verwandlungsphase eingehn kann. Um dies klarzulegen, haben wir in unserm Beispielangenommen, daß der Kapitalwert der im Produktionsstadium erzeugten Warenmasse gleich sei der Ge-samtsumme des ursprünglich als Geld vorgeschoßnen Werts, mit andern Worten, daß der ganze als Geldvorgeschoßne Kapitalwert auf einmal aus dem einen Stadium in das jedesmal nächstfolgende tritt. Wirhaben aber gesehn (Buch I, Kap. VI), daß ein Teil des konstanten Kapitals, die eigentlichen Arbeitsmittel(z.B. Maschinen) in einer größern oder geringem Anzahl von Wiederholungen derselben Produktionspro-zesse stets von neuem dienen, ihren Wert daher auch nur stückweis an das Produkt abgeben. Wieweitdieser Umstand den Kreislaufsprozeß des Kapitals modifiziert, wird sich später zeigen. Hier genügt fol-gendes: In unserm Beispiel enthielt der Wert des produktiven Kapitals = 422 Pfd.St. nur den durch-schnittlich berechneten Verschleiß der Fabrikgebäude, Maschinerie etc., also nur den Wertteil, den sie beiVerwandlung von 10.600 Pfund Baumwolle in 10.000 Pfund Garn auf letztres übertragen, auf das Pro-dukt eines wöchentlichen Spinnprozesses von 60 Stunden. In den Produktionsmitteln, in welche sich dasvorgeschoßne konstante Kapital von 372 Pfd.St. verwandelt, figurierten daher auch die Arbeitsmittel,Gebäude, Maschinerie etc. so, als ob sie auf dem Markt gegen wöchentliche Ratenzahlung nur gemietetwären. Dies ändert jedoch absolut nichts am Sachverhalt. Wir brauchen das in der Woche produzierteGarnquantum von 10.000 Pfund nur mit der Anzahl der auf eine gewisse Reihe von Jahren berechnetenWochen zu multiplizieren, damit der ganze Wert der gekauften und in dieser Zeit aufgebrauchten Ar-beitsmittel auf es übertragen wird. Es ist dann klar, daß das vorgeschoßne Geldkapital erst in diese Mittelverwandelt, also aus dem ersten Stadium G - W herausgetreten sein muß, bevor es als produktives KapitalP fungieren kann. Ebenso klar ist es in unserm Beispiel, daß die dem Garn während des Produktionspro-zesses einverleibte Kapitalwertsumme von 422 Pfd.St. nicht als Wertbestandteil der 10.000 Pfund Garn indie Zirkulationsphase W - G´ eingehn kann, ehe es fertig ist. Das Garn kann nicht verkauft werden, ehe esgesponnen.

In der allgemeinen Formel wird das Produkt von P betrachtet als ein von den Elementen des produktivenKapitals verschiednes materielles Ding, als ein Gegenstand, der eine vom Produktionsprozeß abgeson-derte Existenz, eine von der der Produktionselemente verschiedne Gebrauchs- <60> form besitzt. Undwenn das Resultat des Produktionsprozesses als Ding auftritt, ist dies stets der Fall, selbst wo ein Teil desProdukts wieder als Element in die erneuerte Produktion eingeht. So dient Getreide als Aussaat zu seinereignen Produktion; aber das Produkt besteht nur aus Getreide, hat also eine von den mitverwandten Ele-menten, der Arbeitskraft, den Instrumenten, dem Dünger, verschiedne Gestalt. Es gibt aber selbständigeIndustriezweige, wo das Produkt des Produktionsprozesses kein neues gegenständliches Produkt, keineWare ist. Ökonomisch wichtig davon ist nur die Kommunikationsindustrie, sei sie eigentliche Transpor-tindustrie für Waren und Menschen, sei sie Übertragung bloß von Mitteilungen, Briefen, Telegrammenetc.

A. Tschuprow sagt darüber:

"Der Fabrikant kann zuerst Artikel produzieren und dann Konsumenten dafür suchen"

{sein Produkt, nachdem es als fertig aus dem Produktionsprozeß ausgestoßen, geht als von demselbengetrennte Ware in die Zirkulation über}.

"Produktion und Konsumtion erscheinen so als zwei, dem Raum und der Zeit nach getrennte Akte. In derTransportindustrie, die keine neuen Produkte schafft, sondern nur Menschen und Dinge versetzt, fallendiese beiden Akte zusammen; die Dienste" {die Qrtsveränderung} "müssen in demselben Augenblick

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konsumiert werden, in dem sie produziert werden. Deshalb erstreckt sich der Rayon, aus dem die Eisen-bahnen Kundschaft suchen können, auf höchstens 50 Werst" {53 km} "auf beiden Seiten."

Das Resultat - ob Menschen oder Waren transportiert werden - ist ihr verändertes örtliches Dasein, z.B.daß das Garn sich jetzt in Indien befindet statt in England, wo es produziert worden.

Was aber die Transportindustrie verkauft, ist die Ortsveränderung selbst. Der hervorgebrachte Nutzeffektist untrennbar verbunden mit dem Transportprozeß, d.h. dem Produktionsprozeß der Transportindustrie.Menschen und Ware reisen mit dein Transportmittel, und sein Reisen, seine örtliche Bewegung, ist ebender durch es bewirkte Produktionsprozeß. Der Nutzeffekt ist nur konsumierbar während des Produktions-prozesses; er existiert nicht als ein von diesem Prozeß verschiednes Gebrauchsding, das erst nach seinerProduktion als Handelsartikel fungiert, als Ware zirkuliert. Der Tauschwert dieses Nutzeffekts ist aberbestimmt, wie der jeder andern Ware, durch den Wert der in ihm verbrauchten Produktionselemente (Ar-beitskraft und Produktionsmittel) plus dem Mehrwert, den die Mehr- <61> arbeit der in der Transportin-dustrie beschäftigten Arbeiter geschaffen hat. Auch in Beziehung auf seine Konsumtion verhält sich die-ser Nutzeffekt ganz wie andre Waren. Wird er individuell konsumiert, so verschwindet sein Wert mit derKonsumtion; wird er produktiv konsumiert, so daß er selbst ein Produktionsstadium der im Transportbefindlichen Ware, so wird sein Wert als Zuschußwert auf die Ware selbst übertragen. Die Formel für dieTransportindustrie wäre also G - W ... P - G´, da der Produktionsprozeß selbst, nicht ein von ihm trennba-res Produkt, gezahlt und konsumiert wird. Sie hat also fast genau dieselbe Form wie die für die Produkti-on der edlen Metalle, nur daß G´ hier verwandelte Form des während des Produktionsprozesses hervorge-brachten Nutzeffekts, nicht Naturalform des während dieses Prozesses hervorgebrachten und aus ihmausgestoßnen Goldes oder Silbers ist.

Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehr-wert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daherden kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Ka-pitalisten und Lohnarbeitern ein. Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, wer-den Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökono-misch-geschichtliche Typus der Gesellschaft. Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten ver-gangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nuruntergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sichnur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige nebendem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselb-ständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industri-elle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.

Der Kreislauf G ... G´ verschlingt sich einerseits mit der allgemeinen Warenzirkulation, geht aus ihr her-vor und in sie ein, und bildet einen Teil von ihr. Andrerseits bildet er eine eigne selbständige Bewegungdes Kapitalwerts für den individuellen Kapitalisten, eine Bewegung, die teils innerhalb der allgemeinenWarenzirkulation vorgeht, teils außerhalb derselben, die aber stets ihren selbständigen Charakter bewahrt.Erstens dadurch, daß ihre beiden in der Zirkulationssphäre vorgehenden Phasen G - W und W´- G´ alsPhasen der Kapitalbewegung funktionell bestimmte Charaktere <62> besitzen; in G - W ist W stofflichbestimmt als Arbeitskraft und Produktionsmittel; in W´- G´ wird der Kapitalwert realisiert + dem Mehr-wert. Zweitens umschließt P, der Produktionsprozeß, die produktive Konsumtion. Drittens macht dieRückkehr des Geldes zu ihrem Ausgangspunkt die Bewegung G ... G´ zu einer sich in sich selbst ab-schließenden Kreislaufbewegung.

Einerseits bildet also jedes individuelle Kapital in seinen beiden Zirkulationshälften G - W und W´- G´ein Agens der allgemeinen Warenzirkulation, worin es entweder als Geld oder als Ware fungiert oderverkettet ist, und so selbst ein Glied bildet in der allgemeinen Metamorphosenreihe der Warenwelt. And-rerseits beschreibt es innerhalb der allgemeinen Zirkulation seinen eignen selbständigen Kreislauf, worin

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die Produktionssphäre ein Durchgangsstadium bildet, und worin es zu seinem Ausgangspunkt in dersel-ben Form zurückkehrt, in der es ihn verließ. Innerhalb seines eignen Kreislaufs, der seine reale Metamor-phose im Produktionsprozeß einschließt, verändert es zugleich seine Wertgröße. Es kehrt zurück, nichtnur als Geldwert, sondern als vergrößerter, gewachsener Geldwert.

Betrachten wir schließlich G - W ... P ... W´- G´ als spezielle Form des Kreislaufsprozesses des Kapitalsneben den andern später zu untersuchenden Formen, so zeichnet es sich durch folgendes aus.

1. Es erscheint als Kreislauf des Geldkapitals, weil das industrielle Kapital in seiner Geldform, als Geld-kapital, den Ausgangspunkt und den Rückkehrpunkt seines Gesamtprozesses bildet. Die Formel selbstdrückt aus, daß das Geld hier nicht als Geld verausgabt, sondern nur vorgeschossen wird, also nur Geld-form des Kapitals, Geldkapital ist. Sie drückt ferner aus, daß der Tauschwert, nicht der Gebrauchswert,der bestimmende Selbstzweck der Bewegung ist. Eben weil die Geldgestalt des Werts seine selbständige,handgreifliche Erscheinungsform ist, drückt die Zirkulationsform G ... G´, deren Ausgangspunkt undSchlußpunkt wirkliches Geld, das Geldmachen, das treibende Motiv der kapitalistischen Produktion, amhandgreiflichsten aus. Der Produktionsprozeß erscheint nur als unvermeidliches Mittelglied, als notwen-diges Übel zum Behuf des Geldmachens. {Alle Nationen kapitalistischer Produktionsweise werden daherperiodisch von einem Schwindel ergriffen, worin sie ohne Vermittlung des Produktionsprozesses dasGeldmachen vollziehen wollen.}

2. Das Produktionsstadium, die Funktion von P, bildet in diesem Kreislauf die Unterbrechung der zweiPhasen der Zirkulation G - W ... W´- G´, die wieder nur Vermittlung der einfachen Zirkulation G - W -G´. Der Produktionsprozeß erscheint in der Form des Kreislaufsprozesses selbst, <63> formell und aus-drücklich als das, was er in der kapitalistischen Produktionsweise ist, als bloßes Mittel zur Verwertungdes vorgeschoßnen Werts, also die Bereicherung als solche als Selbstzweck der Produktion.

3. Weil die Reihenfolge der Phasen durch G - W eröffnet wird, ist das zweite Glied der Zirkulation W´-G´; also Ausgangspunkt G, das zu verwertende Geldkapital, Schlußpunkt G´, das verwertete GeldkapitalG + g, worin G als realisiertes Kapital neben seinem Sprößling g figuriert. Dies unterscheidet den Kreis-lauf G von den beiden andern Kreisläufen P und W´, und zwar in doppelter Weise. Einerseits durch dieGeldform der beiden Extreme; Geld ist aber die selbständige handgreifliche Existenzform des Werts, derWert des Produkts in seiner selbständigen Wertform, worin alle Spur des Gebrauchswerts der Waren aus-gelöscht ist. Andrerseits wird die Form P ... P nicht notwendig zu P ... P´ (P + p), und in der Form W´...W´ ist überhaupt keine Wertdifferenz zwischen beiden Extremen sichtbar. - Der Formel G ... G´ ist esalso charakteristisch, einerseits, daß der Kapitalwert den Ausgangspunkt und der verwertete Kapitalwertden Rückkehrpunkt bildet, so daß der Vorschuß des Kapitalwerts als Mittel, der verwertete Kapitalwertals Zweck der ganzen Operation erscheint; andrerseits, daß dies Verhältnis in Geldform ausgedrückt ist,der selbständigen Wertform, daher das Geldkapital als Geld heckendes Geld. Die Erzeugung von Mehr-wert durch den Wert ist nicht nur als Alpha und Omega des Prozesses ausgedrückt, sondern ausdrücklichin der blinkenden Geldform.

4. Da G´, das realisierte Geldkapital als Resultat von W´- G´, der ergänzenden und abschließenden Phasevon G - W, sich absolut in derselben Form befindet, worin es seinen ersten Kreislauf eröffnet hat, kann es,sowie es aus demselben hervorgeht, denselben Kreislauf wieder eröffnen als vergrößertes (akkumuliertes)Geldkapital: G´ = G + g; und es ist wenigstens nicht in der Form von G ... G´ ausgedrückt, daß bei Wie-derholung des Kreislaufs die Zirkulation von g sich von der von G trennt. In seiner einmaligen Gestaltbetrachtet, formell, drückt der Kreislauf des Geldkapitals daher nur den Verwertungs- und Akkumulati-onsprozeß aus. Die Konsumtion ist darin nur als produktive Konsumtion ausgedrückt durch G - W , nurdiese ist eingeschlossen in diesen Kreislauf des individuellen Kapitals, G - A ist A - G oder W - G vonseiten des Arbeiters; ist also die erste Phase der Zirkulation, die seine individuelle Konsumtion vermittelt:A - G - W (Lebensmittel). Die zweite Phase G - W fällt nicht mehr in den Kreislauf des individuellenKapitals; aber sie ist durch ihn eingeleitet, von ihm vorausgesetzt, da der Arbeiter, um sich stets als ex-ploitierbarer Stoff des <64> Kapitalisten auf dem Markt zu befinden, vor allen Dingen leben, also sich

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durch individuelle Konsumtion erhalten muß. Aber diese Konsumtion selbst ist hier nur vorausgesetzt alsBedingung der produktiven Konsumtion der Arbeitskraft durch das Kapital, also auch nur, soweit sich derArbeiter durch seine individuelle Konsumtion als Arbeitskraft erhält und reproduziert. Die Pm, die ei-gentlichen Waren aber, die in den Kreislauf eingehn, bilden nur Speisematerial der produktiven Konsum-tion. Der Akt A - G vermittelt die individuelle Konsumtion des Arbeiters, Verwandlung der Lebensmittelin sein Fleisch und Blut. Allerdings muß auch der Kapitalist da sein, also auch leben und konsumieren,um als Kapitalist zu fungieren. Dazu brauchte er in der Tat nur als Arbeiter zu konsumieren, und mehr istdaher in dieser Form des Zirkulationsprozesses nicht vorausgesetzt. Formell ausgedrückt ist selbst dasnicht, da die Formel schließt mit G´, also einem Resultat, das sofort wieder als vergrößertes Geldkapitalfungieren kann.

In W´- G´ ist der Verkauf von W´ direkt enthalten; aber W´- G´, Verkauf von der einen Seite, ist G - W,Kauf von der andern, und die Ware wird endgültig nur ihres Gebrauchswerts wegen gekauft, um (vonZwischenverkäufen abgesehn) in den Konsumtionsprozeß einzugehn, sei dieser nun individuell oder pro-duktiv, je nach der Natur des gekauften Artikels. Aber diese Konsumtion geht nicht ein in den Kreislaufdes individuellen Kapitals, dessen Produkt W´ ist; dies Produkt wird eben als zu verkaufende Ware ausdem Kreislauf abgestoßen. Das W´ ist ausdrücklich bestimmt zu fremder Konsumtion. Wir finden daherbei Dolmetschern des Merkantilsystems (dem die Formel G - W ... P ... W´- G´ zugrunde liegt) sehrweitläufige Predigten darüber, daß der einzelne Kapitalist nur als Arbeiter konsumieren muß, wie dieKapitalistennation den andern dümmern Nationen das Verzehren ihrer Waren und überhaupt den Kon-sumtionsprozeß überlassen, dagegen die produktive Konsumtion zu ihrer Lebensaufgabe machen muß.Diese Predigten erinnern oft der Form und dem Inhalt nach an analoge asketische Ermahnungen der Kir-chenväter.

Der Kreislaufsprozeß des Kapitals ist also Einheit von Zirkulation und Produktion, schließt beide ein.Sofern die beiden Phasen G - W, W´- G´ Zirkulationsvorgänge, bildet die Zirkulation des Kapitals Teilder allgemeinen Warenzirkulation. Aber als funktionell bestimmte Abschnitte, Stadien im Kreislauf desKapitals, der nicht nur der Zirkulationssphäre, <65> sondern auch der Produktionssphäre angehört, voll-zieht das Kapital innerhalb der allgemeinen Warenzirkulation seinen eignen Kreislauf. Die allgemeineWarenzirkulation dient ihm im ersten Stadium dazu, die Gestalt anzunehmen, worin es als produktivesKapital fungieren kann; im Zweiten, die Warenfunktion <1. Auflage: Warenform> abzustoßen, worin esseinen Kreislauf nicht erneuern kann; und zugleich ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seinen eignen Kapi-talkreislauf zu trennen von der Zirkulation des ihm angewachsnen Mehrwerts.

Der Kreislauf des Geldkapitals ist daher die einseitigste, darum schlagendste und charakteristischste Er-scheinungsform des Kreislaufs des industriellen Kapitals, dessen Ziel und treibendes Motiv: Verwertungdes Werts, Geldmachen und Akkumulation, in die Augen springend dargestellt wird (kaufen, um teurer zuverkaufen). Dadurch, daß die erste Phase G - W ist, tritt auch hervor die Herkunft der Bestandteile desproduktiven Kapitals aus dem Warenmarkt, wie überhaupt die Bedingtheit des kapitalistischen Produkti-onsprozesses durch die Zirkulation, den Handel. Der Kreislauf des Geldkapitals ist nicht nur Warenpro-duktion; er kommt selbst nur durch die Zirkulation zustande, er setzt sie voraus. Es liegt dies schon darin,daß die der Zirkulation angehörige Form G als erste und reine Form des vorgeschoßnen Kapitalwertserscheint, was in den beiden andern Kreislaufsformen nicht der Fall.

Der Kreislauf des Geldkapitals bleibt insofern stets der allgemeine Ausdruck des industriellen Kapitals,als er stets Verwertung des vorgeschossenen Werts einschließt. In P ... P tritt der Geldausdruck des Kapi-tals nur als Preis der Produktionselemente hervor, also nur als in Rechengeld ausgedrückter Wert, undwird in dieser Form festgehalten in der Buchhaltung.

Besondere Form des Kreislaufs des industriellen Kapitals wird G ... G´, soweit neu auftretendes Kapitalzuerst als Geld vorgeschossen und in derselben Form zurückgezogen wird, sei es beim Übertritt aus ei-nem Geschäftszweig in den andern, sei es beim Rücktritt des industriellen Kapitals aus dem Geschäft. Es

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schließt dies ein die Kapitalfunktion des zuerst in Geldform vorgeschoßnen Mehrwerts, und tritt amschlagendsten hervor, wenn dieser in einem andern Geschäft fungiert als dem, woraus er herkommt. G ...G´ kann erster Kreislauf eines Kapitals sein; es kann letzter sein; es kann als Form des gesellschaftlichenGesamtkapitals gelten; es ist die Form von Kapital, das neu angelegt wird, sei es als in Geldform neuakkumuliertes Kapital, sei es als altes Kapital, das ganz in Geld verwandelt wird zur Übertragung auseinem Produktionszweig in den andern.

<66> Als stets in allen Kreisläufen einbegriffne Form vollzieht das Geldkapital diesen Kreislauf geradefür den Teil des Kapitals, der den Mehrwert erzeugt, das variable Kapital. Die normale Form des Vor-schusses des Arbeitslohns ist Zahlung in Geld; dieser Prozeß muß in kürzeren Terminen stets erneuertwerden, weil der Arbeiter von der Hand in den Mund lebt. Dem Arbeiter muß der Kapitalist daher be-ständig als Geldkapitalist, und sein Kapital als Geldkapital gegenübertreten. Es kann hier nicht, wie beimKauf der Produktionsmittel und Verkauf der produktiven Waren, direkte oder indirekte Ausgleichungstattfinden (so daß die größere Masse des Geldkapitals tatsächlich nur in Form von Waren, das Geld nurin der Form des Rechengelds, und schließlich bar nur für Ausgleichung der Bilanzen figuriert). Andrer-seits wird ein Teil des aus dem variablen Kapital entspringenden Mehrwerts vom Kapitalisten verausgabtfür seine Privatkonsumtion, die dem Kleinhandel angehört und, auf welchen Umwegen immer, bar, in derGeldform des Mehrwerts verausgabt wird. Wie groß oder klein dieser Teil des Mehrwerts sei, ändertnichts an der Sache. Fortwährend erscheint von neuem das variable Kapital als im Arbeitslohn angelegtesGeldkapital (G - A) und g als Mehrwert, der zur Bestreitung der Privatbedürfnisse des Kapitalisten ver-ausgabt wird. Also G als vorgeschoßner variabler Kapitalwert und g als sein Zuwachs, beide in Geldformnotwendig festgehalten, um in solcher verausgabt zu werden.

Die Formel G - W ... P ... W´- G´, mit dem Resultat G´ = G + g, schließt in ihrer Form eine Täuschungein, trägt einen illusorischen Charakter, der aus dem Dasein des vorgeschoßnen und verwerteten Werts inseiner Äquivalentform, dem Geld, entspringt. Der Akzent liegt nicht auf Verwertung des Werts, sondernauf der Geldform dieses Prozesses, darauf, daß mehr Wert in Geldform schließlich aus der Zirkulationgezogen wird, als ihr ursprünglich vorgeschossen ward, also auf Vermehrung der dem Kapitalisten gehö-rigen Gold- und Silbermasse. Das sogenannte Monetärsystem ist bloß Ausdruck der begriffslosen Form G- W - G´, einer Bewegung, die ausschließlich in der Zirkulation verläuft und daher die beiden Akte: 1) G -W, 2) W - G´ nur dadurch erklären kann, daß W im zweiten Akt über seinen Wert verkauft wird, dahermehr Geld der Zirkulation entzieht, als durch seinen Kauf in sie hineingeworfen ward. Dagegen G - W ...P ... W´- G´, als ausschließliche Form fixiert, liegt dem entwickelteren Merkantilsystem zugrund, wonicht nur Warenzirkulation, sondern auch Warenproduktion als notwendiges Element erscheint.

Der illusorische Charakter von G - W ... P ... W´- G´, und die ihr entsprechende illusorische Deutung istda, sobald diese Form als einmalige <67> fixiert wird, nicht als fließende, beständig sich erneuernde;sobald sie daher nicht als eine der Formen des Kreislaufs, sondern als seine ausschließliche gilt. Sie weistaber selbst auf andre Formen hin.

Erstens setzt dieser ganze Kreislauf den kapitalistischen Charakter des Produktionsprozesses selbst vor-aus, und als Basis daher diesen Produktionsprozeß nebst dem spezifischen, durch ihn bedingten Gesell-schaftszustand. G - W = G - W ; aber G - A unterstellt den Lohnarbeiter, und daher die Produktionsmittelals Teil des produktiven Kapitals, daher den Arbeits- und Verwertungsprozeß, den Produktionsprozeßschon als Funktion des Kapitals.

Zweitens: Wird G ... G´ wiederholt, so erscheint die Rückkehr zur Geldform ebenso verschwindend, wiedie Geldform im ersten Stadium. G - W verschwindet, um P Platz zu machen. Der beständige Wiedervor-schuß in Geld, ebensosehr wie seine beständige Rückkehr als Geld, erscheinen selbst als nur im Kreislaufverschwindende Momente.

Drittens:

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Schon bei der zweiten Wiederholung des Kreislaufs erscheint der Kreislauf P ... W´- G´. G - W ... P, be-vor der zweite Kreislauf von G vollendet ist, und alle ferneren Kreisläufe können so unter der Form P ...W´- G - W ... P betrachtet werden, so daß G - W als erste Phase des ersten Kreislaufs nur die verschwin-dende Vorbereitung des sich stets wiederholenden Kreislaufs des produktiven Kapitals bildet, wie dies inder Tat der Fall bei zum ersten Mal in der Form von Geldkapital angelegtem, industriellem Kapital.

Andrerseits, bevor der zweite Kreislauf von P vollendet, ist der erste Kreislauf W´- G´. G - W ... P ... W´(abgekürzt W´... W´) beschrieben, der Kreislauf des Warenkapitals. So enthält die erste Form schon diebeiden andern und es verschwindet so die Geldform, soweit sie nicht bloßer Wertausdruck, sondern Wer-tausdruck in der Äquivalentform, in Geld.

Endlich: Nehmen wir ein neu auftretendes einzelnes Kapital, welches zum ersten Mal den Kreislauf G -W ... P ... W´- G beschreibt, so ist G - W die Vorbereitungsphase, der Vorläufer des ersten Produktions-prozesses, den dies einzelne Kapital durchmacht. Diese Phase G - W ist daher nicht vorausgesetzt, son-dern wird vielmehr durch den Produktionsprozeß gesetzt oder bedingt. Aber dies gilt nur für dies einzelneKapital. Allgemeine Form des Kreislaufs des industriellen Kapitals ist der Kreislauf des Geldkapitals,soweit die kapitalistische Produktionsweise vorausgesetzt ist, also innerhalb <68> eines durch die kapita-listische Produktion bestimmten Gesellschaftszustandes. Der kapitalistische Produktionsprozeß ist daherals ein prius vorausgesetzt, wenn nicht in dem ersten Kreislauf des Geldkapitals eines neu angelegtenindustriellen Kapitals, so außerhalb desselben; das beständige Dasein dieses Produktionsprozesses unter-stellt den beständig erneuerten Kreislauf von P ... P. Innerhalb des ersten Stadiums G - W tritt diese Vor-aussetzung selbst schon auf, indem dies einerseits das Dasein der Lohnarbeiterklasse voraussetzt; indemandrerseits das, was erstes Stadium G - W für den Käufer der Produktionsmittel, W´- G´ für ihren Ver-käufer ist, also in W´ das Warenkapital, somit die Ware selbst als Resultat der kapitalistischen Produkti-on, und damit die Funktion des produktiven Kapitals voraussetzt.

Fußnoten

(1) Aus Ms. II.

(2) Von hier an Ms. VII, angefangen 2. Juli 1878.

(4) Bis hierher Manuskript VI. Von hier an Manuskript V.

(5) Dies gilt, einerlei in welcher Weise wir Kapitalwert und Mehrwert trennen. In 10.000 Pfund Garnsteckt 1.560 Pfund = 78 Pfd.St. Mehrwert, aber in 1 Pfund Garn = 1 Shilling steckt ebenfalls 2.496 Unzen= 1,872 Penny Mehrwert.

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. Erstes Stadium. G - W

G - W stellt den Umsatz einer Geldsumme in eine Summe von Waren dar; für den Käufer Verwandlungseines Geldes in Ware, für die Verkäufer Verwandlung ihrer Waren in Geld. Was aus diesem Vorgang derallgemeinen Warenzirkulation zugleich einen funktionell bestimmten Abschnitt im selbständigen Kreis-lauf eines individuellen Kapitals macht, ist zunächst nicht die Form des Vorgangs, sondern sein stoffli-cher Gehalt, der spezifische Gebrauchscharakter der Waren, welche den Platz mit dem Gelde wechseln.Es sind einerseits Produktionsmittel, andrerseits Arbeitskraft, sachliche und persönliche Faktoren derWarenproduktion, deren besondre Art natürlich der Sorte des herzustellenden Artikels entsprechen muß.Nennen wir die Arbeitskraft A, die Produktionsmittel Pm, so ist die zu kaufende Warensumme W = A +Pm, oder kürzer W . G - W, seinem Inhalt nach betrachtet, stellt sich also dar als G - W ; d.h. G - W zer-fällt in G - A und G - Pm; die Geldsumme G spaltet sich in zwei Teile, wovon der eine Arbeitskraft, derandre Produktionsmittel kauft. Diese beiden Reihen von Käufen gehören ganz und gar verschiednenMärkten an, die eine dem eigentlichen Warenmarkt, die andre dem Arbeit smarkt.

Außer dieser qualitativen Spaltung der Warensumme, worin G umgesetzt wird, stellt G - W aber noch einhöchst charakteristisches quantitatives Verhältnis dar.

Wir wissen, daß der Wert, resp. Preis der Arbeitskraft ihrem Inhaber, der sie als Ware feilhält, in derForm von Arbeitslohn bezahlt wird, d.h. als Preis einer Arbeitssumme, die Mehrarbeit enthält; so daß,wenn z.B. der Tageswert der Arbeitskraft = 3 Mark, dem Produkt fünfstündiger Arbeit, diese Summe indem Kontrakt zwischen Käufer und Verkäufer figuriert als der Preis oder Lohn, sage für zehnstündigeArbeit. Wurde ein solcher Kontrakt z.B. mit 50 Arbeitern geschlossen, so haben sie zusammen dem Käu-fer <33> während eines Tages 500 Arbeitsstunden zu liefern, wovon die Hälfte, 250 Arbeitsstunden = 25zehnstündigen Arbeitstagen, bloß aus Mehrarbeit besteht. Quantum wie Umfang der zu kaufenden Pro-duktionsmittel müssen hinreichen zur Anwendung dieser Arbeitsmasse.

G - W drückt also nicht nur das qualitative Verhältnis aus, daß eine bestimmte Geldsumme, z.B. 422Pfd.St., in einander entsprechende Produktionsmittel und Arbeitskraft umgesetzt wird, sondern auch einquantitatives Verhältnis zwischen den in Arbeitskraft A und den in Produktionsmitteln Pm ausgelegtenTeilen des Geldes, ein Verhältnis, von vornherein bestimmt durch die Summe der von einer bestimmtenArbeiterzahl zu verausgabenden überschüssigen Mehrarbeit.

Wenn also z.B. in einer Spinnerei der Wochenlohn der 50 Arbeiter 50 Pfd.St. beträgt, müssen 372 Pfd.St.in Produktionsmitteln verausgabt werden, falls dies der Wert der Produktionsmittel, welche die Wochen-arbeit von 3.000 Stunden, wovon 1.500 Stunden Mehrarbeit, in Garn verwandelt.

Wieweit in verschiednen Industriezweigen die Anwendung zuschüssiger Arbeit einen Wertzuschuß in derForm von Produktionsmitteln bedingt, ist hier ganz gleichgültig. Es handelt sich nur darum, daß unterallen Umständen der in Produktionsmitteln verausgabte Teil des Geldes - die in G - Pm gekauften Pro-duktionsmittel - hinreichen, also von vornherein darauf berechnet, in entsprechender Proportion beschafftsein müssen. Oder die Masse der Produktionsmittel muß hinreichen, um die Arbeitsmasse zu absorbieren,um durch sie in Produkt verwandelt zu werden. Wären nicht hinreichend Produktionsmittel vorhanden, sowäre die überschüssige Arbeit, über die der Käufer verfügt, nicht verwendbar; sein Verfügungsrecht dar-über führte zu nichts. Wären mehr Produktionsmittel vorhanden als verfügbare Arbeit, so blieben sie un-gesättigt mit Arbeit, würden nicht in Produkt verwandelt.

Sobald G - W vollzogen, verfügt der Käufer nicht nur über die zur Produktion eines nützlichen Artikelsnötigen Produktionsmittel und Arbeitskraft. Er verfügt über eine größere Flüssigmachung der Arbeits-kraft, oder größeres Quantum Arbeit, als zum Ersatz des Werts der Arbeitskraft nötig, und zugleich überdie Produktionsmittel, erheischt zur Verwirklichung oder Vergegenständlichung dieser Arbeitssumme: erverfügt also über die Faktoren der Produktion von Artikeln von größerem Wert als dem ihrer Produktion-selemente, oder einer Mehrwert enthaltenden Warenmasse. Der von ihm in Geldform vorgeschoßne Wert

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befindet sich also jetzt in einer Naturalform, worin er als Mehrwert (in Gestalt von Waren) heckenderWert verwirklicht werden kann. In andern Worten: er befindet sich in dem <34> Zustand oder der Formvon produktivem Kapital, welches die Fähigkeit hat, als Wert und Mehrwert schaffend zu fungieren. Ka-pital in dieser Form heiße P.

Der Wert von P ist aber = Wert von A + Pm, = dem in A und Pm umgesetzten G. G ist derselbe Kapital-wert wie P, nur in verschiedner Existenzweise, nämlich Kapitalwert in Geldzustand oder Geldform -Geldkapital.

G - W oder seiner allgemeinen Form nach G - W, Summe von Warenkäufen, dieser Vorgang der allge-meinen Warenzirkulation ist daher zugleich, als Stadium im selbständigen Kreislaufsprozeß des Kapitals,Verwandlung des Kapitalwerts aus seiner Geldform in seine produktive Form, oder kürzer Verwandlungvon Geldkapital in produktives Kapital. In der hier zunächst betrachteten Figur des Kreislaufs erscheintalso Geld als der erste Träger des Kapitalwerts, daher Geldkapital als die Form, worin das Kapital vorge-schossen wird.

Als Geldkapital befindet es sich in einem Zustand, worin es Geldfunktionen vollziehen kann, wie im vor-liegenden Fall die Funktionen des allgemeinen Kaufmittels und des allgemeinen Zahlungsmittels. (Letz-tres, sofern die Arbeitskraft zwar zuerst gekauft, aber erst gezahlt wird, nachdem sie gewirkt hat. Soweitdie Produktionsmittel nicht fertig auf dem Markt vorhanden, sondern erst zu bestellen sind, wirkt dasGeld bei G - Pm ebenfalls als Zahlungsmittel.) Diese Fähigkeit entspringt nicht daraus, daß das Geldka-pital Kapital, sondern daraus, daß es Geld ist.

Andrerseits kann der Kapitalwert im Geldzustand auch nur Geldfunktionen, und keine andern, verrichten.Was diese letztren zu Kapitalfunktionen macht, ist ihre bestimmte Rolle in der Bewegung des Kapitals,daher auch der Zusammenhang des Stadiums, worin sie erscheinen, mit den andern Stadien seines Kreis-laufs. Z.B. im Fall, der uns zunächst vorliegt, wird Geld umgesetzt in Waren, deren Verbindung die Natu-ralform des produktiven Kapitals bildet, die also latent, der Möglichkeit nach, bereits das Resultat deskapitalistischen Produktionsprozesses in sich birgt.

Ein Teil des Geldes, welches in G - W die Funktion von Geldkapital verrichtet, geht durch die Vollzie-hung dieser Zirkulation selbst in eine Funktion über, worin sein Kapitalcharakter verschwindet und seinGeldcharakter bleibt. Die Zirkulation des Geldkapitals G zerfällt in G - Pm und G - A, Kauf von Produk-tionsmitteln und Kauf von Arbeitskraft. Betrachten wir den letztem Vorgang für sich. G - A ist Kauf vonArbeitskraft seitens des Kapitalisten; es ist Verkauf der Arbeitskraft - wir können hier sagen der Arbeit,da die Form des Arbeitslohns vorausgesetzt - von seiten des Arbeiters, des Inhabers der Arbeitskraft. Wasfür den Käufer G - W (= G - A), ist hier, wie bei jedem Kauf, für den Verkäufer (den Arbeiter) A - G (=W - G), <35> Verkauf seiner Arbeitskraft. Dies ist das erste Zirkulationsstadium oder die erste Metamor-phose der Ware (Buch I, Kap. III, 2a); es ist, seitens des Verkäufers der Arbeit, Verwandlung seiner Warein ihre Geldform. Das so erhaltne Geld verausgabt der Arbeiter nach und nach in einer Summe von Wa-ren, die seine Bedürfnisse befriedigen, in Konsumtionsartikeln. Die Gesamtzirkulation seiner Ware stelltsich also dar als A - G - W, d.h. erstens A - G (= W - G) und zweitens G - W, also in der allgemeinenForm der einfachen Warenzirkulation W - G - W, wo das Geld als bloßes verschwinden des Zirkulati-onsmittel, als bloßer Vermittler des Umsatzes von Ware gegen Ware figuriert.

G - A ist das charakteristische Moment der Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital, weil esdie wesentliche Bedingung, damit der in Geldform vorgeschoßne Wert sich wirklich in Kapital, in Mehr-wert produzierenden Wert verwandle. G - Pm ist nur notwendig, um die durch G - A gekaufte Arbeit s-masse zu realisieren. G - A wurde daher von diesem Gesichtspunkt aus dargestellt in Buch I, Abschn. II,Verwandlung von Geld in Kapital. Die Sache ist hier noch von einem andern Gesichtspunkt aus zu be-trachten, mit speziellem Bezug auf das Geldkapital als Erscheinungsform des Kapitals.

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G - A wird allgemein als charakteristisch angesehn für die kapitalistische Produktionsweise. Aber kei-neswegs aus dem angegebnen Grund, weil der Kauf der Arbeitskraft ein Kaufkontrakt ist, worin die Lie-ferung eines größern Quantums Arbeit bedungen wird, als zum Ersatz des Preises der Arbeitskraft, desArbeitslohns, nötig ist; also Lieferung von Mehrarbeit, die Grundbedingung für die Kapitalisation desvorgeschoßnen Werts, oder was dasselbe, für Produktion von Mehrwert. Sondern vielmehr seiner Formhalber, weil in der Form des Arbeitslohns mit Geld Arbeit gekauft wird, und dies gilt als Merkmal derGeldwirtschaft.

Hier ist es wieder nicht das Irrationelle der Form, welches für charakteristisch gilt. Dies Irrationelle wirdvielmehr übersehn. Das Irrationelle besteht darin, daß die Arbeit als wertbildendes Element selbst keinenWert besitzen, also auch ein bestimmtes Quantum Arbeit keinen Wert haben kann, der sich in ihrem Prei-se ausdrückt, in ihrer Äquivalenz mit einem bestimmten Quantum Geld. Aber wir wissen, daß der Ar-beitslohn bloß eine verkleidete Form ist, eine Form, worin z.B. der Tagespreis der Arbeitskraft sich alsPreis der während eines Tages von dieser Arbeitskraft flüssig gemachten Arbeit darstellt, so daß also etwader in 6 Stunden Arbeit von dieser Arbeitskraft produzierte Wert als Wert ihrer zwölfstündigen Funktionoder Arbeit ausgedrückt wird.

<36> G - A gilt als das Charakteristische, als die Signatur der sog. Geldwirtschaft, weil die Arbeit hier alsWare ihres Besitzers erscheint, das Geld daher als Käufer - also wegen des Geldverhältnisses (d.h. Kaufund Verkauf von menschlicher Tätigkeit). Nun aber erscheint das Geld schon sehr früh als Käufer soge-nannter Dienste, ohne daß G sich in Geldkapital verwandelte oder der allgemeine Charakter der Wirt-schaft umgewälzt würde.

Dem Geld ist es durchaus gleichgültig, in welche Sorte von Waren es verwandelt wird. Es ist die allge-meine Äquivalentform aller Waren, die in ihren Preisen schon zeigen, daß sie ideell eine bestimmte Geld-summe darstellen, ihre Verwandlung in Geld erwarten, und nur durch ihren Stellenwechsel mit Geld dieForm erhalten, worin sie in Gebrauchswerte für ihre Besitzer umsetzbar sind. Findet sich also auf demMarkt die Arbeitskraft einmal als Ware ihres Besitzers vor, deren Verkauf unter der Form der Zahlung fürArbeit geschieht, in Gestalt des Arbeitslohns, so stellt ihr Kauf und Verkauf nichts Auffallenderes dar alsder Kauf und Verkauf jeder andern Ware. Nicht, daß die Ware Arbeitskraft käuflich ist, sondern daß dieArbeitskraft als Ware erscheint, ist das Charakteristische.

Durch G - W , die Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital, bewirkt der Kapitalist die Ver-bindung der gegenständlichen und persönlichen Faktoren der Produktion, soweit diese Faktoren aus Wa-ren bestehn. Wird Geld zum ersten Mal in produktives Kapital verwandelt, oder fungiert es für seinenBesitzer zum ersten Mal als Geldkapital, so muß er erst die Produktionsmittel kaufen, Arbeitsgebäude,Maschinen etc., ehe er die Arbeitskraft kauft; denn sobald letztre in seine Botmäßigkeit übergeht, müssendie Produktionsmittel da sein, um sie als Arbeitskraft anwenden zu können.

So stellt sich die Sache von seiten des Kapitalisten dar.

Von seiten des Arbeiters: Die produktive Betätigung seiner Arbeitskraft wird erst möglich von dem Au-genblick, wo sie infolge ihres Verkaufs in Verbindung mit den Produktionsmitteln gesetzt wird. Sie exi-stiert also vor dem Verkauf getrennt von den Produktionsmitteln, von den gegenständlichen Bedingungenihrer Betätigung. In diesem Zustand der Trennung kann sie weder direkt verwandt werden zur Produktionvon Gebrauchswerten für ihren Besitzer, noch zur Produktion von Waren, von deren Verkauf dieser lebenkönnte. Sobald sie aber durch ihren Verkauf in Verbindung mit den Produktionsmitteln gesetzt ist, bildetsie einen Bestandteil des produktiven Kapitals ihres Käufers, ebensogut wie die Produktionsmittel.

Obgleich daher in dem Akt G - A Geldbesitzer und Arbeitskraftbesitzer sich nur als Käufer und Verkäuferzueinander verhalten, als Geldbesitzer <37> und Warenbesitzer einander gegenübertreten, sich also nachdieser Seite hin in bloßem Geldverhältnis zueinander befinden, - so tritt doch der Käufer von vornhereinzugleich als Besitzer der Produktionsmittel auf, welche die gegenständlichen Bedingungen der produkti-

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ven Verausgabung der Arbeitskraft durch ihren Besitzer bilden. Mit andern Worten: diese Produktions-mittel treten dem Besitzer der Arbeitskraft gegenüber als fremdes Eigentum. Andrerseits steht der Ver-käufer der Arbeit ihrem Käufer gegenüber als fremde Arbeitskraft, die in seine Botmäßigkeit übergehn,seinem Kapital einverleibt werden muß, damit dies wirklich als produktives Kapital sich betätige. DasKlassenverhältnis zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter ist also schon vorhanden, schon vorausgesetzt, indem Augenblick, wo beide in dem Akt G - A (A - G von Seiten des Arbeiters) sich gegenübertreten. Es istKauf und Verkauf, Geldverhältnis, aber ein Kauf und Verkauf, wo der Käufer als Kapitalist und der Ver-käufer als Lohnarbeiter vorausgesetzt wird, und dies Verhältnis ist damit gegeben, daß die Bedingungenzur Verwirklichung der Arbeitskraft - Lebensmittel und Produktionsmittel - getrennt sind als fremdesEigentum von dem Besitzer der Arbeitskraft.

Wie diese Trennung entsteht, beschäftigt uns hier nicht. Sie existiert, sobald G - A vollzogen wird. Wasuns hier interessiert, ist: Wenn G - A als eine Funktion des Geldkapitals erscheint, oder Geld hier als Exi-stenzform des Kapitals, so keineswegs bloß, weil das Geld hier auftritt als Zahlungsmittel für einemenschliche Tätigkeit, die einen Nutzeffekt hat, für einen Dienst; also keineswegs durch die Funktion desGeldes als Zahlungsmittel. Das Geld kann in dieser Form nur verausgabt werden, weil die Arbeitskraft imZustand der Trennung von ihren Produktionsmitteln (einschließlich der Lebensmittel als Produktionsmit-tel der Arbeitskraft selbst) sich befindet; und weil diese Trennung nur dadurch aufgehoben wird, daß dieArbeitskraft an den Inhaber der Produktionsmittel verkauft wird; daß also auch die Flüssigmachung derArbeitskraft, deren Grenzen keineswegs mit den Grenzen der zur Reproduktion ihres eignen Preises nöti-gen Arbeitsmasse zusammenfallen, dem Käufer gehört. Das Kapitalverhältnis während des Produktions-prozesses kommt nur heraus, weil es an sich im Zirkulationsakt existiert, in den unterschiednen ökonomi-schen Grundbedingungen, worin Käufer und Verkäufer sich gegenübertreten, in ihrem Klassenverhältnis.Es ist nicht das Geld, mit dessen Natur das Verhältnis gegeben ist; es ist vielmehr das Dasein dieses Ver-hältnisses, das eine bloße Geldfunktion in eine Kapitalfunktion verwandeln kann.

Bei Auffassung des Geldkapitals (wir haben mit diesem einstweilen nur zu tun innerhalb der bestimmtenFunktion, in der es uns hier gegenüber- <38> tritt) laufen gewöhnlich zwei Irrtümer neben- oder durch-einander. Erstens: Die Funktionen, die der Kapitalwert als Geldkapital verrichtet, und die er eben ver-richten kann, weil er sich in Geldform befindet, werden irrtümlich aus seinem Kapitalcharakter abgeleitet,während sie nur dem Geldzustand des Kapitalwerts geschuldet sind, seiner Erscheinungsform als Geld.Und zweitens umgekehrt: Der spezifische Gehalt der Geldfunktion, der sie zugleich zu einer Kapitalfunk-tion macht, wird aus der Natur des Geldes hergeleitet (Geld daher mit Kapital verwechselt), während siegesellschaftliche Bedingungen voraussetzt, wie hier in Vollziehung von G - A, die in bloßer Waren- undentsprechender Geldzirkulation keineswegs gegeben sind.

Auch der Kauf und Verkauf von Sklaven ist seiner Form nach Warenkauf und -verkauf. Ohne Existenzder Sklaverei kann Geld aber nicht diese Funktion vollziehn. Ist Sklaverei da, so kann Geld im Ankaufvon Sklaven ausgelegt werden. Umgekehrt reicht Geld in der Hand des Käufers keineswegs hin, umSklaverei zu ermöglichen.

Daß der Verkauf der eignen Arbeitskraft (in der Form des Verkaufs der eignen Arbeit oder des Arbeits-lohns) nicht als isolierte Erscheinung, sondern als gesellschaftlich maßgebende Voraussetzung der Pro-duktion von Waren sich darstelle, daß also das Geldkapital auf gesellschaftlicher Stufenleiter die hierbetrachtete Funktion G - W vollziehe, - dies unterstellt historische Prozesse, durch welche die ursprüngli-che Verbindung der Produktionsmittel mit der Arbeitskraft aufgelöst wurde; Prozesse, infolge deren dieMasse des Volks, die Arbeiter, als Nichteigentümer und die Nichtarbeiter als Eigentümer dieser Produkti-onsmittel sich gegenüberstehn. Wobei es nichts zur Sache tut, ob die Verbindung vor ihrer Zersetzung dieForm besaß, daß der Arbeiter selbst als Produktionsmittel zu den andern Produktionsmitteln gehörte, oderob er deren Eigner war.

Der Tatbestand, der hier also dem Akt G - W zugrunde liegt, ist die Verteilung; nicht die Verteilung imgewöhnlichen Sinn als Verteilung der Konsumtionsmittel, sondern die Verteilung der Elemente der Pro-

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duktion selbst, von denen die gegenständlichen Faktoren auf der einen Seite konzentriert sind, die Ar-beitskraft davon isoliert auf der andern.

Die Produktionsmittel, der gegenständliche Teil des produktiven Kapitals, müssen also dem Arbeiterschon als solche, als Kapital gegenüberstehn, bevor der Akt G - A ein allgemein gesellschaftlicher Aktwerden kann.

Wir haben früher <Siehe Band 23, 7. Abschnitt, S. 589-802> gesehn, daß die kapitalistische Produktion,einmal etabliert, in ihrer Entwicklung nicht nur diese Trennung reproduziert, <39> sondern sie auf stetsgrößern Umfang erweitert, bis sie der allgemein herrschende gesellschaftliche Zustand geworden. DieSache bietet aber noch eine andre Seite dar. Damit das Kapital sich bilden und sich der Produktion be-mächtigen kann, ist eine gewisse Entwicklungsstufe des Handels vorausgesetzt, also auch der Warenzir-kulation und damit der Warenproduktion; denn es können nicht Artikel als Waren in die Zirkulation ein-gehn, sofern sie nicht für den Verkauf, also als Waren, produziert werden. Als normaler, herrschenderCharakter der Produktion erscheint die Warenproduktion aber erst auf Grundlage der kapitalistischenProduktion.

Die russischen Grundeigentümer, die infolge der sog. Bauernemanzipation ihre Landwirtschaft jetzt mitLohnarbeitern statt mit leibeignen Zwangsarbeitern betreiben, klagen über zweierlei: Erstens über Mangelan Geldkapital. So heißt es z.B.: Bevor man die Ernte verkauft, habe man Lohnarbeitern in größeremUmfang zu zahlen, und da fehle es an der ersten Bedingung, an Barem. Kapital in der Form von Geldmuß gerade zur Zahlung des Arbeitslohns beständig vorhanden sein, um die Produktion kapitalistisch zubetreiben. Doch darüber mögen sich die Grundbesitzer trösten. Mit der Zeit pflückt man Rosen, und ver-fügt der industrielle Kapitalist nicht nur über sein eignes Geld, sondern auch über l´argent des autres <dasGeld der anderen>.

Charakteristischer aber ist die zweite Klage, nämlich: daß, wenn man auch Geld habe, man nicht in hin-reichendem Umfang und zu beliebiger Zeit die zu kaufenden Arbeitskräfte disponibel finde, indem derrussische Landarbeiter infolge des Gemeineigentums der Dorfgemeinde an Grund und Boden noch nichtvöllig von seinen Produktionsmitteln getrennt, daher noch kein "freier Lohnarbeiter" im vollen Sinne desWorts ist. Aber das Vorhandensein des letztren auf gesellschaftlicher Stufenleiter ist unerläßliche Bedin-gung, damit G - W, Verwandlung von Geld in Ware, als Verwandlung von Geldkapital in produktivesKapital, darstellbar sei.

Es versteht sich daher von selbst, daß die Formel für den Kreislauf des Geldkapitals: G - W ... P ... W´- G´selbstverständliche Form des Kapitalkreislaufs nur auf Grundlage schon entwickelter kapitalistischer Pro-duktion ist, weil sie das Vorhandensein der Lohnarbeiterklasse auf gesellschaftlicher Stufe voraussetzt.Die kapitalistische Produktion, wie wir gesehn, produziert nicht nur Ware und Mehrwert; sie reproduziert,und in stets erweitertem Umfang, die Klasse der Lohnarbeiter und verwandelt die ungeheure Majorität derunmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter. G - W ... P ... W´- G´, da die erste Voraussetzung seinesVerlaufs das beständige Vor- <40> handensein der Lohnarbeiterklasse, unterstellt daher schon das Kapitalin der Form des produktiven Kapitals, und daher die Form des Kreislaufs des produktiven Kapitals.

II. Zweites Stadium. Funktion des produktiven Kapitals

Der hier betrachtete Kreislauf des Kapitals beginnt mit dem Zirkulationsakt G - W, der Verwandlung vonGeld in Ware, Kauf. Die Zirkulation muß also ergänzt werden durch die entgegengesetzte MetamorphoseW - G, Verwandlung von Ware in Geld, Verkauf. Aber das unmittelbare Resultat von G - W ist die Un-terbrechung der Zirkulation des in Geldform vorgeschoßnen Kapitalwerts. Durch die Verwandlung vonGeldkapital in produktives Kapital hat der Kapitalwert eine Naturalform erhalten, worin er nicht fortzir-kulieren kann, sondern in die Konsumtion, nämlich in die produktive Konsumtion, eingehn muß. DerGebrauch der Arbeitskraft, die Arbeit, kann nur im Arbeitsprozeß realisiert werden. Der Kapitalist kannden Arbeiter nicht wieder als Ware verkaufen, da dieser nicht sein Sklave ist, und jener weiter nichts ge-

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kauft hat, als die Vernutzung seiner Arbeitskraft auf bestimmte Zeit. Er kann andrerseits die Arbeitskraftnur vernutzen, indem er durch sie die Produktionsmittel als Warenbildner vernutzen läßt. Das Resultat desersten Stadiums ist also der Eintritt in das zweite, das produktive Stadium des Kapitals.

Die Bewegung stellt sich dar als G - W ... P, wo die Punkte andeuten, daß die Zirkulation des Kapitalsunterbrochen ist, sein Kreislaufsprozeß aber fortdauert, indem es aus der Sphäre der Warenzirkulation indie Produktionssphäre eintritt. Das erste Stadium, die Verwandlung von Geldkapital in produktives Ka-pital, erscheint also nur als Vorläufer und Einleitungsphase des zweiten Stadiums, der Funktion des pro-duktiven Kapitals.

G - W setzt voraus, daß das Individuum, welches diesen Akt vollzieht, nicht nur über Werte in beliebigerGebrauchsform verfügt, sondern daß es diese Werte in Geldform besitzt, daß es Geldbesitzer ist. Der Aktbesteht aber gerade in der Weggabe des Geldes, und jener kann nur Geldbesitzer bleiben, soweit ihm dasGeld implizite durch den Akt der Weggabe selbst zurückströmt. Geld kann ihm aber nur zurückfließendurch den Verkauf von Waren. Der Akt setzt ihn also voraus als Warenproduzenten.

G - A. Der Lohnarbeiter lebt nur vom Verkauf der Arbeitskraft. Ihre Erhaltung - seine Selbsterhaltung -erfordert tägliche Konsumtion. Seine <41> Zahlung muß also beständig in kürzern Terminen wiederholtwerden, damit er die zu seiner Selbsterhaltung nötigen Einkäufe - den Akt A - G - W oder W - G - W -wiederholen kann. Der Kapitalist muß ihm daher beständig als Geldkapitalist und sein Kapital als Geld-kapital gegenübertreten. Andrerseits aber, damit die Masse der unmittelbaren Produzenten, der Lohnar-beiter, den Akt A - G - W vollziehn könne, müssen ihr die notwendigen Lebensmittel in käuflicher, d.h. inWarenform, beständig gegenübertreten. Dieser Zustand erheischt also schon einen hohen Grad der Zir-kulation der Produkte als Waren, also auch des Umfangs der Warenproduktion. Sobald die Produktionvermittelst Lohnarbeit allgemein, muß die Warenproduktion die allgemeine Form der Produktion sein.Diese als allgemein vorausgesetzt, bedingt ihrerseits eine stetig wachsende Teilung der gesellschaftlichenArbeit, d.h. stets größre Besondrung des Produkts, das als Ware von einem bestimmten Kapitalisten pro-duziert wird, stets größre Spaltung sich ergänzender Produktionsprozesse in verselbständigte. In demsel-ben Grad wie G - A entwickelt sich daher G - Pm; d.h. in demselben Umfang trennt sich die Produktionder Produktionsmittel von der der Ware, deren Produktionsmittel sie sind, und treten diese jedem Waren-produzenten selbst als Waren gegenüber, die er nicht produziert, sondern zum Behuf seines bestimmtenProduktionsprozesses kauft. Sie kommen her aus, von dem seinen vollständig getrennten, selbständigbetriebnen Produktionszweigen, und gehn ein in seinen Produktionszweig als Waren, müssen daher ge-kauft werden. Die sachlichen Bedingungen der Warenproduktion treten ihm in immer größrem Umfangals Produkte andrer Warenproduzenten, als Waren, gegenüber. In demselben Umfang muß der Kapitalistals Geldkapitalist auftreten, oder erweitert sich der Maßstab, worauf sein Kapital als Geldkapital fungie-ren muß.

Andrerseits: Dieselben Umstände, welche die Grundbedingung der kapitalistischen Produktion produzie-ren - das Dasein einer Lohnarbeiterklasse -, sollizitieren den Übergang aller Warenproduktion in kapitali-stische Warenproduktion. Im Umfang wie diese sich entwickelt, wirkt sie zersetzend und auflösend aufjede ältre Form der Produktion, die, vorzugsweis auf unmittelbaren Selbstbedarf gerichtet, nur den Über-schuß des Produkts in Ware verwandelt. Sie macht den Verkauf des Produkts zum Hauptinteresse, zu-nächst ohne scheinbar die Produktionsweise selbst anzugreifen, wie dies z.B. die erste Wirkung des kapi-talistischen Welthandels auf solche Völker war, wie Chinesen, Indier, Araber etc. Zweitens aber, wo sieWurzel gegriffen, zerstört sie alle Formen der Warenproduktion, die entweder auf Selbstarbeit der Produ-zenten gegründet, oder bloß auf den Verkauf des <42> überschüssigen Produkts als Ware. Sie verallge-meinert zuerst die Warenproduktion und verwandelt dann stufenweise alle Warenproduktion in kapitali-stische.

Welches immer die gesellschaftlichen Formen der Produktion, Arbeiter und Produktionsmittel bleibenstets ihre Faktoren. Aber die einen und die andern sind dies nur der Möglichkeit nach im Zustand ihrerTrennung voneinander. Damit überhaupt produziert werde, müssen sie sich verbinden. Die besondre Art

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und Weise, worin diese Verbindung bewerkstelligt wird, unterscheidet die verschiednen ökonomischenEpochen der Gesellschaftsstruktur. Im vorliegenden Fall ist die Trennung des freien Arbeiters von seinenProduktionsmitteln der gegebne Ausgangspunkt, und wir haben gesehn, wie und unter welchen Bedin-gungen beide in der Hand des Kapitalisten vereint werden - nämlich als produktive Daseinsweise seinesKapitals. Der wirkliche Prozeß, den die so zusammengebrachten persönlichen und sachlichen Warenbild-ner miteinander eingehn, der Produktionsprozeß, wird daher selbst eine Funktion des Kapitals - kapitali-stischer Produktionsprozeß, dessen Natur ausführlich im ersten Buch dieser Schrift entwickelt worden.Jeder Betrieb der Warenproduktion wird zugleich Betrieb der Ausbeutung der Arbeitskraft; aber erst diekapitalistische Warenproduktion wird zu einer epochemachenden Ausbeutungsweise, die in ihrer ge-schichtlichen Fortentwicklung durch die Organisation des Arbeitsprozesses und die riesenhafte Ausbil-dung der Technik die ganze ökonomische Struktur der Gesellschaft umwälzt und alle früheren Epochenunvergleichbar übergipfelt.

Durch die verschiednen Rollen, die sie während des Produktionsprozesses bei der Wertbildung, also auchin der Erzeugung von Mehrwert spielen, unterscheiden sich Produktionsmittel und Arbeitskraft, soweitsie Existenzformen des vorgeschoßnen Kapitalwerts, als konstantes und variables Kapital. Als verschied-ne Bestandteile des produktiven Kapitals unterscheiden sie sich ferner dadurch, daß die erstern, im Besitzdes Kapitalisten, sein Kapital bleiben auch außerhalb des Produktionsprozesses, während bloß innerhalbdesselben die Arbeitskraft Daseinsform eines individuellen Kapitals wird. Wenn die Arbeitskraft nur inder Hand ihres Verkäufers, des Lohnarbeiters, Ware ist, so wird sie dagegen Kapital nur in der Hand ihresKäufers, des Kapitalisten, dem ihr zeitweiser Gebrauch zufällt. Die Produktionsmittel selbst werden nurgegenständliche Gestalten des produktiven Kapitals, oder produktives Kapital, von dem Augenblick, woihnen die <43> Arbeitskraft, als persönliche Daseinsform desselben, einverleibbar geworden ist. So wenigalso menschliche Arbeitskraft von Natur Kapital, sowenig sind es die Produktionsmittel. Sie erhaltendiesen spezifischen gesellschaftlichen Charakter nur unter bestimmten, geschichtlich entwickelten Bedin-gungen, wie nur unter solchen den edlen Metallen der des Geldes, oder gar dem Geld der des Geldkapitalsaufgeprägt wird.

Indem es fungiert, verbraucht das produktive Kapital seine eignen Bestandteile, um sie in eine höherwer-tige Produktenmasse umzusetzen. Da die Arbeitskraft nur als eins seiner Organe wirkt, ist auch der durchihre Mehrarbeit erzeugte Überschuß des Produktwerts über den Wert seiner Bildungselemente die Fruchtdes Kapitals. Die Mehrarbeit der Arbeitskraft ist die Gratisarbeit des Kapitals und bildet daher für denKapitalisten Mehrwert, einen Wert, der ihm kein Äquivalent kostet. Das Produkt ist daher nicht nur Ware,sondern mit Mehrwert befruchtete Ware. Ihr Wert ist = P + M, gleich dem Wert des in ihrer Herstellungverzehrten produktiven Kapitals P plus dem von ihm erzeugten Mehrwert M. Unterstellen wir, diese Warebestehe aus 10.000 Pfund Garn, in deren Herstellung Produktionsmittel zum Wert von 372 Pfd.St. undArbeitskraft zum Wert von 50 Pfd.St. verbraucht worden. Während des Spinnprozesses übertrugen dieSpinner den Wert der durch ihre Arbeit verzehrten Produktionsmittel im Belauf von 372 Pfd.St. auf dasGarn, wie sie zugleich, entsprechend ihrer Arbeitsausgabe, einen Neuwert von, sage 128 Pfd.St. darstell-ten. Die 10.000 Pfund Garn sind daher Träger eines Werts von 500 Pfd.St.

III. Drittes Stadium. W´ - G´

Ware wird Warenkapital als unmittelbar aus dem Produktionsprozeß selbst entsprungene funktionelleDaseinsform des bereits verwerteten Kapitalwerts. Würde die Warenproduktion in ihrem ganzen gesell-schaftlichen Umfang kapitalistisch betrieben, so wäre alle Ware von Haus aus Element eines Warenkapi-tals, bestehe sie nun aus Roheisen oder Brüsseler Spitzen, Schwefelsäure oder Zigarren. Das Problem,welche Sorten des Warenheeres durch ihre Beschaffenheit zum Kapitalrang bestimmt, welche andere zumgemeinen Warendienst, ist eins der selbstgeschaffnen holden Drangsale der scholastischen Ökonomie.

In einer Warenform muß das Kapital Warenfunktion verrichten. Die Artikel, woraus es besteht, von Hausaus für den Markt produziert, müssen verkauft, in Geld verwandelt werden, also die Bewegung W - Gdurchlaufen.

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<44> Die Ware des Kapitalisten bestehe aus 10.000 Pfund Baumwollengarn. Wurden im SpinnprozeßProduktionsmittel zum Wert von 372 Pfd.St. verzehrt und ein Neuwert von 128 Pfd.St. geschaffen, so hatdas Garn einen Wert von 500 Pfd.St., welchen es ausdrückt in seinem gleichnamigen Preise. Dieser Preiswerde realisiert durch den Verkauf W - G. Was macht diesen einfachen Vorgang aller Warenzirkulationgleichzeitig zu einer Kapitalfunktion? Keine Veränderung, die sich innerhalb desselben ereignet, sei esmit Bezug auf ihren Gebrauchscharakter, denn als Gebrauchsgegenstand geht die Ware an den Käuferüber, sei es mit Bezug auf ihren Wert, denn dieser erleidet keinen Größenwechsel, sondern nur einenFormwechsel. Erst existierte er in Garn, jetzt existiert er in Geld. So tritt ein wesentlicher Unterschiedhervor zwischen dem ersten Stadium G - W <1. und 2. Auflage: W - G; geändert nach der Druckvorlagevon Engels.> und dem letzten Stadium W - G. Dort fungiert das vorgeschoßne Geld als Geldkapital, weiles sich vermittelst der Zirkulation in Waren von spezifischem Gebrauchswert umsetzt. Hier kann die Wa-re nur als Kapital fungieren, sofern sie diesen Charakter schon fertig aus dem Produktionsprozeß mit-bringt, bevor ihre Zirkulation beginnt. Während des Spinnprozesses schufen die Spinner Garnwert zumBelauf von 128 Pfd.St. Davon bilden, sage 50 Pfd.St., dem Kapitalisten bloß ein Äquivalent für seineAuslage in Arbeitskraft, und 78 Pfd.St. - bei einem Exploitationsgrad der Arbeitskraft von 156% - bildenMehrwert. Der Wert der 10.000 Pfund Garn enthält also erstens den Wert des aufgezehrten produktivenKapitals P, wovon der konstante Teil = 372 Pfd.St., der variable = 50 Pfd.St., ihre Summe = 422 Pfd.St.,= 8.440 Pfund Garn. Der Wert des produktiven Kapitals P ist aber = W, dem Wert seiner Bildungsele-mente, die in dem Stadium G - W dem Kapitalisten als Waren in den Händen ihrer Verkäufer gegenüber-standen. - Zweitens aber enthält der Wert des Garns einen Mehrwert von 78 Pfd.St. = 1560 Pfund Garn.W als Wertausdruck der 10.000 Pfund Garn ist also = W + W, W plus einem Inkrement von W (= 78Pfd.St.), welches wir w nennen wollen, da es in derselben Warenform existiert wie jetzt der ursprünglicheWert W. Der Wert der 10.000 Pfund Garn = 500 Pfd.St. ist also = W + w = W´. Was W, als Wertausdruckder 10.000 Pfund Garn, zu W´ macht, ist nicht seine absolute Wertgröße (500 Pfd.St.), denn sie ist wie beiallen andern W als Wertausdruck irgendeiner andern Warensumme bestimmt durch die Größe der in ihrvergegenständlichten Arbeit. Es ist seine relative Wertgröße, seine Wertgröße verglichen mit dein Wertdes in seiner Produktion aufgezehrten Kapitals P. Dieser Wert ist in ihr enthalten, <45> plus dem vomproduktiven Kapital gelieferten Mehrwert. Sein Wert ist größer, überschüssig über diesen Kapitalwert,um diesen Mehrwert w. Die 10.000 Pfund Garn sind Träger des verwerteten, mit einem Mehrwert berei-cherten Kapitalwerts, und sind dies als Produkt des kapitalistischen Produktionsprozesses. W´ drückt einWertverhältnis aus, das Verhältnis des Werts des Warenprodukts zu dem des in seiner Produktion veraus-gabten Kapitals, also die Zusammensetzung seines Werts aus Kapitalwert und Mehrwert. Die 10.000Pfund Garn sind Warenkapital, W´, nur als verwandelte Form des produktiven Kapitals P, also in einemZusammenhang, der zunächst nur im Kreislauf dieses individuellen Kapitals existiert, oder für den Kapi-talisten, der mit seinem Kapital Garn produziert hat. Es ist sozusagen nur ein inneres, kein auswärtigesVerhältnis, das die 10.000 Pfund Garn als Wertträger zu Warenkapital macht; sie tragen ihr kapitalisti-sches Muttermal nicht in der absoluten Größe ihres Werts, sondern in seiner relativen Größe, in ihrerWertgröße verglichen mit der, die das in ihnen enthaltene produktive Kapital besaß, ehe es sich in Wareverwandelt. Werden daher die 10.000 Pfund Garn zu ihrem Wert von 500 Pfd.St. verkauft, so ist dieserZirkulationsakt, für sich betrachtet, = W - G, bloße Verwandlung eines gleichbleibenden Werts aus Wa-renform in Geldform. Aber als besonderes Stadium im Kreislauf eines individuellen Kapitals ist derselbeAkt Realisierung des von der Ware getragnen Kapitalwerts von 422 Pfd.St. + dem von ihr getragnenMehrwert von 78 Pfd.St., also W´ - G´, Verwandlung des Warenkapitals aus seiner Warenform in Geld-form.

Die Funktion von W´ ist nun die alles Warenprodukts: sich in Geld zu erwandeln, verkauft zu werden, dieZirkulationsphase W - G durchzumachen. Solange das jetzt verwertete Kapital in der Form des Warenka-pitals verharrt, auf dem Markt festliegt, steht der Produktionsprozeß still. Es wirkt weder als Produkt-noch als Wertbildner. Je nach dem verschiednen Grad der Geschwindigkeit, womit das Kapital seine Wa-renform abstößt und seine Geldform annimmt, oder je nach der Raschheit des Verkaufs, wird derselbeKapitalwert in sehr ungleichem Grad als Produkt- und Wertbildner dienen und die Stufenleiter der Repro-duktion sich ausdehnen oder verkürzen. Es wurde im ersten Buch gezeigt, daß der Wirkungsgrad eines

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gegebnen Kapitals durch Potenzen des Produktionsprozesses bedingt ist, die von seiner eignen Wertgrößein gewissem Grad unabhängig sind. < Siehe Band 23, S. 629 -631>

<46> Hier zeigt sich, daß der Zirkulationsprozeß neue, von der Wertgröße des Kapitals unabhängige Po-tenzen seines Wirkungsgrads, seiner Expansion und Kontraktion in Bewegung setzt.

Die Warenmasse W´, als Träger des verwerteten Kapitals, muß ferner in ihrem ganzen Umfang die Me-tamorphose W´ - G´ durchmachen. Die Quantität des Verkauften wird hier wesentliche Bestimmung. Dieeinzelne Ware figuriert nur noch als integrierender Teil der Gesamtmasse. Die 500 Pfd.St. Wert existierenin 10.000 Pfund Garn. Gelingt es dem Kapitalisten, nur 7.440 Pfund zu ihrem Wert von 372 Pfd.St. zuverkaufen, so hat er nur den Wert seines konstanten Kapitals, den Wert der verausgabten Produktions-mittel, ersetzt; wenn 8.440 Pfund, so nur die Wertgröße des vorgeschoßnen Gesamtkapitals. Er muß mehrverkaufen, um Mehrwert zu realisieren, und er muß alle 10.000 Pfund Garn verkaufen, um den ganzenMehrwert von 78 Pfd.St. (= 1.560 Pfund Garn) zu realisieren. Er erhält also in 500 Pfd.St. Geld nur einenGleichwert für die verkaufte Ware; seine Transaktion innerhalb der Zirkulation ist einfaches W - G. Hätteer seinen Arbeitern 64 Pfd.St. statt 50 Pfd.St. Lohn gezahlt, so wäre sein Mehrwert nur 64 Pfd.St. statt 78Pfd.St., und der Exploitationsgrad nur 100% statt 156%; aber nach wie vor bliebe der Wert seines Garnsunverändert; nur das Verhältnis seiner verschiednen Teile wäre ein andres; der Zirkulationsakt W - Gwäre nach wie vor Verkauf von 10.000 Pfund Garn für 500 Pfd.St., ihren Wert.

W´ = W + w (= 422 Pfd.St. + 78 Pfd.St.). - W ist gleich dem Wert von P oder dem produktiven Kapital,und dies gleich dem Wert von G, das in G - W, dem Kauf der Produktionselemente, vorgeschossen wur-de; in unserm Beispiel = 422 Pfd.St. Wird die Warenmasse zu ihrem Wert verkauft, so W = 422 Pfd.St.und w = 78 Pfd.St.; dem Wert des Mehrprodukts von 1.560 Pfund Garn. Nennen wir w, in Geld ausge-drückt, g, so ist W´- G´ = (W + w) - (G + g), und der Kreislauf G - W ... P ... W´- G´ in seiner explizitenForm also G - W ... P ... (W + w) - (G + g).

Im ersten Stadium entzieht der Kapitalist Gebrauchsartikel dem eigentlichen Warenmarkt und dem Ar-beitsmarkt; im dritten Stadium wirft er Ware zurück, aber nur in einen Markt, den eigentlichen Waren-markt. Wenn er aber durch seine Ware dem Markt mehr Wert wieder entzieht, als er ursprünglich hinein-warf, so nur, weil er größern Warenwert hineinwirft, als er ursprünglich entzog. Er warf den Wert G hin-ein und entzog den Gleichwert W; er wirft W + w hinein und entzieht den Gleichwert G + g. - G war inunserm Beispiel gleich dem Wert von 8.440 Pfund Garn; er wirft aber 10.000 Pfund in den Markt, gibtihm also größern Wert, als er ihm nahm. <47> Andrerseits hat er diesen gewachsnen Wert nur hineinge-worfen, weil er im Produktionsprozeß Mehrwert (als aliquoter Teil des Produkts, ausgedrückt in Mehr-produkt) durch Exploitation der Arbeitskraft produzierte. Nur als Produkt dieses Prozesses ist die Wa-renmasse Warenkapital, Träger des verwerteten Kapitalwerts. Durch Vollziehung von W´- G´ wird so-wohl der vorgeschoßne Kapitalwert realisiert wie der Mehrwert. Die Realisation beider fällt zusammen inder Reihe von Verkäufen, oder auch in dem Verkauf auf einen Schlag, der gesamten Warenmasse, dieW´- G´ ausdrückt. Aber derselbe Zirkulationsvorgang W´- G´ ist verschieden für Kapitalwert und Mehr-wert insofern, als er für jeden von beiden ein verschiednes Stadium ihrer Zirkulation, einen verschiednenAbschnitt in der von ihnen innerhalb der Zirkulation zu durchlaufenden Metamorphosenreihe ausdrückt.w, der Mehrwert, kam erst zur Welt innerhalb des Produktionsprozesses. Er tritt also zum ersten Mal aufden Warenmarkt, und zwar in Warenform; sie ist seine erste Zirkulationsform, daher auch der Akt w - gsein erster Zirkulationsakt oder seine erste Metamorphose, die also noch zu ergänzen bleibt durch denentgegengesetzten Zirkulationsakt oder die umgekehrte Metamorphose g - w.

Anders verhält es sich mit der Zirkulation, die der Kapitalwert W im selben Zirkulationsakt W´- G´ voll-zieht, welches für ihn der Zirkulationsakt W - G ist, wo W = P, gleich dem ursprünglich vorgeschoßnenG. Es hat seinen ersten Zirkulationsakt als G, als Geldkapital, eröffnet und kehrt durch den Akt W - G zurselben Form zurück; es hat also die beiden entgegengesetzten Phasen der Zirkulation 1) G - W und 2) W -G durchlaufen und befindet sich wieder in der Form, in der es denselben Kreislaufsprozeß von neuem

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beginnen kann. Was für den Mehrwert erste Verwandlung der Warenform in Geldform, ist für den Kapi-talwert Rückkehr oder Rückverwandlung in seine ursprüngliche Geldform.

Durch G - W wurde das Geldkapital in eine gleichwertige Summe Waren, A und Pm, umgesetzt. DieseWaren funktionieren nicht wieder als Waren, als Verkaufsartikel. Ihr Wert existiert jetzt in der Hand ihresKäufers, des Kapitalisten, als Wert seines produktiven Kapitals P. Und in der Funktion von P, der pro-duktiven Konsumtion, werden sie verwandelt in eine von den Produktionsmitteln stofflich verschiedneWarensorte, in Garn, worin ihr Wert nicht nur erhalten, sondern vergrößert wird, von 422 Pfd.St. <48>auf 500 Pfd.St. Durch diese reale Metamorphose werden die im ersten Stadium G - W dem Markt entzo-gnen Waren ersetzt durch stofflich und wertlich verschiedne Ware, die nun als Ware fungieren, in Geldverwandelt und verkauft werden muß. Der Produktionsprozeß erscheint daher nur als Unterbrechung desZirkulationsprozesses des Kapitalwerts, wovon bis dahin nur die erste Phase G - W durchlaufen ist. Erdurchläuft die zweite und abschließende Phase W - G nachdem W stofflich und wertlich verändert. So-weit aber der Kapitalwert, für sich genommen, in Betracht kommt, hat er nur eine Veränderung seinerGebrauchsform im Produktionsprozeß erlitten. Er existierte als 422 Pfd.St. Wert in A und Pm, er existiertjetzt als 422 Pfd.St. Wert von 8.440 Pfund Garn. Betrachten wir also bloß die beiden Phasen des Zirkula-tionsprozesses des, von seinem Mehrwert getrennt gedachten, Kapitalwerts, so durchläuft er 1) G - W und2) W - G, wo das zweite Weine veränderte Gebrauchsform, aber denselben Wert hat wie das erste W; alsoG - W - G, eine Zirkulationsform, die durch den doppelten Stellenwechsel der Ware in entgegengesetzterRichtung, Verwandlung aus Geld in Ware, Verwandlung aus Ware in Geld, notwendig die Rückkehr desals Geld vorgeschoßnen Werts zu seiner Geldform bedingt; seine Rückverwandlung in Geld.

Derselbe Zirkulationsakt W´- G´, der für den in Geld vorgeschoßnen Kapitalwert zweite abschließendeMetamorphose, Rückkehr zur Geldform, ist für den gleichzeitig vom Warenkapital mitgetragnen unddurch sein Umsatz in Geldform mitrealisierten Mehrwert erste Metamorphose, Verwandlung aus Waren-form in Geldform, W - G, erste Zirkulationsphase.

Es ist hier also zweierlei zu bemerken. Erstens: Die schließliche Rückverwandlung des Kapitalwerts inseine ursprüngliche Geldform ist eine Funktion des Warenkapitals. Zweitens: Diese Funktion schließt eindie erste Formverwandlung des Mehrwerts aus seiner ursprünglichen Warenform in Geldform. Die Geld-form spielt also hier doppelte Rolle; sie ist einerseits rückkehrende Form eines ursprünglich in Geld vor-geschoßnen Werts, also Rückkehr zur Wertform, die den Prozeß eröffnete; sie ist andrerseits erste ver-wandelte Form eines Werts, der ursprünglich in Warenform in die Zirkulation tritt. Werden die Waren,woraus das Warenkapital besteht, ihrem Wert verkauft, wie hier vorausgesetzt, so wird W + w verwandeltin das gleichwertige G + g; in dieser Form G + g (422 Pfd.St. + 78 Pfd.St. = 500 Pfd.St.) existiert dasrealisierte Warenkapital jetzt in der Hand des Kapitalisten. Kapitalwert und Mehrwert sind jetzt als Geldvorhanden, also in der allgemeinen Äquivalentform.

Am Schluß des Prozesses befindet sich der Kapitalwert also wieder in derselben Form, worin er in ihneintrat, kann ihn also wieder von neuem <49> als Geldkapital eröffnen und durchlaufen. Eben weil dieAusgangs und Schlußform des Prozesses die des Geldkapitals (G), wird diese Form des Kreislaufsprozes-ses von uns als Kreislauf des Geldkapitals bezeichnet. Nicht die Form, sondern nur die Größe des vorge-schoßnen Werts ist am Schluß verändert.

G + g sind nichts als eine Geldsumme von einer bestimmten Größe, in unserm Fall 500 Pfd.St. Aber alsResultat des Kreislaufs des Kapitals, als realisiertes Warenkapital, enthält diese Geldsumme den Kapital-wert und den Mehrwert; und zwar sind diese nun nicht mehr miteinander verwachsen, wie im Garn; sieliegen jetzt nebeneinander. Ihre Realisation hat jedem der beiden selbständige Geldform gegeben. 211/250davon sind der Kapitalwert, 422 Pfd.St., und 39/250 davon der Mehrwert von 78 Pfd.St. Diese durch Rea-lisation des Warenkapitals bewirkte Trennung hat nicht nur den formellen Gehalt, wovon wir gleich spre-chen werden; sie wird wichtig im Reproduktionsprozeß des Kapitals, je nachdem g ganz, teilweise odergar nicht zu G geschlagen wird, also je nachdem es als Bestandteil des vorgeschoßnen Kapitalwerts fort-fungiert oder nicht. g und G können auch ganz verschiedne Zirkulation durchlaufen.

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In G´ ist das Kapital wieder zu seiner ursprünglichen Form G zurückgekehrt, zu seiner Geldform; aber ineiner Form, worin es als Kapital verwirklicht ist.

Erstens ist eine quantitative Differenz da. Es war G, 422 Pfd.St.; es ist jetzt G´, 500 Pfd.St., und dieseDifferenz ausgedrückt in G ... G´, den quantitativ verschiednen Extremen des Kreislaufs, dessen Bewe-gung selbst nur durch die Punkte ... angedeutet ist. G´ ist > G, G´- G = M, dem Mehrwert. Aber als Re-sultat dieses Kreislaufs G ... G´ existiert jetzt nur noch G´, es ist das Produkt, worin sein Bildungsprozeßerloschen ist. G´ existiert jetzt selbständig für sich, unabhängig von der Bewegung, die s hervorbrachte.Sie ist vergangen, es ist da an ihrer Stelle.

Aber G´ als G + g, 500 Pfd.St. als 422 Pfd.St. vorgeschoßnes Kapital plus einem Inkrement desselben von78 Pfd.St., stellt zugleich ein qualitatives Verhältnis dar, obgleich dies qualitative Verhältnis selbst nur alsVerhältnis der Teile einer gleichnamigen Summe, also als quantitatives Verhältnis existiert. G, das vorge-schoßne Kapital, das jetzt wieder in seiner ursprünglichen Form (422 Pfd.St.) vorhanden ist, existiert jetztals realisiertes Kapital. Es hat sich nicht nur erhalten, es hat sich auch als Kapital realisiert, indem es sichals solches unterscheidet von g (78 Pfd.St.), worauf es bezogen ist als auf seinen Zuwachs, seine Frucht,auf ein durch es selbst gehecktes Inkrement. Es ist als Kapital realisiert, weil als Wert, der einen <50>Wert geheckt hat. G´ existiert als Kapitalverhältnis; G erscheint nicht mehr als bloßes Geld, sondern es istausdrücklich als Geldkapital gesetzt, ausgedrückt als Wert, der sich verwertet hat, also auch die Eigen-schaft besitzt, sich zu verwerten, mehr Wert zu hecken als er selbst hat. G ist als Kapital gesetzt durchsein Verhältnis zu einem andern Teil von G´, als dem durch es Gesetzten, aus ihm als Ursache Bewirk-tem; als der Folge, wovon es der Grund. So erscheint G´ als in sich differenzierte, sich funktionell (be-grifflich) in sich selbst unterscheidende, das Kapitalverhältnis ausdrückende Wertsumme.

Aber dies ist nur ausgedrückt als Resultat, ohne die Vermittlung des Prozesses, dessen Resultat es ist.

Wertteile unterscheiden sich als solche qualitativ nicht voneinander, außer soweit sie als Werte ver-schiedner Artikel, konkreter Dinge auftreten, also in verschiednen Gebrauchsformen, daher als Werteverschiedner Warenkörper - ein Unterschied, der nicht aus ihnen selbst als bloßen Wertteilen entspringt.Im Geld ist alle Verschiedenheit der Waren ausgelöscht, weil es eben die ihnen allen gemeinsame Äqui-valentform ist. Eine Geldsumme von 500 Pfd.St. besteht aus lauter gleichnamigen Elementen von 1Pfd.St. Da in dem einfachen Dasein dieser Geldsumme die Vermittlung ihrer Herkunft ausgelöscht undvon der spezifischen Differenz, welche die verschiednen Kapitalbestandteile im Produktionsprozeß besit-zen, jede Spur verschwunden ist, so existiert der Unterschied nur noch in der begrifflichen Form einerHauptsumme (englisch principal) = dem vorgeschoßnen Kapital von 422 Pfd.St. und einer überschüssigenWertsumme von 78 Pfd.St. G´ sei z.B. = 110 Pfd.St., wovon 100 = G, Hauptsumme, und 10 = M, Mehr-wert. Es herrscht absolute Gleichartigkeit, also begriffliche Unterschiedslosigkeit, zwischen den beidenkonstituierenden Teilen der Summe von 110 Pfd.St. Beliebige 10 Pfd.St. sind immer 1/11 der Gesamt-summe von 110 Pfd.St., ob sie nun 1/10 der vorgeschoßnen Hauptsumme von 100 Pfd.St. oder der Über-schuß von 10 Pfd.St. über dieselbe. Hauptsumme und Zuwachssumme, Kapital und Mehrsumme sinddaher ausdrückbar als Bruchteile der Gesamtsumme; in unserm Beispiel bilden 10/11 die Hauptsummeoder das Kapital, 1/11 die Mehrsumme. Es ist daher begriffsloser Ausdruck des Kapitalverhältnisses,worin hier am Schluß seines Prozesses das realisierte Kapital in seinem Geldausdruck erscheint.

Allerdings gilt dies auch für W´ (= W + w). Aber mit dem Unterschied, daß W´, worin W und w auch nurproportionelle Wertteile derselben homogenen Warenmasse, hinweist auf seinen Ursprung P, dessen un-mittelbares <51> Produkt es ist, während in G´, einer unmittelbar aus der Zirkulation herstammendenForm, direkte Beziehung zu P verschwunden ist.

Der begriffslose Unterschied zwischen Haupt- und Zuwachssumme, der in G´ enthalten ist, soweit es dasResultat der Bewegung G ... G´ ausdrückt, verschwindet sofort, sobald es aktiv als Geldkapital wiederfungiert, also nicht umgekehrt als Geldausdruck des verwerteten industriellen Kapitals fixiert wird. Der

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Kreislauf des Geldkapitals kann nie mit G´ beginnen (obgleich G´ jetzt als G fungiert), sondern nur mit G;d.h. nie als Ausdruck des Kapitalverhältnisses, sondern nur als Vorschußform des Kapitalwerts. Sobalddie 500 Pfd.St. von neuem als Kapital vorgeschossen werden, um sich von neuem zu verwerten, sind sieAusgangspunkt statt Rückkehrpunkt. Statt eines Kapitals von 422 Pfd.St. ist jetzt eins von 500 Pfd.St.vorgeschossen, mehr Geld als früher, mehr Kapitalwert, aber das Verhältnis zwischen den zwei Bestand-teilen ist weggefallen, ganz wie ursprünglich die Summe von 500 Pfd.St. statt der von 422 Pfd.St. hätteals Kapital fungieren können.

Es ist keine aktive Funktion des Geldkapitals, sich als G´ darzustellen; seine eigne Darstellung als G´ istvielmehr eine Funktion von W´. Schon in der einfachen Warenzirkulation, 1) W1 - G, 2) G - W2, fungiertG erst aktiv im zweiten Akt G - W2; seine Darstellung als G ist nur Resultat des ersten Akts, kraft dessenes erst als verwandelte Form von W1 auftritt. Das in G´ enthaltene Kapitalverhältnis, die Beziehung einesseiner Teile als des Kapitalwerts auf den andern als dessen Wertinkrement, bekommt allerdings funktio-nelle Bedeutung, soweit, bei beständiger Wiederholung des Kreislaufs G ... G´, G´ sich in zwei Zirkula-tionen spaltet, Kapitalzirkulation und Mehrwertzirkulation, also die beiden Teile nicht bloß quantitativ,sondern auch qualitativ verschiedne Funktionen vollziehn, G andre als g. Aber an sich betrachtet, schließtdie Form G ... G´ die Konsumtion des Kapitalisten nicht ein, sondern ausdrücklich nur die Selbstverwer-tung und die Akkumulation, soweit letztre zunächst in periodischem Anwachs des stets von neuem vorge-schoßnen Geldkapitals sich ausdrückt.

Obgleich begriffslose Form des Kapitals, ist G´ = G + g zugleich erst das Geldkapital in seiner realisiertenForm, als Geld, welches Geld geheckt hat. Hier ist aber zu unterscheiden von der Funktion des Geldkapi-tals im ersten Stadium G - W . G in diesem ersten Stadium zirkuliert als Geld. Es fungiert als Geldkapitalnur deshalb, weil es nur in seinem Geldzustand eine Geldfunktion verrichten, sich in die ihm als Warengegenüberstehenden Elemente von P, in A und Pm umsetzen kann. In diesem Zirkulationsakt fungiert esnur als Geld; aber weil dieser Akt das erste Stadium des <52> prozessierenden Kapitalwerts, ist er zu-gleich Funktion des Geldkapitals, kraft der spezifischen Gebrauchsform der Waren A und Pm, die gekauftwerden. G´ dagegen, zusammengesetzt aus G, dem Kapitalwert, und g, dem durch diesen erzeugtenMehrwert, drückt verwerteten Kapitalwert aus, den Zweck und das Resultat, die Funktion des gesamtenKreislaufsprozesses des Kapitals. Daß es dies Resultat in Geldform, als realisiertes Geldkapital ausdrückt,entspringt nicht daraus, daß es Geldform des Kapitals, Geldkapital ist, sondern umgekehrt daraus, daß esGeldkapital, Kapital in Geldform ist, daß das Kapital in dieser Form den Prozeß eröffnet hat, in Geldformvorgeschossen worden ist. Die Rückverwandlung in die Geldform ist eine Funktion des WarenkapitalsW´, wie wir gesehn, nicht des Geldkapitals. Was aber die Differenz von G´ gegenüber G betrifft, so ist sie(g) nur Geldform von w, dem Inkrement von W; G´ ist nur = G + g, weil W´ = W + w war. In W´ ist alsodiese Differenz und das Verhältnis des Kapitalwerts zu dem von ihm geheckten Mehrwert vorhanden undausgedrückt, bevor beide in G´ verwandelt, in eine Geldsumme, worin beide Wertteile selbständig einan-der gegenübertreten und daher auch zu selbständigen und voneinander verschiednen Funktionen ver-wendbar sind.

G´ ist nur Resultat der Realisierung von W´. Beide, W´ wie G´, sind nur verschiedne Formen, Warenformund Geldform, des verwerteten Kapitalwerts, beide haben dies gemein, daß sie verwerteter Kapitalwert.Beide sind verwirklichtes Kapital, weil hier der Kapitalwert als solcher mitsamt dem Mehrwert als vonihm verschiedner, durch ihn erhaltner Frucht existiert, obgleich dies Verhältnis nur ausgedrückt ist in derbegriffslosen Form des Verhältnisses zweier Teile einer Geldsumme oder eines Warenwerts. Aber alsAusdrücke des Kapitals in Beziehung zu und im Unterschied von dem durch es erzeugten Mehrwert, alsoals Ausdrücke von verwertetem Wert, sind G´ und W´ dasselbe und drücken dasselbe aus, nur in ver-schiedner Form; sie unterscheiden sich nicht als Geldkapital und Warenkapital, sondern als Geld undWare. Sofern sie verwerteten Wert, als Kapital betätigtes Kapital darstellen, drücken sie nur das Resultatder Funktion des produktiven Kapitals aus, der einzigen Funktion, worin der Kapitalwert Wert heckt. IhrGemeinsames ist, daß sie beide, Geldkapital und Warenkapital, Existenzweisen des Kapitals sind. Daseine ist Kapital in Geldform, das andre in Warenform. Die sie unterscheidenden spezifischen Funktionenkönnen daher nichts andres sein, als Unterschiede zwischen Geldfunktion und Warenfunktion. Das Wa-

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renkapital, als direktes Produkt des kapitalistischen Produktionsprozesses, erinnert an diesen seinen Ur-sprung und ist daher in seiner Form rationeller, minder begriffslos als das Geldkapital, <55> in dem jedeSpur dieses Prozesses erloschen ist, wie überhaupt im Geld alle besondre Gebrauchsform der Ware er-lischt. Es ist daher nur, wo G´ selbst als Warenkapital fungiert, wo es unmittelbares Produkt eines Pro-duktionsprozesses und nicht verwandelte Form dieses Produkts ist, daß seine bizarre Form verschwindet -also in der Produktion des Geldmaterials selbst. Für Goldproduktion z.B. wäre die Formel: G - W ... P ...G´ (G + g), wo G´ als Warenprodukt figuriert, weil P mehr Gold liefert als für die Produktionselementedes Goldes im ersten G, dem Geldkapital, vorgeschossen war. Hier verschwindet also das Irrationelle desAusdrucks G ... G´ (G + g), wo ein Teil einer Geldsumme als Mutter eines andern Teils derselben Geld-summe erscheint.

IV. Der Gesamt-Kreislauf

Wir haben gesehn, daß der Zirkulationsprozeß nach Ablauf seiner ersten Phase G - W unterbrochen wirddurch P, wo die auf dem Markt gekauften Waren A und Pm nun als stoffliche und wertliche Bestandteiledes produktiven Kapitals konsumiert werden; das Produkt dieser Konsumtion ist eine neue Ware, W´,stofflich und wertlich verändert. Der unterbrochene Zirkulationsprozeß, G - W, muß ergänzt werdendurch W - G. Aber als Träger dieser zweiten und abschließenden Phase der Zirkulation erscheint W´, einestofflich und wertlich von dem ersten W verschiedne Ware. Die Zirkulationsreihe stellt sich also dar als1) G - W1; 2) W´2- G´, wo in der zweiten Phase der ersten Ware W1 eine andre von höherem Wert undverschiedner Gebrauchsform, W´2, untergeschoben ist während der durch die Funktion von P verursach-ten Unterbrechung, der Produktion von W´ aus den Elementen von W, den Daseinsformen des produkti-ven Kapitals P. Die erste Erscheinungsform dagegen, worin uns das Kapital (Buch I, Kap. IV, 1) gegen-übertrat, G - W - G´ (aufgelöst: 1) G - W1; 2) W1- G´) zeigt dieselbe Ware zweimal. Es ist beidemal die-selbe Ware, worin sich das Geld in der ersten Phase verwandelt, und welche sich in der zweiten Phase inmehr Geld rückverwandelt. Trotz dieser wesentlichen Verschiedenheit haben beide Zirkulationen dasgemein, daß in ihrer ersten Phase Geld in Ware und in ihrer zweiten Ware in Geld verwandelt wird, das inder ersten Phase verausgabte Geld also in der zweiten wieder zurückfließt. Einerseits haben sie diesenRückstrom des Geldes zu seinem Ausgangspunkt gemein, andrerseits aber auch den Überschuß des rück-strömenden Geldes über das vorgeschoßne. Insofern erscheint auch G - W ... W´- G´ in der allgemeinenFormel G - W - G´ enthalten.

<56> Es ergibt sich hier ferner, daß in den beiden der Zirkulation angehörigen Metamorphosen G - Wund W´- G´ sich jedesmal gleich große, gleichzeitig vorhandne Wertexistenzen gegenüberstehn und ein-ander ersetzen. Die Wertveränderung gehört lediglich der Metamorphose P, dem Produktionsprozeß, derso als reale Metamorphose des Kapitals, gegenüber den bloß formellen Metamorphosen der Zirkulation,erscheint.

Betrachten wir nun die Gesamtbewegung G - W ... P ... W´- G´, oder ihre explizite Form G - W ... P ... W´(W + w) - G´ (G + g) Das Kapital erscheint hier als ein Wert, der eine Reihenfolge zusammenhängender,durch einander bedingter Verwandlungen durchläuft, eine Reihe von Metamorphosen, die ebensovielePhasen oder Stadien eines Gesamtprozesses bilden. Zwei dieser Phasen gehören der Zirkulationssphärean, eine der Produktionssphäre. In jeder dieser Phasen befindet sich der Kapitalwert in verschiedner Ge-stalt, der eine verschiedne, spezielle Funktion entspricht. Innerhalb dieser Bewegung erhält sich nicht nurder vorgeschoßne Wert, sondern er wächst, vermehrt seine Größe. Endlich, im Schlußstadium, kehrt erzur selben Form zurück, worin er beim Ausgang des Gesamtprozesses erschien. Dieser Gesamtprozeß istdaher Kreislaufsprozeß.

Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geld-kapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Ka-pital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder ab-streift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier indem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt.

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Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten,deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden.Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinan-der annimmt.

Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockungineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W, so erstarrt das Geldkapital zumSchatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite,während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W´- G´, so ver-sperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.

Andrerseits liegt es in der Natur der Sache, daß der Kreislauf selbst die Fixierung des Kapitals, währendbestimmter Fristen, in den einzelnen <59> Kreisabschnitten bedingt. In jeder seiner Phasen ist das indu-strielle Kapital an eine bestimmte Form gebunden, als Geldkapital, produktives Kapital, Warenkapital.Nur nachdem es die seiner jedesmaligen Form entsprechende Funktion vollzogen hat, erhält es die Form,worin es eine neue Verwandlungsphase eingehn kann. Um dies klarzulegen, haben wir in unserm Beispielangenommen, daß der Kapitalwert der im Produktionsstadium erzeugten Warenmasse gleich sei der Ge-samtsumme des ursprünglich als Geld vorgeschoßnen Werts, mit andern Worten, daß der ganze als Geldvorgeschoßne Kapitalwert auf einmal aus dem einen Stadium in das jedesmal nächstfolgende tritt. Wirhaben aber gesehn (Buch I, Kap. VI), daß ein Teil des konstanten Kapitals, die eigentlichen Arbeitsmittel(z.B. Maschinen) in einer größern oder geringem Anzahl von Wiederholungen derselben Produktionspro-zesse stets von neuem dienen, ihren Wert daher auch nur stückweis an das Produkt abgeben. Wieweitdieser Umstand den Kreislaufsprozeß des Kapitals modifiziert, wird sich später zeigen. Hier genügt fol-gendes: In unserm Beispiel enthielt der Wert des produktiven Kapitals = 422 Pfd.St. nur den durch-schnittlich berechneten Verschleiß der Fabrikgebäude, Maschinerie etc., also nur den Wertteil, den sie beiVerwandlung von 10.600 Pfund Baumwolle in 10.000 Pfund Garn auf letztres übertragen, auf das Pro-dukt eines wöchentlichen Spinnprozesses von 60 Stunden. In den Produktionsmitteln, in welche sich dasvorgeschoßne konstante Kapital von 372 Pfd.St. verwandelt, figurierten daher auch die Arbeitsmittel,Gebäude, Maschinerie etc. so, als ob sie auf dem Markt gegen wöchentliche Ratenzahlung nur gemietetwären. Dies ändert jedoch absolut nichts am Sachverhalt. Wir brauchen das in der Woche produzierteGarnquantum von 10.000 Pfund nur mit der Anzahl der auf eine gewisse Reihe von Jahren berechnetenWochen zu multiplizieren, damit der ganze Wert der gekauften und in dieser Zeit aufgebrauchten Ar-beitsmittel auf es übertragen wird. Es ist dann klar, daß das vorgeschoßne Geldkapital erst in diese Mittelverwandelt, also aus dem ersten Stadium G - W herausgetreten sein muß, bevor es als produktives KapitalP fungieren kann. Ebenso klar ist es in unserm Beispiel, daß die dem Garn während des Produktionspro-zesses einverleibte Kapitalwertsumme von 422 Pfd.St. nicht als Wertbestandteil der 10.000 Pfund Garn indie Zirkulationsphase W - G´ eingehn kann, ehe es fertig ist. Das Garn kann nicht verkauft werden, ehe esgesponnen.

In der allgemeinen Formel wird das Produkt von P betrachtet als ein von den Elementen des produktivenKapitals verschiednes materielles Ding, als ein Gegenstand, der eine vom Produktionsprozeß abgeson-derte Existenz, eine von der der Produktionselemente verschiedne Gebrauchs- <60> form besitzt. Undwenn das Resultat des Produktionsprozesses als Ding auftritt, ist dies stets der Fall, selbst wo ein Teil desProdukts wieder als Element in die erneuerte Produktion eingeht. So dient Getreide als Aussaat zu seinereignen Produktion; aber das Produkt besteht nur aus Getreide, hat also eine von den mitverwandten Ele-menten, der Arbeitskraft, den Instrumenten, dem Dünger, verschiedne Gestalt. Es gibt aber selbständigeIndustriezweige, wo das Produkt des Produktionsprozesses kein neues gegenständliches Produkt, keineWare ist. Ökonomisch wichtig davon ist nur die Kommunikationsindustrie, sei sie eigentliche Transpor-tindustrie für Waren und Menschen, sei sie Übertragung bloß von Mitteilungen, Briefen, Telegrammenetc.

A. Tschuprow sagt darüber:

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"Der Fabrikant kann zuerst Artikel produzieren und dann Konsumenten dafür suchen"

{sein Produkt, nachdem es als fertig aus dem Produktionsprozeß ausgestoßen, geht als von demselbengetrennte Ware in die Zirkulation über}.

"Produktion und Konsumtion erscheinen so als zwei, dem Raum und der Zeit nach getrennte Akte. In derTransportindustrie, die keine neuen Produkte schafft, sondern nur Menschen und Dinge versetzt, fallendiese beiden Akte zusammen; die Dienste" {die Qrtsveränderung} "müssen in demselben Augenblickkonsumiert werden, in dem sie produziert werden. Deshalb erstreckt sich der Rayon, aus dem die Eisen-bahnen Kundschaft suchen können, auf höchstens 50 Werst" {53 km} "auf beiden Seiten."

Das Resultat - ob Menschen oder Waren transportiert werden - ist ihr verändertes örtliches Dasein, z.B.daß das Garn sich jetzt in Indien befindet statt in England, wo es produziert worden.

Was aber die Transportindustrie verkauft, ist die Ortsveränderung selbst. Der hervorgebrachte Nutzeffektist untrennbar verbunden mit dem Transportprozeß, d.h. dem Produktionsprozeß der Transportindustrie.Menschen und Ware reisen mit dein Transportmittel, und sein Reisen, seine örtliche Bewegung, ist ebender durch es bewirkte Produktionsprozeß. Der Nutzeffekt ist nur konsumierbar während des Produktions-prozesses; er existiert nicht als ein von diesem Prozeß verschiednes Gebrauchsding, das erst nach seinerProduktion als Handelsartikel fungiert, als Ware zirkuliert. Der Tauschwert dieses Nutzeffekts ist aberbestimmt, wie der jeder andern Ware, durch den Wert der in ihm verbrauchten Produktionselemente (Ar-beitskraft und Produktionsmittel) plus dem Mehrwert, den die Mehr- <61> arbeit der in der Transportin-dustrie beschäftigten Arbeiter geschaffen hat. Auch in Beziehung auf seine Konsumtion verhält sich die-ser Nutzeffekt ganz wie andre Waren. Wird er individuell konsumiert, so verschwindet sein Wert mit derKonsumtion; wird er produktiv konsumiert, so daß er selbst ein Produktionsstadium der im Transportbefindlichen Ware, so wird sein Wert als Zuschußwert auf die Ware selbst übertragen. Die Formel für dieTransportindustrie wäre also G - W ... P - G´, da der Produktionsprozeß selbst, nicht ein von ihm trennba-res Produkt, gezahlt und konsumiert wird. Sie hat also fast genau dieselbe Form wie die für die Produkti-on der edlen Metalle, nur daß G´ hier verwandelte Form des während des Produktionsprozesses hervorge-brachten Nutzeffekts, nicht Naturalform des während dieses Prozesses hervorgebrachten und aus ihmausgestoßnen Goldes oder Silbers ist.

Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehr-wert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daherden kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Ka-pitalisten und Lohnarbeitern ein. Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, wer-den Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökono-misch-geschichtliche Typus der Gesellschaft. Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten ver-gangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nuruntergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sichnur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige nebendem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselb-ständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industri-elle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.

Der Kreislauf G ... G´ verschlingt sich einerseits mit der allgemeinen Warenzirkulation, geht aus ihr her-vor und in sie ein, und bildet einen Teil von ihr. Andrerseits bildet er eine eigne selbständige Bewegungdes Kapitalwerts für den individuellen Kapitalisten, eine Bewegung, die teils innerhalb der allgemeinenWarenzirkulation vorgeht, teils außerhalb derselben, die aber stets ihren selbständigen Charakter bewahrt.Erstens dadurch, daß ihre beiden in der Zirkulationssphäre vorgehenden Phasen G - W und W´- G´ alsPhasen der Kapitalbewegung funktionell bestimmte Charaktere <62> besitzen; in G - W ist W stofflich

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bestimmt als Arbeitskraft und Produktionsmittel; in W´- G´ wird der Kapitalwert realisiert + dem Mehr-wert. Zweitens umschließt P, der Produktionsprozeß, die produktive Konsumtion. Drittens macht dieRückkehr des Geldes zu ihrem Ausgangspunkt die Bewegung G ... G´ zu einer sich in sich selbst ab-schließenden Kreislaufbewegung.

Einerseits bildet also jedes individuelle Kapital in seinen beiden Zirkulationshälften G - W und W´- G´ein Agens der allgemeinen Warenzirkulation, worin es entweder als Geld oder als Ware fungiert oderverkettet ist, und so selbst ein Glied bildet in der allgemeinen Metamorphosenreihe der Warenwelt. And-rerseits beschreibt es innerhalb der allgemeinen Zirkulation seinen eignen selbständigen Kreislauf, worindie Produktionssphäre ein Durchgangsstadium bildet, und worin es zu seinem Ausgangspunkt in dersel-ben Form zurückkehrt, in der es ihn verließ. Innerhalb seines eignen Kreislaufs, der seine reale Metamor-phose im Produktionsprozeß einschließt, verändert es zugleich seine Wertgröße. Es kehrt zurück, nichtnur als Geldwert, sondern als vergrößerter, gewachsener Geldwert.

Betrachten wir schließlich G - W ... P ... W´- G´ als spezielle Form des Kreislaufsprozesses des Kapitalsneben den andern später zu untersuchenden Formen, so zeichnet es sich durch folgendes aus.

1. Es erscheint als Kreislauf des Geldkapitals, weil das industrielle Kapital in seiner Geldform, als Geld-kapital, den Ausgangspunkt und den Rückkehrpunkt seines Gesamtprozesses bildet. Die Formel selbstdrückt aus, daß das Geld hier nicht als Geld verausgabt, sondern nur vorgeschossen wird, also nur Geld-form des Kapitals, Geldkapital ist. Sie drückt ferner aus, daß der Tauschwert, nicht der Gebrauchswert,der bestimmende Selbstzweck der Bewegung ist. Eben weil die Geldgestalt des Werts seine selbständige,handgreifliche Erscheinungsform ist, drückt die Zirkulationsform G ... G´, deren Ausgangspunkt undSchlußpunkt wirkliches Geld, das Geldmachen, das treibende Motiv der kapitalistischen Produktion, amhandgreiflichsten aus. Der Produktionsprozeß erscheint nur als unvermeidliches Mittelglied, als notwen-diges Übel zum Behuf des Geldmachens. {Alle Nationen kapitalistischer Produktionsweise werden daherperiodisch von einem Schwindel ergriffen, worin sie ohne Vermittlung des Produktionsprozesses dasGeldmachen vollziehen wollen.}

2. Das Produktionsstadium, die Funktion von P, bildet in diesem Kreislauf die Unterbrechung der zweiPhasen der Zirkulation G - W ... W´- G´, die wieder nur Vermittlung der einfachen Zirkulation G - W -G´. Der Produktionsprozeß erscheint in der Form des Kreislaufsprozesses selbst, <63> formell und aus-drücklich als das, was er in der kapitalistischen Produktionsweise ist, als bloßes Mittel zur Verwertungdes vorgeschoßnen Werts, also die Bereicherung als solche als Selbstzweck der Produktion.

3. Weil die Reihenfolge der Phasen durch G - W eröffnet wird, ist das zweite Glied der Zirkulation W´-G´; also Ausgangspunkt G, das zu verwertende Geldkapital, Schlußpunkt G´, das verwertete GeldkapitalG + g, worin G als realisiertes Kapital neben seinem Sprößling g figuriert. Dies unterscheidet den Kreis-lauf G von den beiden andern Kreisläufen P und W´, und zwar in doppelter Weise. Einerseits durch dieGeldform der beiden Extreme; Geld ist aber die selbständige handgreifliche Existenzform des Werts, derWert des Produkts in seiner selbständigen Wertform, worin alle Spur des Gebrauchswerts der Waren aus-gelöscht ist. Andrerseits wird die Form P ... P nicht notwendig zu P ... P´ (P + p), und in der Form W´...W´ ist überhaupt keine Wertdifferenz zwischen beiden Extremen sichtbar. - Der Formel G ... G´ ist esalso charakteristisch, einerseits, daß der Kapitalwert den Ausgangspunkt und der verwertete Kapitalwertden Rückkehrpunkt bildet, so daß der Vorschuß des Kapitalwerts als Mittel, der verwertete Kapitalwertals Zweck der ganzen Operation erscheint; andrerseits, daß dies Verhältnis in Geldform ausgedrückt ist,der selbständigen Wertform, daher das Geldkapital als Geld heckendes Geld. Die Erzeugung von Mehr-wert durch den Wert ist nicht nur als Alpha und Omega des Prozesses ausgedrückt, sondern ausdrücklichin der blinkenden Geldform.

4. Da G´, das realisierte Geldkapital als Resultat von W´- G´, der ergänzenden und abschließenden Phasevon G - W, sich absolut in derselben Form befindet, worin es seinen ersten Kreislauf eröffnet hat, kann es,sowie es aus demselben hervorgeht, denselben Kreislauf wieder eröffnen als vergrößertes (akkumuliertes)

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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Geldkapital: G´ = G + g; und es ist wenigstens nicht in der Form von G ... G´ ausgedrückt, daß bei Wie-derholung des Kreislaufs die Zirkulation von g sich von der von G trennt. In seiner einmaligen Gestaltbetrachtet, formell, drückt der Kreislauf des Geldkapitals daher nur den Verwertungs- und Akkumulati-onsprozeß aus. Die Konsumtion ist darin nur als produktive Konsumtion ausgedrückt durch G - W , nurdiese ist eingeschlossen in diesen Kreislauf des individuellen Kapitals, G - A ist A - G oder W - G vonseiten des Arbeiters; ist also die erste Phase der Zirkulation, die seine individuelle Konsumtion vermittelt:A - G - W (Lebensmittel). Die zweite Phase G - W fällt nicht mehr in den Kreislauf des individuellenKapitals; aber sie ist durch ihn eingeleitet, von ihm vorausgesetzt, da der Arbeiter, um sich stets als ex-ploitierbarer Stoff des <64> Kapitalisten auf dem Markt zu befinden, vor allen Dingen leben, also sichdurch individuelle Konsumtion erhalten muß. Aber diese Konsumtion selbst ist hier nur vorausgesetzt alsBedingung der produktiven Konsumtion der Arbeitskraft durch das Kapital, also auch nur, soweit sich derArbeiter durch seine individuelle Konsumtion als Arbeitskraft erhält und reproduziert. Die Pm, die ei-gentlichen Waren aber, die in den Kreislauf eingehn, bilden nur Speisematerial der produktiven Konsum-tion. Der Akt A - G vermittelt die individuelle Konsumtion des Arbeiters, Verwandlung der Lebensmittelin sein Fleisch und Blut. Allerdings muß auch der Kapitalist da sein, also auch leben und konsumieren,um als Kapitalist zu fungieren. Dazu brauchte er in der Tat nur als Arbeiter zu konsumieren, und mehr istdaher in dieser Form des Zirkulationsprozesses nicht vorausgesetzt. Formell ausgedrückt ist selbst dasnicht, da die Formel schließt mit G´, also einem Resultat, das sofort wieder als vergrößertes Geldkapitalfungieren kann.

In W´- G´ ist der Verkauf von W´ direkt enthalten; aber W´- G´, Verkauf von der einen Seite, ist G - W,Kauf von der andern, und die Ware wird endgültig nur ihres Gebrauchswerts wegen gekauft, um (vonZwischenverkäufen abgesehn) in den Konsumtionsprozeß einzugehn, sei dieser nun individuell oder pro-duktiv, je nach der Natur des gekauften Artikels. Aber diese Konsumtion geht nicht ein in den Kreislaufdes individuellen Kapitals, dessen Produkt W´ ist; dies Produkt wird eben als zu verkaufende Ware ausdem Kreislauf abgestoßen. Das W´ ist ausdrücklich bestimmt zu fremder Konsumtion. Wir finden daherbei Dolmetschern des Merkantilsystems (dem die Formel G - W ... P ... W´- G´ zugrunde liegt) sehrweitläufige Predigten darüber, daß der einzelne Kapitalist nur als Arbeiter konsumieren muß, wie dieKapitalistennation den andern dümmern Nationen das Verzehren ihrer Waren und überhaupt den Kon-sumtionsprozeß überlassen, dagegen die produktive Konsumtion zu ihrer Lebensaufgabe machen muß.Diese Predigten erinnern oft der Form und dem Inhalt nach an analoge asketische Ermahnungen der Kir-chenväter.

Der Kreislaufsprozeß des Kapitals ist also Einheit von Zirkulation und Produktion, schließt beide ein.Sofern die beiden Phasen G - W, W´- G´ Zirkulationsvorgänge, bildet die Zirkulation des Kapitals Teilder allgemeinen Warenzirkulation. Aber als funktionell bestimmte Abschnitte, Stadien im Kreislauf desKapitals, der nicht nur der Zirkulationssphäre, <65> sondern auch der Produktionssphäre angehört, voll-zieht das Kapital innerhalb der allgemeinen Warenzirkulation seinen eignen Kreislauf. Die allgemeineWarenzirkulation dient ihm im ersten Stadium dazu, die Gestalt anzunehmen, worin es als produktivesKapital fungieren kann; im Zweiten, die Warenfunktion <1. Auflage: Warenform> abzustoßen, worin esseinen Kreislauf nicht erneuern kann; und zugleich ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seinen eignen Kapi-talkreislauf zu trennen von der Zirkulation des ihm angewachsnen Mehrwerts.

Der Kreislauf des Geldkapitals ist daher die einseitigste, darum schlagendste und charakteristischste Er-scheinungsform des Kreislaufs des industriellen Kapitals, dessen Ziel und treibendes Motiv: Verwertungdes Werts, Geldmachen und Akkumulation, in die Augen springend dargestellt wird (kaufen, um teurer zuverkaufen). Dadurch, daß die erste Phase G - W ist, tritt auch hervor die Herkunft der Bestandteile desproduktiven Kapitals aus dem Warenmarkt, wie überhaupt die Bedingtheit des kapitalistischen Produkti-onsprozesses durch die Zirkulation, den Handel. Der Kreislauf des Geldkapitals ist nicht nur Warenpro-duktion; er kommt selbst nur durch die Zirkulation zustande, er setzt sie voraus. Es liegt dies schon darin,daß die der Zirkulation angehörige Form G als erste und reine Form des vorgeschoßnen Kapitalwertserscheint, was in den beiden andern Kreislaufsformen nicht der Fall.

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Der Kreislauf des Geldkapitals bleibt insofern stets der allgemeine Ausdruck des industriellen Kapitals,als er stets Verwertung des vorgeschossenen Werts einschließt. In P ... P tritt der Geldausdruck des Kapi-tals nur als Preis der Produktionselemente hervor, also nur als in Rechengeld ausgedrückter Wert, undwird in dieser Form festgehalten in der Buchhaltung.

Besondere Form des Kreislaufs des industriellen Kapitals wird G ... G´, soweit neu auftretendes Kapitalzuerst als Geld vorgeschossen und in derselben Form zurückgezogen wird, sei es beim Übertritt aus ei-nem Geschäftszweig in den andern, sei es beim Rücktritt des industriellen Kapitals aus dem Geschäft. Esschließt dies ein die Kapitalfunktion des zuerst in Geldform vorgeschoßnen Mehrwerts, und tritt amschlagendsten hervor, wenn dieser in einem andern Geschäft fungiert als dem, woraus er herkommt. G ...G´ kann erster Kreislauf eines Kapitals sein; es kann letzter sein; es kann als Form des gesellschaftlichenGesamtkapitals gelten; es ist die Form von Kapital, das neu angelegt wird, sei es als in Geldform neuakkumuliertes Kapital, sei es als altes Kapital, das ganz in Geld verwandelt wird zur Übertragung auseinem Produktionszweig in den andern.

<66> Als stets in allen Kreisläufen einbegriffne Form vollzieht das Geldkapital diesen Kreislauf geradefür den Teil des Kapitals, der den Mehrwert erzeugt, das variable Kapital. Die normale Form des Vor-schusses des Arbeitslohns ist Zahlung in Geld; dieser Prozeß muß in kürzeren Terminen stets erneuertwerden, weil der Arbeiter von der Hand in den Mund lebt. Dem Arbeiter muß der Kapitalist daher be-ständig als Geldkapitalist, und sein Kapital als Geldkapital gegenübertreten. Es kann hier nicht, wie beimKauf der Produktionsmittel und Verkauf der produktiven Waren, direkte oder indirekte Ausgleichungstattfinden (so daß die größere Masse des Geldkapitals tatsächlich nur in Form von Waren, das Geld nurin der Form des Rechengelds, und schließlich bar nur für Ausgleichung der Bilanzen figuriert). Andrer-seits wird ein Teil des aus dem variablen Kapital entspringenden Mehrwerts vom Kapitalisten verausgabtfür seine Privatkonsumtion, die dem Kleinhandel angehört und, auf welchen Umwegen immer, bar, in derGeldform des Mehrwerts verausgabt wird. Wie groß oder klein dieser Teil des Mehrwerts sei, ändertnichts an der Sache. Fortwährend erscheint von neuem das variable Kapital als im Arbeitslohn angelegtesGeldkapital (G - A) und g als Mehrwert, der zur Bestreitung der Privatbedürfnisse des Kapitalisten ver-ausgabt wird. Also G als vorgeschoßner variabler Kapitalwert und g als sein Zuwachs, beide in Geldformnotwendig festgehalten, um in solcher verausgabt zu werden.

Die Formel G - W ... P ... W´- G´, mit dem Resultat G´ = G + g, schließt in ihrer Form eine Täuschungein, trägt einen illusorischen Charakter, der aus dem Dasein des vorgeschoßnen und verwerteten Werts inseiner Äquivalentform, dem Geld, entspringt. Der Akzent liegt nicht auf Verwertung des Werts, sondernauf der Geldform dieses Prozesses, darauf, daß mehr Wert in Geldform schließlich aus der Zirkulationgezogen wird, als ihr ursprünglich vorgeschossen ward, also auf Vermehrung der dem Kapitalisten gehö-rigen Gold- und Silbermasse. Das sogenannte Monetärsystem ist bloß Ausdruck der begriffslosen Form G- W - G´, einer Bewegung, die ausschließlich in der Zirkulation verläuft und daher die beiden Akte: 1) G -W, 2) W - G´ nur dadurch erklären kann, daß W im zweiten Akt über seinen Wert verkauft wird, dahermehr Geld der Zirkulation entzieht, als durch seinen Kauf in sie hineingeworfen ward. Dagegen G - W ...P ... W´- G´, als ausschließliche Form fixiert, liegt dem entwickelteren Merkantilsystem zugrund, wonicht nur Warenzirkulation, sondern auch Warenproduktion als notwendiges Element erscheint.

Der illusorische Charakter von G - W ... P ... W´- G´, und die ihr entsprechende illusorische Deutung istda, sobald diese Form als einmalige <67> fixiert wird, nicht als fließende, beständig sich erneuernde;sobald sie daher nicht als eine der Formen des Kreislaufs, sondern als seine ausschließliche gilt. Sie weistaber selbst auf andre Formen hin.

Erstens setzt dieser ganze Kreislauf den kapitalistischen Charakter des Produktionsprozesses selbst vor-aus, und als Basis daher diesen Produktionsprozeß nebst dem spezifischen, durch ihn bedingten Gesell-schaftszustand. G - W = G - W ; aber G - A unterstellt den Lohnarbeiter, und daher die Produktionsmittel

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als Teil des produktiven Kapitals, daher den Arbeits- und Verwertungsprozeß, den Produktionsprozeßschon als Funktion des Kapitals.

Zweitens: Wird G ... G´ wiederholt, so erscheint die Rückkehr zur Geldform ebenso verschwindend, wiedie Geldform im ersten Stadium. G - W verschwindet, um P Platz zu machen. Der beständige Wiedervor-schuß in Geld, ebensosehr wie seine beständige Rückkehr als Geld, erscheinen selbst als nur im Kreislaufverschwindende Momente.

Drittens:

Schon bei der zweiten Wiederholung des Kreislaufs erscheint der Kreislauf P ... W´- G´. G - W ... P, be-vor der zweite Kreislauf von G vollendet ist, und alle ferneren Kreisläufe können so unter der Form P ...W´- G - W ... P betrachtet werden, so daß G - W als erste Phase des ersten Kreislaufs nur die verschwin-dende Vorbereitung des sich stets wiederholenden Kreislaufs des produktiven Kapitals bildet, wie dies inder Tat der Fall bei zum ersten Mal in der Form von Geldkapital angelegtem, industriellem Kapital.

Andrerseits, bevor der zweite Kreislauf von P vollendet, ist der erste Kreislauf W´- G´. G - W ... P ... W´(abgekürzt W´... W´) beschrieben, der Kreislauf des Warenkapitals. So enthält die erste Form schon diebeiden andern und es verschwindet so die Geldform, soweit sie nicht bloßer Wertausdruck, sondern Wer-tausdruck in der Äquivalentform, in Geld.

Endlich: Nehmen wir ein neu auftretendes einzelnes Kapital, welches zum ersten Mal den Kreislauf G -W ... P ... W´- G beschreibt, so ist G - W die Vorbereitungsphase, der Vorläufer des ersten Produktions-prozesses, den dies einzelne Kapital durchmacht. Diese Phase G - W ist daher nicht vorausgesetzt, son-dern wird vielmehr durch den Produktionsprozeß gesetzt oder bedingt. Aber dies gilt nur für dies einzelneKapital. Allgemeine Form des Kreislaufs des industriellen Kapitals ist der Kreislauf des Geldkapitals,soweit die kapitalistische Produktionsweise vorausgesetzt ist, also innerhalb <68> eines durch die kapita-listische Produktion bestimmten Gesellschaftszustandes. Der kapitalistische Produktionsprozeß ist daherals ein prius vorausgesetzt, wenn nicht in dem ersten Kreislauf des Geldkapitals eines neu angelegtenindustriellen Kapitals, so außerhalb desselben; das beständige Dasein dieses Produktionsprozesses unter-stellt den beständig erneuerten Kreislauf von P ... P. Innerhalb des ersten Stadiums G - W tritt diese Vor-aussetzung selbst schon auf, indem dies einerseits das Dasein der Lohnarbeiterklasse voraussetzt; indemandrerseits das, was erstes Stadium G - W für den Käufer der Produktionsmittel, W´- G´ für ihren Ver-käufer ist, also in W´ das Warenkapital, somit die Ware selbst als Resultat der kapitalistischen Produkti-on, und damit die Funktion des produktiven Kapitals voraussetzt.

Fußnoten

(1) Aus Ms. II.

(2) Von hier an Ms. VII, angefangen 2. Juli 1878.

(4) Bis hierher Manuskript VI. Von hier an Manuskript V.

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(5) Dies gilt, einerlei in welcher Weise wir Kapitalwert und Mehrwert trennen. In 10.000 Pfund Garnsteckt 1.560 Pfund = 78 Pfd.St. Mehrwert, aber in 1 Pfund Garn = 1 Shilling steckt ebenfalls 2.496 Unzen= 1,872 Penny Mehrwert.

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Der Kreislauf des produktiven Kapitals

<69> Der Kreislauf des produktiven Kapitals hat die allgemeine Formel: P ... W´- G´- W ... P. Er bedeutetdie periodisch erneuerte Funktion des produktiven Kapitals, also die Reproduktion, oder seinen Produkti-onsprozeß als Reproduktionsprozeß mit Bezug auf die Verwertung; nicht nur Produktion, sondern peri-odische Reproduktion von Mehrwert; die Funktion des in seiner produktiven Form befindlichen industri-ellen Kapitals, nicht als einmalige, sondern als periodisch wiederholte Funktion, so daß der Wiederbeginndurch den Ausgangspunkt selbst gegeben ist. Ein Teil von W´ kann unmittelbar (in gewissen Fällen, An-lagezweigen des industriellen Kapitals) wieder als Produktionsmittel in denselben Arbeitsprozeß eingehn,aus dem er als Ware herauskam; dadurch wird nur die Verwandlung seines Werts in wirkliches Geld oderGeldzeichen erspart, oder sie erhält nur selbständigen Ausdruck als Rechengeld. Dieser Wertteil gehtnicht in die Zirkulation ein. Es gehn so Werte in den Produktionsprozeß ein, die nicht in den Zirkulati-onsprozeß eingehn. Dasselbe gilt von dem Teil von W´, den der Kapitalist als Teil des Mehrprodukts innatura verzehrt. Dies ist jedoch für die kapitalistische Produktion unbedeutend; es kommt höchstens beider Agrikultur in Betracht.

Zweierlei springt sofort bei dieser Form in die Augen,

Erstens. Während in der ersten Form G ... G´ der Produktionsprozeß, die Funktion von P, die Zirkulationdes Geldkapitals unterbricht und nur als Vermittler zwischen seinen beiden Phasen G - W und W´- G´erscheint, bildet hier der gesamte Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals, seine ganze Bewegunginnerhalb der Zirkulationsphase, nur eine Unterbrechung und daher nur die Vermittlung zwischen demproduktiven Kapital, das als erstes Extrem den Kreislauf eröffnet und als letztes ihn in derselben Form,also in der Form seines Wiederbeginns, schließt. Die eigentliche Zirkulation <70> erscheint nur als Ver-mittlung der periodisch erneuerten und durch die Erneuerung kontinuierlichen Reproduktion.

Zweitens. Die gesamte Zirkulation stellt sich dar in der entgegengesetzten Form von der, die sie imKreislauf des Geldkapitals besitzt. Sie war dort: G - W - G (G - W. W - G), abgesehn von der Wertbe-stimmung; sie ist hier, wieder abgesehn von der Wertbestimmung, W - G - W (W - G. G - W), also dieForm der einfachen Warenzirkulation.

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1. Einfache Reproduktion

Betrachten wir also zunächst den zwischen den Extremen P ... P in der Zirkulationssphäre verlaufendenProzeß W´- G´- W.

Der Ausgangspunkt dieser Zirkulation ist das Warenkapital: W´ = W + w = P + w. Die Funktion des Wa-renkapitals W´- G´ (die Realisierung des in ihm enthaltenen Kapitalwerts = P, der jetzt als Warenbe-standteil W existiert, wie des in ihm enthaltnen Mehrwerts, der als Bestandteil derselben Warenmasse,mit dem Wert w, existiert) wurde in der ersten Form des Kreislaufs betrachtet. Aber dort bildete sie diezweite Phase der unterbrochnen Zirkulation und die Abschlußphase des ganzen Kreislaufs. Hier bildet siedie zweite Phase des Kreislaufs, aber die erste Phase der Zirkulation. Der erste Kreislauf endet mit G´,und da G´ ebensowohl wie das ursprüngliche G von neuem als Geldkapital den zweiten Kreislauf eröff-nen kann, war es zunächst nicht nötig, weiter zuzusehn, ob die in G´ enthaltnen G und g (der Mehrwert)ihre Bahn miteinander fortsetzen, oder ob sie verschiedne Bahnen beschreiben. Dies wäre nur nötig ge-worden, hätten wir den ersten Kreislauf in seiner Erneuerung weiter verfolgt. Dieser Punkt muß aber imKreislauf des produktiven Kapitals entschieden werden, da die Bestimmung schon seines ersten Kreis-laufs davon abhängt, und weil W´- G´ in ihm als erste Zirkulationsphase erscheint, welche durch G - Wzu ergänzen ist. Es hängt von dieser Entscheidung ab, ob die Formel einfache Reproduktion oder Repro-duktion auf erweiterter Stufenleiter darstellt. Je nach ihrer Entscheidung also ändert sich der Charakterdes Kreislaufs.

Nehmen wir also zunächst die einfache Reproduktion des produktiven Kapitals, wobei wie im ersten Ka-pitel gleichbleibende Umstände und Kauf und Verkauf der Waren zu ihrem Wert vorausgesetzt sind. Derganze Mehrwert geht unter dieser Annahme in die persönliche Konsumtion des Kapitalisten ein. Sobalddie Verwandlung des Warenkapitals W´ in Geld stattgefunden, zirkuliert der Teil der Geldsumme, der denKapitalwert dar- <71> stellt, fort im Kreislauf des industriellen Kapitals; der andre, der vergoldeterMehrwert ist, geht ein in die allgemeine Warenzirkulation, ist vom Kapitalisten ausgehende Geldzirkula-tion, geht aber vor außerhalb der Zirkulation seines individuellen Kapitals.

In unserm Beispiel hatten wir ein Warenkapital W´ von 10.000 Pfund Garn zum Wert von 500 Pfd.St.;422 Pfd.St. davon sind der Wert des produktiven Kapitals, und setzen als Geldform von 8.440 Pfund Garndie von W´ begonnene Kapitalzirkulation fort, während der Mehrwert von 78 Pfd.St., Geldform von1.560 Pfund Garn, dem überschüssigen Teil des Warenprodukts, aus dieser Zirkulation heraustritt undeine getrennte Bahn innerhalb der allgemeinen Warenzirkulation beschreibt.

W -- -- G - W + -- G´ +W´ (w

)-- --

(g

)- w

g - w ist eine Reihe von Käufen vermittelst des Geldes, das der Kapitalist, sei es in eigentlichen Waren,sei es in Diensten für seine werte Person, resp. Familie, verausgabt. Diese Käufe sind zersplittert, findenzu verschiednen Terminen statt. Das Geld existiert also zeitweis in der Form eines für die laufende Kon-sumtion bestimmten Geldvorrats oder Schatzes, da in seiner Zirkulation unterbrochnes Geld sich inSchatzform befindet. Seine Funktion als Zirkulationsmittel, das auch seine vorübergehende Form alsSchatz einbegreift, geht nicht in die Zirkulation des Kapitals in seiner Geldform G ein. Das Geld wirdnicht vorgeschossen, sondern verausgabt.

Wir haben vorausgesetzt, daß das vorgeschossene Gesamtkapital stets ganz aus einer seiner Phasen in dieandre übergeht, so auch hier, daß das Warenprodukt von P den Gesamtwert des produktiven Kapitals P =422 Pfd.St. + dem während des Produktionsprozesses geschaffnen Mehrwert = 78 Pfd.St. trägt. In unserm

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Beispiel, wo wir es mit einem diskreten Warenprodukt zu tun haben, existiert der Mehrwert in der Formvon 560 Pfund Garn; ganz wie er auf 1 Pfund Garn berechnet in der Form von 2,496 Unzen Garn exi-stiert. Wäre dagegen das Warenprodukt z.B. eine Maschine von 500 Pfd.St. und von derselben Wertzu-sammensetzung, so wäre zwar ein Wertteil dieser Maschine = 78 Pfd.St. Mehrwert, aber diese 78 Pfd.St.existierten nur in der Gesamtmaschine; sie ist nicht in Kapitalwert und Mehrwert teilbar, ohne sie selbstin Stücke zu zerschlagen und so mit ihrem Gebrauchswert auch ihren Wert zu vernichten. Die beidenWertbestand teile können also nur ideell in Bestandteilen des Warenkörpers dargestellt werden, nicht alsselbständige Elemente der Ware W´, wie jedes Pfund <72> Garn als trennbares, selbständiges Warenele-ment der 10.000 Pfund. Im ersten Fall muß die Gesamtware, das Warenkapital, die Maschine, ganz ver-kauft sein, bevor g seine besondre Zirkulation eingehn kann. Dagegen wenn der Kapitalist 8.440 Pfundverkauft, würde der Verkauf der weitern 1.560 Pfund eine vollständig getrennte Zirkulation des Mehr-werts in der Form w (1.560 Pfund Garn) - g (78 Pfd.St.) = w (Konsumtionsartikel) darstellen. Die Werte-lemente jedes einzelnen Quotums des Garnprodukts von 10.000 Pfund sind aber in Teilen des Produktsebenso darstellbar wie im Gesamtprodukt. Wie dieses, 10.000 Pfund Garn, sich einteilen läßt in konstan-ten Kapitalwert (c), 7.440 Pfund Garn zum Wert 372 Pfd.St., variablen Kapitalwert (v) von 1.000 PfundGarn zu 50 Pfd.St. und Mehrwert (m) von 1.560 Pfund Garn zu 78 Pfd.St., so jedes Pfund Garn in c =11,904 Unzen zum Wert von 8,928 d., v = 1,600 Unze Garn zum Wert von 1,200 d., m = 2,496 UnzenGarn zum Wert von 1,872 d. Der Kapitalist könnte auch bei sukzessivem Verkauf der 10.000 Pfund die inden sukzessiven Portionen enthaltnen Mehrwertselemente sukzessive verzehren, und dadurch ebensosukzessive die Summe von c + v realisieren. Aber diese Operation unterstellt schließlich ebenfalls, daßdie ganzen 10.000 Pfund verkauft, daß also auch durch Verkauf von 8.440 Pfund der Wert von c und versetzt wird. (Buch I, Kap. VII, 2.)

Wie dem aber auch sei, durch W´- G´ erhalten sowohl der in W´ enthaltene Kapitalwert wie der Mehrwerteine trennbare Existenz, die Existenz verschiedner Geldsummen; in beiden Fällen ist G sowohl wie gwirklich verwandelte Form des Werts, der ursprünglich in W´ nur als Preis der Ware eignen, nur ideellenAusdruck besitzt.

w - g - w ist einfache Warenzirkulation, deren erste Phase w - g in der Zirkulation des Warenkapitals W´-G´ einbegriffen ist, also in den Kreislauf des Kapitals, deren ergänzende Phase g - w <1. und 2. Auflage:w - g; geändert nach dem Manuskript von Marx.> dagegen außerhalb dieses Kreislaufs fällt, als davongetrennter Vorgang der allgemeinen Warenzirkulation. Die Zirkulation von W und w, von Kapitalwertund Mehrwert, spaltet sich nach der Verwandlung von W´ in G´. Es folgt daher:

Erstens: Indem durch W´- G´ = W´- (G + g) das Warenkapital realisiert wird, wird die in W´- G´ nochgemeinsame und von derselben Warenmasse getragne Bewegung von Kapitalwert und Mehrwert spaltbar,indem beide jetzt selbständige Formen als Geldsummen besitzen.

Zweitens: Findet diese Spaltung statt, indem g als Revenue des Kapitalisten verausgabt wird, während Gals funktionelle Form des Kapital- <73> werts seine durch den Kreislauf bestimmte Bahn fortsetzt - so istder erste Akt W´- G´, im Zusammenhang mit den nachfolgenden Akten G - W und g - w, darstellbar alsdie zwei verschiednen Zirkulationen W - G - W und w - g - w; beides, der allgemeinen Form nach, dergewöhnlichen Warenzirkulation angehörige Reihen.

Übrigens werden in der Praxis bei kontinuierlichen Warenkörpern, die sich nicht teilen lassen, die Wert-bestandteile ideell für sich isoliert. Z.B. im Londoner Baugeschäft, das größtenteils auf Kredit betriebenwird, erhält der Bauunternehmer Vorschüsse, je nachdem der Bau des Hauses sich in verschiednen Stadi-en befindet. Keins dieser Stadien ist ein Haus, sondern nur ein wirklich existierender Bestandteil eineswerdenden künftigen Hauses; also trotz seiner Wirklichkeit nur ideeller Bruchteil des ganzen Hauses,aber dennoch wirklich genug, um als Sicherheit für zusätzlichen Vorschuß zu dienen. (Siehe hierüberunten Kap. XII.)

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Drittens: Trennt sich die in W und G noch gemeinschaftliche Bewegung von Kapitalwert und Mehrwertnur teilweise (so daß ein Teil des Mehrwerts nicht als Revenue verausgabt wird) oder gar nicht, so gehtim Kapitalwert selbst eine Veränderung vor noch innerhalb seines Kreislaufs, vor Vollendung desselben.In unserm Beispiel war der Wert des produktiven Kapitals gleich 422 Pfd.St. Setzt es also G - W fort, z.B.als 480 Pfd.St. oder 500 Pfd.St., so durchmißt es die letztern Stadien des Kreislaufs als ein um 58 Pfd.St.oder 78 Pfd.St. größerer Wert denn der anfängliche war. Es kann dies zugleich verbunden sein mit Ände-rung seiner Wertzusammensetzung. -

W´- G´, das zweite Stadium der Zirkulation und das abschließende Stadium des Kreislaufs I (G ... G´), istin unserm Kreislauf zweites Stadium desselben und erstes der Warenzirkulation. Soweit die Zirkulation inBetracht kommt, muß es also ergänzt werden durch G´- W´. Aber W´- G´ hat nicht nur den Verwertungs-prozeß (hier die Funktion von P, das erste Stadium) bereits hinter sich, sondern sein Resultat, das Waren-produkt W´, ist bereits realisiert. Der Verwertungsprozeß des Kapitals, sowie die Realisierung des Wa-renprodukts, worin sich der verwertete Kapitalwert darstellt, ist also beendet mit W´- G´.

Wir haben also einfache Reproduktion vorausgesetzt, d.h. daß g - w sich ganz trennt von G - W. Da beideZirkulationen, w - g - w ebenso wie W - G - W, der allgemeinen Form nach der Warenzirkulation angehö-ren (und daher auch keine Wertdifferenzen zwischen den Extremen zeigen), so ist es leicht, wie die Vul-gärökonomie es tut, den kapitalistischen Produktionsprozeß aufzufassen als bloße Produktion von Waren,Gebrauchswerten <74> zur Konsumtion irgendeiner Art bestimmt, die der Kapitalist nur produziert, umsie durch Waren von anderm Gebrauchswert zu ersetzen oder sie damit umzutauschen, wie es in der Vul-gärökonomie fälschlich heißt.

W tritt von vornherein als Warenkapital auf, und der Zweck des ganzen Prozesses, die Bereicherung(Verwertung) schließt eine mit der Größe des Mehrwerts (also auch des Kapitals) wachsende Konsumtiondes Kapitalisten keineswegs aus, sondern erst recht ein.

In der Zirkulation der Revenue des Kapitalisten dient in der Tat die produzierte Ware w (oder der ihr ide-ell entsprechende Bruchteil des Warenprodukts W´) nur dazu, sie zuerst in Geld und aus Geld in eineReihe andrer, der Privatkonsumtion dienender Waren umzusetzen. Aber der kleine Umstand ist hierbeinicht zu übersehn, daß w Warenwert ist, der dem Kapitalisten nichts gekostet hat, Verkörperung vonMehrarbeit, daher es ursprünglich als Bestandteil des Warenkapitals W´ auf die Bühne tritt. Dies w selbstist also schon seiner Existenz nach gebunden an den Kreislauf des prozessierenden Kapitalwerts, undkommt dieser ins Stocken oder wird sonstwie gestört, so beschränkt sich nicht nur die Konsumtion von w,oder hört ganz auf, sondern damit zugleich der Absatz für die Warenreihe, welche den Ersatz für w bildet.Dasselbe ist der Fall, wenn W´- G´ mißlingt oder nur ein Teil von W´ verkäuflich ist.

Wir sahen, daß w - g - w, als Zirkulation der Revenue des Kapitalisten, nur in die Kapitalzirkulation ein-geht, solange w Wertteil von W´, dem Kapital in seiner Funktionsform von Warenkapital, ist: aber sobaldverselbständigt durch g - w, also in der ganzen Form w - g - w, geht sie nicht in die Bewegung des vomKapitalisten vorgeschoßnen Kapitals ein, obgleich sie aus derselben hervorgeht. Sie hängt damit soweitzusammen, als die Existenz des Kapitals die Existenz des Kapitalisten voraussetzt, und diese letztere istbedingt durch seinen Verzehr von Mehrwert.

Innerhalb der allgemeinen Zirkulation fungiert W´, z.B. Garn, nur als Ware; aber als Moment der Zirku-lation des Kapitals fungiert es als Warenkapital, eine Gestalt, die der Kapitalwert abwechselnd annimmtund abstößt. Nach dem Verkauf des Garns an den Kaufmann ist es aus dem Kreislaufsprozeß desjenigenKapitals, dessen Produkt es ist, entfernt, befindet sich aber trotzdem fortwährend als Ware im Umkreisder allgemeinen Zirkulation. Die Zirkulation derselben Warenmasse dauert fort, obgleich sie aufgehörthat, ein Moment im selbständigen Kreislauf des Kapitals des Spinners zu bilden. Die wirkliche definitiveMetamorphose der vom Kapitalisten in die Zirkulation geworfnen Warenmasse, W - G, ihr schließlichesHerausfallen in die Konsumtion kann daher zeitlich und räumlich durchaus <75> getrennt sein von derMetamorphose, worin diese Warenmasse als sein Warenkapital fungiert. Dieselbe Metamorphose, die in

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der Zirkulation des Kapitals vollzogen ist, bleibt in der Sphäre der allgemeinen Zirkulation noch zu voll-ziehn.

Es ändert nichts an der Sache, wenn das Garn wieder in den Kreislauf eines andern industriellen Kapitalseingeht. Die allgemeine Zirkulation umfaßt ebensosehr die Verschlingung der Kreisläufe der verschied-nen selbständigen Bruchstücke des gesellschaftlichen Kapitals, d.h. die Gesamtheit der einzelnen Kapita-le, wie die Zirkulation der nicht als Kapital auf den Markt geworfnen, beziehungsweise der in die indiv i-duelle Konsumtion eingehenden Werte.

Das Verhältnis zwischen dem Kreislauf des Kapitals, sofern er Teil der allgemeinen Zirkulation und so-fern er Glieder eines selbständigen Kreislaufs bildet, zeigt sich ferner, wenn wir die Zirkulation von G´ =G + g betrachten. G, als Geldkapital, setzt den Kreislauf des Kapitals fort. g, als Revenueausgabe (g - w),geht in die allgemeine Zirkulation ein, fliegt aber aus dem Kreislauf des Kapitals hinaus. Nur der Teilgeht in letztren Kreislauf ein, der als zusätzliches Geldkapital fungiert. In w - g - w fungiert Geld nur alsMünze; Zweck dieser Zirkulation ist die individuelle Konsumtion des Kapitalisten. Es charakterisiert denKretinismus der Vulgärokonomie, daß sie diese Zirkulation, die nicht in den Kreislauf des Kapitals ein-geht - die Zirkulation des als Revenue verzehrten Teils des Wertprodukts - für den charakteristischenKreislauf des Kapitals ausgibt.

In der zweiten Phase, G - W, ist der Kapitalwert G = P (dem Wert des produktiven Kapitals, das denKreislauf des industriellen Kapitals hier eröffnet) wieder vorhanden, entledigt vom Mehrwert, also inderselben Wertgröße, wie in dem ersten Stadium des Kreislaufs des Geldkapitals G - W. Trotz der ver-schiednen Stelle ist die Funktion des Geldkapitals, worin nun das Warenkapital umgewandelt, dieselbe:seine Verwandlung in Pm und A, Produktionsmittel und Arbeitskraft.

Gleichzeitig mit w - g hat also der Kapitalwert in der Funktion des Warenkapitals W´- G´ die Phase W -G durchlaufen und tritt nun in die ergänzende Phase G - W ; seine Gesamtzirkulation ist also W - G - W

Erstens: Das Geldkapital G trat in Form I (Kreislauf G ... G´) als ursprüngliche Form auf, worin der Ka-pitalwert vorgeschossen wird; es tritt hier von vornherein auf als Teil der Geldsumme, worin das Waren-kapital in der ersten Zirkulationsphase W´- G´ sich verwandelt hat, also von vornherein als durch Verkaufdes Warenprodukts vermittelte Verwandlung von P, dem produktiven Kapital, in Geldform. Das Geldka-pital existiert hier <76> von vornherein als nicht ursprüngliche und nicht schließliche Form des Kapital-werts, da nur durch abermalige Abstreifung der Geldform die die Phase W - G abschließende Phase G -W vollzogen werden kann. Der Teil von G - W, der zugleich G - A, erscheint daher auch nicht mehr alsbloßer Geldvorschuß durch Ankauf von Arbeitskraft, sondern als Vorschuß, worin der Arbeitskraft die-selben 1.000 Pfund Garn zum Wert von 50 Pfd.St., in Geldform vorgeschossen werden, die einen Teil desvon der Arbeitskraft geschaffnen Warenwerts bilden. Das Geld, das dem Arbeiter hier vorgeschossenwird, ist nur verwandelte Äquivalentform eines Wertteils des von ihm selbst produzierten Warenwerts.Und schon darum ist der Akt G - W, soweit er G - A, keineswegs nur Ersatz von Ware in Geldform durchWare in Gebrauchsform, sondern schließt andre, von der allgemeinen Warenzirkulation als solcher unab-hängige Elemente ein.

G´ erscheint als verwandelte Form von W´, welches selbst Produkt der vergangnen Funktion von P, demProduktionsprozeß, ist; die gesamte Geldsumme G´ daher als Geldausdruck vergangner Arbeit. In unsermBeispiel: 10.000 Pfund Garn = 500 Pfd.St., Produkt des Spinnprozesses; davon 7.440 Pfund Garn = demvorgeschoßnen konstanten Kapital c = 372 Pfd.St.; 1.000 Pfund Garn = dem vorgeschoßnen variablenKapital v = 50 Pfd.St., und 1.560 Pfund Garn = dem Mehrwert m = 78 Pfd.St. Wird von G´ nur das ur-sprüngliche Kapital = 422 Pfd.St. von neuem vorgeschossen, unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen,so erhält der Arbeiter in G - A nur einen Teil der in dieser Woche produzierten 10.000 Pfund Garn (denGeldwert von 1.000 Pfund Garn) in der nächsten Woche vorgeschossen. Als Resultat von W - G ist dasGeld stets Ausdruck vergangner Arbeit. Soweit der ergänzende Akt G - W sofort auf dem Warenmarktsich vollzieht, also G gegen existierende, auf dem Markt befindliche Waren umgesetzt wird, ist es wieder

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Umsatz vergangner Arbeit, aus einer Form (Geld) in andre Form (Ware). Aber G - W ist in der Zeit vonW - G verschieden. Es kann gleichzeitig sein, ausnahmsweise, wenn z.B. der Kapitalist, der G - W voll-zieht, und der Kapitalist, für den dieser Akt W - G ist, sich ihre Waren wechselseitig zur selben Zeitüberweisen und G dann nur die Bilanz ausgleicht. Die Zeitdifferenz zwischen der Exekution von W - Gund der von G - W kann mehr oder minder beträchtlich sein. Obgleich als Resultat des Akts W - G, Gvergangne Arbeit vorstellt, kann G für den Akt G - W die verwandelte Form von Waren vorstellen, dienoch gar nicht auf dem Markt befindlich sind, sondern sich erst in Zukunft darauf befinden werden, da G- W erst vorzugehn braucht, nachdem W neu produziert ist. Ebensowohl kann G Waren vorstellen, diegleichzeitig mit <77> dem W, dessen Geldausdruck es ist, produziert werden. Z.B. in dem Umsatz G - W(Ankauf von Produktionsmitteln) können die Kohlen gekauft werden, ehe sie aus der Grube gehoben sind.Soweit g als Geldakkumulation figuriert, nicht als Revenue verausgabt wird, kann es Baumwolle vorstel-len, die erst nächstes Jahr produziert wird. Ebenso bei der Verausgabung von Revenue des Kapitalisten, g- w. Ebenso der Arbeitslohn A = 50 Pfd.St.; es ist dies Geld nicht nur Geldform der vergangnen Arbeitder Arbeiter, sondern zugleich Anweisung auf gleichzeitige oder zukünftige Arbeit, die sich erst realisiert,oder in Zukunft realisieren soll. Der Arbeiter mag damit einen Rock kaufen, der erst in nächster Wochegemacht wird. Namentlich ist dies der Fall mit Bezug auf die sehr große Zahl notwendiger Lebensmittel,die beinahe unmittelbar im Augenblick ihrer Produktion konsumiert werden müssen, sollen sie nicht ver-derben. So erhält der Arbeiter in dem Geld, worin er seinen Arbeitslohn ausbezahlt erhält, die verwan-delte Form seiner eignen zukünftigen Arbeit oder der andrer Arbeiter. Mit einem Teil seiner vergangnenArbeit gibt ihm der Kapitalist Anweisung auf seine eigne künftige Arbeit. Es ist seine eigne gleichzeitigeoder künftige Arbeit, die den noch nicht vorhandnen Vorrat bildet, womit ihm seine vergangne Arbeitbezahlt wird. Hier verschwindet die Vorstellung der Vorratbildung ganz.

Zweitens: In der Zirkulation W - G - W wechselt dasselbe Geld zweimal die Stelle; der Kapitalist erhältes erst als Verkäufer und gibt es fort als Käufer; die Verwandlung von Ware in Geldform dient nur dazu,sie aus Geldform wieder in Warenform zu verwandeln; die Geldform des Kapitals, sein Dasein als Geld-kapital, ist daher in dieser Bewegung nur verschwindendes Moment; oder das Geldkapital, soweit dieBewegung flüssig, erscheint nur als Zirkulationsmittel, wenn es als Kaufmittel dient; als eigentlichesZahlungsmittel erscheint es, wenn Kapitalisten gegenseitig voneinander kaufen, daher nur Zahlungsbilanzzu saldieren ist.

Drittens: Die Funktion des Geldkapitals, ob es als bloßes Zirkulationsmittel oder als Zahlungsmittel die-ne, vermittelt nur den Ersatz von W durch A und Pm, d.h. den Ersatz des Garns, des Warenprodukts,worin das produktive Kapital resultiert (nach Abzug des als Revenue zu verwendenden Mehrwerts) durchseine Produktionselemente, also Rückverwandlung des Kapitalwerts aus seiner Form als Ware in die Bil-dungselemente dieser Ware; sie vermittelt also schließlich nur die Rückverwandlung des Warenkapitals inproduktives Kapital.

Damit der Kreislauf sich normal vollzieht, muß W´ zu seinem Wert und in seiner Gesamtheit verkauftwerden. Ferner schließt W - G - W nicht nur <78> Ersatz einer Ware durch eine andre, sondern Ersatz indenselben Wertverhältnissen ein. Es ist unsre Annahme, daß dies hier geschieht. Tatsächlich aber variie-ren die Werte der Produktionsmittel; gerade der kapitalistischen Produktion ist fortwährender Wechselder Wertverhältnisse eigen schon durch den beständigen Wechsel in der Produktivität der Arbeit, der diekapitalistische Produktion charakterisiert. Auf diesen später <Siehe vorl. Band, > zu erörternden Wert-wechsel der Produktionsfaktoren weisen wir hier nur hin. Die Verwandlung der Produktionselemente inWarenprodukt, von P in W´, geht in der Produktionssphäre vor, die Rückverwandlung von W´ in P in derZirkulationssphäre. Sie ist vermittelt durch die einfache Warenmetamorphose. Ihr Inhalt aber ist ein Mo-ment des Reproduktionsprozesses als Ganzes betrachtet. W - G - W, als Zirkulationsform des Kapitals,schließt einen funktionell bestimmten Stoffwechsel ein. Der Umsatz W - G - W bedingt ferner, daß W =den Produktionselementen des Warenquantums W´, und daß diese ihre ursprünglichen Wertverhältnissegegeneinander behaupten; es ist also unterstellt nicht nur, daß die Waren zu ihrem Werte gekauft werden,sondern auch, daß sie während des Kreislaufs keinen Wertwechsel erleiden; wo nicht, kann der Prozeßnicht normal verlaufen.

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In G ... G´ ist G die ursprüngliche Form des Kapitalwerts, die abgestreift wird, um wieder angenommenzu werden. In P ... W´- G´ - W ... P ist G nur im Prozeß angenommene Form, die schon innerhalb dessel-ben wieder abgestreift wird. Die Geldform erscheint hier nur als verschwindende selbständige Wertformdes Kapitals; das Kapital als W´ ist ebenso ängstlich sie anzunehmen, wie als G´ sie abzustreifen, sobaldes sich in sie verpuppt hat, um sich wieder in die Form des produktiven Kapitals umzusetzen. Solange esin der Geldgestalt verharrt, fungiert es nicht als Kapital, und verwertet sich daher nicht; das Kapital liegtbrach. G wirkt hier als Zirkulationsmittel, aber als Zirkulationsmittel des Kapitals. <Hier im Manuskriptvon Marx vermerkt: "Gegen Tooke".> Der Schein der Selbständigkeit, den die Geldform des Kapitalwertsin der ersten Form seines Kreislaufs (des Geldkapitals) besitzt, verschwindet in dieser zweiten Form, wel-che somit die Kritik der Form I bildet, und sie auf eine nur besondre Form reduziert. Stößt die zweiteMetamorphose G - W auf Hindernisse (fehlen z.B. die Produktionsmittel auf dem Markt), so ist derKreislauf, der Fluß des Reproduktionsprozesses unterbrochen, ebensosehr als wenn das Kapital in derForm des Warenkapitals festliegt. Der Unterschied ist aber der: In Geldform kann es länger ausharren alsin der vergänglichen <79> Warenform. Es hört nicht auf Geld zu sein, wenn es nicht als Geldkapital fun-giert; es hört aber auf Ware zu sein und überhaupt Gebrauchswert, wenn es zu lange in seiner Funktionals Warenkapital aufgehalten wird. Zweitens ist es in Geldform fähig, statt seiner ursprünglichen produk-tiven Kapitalform eine andre anzunehmen, während es als W´ überhaupt nicht vom Platze kommt.

W´- G´- W schließt nur für W´ seiner Form nach Zirkulationsakte ein, die Momente seiner Reproduktionsind; aber die wirkliche Reproduktion von W, worin sich W´ umsetzt, ist nötig zur Ausführung von W´-G´- W; diese ist aber bedingt durch Reproduktionsprozesse außerhalb des Reproduktionsprozesses desindividuellen in W´ dargestellten Kapitals. -

In der Form I bereitet G - W nur die erste Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital vor; in derForm II die Rückverwandlung aus Warenkapital in produktives Kapital: also, soweit die Anlage des indu-striellen Kapitals dieselbe bleibt, Rückverwandlung des Warenkapitals n dieselben Produktionselemente,aus denen es hervorgegangen. Es erscheint daher hier, wie in Form I, als vorbereitende Phase des Pro-duktionsprozesses, aber als Rückkehr zu demselben, Erneuerung desselben, daher als Vorläufer des Re-produktionsprozesses, also auch der Wiederholung des Verwertungsprozesses.

Es ist nun wieder zu bemerken, daß G - A nicht einfacher Warenaustausch ist, sondern Kauf einer WareA, die der Produktion von Mehrwert dienen soll, wie G - Pm nur Prozedur, die zur Ausführung diesesZwecks stofflich unerläßlich ist.

Mit Vollziehung von G - W ist G in produktives Kapital rückverwandelt, in P, und beginnt der Kreislaufvon neuem.

Die explizite Form von P ... W´- G´- W ... P ist also:

W --- G - W ... P+ +P ... W´ {w

}---

{g

}- w

Die Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapitalist Warenkauf zur Warenproduktion. Nur soweitdie Konsumtion diese produktive Konsumtion ist, fällt sie in den Kreislauf des Kapitals selbst; ihre Be-dingung ist, daß vermittelst der so konsumierten Waren Mehrwert gemacht wird. Und dies ist etwas sehrVerschiednes von Produktion und selbst Warenproduktion, deren Zweck die Existenz der Produzenten ist;ein so durch Mehrwertsproduktion bedingter Ersatz von Ware durch Ware ist etwas ganz andres als Pro-duktenaustausch - nur durch Geld vermittelt - an sich <80> ist. So wird aber die Sache genommen vonden Ökonomen zum Beweis, daß keine Überproduktion möglich ist.

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Außer der produktiven Konsumtion von G, das in A und Pm verwandelt wird, enthält der Kreislauf daserste Glied von G - A, welches für den Arbeiter A - G = W - G ist. Von der Zirkulation des Arbeiters A -G - W, welche seine Konsumtion einschließt, fällt nur das erste Glied als Resultat von G - A in denKreislauf des Kapitals. Der zweite Akt, nämlich G - W, fällt nicht in die Zirkulation des individuellenKapitals, obgleich sie aus derselben hervorgeht. Das beständige Dasein der Arbeiterklasse ist aber für dieKapitalistenklasse nötig, daher auch die durch G - W vermittelte Konsumtion des Arbeiters.

Der Akt W´- G´ unterstellt für die Fortsetzung des Kreislaufs des Kapitalwerts, wie für die Konsumtiondes Mehrwerts durch den Kapitalisten, nur, daß W´ in Geld verwandelt, verkauft worden. Es wird natür-lich nur gekauft, weil der Artikel ein Gebrauchswert, also zur Konsumtion irgendeiner Art, produktivenoder individuellen, tauglich. Wenn aber W´ weiter zirkuliert, z.B. in der Hand des Kaufmanns, der dasGarn gekauft hat, so berührt das zunächst keineswegs die Fortsetzung des Kreislaufs des individuellenKapitals, das das Garn produziert und an den Kaufmann verkauft hat. Der ganze Prozeß geht seinen Gangfort, und mit ihm auch die dadurch bedingte individuelle Konsumtion von Kapitalist und Arbeiter. EinPunkt, wichtig bei Betrachtung der Krisen.

Sobald W´ nämlich verkauft, in Geld verwandelt ist, kann es in die realen Faktoren des Arbeitsprozessesund darum des Reproduktionsprozesses rückverwandelt werden. Ob W´ daher vom definitiven Konsu-menten gekauft ist oder vom Kaufmann, der es wieder verkaufen will, ändert unmittelbar nichts an derSache. Der Umfang der von der kapitalistischen Produktion erzeugten Warenmassen wird bestimmt durchdie Stufenleiter dieser Produktion und das Bedürfnis der beständigen Ausdehnung dieser letztren, nichtdurch einen prädestinierten Kreis von Nachfrage und Angebot, von zu befriedigenden Bedürfnissen. DieMassenproduktion kann für ihren unmittelbaren Käufer, außer andern industriellen Kapitalisten, nur denGroßkaufmann haben. Innerhalb gewisser Grenzen kann der Reproduktionsprozeß auf derselben odererweiterten Stufe vorgehn, obgleich die aus ihm ausgestoßnen Waren nicht wirklich in die individuelleoder produktive Konsumtion eingegangen sind. Die Konsumtion der Waren ist nicht eingeschlossen inden Kreislauf des Kapitals, aus dem sie hervorgegangen sind. Sobald das Garn z.B. verkauft ist, kann derKreislauf des im Garn dargestellten Kapitalwerts von neuem beginnen, was auch immer zunächst <81>aus dem verkauften Garn wird. Solange das Produkt verkauft wird, geht vom Standpunkt des kapitalisti-schen Produzenten alles seinen regelmäßigen Gang. Der Kreislauf des Kapitalwerts, den er repräsentiert,wird nicht unterbrochen. Und ist dieser Prozeß erweitert - was erweiterte produktive Konsumtion derProduktionsmittel einschließt -, so kann diese Reproduktion des Kapitals von erweiterter individuellerKonsumtion (also Nachfrage) der Arbeiter begleitet sein, da er durch produktive Konsumtion eingeleitetund vermittelt ist. Es kann so die Produktion von Mehrwert und mit ihr auch die individuelle Konsumtiondes Kapitalisten wachsen, der ganze Reproduktionsprozeß sich im blühendsten Zustand befinden unddennoch ein großer Teil der Waren nur scheinbar in die Konsumtion eingegangen sein, in Wirklichkeitaber unverkauft in den Händen von Wiederverkäufern lagern, tatsächlich sich also noch auf dem Marktbefinden. Nun folgt Warenstrom auf Warenstrom, und es tritt endlich hervor, daß der frühere Strom nurscheinbar von der Konsumtion verschlungen ist. Die Warenkapitale machen sich wechselseitig ihren Platzauf dem Markt streitig. Die Nachrückenden, um zu verkaufen, verkaufen unter dem Preis. Die früherenStröme sind noch nicht flüssig gemacht, während die Zahlungstermine dafür fällig werden. Ihre Inhabermüssen sich insolvent erklären, oder verkaufen zu jedem Preis, um zu zahlen. Dieser Verkauf hat absolutnichts zu tun mit dem wirklichen Stand der Nachfrage. Er hat nur zu tun mit der Nachfrage nach Zahlung,mit der absoluten Notwendigkeit, Ware in Geld zu verwandeln. Dann bricht die Krise los. Sie wird sicht-bar nicht in der unmittelbaren Abnahme der konsumtiven Nachfrage, der Nachfrage für individuelle Kon-sumtion, sondern in der Abnahme des Austauschs von Kapital gegen Kapital, des Reproduktionsprozes-ses des Kapitals. -

Wenn die Waren Pm und A, worin sich G umgesetzt, um seine Funktion als Geldkapital, als zur Rück-verwandlung in produktives Kapital bestimmter Kapitalwert, zu vollziehn - wenn diese Waren in ver-schiednen Terminen zu kaufen oder zu zahlen sind, G - W also eine Reihe nacheinander vorgehenderKäufe und Zahlungen vorstellt, so vollzieht ein Teil von G den Akt G - W, während ein andrer Teil im

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Geldzustand verharrt, um erst zu einer durch die Bedingungen des Prozesses selbst bestimmten Zeit fürgleichzeitige oder sukzessive Akte G - W zu dienen. Er ist der Zirkulation nur zeitweilig entzogen, um ambestimmten Zeitpunkt in Aktion zu treten, seine Funktion auszuüben. Diese Aufspeicherung desselben istdann selbst eine durch seine Zirkulation und für die Zirkulation bestimmte Funktion. Sein Dasein alsKauf- und Zahlungsfonds, die Suspension seiner Bewegung, der Zustand seiner unterbrochnen Zirkulati-on, ist dann ein Zustand, worin <82> das Geld eine seiner Funktionen als Geldkapital ausübt. Als Geld-kapital; denn in diesem Fall ist das zeitweilig in Ruhe verharrende Geld selbst ein Teil des Geldkapitals G(von G´ - g = G), des Wertteils des Warenkapitals, der = P, dem Wert des produktiven Kapitals, von demder Kreislauf ausgeht. Andrerseits befindet sich alles der Zirkulation entzogne Geld in Schatzform. DieSchatzform des Geldes wird also hier Funktion des Geldkapitals, ganz wie in G - W die Funktion desGeldes als Kauf- oder Zahlungsmittel zur Funktion des Geldkapitals wird, und zwar weil der Kapital-Wert hier in Geldform existiert, der Geldzustand hier ein durch den Zusammenhang des Kreislaufs vorge-schriebner Zustand des industriellen Kapitals in einem seiner Stadien ist. Aber es bewährt sich hier wiederzugleich, daß das Geldkapital innerhalb des Kreislaufs des industriellen Kapitals keine andren als Geld-funktionen verrichtet, und diese Geldfunktionen nur durch ihren Zusammenhang mit den andren Stadiendieses Kreislaufs zugleich die Bedeutung von Kapitalfunktionen haben.

Die Darstellung von G´ als Verhältnis von g zu G, als Kapitalverhältnis, ist unmittelbar keine Funktiondes Geldkapitals, sondern des Warenkapitals W´, welches selbst wieder als Verhältnis von w und W nurdas Resultat des Produktionsprozesses ausdrückt, der darin vorgegangnen Selbstverwertung des Kapital-werts.

Stößt der Fortgang des Zirkulationsprozesses auf Hindernisse, so daß G durch äußre Umstände, Lage desMarkts etc., seine Funktion G - W suspendieren muß und deswegen in seinem Geldzustand kürzer oderlänger verharrt, so ist das wieder ein Schatzzustand des Geldes, der auch in der einfachen Warenzirkulati-on vorkommt, sobald der Übergang von W - G in G - W durch äußre Umstände unterbrochen wird. Es istunfreiwillige Schatzbildung. In unserm Fall hat das Geld so die Form von brachliegendem, latentemGeldkapital. Doch gehn wir zunächst nicht weiter darauf ein.

In beiden Fällen aber erscheint das Verharren des Geldkapitals in seinem Geldzustand als Resultat unter-brochner Bewegung, sei diese nun zweckgemäß oder zweckwidrig, freiwillig oder unfreiwillig, funkti-onsgemäß oder funktionswidrig.

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II. Akkumulation und Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter

Da die Proportionen, worin der Produktionsprozeß erweiterbar, nicht willkürlich, sondern technisch vor-geschrieben sind, so kann der realisierte Mehrwert, obgleich zur Kapitalisierung bestimmt, oft erst durchdie Wieder- <83> holung verschiedner Kreisläufe zu dem Umfang heranwachsen (muß also bis dahinaufgehäuft werden), worin er wirklich als zuschüssiges Kapital fungieren oder in den Kreislauf des pro-zessierenden Kapitalwerts eingehn kann. Der Mehrwert erstarrt also zum Schatz und bildet in dieser Formlatentes Geldkapital. Latent, weil es, solange es in der Geldform verharrt, nicht als Kapital wirken kann.So erscheint hier die Schatzbildung als ein innerhalb des kapitalistischen Akkumulationsprozesses einbe-griffnes, ihn begleitendes, aber zugleich wesentlich von ihm unterschiednes Moment. Denn durch dieBildung von latentem Geldkapital wird der Reproduktionsprozeß selbst nicht erweitert. Umgekehrt. La-tentes Geldkapital wird hier gebildet, weil der kapitalistische Produzent die Stufenleiter seiner Produktionnicht unmittelbar erweitern kann. Verkauft er sein Mehrprodukt an einen Gold- oder Silberproduzenten,der neues Gold oder Silber in die Zirkulation hineinwirft, oder, was auf dasselbe hinauskommt, an einenKaufmann, der für einen Teil des nationalen Mehrprodukts zuschüssiges Gold oder Silber vom Auslandimportiert, so bildet sein latentes Geldkapital ein Inkrement des nationalen Gold- oder Silberschatzes. Inallen andren Fällen haben z.B. die 78 Pfd.St., die in der Hand des Käufers Zirkulationsmittel waren, in derHand des Kapitalisten nur die Schatzform angenommen; es hat also nur andre Verteilung des nationalenGold- oder Silberschatzes stattgefunden.

Fungiert das Geld in den Transaktionen unsres Kapitalisten als Zahlungsmittel (in der Art, daß die Wareerst in kürzrem oder längrem Termin vom Käufer zu zahlen), so verwandelt sich das zur Kapitalisationbestimmte Mehrprodukt nicht in Geld, sondern in Schuldforderungen, Eigentumstitel auf ein Äquivalent,das der Käufer vielleicht schon im Besitz, vielleicht erst in Aussicht hat. Es geht nicht in den Reprodukti-onsprozeß des Kreislaufs ein, so wenig wie Geld, das in zinstragenden Papieren etc. angelegt, obgleich esin den Kreislauf andrer industriellen Einzelkapitale eingehn kann.

Der ganze Charakter der kapitalistischen Produktion ist bestimmt durch die Verwertung des vorgeschoß-nen Kapitalwerts, also in erster Instanz durch Produktion von möglichst viel Mehrwert; zweitens aber(siehe Buch I, <84> Kap. XXII) durch Produktion von Kapital, also durch Verwandlung von Mehrwert inKapital. Die Akkumulation oder Produktion auf erweiterter Stufenleiter, die als Mittel zu stets ausge-dehnterer Produktion von Mehrwert, daher Bereicherung des Kapitalisten, als persönlicher Zweck desletztren erscheint, und eingeschlossen ist in die allgemeine Tendenz der kapitalistischen Produktion, wirdaber weiter, wie im ersten Buch gezeigt, durch ihre Entwicklung eine Notwendigkeit für jeden individu-ellen Kapitalisten. Die stete Vergrößrung seines Kapitals wird Bedingung der Erhaltung desselben. Dochhaben wir nicht weiter auf das früher Entwickelte zurückzukommen.

Wir betrachteten zuerst die einfache Reproduktion, wobei unterstellt wurde, daß der ganze Mehrwert alsRevenue verausgabt wird. In der Wirklichkeit muß unter normalen Verhältnissen immer ein Teil desMehrwerts als Revenue verausgabt und ein andrer Teil kapitalisiert werden, wobei es ganz gleichgültig,ob innerhalb bestimmter Perioden produzierter Mehrwert bald ganz verzehrt, bald ganz kapitalisiert wird.Im Durchschnitt der Bewegung - und die allgemeine Formel kann nur diesen darstellen - findet beidesstatt. Um die Formel nicht zu komplizieren, ist es indes besser anzunehmen, daß der ganze Mehrwertakkumuliert wird. Die Formel P ... W´ - G´- W´ ... P´ drückt aus: produktives Kapital, das auf größrerStufenleiter und mit größrem Wert reproduziert wird, und als angewachsnes produktives Kapital seinenzweiten Kreislauf beginnt, oder, was dasselbe, seinen ersten Kreislauf erneuert. Sobald dieser zweiteKreislauf beginnt, haben wir wieder P als Ausgangspunkt; bloß ist P ein größres produktives Kapital alsdas erste P war. So, wenn in der Formel G ... G´ der zweite Kreislauf mit G´ beginnt, fungiert G´ als G,als vorgeschoßnes Geldkapital von bestimmter Größe; es ist größres Geldkapital als das, womit der ersteKreislauf eröffnet ward, aber alle Beziehung auf sein Angewachsensein durch Kapitalisierung von Mehr-wert ist verschwunden, sobald es in der Funktion von vorgeschoßnem Geldkapital auftritt. Dieser Ur-

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sprung ist ausgelöscht in seiner Form als Geldkapital, das seinen Kreislauf beginnt. Ebenso mit P´, sobaldes als Ausgangspunkt eines neuen Kreislaufs fungiert.

Vergleichen wir P ... P´ mit G ... G´ oder dem ersten Kreislauf, so haben sie durchaus nicht dieselbe Be-deutung. G ... G´, für sich genommen als vereinzelter Kreislauf, drückt nur aus, daß G, das Geldkapital(oder das industrielle Kapital in seinem Kreislauf als Geldkapital), Geld heckendes Geld, Wert heckenderWert ist, Mehrwert setzt. Im Kreislauf von P dagegen ist der Verwertungsprozeß selbst mit Ablauf desersten Stadiums, des <85> Produktionsprozesses, bereits vollzogen, und nach Durchlaufen des zweitenStadiums (des ersten Zirkulationsstadiums) W´ - G´ existieren Kapitalwert + Mehrwert bereits als reali-siertes Geldkapital, als G´, welches als letztes Extrem im ersten Kreislauf erschien. Daß Mehrwert produ-ziert worden, ist in der zuerst betrachteten Form von P ... P dargestellt (siehe explizite Formel S. 47 <Siehe vorl. Band, >) durch w - g - w, das in seinem zweiten Stadium außerhalb der Kapitalzirkulation fälltund die Zirkulation des Mehrwerts als Revenue darstellt. In dieser Form, wo sich die ganze Bewegung inP ... P darstellt, also keine Wertdifferenz zwischen den beiden Endpunkten stattfindet, ist also die Ver-wertung des vorgeschoßnen Werts, die Erzeugung von Mehrwert, ebenso dargestellt wie in G ... G´; nurerscheint der Akt W´- G´ als letztes Stadium in G ... G´, und als zweites des Kreislaufs, erstes der Zirku-lation in P ... P.

In P ... P´ drückt P´ aus, nicht daß Mehrwert produziert, sondern daß der produzierte Mehrwert kapitali-siert, also Kapital akkumuliert worden ist, und daher P´, gegenüber P, aus dem ursprünglichen Kapital-wert plus dem Wert von durch dessen Bewegung akkumuliertem Kapital besteht.

G´, als bloßer Schluß von G ... G´, sowohl wie W´, wie es innerhalb aller dieser Kreisläufe erscheint,drücken für sich genommen nicht die Bewegung aus, sondern ihr Resultat: die in Warenform oder Geld-form realisierte Verwertung des Kapitalwerts, und daher den Kapitalwert als G + g oder als W + w, alsVerhältnis von Kapitalwert zu seinem Mehrwert, als seinem Abkömmling. Sie drücken dies Resultat ausals verschiedne Zirkulationsformen des verwerteten Kapitalwerts. Aber weder in der Form W´ noch in derForm G´ ist die stattgefundene Verwertung selbst eine Funktion, sei es des Geldkapitals, sei es des Wa-renkapitals. Als besondre, verschiedne Formen, Daseinsweisen, die besondren Funktionen des industrie l-len Kapitals entsprechen, kann Geldkapital nur Geldfunktionen, Warenkapital nur Warenfunktionen voll-ziehn, ist ihr Unterschied voneinander nur der von Geld und Ware. Ebenso kann das industrielle Kapital,in seiner Form als produktives Kapital, nur aus denselben Elementen bestehn, wie jeder andre produktbil-dende Arbeitsprozeß: einerseits gegenständlichen Arbeitsbedingungen (Produktionsmitteln), andrerseitssich produktiv (zweckgemäß) betätigender Arbeitskraft. Wie das industrielle Kapital innerhalb der Pro-duktionssphäre nur in der dem Produktionsprozeß überhaupt, also auch dem nichtkapitalistischen Pro-duktionsprozeß, entsprechenden Zusammensetzung existieren kann, so kann es in der Zirkulationssphärenur <86> existieren in den beiden ihr entsprechenden Formen von Ware und Geld. Wie aber die Summeder Produktionselemente von vornherein dadurch sich als produktives Kapital ankündigt, daß die Arbeits-kraft fremde Arbeitskraft ist, die der Kapitalist gekauft hat von ihrem eignen Inhaber, ganz wie er seineProduktionsmittel von andren Wareninhabern gekauft; wie daher auch der Produktionsprozeß selbst alsproduktive Funktion des industriellen Kapitals auftritt, so Geld und Ware als Zirkulationsformen dessel-ben industriellen Kapitals, also auch ihre Funktionen als seine Zirkulationsfunktionen, die die Funktionendes produktiven Kapitals entweder einleiten oder daraus entspringen. Nur durch ihren Zusammenhang alsFunktionsformen, die das industrielle Kapital in den verschiednen Stadien seines Kreislaufprozesses zuverrichten hat, sind hier Geldfunktion und Warenfunktion zugleich Funktion von Geldkapital und Waren-kapital. Es ist also verkehrt, die das Geld als Geld und die Ware als Ware charakterisierenden, spezif i-schen Eigenschaften und Funktionen aus ihrem Kapitalcharakter herleiten zu wollen, und ebenso verkehrtist es, umgekehrt die Eigenschaften des produktiven Kapitals aus seiner Existenzweise in Produktions-mitteln abzuleiten.

Sobald G´ oder W´ fixiert werden als G + g, W + w, d.h. als Verhältnis des Kapitalwerts zum Mehrwertals seinem Sprößling, ist dies Verhältnis in beiden ausgedrückt, das eine Mal in Geldform, das andre Malin Warenform, was an der Sache selbst nichts ändert. Dies Verhältnis entspringt daher weder aus Eigen-

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schaften und Funktionen, die dem Geld als solchem, noch der Ware als solcher zukommen. In beidenFällen ist die das Kapital charakterisierende Eigenschaft, Wert heckender Wert zu sein, nur als Resultatausgedrückt. W´ ist stets das Produkt der Funktion von P, und G´ ist stets nur die im Kreislauf des indu-striellen Kapitals verwandelte Form von W´. Sobald daher das realisierte Geldkapital seine besondreFunktion als Geldkapital wieder beginnt, hört es auf, das in G´ = G + g enthaltne Kapitalverhältnis auszu-drücken. Wenn G ... G´ durchlaufen ist, und G´ den Kreislauf von neuem beginnt, figuriert es nicht als G´,sondern als G, selbst wenn der ganze in G´ enthaltne Mehrwert kapitalisiert wird. Der zweite Kreislaufbeginnt in unserm Fall mit einem Geldkapital von 500 Pfd.St., statt wie der erste mit 422 Pfd.St. DasGeldkapital, das den Kreislauf eröffnet, ist um 78 Pfd.St. größer als vorher; dieser Unterschied existiert inder Vergleichung des einen Kreislaufs mit dem andren; aber diese Vergleichung existiert nicht innerhalbjedes einzelnen Kreislaufs. Die als Geldkapital vorgeschoßnen 500 Pfd.St., wovon 78 Pfd.St. früher alsMehrwert existierten, spielen keine andre Rolle, als 500 Pfd.St., womit ein <87> andrer Kapitalist seinenersten Kreislauf eröffnet. Ebenso im Kreislauf des produktiven Kapitals. Das vergrößerte P´ tritt beimWiederbeginn als P auf, so gut wie P in der einfachen Reproduktion P ... P.

Im Stadium G´- W´ ist die angewachsne Größe nur durch W´ angezeigt, aber nicht durch A´ und Pm´. DaW die Summe von A und Pm, ist schon durch W´ angezeigt, daß die Summe der in ihm enthaltnen A undPm größer ist als das ursprüngliche P. Zweitens aber wäre die Bezeichnung A´ und Pm´ falsch, weil wirwissen, daß mit dem Wachstum des Kapitals eine Änderung seiner Wertzusammensetzung verbunden ist,im Fortschritt derselben der Wert von Pm wächst, der von A stets relativ abnimmt, oft absolut.

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III. Geldakkumulation

Ob g, der vergoldete Mehrwert, sofort wieder dem prozessierenden Kapitalwert zugeschlagen, und so,zusammen mit dem Kapital G, in der Größe G´ in den Kreislaufsprozeß eingehn kann, hängt von Um-ständen ab, die unabhängig sind von dem bloßen Vorhandensein von g. Soll g als Geldkapital in einem,neben dem ersten Geschäft anzulegenden, zweiten selbständigen Geschäft dienen, so ist klar, daß es hier-zu nur anwendbar, wenn es die zu solchem Geschäft erheischte Minimalgröße besitzt. Soll es zur Aus-dehnung des ursprünglichen Geschäfts verwandt werden, so bedingen die Verhältnisse der stofflichenFaktoren von P und deren Wertverhältnisse ebenfalls eine bestimmte Minimalgröße für g. Alle in diesemGeschäft wirkenden Produktionsmittel haben nicht nur ein qualitatives, sondern ein bestimmtes quantita-tives Verhältnis zueinander, einen proportionellen Umfang. Diese stofflichen und die von ihnen getragnenWertverhältnisse der in das produktive Kapital eingehenden Faktoren bestimmen den Minimalumfang,den g besitzen muß, um in zuschüssige Produktionsmittel und Arbeitskraft, oder nur in erstere, als Zu-wachs des produktiven Kapitals umsetzbar zu werden. So kann der Spinner nicht die Zahl seiner Spindelnvermehren, ohne gleichzeitig die entsprechenden Kratzen und Vorspinnstühle anzuschaffen, abgesehnvon der vermehrten Ausgabe für Baumwolle und Arbeitslohn, die eine solche Geschäftsausdehnung be-dingt. Um diese letztre auszuführen, muß also der Mehrwert schon eine ziemliche Summe ausmachen (1Pfd.St. per Spindel Neuanschaffung wird gewöhnlich gerechnet). Solange g diesen Minimalumfang nichtbesitzt, muß der Kreislauf des Kapitals sich mehrmals wiederholen, bis die Summe der sukzessive vonihm erzeugten g, mit G zusammen, also in G´- W´ fungieren kann. Schon bloße Detail- <88> veränderun-gen, z.B. in der Spinnmaschinerie, soweit sie diese produktiver machen, erheischen größre Ausgabe inSpinnmaterial, Ausdehnung der Vorspinnmaschinerie etc. In der Zwischenzeit wird also g angehäuft, undseine Anhäufung ist nicht seine eigne Funktion, sondern das Resultat wiederholter P ... P. Seine eigneFunktion ist sein Verharren im Geldzustand, bis es aus den wiederholten Verwertungskreisläufen, alsovon außen, Zuschuß genug erhalten hat, um die zu seiner aktiven Funktion erheischte Minimalgröße zuerreichen, die Größe, in der allein es wirklich als Geldkapital, im gegebnen Fall als akkumulierter Teil desin Funktion begriffnen Geldkapitals G, mit in die Funktion dieses letztren eingehn kann. In der Zwischen-zeit wird es angehäuft und existiert nur in der Form eines im Bildungsprozeß, im Wachstum begriffnenSchatzes. Geldakkumulation, Schatzbildung, erscheint hier also als ein Prozeß, der die wirkliche Akku-mulation, die Ausdehnung der Stufenleiter, worauf das industrielle Kapital wirkt, vorübergehend begle i-tet. Vorübergehend, denn solange der Schatz in seinem Schatzzustande verharrt, fungiert er nicht als Ka-pital, nimmt nicht teil am Verwertungsprozeß, bleibt eine Geldsumme, die nur anwächst, weil ohne ihrZutun vorhandnes Geld in denselben Kasten geworfen wird.

Die Form des Schatzes ist nur die Form von nicht in Zirkulation befindlichem Geld, von Geld, das inseiner Zirkulation unterbrochen ist und deshalb in seiner Geldform aufbewahrt wird. Was den Prozeß desSchatzbildens selbst betrifft, so ist er aller Warenproduktion gemein und spielt als Selbstzweck eine Rollenur in den unentwickelten vorkapitalistischen Formen derselben. Hier aber erscheint der Schatz als Formdes Geldkapitals und die Schatzbildung als ein Prozeß, der die Akkumulation des Kapitals vorübergehendbegleitet, weil und sofern das Geld hier als latentes Geldkapital figuriert; weil die Schatzbildung, derSchatzzustand des in Geldform vorhandnen Mehrwerts ein außerhalb des Kreislaufs des Kapitals vorge-hendes, funktionell bestimmtes Vorbereitungsstadium für die Verwandlung des Mehrwerts in wirklichfungierendes Kapital ist. Es ist also latentes Geldkapital durch diese seine Bestimmung, weshalb auch derUmfang, den es erreicht haben muß, um in den Prozeß einzutreten, durch die jedesmalige Wertzusam-mensetzung des produktiven Kapitals bestimmt ist. Solange es aber im Schatzzustande verharrt, fungiertes noch nicht als Geldkapital, ist noch brachliegendes Geldkapital; nicht wie vorher in seiner Funktionunterbrochnes, sondern noch nicht zu seiner Funktion fähiges.

Wir nehmen hier die Geldanhäufung in ihrer ursprünglichen realen Form, als wirklichen Geldschatz. Siekann auch existieren in der Form von bloßen Guthaben, Schuldforderungen des Kapitalisten, der W´ ver-kauft hat. <89> Was die andren Formen betrifft, wo dies latente Geldkapital in der Zwischenzeit selbst inGestalt von Geld heckendem Geld existiert, z.B. als zinstragendes Depositum in einer Bank, in Wechseln

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oder Wertpapieren irgendeiner Art, so gehören sie nicht hierher. Der in Geld realisierte Mehrwert ver-richtet dann besondre Kapitalfunktionen außerhalb des Kreislaufs des industriellen Kapitals, dem er ent-sprungen; Funktionen, die erstens mit jenem Kreislauf als solchem nichts zu tun haben, zweitens aber vonden Funktionen des industriellen Kapitals unterschiedne Kapitalfunktionen unterstellen, die hier nochnicht entwickelt sind.

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IV. Reservefonds

In der eben betrachteten Form ist der Schatz, als welcher der Mehrwert existiert, Geldakkumulations-fonds, die Geldform, welche die Kapitalakkumulation vorübergehend besitzt, und insofern selbst Bedin-gung der letztren. Dieser Akkumulationsfonds kann aber auch besondre Nebendienste verrichten, d.h. inden Kreislaufsprozeß des Kapitals eingehn, ohne daß dieser die Form P ... P´ besitzt, also ohne daß diekapitalistische Reproduktion erweitert ist.

Verlängert sich der Prozeß W´ - G´ über sein normales Maß, ist also das Warenkapital anormal aufgehal-ten in seiner Verwandlung in Geldform; oder ist, wenn letztre vollzogen, z.B. der Preis der Produktions-mittel, worin das Geldkapital umgesetzt werden muß, gestiegen über den Stand, den er beim Beginn desKreislaufs hatte, so kann der als Akkumulationsfonds fungierende Schatz verwandt werden, um die Stelledes Geldkapitals oder eines Teils desselben einzunehmen. Der Geldakkumulationsfonds dient so als Re-servefonds, um Störungen des Kreislaufs auszugleichen.

Als solcher Reservefonds ist er verschieden von dem im Kreislauf P ... P betrachteten Fonds von Kauf-oder Zahlungsmitteln. Die letztren sind ein Teil des fungierenden Geldkapitals (also Daseinsformen einesTeils des im Prozeß begriffnen Kapitalwerts überhaupt), dessen Teile nur in verschiednen Zeitterminennacheinander in Funktion treten. Es bildet sich in der Kontinuität des Produktionsprozesses beständigReservegeldkapital, da heute Zahlungen eingegangen, erst an einem spätem Termin wieder zu machen,heute größre Warenmassen verkauft, an spätern Tagen erst wieder größre Warenmassen zu kaufen sind;in diesen Intervallen existiert also beständig ein Teil des zirkulierenden Kapitals in Geldform. Dagegen istder Reservefonds nicht ein Bestandteil des fungierenden Kapitals, näher Geld- <90> kapitals, sondern desin einem Vorstadium seiner Akkumulation begriffnen Kapitals, des noch nicht in aktives Kapital verwan-delten Mehrwerts. Es versteht sich übrigens ganz von selbst, daß der Kapitalist in Nöten in keiner Weisenach den bestimmten Funktionen des in seiner Hand befindlichen Geldes fragt, sondern anwendet, was erhat, um den Kreislaufsprozeß seines Kapitals im Gang zu halten. Z.B. in unserm Beispiel G = 422 Pfd.St.,G´ = 500 Pfd.St. Wenn ein Teil des Kapitals von 422 Pfd.St. als Fonds von Zahlungs- und Kaufmitteln,als Geldvorrat existiert, so ist er darauf berechnet, daß er bei gleichbleibenden Umständen ganz in denKreislauf eintritt, hierfür aber auch genügt. Der Reservefonds aber ist ein Teil der 78 Pfd.St. Mehrwert; erkann nur in den Kreislaufsprozeß des Kapitals von 422 Pfd.St. Wert eintreten, soweit dieser Kreislaufunter nicht sich gleichbleibenden Umständen vollzogen wird; denn er ist ein Teil des Akkumulations-fonds und figuriert hier ohne Erweitrung der Stufenleiter der Reproduktion.

Der Geldakkumulationsfonds ist schon Dasein von latentem Geldkapital; also Verwandlung von Geld inGeldkapital.

Die allgemeine Formel des Kreislaufs des produktiven Kapitals, welche einfache und Reproduktion auferweiterter Stufenleiter zusammenfaßt, ist:

1 2

P ... W´- G´. G - W ... P (P´)

Ist P = P, so G in 2) = G´- g; ist P = P´, so ist G in 2) größer als G´ - g; d.h. g ist ganz oder teilweise inGeldkapital verwandelt worden.

Der Kreislauf des produktiven Kapitals ist die Form, worin die klassische Ökonomie den Kreislaufspro-zeß des industriellen Kapitals betrachtet.

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Fußnoten

(6a) Der Ausdruck latent ist der physikalischen Vorstellung von latenter Wärme entlehnt, die jetzt durchdie Theorie von der Verwandlung der Energie ziemlich beseitigt ist. Daher gebraucht Marx im drittenAbschnitt (spätere Redaktion) dafür den der Vorstellung von potentieller Energie entlehnten Ausdruck:"potentielles", oder nach Analogie der virtuellen Geschwindigkeiten D´Alemberts: "virtuelles Kapital". -F. E.

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Der Kreislauf des Warenkapitals

<91> Die allgemeine Formel für den Kreislauf des Warenkapitals ist:

W´- G´- W ... P ... W´.

W´ erscheint nicht nur als Produkt, sondern auch als Voraussetzung der beiden früheren Kreisläufe, da,was G - W für das eine Kapital, schon W´- G´ für das andre einschließt, sofern wenigstens ein Teil derProduktionsmittel selbst das Warenprodukt andrer in ihrem Kreislauf befindlichen individuellen Kapitaleist. In unserm Fall z.B. sind Kohle, Maschinen etc. das Warenkapital des Grubenexploiteurs, des kapitali-stischen Maschinenbauers usw. Ferner ist schon in Kap. I, 4 gezeigt, daß schon bei der ersten Wiederho-lung von G ... G´, schon ehe dieser zweite Kreislauf des Geldkapitals vollendet, nicht nur der Kreislauf P... P, sondern auch der Kreislauf W ... W´ vorausgesetzt ist.

Findet Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt, so ist das Schluß-W´ größer als das Ausgangs-W´und soll deshalb hier mit W´´ bezeichnet werden.

Der Unterschied der dritten Form von den zwei ersten zeigt sich darin, erstens, daß hier die Gesamtzirku-lation mit ihren zwei entgegengesetzten Phasen den Kreislauf eröffnet, während in Form I die Zirkulationdurch den Produktionsprozeß unterbrochen wird, in Form II die Gesamtzirkulation mit ihren zwei sichergänzenden Phasen nur als Vermittlung des Reproduktionsprozesses erscheint und daher die vermitteln-de Bewegung zwischen P ... P bildet. Bei G ... G´ ist die Zirkulationsform G - W ... W´- G´ = G - W - G.Bei P ... P ist sie die umgekehrte W´- G´. G - W = W - G - W. In W´... W´ hat sie ebenfalls diese letztreForm.

Zweitens: In der Wiederholung der Kreisläufe I und II, auch wenn die Schlußpunkte G´ und P´ die An-fangspunkte des erneuerten Kreislaufs <92> bilden, verschwindet die Form, in der sie erzeugt waren. G´= G + g, P´ = P + p beginnt den neuen Prozeß wieder als G und P. In Form III aber muß der Ausgangs-punkt W als W´ bezeichnet werden, auch bei Erneuerung des Kreislaufs auf derselben Stufenleiter, undzwar aus folgendem Grund. In Form I, sobald G´ als solches einen neuen Kreislauf eröffnet, fungiert esals Geldkapital G, Vorschuß des zu verwertenden Kapitalwerts in Geldform. Die Größe des vorgeschoß-nen Geldkapitals, angewachsen durch die im ersten Kreislauf vollzogne Akkumulation, hat zugenommen.Aber ob 422 Pfd.St. oder 500 Pfd.St. die Größe des vorgeschoßnen Geldkapitals, ändert nichts daran, daßes als bloßer Kapitalwert erscheint. G´ existiert nicht mehr als verwertetes oder mit Mehrwert geschwän-gertes Kapital, als Kapitalverhältnis. Es soll sich ja erst im Prozeß verwerten. Dasselbe gilt für P ... P´; P´muß stets als P, als Kapitalwert, der Mehrwert produzieren soll, weiter fungieren und den Kreislauf er-neuern. - Dagegen der Kreislauf des Warenkapitals eröffnet sich nicht mit Kapitalwert, sondern mit inWarenform vermehrtem Kapitalwert, schließt also von vornherein den Kreislauf nicht nur des in Waren-form vorhandnen Kapitalwerts, sondern auch des Mehrwerts ein. Findet daher in dieser Form einfacheReproduktion statt, so tritt ein W´ von gleicher Größe am Schlußpunkt wie am Ausgangspunkt ein. Gehtein Teil des Mehrwerts in den Kapitalkreislauf ein, so erscheint zwar am Schluß statt W´, W´´, ein größ-res W´, aber der nun folgende Kreislauf wird wieder eröffnet mit W´, was nur ein größres W´ ist als imvorigen Kreislauf und mit größrem akkumuliertem Kapitalwert, daher auch mit verhältnismäßig größremneuerzeugtem Mehrwert seinen neuen Kreislauf beginnt. In allen Fällen eröffnet W´ den Kreislauf stetsals ein Warenkapital, welches = Kapitalwert + Mehrwert.

W´ als W erscheint in dem Kreislauf eines einzelnen industriellen Kapitals nicht als Form dieses Kapitals,sondern als Form eines andren industriellen Kapitals, soweit die Produktionsmittel dessen Produkt sind.Der Akt G - W (d.h. G - Pm) des ersten Kapitals ist für dieses zweite Kapital W´- G´.

Im Zirkulationsvorgang G - W verhalten sich A und Pm soweit identisch, als sie Waren sind in der Handihrer Verkäufer, hier der Arbeiter, die ihre Arbeitskraft, dort der Besitzer der Produktionsmittel, die diese

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verkaufen. Für den Käufer, dessen Geld hier als Geldkapital fungiert, fungieren sie nur als Waren, solan-ge er sie noch nicht gekauft hat, solange sie also seinem in Geldform existierenden Kapital als Warenandrer gegenübertreten. Pm und A unterscheiden sich hier nur soweit, als Pm in der Hand seines Verkäu-fers W´, also Kapital sein kann, wenn Pm Warenform <93> seines Kapitals ist, während A für den Ar-beiter stets nur Ware ist und erst Kapital wird in der Hand des Käufers, als Bestandteil von P.

W´ kann daher nie als bloßes W, als bloße Warenform des Kapitalwerts einen Kreislauf eröffnen. AlsWarenkapital ist es immer ein Doppeltes. Unter dem Gesichtspunkt des Gebrauchswerts ist es das Pro-dukt der Funktion von P, hier Garn, dessen als Waren aus der Zirkulation herkommende Elemente, A undPm, nur <1. und 2. Auflage. nun; geändert nach dem Manuskript von Marx> als Produktbildner diesesProdukts fungiert haben. Zweitens, unter dem Gesichtspunkt des Werts, ist es der Kapitalwert P plus demin der Funktion von P erzeugten Mehrwert m.

Nur im Kreislauf von W´ selbst kann und muß W = P = dem Kapitalwert sich trennen von dem Teil vonW´, worin Mehrwert existiert, von dem Mehrprodukt, worin der Mehrwert steckt, ob beide nun tatsäch-lich trennbar, wie bei Garn, oder nicht, wie in der Maschine. Sie werden jedesmal trennbar, sobald W´ inG´ verwandelt.

Ist das gesamte Warenprodukt trennbar in selbständige homogene Teilprodukte, wie z.B. unsre 10.000Pfund Garn, und kann daher der Akt W´- G´ sich in einer Summe nacheinander vollzogner Verkäufe dar-stellen, so kann der Kapitalwert in Warenform als W fungieren, sich von W´ lostrennen, bevor der Mehr-wert, also bevor W´ als ganzes realisiert ist.

Von den 10.000 Pfund Garn zu 500 Pfd.St. ist der Wert von 8.440 Pfund = 422 Pfd.St. = dem Kapital-wert, getrennt vom Mehrwert. Verkauft der Kapitalist erst 8.440 Pfund Garn zu 422 Pfd.St., so stellendiese 8.440 Pfund Garn W dar, den Kapitalwert in Warenform; das in W´ außerdem enthaltne Mehrpro-dukt von 1.560 Pfund Garn = Mehrwert von 78 Pfd. St. zirkulierte erst später; der Kapitalist könnte W - G- W vollziehn vor der Zirkulation des Mehrprodukts w - g - w.

Oder wenn er erst 7.440 Pfund Garn zum Wert von 372 Pfd.St. und dann 1.000 Pfund Garn zum Wert von50 Pfd.St. verkaufte, so könnten mit dem ersten Teil von W die Produktionsmittel (der konstante Kapi-talteil c) und mit dem zweiten Teil von W der variable Kapitalteil v, die Arbeitskraft ersetzt werden, unddann wie vorher.

Finden aber solche sukzessive Verkäufe statt und erlauben es die Bedingungen des Kreislaufs, so kannder Kapitalist, statt W´ zu trennen in c + v + m, diese Trennung auch bei aliquoten Teilen von W´ vor-nehmen.

Z.B. 7.440 Pfund Garn = 372 Pfd.St., die als Teile von W´ (10.000 Pfund Garn = 500 Pfd.St.) den kon-stanten Kapitalteil repräsentieren, sind selbst wieder zerfällbar in 5.535,360 Pfund Garn zum Wert von276,768 Pfd.St., <94> die bloß den konstanten Teil, den Wert der in 7.440 Pfund Garn verbrauchten Pro-duktionsmittel ersetzen; 744 Pfund Garn zum Wert von 37,200 Pfd.St., die nur das variable Kapital erset-zen; 1.160,640 Pfund Garn zum Wert von 58,032 Pfd.St., welche als Mehrprodukt Träger des Mehrwertssind. Von den verkauften 7.440 Pfund kann er also den in ihnen enthaltnen Kapitalwert ersetzen durchVerkauf von 6.279,360 Pfund Garn zum Preis von 313,968 Pfd.St., und den Wert des Mehrprodukts1.160,640 Pfund = 58,032 Pfd.St. als Revenue verausgaben.

Ebenso kann er weiter 1.000 Pfund Garn = 50 Pfd.St. = dem variablen Kapitalwert zerfällen und demge-mäß verkaufen; 744 Pfund Garn zu 37,200 Pfd.St., konstanter Kapitalwert von 1.000 Pfund Garn; 100Pfund Garn zu 5,000 Pfd.St., variabler Kapitalteil von ditto; also 844 Pfund Garn zu 42,200 Pfd.St., Er-satz des in den 1.000 Pfund Garn enthaltnen Kapitalwerts; endlich 156 Pfund Garn zum Wert von 7,800Pfd.St., die das darin enthaltne Mehrprodukt darstellen und als solches verzehrt werden können.

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Endlich kann er die noch übrigen 1.560 Pfund Garn zum Wert von 78 Pfd.St., wenn der Verkauf gelingt,in der Weise zerfällen, daß der Verkauf von 1.160,640 Pfund Garn zu 58,032 Pfd.St. den Wert der in den1.560 Pfund Garn enthaltnen Produktionsmittel, und 156 Pfund Garn zum Wert von 7,800 Pfd.St. denvariablen Kapitalwert ersetzen; zusammen 1.316,640 Pfund Garn = 65,832 Pfd.St., Ersatz des gesamtenKapitalwerts; endlich das Mehrprodukt 243,360 Pfund = 12,168 Pfd.St. bleibt als Revenue zu verausga-ben.

Wie jedes im Garn existierende Element c, v, m, wieder in dieselben Bestandteile zerlegbar ist, so auchjedes einzelne Pfund Garn zum Wert von 1 sh. = 12d.

c = 0,744 Pfund Garn = 8.928 d.v = 0,100 Pfund Garn = 1,200 d.m = 0,156 Pfund Garn = 1,872 d.

c + v + m = 1,000 PfundGarn =

12,00 d.

Addieren wir die Resultate der drei obigen Teilverkäufe zusammen, so kommt dasselbe Resultat heraus,wie beim Verkauf der 10.000 Pfund Garn auf einen Schlag.

Wir haben an konstantem Kapital:

beim 1. Ver-kauf:

5.535,360 Pfund Garn = 276,768Pfd.St.

beim 2. Ver-kauf:

744,000 Pfund Garn = 37,200 Pfd.St.

beim 3. Ver-kauf:

1.160,640 Pfund Garn = 58,032 Pfd.St.

zusammen 7.440,000 Pfund Garn = 372,000Pfd.St.

<95> An variablem Kapital:beim 1. Ver-kauf:

744,000 Pfund Garn = 37,200 Pfd.St.

beim 2. Ver-kauf:

100,000 Pfund Garn = 5,000 Pfd.St.

beim 3. Ver-kauf:

156,000 Pfund Garn = 7,800 Pfd.St.

zusammen 1.000,000 Pfund Garn = 50,000 Pfd.St.

An Mehrwert:

beim 1. Verkauf: 1160,000 Pfund Garn = 58,032 Pfd.St.beim 2. Verkauf: 156,000 Pfund Garn = 7,800 Pfd.St.beim 3. Verkauf: 243,360 Pfund Garn = 12,168 Pfd.St.

zusammen 1.560,000 Pfund Garn = 78,000 Pfd.St.

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Summa Summarum:

Konstantes Kapital: 7.440 Pfund Garn = 372 Pfd.St.Variables Kapital: 1.000 Pfund Garn = 50 Pfd.St.Mehrwert: 1.560 Pfund Garn = 78 Pfd.St.

zusammen 10.000 Pfund Garn = 500 Pfd.St.

W´- G´ ist für sich nichts als ein Verkauf von 10.000 Pfund Garn. Die 10.000 Pfund Garn sind Ware wiealles andre Garn. Den Käufer interessiert der Preis von 1 sh. per Pfund, oder von 500 Pfd.St. für 10.000Pfund. Läßt er sich bei dem Handel auf die Wertzusammensetzung ein, dann nur mit der heimtückischenAbsicht nachzuweisen, daß das Pfund unter 1 sh. verkauft werden könne und der Verkäufer dabei immernoch ein gutes Geschäft machen werde. Das Quantum aber, das er kauft, hängt von seinen Bedürfnissenab; ist er z.B. Webereibesitzer, dann von der Zusammensetzung seines eignen in der Weberei fungieren-den Kapitals, nicht von der des Spinners, von dem er kauft. Die Verhältnisse, worin W´ einerseits das inihm aufgearbeitete Kapital (resp. dessen verschiedne Bestandteile) zu ersetzen, andrerseits als Mehrpro-dukt, sei es zur Verausgabung von Mehrwert, sei es zur Kapitalakkumulation, zu dienen hat, existierennur im Kreislauf des Kapitals, dessen Warenform die 10.000 Pfund Garn sind. Sie haben mit dem Ver-kauf als solchem nichts zu tun. Hier ist außerdem unterstellt, daß W´ zu seinem Wert verkauft wird, essich also nur um seine Verwandlung aus Warenform in Geldform handelt. Für W´, als funktionelle Formim Kreislauf dieses einzelnen Kapitals, woraus das produktive Kapital ersetzt werden muß, ist es natürlichentscheidend, ob und wieweit Preis und Wert beim Verkauf voneinander abweichen, aber damit habenwir hier bei Betrachtung der bloßen Formunterschiede nichts zu schaffen.

<96> In Form I, G ... G´ erscheint der Produktionsprozeß in der Mitte zwischen den zwei sich ergänzen-den und einander entgegengesetzten Phasen der Zirkulation des Kapitals; er ist vergangen, bevor die ab-schließende Phase W´ - G´ eintritt. Geld ist als Kapital vorgeschossen, zuerst in die Produktionselemente,aus diesen in Warenprodukt verwandelt und dies Warenprodukt wieder in Geld umgesetzt. Es ist ein fer-tig abgeschloßner Geschäftszyklus, dessen Resultat das zu allem und jedem verwendbare Geld. Der Neu-beginn ist so nur der Möglichkeit nach gegeben. G ... P ... G´ kann ebensowohl der letzte Kreislauf sein,der beim Rücktritt aus dem Geschäft die Funktion eines individuellen Kapitals abschließt, wie ersterKreislauf eines neu in Funktion tretenden Kapitals. Die allgemeine Bewegung ist hier G ... G´, von Geldzu mehr Geld.

In Form II, P ... W´- G´- W ... P (P´) folgt der gesamte Zirkulationsprozeß auf das erste P und geht demzweiten vorher; er erfolgt aber in entgegengesetzter Ordnung wie in Form I. Das erste P ist das produktiveKapital, und seine Funktion der Produktionsprozeß, als Vorbedingung des nachfolgenden Zirkulations-prozesses. Das abschließende P dagegen ist nicht der Produktionsprozeß; es ist nur das Wiederdasein desindustriellen Kapitals in seiner Form als produktives Kapital. Und zwar ist es dies als Resultat der in derletzten Zirkulationsphase vollzognen Verwandlung des Kapitalwerts in A + Pm, in die subjektiven undobjektiven Faktoren, welche in ihrer Vereinigung die Daseinsform des produktiven Kapitals bilden. DasKapital, sei es P oder P´, ist am Schluß wieder in einer Form fertig vorhanden, worin es von neuem alsproduktives Kapital fungieren, den Produktionsprozeß vollziehn muß. Die allgemeine Form der Bewe-gung, P ... P, ist die Form der Reproduktion und zeigt nicht, wie G ... G´, die Verwertung als Zweck desProzesses an. Sie macht es deshalb der klassischen Ökonomie um so leichter, von der bestimmten kapita-listischen Form des Produktionsprozesses abzusehn und die Produktion als solche als Zweck des Prozes-ses darzustellen, so daß möglichst viel und wohlfeil zu produzieren und das Produkt gegen möglichstvielseitige andre Produkte auszutauschen sei, teils zur Erneuerung der Produktion (G - W), teils zur Kon-sumtion (g - w). Wobei denn, da G und g hier nur als verschwindendes Zirkulationsmittel erscheinen, die

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Eigentümlichkeiten sowohl des Geldes wie des Geldkapitals übersehn werden können, und der ganzeProzeß einfach und natürlich erscheint, d.h. die Natürlichkeit des flachen Rationalismus besitzt. BeimWarenkapital wird ebenso der Profit gelegentlich vergessen, und figuriert es, sobald vom Produktions-kreislauf als Ganzem die Rede, nur als Ware; sobald aber von den Wertbestandteilen die Rede, als Wa-renkapital. Die <97> Akkumulation erscheint natürlich in derselben Weise wie die Produktion.

In Form III, W´- G´- W ... P ... W´ eröffnen die zwei Phasen des Zirkulationsprozesses den Kreislauf, undzwar in derselben Ordnung wie in Form II, P ... P; es folgt dann P, und zwar wie in Form I mit seinerFunktion, dem Produktionsprozeß; mit dem Resultat des letztren, W´, schließt der Kreislauf. Wie in FormII mit P als bloßem Wiederdasein des produktiven Kapitals, schließt er hier mit W´, als Wiederdasein desWarenkapitals; wie in Form II das Kapital in seiner Schlußform P den Prozeß wieder beginnen muß alsProduktionsprozeß, so muß hier mit dem Wiedererscheinen des industriellen Kapitals, in der Form vonWarenkapital, der Kreislauf sich von neuem eröffnen mit der Zirkulationsphase W´ - G´. Beide Formendes Kreislaufs sind unvollendet, weil sie nicht mit G´, dem in Geld rückverwandelten, verwerteten Kapi-talwert abschließen. Beide müssen also weiter fortgesetzt werden und schließen daher die Reproduktionein. Der Gesamtkreislauf in Form III ist W´... W´.

Was die dritte Form von den beiden ersten unterscheidet, ist, daß nur in diesem Kreislauf der verwerteteKapitalwert, nicht der ursprüngliche, erst zu verwertende Kapitalwert als Ausgangspunkt seiner Verwer-tung erscheint. W´ als Kapitalverhältnis ist hier der Ausgangspunkt und wirkt als solches determinierendauf den ganzen Kreislauf ein, indem es sowohl den Kreislauf des Kapitalwerts als den des Mehrwertsschon in seiner ersten Phase einschließt, und der Mehrwert, wenn auch nicht in jedem einzelnen Kreis-lauf, doch in ihrem Durchschnitt, zum Teil als Revenue verausgabt werden, die Zirkulation w - g - wdurchlaufen, zum Teil als Element der Kapitalakkumulation fungieren muß.

In der Form W´... W´ ist die Konsumtion des gesamten Warenprodukts als Bedingung des normalen Ver-laufs des Kreislaufs des Kapitals selbst vorausgesetzt. Die individuelle Konsumtion des Arbeiters und dieindividuelle Konsumtion des nicht akkumulierten Teils des Mehrprodukts umschließt die gesamte indiv i-duelle Konsumtion. Es geht also die Konsumtion ihrer Gesamtheit nach - als individuelle und als produk-tive Konsumtion - als Bedingung in den Kreislauf W´ ein. Die produktive Konsumtion (worin der Sachenach die individuelle Konsumtion des Arbeiters eingeschlossen, da Arbeitskraft beständiges Produkt,innerhalb gewisser Grenzen, der individuellen Konsumtion des Arbeiters) geschieht durch jedes individu-elle Kapital selbst. Die individuelle Konsumtion außer soweit zur Existenz des individuellen Kapitalistennötig - ist nur unterstellt als gesellschaftlicher Akt, keineswegs als Akt des individuellen Kapitalisten.

<98> in den Formen I und II stellt sich die Gesamtbewegung dar als Bewegung des vorgeschoßnen Ka-pitalwerts. In der Form III bildet das verwertete Kapital, in Gestalt des gesamten Warenprodukts, denAusgangspunkt und besitzt die Form des sich bewegenden Kapitals, Warenkapitals. Erst nach seinerVerwandlung in Geld zweigt diese Bewegung sich ab in Kapitalbewegung und Revenuebewegung. DieVerteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts, wie die besondre Verteilung des Produkts für jedesindividuelle Warenkapital, einerseits in individuellen Konsumtionsfonds, andrerseits in Reproduktions-fonds, ist in dieser Form in den Kreislauf des Kapitals eingeschlossen.

In G ... G´ ist mögliche Erweitrung des Kreislaufs eingeschlossen, je nach dem Umfang des g, das in denerneuerten Kreislauf eingeht.

In P ... P kann P mit demselben Wert, vielleicht mit geringrem, den neuen Kreislauf beginnen und den-noch Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter darstellen; wenn z.B. Warenelemente sich infolge gestei-gerter Produktivität der Arbeit verwohlfeilern. Umgekehrt kann im entgegengesetzten Fall das dem Wertnach gewachsne produktive Kapital Reproduktion auf stofflich verengerter Stufenleiter darstellen, wennz.B. Produktionselemente verteuert. Dasselbe gilt für W´... W´.

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In W´... W´ ist Kapital in Warenform der Produktion vorausgesetzt; es kehrt wieder als Voraussetzunginnerhalb dieses Kreislaufs im zweiten W. Ist dies W noch nicht produziert oder reproduziert, so ist derKreislauf gehemmt; dies W muß reproduziert werden, größtenteils als W´ eines andren industriellen Ka-pitals. In diesem Kreislauf existiert W´ als Ausgangspunkt, Durchgangspunkt, Schlußpunkt der Bewe-gung, ist daher stets da. Es ist beständige Bedingung des Reproduktionsprozesses.

W´... W´ unterscheidet sich durch ein andres Moment von den Formen I und II. Alle drei Kreisläufe ha-ben das gemein, daß die Form, worin das Kapital seinen Kreislaufsprozeß eröffnet, auch die Form ist,worin es ihn schließt, und damit sich wieder in der Anfangsform befindet, worin es denselben Kreislaufneu eröffnet. Die Anfangsform G, P, W´ ist stets die Form, worin der Kapitalwert (in III mit dem ihmangewachsnen Mehrwert) vorgeschossen wird, also seine mit Bezug auf den Kreislauf ursprünglicheForm; die Schlußform G´, P, W´ ist jedesmal verwandelte Form einer im Kreislauf vorhergehenden funk-tionellen Form, welche nicht die ursprüngliche Form ist.

So ist G´ in I verwandelte Form von W´, das Schluß-P in II verwandelte Form von G (und in I und II wirddiese Verwandlung durch einen einfachen Vorgang der Warenzirkulation, durch formellen Stellenwechselvon <99> Ware und Geld bewirkt); in III ist W´ verwandelte Form von P, dem produktiven Kapital. Aberhier in III betrifft erstens die Verwandlung nicht nur die funktionelle Form des Kapitals, sondern auchseine Wertgröße; zweitens aber ist die Verwandlung das Resultat nicht eines dem Zirkulationsprozeßangehörigen, bloß formellen Stellenwechsels, sondern der wirklichen Verwandlung, welche Gebrauchs-form und Wert der Warenbestand teile des produktiven Kapitals im Produktionsprozeß durchgemachthaben.

Die Form des Anfangsextrems G, P, W´ ist dem jedesmaligen Kreislauf I, II, III vorausgesetzt; die imSchlußextrem wiederkehrende Form ist gesetzt und daher bedingt durch die Metamorphosenreihe desKreislaufs selbst. W´, als Schlußpunkt eines individuellen industriellen Kapitalkreislaufs, setzt nur dienicht der Zirkulation angehörige Form P desselben industriellen Kapitals voraus, dessen Produkt es ist.G´, als Schlußpunkt in I, als verwandelte Form von W´ (W´- G´), setzt G voraus in der Hand des Käufers,als außerhalb des Kreislaufs G ... G´ existierend und durch Verkauf von W´ in ihn hineingezogen und zuseiner eignen Schlußform gemacht. So setzt in II das Schluß-P voraus A und Pm (W) als außerhalb exi-stierend und durch G - W ihm als Schlußform inkorporiert. Aber abgesehn von dem letzten Extrem, setztweder der Kreislauf des individuellen Geldkapitals das Dasein des Geldkapitals überhaupt, noch derKreislauf des individuellen produktiven Kapitals das des produktiven Kapitals in ihrem Kreislauf voraus.In I kann G das erste Geldkapital, in II P das erste produktive Kapital sein, das auf der geschichtlichen

Bühne auftritt, aber in IIIW -- G - W ... P ... W´-- G´W´ {w --

{g - w

ist W zweimal außerhalb des Kreislaufs vorausgesetzt. Einmal im Kreislauf W´- G´- W . Dies W, soweites aus Pm besteht, ist Ware in der Hand des Verkäufers; es ist selbst Warenkapital, soweit es Produkteines kapitalistischen Produktionsprozesses; und selbst wenn das nicht, erscheint es als Warenkapital inder Hand des Kaufmanns. Das andre Mal in dem zweiten w in w - g - w, das ebenfalls als Ware vorhan-den sein muß, um gekauft werden zu können. Jedenfalls, ob Warenkapital oder nicht, sind A und Pm Wa-ren so gut wie W´ und verhalten sich zueinander als Waren. Dasselbe gilt von dem zweiten w in w - g - w.Soweit also W´ = W (A + Pm), hat es Waren zu seinen eignen Bildungselement und muß durch gleicheWaren n der Zirkulation ersetzt werden; wie auch in w - g - w das zweite w durch andre gleiche Waren inder Zirkulation zu ersetzen ist.

<100> Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise, als herrschender, muß außerdem alle Warein der Hand des Verkäufers Warenkapital sein. Sie fährt fort es zu sein in der Hand des Kaufmanns, oder

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wird es in seiner Hand, wenn sie es noch nicht war. Oder aber sie muß Ware sein - z.B. eingeführte Arti-kel -, welche ursprüngliches Warenkapital ersetzt, ihm daher nur eine andre Daseinsform gegeben hat.

Die Warenelemente A und Pm, woraus das produktive Kapital P besteht, besitzen als Daseinsformen vonP nicht dieselbe Gestalt wie auf den verschiednen Warenmärkten, auf denen sie zusammengesucht wer-den. Sie sind jetzt vereinigt, und in ihrer Verbindung können sie als produktives Kapital fungieren.

Daß nur in dieser Form III, innerhalb des Kreislaufs selbst, W als Voraussetzung von W erscheint, kommtdaher, daß der Ausgangspunkt das Kapital in Warenform ist. Der Kreislauf wird eröffnet durch Umsatzvon W´ (soweit es als Kapitalwert fungiert, ob durch Zusatz von Mehrwert vergrößert oder nicht) in dieWaren, die seine Produktionselemente bilden. Dieser Umsatz aber umfaßt den ganzen ZirkulationsprozeßW - G - W (= A + Pm) und ist dessen Resultat. Hier steht also W auf beiden Extremen, aber das zweiteExtrem, das seine Form W durch G - W von außen aus dem Warenmarkt erhält, ist nicht letztes Extremdes Kreislaufs, sondern nur seiner zwei ersten, den Zirkulationsprozeß umfassenden Stadien. Sein Resul-tat ist P, dessen Funktion dann eintritt, der Produktionsprozeß. Erst als dessen Resultat, also nicht als Re-sultat des Zirkulationsprozesses, erscheint W´ als Schluß des Kreislaufs und in derselben Form wie dasAnfangsextrem W´. Dagegen in G ... G´, P ... P sind die Schlußextreme G´ und P unmittelbare Resultatedes Zirkulationsprozesses. Hier sind also nur am Schluß das eine Mal G´, das andre Mal P in andrer Handvorausgesetzt. Soweit der Kreislauf zwischen den Extremen vorgeht, erscheint weder G in dem einenFall, noch P in dem andren - das Dasein von G, als fremdem Geld, von P, als fremdem Produktionsprozeß- als Voraussetzung dieser Kreisläufe. W´... W´ dagegen setzt W (= A + Pm) als fremde Waren in fremderHand voraus, die durch den einleitenden Zirkulationsprozeß in den Kreislauf gezogen und in das produk-tive Kapital verwandelt werden, als Resultat von dessen Funktion nun W´ wieder Schlußform des Kreis-laufs wird.

Aber eben weil der Kreislauf W´... W´ innerhalb seiner Beschreibung andres industrielles Kapital in Formvon W (= A +Pm) voraussetzt (und Pm umschließt verschiedenartige andre Kapitale, z.B. in unserm FallMaschinen, Kohlen, Öl etc.), fordert er selbst dazu heraus, ihn zu betrachten <101> nicht nur als allge-meine Form des Kreislaufs, d.h. als eine gesellschaftliche Form, worunter jedes einzelne industrielle Ka-pital (außer bei seiner ersten Anlage) betrachtet werden kann, daher nicht nur als eine allen individuellenindustriellen Kapitalen gemeinsame Bewegungsform, sondern zugleich als Bewegungsform der Summeder individuellen Kapitale, also des Gesamtkapitals der Kapitalistenklasse, eine Bewegung, worin diejedes individuellen industriellen Kapitals nur als eine Teilbewegung erscheint, die mit der andren sichverschlingt und durch sie bedingt wird. Betrachten wir z.B. das jährliche Gesamtwarenprodukt eines Lan-des und analysieren die Bewegung, wodurch ein Teil desselben das produktive Kapital in allen individu-ellen Geschäften ersetzt, ein andrer Teil in die individuelle Konsumtion der verschiednen Klassen ein-geht, so betrachten wir W´... W´ als Bewegungsform sowohl des gesellschaftlichen Kapitals, als des vondiesem erzeugten Mehrwerts, resp. Mehrprodukts. Daß das gesellschaftliche Kapital Summe der indiv i-duellen Kapitale (inkl. der Aktienkapitale resp. des Staatskapitals, soweit Regierungen produktive Lohn-arbeit in Bergwerken, Eisenbahnen etc. anwenden, als industrielle Kapitalisten fungieren), und daß dieGesamtbewegung des gesellschaftlichen Kapitals = der algebraischen Summe der Bewegungen der indi-viduellen Kapitale ist, schließt in keiner Weise aus, daß diese Bewegung als Bewegung des vereinzeltenindividuellen Kapitals andre Phänomene darbietet, als dieselbe Bewegung, wenn sie unter dem Gesichts-punkt eines Teils der Gesamtbewegung des gesellschaftlichen Kapitals, also in ihrem Zusammenhang mitden Bewegungen seiner andren Teile betrachtet wird, und daß sie zugleich Probleme löst, deren Lösungbei der Betrachtung des Kreislaufs eines einzelnen individuellen Kapitals vorausgesetzt werden muß, stattsich daraus zu ergeben.

W´... W´ ist der einzige Kreislauf, worin der ursprünglich vorgeschossene Kapitalwert nur einen Teil desdie Bewegung eröffnenden Extrems bildet und die Bewegung von vornherein sich so als Totalbewegungdes industriellen Kapitals ankündigt; sowohl des Produktteils, der das produktive Kapital ersetzt, als desProduktteils, der Mehrprodukt bildet und der durchschnittlich teils als Revenue verausgabt wird, teils alsElement der Akkumulation zu dienen hat. Soweit die Verausgabung von Mehrwert als Revenue in diesen

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Kreislauf eingeschlossen, soweit ist es auch die individuelle Konsumtion. Diese letztre ist aber auch fer-ner dadurch eingeschlossen, daß der Ausgangspunkt W, Ware, existiert als irgendein beliebiger Ge-brauchsartikel; jeder kapitalistisch produzierte Artikel ist aber Warenkapital, gleichgültig ob seine Ge-brauchsform ihn bestimmt für produktive oder für individuelle Konsumtion, oder für beide. G ... G´ zeigtnur hin <102> auf die Wertseite, die Verwertung des vorgeschoßnen Kapitalwerts als Zweck des ganzenProzesses; P ... P (P´) auf den Produktionsprozeß des Kapitals als Reproduktionsprozeß mit gleichble i-bender oder wachsender Größe des produktiven Kapitals (Akkumulation); W´... W´, während es schon inseinem Anfangsextrem sich als Gestalt der kapitalistischen Warenproduktion ankündigt, umschließt pro-duktive und individuelle Konsumtion von vornherein; die produktive Konsumtion und die darin einge-schloßne Verwertung erscheint nur als Zweig seiner Bewegung. Endlich, da W´ existieren kann in Ge-brauchsform, die nicht wieder in irgendeinen Produktionsprozeß eingehn kann, so ist von vornherein an-gezeigt, daß die verschiednen in Produktteilen ausgedrückten Wertbestandteile von W´ eine andre Stelleeinnehmen müssen, je nachdem W´... W´ als Form der Bewegung des gesellschaftlichen Gesamtkapitalsoder als selbständige Bewegung eines individuellen industriellen Kapitals gilt. In allen diesen seinen Ei-gentümlichkeiten weist dieser Kreislauf über sich selbst hinaus als vereinzelten Kreislauf eines bloß indi-viduellen Kapitals.

In Figur W´... W´ erscheint die Bewegung des Warenkapitals, d.h. des kapitalistisch produzierten Ge-samtprodukts, sowohl als Voraussetzung des selbständigen Kreislaufs des individuellen Kapitals, wieihrerseits durch denselben bedingt. Wird diese Figur daher in ihrer Eigentümlichkeit aufgefaßt, so genügtes nicht mehr, sich dabei zu beruhigen, daß die Metamorphosen W´- G´ und G - W einerseits funktionellbestimmte Abschnitte in der Metamorphose des Kapitals sind, andrerseits Glieder der allgemeinen Wa-renzirkulation. Es wird notwendig, die Verschlingungen der Metamorphosen eines individuellen Kapitalsmit denen andrer individuellen Kapitale und mit dem für den individuellen Konsum bestimmten Teil desGesamtprodukts klarzulegen. Bei Analyse des Kreislaufs des individuellen industriellen Kapitals legenwir daher vorzugsweise die beiden ersten Formen zugrunde.

Als Form eines einzelnen individuellen Kapitals erscheint der Kreislauf W´... W´ z.B. in der Agrikultur,wo von Ernte zu Ernte gerechnet wird. In Figur II wird von der Aussaat, in Figur III von der Ernte ausge-gangen, oder wie die Physiokraten sagen, in der ersteren von den avances <Vorschüssen>, in der letzterenvon den reprises <Wiedereinnahmen>. Die Bewegung des Kapitalwerts erscheint in III von vornhereinnur als Teil der Bewegung der allgemeinen Produktenmasse, während in I und II die Bewegung von W´nur ein Moment in der Bewegung eines vereinzelten Kapitals bildet.

<103> In Figur III bilden auf dem Markt befindliche Waren die beständige Voraussetzung des Produkti-ons- und Reproduktionsprozesses. Fixiert man daher diese Figur, so scheinen alle Elemente des Produkti-onsprozesses aus der Warenzirkulation herzukommen und nur aus Waren zu bestehn. Diese einseitigeAuffassung übersieht die von den Warenelementen unabhängigen Elemente des Produktionsprozesses.

Da in W´... W´ das Gesamtprodukt (der Gesamtwert) Ausgangspunkt ist, so zeigt sich hier, daß (abgesehnvom auswärtigen Handel) Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter, bei sonst gleichbleibender Produkti-vität, nur stattfinden kann, wenn in dem zu kapitalisierenden Teil des Mehrprodukts die stofflichen Ele-mente des zusätzlichen produktiven Kapitals bereits enthalten sind; daß also, soweit die Produktion einesJahres der des folgenden zur Voraussetzung dient, oder soweit dies gleichzeitig mit dem einfachen Re-produktionsprozeß innerhalb eines Jahres geschehn kann, Mehrprodukt sofort produziert wird in derForm, die es befähigt, als zuschüssiges Kapital zu fungieren. Vermehrte Produktivität kann nur den Ka-pitalstoff vermehren, ohne dessen Wert zu erhöhn; sie bildet aber damit zusätzliches Material für dieVerwertung.

W´... W´ liegt dem Tableau économique Quesnays zugrunde, und es zeigt großen und richtigen Takt, daßer im Gegensatz zu G ... G´ (der isoliert festgehaltenen Form des Merkantilsystems) diese Form und nichtP ... P wählte.

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Die drei Figuren des Kreislaufsprozesses

<104> Die drei Figuren können dargestellt werden, wenn Ck für den Gesamtzirkulationsprozeß steht:

I) G - W ... P ... W´- G´II) P ... Ck ... PIII) Ck ... P (W´).

Fassen wir alle drei Formen zusammen, so erscheinen alle Voraussetzungen des Prozesses als sein Re-sultat, als von ihm selbst produzierte Voraussetzung. Jedes Moment erscheint als Ausgangspunkt, Durch-gangspunkt und Punkt der Rückkehr. Der Gesamtprozeß stellt sich dar als Einheit von Produktionsprozeßund Zirkulationsprozeß; der Produktionsprozeß wird Vermittler des Zirkulationsprozesses und umge-kehrt.

Allen drei Kreisläufen ist gemeinsam: Verwertung des Werts als bestimmender Zweck, als treibendesMotiv. In I ist das in der Form ausgedrückt. Form II beginnt mit P, dem Verwertungsprozeß selbst. In IIIbeginnt der Kreislauf mit dem verwerteten Wert und schließt mit neu verwertetem Wert, selbst wenn dieBewegung auf gleichbleibender Stufe wiederholt wird.

Soweit W - G für den Käufer G - W, und G - W für den Verkäufer W - G, stellt die Zirkulation des Kapi-tals nur die gewöhnliche Warenmetamorphose dar, und gelten die bei derselben (Buch I, Kap. III, 2) ent-wickelten Gesetze über die Masse des zirkulierenden Geldes. Wird aber nicht an dieser formellen Seitefestgehalten, sondern der reale Zusammenhang der Metamorphosen der verschiednen individuellen Ka-pitale betrachtet, also in der Tat der Zusammenhang der Kreisläufe der individuellen Kapitale als derTeilbewegungen des Reproduktionsprozesses des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, so kann dieser nichtaus dem bloßen Formwechsel von Geld und Ware erklärt werden.

<105> In einem beständig rotierenden Kreis ist jeder Punkt zugleich Ausgangspunkt und Punkt derRückkehr. Unterbrechen wir die Rotation, so ist nicht jeder Ausgangspunkt Punkt der Rückkehr. So ha-ben wir gesehn, daß nicht nur jeder besondre Kreislauf den andern (implizite) voraussetzt, sondern auch,daß die Wiederholung des Kreislaufs in einer Form die Beschreibung des Kreislaufs in den andren For-men einbegreift. So stellt sich der ganze Unterschied als ein bloß formaler dar, oder auch als ein bloßsubjektiver, nur für den Betrachter bestehender Unterschied.

Sofern jeder dieser Kreisläufe als besondre Form der Bewegung betrachtet wird, worin sich verschiedneindividuelle industrielle Kapitale befinden, so existiert auch diese Verschiedenheit immer nur als eineindividuelle. In Wirklichkeit aber befindet sich jedes individuelle industrielle Kapital in allen dreien zu-gleich. Die drei Kreisläufe, die Reproduktionsformen der drei Gestalten des Kapitals, vollziehn sich kon-tinuierlich nebeneinander. Ein Teil des Kapitalwerts z.B., der jetzt als Warenkapital fungiert, verwandeltsich in Geldkapital, aber gleichzeitig tritt ein andrer Teil aus dem Produktionsprozeß in die Zirkulation alsneues Warenkapital. So wird die Kreisform W´... W´ beständig beschrieben; ebenso die beiden andrenFormen. Die Reproduktion des Kapitals in jeder seiner Formen und jedem seiner Stadien ist ebenso kon-tinuierlich, wie die Metamorphose dieser Formen und der sukzessive Verlauf durch die drei Stadien. Hierist also der gesamte Kreislauf wirkliche Einheit seiner drei Formen.

In unsrer Betrachtung wurde unterstellt, daß der Kapitalwert seiner gesamten Wertgröße nach ganz alsGeldkapital oder als produktives Kapital oder als Warenkapital auftritt. So hatten wir z.B. die 422 Pfd.St.zuerst ganz als Geldkapital, dann ebenso ihrem ganzen Umfang nach in produktives Kapital verwandelt,endlich als Warenkapital: Garn zum Wert von 500 Pfd.St. (worin 78 Pfd.St. Mehrwert). Hier bilden dieverschiednen Stadien ebensoviele Unterbrechungen. Solange z.B. die 422 Pfd.St. in Geldform verharren,d.h. bis die Käufe G - W (A + Pm) vollzogen, existiert und fungiert das gesamte Kapital nur als Geldka-pital. Sobald es in produktives Kapital verwandelt, fungiert es weder als Geldkapital noch als Warenka-

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pital. Sein gesamter Zirkulationsprozeß ist unterbrochen, wie andrerseits sein gesamter Produktionsprozeßunterbrochen ist, sobald es in einem der beiden Zirkulationsstadien fungiert, sei es als G oder W´. Sowürde sich also der Kreislauf P ... P nicht nur als periodische Erneuerung des produktiven Kapitals dar-stellen, sondern ebensosehr als Unterbrechung seiner Funktion, des Produktionsprozesses, bis der Zirku-lationsprozeß zurückgelegt; statt kontinuierlich erfolgte die Produktion ruckweise und erneuerte <106>sich nur nach Zeitabschnitten von zufälliger Dauer, je nachdem die beiden Stadien des Zirkulationspro-zesses rascher oder langsamer absolviert werden. So z.B. bei einem chinesischen Handwerker, der bloßfür Privatkunden arbeitet und dessen Produktionsprozeß aufhört, bis die Bestellung erneuert wird.

In der Tat gilt dies für jeden einzelnen, in Bewegung befindlichen Kapitalteil, und alle Teile des Kapitalsmachen der Reihe nach diese Bewegung durch. Z.B. die 10.000 Pfund Garn sind das Wochenprodukteines Spinners. Diese 10.000 Pfund Garn treten ganz aus der Produktionssphäre hinaus in die Zirkulati-onssphäre; der in ihm enthaltne Kapitalwert muß ganz in Geldkapital verwandelt werden, und solange erin der Form von Geldkapital verharrt, kann er nicht von neuem in den Produktionsprozeß eingehn; er mußvorher in die Zirkulation eintreten und in die Elemente des produktiven Kapitals A + Pm rückverwandeltwerden. Der Kreislaufsprozeß des Kapitals ist beständige Unterbrechung, Verlassen eines Stadiums, Ein-treten in das nächste; Abstreifen einer Form, Dasein in einer andren; jedes dieser Stadien bedingt nichtnur das andre, sondern schließt es zugleich aus.

Kontinuität ist aber das charakteristische Merkmal der kapitalistischen Produktion und durch ihre techni-sche Grundlage bedingt, wenn auch nicht immer unbedingt erreichbar. Sehn wir also, wie die Sache in derWirklichkeit zugeht. Während z.B. die 10.000 Pfund Garn als Warenkapital auf den Markt treten und ihreVerwandlung in Geld (sei dies nun Zahlungsmittel, Kauf mittel oder gar nur Rechengeld) vollziehn, trittneue Baumwolle, Kohle etc. im Produktionsprozeß an ihre Stelle, hat also schon aus Geldform und Wa-renform sich wieder in die Form des produktiven Kapitals rückverwandelt und beginnt ihre Funktion alssolches; während zur selben Zeit, wo die ersten 10.000 Pfund Garn in Geld umgesetzt werden, frühere10.000 Pfund Garn schon das zweite Stadium ihrer Zirkulation beschreiben und sich aus Geld in die Ele-mente des produktiven Kapitals rückverwandeln. Alle Teile des Kapitals machen den Kreislaufsprozeßder Reihe nach durch, befinden sich gleichzeitig in verschiednen Stadien desselben. So befindet sich dasindustrielle Kapital in der Kontinuität seines Kreislaufs gleichzeitig in allen seinen Stadien und den ihnenentsprechenden verschiednen Funktionsformen. Für den Teil, der zum ersten Mal aus Warenkapital sichin Geld verwandelt, ist der Kreislauf W´... W´ eröffnet, während für das industrielle Kapital, als sich be-wegendes Ganze, der Kreislauf W´... W´ durchlaufen ist. Mit der einen Hand wird Geld vorgeschossen,mit der andren eingenommen; die Eröffnung des Kreislaufs G ... G´ auf einem <107> Punkt ist zugleichseine Rückkehr auf einem andren. Das gleiche gilt für das produktive Kapital.

Der wirkliche Kreislauf des industriellen Kapitals in seiner Kontinuität ist daher nicht nur Einheit vonZirkulations- und Produktionsprozeß, sondern Einheit aller seiner drei Kreisläufe. Solche Einheit kann eraber nur sein, sofern jeder verschiedne Teil des Kapitals sukzessive die einander folgenden Phasen desKreislaufs durchmessen, aus einer Phase, einer Funktionsform in die andre übergehn kann, das industri-elle Kapital, als Ganzes dieser Teile, sich also gleichzeitig in den verschiednen Phasen und Funktionenbefindet, und so alle drei Kreisläufe gleichzeitig beschreibt. Das Nacheinander jedes Teils ist hier bedingtdurch das Nebeneinander der Teile, d.h. durch die Teilung des Kapitals. So befindet sich in dem geglie-derten Fabriksystem das Produkt ebenso fortwährend auf den verschiednen Stufen seines Bildungsprozes-ses, wie im Übergang aus einer Produktionsphase in die andre. Da das individuelle industrielle Kapitaleine bestimmte Größe darstellt, die abhängig ist von den Mitteln des Kapitalisten und die für jeden Indu-striezweig eine bestimmte Minimalgröße hat, so müssen bestimmte Verhältniszahlen bei seiner Teilungbestehn. Die Größe des vorhandnen Kapitals bedingt den Umfang des Produktionsprozesses, dieser denUmfang von Warenkapital und Geldkapital, soweit sie neben dem Produktionsprozeß fungieren. Das Ne-beneinander, wodurch die Kontinuität der Produktion bedingt wird, existiert aber nur durch die Bewegungder Teile des Kapitals, worin sie nacheinander die verschiednen Stadien beschreiben. Das Nebeneinanderist selbst nur Resultat des Nacheinander. Stockt z.B. W´- G´ für einen Teil, ist die Ware unverkäuflich, soist der Kreislauf dieses Teils unterbrochen und der Ersatz durch seine Produktionsmittel wird nicht voll-

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zogen; die nachfolgenden Teile, die als W´ aus dem Produktionsprozeß hervorgehn, finden ihren Funkti-onswechsel durch ihre Vorgänger gesperrt. Dauert dies einige Zeit fort, so wird die Produktion einge-schränkt und der ganze Prozeß zum Stillstand gebracht. Jede Stockung des Nacheinander bringt das Ne-beneinander in Unordnung, jede Stockung in einem Stadium bewirkt größre oder geringre Stockung imgesamten Kreislauf nicht nur des stockenden Kapitalteils, sondern auch des gesamten individuellen Ka-pitals. Die nächste Form, worin sich der Prozeß darstellt, ist die einer Sukzession von Phasen, so daß derÜbergang des Kapitals in eine neue Phase durch sein Verlassen der andren bedingt ist. Jeder besondreKreislauf hat daher auch eine der Funktionsformen des Kapitals zum Ausgangspunkt und Rückkehrpunkt.Andrerseits ist der Gesamtprozeß in der Tat die Einheit der drei Kreisläufe, die die verschiednen Formensind, in denen die <108> Kontinuität des Prozesses sich ausdrückt. Der Gesamtkreislauf stellt sich fürjede Funktionsform des Kapitals als ihr spezifischer Kreislauf dar, und zwar bedingt jeder dieser Kreis-läufe die Kontinuität des Gesamtprozesses; der Zirkellauf der einen funktionellen Form bedingt den and-ren. Es ist eine notwendige Bedingung für den Gesamtproduktionsprozeß, besonders für das gesellschaft-liche Kapital, daß er zugleich Reproduktionsprozeß, und daher Kreislauf jedes seiner Momente ist. Ver-schiedne Bruchteile des Kapitals durchlaufen sukzessiv die verschiednen Stadien und Funktionsformen.Jede Funktionsform, obgleich sich stets ein andrer Teil des Kapitals darin darstellt, durchläuft dadurchgleichzeitig mit den andren ihren eignen Kreislauf. Ein Teil des Kapitals, aber ein stets wechselnder, stetsreproduziert, existiert als Warenkapital, das sich in Geld verwandelt; ein andrer als Geldkapital, das sichin produktives verwandelt; ein dritter als produktives Kapital, das sich in Warenkapital verwandelt. Dasbeständige Vorhandensein aller drei Formen ist vermittelt durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durcheben diese drei Phasen.

Als Ganzes befindet sich das Kapital dann gleichzeitig, räumlich nebeneinander, in seinen verschiednenPhasen. Aber jeder Teil geht beständig der Reihe nach aus der einen Phase, aus der einen Funktionsformin die andre über, fungiert so der Reihe nach in allen. Die Formen sind so fließende Formen, derenGleichzeitigkeit durch ihr Nacheinander vermittelt ist. Jede Form folgt der andren nach und geht ihr vor-her, so daß die Rückkehr des einen Kapitalteils zu einer Form durch die Rückkehr des andren zu einerandren Form bedingt ist. Jeder Teil beschreibt fortwährend seinen eignen Umlauf, aber es ist stets einandrer Teil des Kapitals, der sich in dieser Form befindet, und diese besondren Umläufe bilden nurgleichzeitige und sukzessive Momente des Gesamtverlaufs.

Nur in der Einheit der drei Kreisläufe ist die Kontinuität des Gesamtprozesses verwirklicht statt der obengeschilderten Unterbrechung. Das gesellschaftliche Gesamtkapital besitzt stets diese Kontinuität und be-sitzt sein Prozeß stets die Einheit der drei Kreisläufe.

Für individuelle Kapitale wird die Kontinuität der Reproduktion stellenweise mehr oder minder unterbro-chen. Erstens sind die Wertmassen häufig zu verschiednen Epochen in ungleichen Portionen auf die ver-schiednen Stadien und Funktionsformen verteilt. Zweitens können sich je nach dem Charakter der zuproduzierenden Ware, also je nach der besondren Produktionssphäre, worin das Kapital angelegt ist, diesePortionen verschieden verteilen. Drittens kann die Kontinuität mehr oder weniger unterbrochen werden inProduktionszweigen, die von der Jahreszeit abhängen, sei es <109> infolge von Naturbedingungen (Agr i-kultur, Heringsfang etc.), sei es infolge konventioneller Umstände, wie z.B. bei sogenannten Saisonar-beiten. Am regelmäßigsten und uniformsten verläuft der Prozeß in der Fabrik und im Bergbau. Aber dieseVerschiedenheit der Produktionszweige bewirkt keine Verschiedenheit in den allgemeinen Formen desKreislaufsprozesses.

Das Kapital als sich verwertender Wert umschließt nicht nur Klassenverhältnisse, einen bestimmten ge-sellschaftlichen Charakter, der auf dem Dasein der Arbeit als Lohnarbeit ruht. Es ist eine Bewegung, einKreislaufsprozeß durch verschiedne Stadien, der selbst wieder drei verschiedne Formen des Kreislaufs-prozesses einschließt. Es kann daher nur als Bewegung und nicht als ruhendes Ding begriffen werden.Diejenigen, die die Verselbständigung des Werts als bloße Abstraktion betrachten, vergessen, daß dieBewegung des industriellen Kapitals diese Abstraktion in actu ist. Der Wert durchläuft hier verschiedneFormen, verschiedne Bewegungen, in denen er sich erhält und zugleich verwertet, vergrößert. Da wir es

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hier zunächst mit der bloßen Bewegungsform zu tun haben, werden die Revolutionen nicht berücksich-tigt, die der Kapitalwert in seinem Kreislaufsprozeß erleiden kann; aber es ist klar, daß trotz aller Wertre-volutionen die kapitalistische Produktion nur solange existiert und fortexistieren kann, als der Kapitalwertverwertet wird, d.h. als verselbständigter Wert seinen Kreislaufsprozeß beschreibt, solange also die Wer-trevolutionen in irgendeiner Art überwältigt und ausgeglichen werden. Die Bewegungen des Kapitalserscheinen als Aktionen des einzelnen industriellen Kapitalisten in der Weise, daß er als Waren- und Ar-beitkäufer, Warenverkäufer und produktiver Kapitalist fungiert, durch seine Tätigkeit also den Kreislaufvermittelt. Erleidet der gesellschaftliche Kapitalwert eine Wertrevolution, so kann es vorkommen, daßsein individuelles Kapital ihr erliegt und untergeht, weil es die Bedingungen dieser Wertbewegung nichterfüllen kann. Je akuter und häufiger die Wertrevolutionen werden, desto mehr macht sich die automati-sche, mit der Gewalt eines elementaren Naturprozesses wirkende Bewegung des verselbständigten Wertsgeltend gegenüber der Voraussicht und Berechnung des einzelnen Kapitalisten, desto mehr wird der Laufder normalen Produktion untertan der anormalen Spekulation, desto größer wird die Gefahr für die Exi-stenz der Einzelkapitale. Diese periodischen Wertrevolutionen bestätigen also, was sie angeblich widerle-gen sollen: die Verselbständigung, die der Wert als Kapital erfährt und durch seine Bewegung forterhältund verschärft.

Diese Reihenfolge der Metamorphosen des prozessierenden Kapitals schließt fortwährende Vergleichungder im Kreislauf vollbrachten Verände- <110> rung der Wertgröße des Kapitals ein mit dem ursprüngli-chen Wert. Wenn die Verselbständigung des Werts gegenüber der wertbildenden Kraft, der Arbeitskraft,im Akt G - A (Kauf der Arbeitskraft) eingeleitet und während des Produktionsprozesses als Exploitationder Arbeitskraft verwirklicht wird, so erscheint diese Verselbständigung des Werts nicht wieder in diesemKreislauf, worin Geld, Ware, Produktionselemente, nur abwechselnde Formen des prozessierenden Ka-pitalwerts sind, und die vergangne Wertgröße mit der gegenwärtigen veränderten des Kapitals sich ver-gleicht.

"Value", sagt Bailey gegen die Verselbständigung des Werts, welche die kapitalistische Produktionsweisecharakterisiert, und die er als Illusion gewisser Ökonomen traktiert, "value is a relation between cotem-porary commodities, because such only admit of being exchanged with each other." <"Wert ist ein Ver-hältnis zwischen gleichzeitig vorhandnen Waren, weil nur solche überhaupt gegeneinander ausgetauschtwerden können.">

Dies sagt er gegen den Vergleich von Warenwerten in verschiednen Zeitepochen, ein Vergleich, der, denGeldwert einmal für jede Epoche fixiert, nur eine Vergleichung der in den verschiednen Epochen erfor-derlichen Ausgabe von Arbeit für Produktion derselben Sorte Waren bedeutet. Es entspringt dies seinemallgemeinen Mißverständnis, wonach Tauschwert = Wert, die Form des Werts der Wert selbst ist; Wa-renwerte also nicht mehr vergleichbar sind, sobald sie nicht aktiv als Tauschwerte fungieren, also nichtrealiter gegeneinander ausgetauscht werden können. Er ahnt also nicht im geringsten, daß Wert nur alsKapitalwert oder Kapital fungiert, sofern er in den verschiednen Phasen seines Kreislaufs, die keineswegscotemporary <gleichzeitig> sind, sondern nacheinander fallen, mit sich selbst identisch bleibt und mitsich selbst verglichen wird.

Um die Formel des Kreislaufs rein zu betrachten, genügt es nicht zu unterstellen, daß die Waren zu ihremWert verkauft werden, sondern daß dies unter sonst gleichbleibenden Umständen geschieht. Nehmen wirz.B. die Form P ... P, abgesehn von allen technischen Revolutionen innerhalb des Produktionsprozesses,die das produktive Kapital eines bestimmten Kapitalisten entwerten können; abgesehn ebenfalls von al-lem Rückschlag eines Wechsels der Wertelemente des produktiven Kapitals auf den Wert des vorhandnenWarenkapitals, der gesteigert oder gesenkt werden kann, wenn Vorrat davon vorhanden. W´, die 10.000Pfund Garn, seien zu ihrem Wert von 500 Pfd.St. verkauft; 8.440 Pfund = 422 Pfd.St. ersetzen den in W´enthaltnen Kapitalwert. Ist aber der Wert von Baumwolle, Kohle etc. gestiegen (da wir hier von bloßenPreisschwankungen absehn), so <111> reichen vielleicht diese 422 Pfd.St. nicht hin, um die Elemente desproduktiven Kapitals ganz zu ersetzen; es ist zuschüssiges Geldkapital nötig, Geldkapital wird gebunden.Umgekehrt, wenn jene Preise gefallen; Geldkapital wird freigesetzt. Ganz normal verläuft der Prozeß nur,

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wenn die Wertverhältnisse konstant bleiben; er verläuft faktisch, solange sich Störungen in der Wieder-holung des Kreislaufs ausgleichen; je größer die Störungen, um so größres Geldkapital muß der industri-elle Kapitalist besitzen, um die Ausgleichung abwarten zu können; und da im Fortgang der kapitalisti-schen Produktion sich die Stufenleiter jedes individuellen Produktionsprozesses, und mit ihm die Min i-malgröße des vorzuschießenden Kapitals erweitert, so kommt jener Umstand zu den andren, die dieFunktion des industriellen Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten, verein-zelter oder assoziierter, verwandeln.

Es ist hier beiläufig zu bemerken: Tritt ein Wertwechsel der Produktionselemente ein, so zeigt sich einUnterschied zwischen der Form G ... G´ einerseits und P ... P und W´... W´ andrerseits.

In G... G´, als der Formel des neu angelegten Kapitals, das zuerst als Geldkapital auftritt, wird ein Fall imWert der Produktionsmittel, z.B. Rohmaterialien, Hilfsstoffe etc., geringre Auslage von Geldkapital er-heischen, als vor dem Fall, um ein Geschäft von bestimmtem Umfang zu eröffnen, da der Umfang desProduktionsprozesses (bei gleichbleibender Entwicklung der Produktionskraft) von der Masse und demUmfang der Produktionsmittel abhängt, die eine gegebne Menge Arbeitskraft bewältigen kann; aber we-der von dem Wert dieser Produktionsmittel, noch von dem der Arbeitskraft (letztrer hat nur Einfluß aufdie Größe der Verwertung). Umgekehrt. Findet eine Werterhöhung in den Produktionselementen der Wa-ren statt, welche die Elemente des produktiven Kapitals bilden, so ist mehr Geldkapital nötig, um einGeschäft von gegebnem Umfang zu gründen. In beiden Fällen wird nur die Menge des neu anzulegendenGeldkapitals affiziert; im ersten wird Geldkapital überschüssig, im zweiten wird Geldkapital gebunden,wofern der Zuwachs neuer individueller industrieller Kapitale in gewohnter Weise in einem gegebnenProduktionszweig vorangeht.

Die Kreisläufe P ... P und W´... W´ stellen sich selbst nur soweit als G´ dar, als die Bewegung von P undW´ zugleich Akkumulation ist, also zuschüssiges g, Geld, in Geldkapital verwandelt wird. Abgesehnhiervon, werden sie anders affiziert als G ... G´ durch Wertwechsel der Elemente des produktiven Kapi-tals; wir sehn hier wieder ab von der Rückwirkung solches Wertwechsels auf die im Produktionsprozeßbegriffnen Bestand- <112> teile des Kapitals. Es ist hier nicht die ursprüngliche Auslage; die direkt affi-ziert wird, sondern ein in seinem Reproduktionsprozeß, nicht in seinem ersten Kreislauf, begriffnes indu-strielles Kapital; also W´... W , der Rückumsatz des Warenkapitals in seine Produktionselemente, soweitdiese aus Waren bestehn. Beim Wertfall (resp. Preisfall) sind drei Fälle möglich: der Reproduktionspro-zeß wird auf derselben Stufenleiter fortgesetzt; dann wird ein Teil des bisherigen Geldkapitals freigesetzt,und es findet Anhäufung von Geldkapital statt, ohne daß wirkliche Akkumulation (Produktion auf erwei-terter Stufenleiter) oder die sie einleitende und begleitende Verwandlung von g (Mehrwert) in Akkumu-lationsfonds stattgefunden; oder der Reproduktionsprozeß wird auf größrer Stufenleiter erweitert, alssonst geschehn wäre, falls die technischen Proportionen dies erlauben; oder aber es findet größre Vorrat-bildung von Rohmaterialien etc. statt.

Umgekehrt bei Steigen des Werts der Ersatzelemente des Warenkapitals. Die Reproduktion findet dannnicht mehr in ihrem normalen Umfang statt (es wird z.B. kürzre Zeit gearbeitet); oder es muß zuschüssi-ges Geldkapital eintreten, um sie auf ihrem alten Umfang fortzusetzen (Bindung von Geldkapital); oderder Akkumulations-Geldfonds, wenn vorhanden, dient ganz oder teilweise, statt zur Erweitrung des Re-produktionsprozesses, zu seinem Betrieb auf der alten Stufenleiter. Es ist dies auch Bindung von Geldka-pital, nur daß hier das zuschüssige Geldkapital nicht von außen her, vom Geldmarkt, sondern aus denMitteln des industriellen Kapitalisten selbst herkommt.

Es können aber bei P ... P, W´... W´ modifizierende Umstände stattfinden. Hat unser Baumwollspinnerz.B. großen Vorrat von Baumwolle (also großen Teil seines produktiven Kapitals in Form von Baum-wollvorrat), so wird ein Teil seines produktiven Kapitals entwertet durch einen Fall der Baumwollpreise;sind letztre dagegen gestiegen, so findet Wertsteigerung dieses Teils seines produktiven Kapitals statt.Andrerseits, hat er große Massen in der Form des Warenkapitals fixiert, z.B. in Baumwollgarn, so wirdbeim Fall der Baumwolle ein Teil seines Warenkapitals, also überhaupt seines im Kreislauf befindlichen

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Kapitals, entwertet; umgekehrt beim Steigen der Baumwollpreise. Endlich in dem Prozeß W´- G - W :wenn W´- G, Realisierung des Warenkapitals, stattgefunden hat vor dem Wertwechsel in den Elementenvon W, so wird das Kapital nur in der im ersten Fall betrachteten Weise affiziert, nämlich im zweitenZirkulationsakt G - W ; wenn aber vor Vollziehung von W´- G, so bewirkt bei sonst gleichbleibendenUmständen der Fall im Preis der Baumwolle entsprechenden Fall im Preis des Garns, und Preissteigerungim Preis der Baumwolle <113> umgekehrt Preissteigerung des Garns. Die Wirkung auf die verschiednen,im selben Produktionszweig angelegten Einzelkapitale kann sehr verschieden sein nach den verschiednenUmständen, worin sie sich befinden können. - Freisetzung und Bindung von Geldkapital können ebensoaus Verschiedenheiten in der Zeitdauer des Zirkulationsprozesses, also auch der Zirkulationsgeschwin-digkeit, entspringen. Dies gehört jedoch in die Betrachtung des Umschlags. Hier interessiert uns nur derreale Unterschied, der sich mit Bezug auf Wertwechsel der Elemente des produktiven Kapitals zwischenG ... G´ und den beiden andren Formen des Kreislaufsprozesses zeigt.

In dem Zirkulationsabschnitt G - W wird in der Epoche bereits entwickelter, daher vorherrschender kapi-talistischer Produktionsweise ein großer Teil der Waren, aus denen Pm, die Produktionsmittel, bestehn,selbst fremdes fungierendes Warenkapital sein. Es findet also vom Standpunkt des Verkäufers W´- G´statt, Verwandlung von Warenkapital in Geldkapital Aber es gilt dies nicht absolut. Umgekehrt. Innerhalbseines Zirkulationsprozesses, wo das industrielle Kapital entweder als Geld oder als Ware fungiert,durchkreuzt sich der Kreislauf des industriellen Kapitals, sei es als Geldkapital oder als Warenkapital, mitder Warenzirkulation der verschiedensten sozialen Produktionsweisen, soweit letztre zugleich Warenpro-duktion ist. Ob die Ware das Produkt der auf Sklaverei gegründeten Produktion, oder von Bauern (Chine-sen, indische Ryots), oder Gemeinwesen (holländisch Ostindien), oder der Staatsproduktion (wie solche,auf Leibeigenschaft gegründet, in früheren Epochen der russischen Geschichte vorkommt), oder halbwil-der Jägervölker etc.: als Waren und Geld treten sie gegenüber dem Geld und den Waren, worin sich dasindustrielle Kapital darstellt, und gehn ein ebensosehr in den Kreislauf desselben, wie in den des vomWarenkapital getragnen Mehrwerts, sofern letztrer als Revenue verausgabt wird; also in beide Zirkulati-onszweige des Warenkapitals. Der Charakter des Produktionsprozesses, aus dem sie herkommen, istgleichgültig; als Waren fungieren sie auf dem Markt, als Waren gehn sie ein in den Kreislauf des industri-ellen Kapitals, wie in die Zirkulation des von ihm getragnen Mehrwerts. Es ist also der allseitige Charak-ter ihrer Herkunft, das Dasein des Markts als Weltmarkt, der den Zirkulationsprozeß des industriellenKapitals auszeichnet. Was von fremden Waren gilt, gilt von fremdem Geld; wie das Warenkapital ihmgegenüber nur als Ware, so fungiert dies Geld ihm gegenüber nur als Geld; das Geld fungiert hier alsWeltgeld.

Hier ist jedoch zweierlei zu bemerken.

Erstens. Die Waren (Pm), sobald der Akt G - Pm vollendet, hören auf, <114> Waren zu sein und werdeneine der Daseinsweisen des industriellen Kapitals in seiner Funktionsform als P, produktives Kapital.Damit aber ist ihre Herkunft ausgelöscht; sie existieren nur noch als Existenzformen des industriellenKapitals, sind ihm einverleibt. Doch bleibt es dabei, daß zu ihrem Ersatz ihre Reproduktion nötig, undinsofern ist die kapitalistische Produktionsweise bedingt durch außerhalb ihrer Entwicklungsstufe liegen-de Produktionsweisen. Ihre Tendenz aber ist, alle Produktion möglichst in Warenproduktion umzuwan-deln; ihr Hauptmittel hierzu ist gerade dies Hereinziehn derselben in ihren Zirkulationsprozeß; und dieentwickelte Warenproduktion selbst ist kapitalistische Warenproduktion. Das Eingreifen des industriellenKapitals befördert überall diese Umwandlung, mit ihr aber auch die Verwandlung aller unmittelbarenProduzenten in Lohnarbeiter.

Zweitens. Die in den Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals eingehenden Waren (wozu auch dienotwendigen Lebensmittel gehören, in die sich das variable Kapital nach seiner Auszahlung an die Ar-beiter, behufs Reproduktion der Arbeitskraft umsetzt), welches immer ihre Herkunft, die gesellschaftlicheForm des Produktionsprozesses, dem sie entstammen - treten dem industriellen Kapital selbst schon in der

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Form von Warenkapital gegenüber, in der Form von Warenhandlungs- oder Kaufmannskapital; dies aberumfaßt seiner Natur nach Waren aller Produktionsweisen.

Wie die kapitalistische Produktionsweise große Stufenleiter der Produktion voraussetzt, so auch notwen-dig große Stufenleiter des Verkaufs; also Verkauf an den Kaufmann, nicht an den einzelnen Konsumen-ten. Soweit dieser Konsument selbst produktiver Konsument, also industrieller Kapitalist, also soweit dasindustrielle Kapital eines Produktionszweigs dem andren Zweige Produktionsmittel liefert, findet (inForm von Bestellung etc.) auch direkter Verkauf eines industriellen Kapitalisten an viele andre statt. Jederindustrielle Kapitalist ist sofern direkter Verkäufer, selbst sein Kaufmann, was er übrigens auch im Ver-kauf an den Kaufmann ist.

Der Warenhandel als Funktion des Kaufmannskapitals ist vorausgesetzt und entwickelt sich immer mehrmit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion. Wir unterstellen ihn also gelegentlich zur Illustrati-on einzelner Seiten des kapitalistischen Zirkulationsprozesses; nehmen aber bei dessen allgemeiner Ana-lyse direkten Verkauf ohne Zwischenkunft des Kaufmanns an, weil letztre verschiedne Momente der Be-wegung verdeckt.

Man sehe Sismondi, der die Sache etwas naiv darstellt:

"Le commerce emploie un capital considérable qui parait, au premier coup d'œil, ne point faire partie decelui dont nous avons détaillé la marche. La valeur des draps accumulés dans les magasins du marchand-drapier semble d'abord tout-à-fait étrangère <115> à cette partie de la production annuelle que le richedonne au pauvre comme salaire pour le faire travailler. Ce capital n'a fait cependant que remplacer celuidont nous avons parlé. Pour saisir avec clarté le progrès de la richesse, nous l'avons prise à sa création, etnous l'avons suivie jusqu'à sa consommation. Alors le capital employé dans la manufacture des draps, parexemple, nous a paru toujours le même; échangé contre le revenu du consommateur, il ne s'est partagéqu'en deux parties: l'une a servi de revenu au fabricant comme produit, l'autre a servi de revenu aux ou-vriers comme salaire, tandis qu'ils fabriquent de nouveau drap.

Mais on trouva bientôt que, pour l'avantage de tous, il valait mieux que les diverses parties de ce capitalse remplaçassent l'une l'autre, et que, si cent mille écus suffisaient à faire toute la circulation entre lefabricant et le consommateur, ces cent mille écus se partageassent également entre le fabricant, le mar-chand en gros, et le marchand en détail. Le premier, avec le tiers seulement, fit le même ouvrage qu'ilavait fait avec la totalité, parcequ'au moment où sa fabrication était achevée, il trouvait le marchandacheteur beaucoup plus tôt qu'il n'aurait trouvé le consommateur. Le capital du marchand en gros se trou-vait de son côté beaucoup plus tôt remplacé par celui du marchand en détail ... La différence entre lessommes des salaires avancés et le prix d'achat du dernier consommateur devait faire le profit des capitaux.Elle se répartit entre le fabricant, le marchand et le détaillant, depuis qu'ils eurent divisé entre eux leursfonctions, et l'ouvrage accompli fut le même, quoiqu'il eût employé trois personnes et trois fractions decapitaux, au leu d'une. ("Nouveaux Principes", l.p. 139, 140.) - "Tous" (die Kaufleute) "concouraient indi-rectement à la production; car celle-ci, ayant pour objet la consommation, ne peut être considérée commeaccomplie que quand elle a mis la chose produite à la portée du consommateur." (Ib., p. 137.)

<"Der Handel wendet ein beträchtliches Kapital an, das, wie es im ersten Augenblick scheint, keinenBestandteil des Kapitals bildet, dessen Bewegung wir im einzelnen beschrieben haben. Der Wert der inden Lagerhäusern des Tuchhändlers aufgehäuften Tuche scheint zunächst nichts mit dem Teil der jährli-chen Produktion zu tun zu haben, den der Reiche dem Armen als Lohn gibt, um ihn arbeiten zu machen.Dies Kapital hat indessen nur das andre ersetzt, von dem wir gesprochen haben. Um die Entwicklung desReichtums klar zu erkennen, verfolgten wir ihn von der Erzeugung bis zur Konsumtion. Dabei schien unsbeispielsweise das in der Tuchfabrikation angewendete Kapital stets das gleiche zu sein; beim Austauschgegen das Einkommen des Konsumenten teilte es sich nur in zwei Teile: ein Teil stellte als Profit dasEinkommen des Fabrikanten, der andre als Lohn das Einkommen der Arbeiter dar, während sie neuesTuch erzeugten.

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Jedoch fand man bald, daß es, zum Vorteil aller, günstiger sei, wenn die verschiednen Teile dieses Kapi-tals sich gegenseitig ersetzten und wenn, falls 100.000 Taler für die ganze Zirkulation zwischen Fabrikantund Konsument ausreichten, diese 100.000 Taler sich gleichmäßig zwischen Fabrikant, Großkaufmannund Kleinhändler verteilten. Der erste vollbrachte mit nur einem Drittel dasselbe Werk, das er mit demGanzen vollbracht hatte, weil er nunmehr in dem Augenblick, in dem seine Fabrikation beendet war, denKaufmann viel früher als Käufer fand, als er den Konsumenten gefunden hätte. Das Kapital des Groß-kaufmanns seinerseits fand sich viel früher durch das des Kleinhändlers ersetzt ... Der Unterschied zwi-schen der vorgeschoßnen Lohnsumme und dem Kaufpreis für den letzten Konsumenten mußte den Profitder Kapitale ausmachen. Er verteilte sich zwischen Fabrikant, Kaufmann und Kleinhändler, seit sie ihreFunktionen untereinander geteilt hatten, und die geleistete Arbeit war dieselbe, obschon sie drei Personenund drei Kapitalteile an Stelle einer Person und eines Kapitals beanspruchte." ... - "Alle" (die Kaufleute)"beteiligten sich indirekt an der Produktion; denn diese kann, da sie die Konsumtion zum Ziel hat, erst alsvollendet betrachtet werden, wenn sie das Produkt in den Bereich des Konsumenten gebracht hat.">

<116> Wir nehmen bei der Betrachtung der allgemeinen Formen des Kreislaufs und überhaupt in diesemganzen zweiten Buch, Geld als metallisches Geld, mit Ausschluß von symbolischem Geld, bloßen Wert-zeichen, die nur Spezialität gewisser Staaten bilden, und von Kreditgeld, das noch nicht entwickelt ist.Erstens ist das der historische Gang; Kreditgeld spielt keine oder nur unbedeutende Rolle in der erstenEpoche der kapitalistischen Produktion. Zweitens ist die Notwendigkeit dieses Gangs auch theoretischdadurch bewiesen, daß alles, was bisher Kritisches über die Zirkulation des Kreditgelds von Tooke undandren entwickelt worden ist, sie zwang, immer wieder zu der Betrachtung zurückzukehren, wie sich dieSache auf Grundlage bloß metallischer Zirkulation darstellen würde. Man darf aber nicht vergessen, daßdas Metallgeld ebensowohl als Kaufmittel wie als Zahlungsmittel fungieren kann. Der Vereinfachungwegen gilt es uns im allgemeinen in diesem Buch II nur in der ersten Funktionsform.

Der Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals, der nur einen Teil seines individuellen Kreislaufspro-zesses bildet, ist bestimmt, soweit er nur eine Vorgangsreihe innerhalb der allgemeinen Warenzirkulationdarstellt, durch die früher (Buch I, Kap. III) entwickelten allgemeinen Gesetze. Dieselbe Geldmasse z.B.von 500 Pfd.St. setzt nacheinander um so mehr industrielle Kapitale (oder auch individuelle Kapitale inihrer Form als Warenkapitale) in Zirkulation, je größer die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, je ra-scher also jedes einzelne Kapital die Reihe seiner Waren- oder Geldmetamorphosen durchläuft. DieselbeWertmasse von Kapital erheischt demnach um so weniger Geld zu ihrer Zirkulation, je mehr das Geld alsZahlungsmittel fungiert, je mehr also z.B. bei Ersatz eines Warenkapitals durch seine Produktionsmittelbloße Bilanzen zu zahlen sind, und je kürzer die Zahlungstermine, z.B. bei Zahlung des Arbeitslohns.Andrerseits, die Geschwindigkeit der Zirkulation und alle andren Umstände als gleichbleibend vorausge-setzt, ist die Masse des Geldes, das als Geldkapital zirkulieren muß, bestimmt durch die Preissumme derWaren (Preis multipliziert mit der Warenmasse), oder, Masse und Werte der Waren gegeben, durch denWert des Geldes selbst.

<117> Aber die Gesetze der allgemeinen Warenzirkulation gelten nur, soweit der Zirkulationsprozeß desKapitals eine Reihe einfacher Zirkulationsvorgänge, nicht aber, soweit letztre funktionell bestimmte Ab-schnitte des Kreislaufs individueller industrieller Kapitale bilden.

Um dies klarzumachen, ist es am besten, den Zirkulationsprozeß in seinem ununterbrochnen Zusammen-hang zu betrachten, wie er erscheint in den beiden Formen:

W -- G - W ... P (P´)-- G´II) P ... W´ {w --

{g - w

W -- G - W ... P ... W´-- G´III) W´ {w --

{g - w

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Als Reihe von Zirkulationsvorgängen überhaupt stellt der Zirkulationsprozeß (ob als W - G - W oder alsG - W - G) nur die beiden entgegengesetzten Reihen von Warenmetamorphosen dar, von denen jede ein-zelne Metamorphose wieder die entgegengesetzte Metamorphose auf Seite der fremden Ware oder desfremden Geldes einschließt, das sich ihr gegenüber befindet.

W - G von seiten des Warenbesitzers ist G - W von seiten des Käufers; die erste Metamorphose der Warein W - G ist die zweite Metamorphose der als G auftretenden Ware; umgekehrt in G - W. Was also überdie Verschlingung der Warenmetamorphose in dem einen Stadium mit der einer andren Ware im andrenStadium gezeigt worden, gilt für die Kapitalzirkulation, soweit der Kapitalist als Käufer und Verkäufervon Ware, sein Kapital daher als Geld fremder Ware, oder als Ware fremdem Geld gegenüber fungiert.Aber diese Verschlingung ist nicht zugleich Ausdruck für die Metamorphosenverschlingung der Kapitale.

Erstens kann G - W (Pm), wie wir gesehn, eine Verschlingung der Metamorphosen verschiedner indiv i-duellen Kapitale darstellen. Z.B. das Warenkapital des Baumwollspinners, Garn, wird zum Teil ersetztdurch Kohle. Ein Teil seines Kapitals befindet sich in Geldform, und wird daraus in Warenform umge-setzt, während das Kapital des kapitalistischen Kohlenproduzenten sich in Warenform befindet und daherin Geldform umgesetzt wird; derselbe Zirkulationsakt stellt hier entgegengesetzte Metamorphosen zweier(verschiednen Produktionszweigen an gehörigen) industriellen Kapitale dar, also Verschlingung der Me-tamorphosenreihe dieser Kapitale. Wie wir jedoch gesehn, braucht das Pm, worin G sich umsetzt, nichtWaren- <118> kapital im kategorischen Sinn, d.h. keine Funktionsform von industriellem Kapital, nichtvon einem Kapitalisten produziert zu sein. Es ist immer G - W auf der einen, W - G auf der andren Seite,nicht aber immer Verschlingung von Kapitalmetamorphosen. Ferner ist G - A, der Ankauf der Arbeits-kraft, nie Verschlingung von Kapitalmetamorphosen, da die Arbeitskraft zwar Ware des Arbeiters ist,aber erst Kapital wird, sobald sie an den Kapitalisten verkauft ist. Andrerseits im Prozeß W´- G´ brauchtdas G´ nicht verwandeltes Warenkapital zu sein; es kann Versilberung sein der Ware Arbeitskraft (Ar-beitslohn) oder eines vom selbständigen Arbeiter, Sklaven, Leibeignen, Gemeinwesen produzierten Pro-dukts.

Zweitens aber gilt für die funktionell bestimmte Rolle, welche jede innerhalb des Zirkulationsprozesseseines individuellen Kapitals vorkommende Metamorphose spielt, keineswegs, daß sie im Kreislauf desandren Kapitals die entsprechende entgegengesetzte Metamorphose darstellt, wenn wir nämlich die ge-samte Produktion des Weltmarkts als kapitalistisch betrieben voraussetzen. Z.B. im Kreislauf P ... P kanndas G´ welches W´ versilbert, auf seiten des Käufers nur Versilberung seines Mehrwerts sein (wenn dieWare Konsumtionsartikel ist); oder in G´ - W´ (wo also das Kapital akkumuliert eingeht) kann es für denVerkäufer von Pm nur als Ersatz seines Kapitalvorschusses eingehn, oder gar nicht wieder eingehn inseine Kapitalzirkulation, wenn es nämlich in die Revenueausgabe abzweigt.

Wie also die verschiednen Bestandteile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, wovon die Einzelkapitalenur selbständig fungierende Bestandteile sind, sich im Zirkulationsprozeß wechselseitig ersetzen - mitBezug auf das Kapital sowohl als den Mehrwert -, ergibt sich nicht aus den einfachen Metamorphosen-verschlingungen der Warenzirkulation, welche die Vorgänge der Kapitalzirkulation mit aller andren Wa-renzirkulation gemein haben, sondern erfordert andre Untersuchungsweise. Man hat sich dabei bisher mitPhrasen begnügt, die, näher analysiert, nichts enthalten als unbestimmte Vorstellungen, wie sie lediglichden aller Warenzirkulation angehörigen Verschlingungen von Metamorphosen entlehnt sind.

Eine der handgreiflichsten Eigentümlichkeiten des Kreislaufsprozesses des industriellen Kapitals, alsoauch der kapitalistischen Produktion, ist der Umstand, daß einerseits die Bildungselemente des produkti-ven Kapitals aus dem Warenmarkt herstammen und beständig aus demselben erneuert, als Waren gekauftwerden müssen; andrerseits das Produkt des Arbeitsprozes- <119> ses als Ware aus ihm hervorgeht, undbeständig von neuem als Ware verkauft werden muß. Man vergleiche z.B. einen modernen Pächter von

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Nieder-Schottland mit einem altmodischen kontinentalen Kleinbauer. Der erstere verkauft sein ganzesProdukt und hat daher auch alle Elemente desselben, selbst die Aussaat, auf dem Markt zu ersetzen, derandere verzehrt den größten Teil seines Produkts direkt, kauft und verkauft möglichst wenig, verfertigtWerkzeuge, Kleidung etc., soweit möglich, selbst.

Man hat daraufhin Naturalwirtschaft, Geldwirtschaft und Kreditwirtschaft als die drei charakteristischenökonomischen Bewegungsformen der gesellschaftlichen Produktion einander gegenübergestellt.

Erstens stellen diese drei Formen keine gleichwertigen Entwicklungsphasen dar. Die sogenannte Kredit-wirtschaft ist selbst nur eine Form der Geldwirtschaft, soweit beide Bezeichnungen Verkehrsfunktionenoder Verkehrsweisen zwischen den Produzenten selbst ausdrücken. In der entwickelten kapitalistischenProduktion erscheint die Geldwirtschaft nur noch als Grundlage der Kreditwirtschaft. Geldwirtschaft undKreditwirtschaft entsprechen so nur verschiednen Entwicklungsstufen der kapitalistischen Produktion,sind aber keineswegs verschiedne selbständige Verkehrsformen gegenüber der Naturalwirtschaft. Mitdemselben Recht könnte man die sehr verschiednen Formen der Naturalwirtschaft als gleichwertig jenenbeiden gegenüberstellen.

Zweitens: Da man in den Kategorien: Geldwirtschaft, Kreditwirtschaft, nicht die Wirtschaft, d.h. denProduktionsprozeß selbst betont und als unterscheidendes Merkmal hervorhebt, sondern die der Wirt-schaft entsprechende Verkehrsweise zwischen den verschiednen Produktionsagenten oder Produzenten,so müßte dasselbe bei der ersten Kategorie geschehn. Statt Naturalwirtschaft also Tauschwirtschaft. Voll-ständig abgeschloßne Naturalwirtschaft, z.B. der peruanische Inkastaat, fiele unter keine dieser Kategori-en.

Drittens: Geldwirtschaft ist aller Warenproduktion gemein, und das Produkt erscheint als Ware in denverschiedensten gesellschaftlichen Produktionsorganismen Es wäre also nur der Umfang, worin das Pro-dukt als Handelsartikel, als Ware produziert wird, also auch seine eignen Bildungselemente wieder alsHandelsartikel, als Waren in die Wirtschaft, aus der es herkommt, eingehn müssen, welche die kapitalisti-sche Produktion charakterisierte.

In der Tat ist die kapitalistische Produktion die Warenproduktion als allgemeine Form der Produktion,aber sie ist es nur, und wird es stets mehr in ihrer Entwicklung, weil die Arbeit hier selbst als Ware er-scheint, weil <120> der Arbeiter die Arbeit, d.h. die Funktion seiner Arbeitskraft, verkauft, und zwar, wiewir annehmen, zu ihrem durch ihre Reproduktionskosten bestimmten Wert. Im Umfang, wie die ArbeitLohnarbeit wird, wird der Produzent industrieller Kapitalist; daher die kapitalistische Produktion (alsoauch die Warenproduktion) erst in ihrem ganzen Umfang erscheint, wenn auch der unmittelbare ländlicheProduzent Lohnarbeiter ist. In dem Verhältnis zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter wird das Geldver-hältnis, das Verhältnis von Käufer und Verkäufer, ein der Produktion selbst immanentes Verhältnis. DiesVerhältnis aber beruht der Grundlage nach auf dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion, nicht derVerkehrsweise; dieser entspringt umgekehrt aus jenem. Es entspricht übrigens dem bürgerlichen Hori-zont, wo das Geschäftchenmachen den ganzen Kopf einnimmt, nicht im Charakter der Produktionsweisedie Grundlage der ihr entsprechenden Verkehrsweise zu sehn, sondern umgekehrt.

Der Kapitalist wirft weniger Wert in der Form von Geld in die Zirkulation hinein, als er aus ihr heraus-zieht, weil er mehr Wert in der Form von Ware hineinwirft, als er ihr in Form von Ware entzogen hat.Soweit er bloß als Personifikation des Kapitals fungiert, als industrieller Kapitalist, ist seine Zufuhr vonWarenwert stets größer als seine Nachfrage nach Warenwert. Deckung seiner Zufuhr und seiner Nachfra-ge in dieser Beziehung wäre gleich Nichtverwertung seines Kapitals; es hätte nicht als produktives Kapi-tal fungiert; das produktive Kapital hätte sich in Warenkapital verwandelt, das nicht mit Mehrwert ge-schwängert; es hätte während des Produktionsprozesses keinen Mehrwert in Warenform aus der Arbeits-kraft gezogen, also überhaupt nicht als Kapital fungiert; er muß in der Tat "teurer verkaufen als er gekaufthat", aber dies gelingt ihm eben nur, weil er vermittelst des kapitalistischen Produktionsprozesses die

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wohlfeilere, weil minderwertige Ware, die er gekauft hat, in eine mehrwertige, also teurere, verwandelthat. Er verkauft teurer, nicht weil über den Wert seiner Ware, sondern weil Ware von einem Wert überder Wertsumme ihrer Produktionsingredienzien.

Die Rate, worin der Kapitalist sein Kapital verwertet, ist um so größer, je größer die Differenz zwischenseiner Zufuhr und seiner Nachfrage, d.h. je größer der Überschuß des Warenwerts, den er zugeführt, überden <121> Warenwert, den er nachfragt. Statt des Deckens beider ist das möglichste Nichtdecken, dasÜberdecken seiner Nachfrage durch seine Zufuhr, sein Ziel.

Was von dem einzelnen Kapitalisten, gilt von der Kapitalistenklasse.

Soweit der Kapitalist bloß das industrielle Kapital personifiziert, besteht seine eigne Nachfrage nur in derNachfrage nach Produktionsmitteln und Arbeitskraft. Seine Nachfrage nach Pm, ihrer Wertigkeit nachbetrachtet, ist kleiner als sein vorgeschoßnes Kapital; er kauft Produktionsmittel zu geringrem Wert alsdem Wert seines Kapitals, und daher von noch viel geringrem Wert als dem des Warenkapitals, das erzuführt.

Was seine Nachfrage nach Arbeitskraft anbetrifft, so ist sie ihrer Wertigkeit nach bestimmt durch dasVerhältnis seines variablen Kapitals zu seinem Gesamtkapital, also = v : C, und ist daher in der kapitali-stischen Produktion, der Proportion nach betrachtet, wachsend kleiner als seine Nachfrage nach Produkti-onsmitteln. Er ist in beständig zunehmendem Maß größrer Käufer für Pm als für A.

Sofern der Arbeiter seinen Lohn allzumeist in Lebensmittel umsetzt, und zum allergrößten Teil in not-wendige Lebensmittel, ist die Nachfrage des Kapitalisten nach Arbeitskraft indirekt zugleich Nachfragenach den in den Konsum der Arbeiterklasse eingehenden Konsumtionsmitteln. Aber diese Nachfrage ist =v und nicht ein Atom größer (wenn der Arbeiter von seinem Lohn spart - wir lassen alle Kreditverhältnis-se hier notwendig außer Augen -, so heißt dies, daß er einen Teil seines Lohns in Schatz verwandelt undpro tanto nicht als Nachfragender, als Käufer auftritt). Die Maximalgrenze der Nachfrage des Kapitalistenist = C = c + v, aber seine Zufuhr ist = c + v + m; ist also die Konstitution seines Warenkapitals 80c + 20v+ 20m, so ist seine Nachfrage = 80c + 20m, also der Wertigkeit nach betrachtet 1/6 kleiner als seine Zu-fuhr. Je größer der Prozentsatz der von ihm produzierten Masse m (die Profitrate), um so kleiner wirdseine Nachfrage im Verhältnis zu seiner Zufuhr. Obgleich die Nachfrage des Kapitalisten nach Arbeits-kraft, und daher indirekt nach notwendigen Lebensmitteln, mit dem Fortschritt der Produktion fortschrei-tend kleiner wird als seine Nachfrage nach Produktionsmitteln, so ist andrerseits nicht zu vergessen, daßseine Nachfrage nach Pm stets kleiner ist als sein Kapital, tagaus, tagein gerechnet. Seine Nachfrage nachProduktionsmitteln muß also immer minderwertig[er] sein als das Warenprodukt des mit gleichem Kapi-tal und unter sonst gleichen Umständen arbeitenden Kapitalisten, der ihm diese Produktionsmittel liefert.Daß das viele Kapitalisten sind und nicht einer, ändert nichts an der Sache. Gesetzt, sein Kapital sei 1.000Pfd.St., der konstante Teil desselben <122> 800 Pfd.St.; so ist seine Nachfrage an ihre Gesamtheit = 800Pfd.St.; zusammen liefern sie per 1.000 Pfd.St. (wie viel davon auf jeden einzelnen unter ihnen falle undwelchen Teil auch das auf jeden fallende Quantum von seinem Gesamtkapital bilde), bei gleicher Profit-rate, Produktionsmittel zum Werte von 1.200 Pfd.St.; also seine Nachfrage deckt nur 2/3 ihrer Zufuhr,während seine eigne Gesamtnachfrage nur = 4/5 seiner eignen Zufuhr ist, der Wertgröße nach betrachtet.

Wir müssen jetzt noch beiläufig die Betrachtung des Umschlags vorausnehmen. Gesetzt, sein Gesamtka-pital sei 5.000 Pfd.St., wovon 4.000 Pfd.St. fix und 1.000 Pfd.St. zirkulierend; diese 1.000 = 800c + 200mnach obiger Annahme. Sein zirkulierendes Kapital muß fünfmal im Jahre umschlagen, damit sein Ge-samtkapital einmal im Jahre umschlage; sein Warenprodukt ist dann 6.000 Pfd.St., also um 1.000 Pfd.St.größer als sein vorgeschoßnes Kapital, was wieder dasselbe Verhältnis von Mehrwert ergibt wie oben:

5.000 C : 1.000m = 100(c + m) : 20m. Dieser Umschlag ändert also nichts am Verhältnis seiner Gesamt-nachfrage zu seiner Gesamtzufuhr, die erstre bleibt 1/5 kleiner als die letztre.

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Sein fixes Kapital sei zu erneuern in 10 Jahren. Er amortisiert also jährlich 1/10 = 400 Pfd.St. Dadurch hater nur noch Wert von 3.600 Pfd.St. in fixem Kapital + 400 Pfd.St. in Geld. Soweit Reparaturen nötig, unddiese nicht über das Durchschnittsmaß gehn, sind sie nichts als Kapitalanlage, die er erst nachträglichmacht. Wir können die Sache so betrachten, als habe er die Reparaturkosten gleich eingerechnet bei derWertschätzung seines Anlagekapitals, soweit dies ins jährliche Warenprodukt eingeht, so daß sie einbe-griffen sind in dem 1/10 Amortisierung. (Ist in der Tat sein Reparaturbedürfnis unter dem Durchschnitt, soist das ein Schnitt für ihn, ganz wie sein Schaden, wenn über. Dies gleicht sich aber aus für die ganzeKlasse der in demselben Industriezweig beschäftigten Kapitalisten.) Jedenfalls, obgleich bei einmaligemUmschlag seines Gesamtkapitals im Jahr seine jährliche Nachfrage = 5.000 Pfd.St. bleibt, gleich seinemursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwert, so nimmt sie zu mit Bezug auf den zirkulierenden Teil des Ka-pitals, während sie mit Bezug auf den fixen Teil desselben beständig abnimmt.

Kommen wir nun zur Reproduktion. Gesetzt, der Kapitalist verzehre den ganzen Mehrwert g und setzenur die ursprüngliche Kapitalgröße C wieder in produktives Kapital um. Jetzt ist die Nachfrage des Kapi-talisten gleichwertig mit seiner Zufuhr. Aber nicht mit Bezug auf die Bewegung seines Kapitals; sondernals Kapitalist übt er nur Nachfrage aus nach 4/5 seiner Zufuhr (der Wertgröße nach); 1/5 verzehrt er alsNichtkapitalist, <123> nicht in seiner Funktion als Kapitalist, sondern für sein Privatbedürfnis oder Ver-gnügen.

Seine Rechnung ist dann prozentig gerechnet:als Kapitalist Nach-frage =

100, Zu-fuhr =

120

als Lebemann Nach-frage =

20, Zufuhr=

---

Summa Nachfrage = 120, Zu-fuhr =

120

Diese Voraussetzung ist gleich Voraussetzung der Nichtexistenz der kapitalistischen Produktion und da-her der Nichtexistenz des industriellen Kapitalisten selbst. Denn der Kapitalismus ist schon in derGrundlage aufgehoben durch die Voraussetzung, daß der Genuß als treibendes Motiv wirkt, nicht dieBereicherung selbst.

Sie ist aber auch technisch unmöglich. Der Kapitalist muß nicht nur ein Reservekapital bilden gegenPreisschwankungen und um die günstigsten Konjunkturen für Kauf und Verkauf abwarten zu können; ermuß Kapital akkumulieren, um damit die Produktion auszudehnen und die technischen Fortschritte sei-nem produktiven Organismus einzuverleiben.

Um Kapital zu akkumulieren, muß er zunächst einen Teil des Mehrwerts in Geldform, der ihm aus derZirkulation zufloß, der Zirkulation entziehn, als Schatz anwachsen lassen, bis dieser die zur Ausdehnungdes alten Geschäfts oder Eröffnung eines Nebengeschäfts erforderlichen Dimensionen angenommen hat.Solange die Schatzbildung dauert, vermehrt sie die Nachfrage des Kapitalisten nicht; das Geld ist immo-bilisiert: es entzieht dem Warenmarkt kein Äquivalent in Ware für das Geldäquivalent, das es ihm fürzugeführte Ware entzogen hat.

Vom Kredit wird hier abgesehn; und zum Kredit gehört, wenn der Kapitalist z.B., das Geld, im Maß wiees sich aufhäuft, bei einer Bank auf laufende Rechnung gegen Zinsen deponiert.

(7) Bis hierher Manuskript V. - Das Folgende bis Schluß des Kapitels, ist eine, in einem Heft von 1877oder 1878 unter Bücherauszügen sich befindende Note.

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Die Umlaufszeit

<124> Die Bewegung des Kapitals durch die Produktionssphäre und die zwei Phasen der Zirkulati-onssphäre vollzieht sich, wie man gesehn, in einer zeitlichen Reihenfolge. Die Dauer seines Aufenthaltsin der Produktionssphäre bildet seine Produktionszeit, die in der Zirkulationssphäre seine Zirkulations-oder Umlaufszeit. Die Gesamtzeit, worin es seinen Kreislauf beschreibt, ist daher gleich der Summe vonProduktionszeit und Umlaufszeit.

Die Produktionszeit umschließt natürlich die Periode des Arbeitsprozesses, aber sie ist nicht von ihr um-schlossen. Zunächst erinnert man sich, daß ein Teil des konstanten Kapitals in Arbeitsmitteln, wie Ma-schinen, Baulichkeiten usw., existiert, die bis an ihr Lebensende in denselben stets neu wiederholten Ar-beitsprozessen dienen. Periodische Unterbrechung des Arbeitsprozesses, nachts z.B., unterbricht zwar dieFunktion dieser Arbeitsmittel, aber nicht ihren Aufenthalt in der Produktionsstätte. Ihr gehören sie an,nicht nur während sie fungieren, sondern auch während sie nicht fungieren. Andrerseits muß der Kapita-list einen bestimmten Vorrat von Rohmaterial und Hilfsstoffen bereithalten, damit der Produktionsprozeßauf vorher bestimmter Stufenleiter während kürzrer oder längrer Abschnitte vorgehe, ohne von den Zu-fällen täglicher Zufuhr vom Markt abzuhängen. Dieser Vorrat von Rohstoffen usw. wird nur nach undnach produktiv konsumiert. Es findet daher Differenz statt zwischen seiner Produktionszeit und seinerFunktionszeit. Die Produktionszeit der Produktionsmittel überhaupt umfaßt also 1. die Zeit, während de-ren sie als Produktionsmittel fungieren, also im Produktionsprozesse dienen, 2. die Pausen, während de-ren der <125> Produktionsprozeß, also auch die Funktion der ihm einverleibten Produktionsmittel unter-brochen ist, 3. die Zeit, während deren sie zwar als Bedingungen des Prozesses bereitliegen, also schonproduktives Kapital darstellen, aber noch nicht in den Produktionsprozeß eingegangen sind.

Die bisher betrachtete Differenz ist jedesmal Differenz zwischen der Aufenthaltszeit des produktivenKapitals in der Produktionssphäre und derjenigen im Produktionsprozeß. Aber der Produktionsprozeßselbst kann Unterbrechungen des Arbeitsprozesses und daher der Arbeitszeit bedingen; Zwischenräume,worin der Arbeitsgegenstand der Einwirkung physischer Prozesse ohne weitre Zutat menschlicher Arbeitanheimgegeben wird. Der Produktionsprozeß, daher die Funktion der Produktionsmittel, dauert fort indiesem Fall, obgleich der Arbeitsprozeß, und daher die Funktion der Produktionsmittel als Arbeitsmittel,unterbrochen ist. So z.B. das Korn, das gesät ist, der Wein, der im Keller gärt, Arbeitsmaterial vieler Ma-nufakturen, wie z.B. Gerbereien, das chemischen Prozessen anheimfällt. Die Produktionszeit ist hier grö-ßer als die Arbeitszeit. Die Differenz beider besteht in einem Überschuß der Produktionszeit über dieArbeitszeit. Dieser Überschuß beruht stets darauf, daß produktives Kapital sich latent in der Produkti-onssphäre befindet, ohne im Produktionsprozeß selbst zu fungieren, oder daß es im Produktionsprozeßfungiert, ohne sich im Arbeitsprozeß zu befinden.

Der Teil des latenten produktiven Kapitals, der nur als Bedingung für den Produktionsprozeß bereitliegt,wie Baumwolle, Kohle usw. in der Spinnerei, wirkt weder als Produkt- noch Wertbildner. Er ist brachlie-gendes Kapital, obgleich seine Brache eine Bedingung für den ununterbrochnen Fluß des Produktionspro-zesses bildet. Die Baulichkeiten, Apparate etc., nötig um als Behälter des produktiven Vorrats (des laten-ten Kapitals) zu dienen, sind Bedingungen des Produktionsprozesses und bilden daher Bestandteile desvorgeschoßnen produktiven Kapitals. Sie erfüllen ihre Funktion als Bewahrer der produktiven Bestand-teile im vorläufigen Stadium. Soweit Arbeitsprozesse in diesem Stadium nötig sind, verteuern sie dasRohmaterial etc., sind aber produktive Arbeiten und bilden Mehrwert, weil ein Teil dieser Arbeit, wiealler andren Lohnarbeit, nicht bezahlt wird. Die normalen Unterbrechungen des ganzen Produktionspro-zesses, also die Intervalle, worin das produktive Kapital nicht fungiert, produzieren weder Wert nochMehrwert. Daher das Bestreben, auch nachts arbeiten zu lassen. (Buch I, Kap. VIII, 4.) - Die Intervalle inder Arbeitszeit, die der Arbeitsgegenstand während des Produktionsprozesses selbst durchmachen muß,bilden weder Wert noch Mehrwert; aber fördern das Produkt, bilden einen Teil in dessen Leben, einenProzeß, den es durchmachen muß. Der Wert <126> der Apparate etc. wird auf das Produkt übertragen imVerhältnis zu der ganzen Zeit, während deren sie fungieren; das Produkt ist durch die Arbeit selbst in dies

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Stadium gesetzt, und der Gebrauch dieser Apparate ist ebensosehr Bedingung der Produktion, wie dasZerstäuben eines Teils der Baumwolle, der nicht ins Produkt eingeht, aber doch seinen Wert auf es über-trägt. Der andre Teil des latenten Kapitals, wie die Baulichkeiten, Maschinen usw., d.h. die Arbeitsmittel,deren Funktion nur durch die regelmäßigen Pausen des Produktionsprozesses unterbrochen ist - unrege l-mäßige Unterbrechungen infolge von Einschränkung der Produktion, Krisen usw. sind reine Verluste -,setzt Wert zu, ohne in die Produktbildung einzugehn; der Gesamtwert, den er dem Produkt zusetzt, istdurch seine Durchschnittsdauer bestimmt; er verliert Wert, weil Gebrauchswert, sowohl in der Zeit, woriner fungiert, als auch in der Zeit, worin er nicht fungiert.

Endlich der Wert des konstanten Kapitalteils, der im Produktionsprozeß kontinuiert, obgleich der Ar-beitsprozeß unterbrochen ist, erscheint wieder im Resultat des Produktionsprozesses. Durch die Arbeitselbst sind die Produktionsmittel hier unter Bedingungen gestellt, innerhalb deren sie von selbst gewisseNaturprozesse durchlaufen, deren Resultat ein bestimmter Nutzeffekt oder eine veränderte Form ihresGebrauchswerts. Die Arbeit überträgt den Wert der Produktionsmittel immer auf das Produkt, soweit siedieselben wirklich zweckgemäß als Produktionsmittel verzehrt. Hieran wird nichts geändert, ob die Ar-beit, zur Hervorbringung dieses Effekts, kontinuierlich vermittelst der Arbeitsmittel auf den Arbeitsge-genstand wirken muß, oder ob sie nur den Anstoß zu geben braucht, indem sie die Produktionsmittel un-ter Bedingungen stellt, wodurch ohne weitre Mittat der Arbeit die Produktionsmittel von selbst, infolgevon Naturprozessen, die beabsichtigte Veränderung erleiden.

Welches immer der Grund des Überschusses der Produktionszeit über die Arbeitszeit - sei es, daß Pro-duktionsmittel nur latentes produktives Kapital bilden, also sich noch in einer Vorstufe zum wirklichenProduktionsprozeß befinden, oder daß innerhalb des Produktionsprozesses durch dessen Pausen ihre eigneFunktion unterbrochen wird, oder daß endlich der Produktionsprozeß selbst Unterbrechungen des Ar-beitsprozesses bedingt -, in keinem dieser Fälle fungieren die Produktionsmittel als Arbeitseinsauger.Saugen sie keine Arbeit ein, so auch keine Mehrarbeit. Es findet daher keine Verwertung des produktivenKapitals statt, solange es sich in dem Teil seiner Produktionszeit befindet, der überschüssig über die Ar-beitszeit ist, so unzertrennlich auch die Vollführung des Verwertungsprozesses von diesen seinen Pausensein mag. Es ist klar, daß je mehr Produktionszeit und Arbeits- <127> zeit sich decken, um so größer dieProduktivität und Verwertung eines gegebnen produktiven Kapitals in gegebnem Zeitraum. Daher dieTendenz der kapitalistischen Produktion, den Überschuß der Produktionszeit über die Arbeitszeit mög-lichst zu verkürzen. Obgleich aber die Produktionszeit des Kapitals von seiner Arbeitszeit abweichenmag, so umschließt sie stets dieselbe, und ist der Überschuß selbst Bedingung des Produktionsprozesses.Die Produktionszeit ist also stets die Zeit, während deren das Kapital Gebrauchswerte produziert und sichselbst verwertet, daher als produktives Kapital fungiert, obgleich sie Zeit einschließt, worin es entwederlatent ist oder auch produziert, ohne sich zu verwerten.

Innerhalb der Zirkulationssphäre haust das Kapital als Warenkapital und Geldkapital. Seine beiden Zir-kulationsprozesse bestehn darin, sich aus der Warenform in Geldform und aus Geldform in Warenform zuverwandeln. Der Umstand, daß die Verwandlung der Ware in Geld hier zugleich Realisation des der Wareeinverleibten Mehrwerts, und daß die Verwandlung des Geldes in Ware zugleich Verwandlung oderRückverwandlung des Kapitalwerts in die Gestalt seiner Produktionselemente ist, ändert durchaus nichtsdaran, daß diese Prozesse, als Zirkulationsprozesse, Prozesse der einfachen Warenmetamorphose sind.

Umlaufszeit und Produktionszeit schließen sich wechselseitig aus. Während seiner Umlaufszeit fungiertdas Kapital nicht als produktives Kapital und produziert daher weder Ware noch Mehrwert. Betrachtenwir den Kreislauf in der einfachsten Form, so daß der gesamte Kapitalwert jedesmal auf einen Schlag ausder einen Phase in die andre tritt, so ist handgreiflich, daß der Produktionsprozeß unterbrochen ist, alsoauch die Selbstverwertung des Kapitals, solange seine Umlaufszeit dauert, und daß je nach deren Längedie Erneuerung des Produktionsprozesses rascher oder träger sein wird. Durchlaufen dagegen die ver-schiednen Teile des Kapitals den Kreislauf nacheinander, so daß der Kreislauf des gesamten Kapitalwertssich sukzessive im Kreislauf seiner verschiednen Portionen vollzieht, so ist klar, daß je länger der bestän-dige Aufenthalt seiner aliquoten Teile in der Zirkulationssphäre, um so kleiner sein beständig in der Pro-

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duktionssphäre fungierender Teil sein muß. Die Expansion und Kontraktion der Umlaufszeit wirkt daherals negative Schranke auf die Kontraktion oder Expansion der Produktionszeit oder des Umfangs, worinein Kapital von gegebner Größe als produktives Kapital fungiert. Je mehr die Zirkulationsmetamorphosendes Kapitals nur ideell sind, d.h. je mehr die Umlaufszeit = 0 wird oder sich Null nähert, um so mehr fun-giert das Kapital, um so größer wird seine <128> Produktivität und Selbstverwertung. Arbeitet ein Kapi-talist z.B. auf Bestellung, so daß er bei Lieferung des Produkts Zahlung erhält, und erfolgt die Zahlung inseinen eignen Produktionsmitteln, so nähert sich die Zirkulationszeit Null.

Die Umlaufszeit des Kapitals beschränkt also überhaupt seine Produktionszeit und daher seinen Verwer-tungsprozeß. Und zwar beschränkt sie denselben im Verhältnis zu ihrer Dauer. Diese kann aber sehr ver-schieden zu- oder abnehmen. und daher in sehr verschiednem Grad die Produktionszeit des Kapitals be-schränken. Was aber die politische Ökonomie sieht, ist das, was erscheint, nämlich die Wirkung der Um-laufszeit auf den Verwertungsprozeß des Kapitals überhaupt. Sie faßt diese negative Wirkung als positiveauf, weil ihre Folgen positiv sind. Sie haftet um so mehr an diesem Schein fest, als er den Beweis zu lie-fern scheint, daß das Kapital eine, von seinem Produktionsprozeß und daher von der Exploitation derArbeit unabhängige mystische Quelle der Selbstverwertung besitzt, die ihm aus der Zirkulationssphärezufließt. Wir werden später sehn, wie selbst die wissenschaftliche Ökonomie sich durch diesen Scheintäuschen läßt. Er wird, wie sich ebenfalls zeigen wird, befestigt durch verschiedne Phänomene: 1. diekapitalistische Berechnungsweise des Profits, worin der negative Grund als positiver figuriert, indem fürKapitale in verschiednen Anlagesphären, wo nur die Umlaufszeit verschieden, längre Umlaufszeit alsGrund der Preiserhöhung wirkt, kurz, als einer der Gründe in der Ausgleichung der Profite 2. Die Um-laufszeit bildet nur ein Moment der Umschlagszeit; letztre aber schließt die Produktionszeit resp. Repro-duktionszeit ein. Was der letztren geschuldet, scheint der Umlaufszeit geschuldet. 3. Der Umsatz der Wa-ren in variables Kapital (Arbeitslohn) ist bedingt durch ihre vorherige Verwandlung in Geld. Bei der Ka-pitalakkumulation geht also der Umsatz in zuschüssiges variables Kapital in der Zirkulationssphäre vor,oder während der Umlaufszeit. Die damit gegebene Akkumulation scheint daher der letztren geschuldet.

Innerhalb der Zirkulationssphäre durchläuft das Kapital - ob in der einen oder andren Reihenfolge - diezwei entgegengesetzten Phasen W - G und G - W. Seine Umlaufszeit zerfällt also auch in zwei Teile, dieZeit, die es braucht, um sich aus Ware in Geld, und die Zeit, die es braucht, um sich aus Geld in Ware zuverwandeln. Man weiß bereits aus der Analyse der einfachen Warenzirkulation (Buch I, Kap. III), daß W- G, der Verkauf, der schwierigste Teil seiner Metamorphose ist und daher, unter gewöhnlichen Umstän-den, von der Umlaufszeit den größren Teil bildet. Als Geld befindet sich der Wert in seiner stets umsetz-baren Form. Als Ware muß er <129> erst durch Verwandlung in Geld diese Gestalt unmittelbarer Aus-tauschbarkeit und daher stets schlagfertiger Wirksamkeit erhalten. Indes handelt es sich beim Zirkulati-onsprozeß des Kapitals in seiner Phase G - W um seine Verwandlung in Waren, die bestimmte Elementedes produktiven Kapitals in einer gegebnen Anlage bilden. Die Produktionsmittel sind vielleicht nicht aufdem Markt vorhanden, sondern müssen erst produziert werden, oder sie sind von entlegnen Märkten zubeziehn, oder es finden Ausfälle in ihrer gewöhnlichen Zufuhr statt, Preiswechsel usw., kurz, eine Massevon Umständen, die in dem einfachen Formwechsel G - W nicht erkennbar sind, aber auch für diesen Teilder Zirkulationsphase bald mehr, bald weniger Zeit beanspruchen. Wie W - G und G - W zeitlich, könnensie auch räumlich getrennt sein, Kaufmarkt und Verkaufmarkt räumlich verschiedne Märkte sein. BeiFabriken z.B. sind Einkäufer und Verkäufer sogar häufig getrennte Personen. Die Zirkulation ist ebensonotwendig bei der Warenproduktion wie die Produktion selbst, also die Zirkulationsagenten ebenso nötigwie die Produktionsagenten. Der Reproduktionsprozeß schließt beide Funktionen des Kapitals ein, alsoauch die Notwendigkeit der Vertretung dieser Funktionen, sei es durch den Kapitalisten selbst, sei esdurch Lohnarbeiter, Agenten desselben. Dies ist aber ebensowenig ein Grund, die Zirkulationsagenten mitden Produktionsagenten zu verwechseln, als es ein Grund ist, die Funktionen von Warenkapital undGeldkapital mit denen von produktivem Kapital zu verwechseln. Die Zirkulationsagenten müssen bezahltwerden durch die Produktionsagenten. Wenn aber Kapitalisten, die untereinander kaufen und verkaufen,durch diesen Akt weder Produkte noch Wert schaffen, so ändert sich das nicht, wenn der Umfang ihresGeschäfts sie befähigt und nötigt, diese Funktion auf andre abzuwälzen. In manchen Geschäften werdenEinkäufer und Verkäufer durch Tantieme am Profit bezahlt. Die Phrase, daß sie durch die Konsumenten

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bezahlt werden, hilft nichts. Die Konsumenten können nur zahlen, soweit sie sich selbst als Agenten derProduktion ein Äquivalent in Waren produzieren oder sich solches von den Produktionsagenten aneignen,sei es auf Rechtstitel hin (als deren Associés usw.), sei es durch persönliche Dienste.

Es besteht ein Unterschied zwischen W - G und G - W, der nichts mit der Formverschiedenheit von Wareund Geld zu tun hat, sondern aus dem kapitalistischen Charakter der Produktion entspringt. An und fürsich sind sowohl W - G als G - W bloße Übersetzungen von gegebnem Wert aus einer Form in die andre.Aber W´- G´ ist zugleich Realisierung des in W´ enthaltnen Mehrwerts. Nicht so G - W. Daher ist derVerkauf wichtiger als der Kauf, G - W ist unter normalen Bedingungen notwendiger Akt für Ver- <130>wertung des in G ausgedrückten Werts, aber es ist nicht Realisierung von Mehrwert; es ist Einleitung zuseiner Produktion, nicht Nachtrag dazu.

Für die Zirkulation des Warenkapitals W´- G´ sind bestimmte Schranken durch die Existenzform der Wa-ren selbst, ihr Dasein als Gebrauchswerte gezogen. Sie sind von Natur vergänglich. Gehn sie also inner-halb gewisser Frist nicht in die produktive oder individuelle Konsumtion ein, je nach ihrer Bestimmung,werden sie, in andren Worten, nicht in bestimmter Zeit verkauft, so verderben sie und verlieren mit ihremGebrauchswert die Eigenschaft, Träger des Tauschwerts zu sein. Der in ihnen enthaltene Kapitalwert,resp. der ihm angewachsne Mehrwert, geht verloren. Die Gebrauchswerte bleiben nur Träger des peren-nierenden und sich verwertenden Kapitalwerts, soweit sie beständig erneuert und reproduziert, durch neueGebrauchswerte derselben oder andrer Art ersetzt werden. Ihr Verkauf in ihrer fertigen Warenform, alsoihr durch denselben vermitteltes Eingehn in die produktive oder individuelle Konsumtion, ist aber diestets sich erneuernde Bedingung ihrer Reproduktion. Sie müssen innerhalb bestimmter Zeit ihre alte Ge-brauchsform wechseln, um in einer neuen fortzuexistieren. Der Tauschwert erhält sich nur durch diesebeständige Erneuerung seines Körpers. Die Gebrauchswerte verschiedner Waren verderben rascher oderlangsamer; es kann also mehr oder weniger Zwischenzeit zwischen ihrer Produktion und ihrer Konsumti-on verstreichen; sie können also, ohne zugrunde zu gehn, kürzer oder länger in der Zirkulationsphase W -G als Warenkapital ausharren, kürzre oder längre Umlaufszeit als Waren ertragen. Die Grenze der Um-laufszeit des Warenkapitals durch den Verderb des Warenkörpers selbst ist die absolute Grenze diesesTeils der Umlaufszeit oder der Umlaufszeit, die das Warenkapital qua Warenkapital beschreiben kann. Jevergänglicher eine Ware, je unmittelbarer nach ihrer Produktion sie daher verzehrt, also auch verkauftwerden muß, desto geringrer Entfernung von ihrem Produktionsort ist sie fähig, desto enger also ihreräumliche Zirkulationssphäre, desto lokalerer Natur ihr Absatzmarkt. Je vergänglicher daher eine Ware, jegrößer durch ihre physische Beschaffenheit die absolute Schranke ihrer Umlaufszeit als Ware, desto we-niger eignet sie sich zum Gegenstand der kapitalistischen Produktion. Letztrer kann sie nur anheimfallenan volkreichen Plätzen, oder im Maß, wie die lokalen Abstände durch Entwicklung der Transportmittelzusammenrücken. Die Konzentration der Produktion eines Artikels in wenigen Händen und an einemvolkreichen Platz kann aber relativ großen Markt auch für solche Artikel schaffen, wie z.B. bei großenBierbrauereien, Milchereien usw.

Fußnoten

(9) Produktionszeit hier aktiv genommen: Die Produktionszeit der Produktionsmittel ist hier die Zeit,nicht in der sie produziert werden, sondern in der sie am Produktionsprozeß eines Warenprodukts sichbeteiligen. - F. E.

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Die Zirkulationskosten

I. Reine Zirkulationskosten

1. Kauf- und Verkaufszeit

<131> Die Formverwandlungen des Kapitals aus Ware in Geld und aus Geld in Ware sind zugleich Hän-del des Kapitalisten, Akte des Kaufs und Verkaufs. Die Zeit, worin diese Formverwandlungen des Kapi-tals sich vollziehn, sind subjektiv, vom Standpunkt des Kapitalisten, Verkaufszeit und Kaufzeit, die Zeit,während deren er auf dem Markt als Verkäufer und Käufer fungiert. Wie die Umlaufszeit des Kapitalseinen notwendigen Abschnitt seiner Reproduktionszeit bildet, so bildet die Zeit, während deren der Ka-pitalist kauft und verkauft, sich auf dem Markt herumtreibt, einen notwendigen Abschnitt seiner Funkti-onszeit als Kapitalist, d.h. als personif iziertes Kapital. Sie bildet Teil seiner Geschäftszeit.

{Da angenommen wurde, daß die Waren zu ihren Werten gekauft und verkauft werden, so handelt es sichbei diesen Vorgängen nur um die Umsetzung desselben Werts aus einer Form in die andre, aus Waren-form in Geldform, und aus Geldform in Warenform - um eine Zustandsänderung. Werden die Waren zuihren Werten verkauft, so bleibt die Wertgröße in der Hand sowohl des Käufers wie des Verkäufers un-verändert; nur seine Daseinsform hat sich verändert. Werden die Waren nicht zu ihren Werten verkauft,so bleibt die Summe der umgesetzten Werte unverändert; was auf der einen Seite plus, ist auf der andernminus.

Die Metamorphosen W - G und G - W sind aber Händel, die zwischen Käufer und Verkäufer vorgehn; siebrauchen Zeit, um handelseinig zu werden, um so mehr, als hier ein Kampf vorgeht, worin jede Seite dieandre übervorteilen sucht, und sich Geschäftsleute gegenüberstehn, so: "when Greek meets Greek thencomes the tug of war". Die Zustandsänderung kostet Zeit und Arbeitskraft, aber nicht um Wert zu schaf-fen, sondern um <132> die Umsetzung des Werts aus einer Form in die andre hervorzubringen, wobei derwechselseitige Versuch, bei dieser Gelegenheit ein überschüssiges Quantum Wert sich anzueignen, nichtsändert. Diese Arbeit, vergrößert durch die beiderseitigen böswilligen Absichten, schafft so wenig Wert,wie die Arbeit, die bei einem gerichtlichen Prozeß stattfindet, die Wertgröße des streitigen Objekts ver-mehrt. Es verhält sich mit dieser Arbeit - die ein notwendiges Moment des kapitalistischen Produktions-prozesses in seiner Totalität, wo er auch die Zirkulation einschließt, oder von ihr eingeschlossen wird -wie etwa mit der Verbrennungsarbeit eines Stoffs, der zur Erzeugung von Wärme verwandt wird. DieseVerbrennungsarbeit erzeugt keine Wärme, obgleich sie ein notwendiges Moment des Verbrennungspro-zesses ist. Um z.B. Kohle als Heizmaterial zu verbrauchen, muß ich sie mit Sauerstoff verbinden unddazu sie aus dem festen in den gasförmigen Zustand überführen (denn im Kohlensäuregas, dem Resultatder Verbrennung, ist die Kohle im Gaszustand), also eine physikalische Daseinsform- oder Zustandsver-änderung bewirken. Die Lostrennung der Kohlenstoffmoleküle, die zu einem festen Ganzen verbundensind, und die Zersprengung des Kohlenstoffmoleküls selbst in seine einzelnen Atome, muß der Neuver-bindung vorhergehn, und dies kostet einen gewissen Kraftaufwand, der sich also nicht in Wärme verwan-delt, sondern von dieser abgeht. Sind die Warenbesitzer daher keine Kapitalisten, sondern selbständigeunmittelbare Produzenten, so ist die zu Kauf und Verkauf verwendete Zeit ein Abzug von ihrer Arbeits-zeit, und suchten sie daher stets (im Altertum wie im Mittelalter) solche Operationen auf Festtage zu ver-legen.

Die Dimensionen, die der Warenumsatz in den Händen der Kapitalisten annimmt, können natürlich diese,keinen Wert schaffende, sondern nur Formwechsel des Werts vermittelnde Arbeit nicht in wertschaffendeverwandeln. Ebensowenig kann das Mirakel dieser Transsubstantiation durch eine Transposition vorgehn,d.h. dadurch, daß die industriellen Kapitalisten, statt selbst jene "Verbrennungsarbeit" zu vollziehn, siezum ausschließlichen Geschäft dritter von ihnen bezahlter Personen machen. Diese dritten Personen wer-

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den ihnen natürlich nicht aus Liebe für ihre beaux yeux <schönen Augen> ihre Arbeitskraft zur Verfü-gung stellen. Dem Rentenkollekteur eines Grundbesitzers oder dem Hausknecht einer Bank ist es eben-falls gleichgültig, daß ihre Arbeit die Wertgröße weder der Rente, noch der zu einer andern Bank sack-weise getragnen Goldstücke um einen Deut vermehrt.}

<133> Für den Kapitalisten, der andre für sich arbeiten läßt, wird Kauf und Verkauf eine Hauptfunktion.Da er das Produkt vieler auf größrem gesellschaftlichen Maßstab aneignet, so hat er es auch auf solchemzu verkaufen und später wieder aus Geld in die Produktionselemente zurückzuverwandeln. Nach wie vorschafft Kauf- und Verkaufszeit keinen Wert. Eine Illusion kommt herein durch die Funktion des Kauf-mannskapitals. Aber, ohne hier noch näher darauf einzugehn, ist so viel von vornherein klar: Wenn durchTeilung der Arbeit eine Funktion, die an und für sich unproduktiv, aber ein notwendiges Moment derReproduktion ist, aus einer Nebenverrichtung vieler in die ausschließliche Verrichtung weniger verwan-delt wird, in ihr besondres Geschäft, so verwandelt sich nicht der Charakter der Funktion selbst. EinKaufmann (hier als bloßer Agent der Formverwandlung der Waren, als bloßer Käufer und Verkäufer be-trachtet) mag durch seine Operationen die Kauf- und Verkaufszeit für viele Produzenten abkürzen. Er istdann als eine Maschine zu betrachten, die nutzlosen Kraftaufwand vermindert oder Produktionszeit frei-setzen hilft.

Wir wollen, um die Sache zu vereinfachen (da wir erst später den Kaufmann als Kapitalisten und dasKaufmannskapital betrachten), annehmen, dieser Agent zum Kaufen und Verkaufen sei ein Mann, derseine Arbeit verkauft. Er verausgabt seine Arbeitskraft und seine Arbeitszeit in diesen Operationen W - Gund G - W. Und er lebt daher davon, wie ein andrer z.B. vom Spinnen oder Pillendrehn. Er verrichtet einenotwendige Funk- <134> tion, weil der Reproduktionsprozeß selbst unproduktive Funktionen einschließt.Er arbeitet so gut wie ein andrer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbstgehört zu den faux frais der Produktion. Sein Nutzen besteht nicht darin, eine unproduktive Funktion ineine produktive zu verwandeln, oder unproduktive Arbeit in produktive. Es wäre ein Wunder, wenn der-gleichen Verwandlung durch solche Übertragung der Funktion bewerkstelligt werden könnte. Sein Nut-zen besteht vielmehr darin, daß ein geringrer Teil der Arbeitskraft und Arbeitszeit der Gesellschaft indieser unproduktiven Funktion gebunden wird. Noch mehr. Wir wollen annehmen, er sei bloßer Lohnar-beiter, meinetwegen besser bezahlter. Welches immer seine Zahlung, als Lohnarbeiter arbeitet er einenTeil seiner Zeit umsonst. Er erhält vielleicht täglich das Wertprodukt von acht Arbeitsstunden und fun-giert während zehn. Die zwei Stunden Mehrarbeit, die er verrichtet, produzieren ebensowenig Wert wieseine acht Stunden notwendige Arbeit, obgleich vermittelst dieser letztren ein Teil des gesellschaftlichenProdukts auf ihn übertragen wird. Erstens wird nach wie vor, gesellschaftlich betrachtet, eine Arbeitskraftwährend zehn Stunden in dieser bloßen Zirkulationsfunktion vernutzt. Sie ist für nichts andres verwend-bar, nicht für produktive Arbeit. Zweitens aber zahlt die Gesellschaft diese zwei Stunden Mehrarbeitnicht, obgleich sie von dem Individuum, das sie verrichtet, verausgabt werden. Die Gesellschaft eignetsich dadurch kein überschüssiges Produkt oder Wert an. Aber die Zirkulationskosten, die er repräsentiert,vermindern sich um ein Fünftel, von zehn Stunden auf acht. Die Gesellschaft zahlt kein Äquivalent fürein Fünftel dieser aktiven Zirkulationszeit, deren Agent er ist. Ist es aber der Kapitalist, der diesen Agen-ten anwendet, so vermindern sich durch Nichtzahlung der zwei Stunden die Zirkulationskosten seinesKapitals, die einen Abzug von seiner Einnahme bilden. Für ihn ist es ein positiver Gewinn, weil sich dienegative Schranke der Verwertung seines Kapitals enger zieht. Solange kleine selbständige Warenprodu-zenten einen Teil ihrer eignen Zeit in Kauf und Verkauf verausgaben, stellt sich dies nur dar entweder alsZeit, verausgabt in den Intervallen ihrer produktiven Funktion, oder als Abbruch an ihrer Produktionszeit.

Unter allen Umständen ist die hierauf verwandte Zeit eine Zirkulationskost, die den umgesetzten Wertennichts zuführt. Es ist die Kost, erforderlich, sie aus Warenform in Geldform zu übersetzen. Soweit derkapitalistische Warenproduzent als Zirkulationsagent erscheint, unterscheidet er sich vom unmittelbarenWarenproduzenten nur dadurch, daß er auf größrer Stufenleiter verkauft und kauft, und daher in größremUmfang als Zirku- <135> lationsagent fungiert. Sobald der Umfang seines Geschäfts ihn aber zwingt oderbefähigt, eigne Zirkulationsagenten als Lohnarbeiter zu kaufen (dingen), so ist das Phänomen der Sachenach nicht verändert. Arbeitskraft und Arbeitszeit muß zu gewissem Grad im Zirkulationsprozeß (soweit

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er bloße Formverwandlung) verausgabt werden. Aber dies erscheint jetzt als zusätzliche Kapitalauslage;ein Teil des variablen Kapitals muß ausgelegt werden im Ankauf dieser nur in der Zirkulation fungieren-den Arbeitskräfte. Dieser Kapitalvorschuß schafft weder Produkt noch Wert. Er vermindert pro tanto denUmfang, worin das vorgeschoßne Kapital produktiv fungiert. Es ist dasselbe, als würde ein Teil des Pro-dukts in eine Maschine verwandelt, welche den übrigen Teil des Produkts kauft und verkauft. Diese Ma-schine verursacht einen Abzug von Produkt. Sie wirkt nicht mit im Produktionsprozeß, obgleich sie die inder Zirkulation verausgabte Arbeitskraft etc. vermindern kann. Sie bildet bloß einen Teil der Zirkulati-onskosten.

2. Buchführung

Neben dem wirklichen Kaufen und Verkaufen wird Arbeitszeit verausgabt in der Buchführung, in dieaußerdem vergegenständlichte Arbeit eingeht, Feder, Tinte, Papier, Schreibpult, Bürokosten. Es wird alsoin dieser Funktion einerseits Arbeitskraft verausgabt, andrerseits Arbeitsmittel. Es verhält sich hiermitganz wie mit der Kauf- und Verkaufszeit.

Als Einheit innerhalb seiner Kreisläufe, als prozessierender Wert, sei nun innerhalb der Produktionssphä-re, sei es innerhalb der beiden Phasen der Zirkulationssphäre, existiert das Kapital nur ideell in der Gestaltdes Rechengelds, zunächst im Kopf des Warenproduzenten, resp. kapitalistischen Warenproduzenten.Durch die Buchführung, welche auch die Preisbestimmung oder die Berechnung der Warenpreise (Preis-kalkulation) einbegreift, wird diese Bewegung fixiert und kontrolliert. Die Bewegung der Produktion undnamentlich der Verwertung - wobei die Waren nur als Wertträger figurieren, als Namen von Dingen, de-ren ideelles Wertdasein in Rechengeld fixiert ist - erhält so ein symbolisches Abbild in der Vorstellung.Solange der einzelne Warenproduzent entweder nur in seinem Kopf Buch führt (wie z.B. der Bauer; erstdie kapitalistische Agrikultur produziert den Buch führenden Pächter) oder nur nebenbei, außerhalb seinerProduktionszeit, ein Buch über seine Ausgaben, Einnahmen, Zahlungstermine usw. führt, solange ist eshandgreiflich, daß diese seine Funktion und die Arbeitsmittel, die er etwa dabei verbraucht, wie Papierusw., zusätzlichen Verbrauch von Arbeitszeit und Arbeitsmitteln darstellen, die <136> notwendig sind,aber einen Abzug bilden sowohl an der Zeit, die er produktiv verbrauchen kann, wie an den Arbeitsmit-teln, die im wirklichen Produktionsprozeß fungieren, in die Produkt- und Wertbildung eingehn. Die Naturder Funktion selbst verändert sich nicht, weder durch den Umfang, den sie dadurch erhält, daß sie in derHand des kapitalistischen Warenproduzenten konzentriert wird und statt als Funktion vieler kleiner Wa-renproduzenten als die eines Kapitalisten, als Funktion innerhalb eines Produktionsprozesses auf großerStufenleiter erscheint; noch durch ihre Losreißung von den produktiven Funktionen, von denen sie einBeiwerk bildete, und durch ihre Verselbständigung als Funktion besondrer, ausschließlich mit ihr betrau-ter Agenten.

Die Teilung der Arbeit, die Verselbständigung einer Funktion, macht sie nicht produkt- und wertbildend,wenn sie es nicht an sich, also schon vor ihrer Verselbständigung ist. Legt ein Kapitalist sein Kapital neuan, so muß er einen Teil im Ankauf eines Buchhalters etc. und in Mitteln der Buchführung anlegen. Istsein Kapital bereits in Funktion, in seinem beständigen Reproduktionsprozeß begriffen, so muß er einenTeil des Warenprodukts, vermittelst Verwandlung in Geld, beständig rückverwandeln in Buchhalter,Kommis u. dergl. Dieser Teil des Kapitals ist dem Produktionsprozeß entzogen und gehört zu den Zirku-lationskosten, Abzügen am Gesamtertrag. (Eingeschlossen die Arbeitskraft selbst, die ausschließlich aufdiese Funktion verwendet wird.)

Es findet jedoch ein gewisser Unterschied statt zwischen den aus der Buchführung entspringenden Ko-sten, resp. unproduktiven Verausgabung von Arbeitszeit einerseits und denen der bloßen Kauf- und Ver-kaufszeit andrerseits. Die letztren entspringen nur aus der bestimmten gesellschaft- <137> lichen Formdes Produktionsprozesses, daraus, daß er Produktionsprozeß von Ware ist. Die Buchführung als Kontrolleund ideelle Zusammenfassung des Prozesses wird um so notwendiger, je mehr der Prozeß auf gesell-

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schaftlicher Stufenleiter vorgeht und den rein individuellen Charakter verliert; also notwendiger in derkapitalistischen Produktion als in der zersplitterten des Handwerks- und Bauernbetriebs, notwendiger beigemeinschaftlicher Produktion als bei kapitalistischer. Die Kosten der Buchführung reduzieren sich abermit der Konzentration der Produktion und je mehr sie sich in gesellschaftliche Buchführung verwandelt.

Es handelt sich hier nur um den allgemeinen Charakter der Zirkulationskosten, die aus der bloßen for-mellen Metamorphose entspringen. Es ist hier überflüssig, auf alle ihre Detailformen einzugehn. Wie aberder reinen Formverwandlung des Werts angehörige, also aus der bestimmten gesellschaftlichen Form desProduktionsprozesses entspringende Formen, die bei dem individuellen Warenproduzenten nur ver-schwindende und kaum bemerkbare Momente sind, neben seinen produktiven Funktionen herlaufen odersich mit ihnen verschlingen - wie diese als massenhafte Zirkulationskosten die Augen frappieren können,sieht man beim bloßen Einnehmen und Ausgeben von Geld, sobald es als ausschließliche Funktion vonBanken etc. oder des Kassierers in individuellen Geschäften, verselbständigt und auf großer Stufenleiterkonzentriert ist. Was festzuhalten, ist, daß diese Zirkulationskosten durch die veränderte Gestalt ihrenCharakter nicht ändern.

3. Geld

Ob ein Produkt als Ware oder nicht als Ware produziert wird, es ist stets stoffliche Gestalt von Reichtum,Gebrauchswert, bestimmt, in die individuelle oder produktive Konsumtion einzugehn. Als Ware existiertsein Wert ideell im Preise, der an seiner wirklichen Gebrauchsgestalt nichts ändert. Daß aber bestimmteWaren, wie Gold und Silber, als Geld fungieren und als solche ausschließlich den Zirkulationsprozeßbehausen (auch als Schatz, Reserve etc. bleiben sie, obwohl latent, in der Zirkulationssphäre), ist ein rei-nes Produkt der bestimmten gesellschaftlichen Form des Produktionsprozesses, der Produktionsprozeßvon Waren ist. Da auf Grundlage der kapitalistischen Produktion Ware die allgemeine Gestalt des Pro-dukts wird, und die größte Masse des Produkts als Ware produziert wird und daher die Geldform anneh-men muß, da also die Warenmasse, der als Ware fungierende Teil des gesellschaftlichen Reichtums fort-während wächst - so nimmt hier auch der Umfang des als Zirkulationsmittel, Zahlungsmittel, Reserve etc.<138> fungierenden Goldes und Silbers zu. Diese als Geld fungierenden Waren gehn weder in die indiv i-duelle noch in die produktive Konsumtion ein. Es ist gesellschaftliche Arbeit, in einer Form fixiert, worinsie als bloße Zirkulationsmaschine dient. Außerdem, daß ein Teil des gesellschaftlichen Reichtums indiese unproduktive Form gebannt ist, erheischt der Verschleiß des Geldes beständigen Ersatz desselbenoder Umwandlung von mehr gesellschaftlicher Arbeit - in Produktform - in mehr Gold und Silber. DieseErsatzkosten sind bei kapitalistisch entwickelten Nationen bedeutend, weil überhaupt der in Form desGelds gebannte Teil des Reichtums umfangreich ist. Gold und Silber, als Geldwaren, bilden für die Ge-sellschaft Zirkulationskosten, die nur aus der gesellschaftlichen Form der Produktion entspringen. Es sindfaux frais der Warenproduktion überhaupt, die mit der Entwicklung der Warenproduktion, und besondersder kapitalistischen Produktion, wachsen. Es ist ein Teil des gesellschaftlichen Reichtums, der dem Zir-kulationsprozeß geopfert werden muß.

II. Aufbewahrungskosten

Zirkulationskosten, die aus dem bloßen Formwechsel des Werts, aus der Zirkulation ideell betrachtet,hervorgehn, gehn nicht in den Wert der Waren ein. Die in ihnen verausgabten Kapitalteile bilden bloßeAbzüge von dem produktiv verausgabten Kapital, soweit der Kapitalist betrachtet wird. Von andrer Natursind die Zirkulationskosten, die wir jetzt betrachten. Sie können aus Produktionsprozessen entspringen,die nur in der Zirkulation fortgesetzt werden, deren produktiver Charakter also durch die Zirkulationsformnur versteckt ist. Sie können andrerseits, gesellschaftlich betrachtet, bloße Kosten, unproduktive Veraus-gabung, sei es lebendiger, sei es vergegenständlichter Arbeit sein, aber doch eben dadurch für den indiv i-

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duellen Kapitalisten wertbildend wirken, einen Zusatz zum Verkaufspreis seiner Ware bilden. Dies folgtschon daraus, daß diese Kosten in verschiednen Produktionssphären und stellenweise für verschiedneindividuelle Kapitale innerhalb derselben Produktionssphäre verschieden sind. Durch ihren <139> Zusatzzum Preis der Ware werden sie in dem Maß verteilt, worin sie auf die individuellen Kapitalisten fallen.Aber alle Arbeit, die Wert zusetzt, kann auch Mehrwert zusetzen und wird auf kapitalistischer Grundlageimmer Mehrwert zusetzen, da der Wert, den sie bildet, von ihrer eignen Größe, der Mehrwert, den siebildet, von dem Umfang abhängt, worin der Kapitalist sie bezahlt. Kosten also, die die Ware verteuern,ohne ihr Gebrauchswert zuzusetzen, für die Gesellschaft also zu den faux frais der Produktion gehören,können für den individuellen Kapitalisten Quelle der Bereicherung bilden. Andrerseits, soweit der Zusatz,den sie dem Preis der Ware hinzufügen, diese Zirkulationskosten nur gleichmäßig verteilt, hört ihr unpro-duktiver Charakter dadurch nicht auf. Z.B. Assekuranzgesellschaften verteilen die Verluste individuellerKapitalisten unter die Kapitalistenklasse. Dies verhindert jedoch nicht, daß die so ausgeglichnen Verlustenach wie vor, das gesellschaftliche Gesamtkapital betrachtet, Verluste sind.

1. Vorratbildung überhaupt

Während seines Daseins als Warenkapital oder seines Aufenthalts auf dem Markt, also solange es sich indem Intervall befindet zwischen dem Produktionsprozeß, aus dem es herauskommt, und dem Konsumti-onsprozeß, in den es eingeht, bildet das Produkt Warenvorrat. Als Ware auf dem Markt, und daher in derGestalt des Vorrats, erscheint das Warenkapital doppelt in jedem Kreislauf, einmal als Warenprodukt desprozessierenden Kapitals selbst, dessen Kreislauf betrachtet wird; das andre Mal dagegen als Warenpro-dukt eines andren Kapitals, das sich auf dem Markt vorfinden muß, um gekauft und in produktives Kapi-tal verwandelt zu werden. Allerdings ist es möglich, daß dies letztre Warenkapital erst auf Bestellungproduziert wird. Dann findet Unterbrechung statt, solange bis es produziert ist. Der Fluß des Produktions-und Reproduktionsprozesses erheischt jedoch, daß eine Masse Waren (Produktionsmittel) sich beständigauf dem Markt vorfindet, also Vorrat bildet. Ebenso umfaßt das produktive Kapital den Ankauf der Ar-beitskraft, und die Geldform ist hier nur die Wertform von Lebensmitteln, die der Arbeiter großenteils aufdem Markt vorfinden muß. Wir gehn im Fortgang dieses Paragraphen näher hierauf ein. Hier ist bereitsdieser Punkt gewonnen. Stellen wir uns auf den Standpunkt des prozessierenden Kapitalwerts, der sich inWarenprodukt verwandelt hat und nun verkauft oder in Geld rückverwandelt werden muß, der also jetztals Warenkapital auf dem Markt fungiert,. so ist der Zustand, worin es Vorrat bildet, ein zweckwidrigerunfreiwilliger Aufenthalt auf dem <140> Markt. Je rascher verkauft, desto flüssiger der Reproduktions-prozeß. Der Aufenthalt in der Formverwandlung W´- G´ hindert den realen Stoffwechsel, der im Kreis-lauf des Kapitals vorgehn muß, wie seine weitere Funktion als produktives Kapital. Andrerseits für G - Werscheint das beständige Vorhandensein der Ware auf dem Markt, der Warenvorrat, als Bedingung desFlusses des Reproduktionsprozesses wie der Anlage von neuem oder zusätzlichem Kapital.

Das Verharren des Warenkapitals als Warenvorrat auf dem Markt erheischt Baulichkeiten, Magazine,Reservoirs der Waren, Warenlager, also Auslage von konstantem Kapital; ebenso Zahlung von Arbeits-kräften zur Einmagazinierung der Waren in ihre Reservoirs. Außerdem verderben die Waren und sindschädlichen elementaren Einflüssen ausgesetzt. Zum Schutz davor ist zusätzliches Kapital auszulegen,teils in Arbeitsmitteln, in gegenständlicher Form, teils in Arbeitskraft.

Das Dasein des Kapitals in seiner Form als Warenkapital und daher als Warenvorrat verursacht also Ko-sten, die, da sie nicht der Produktionssphäre angehören, zu den Zirkulationskosten zählen. Diese Zirkula-tionskosten unterscheiden sich von den sub I aufgeführten dadurch, daß sie in gewissem Umfang in denWert der Waren eingehn, also die Ware verteuern. Unter allen Umständen sind Kapital und Arbeitskraft,die zur Erhaltung und Aufbewahrung des Warenvorrats dienen, dem direkten Produktionsprozeß entzo-gen. Andrerseits müssen die hier angewandten Kapitale, Arbeitskraft eingerechnet, als Bestandteil desKapitals, aus dem gesellschaftlichen Produkt ersetzt werden. ihre Auslage wirkt daher wie eine Vermin-

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derung der Produktionskraft der Arbeit, so daß ein größres Quantum Kapital und Arbeit erheischt ist, umeinen bestimmten Nutzeffekt zu erzielen. Es sind Unkosten.

Soweit nun die, durch die Bildung des Warenvorrats bedingten Zirkulationskosten nur aus der Zeitdauerder Verwandlung vorhandner Werte aus Warenform in Geldform, also nur aus der bestimmten gesell-schaftlichen <141> Form des Produktionsprozesses entspringen (nur daraus, daß das Produkt als Wareproduziert wird und daher auch die Verwandlung in Geld durchmachen muß) - teilen sie ganz den Cha-rakter der sub I aufgezählten Zirkulationskosten. Andrerseits wird der Wert der Waren hier nur konser-viert, resp. vermehrt, weil der Gebrauchswert, das Produkt selbst, unter bestimmte gegenständliche Be-dingungen versetzt wird, die Kapitalauslage kosten, und Operationen unterworfen wird, die zusätzlicheArbeit auf die Gebrauchswerte wirken lassen. Die Berechnung der Warenwerte, die Buchführung überdiesen Prozeß, die Kauf- und Verkaufshändel dagegen wirken nicht auf den Gebrauchswert, worin derWarenwert existiert. Sie haben es nur mit seiner Form zu tun. Obgleich daher in dem vorausgesetzten Falldiese Unkosten der Vorratbildung (die hier unfreiwillig ist) bloß aus einem Aufenthalt der Formver-wandlung und aus der Notwendigkeit derselben entspringen, so unterscheiden sie sich dennoch von denUnkosten sub I dadurch, daß ihr Gegenstand selbst nicht die Formverwandlung des Werts, sondern dieErhaltung des Werts ist, der in der Ware, als Produkt, Gebrauchswert, existiert und daher nur durch dieErhaltung des Produkts, des Gebrauchswerts selbst erhalten werden kann. Der Gebrauchswert wird hierweder erhöht noch vermehrt, im Gegenteil, er nimmt ab. Aber seine Abnahme wird beschränkt, und erwird erhalten. Auch der vorgeschoßne, in der Ware existierende Wert wird hier nicht erhöht. Aber neueArbeit, vergegenständlichte und lebendige, wird hinzugesetzt.

Es ist nun weiter zu untersuchen, wieweit diese Unkosten aus dem eigentümlichen Charakter der Waren-produktion überhaupt und der Warenproduktion in ihrer allgemeinen, absoluten Form hervorgehn, d.h.der kapitalistischen Warenproduktion; wieweit sie andrerseits aller gesellschaftlichen Produktion gemein-sam sind und hier nur innerhalb der kapitalistischen Produktion eine besondre Gestalt annehmen, einebesondre Erscheinungsform.

A. Smith hat die fabelhafte Ansicht aufgestellt, daß die Vorratbildung ein der kapitalistischen Produktioneigentümliches Phänomen sei. Neuere Ökonomen, z.B. Lalor, behaupten umgekehrt, daß sie mit der Ent-wicklung der kapitalistischen Produktion abnimmt. Sismondi betrachtet dies sogar als eine Schattenseiteder letztren.

In der Tat existiert der Vorrat in drei Formen: in der Form des produktiven Kapitals, in der Form des in-dividuellen Konsumtionsfonds und in Form des Warenvorrats oder Warenkapitals. Der Vorrat in der ei-nen Form <142> nimmt relativ ab, wenn er in der andren Form zunimmt, obgleich er seiner absolutenGröße nach in allen drei Formen gleichzeitig wachsen mag.

Es ist von vornherein klar, daß, wo die Produktion direkt auf die Befriedigung des Selbstbedarfs gerichtetist und nur zum geringern Teil für den Austausch oder Verkauf produziert wird, also das gesellschaftlicheProdukt gar nicht oder nur zum kleinem Teil die Form der Ware annimmt, der Vorrat in der Form derWare oder Warenvorrat nur einen geringen und verschwindenden Teil des Reichtums bildet. Der Kon-sumtionsfonds ist aber hier relativ groß, namentlich der eigentlichen Lebensmittel. Man hat nur altertüm-liche Bauernwirtschaft anzusehn. Ein überwiegender Teil des Produkts verwandelt sich hier unmittelbar,ohne Warenvorrat zu bilden - eben weil er in der Hand seines Besitzers bleibt - in vorrätige Produktions-mittel oder Lebensmittel. Er nimmt nicht die Form des Warenvorrats an, und eben deswegen existiert inGesellschaften, die auf solcher Produktionsweise gegründet sind, nach A. Smith kein Vorrat. A. Smithverwechselt die Form des Vorrats mit dem Vorrat selbst und glaubt, daß die Gesellschaft bisher von derHand in den Mund lebte oder sich auf den Zufall des folgenden Tages verließ. Es ist ein kindisches Miß-verständnis.

Vorrat in der Form des produktiven Kapitals existiert in der Form von Produktionsmitteln, die sich bereitsim Produktionsprozeß befinden oder wenigstens in der Hand des Produzenten, also latent schon im Pro-

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duktionsprozeß. Man hat früher gesehn, daß mit der Entwicklung der Produktivität <143> der Arbeit, alsoauch mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise - welche die gesellschaftliche Produktiv-kraft der Arbeit mehr entwickelt als alle früheren Produktionsweisen -, die Masse der in der Form vonArbeitsmitteln dem Prozeß ein für allemal einverleibten und stets wiederholt, während längrer oder kürz-rer Periode in ihm fungierenden Produktionsmittel (Gebäude, Maschinen etc.) beständig wächst, und daßihr Wachstum sowohl Voraussetzung wie Wirkung der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraftder Arbeit ist. Das nicht nur absolute, sondern relative Wachstum des Reichtums in dieser Form (vergl.Buch I, Kap. XXIII, 2.) charakterisiert vor allem die kapitalistische Produktionsweise. Die stofflichenExistenzformen des konstanten Kapitals, die Produktionsmittel, bestehn aber nicht nur aus derartigenArbeitsmitteln, sondern auch aus Arbeitsmaterial auf den verschiedensten Stufen der Verarbeitung undaus Hilfsstoffen. Mit der Stufenleiter der Produktion und der Steigerung der Produktivkraft der Arbeitdurch Kooperation, Teilung, Maschinerie usw. wächst die Masse des Rohmaterials, der Hilfsstoffe etc.,die in den täglichen Reproduktionsprozeß eingehn. Diese Elemente müssen in der Produktionsstätte be-reitliegen. Der Umfang dieses in der Form von produktivem Kapital existierenden Vorrats wächst alsoabsolut. Damit der Prozeß fließe - ganz davon abgesehn, ob dieser Vorrat täglich oder nur in bestimmtenTerminen erneuert werden kann -, muß stets mehr Anhäufung von Rohstoff etc. in der Produktionsstättebereitliegen, als z.B. täglich oder wöchentlich verbraucht wird. Die Kontinuität des Prozesses erheischt,daß das Dasein seiner Bedingungen weder abhänge von möglicher Unterbrechung bei täglichen Einkäu-fen, noch davon, daß das Warenprodukt täglich oder wöchentlich verkauft werde und daher nur unrege l-mäßig in seine Produktionselemente rückverwandelbar sei. Indes kann offenbar das produktive Kapital insehr verschiednem Umfang latent sein oder Vorrat bilden. Es macht z.B. großen Unterschied, ob derSpinner Baumwolle oder Kohlen für drei Monate oder für einen parat liegen haben muß. Man sieht, daßdieser Vorrat relativ abnehmen kann, obgleich er absolut zunimmt.

Es hängt dies von verschiednen Bedingungen ab, die alle im wesentlichen hinauskommen auf die größreGeschwindigkeit, Regelmäßigkeit und Sicherheit, womit die nötige Masse von Rohstoff stets so zugeführtwerden kann, daß nie Unterbrechung entsteht. Je weniger diese Bedingungen erfüllt sind, je geringer alsoSicherheit, Regelmäßigkeit und Geschwindigkeit der Zufuhr, desto größer muß der latente Teil des pro-duktiven Kapitals, d.h. der noch seine Verarbeitung erwartende Vorrat von Rohstoffen usw. in der Handdes Produzenten sein. Diese Bedingungen stehn im umgekehrten <144> Verhältnis zur Entwicklungshöheder kapitalistischen Produktion und daher der Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit. Also auch derVorrat in dieser Form.

Indes ist das, was hier als Abnahme des Vorrats erscheint (z.B. bei Lalor), zum Teil nur Abnahme desVorrats in der Form des Warenkapitals oder des eigentlichen Warenvorrats; also bloß Formwechsel des-selben Vorrats. Ist z.B. die Masse Kohlen, die täglich im Lande selbst produziert wird, also Umfang undEnergie der Kohlenproduktion, groß, so braucht der Spinner kein großes Kohlenlager, um die Kontinuitätseiner Produktion zu sichern. Die beständige sichere Erneuerung der Kohlenzufuhr macht dies überflüs-sig. Zweitens: Die Geschwindigkeit, womit das Produkt eines Prozesses als Produktionsmittel in einenandren Prozeß übergehn kann, hängt ab von der Entwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel.Die Wohlfeilheit des Transports spielt große Rolle dabei. Der beständig erneuerte Transport z.B. vonKohlen von der Grube zur Spinnerei wäre teurer als die Versorgung mit einer größren Kohlenmasse fürlängre Zeit bei relativ wohlfeilerm Transport. Diese beiden bisher betrachteten Umstände gehn aus demProduktionsprozeß selbst hervor. Drittens wirkt ein die Entwicklung des Kreditsystems. Je weniger derSpinner für Erneuerung seiner Vorräte an Baumwolle, Kohle etc. vom unmittelbaren Verkauf seinesGarns abhängt - und je entwickelter das Kreditsystem, je geringer ist diese unmittelbare Abhängigkeit -,desto kleiner kann die relative Größe dieser Vorräte sein, um eine von den Zufällen des Garnverkaufsunabhängige kontinuierliche Garnproduktion auf gegebener Stufenleiter zu sichern. Viertens aber bedür-fen viele Rohstoffe, Halbfabrikate etc. längrer Zeitperioden zu ihrer Produktion, und namentlich gilt diesvon allen Rohstoffen, die die Agrikultur liefert. Soll keine Unterbrechung des Produktionsprozesses statt-finden, so muß also ein bestimmter Vorrat derselben vorhanden sein für den ganzen Zeitabschnitt, worinNeuprodukt nicht die Stelle des alten ersetzen kann. Nimmt dieser Vorrat ab in der Hand des industriellenKapitalisten, so beweist das nur, daß er in der Form des Warenvorrats in der Hand des Kaufmanns zu-

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nimmt. Die Entwicklung der Transportmittel z.B. gestattet, die im Importhafen liegende Baumwolle raschvon Liverpool nach Manchester überzuführen, so daß der Fabrikant, je nach Bedarf, in relativ kleinenPortionen seinen Baumwollvorrat erneuern kann. Aber dann liegt dieselbe Baumwolle in um so größrenMassen als Warenvorrat in der Hand von Kaufleuten zu Liverpool. Es ist also bloßer Formwechsel desVorrats, was Lalor und andre übersehn haben. Und das gesellschaftliche Kapital betrachtet, befindet sichhier nach wie vor dieselbe Produktmasse in der Form des Vorrats. Für ein <145> einzelnes Land nimmtder Umfang, worin z.B. die für das Jahr nötige Masse bereit sein muß, ab mit der Entwicklung der Trans-portmittel. Gehn viele Dampf- und Segelschiffe zwischen Amerika und England, so vermehren sich dieGelegenheiten der Erneuerung des Baumwollvorrats für England und nimmt also die Masse des Baum-wollvorrats ab, die durchschnittlich in England lagern muß. Ebenso wirkt die Entwicklung des Welt-markts und daher die Vervielfachung der Bezugsquellen desselben Artikels. Der Artikel wird stückweisvon verschiednen Ländern und in verschiednen Zeitterminen zugeführt.

2. Eigentlicher Warenvorrat

Man hat bereits gesehn: Auf Grundlage der kapitalistischen Produktion wird die Ware zur allgemeinenForm des Produkts, und je mehr jene sich nach Umfang und Tiefe entwickelt, desto mehr. Es existiert also- selbst bei gleichem Umfang der Produktion - ein ungleich größrer Teil des Produkts als Ware, im Ver-gleich, sei es zu frühern Produktionsweisen, sei es zur kapitalistischen Produktionsweise auf minder ent-wickeltem Grad. Alle Ware aber - also auch alles Warenkapital, welches nur Ware ist, aber Ware als Da-seinsform des Kapitalwerts -, soweit sie aus ihrer Produktionssphäre - nicht unmittelbar in die produktiveoder individuelle Konsumtion eingeht, also im Intervall auf dem Markt sich befindet, bildet ein Elementdes Warenvorrats. An und für sich - bei gleichbleibendem Umfang der Produktion - wächst daher derWarenvorrat (d.h. diese Verselbständigung und Fixierung der Warenform des Produkts) mit der kapitali-stischen Produktion. Man hat bereits gesehn, daß dies nur Formwechsel des Vorrats ist, d.h. daß auf dereinen Seite der Vorrat in Warenform zunimmt, weil er auf der andren Seite in der Form von direktemProduktions- oder Konsumtionsvorrat abnimmt. Es ist nur eine veränderte gesellschaftliche Form desVorrats. Wenn zugleich nicht nur die relative Größe des Warenvorrats im Verhältnis zum gesellschaftli-chen Gesamtprodukt zunimmt, sondern auch seine absolute Größe, so, weil mit der kapitalistischen Pro-duktion die Masse des Gesamtprodukts wächst.

Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion wird die Stufenleiter der Produktion in stets gerin-grem Grad durch die unmittelbare Nachfrage nach dem Produkt bestimmt, und in stets größrem durch denUmfang des Kapitals, worüber der individuelle Kapitalist verfügt, durch den Verwertungstrieb seinesKapitals und die Notwendigkeit der Kontinuität und der Ausdehnung seines Produktionsprozesses. Damitwächst notwendig in jedem besondren Produktionszweig die Produktmasse, die sich als Ware <146> aufdem Markt befindet oder nach Absatz sucht. Es wächst die in der Form des Warenkapitals kürzer oderlänger fixierte Kapitalmasse. Es wächst daher der Warenvorrat.

Endlich wird der größte Teil der Gesellschaft in Lohnarbeiter verwandelt, Leute, die aus der Hand in denMund leben, ihren Lohn wöchentlich empfangen und täglich ausgeben, die also ihre Lebensmittel alsVorrat vorfinden müssen. So sehr die einzelnen Elemente dieses Vorrats fließen mögen, muß ein Teilderselben doch beständig stocken, damit der Vorrat stets in Fluß bleiben kann.

Alle diese Momente gehn hervor aus der Form der Produktion und der in ihr einbegriffenen Formver-wandlung, die das Produkt im Zirkulationsprozeß durchlaufen muß.

Welches immer die gesellschaftliche Form des Produktenvorrats, seine Aufbewahrung erfordert Kosten:Baulichkeiten, Gefäße usw., welche die Behälter des Produkts bilden; ebenso Produktionsmittel und Ar-beit, mehr oder weniger je nach der Natur des Produkts, die verausgabt werden müssen zur Abwehr stö-render Einflüsse. Je mehr die Vorräte gesellschaftlich konzentriert, desto relativ kleiner sind diese Kosten.

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Diese Auslagen bilden stets einen Teil gesellschaftlicher Arbeit, sei es in vergegenständlichter oder le-bendiger Form - also in der kapitalistischen Form Kapitalauslagen -, die nicht in die Produktbildungselbst eingehn, also Abzüge vom Produkt. Sie sind notwendig, Unkosten des gesellschaftlichen Reich-tums. Sie sind die Erhaltungskosten des gesellschaftlichen Produkts, ob seine Existenz als Element desWarenvorrats nun bloß der gesellschaftlichen Form der Produktion, also der Warenform und ihrer not-wendigen Formverwandlung entspringe, oder ob wir den Warenvorrat nur als eine Spezialform des Pro-duktenvorrats betrachten, der allen Gesellschaften gemeinsam, wenn auch nicht in der Form des Waren-vorrats, dieser dem Zirkulationsprozeß angehörigen Form des Produktenvorrats.

Es fragt sich nun, wieweit diese Kosten in den Wert der Waren eingehn.

Wenn der Kapitalist sein in Produktionsmitteln und Arbeitskraft vorgeschoßnes Kapital in Produkt ver-wandelt hat, in eine fertige zum Verkauf bestimmte Warenmasse, und diese bleibt unverkäuflich lagern,so stockt nicht nur der Verwertungsprozeß seines Kapitals während dieser Zeit. Die Ausgaben, welche dieErhaltung dieses Vorrats in Baulichkeiten, zusätzlicher Arbeit etc. erheischt, bilden positiven Verlust. Derschließliche Käufer würde ihn auslachen, wenn er sagte: Meine Ware war während sechs Monaten unver-kaufbar, und ihre Erhaltung während dieser sechs Monate <147> hat mir nicht nur soundso viel Kapitalbrachgelegt, sondern außerdem Unkosten verursacht. Tant pis pour vousl <Um so schlimmer für Euch>,sagt der Käufer. Da neben Euch steht ein andrer Verkäufer, dessen Ware erst vorgestern fertig gewordenist. Eure Ware ist ein Ladenhüter und wahrscheinlich mehr oder minder angenagt vom Zahn der Zeit. Ihrmüßt also wohlfeiler verkaufen als Euer Rival. - Ob der Warenproduzent der wirkliche Produzent seinerWare oder ihr kapitalistischer Produzent, in der Tat also nur Repräsentant ihrer wirklichen Produzenten,ändert nichts an den Lebensbedingungen der Ware. Er hat seine Sache in Geld zu verwandeln. Die Unko-sten, die ihre Fixierung ihrer Warenform ihm verursacht, gehören zu seinen individuellen Abenteuern, dieden Käufer der Ware nichts angehn. Dieser zahlt ihm nicht die Zirkulationszeit seiner Ware. Selbst wennder Kapitalist seine Ware absichtlich vom Markt zurückhält, in Zeiten wirklicher oder vermuteter Wertre-volution, so hängt es ab vom Eintreffen dieser Wertrevolution, von der Richtigkeit oder Unrichtigkeitseiner Spekulation, ob er die zusätzlichen Unkosten realisiert. Aber die Wertrevolution ist keine Folgeseiner Unkosten. Soweit also die Vorratbildung Zirkulationsstockung, setzen die dadurch verursachtenKosten der Ware keinen Wert zu. Andrerseits kann kein Vorrat vorhanden sein ohne Aufenthalt in derZirkulationssphäre, ohne Verharren, länger oder kürzer, des Kapitals in seiner Warenform; also kein Vor-rat ohne Zirkulationsstockung, ganz wie kein Geld zirkulieren kann ohne Geldreservebildung. Also ohneden Warenvorrat keine Warenzirkulation. Tritt diese Notwendigkeit dem Kapitalisten nicht in W´- G´, sotritt sie ihm in G - W entgegen; nicht für sein Warenkapital, aber für das Warenkapital andrer Kapitali-sten, die Produktionsmittel für ihn und Lebensmittel für seine Arbeiter produzieren.

Ob die Vorratbildung freiwillig oder unfreiwillig, d.h. ob der Warenproduzent absichtlich einen Vorrathält oder ob seine Waren Vorrat bilden infolge des Widerstands, den die Umstände des Zirkulationspro-zesses selbst ihrem Verkauf entgegenstellen, scheint an dem Wesen der Sache nichts ändern zu können.Doch ist zur Lösung dieser Frage nützlich zu wissen, was die freiwillige von der unfreiwilligen Vorratbil-dung unterscheidet. Die unfreiwillige Bildung des Vorrats entspringt aus, oder ist identisch mit einer Zir-kulationsstockung, die vom Wissen des Warenproduzenten unabhängig ist und seinem Willen in die Que-re kommt. Was charakterisiert die freiwillige Vorratbildung? Nach wie vor sucht der Verkäufer seineWare so rasch wie möglich loszuschlagen Er bietet stets das Produkt als <148> Ware feil. Entzöge er esdem Verkauf, so bildete es nur mögliches (? ? ? ? ? ? ? ) kein effektives (? ? ? ? ? ? ? ? ) Element desWarenvorrats. Die Ware als solche ist ihm nach wie vor nur Träger ihres Tauschwerts, und als solcherkann sie nur wirken durch und nach Abstreifung ihrer Warenform und Annahme der Geldform.

Der Warenvorrat muß einen gewissen Umfang haben, um während einer gegebnen Periode zu genügenfür den Umfang der Nachfrage. Es wird dabei gerechnet auf beständige Ausdehnung des Kreises der Käu-fer. Um z.B. während eines Tags auszureichen, muß ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren be-ständig in der Warenform ausharren, während der andre fließt, sich in Geld verwandelt. Der Teil, derstockt, während der andre fließt, nimmt zwar beständig ab, wie der Umfang des Vorrats selbst abnimmt,

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bis er schließlich ganz verkauft ist. Die Warenstockung ist hier also berechnet als notwendige Bedingungdes Verkaufs der Ware. Der Umfang muß ferner größer sein als der mittlere Verkauf oder der Umfang dermittleren Nachfrage. Die Überschüsse über dieselben könnten sonst nicht befriedigt werden. Andrerseitsmuß der Vorrat beständig erneuert werden, weil er sich beständig auflöst. Diese Erneuerung kann in letz-ter Instanz nur aus der Produktion herkommen, aus einer Zufuhr von Ware. Ob diese vom Auslandkommt oder nicht, ändert nichts an der Sache. Die Erneuerung hängt ab von den Perioden, die die Warenzu ihrer Reproduktion brauchen. Während dieser Zeit muß der Warenvorrat ausreichen. Daß er nicht inder Hand des ursprünglichen Produzenten bleibt, sondern durch verschiedne Reservoirs läuft, vom großenKaufmann bis zum Detailverkäufer, ändert nur die Erscheinung, nicht die Sache selbst. Gesellschaftlichbetrachtet, befindet sich nach wie vor ein Teil des Kapitals in der Form des Warenvorrats, solange dieWare nicht in die produktive oder individuelle Konsumtion eingegangen ist. Der Produzent selbst suchteinen seiner durchschnittlichen Nachfrage entsprechenden Lagerbestand zu haben, um nicht unmittelbarvon der Produktion abzuhängen, und um sich einen beständigen Kreis von Kunden zu sichern. Den Pro-duktionsperioden entsprechend bilden sich Kauftermine und bildet die Ware während längrer oder kürzrerZeit Vorrat, bis sie durch neue Exemplare derselben Art ersetzt werden kann. Nur durch diese Vorratbil-dung ist die Beständigkeit und Kontinuität des Zirkulationsprozesses, und daher des Reproduktionspro-zesses, der <1. und 2. Auflage. die> den Zirkulationsprozeß einschließt, gesichert.

Man muß sich erinnern: W´- G´ kann für den Produzenten von W voll- <149> zogen sein, obgleich Wsich noch auf dem Markt befindet. Wollte der Produzent selbst seine eigne Ware auf Lager halten, bis siean den definitiven Konsumenten verkauft ist, so müßte er ein doppeltes Kapital in Bewegung setzen, einsals Produzent der Ware, das andre als Kaufmann. Für die Ware selbst - betrachtet, sei es als einzelne Wa-re oder als Bestandteil des gesellschaftlichen Kapitals - ändert es nichts an der Sache, ob die Kosten derVorratbildung auf ihren Produzenten fallen oder auf eine Reihe Kaufleute von A bis Z.

Soweit der Warenvorrat nichts ist als die Warenform des Vorrats, der auf gegebner Stufenleiter der ge-sellschaftlichen Produktion entweder als produktiver Vorrat (latenter Produktionsfonds) oder als Kon-sumtionsfonds (Reserve von Konsumtionsmitteln) existieren würde, wenn er nicht als Warenvorrat exi-stierte, sind auch die Kosten, die die Erhaltung des Vorrats erheischt, also die Kosten der Vorratbildung -d.h. die hierauf verwandte vergegenständlichte oder lebendige Arbeit - bloß transponierte Kosten derErhaltung, sei es des gesellschaftlichen Produktionsfonds, sei es des gesellschaftlichen Konsumtions-fonds. Die Erhöhung des Werts der Ware, die sie verursachen, verteilt diese Kosten nur pro rata auf dieverschiednen Waren, da dieselben für verschiedne Warensorten verschieden sind. Nach wie vor bleibenKosten der Vorratbildung Abzüge von dem gesellschaftlichen Reichtum, obgleich sie eine Existenzbedin-gung desselben sind.

Nur soweit der Warenvorrat Bedingung der Warenzirkulation und selbst eine in der Warenzirkulationnotwendig entstandne Form ist, soweit diese scheinbare Stagnation also Form des Flusses selbst, ganz wieBildung von Geldreserve Bedingung der Geldzirkulation ist - nur soweit ist sie normal. Sobald dagegendie in ihren Zirkulationsreservoirs verweilenden Waren der nacheilenden Welle der Produktion nichtPlatz machen, die Reservoirs also überfüllt werden, dehnt sich der Warenvorrat aus infolge der Zirkulati-onsstockung, ganz wie die Schätze wachsen, wenn die Geldzirkulation stockt. Es ist dabei gleichgültig, obdiese Stockung in den Speichern des industriellen Kapitalisten oder in den Lagerhäusern des Kaufmannsstattfindet. Der Warenvorrat ist dann nicht Bedingung des ununterbrochnen Verkaufs, sondern Folge derUnverkäuflichkeit der Waren. Die Kosten bleiben dieselben, aber, da sie jetzt rein aus der Form entsprin-gen, nämlich aus der Notwendigkeit, die Waren in Geld zu verwandeln, und der Schwierigkeit dieserMetamorphose, so gehn sie nicht ein in den Wert der Ware, sondern bilden Abzüge, Wertverlust in derRealisierung des Werts. Da die normale und die anormale Form des Vorrats sich der Form nach nichtunterscheiden, und beides Zirkulationsstockungen sind, so können die Phänomene ver- <150> wechseltwerden und um so mehr den Produktionsagenten selbst täuschen, als für den Produzenten der Zirkulati-onsprozeß seines Kapitals fließen kann, obgleich der Zirkulationsprozeß seiner Waren, die in die Händeder Kaufleute übergegangen sind, stockt. Schwillt der Umfang der Produktion und Konsumtion, so, beisonst gleichbleibenden Umständen, der Umfang des Warenvorrats. Er wird ebenso rasch erneuert und

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absorbiert, aber sein Umfang ist größer. Der durch die Zirkulationsstockung schwellende Umfang desWarenvorrats kann also für ein Symptom der Erweitrung des Reproduktionsprozesses versehn werden,namentlich, sobald mit der Entwicklung des Kreditsystems die wirkliche Bewegung mystifiziert werdenkann.

Die Kosten der Vorratbildung bestehn 1. aus quantitativer Abnahme der Produktmasse (z.B. bei Mehlvor-rat); 2. Verderb der Qualität; 3. aus der vergegenständlichten und lebendigen Arbeit, welche die Erhaltungdes Vorrats erheischt.

III. Transportkosten

Es ist nicht nötig, hier auf alle Details der Zirkulationskosten einzugehn, wie z.B. Verpackung, Sortierungetc. Das allgemeine Gesetz ist, daß alle Zirkulationskosten, die nur aus der Formverwandlung der Wareentspringen, dieser letztren keinen Wert hinzusetzen. Es sind bloß Kosten zur Realisierung des Werts oderzu seiner Übersetzung aus einer Form in die andre. Das in diesen Kosten ausgelegte Kapital (eingeschlos-sen die von ihm kommandierte Arbeit) gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion. Der Er-satz derselben muß aus dem Mehrprodukt geschehn und bildet, die ganze Kapitalistenklasse betrachtet,einen Abzug vom Mehrwert oder Mehrprodukt, ganz wie für einen Arbeiter die Zeit, die er zum Einkaufseiner Lebensmittel braucht, verlorne Zeit ist. Die Transportkosten spielen aber eine zu wichtige Rolle,um sie hier nicht noch kurz zu betrachten.

Innerhalb des Kreislaufs des Kapitals und der Warenmetamorphose, welche einen Abschnitt desselbenbildet, vollzieht sich der Stoffwechsel der gesellschaftlichen Arbeit. Dieser Stoffwechsel mag den Raum-wechsel der Produkte bedingen, ihre wirkliche Bewegung von einem Ort zum andren. Zirkulation vonWaren kann aber stattfinden ohne ihre physische Bewegung und Produktentransport ohne Warenzirkula-tion, und selbst ohne unmittelbaren Produktenaustausch. Ein Haus, welches A an B verkauft, zirkuliert alsWare, aber es geht nicht spazieren. Bewegliche Warenwerte, wie Baumwolle oder Roheisen, hocken aufdemselben Warenlager, zur selben Zeit, wo sie <151> Dutzende von Zirkulationsprozessen durchlaufen,gekauft und wieder verkauft werden von den Spekulanten. Was sich hier wirklich bewegt, ist der Eigen-tumstitel an der Sache, nicht die Sache selbst. Andrerseits spielte z.B. im Reich der Inkas die Transportin-dustrie eine große Rolle, obgleich das gesellschaftliche Produkt weder als Ware zirkulierte, noch auchvermittelst des Tauschhandels verteilt ward.

Wenn die Transportindustrie daher auf Grundlage der kapitalistischen Produktion als Ursache von Zirku-lationskosten erscheint, so ändert diese besondre Erscheinungsform nichts an der Sache.

Produktmassen vermehren sich nicht durch ihren Transport. Auch die durch ihn etwa bewirkte Verände-rung ihrer natürlichen Eigenschaften ist mit gewissen Ausnahmen kein beabsichtigter Nutzeffekt, sondernein unvermeidliches Übel. Aber der Gebrauchswert von Dingen verwirklicht sich nur in ihrer Konsumti-on, und ihre Konsumtion mag ihre Ortsveränderung nötig machen, also den zusätzlichen Produktionspro-zeß der Transportindustrie. Das in dieser angelegte produktive Kapital setzt also den transportierten Pro-dukten Wert zu, teils durch Wertübertragung von den Transportmitteln, teils durch Wertzusatz vermittelstder Transportarbeit. Dieser letztre Wertzusatz zerfällt, wie bei aller kapitalistischen Produktion, in Ersatzvon Arbeitslohn und in Mehrwert.

Innerhalb jedes Produktionsprozesses spielt die Ortsveränderung des Arbeitsgegenstands und die dazunötigen Arbeitsmittel und Arbeitskräfte - Baumwolle z.B., die aus dem Kardierraum in den Spinnraumrückt, Kohle, die aus dem Schacht auf die Oberfläche gehoben wird große Rolle. Der Übergang des ferti-gen Produkts als fertige Ware aus einer selbständigen Produktionsstätte in die andre, räumlich davon ent-fernte, zeigt dasselbe Phänomen nur auf größrer Stufenleiter. Auf den Transport der Produkte aus einerProduktionsstätte in eine andre folgt noch der der fertigen Produkte aus der Produktionssphäre in die

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Konsumtionssphäre. Das Produkt ist erst fertig für die Konsumtion, sobald es diese Bewegung voll endethat.

Es ist, wie früher gezeigt, allgemeines Gesetz der Warenproduktion: Die Produktivität der Arbeit und ihreWertschöpfung stehn im umgekehrten Verhältnis. Wie von jeder andren, gilt dies von der Transportindu-strie. Je kleiner die Arbeitsmenge, tote und lebendige, welche der Transport der <152> Ware für gegebneEntfernung erheischt, desto größer die Produktivkraft der Arbeit, und umgekehrt.

Die absolute Wertgröße, welche der Transport den Waren zusetzt, steht unter sonst gleichbleibenden Um-ständen im umgekehrten Verhältnis zur Produktivkraft der Transportindustrie und im direkten Verhältniszu den zu durchlaufenden Entfernungen.

Der relative Wertteil, den die Transportkosten, unter sonst gleichbleibenden Umständen, dem Preis derWare zusetzen, steht in direktem Verhältnis zu ihrer Raumgröße und ihrem Gewicht. Die modifizierendenUmstände sind jedoch zahlreich. Der Transport erheischt z.B. größre oder geringre Vorsichtsmaßregeln,daher größre oder geringre Ausgabe von Arbeit und Arbeitsmitteln, je nach der relativen Zerbrechlichkeit,Vergänglichkeit, Explodierbarkeit des Artikels. Hier entwickeln die Eisenbahnmagnaten größres Genie inphantastischer Speziesbildung als Botaniker oder Zoologen. Die Klassifikation der Güter auf englischenEisenbahnen z.B. füllt Bände und beruht dem allgemeinen Prinzip nach auf der Tendenz, die buntver-schiednen natürlichen Eigenschaften der Güter in ebenso zahlreiche Transportgebresten und obligatePrellereivorwände umzuwandeln.

"Glas, welches früher 11 Pfd.St. per crate "(eine Packkiste von bestimmtem Rauminhalt) "wert war, istjetzt infolge industrieller Fortschritte und der Abschaffung der Glassteuer nur 2 Pfd.St. wert, aber dieTransportkosten stehn so hoch wie früher, und höher bei Kanaltransport. Früher wurden Glas und Glas-waren für Bleiarbeiten innerhalb 50 Meilen von Birmingham zu 10 sh. per Tonne verführt. Jetzt ist derTransportpreis auf das Dreifache erhöht unter dem Vorwand des Risikos von wegen Zerbrechlichkeit desArtikels. Wer aber nicht zahlt, was wirklich bricht, ist die Eisenbahndirektion."

<153> Daß ferner der relative Wertteil, den die Transportkosten einem Artikel zusetzen, im umgekehrtenVerhältnis zu seinem Wert steht, wird für die Eisenbahnmagnaten zum besondren Grund, einen Artikel imdirekten Verhältnis zu seinem Wert zu besteuern. Die Klagen der Industriellen und Kaufleute über diesenPunkt kehren auf jeder Seite der Zeugenaussagen des angeführten Berichts wieder.

Die kapitalistische Produktionsweise vermindert die Transportkosten für die einzelne Ware durch dieEntwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel wie durch die Konzentration - die Größe derStufenleiter - des Transports. Sie vermehrt den Teil der gesellschaftlichen Arbeit, lebendiger und verge-genständlichter, der im Warentransport verausgabt wird, zuerst durch Verwandlung der großen Mehrzahlaller Produkte in Waren, und sodann durch die Ersetzung lokaler durch entfernte Märkte.

Das Zirkulieren, d.h. tatsächliche Umlaufen der Waren im Raum löst sich auf in den Transport der Ware.Die Transportindustrie bildet einerseits einen selbständigen Produktionszweig, und daher eine besondreAnlagesphäre des produktiven Kapitals. Andrerseits unterscheidet sie sich dadurch, daß sie als Fortdauereines Produktionsprozesses innerhalb des Zirkulationsprozesses und für den Zirkulationsprozeß erscheint.

Fußnoten

(10) Das Eingeklammerte aus einer Note am Schluß von Ms. VIII.

(11) "Die Kosten des Handels müssen, obwohl notwendig, als eine lästige Ausgabe betrachtet werden."(Quesnay, "Analyse du Tableau Économique", in Daire, "Physiocrates", Ie partie, Paris 1846, p. 71.) -

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Nach Quesnay ist der "Profit", den die Konkurrenz unter den Kaufleuten hervorbringt, nämlich daß siedieselben nötigt, "ihr Entgelt oder ihren Gewinn herabzusetzen ... streng genommen nur ein vermiedenerVerlust für den Verkäufer erster Hand und für den konsumierenden Käufer. Nun ist aber ein an den Ko-sten des Handels vermiedener Verlust kein wirkliches Produkt oder durch den Handel bewirkter Zuwachsan Reichtum, mag man den Handel an und für sich einfach als Austausch, unabhängig von den Transport-kosten, oder in Verbindung mit den Transportkosten betrachten." (p. 145, 146.) "Die Kosten des Handelswerden immer von den Verkäufern der Produkte getragen, die den vollen Preis bekommen würden, dendie Käufer zahlen, wenn es keinerlei Vermittlungskosten gäbe." (p. 163.) Die propriétaires <Grundeigen-tümer> und producteurs <Produzenten> sind "salariants" <"Lohnzahler">, die Kaufleute sind "salariés<"Entlohnte">. 164, Quesnay, "Dialogues sur le Commerce et sur les Travaux des Artisans" <1. und 2.Auflage: "Problèmes économiques">, in Daire, "Physiocrates", 1e Partie, Paris 1846).

(12) Im Mittelalter finden wir die Buchführung für Agrikultur nur in den Klöstern. Jedoch sah man (BuchI, p. 343 <Siehe Band 23, S. 378>), daß bereits in den uraltertümlichen indischen Gemeinwesen einBuchhalter über die Agrikultur figuriert. Die Buchführung ist hier zur ausschließlichen Funktion einesGemeindebeamten verselbständigt. Durch diese Teilung der Arbeit werden Zeit, Mühe und Ausgabenerspart, aber die Produktion und die Buchführung über die Produktion bleiben ebenso verschiedne Dingewie die Schiffsladung und der Ladeschein. Im Buchhalter ist ein Teil der Arbeitskraft der Gemeinde derProduktion entzogen, und die Kosten seiner Funktion werden nicht durch seine eigne Arbeit ersetzt, son-dern durch einen Abzug vom Gemeindeprodukt. Wie mit dem Buchhalter der indischen Gemeinde, ver-hält es sich mutatis mutandis mit dem Buchhalter des Kapitalisten. (Aus Manuskript II.)

(13) "Das in einem Lande zirkulierende Geld ist ein bestimmter Teil des Kapitals des Landes, der pro-duktiven Zwecken völlig entzogen ist, um die Produktivität des Restes zu erleichtern oder zu steigern, eingewisser Anteil des Reichtums ist deshalb ebenso nötig, um Gold zum zirkulierenden Medium zu ma-chen, wie er notwendig ist, um eine Maschine zu machen, die jede andere Produktion erleichtern soll."("Economist", vol. V. p. 520.)

(14) Corbet berechnet 1841 die Kosten der Weizenaufspeicherung für eine Saison von 9 Monaten auf1/2% Verlust an Quantität, 3% für Zins auf den Weizenpreis, 2% für Lagermiete, 1% Schütteln undFuhrlohn, 1/2% Ablieferungsarbeit, zusammen 7% oder, bei einem Weizenpreis von 50 sh., 3 sh. 6 d. perQuarter. (Th. Corbet, "An Inquiry into the Causes and Modes of the Wealth of Individuals etc.", London1841, [p. 140].) Nach den Aussagen von Liverpooler Kaufleuten vor der Eisenbahnkommission betrugendie (reinen) Unkosten der Getreideaufspeicherung 1865 monatlich 2 d. per Quarter oder 9 - 10 d. perTonne. ("Royal Commission on Railways". 1867, Evidence, p. 19, Nr. 331.)

(15) Book II, Introduction.

(16) Statt daß, wie A. Smith wähnt, die Vorratbildung erst entspringt aus der Verwandlung des Produktsin Ware und des Konsumtionsvorrats in Warenvorrat, verursacht umgekehrt dieser Formwechsel währenddes Übergangs aus der Produktion für den Selbstbedarf in die Warenproduktion die heftigsten Krisen inder Ökonomie der Produzenten. In Indien erhielt sich z.B. bis auf die allerneueste Zeit "die Gewohnheit,das Getreide, wofür in Jahren des Überflusses wenig zu haben war, massenhaft aufzuspeichern". ("Re-turn. Bengal and Orissa Famine. H. of C. l867", I, p. 230, 231, Nr. 74.) Die durch den AmerikanischenBürgerkrieg plötzlich gesteigerte Nachfrage nach Baumwolle, Jute etc. veranlaßte in vielen Teilen Indiensgroße Einschränkung des Reisbaus, Steigen der Reispreise und Verkauf der alten Reisvorräte der Produ-zenten. Dazu kam noch 1864 - 1866 beispiellose Ausfuhr von Reis nach Australien, Madagaskar etc. Da-her der akute Charakter der Hungersnot von 1866, die im Distrikt von Orissa allein eine Million Men-schen wegraffte. (l.c. 174, 175, 213, 214 und III: "Papers relating to the Famine in Behar", p. 32, 33, wounter den Ursachen der Hungersnot der drain of old stock <Abfluß des alten Vorrats> betont wird. (AusManuskript II.)

(17) Storch nennt letztres Circulation factice <künstliche Zirkulation>.

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(18) Ricardo zitiert Say, der es als eine Segnung des Handels betrachtet, daß er durch die Transportkostendie Produkte verteuert oder ihren Wert erhöht. "Der Handel", sagt Say, "befähigt uns, eine Ware an ihremUrsprungsort zu erlangen und sie nach einem andren Konsumtionsort zu transportieren; er befähigt unsdaher, den Wert der Ware zu vermehren um die ganze Differenz zwischen ihrem Preise am ersten Ort unddem am zweiten." Ricardo bemerkt hierzu: "Richtig, wie aber wird ihr der zusätzliche Wert gegeben?Indem man erstens zu den Produktionskosten die Ausgaben für den Transport, zweitens den Profit auf dieKapitalvorschüsse hinzufügt, die der Kaufmann geleistet hat. Die Ware ist nur aus den gleichen Gründenwertvoller, aus denen jede andere Ware wertvoller werden kann, weil mehr Arbeit auf ihre Produktionund ihren Transport verwandt worden ist, bevor sie vom Konsumenten gekauft wird. Dies darf man nichtals einen der Vorteile des Handels bezeichnen." (Ricardo, "Principles of Pol. Econ.", 3rd ed., London1821, p. 309, 310.)

(19) "Royal Commission on Railways", p .31, Nr. 630.

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Der Umschlag des Kapitals

Umschlagszeit und Umschlagszahl

<154> Man hat gesehn: Die gesamte Zirkulationszeit eines gegebnen Kapitals ist gleich der Summe sei-ner Umlaufszeit und seiner Produktionszeit. Es ist der Zeitabschnitt von dem Augenblick des Vorschussesdes Kapitalwerts in einer bestimmten Form bis zur Rückkehr des prozessierenden Kapitalwerts in dersel-ben Form.

Der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion ist stets Verwertung des vorgeschoßnen Werts,ob dieser Wert nun in seiner selbständigen Form, d.h. in der Geldform vorgeschossen sei, oder in Ware,so daß seine Wertform im Preis der vorgeschoßnen Waren nur ideelle Selbständigkeit besitzt. In beidenFällen durchläuft dieser Kapitalwert während seines Kreislaufs verschiedne Existenzformen. Seine Iden-tität mit sich selbst wird konstatiert in den Büchern des Kapitalisten oder in der Form des Rechengelds.

Ob wir die Form G ... G´ nehmen oder die Form P ... P, beide Formen schließen ein, 1. daß der vorge-schoßne Wert als Kapitalwert fungiert und sich verwertet hat; 2. daß er zu der Form, worin er seinen Pro-zeß begann, nach Beschreibung desselben zurückgekehrt ist. Die Verwertung des vorgeschoßnen Werts Gund zugleich die Rückkehr des Kapitals zu dieser Form (der Geldform) ist handgreiflich sichtbar in G ...G´. Aber dasselbe findet in der zweiten Form statt. Denn der Ausgangspunkt von P ist das Vorhandenseinder Produktionselemente, Waren von gegebnem Wert. Die Form schließt die Verwertung dieses Werts ein(W´ und G´) und die Rückkehr zu der ursprünglichen Form, denn im zweiten P besitzt der vorgeschoßneWert wieder die Form der Produktionselemente, worin er ursprünglich vorgeschossen war.

<155> Man hat früher gesehn: "Hat die Produktion kapitalistische Form, so die Reproduktion. Wie in derkapitalistischen Produktionsweise der Arbeitsprozeß nur als ein Mittel für den Verwertungsprozeß er-scheint, so die Reproduktion nur als ein Mittel, den vorgeschoßnen Wert als Kapital zu reproduzieren,d.h. als sich verwertenden Wert." (Buch I, Kap. XXI, S. 588. <Siehe Band 23, S. 591>)

Die drei Formen I) G ... G´, II) P ... P und III) W´... W´ unterscheiden sich dadurch: In Form II (P ... P) istdie Wiedererneurung des Prozesses, der Reproduktionsprozeß, als wirklich, in Form I aber nur der Mög-lichkeit nach ausgedrückt. Aber beide unterscheiden sich dadurch von Form III, daß der vorgeschoßneKapitalwert - sei es als Geld, sei es in der Gestalt der stofflichen Produktionselemente - den Ausgangs-punkt bildet und daher auch den Punkt der Rückkehr. In G ... G´ ist die Rückkehr G´ = G + g. Wird derProzeß auf derselben Stufenleiter erneuert, so bildet G wieder den Ausgangspunkt und g geht nicht in ihnein, sondern zeigt uns nur, daß G sich als Kapital verwertet und daher einen Mehrwert g erzeugt, aber vonsich abgestoßen hat. In der Form P ... P bildet der in der Form der Produktionselemente P vorgeschoßneKapitalwert ebenfalls den Ausgangspunkt Die Form schließt seine Verwertung ein. Findet einfache Re-produktion statt, so fängt derselbe Kapitalwert, in derselben Form P, seinen Prozeß von neuem an. FindetAkkumulation statt, so eröffnet P´ (der Wertgröße nach W´) jetzt als vergrößerter Kapitalwert den Prozeß.Aber er beginnt wieder mit dem vorgeschoßnen Kapitalwert in der anfänglichen Form, wenn auch mitgrößrem Kapitalwert als vorher. Dagegen in Form III beginnt der Kapitalwert nicht als vorgeschoßner denProzeß, sondern als bereits verwerteter, als der gesamte in der Form von Waren befindliche Reichtum,wovon der vorgeschoßne Kapitalwert nur ein Teil. Die letztre Form ist wichtig für den dritten Abschnitt,wo die Bewegung der Einzelkapitale im Zusammenhang mit der Bewegung des gesellschaftlichen Ge-samtkapitals aufgefaßt wird. Sie ist dagegen nicht zu benutzen für den Umschlag des Kapitals, der stetsbeginnt mit dem Vorschuß von Kapitalwert, sei es in Form von Geld oder Ware, und stets die Rückkehrdes kreisenden Kapitalwerts bedingt in der Form, worin er vorgeschossen war. Von den Kreisläufen I undII ist der erstre festzuhalten, soweit hauptsächlich der Einfluß des Umschlags auf Mehrwertbildung insAuge gefaßt wird; der zweite, so weit sein Einfluß auf Produktbildung.

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So wenig die Ökonomen die verschiednen Formen der Kreisläufe geschieden, so wenig haben sie diesel-ben mit Bezug auf den Umschlag des <156> Kapitals getrennt betrachtet. Gewöhnlich wird die Form G ...G´ genommen, weil sie den einzelnen Kapitalisten beherrscht und ihm bei seiner Rechnung dient, selbstwenn das Geld nur in der Gestalt des Rechengelds Ausgangspunkt bildet. Andre gehn von der Auslage inForm der Produktionselemente aus, bis Rückfluß erfolgt, wobei von der Form des Rückflusses, ob in Wa-re oder Geld, gar nicht die Rede. Z.B.:

"Der ökonomische Zyklus, ... d.h. der ganze Verlauf der Produktion, von der Zeit, wo die Auslage ge-macht wird, bis der Rückfluß erfolgt ist." (Economic Cycle, ... the whole course of production, from thetime that outlays are made till returns are received. In agriculture seedtime is its commencement, andharvesting its ending. <... Im Ackerbau ist die Zeit der Aussaat sein Anfang und die Ernte sein Ende.> - S.P. Newman, "Elements of Pol. Econ.", Andover and New York, p. 81.)

Andre beginnen mit W´ (III. Form):

"Die Welt des Produktionsverkehrs kann angesehn werden als umlaufend in einem Kreise, den wir einenökonomischen Zyklus nennen wollen, und worin sie je einen Umlauf vollbracht hat, sobald das Geschäft,nach Vollzug seiner sukzessiven Transaktionen, wieder ankommt bei dem Punkt, wovon es ausgegangen.Der Anfang kann datiert werden von dem Punkt, wo der Kapitalist die Eingänge erhalten hat, vermittelstderen ihm sein Kapital zurückfließt; von welchem Punkt an er von neuem dazu schreitet, seine Arbeiteranzuwerben und ihnen ihren Unterhalt, oder vielmehr die Macht, ihn anzuschaffen, in Arbeitslohn auszu-teilen; von ihnen die Artikel fertiggestellt zu erhalten, in denen er macht; diese Artikel auf den Markt zubringen und dort den Kreislauf dieser einen Reihe von Bewegungen zum Abschluß zu bringen, indem erverkauft und im Erlös der Ware eine Wiedererstattung seiner ganzen Kapitalauslage empfängt." Th.Chalmers, "On Pol. Econ.", 2nd ed., Glasgow 1832, p. 85.)

Sobald der gesamte Kapitalwert, den ein individueller Kapitalist in einem beliebigen Produktionszweiganlegt, den Kreislauf seiner Bewegung beschrieben hat, befindet er sich wieder in seiner Anfangsformund kann nun denselben Prozeß wiederholen. Er muß ihn wiederholen, soll der Wert sich als Kapitalwertverewigen und verwerten. Der einzelne Kreislauf bildet im Leben des Kapitals nur einen Abschnitt, dersich beständig wiederholt, also eine Periode. Am Abschluß der Periode G ... G´ befindet sich das Kapitalwieder in der Form des Geldkapitals, das die Reihe der Formverwandlungen, worin sein Reproduktions-resp. Verwertungsprozeß einbegriffen ist, von neuem durchläuft. Beim Abschluß der Periode P ... P be-findet das Kapital sich wieder in der Form der Produktionselemente, welche die Voraussetzung seineserneuerten Kreislaufs bilden. Der Kreislauf des Kapitals, nicht als vereinzelter Vorgang, sondern als peri-odischer Prozeß <157> bestimmt, heißt sein Umschlag. Die Dauer dieses Umschlags ist gegeben durchdie Summe seiner Produktionszeit und seiner Umlaufszeit. Diese Zeitsumme bildet die Umschlagszeit desKapitals. Sie mißt daher den Zwischenraum zwischen einer Kreislaufsperiode des gesamten Kapitalwertsund der nächstfolgenden; die Periodizität im Lebensprozeß des Kapitals, oder wenn man will, die Zeit derErneuerung, Wiederholung des Verwertungs- resp. Produktionsprozesses desselben Kapitalwerts.

Abgesehn von den individuellen Abenteuern, die für ein einzelnes Kapital die Umschlagszeit beschleuni-gen oder abkürzen mögen, ist die Umschlagszeit der Kapitale verschieden je nach ihren verschiednenAnlagesphären.

Wie der Arbeitstag die natürliche Maßeinheit für die Funktion der Arbeitskraft, bildet das Jahr die natürli-che Maßeinheit für die Umschläge des prozessierenden Kapitals. Die Naturbasis dieser Maßeinheit liegtdarin, daß die wichtigsten Erdfrüchte der gemäßigten Zone, welche das Mutterland der kapitalistischenProduktion ist, jährliche Produkte sind.

Nennen wir das Jahr als Maßeinheit der Umschlagszeit U, die Umschlagszeit eines bestimmten Kapitalsu, die Anzahl seiner Umschläge n, so ist n = U/u. Beträgt also z.B. die Umschlagszeit u 3 Monate, so n =12/4; das Kapital vollzieht 4 Umschläge im Jahr oder schlägt viermal um. Ist u = 18 Monate, so n 12/18 =

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2/3 oder das Kapital legt in einem Jahr nur 2/3 seiner Umschlagszeit zurück. Beträgt seine Umschlagszeitmehrere Jahre, so wird sie also nach Vielfachen eines Jahres berechnet.

Für den Kapitalisten ist die Umschlagszeit seines Kapitals die Zeit, wahrend deren er sein Kapital vor-schießen muß, um es zu verwerten und in der ursprünglichen Gestalt zurückzuerhalten.

Bevor wir den Einfluß des Umschlags auf den Produktions- und Verwertungsprozeß näher untersuchen,sind zwei neue Formen zu betrachten, die dem Kapital aus dem Zirkulationsprozeß anschießen und aufdie Form seines Umschlags einwirken.

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Fixes Kapital und zirkulierendes Kapital

1. Die Formunterschiede

<158> Man sah Buch I, Kap. VII <Siehe Band 23, S. 218>: Ein Teil des konstanten Kapitals behält diebestimmte Gebrauchsform, worin es in den Produktionsprozeß eingeht, gegenüber den Produkten, zuderen Bildung es beiträgt. Es verrichtet also während einer kürzern oder längern Periode in stets wieder-holten Arbeitsprozessen stets wieder dieselben Funktionen. So z.B. Arbeitsgebäude, Maschinen etc., kurzalles, was wir unter der Bezeichnung Arbeitsmittel zusammenfassen. Dieser Teil des konstanten Kapitalsgibt Wert an das Produkt ab im Verhältnis, worin er mit seinem eignen Gebrauchswert seinen eignenTauschwert verliert. Diese Wertabgabe oder dies Übergehn des Werts eines solchen Produktionsmittelsauf das Produkt, zu dessen Bildung es mitwirkt, wird bestimmt durch eine Durchschnittsrechnung; eswird gemessen durch die Durchschnittsdauer seiner Funktion von dem Augenblick, worin das Produkti-onsmittel in den Produktionsprozeß eingeht, bis zu dem Augenblick, wo es ganz abgenutzt, verstorben ist,und durch ein neues Exemplar derselben Art ersetzt oder reproduziert werden muß.

Das Eigentümliche dieses Teils des konstanten Kapitals - der eigentlichen Arbeitsmittel - ist also dies:

Ein Teil des Kapitals ist in der Form von konstantem Kapital, d.h. von Produktionsmitteln vorgeschossenworden, die nun als Faktoren des Arbeitsprozesses fungieren, solange die selbständige Gebrauchsgestaltausdauert, mit der sie in denselben eintreten. Das fertige Produkt, also auch die Produktbildner, soweit siein Produkt verwandelt worden, wird aus dem Produktionsprozeß abgestoßen, um als Ware aus der Pro-duktionssphäre in die Zirkulationssphäre überzugehn. Die Arbeitsmittel dagegen verlassen nie die <159>Produktionssphäre, nachdem sie einmal in dieselbe eingetreten sind. Ihre Funktion bannt sie darin fest.Ein Teil des vorgeschoßnen Kapitalwerts ist in diese, durch die Funktion der Arbeitsmittel im Prozeßbestimmte Form fixiert. Mit der Funktion und daher der Abnutzung des Arbeitsmittels geht ein Teil seinesWerts auf das Produkt über, ein andrer bleibt fixiert im Arbeitsmittel und daher im Produktionsprozeß.Der so fixierte Wert nimmt beständig ab, bis das Arbeitsmittel ausgedient und daher auch sein Wert sichin einer längern oder kürzern Periode über eine Masse von Produkten verteilt hat, die aus einer Reihebeständig wiederholter Arbeitsprozesse hervorgehn. Solange es aber noch als Arbeitsmittel wirksam ist,also nicht durch ein neues Exemplar derselben Art ersetzt werden muß, bleibt stets konstanter Kapitalwertin ihm fixiert, während ein andrer Teil des ursprünglich in ihm fixierten Werts auf das Produkt übergehtund daher als Bestandteil des Warenvorrats zirkuliert. Je länger das Arbeitsmittel ausdauert, je langsameres verschleißt, desto länger bleibt der konstante Kapitalwert in dieser Gebrauchsform fixiert. Welchesaber immer der Grad seiner Dauerhaftigkeit, die Proportion, worin es Wert abgibt, steht immer im umge-kehrten Verhältnis zu seiner gesamten Funktionszeit. Wenn von zwei Maschinen von gleichem Wert dieeine in fünf Jahren verschleißt, die andre in zehn, so gibt die erste in gleichem Zeitraum doppelt sovielWert ab wie die zweite.

Dieser im Arbeitsmittel fixierte Teil des Kapitalwerts zirkuliert so gut wie jeder andre. Wir haben über-haupt gesehn, daß der ganze Kapitalwert in beständiger Zirkulation begriffen und in diesem Sinn daheralles Kapital zirkulierendes Kapital ist. Aber die Zirkulation des hier betrachteten Kapitalteils ist eigen-tümlich. Erstens zirkuliert er nicht in seiner Gebrauchsform, sondern nur sein Wert zirkuliert, und zwarallmählich, bruchweis, im Maß, wie er von ihm auf das Produkt übergeht, das als Ware zirkuliert. Wäh-rend seiner ganzen Funktionsdauer bleibt ein Teil seines Werts stets in ihm fixiert, selbständig gegenüberden Waren, die es produzieren hilft. Durch diese Eigentümlichkeit erhält dieser Teil des konstanten Ka-pitals die Form: Fixes Kapital. Alle andern stofflichen Bestandteile des im Produktionsprozeß vorge-schoßnen Kapitals dagegen bilden im Gegensatz dazu: Zirkulierendes oder flüssiges Kapital.

Ein Teil der Produktionsmittel - solche Hilfsstoffe nämlich, die von den Arbeitsmitteln selbst währendihrer Funktion konsumiert werden, wie Kohle von der Dampfmaschine; oder die nur den Vorgang unter-

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stützen, wie Leuchtgas etc. - gehn nicht stofflich in das Produkt ein. Nur ihr Wert bildet einen Teil desProduktwerts. In seiner eignen Zirkulation zirkuliert das Produkt ihren Wert. Dies haben sie gemein mitdem fixen Kapital. Aber in <160> jedem Arbeitsprozeß, worin sie eingehn, werden sie ganz konsumiertund müssen also für jeden neuen Arbeitsprozeß ganz ersetzt werden durch neue Exemplare derselben Art.Sie bewahren nicht ihre selbständige Gebrauchsgestalt während ihrer Funktion. Es bleibt also auch wäh-rend ihrer Funktion kein Teil des Kapitalwerts in ihrer alten Gebrauchsgestalt, ihrer Naturalform fixiert.Der Umstand, daß dieser Teil der Hilfsstoffe nicht stofflich in das Produkt, sondern nur seinem Wert nachals Wertteil in den Produktenwert eingeht, und das damit Zusammenhängende, daß die Funktion dieserStoffe innerhalb der Produktionssphäre festgebannt ist, hat Ökonomen wie Ramsay (bei gleichzeitigerVerwechslung von fixem und konstantem Kapital) verleitet, die Kategorie des fixen Kapitals auf sie an-zuwenden. <Siehe Band 26, 3. Teil, S. 323 - 325>

Der Teil der Produktionsmittel, der stofflich in das Produkt eingeht, also Rohstoff etc., erhält dadurchzum Teil Formen, worin er später als Genußmittel in die individuelle Konsumtion eingehn kann. Die ei-gentlichen Arbeitsmittel, die stofflichen Träger des fixen Kapitals, werden nur produktiv verzehrt undkönnen nicht in die individuelle Konsumtion eingehn, weil sie nicht in das Produkt oder den Gebrauchs-wert eingehn, den sie bilden helfen, vielmehr ihm gegenüber ihre selbständige Gestalt bis zu ihrem völli-gen Verschleiß bewahren. Eine Ausnahme bilden Transportmittel. Der Nutzeffekt, den sie während ihrerproduktiven Funktion, also während ihres Aufenthalts in der Produktionssphäre hervorbringen, die Orts-veränderung, geht gleichzeitig in die individuelle Konsumtion, z.B. des Reisenden, ein. Er zahlt den Ge-brauch dann auch, wie er den Gebrauch andrer Konsumtionsmittel zahlt. Man hat gesehn, daß z.B. in derchemischen Fabrikation Rohmaterial und Hilfsstoffe ineinander verschwimmen. <Siehe Band 23, S. 196>So auch Arbeitsmittel und Hilfsstoff und Rohmaterial. So gehn im Ackerbau z.B. die in Bodenmelioratio-nen zugesetzten Stoffe zum Teil als Produktbildner in das Pflanzenprodukt ein. Andrerseits ist ihre Wir-kung über eine längre Periode, z.B. 4 - 5 Jahre verteilt. Ein Teil derselben geht daher stofflich in das Pro-dukt ein und überträgt damit zugleich seinen Wert auf das Produkt, während ein andrer Teil in seiner altenGebrauchsform auch seinen Wert fixiert. Er dauert fort als Produktionsmittel und erhält daher die Formvon fixem Kapital. Als Arbeitsvieh ist ein Ochse fixes Kapital. Wird er gegessen, so fungiert er nicht alsArbeitsmittel, also auch nicht als fixes Kapital.

Die Bestimmung, die einem Teil des in Produktionsmitteln ausgelegten Kapitalwerts den Charakter desfixen Kapitals gibt, liegt ausschließlich in <161> der eigentümlichen Weise, worin dieser Wert zirkuliert.Diese eigne Weise der Zirkulation entspringt aus der eignen Weise, worin das Arbeitsmittel seinen Wertan das Produkt abgibt, oder sich als Wertbildner während des Produktionsprozesses verhält. Und dieseselbst wieder entspringt aus der besondren Art der Funktion der Arbeitsmittel im Arbeitsprozeß.

Man weiß, daß derselbe Gebrauchswert, der als Produkt aus dem einen Arbeitsprozeß herauskommt, alsProduktionsmittel in den andren eingeht. Nur die Funktion eines Produkts als Arbeitsmittel im Produkti-onsprozeß macht es zu fixem Kapital. Soweit es dagegen selbst erst aus einem Prozesse herauskommt, istes keineswegs fixes Kapital. Z.B. eine Maschine, als Produkt resp. Ware des Maschinenfabrikanten, ge-hört zu seinem Warenkapital. Fixes Kapital wird sie erst in der Hand ihres Käufers, des Kapitalisten, dersie produktiv anwendet.

Alle andren Umstände gleichgesetzt, wächst der Grad der Fixität mit der Dauerbarkeit des Arbeitsmittels.Von dieser Dauerbarkeit hängt nämlich die Größe der Differenz ab zwischen dem in Arbeitsmitteln fi-xierten Kapitalwert und dem Teil dieser Wertgröße, den es in wiederholten Arbeitsprozessen an das Pro-dukt abgibt. Je langsamer diese Wertabgabe stattfindet - und Wert wird abgegeben vom Arbeitsmittel beijeder Wiederholung desselben Arbeitsprozesses -, um so größer das fixierte Kapital, um so größer dieDifferenz zwischen dem im Produktionsprozeß angewandten und dem in ihm konsumierten Kapital. So-bald diese Differenz verschwunden ist, hat das Arbeitsmittel ausgelebt und mit seinem Gebrauchswertseinen Wert verloren. Es hat aufgehört, Wertträger zu sein. Da das Arbeitsmittel, wie jeder andre stoffli-che Träger von konstantem Kapital, nur Wert an das Produkt abgibt in dem Maß, worin es mit seinemGebrauchswert seinen Wert verliert, so ist es klar, daß je langsamer sein Gebrauchswert verlorengeht, je

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länger es im Produktionsprozeß ausdauert, um so länger die Periode, worin konstanter Kapitalwert in ihmfixiert bleibt.

Verhält sich ein Produktionsmittel, welches kein Arbeitsmittel im eigentlichen Sinne ist, z.B. Hilfsstoff,Rohmaterial, Halbfabrikat etc., mit Bezug auf Wertabgabe und daher auf Zirkulationsweise seines Werts,wie die Arbeitsmittel, so ist es ebenfalls stofflicher Träger, Existenzform von fixem Kapital. Dies ist derFall bei solchen schon erwähnten Bodenmeliorationen, welche dem Boden chemische Bestandteile zuset-zen, deren Wirkung sich auf mehrere Produktionsperioden oder Jahre erstreckt. Hier existiert noch einTeil des Werts neben dem Produkt in seiner selbständigen Gestalt fort oder in Gestalt von fixem Kapital,während ein andrer Wertteil an das Produkt abgegeben ist und daher mit ihm zirkuliert. In diesem Fallegeht nicht <162> nur ein Wertteil des fixen Kapitals in das Produkt ein, sondern auch der Gebrauchswert,die Substanz, worin dieser Wertteil existiert.

Abgesehn von dem Grundirrtum - der Verwechslung der Kategorien: fixes und zirkulierendes Kapital, mitden Kategorien: konstantes und variables Kapital -, beruht die Konfusion in der bisherigen Begriffsbe-stimmung bei den Ökonomen zunächst auf folgenden Punkten:

Man macht bestimmte Eigenschaften, die den Arbeitsmitteln stofflich zukommen, zu unmittelbaren Ei-genschaften des fixen Kapitals, z.B. die physische Unbeweglichkeit, etwa eines Hauses. Es ist dann stetsleicht nachzuweisen, daß andre Arbeitsmittel, die als solche auch fixes Kapital sind, die entgegengesetzteEigenschaft haben, z.B. die physische Beweglichkeit, etwa eines Schiffs.

Oder man verwechselt die ökonomische Formbestimmtheit, die aus der Zirkulation des Werts hervorgeht,mit einer dinglichen Eigenschaft; als ob Dinge, die an sich überhaupt nicht Kapital sind, sondern es nur inbestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen werden, an sich und von Natur schon Kapital in einer be-stimmten Form, fixes oder zirkulierendes, sein könnten. Wir sahen Buch I, Kap. VI <Siehe Band 23, S.192 - 196>, daß die Produktionsmittel in jedem Arbeitsprozeß, einerlei unter welchen gesellschaftlichenBedingungen er vorgeht, sich einteilen in Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand. Aber erst innerhalb derkapitalistischen Produktionsweise werden beide zu Kapital, und zwar zu "produktivem Kapital", wie esim vorigen Abschnitt bestimmt. Damit spiegelt sich der in der Natur des Arbeitsprozesses begründeteUnterschied von Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand wider in der neuen Form des Unterschieds vonfixem Kapital und zirkulierendem Kapital. Erst hiermit wird ein Ding, das als Arbeitsmittel fungiert, fixesKapital. Kann es seinen stofflichen Eigenschaften nach auch in andren Funktionen als der des Arbeit s-mittels dienen, so ist es fixes Kapital oder nicht, je nach Verschiedenheit seiner Funktion. Vieh als Ar-beitsvieh ist fixes Kapital; als Mastvieh ist es Rohmaterial, das schließlich als Produkt in die Zirkulationtritt, also nicht fixes, sondern zirkulierendes Kapital.

Das bloße längre Fixiertsein eines Produktionsmittels in wiederholten Arbeitsprozessen, die aber zusam-menhängen, kontinuierlich sind und daher eine Produktionsperiode bilden - d.h. die gesamte Produktions-zeit, die nötig ist, um das Produkt fertigzumachen -, bedingt ganz wie fixes Kapital längern oder kürzernVorschuß für den Kapitalisten, macht aber nicht sein Kapital zu fixem Kapital. Samen z.B. ist kein fixesKapital, sondern nur <163> Rohmaterial, das während ungefähr eines Jahres im Produktionsprozeß fixiertist. Alles Kapital, solange es als produktives Kapital fungiert, ist im Produktionsprozeß fixiert, also auchalle Elemente des produktiven Kapitals, welches immer ihre stoffliche Gestalt, ihre Funktion und die Zir-kulationsweise ihres Werts. Ob, je nach der Art des Produktionsprozesses oder dem bezweckten Nutzef-fekt, dies Fixiertsein länger oder kürzer dauert, bewirkt nicht den Unterschied von fixem und zirkulieren-dem Kapital.

Ein Teil der Arbeitsmittel, worin die allgemeinen Arbeitsbedingungen eingeschlossen, wird entwederörtlich befestigt, sobald er als Arbeitsmittel in den Produktionsprozeß eintritt, resp. zur produktivenFunktion bereitgemacht wird, wie z.B. Maschinen. Oder er wird von vornherein in dieser stehenden, anden Ort gebundnen Form produziert, wie z.B. Bodenmeliorationen, Fabrikgebäude, Hochöfen, Kanäle,Eisenbahnen usw. Das fortwährende Gebundensein des Arbeitsmittels an den Produktionsprozeß, inner-

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halb dessen es fungieren soll, ist hier zugleich durch ihre sinnliche Existenzweise bedingt. Andrerseitskann ein Arbeitsmittel physisch beständig den Ort verändern, sich bewegen, und dennoch beständig sichim Produktionsprozeß befinden, wie eine Lokomotive, ein Schiff, Arbeitsvieh etc. Weder gibt ihm, indem einen Fall, die Unbeweglichkeit den Charakter des fixen Kapitals, noch nimmt ihm, in dem andern,die Beweglichkeit diesen Charakter. Der Umstand jedoch, daß Arbeitsmittel lokal fixiert sind, mit ihrenWurzeln im Grund und Boden feststecken, weist diesem Teil des fixen Kapitals eine eigne Rolle in derÖkonomie der Nationen zu. Sie können nicht ins Ausland geschickt werden, nicht als Waren auf demWeltmarkt zirkulieren. Die Eigentumstitel an diesem fixen Kapital können wechseln, es kann gekauft undverkauft werden und sofern ideell zirkulieren. Diese Eigentumstitel können sogar auf fremden Märktenzirkulieren, z.B. in der Form von Aktien. Aber durch den Wechsel der Personen, welche Eigentümer die-ser Art von fixem Kapital sind, wechselt nicht das Verhältnis des stehenden, materiell fixierten Teils desReichtums in einem Land zu dem beweglichen Teil desselben.

Die eigentümliche Zirkulation des fixen Kapitals ergibt einen eigentümlichen Umschlag. Der Wertteil,den es in seiner Naturalform durch Abnutzung verliert, zirkuliert als Wertteil des Produkts. Das Produktverwan- <164> delt sich durch seine Zirkulation aus Ware in Geld; also auch der vom Produkt zirkulierteWertteil des Arbeitsmittels, und zwar tropft sein Wert aus dem Zirkulationsprozeß als Geld nieder, inderselben Proportion, worin dies Arbeitsmittel aufhört, Wertträger im Produktionsprozeß zu sein. SeinWert erhält also jetzt Doppelexistenz. Ein Teil desselben bleibt an seine, dem Produktionsprozeß angehö-rige, Gebrauchs- oder Naturalform gebunden, ein andrer Teil löst sich von ihr ab als Geld. Im Verlaufseiner Funktion nimmt der in der Naturalform existierende Wertteil des Arbeitsmittels beständig ab, wäh-rend sein in Geldform umgesetzter Wertteil beständig zunimmt, bis es schließlich ausgelebt hat und seinGesamtwert, von seiner Leiche getrennt, in Geld verwandelt ist. Hier zeigt sich die Eigentümlichkeit imUmschlag dieses Elements des produktiven Kapitals. Die Verwandlung seines Werts in Geld geht gle i-chen Schritt mit der Geldverpuppung der Ware, die sein Wertträger ist. Aber seine Rückverwandlung ausGeldform in Gebrauchsform trennt sich von der Rückverwandlung der Ware in ihre sonstigen Produkti-onselemente und ist vielmehr bestimmt durch seine eigne Reproduktionsperiode, d.h. durch die Zeit, wäh-rend deren das Arbeitsmittel sich verlebt hat und durch ein andres Exemplar derselben Art ersetzt werdenmuß. Beträgt die Funktionsdauer einer Maschine, sage zum Wert von 10.000 Pfd.St., z.B. 10 Jahre, sobeträgt die Umschlagszeit des in ihr ursprünglich vorgeschoßnen Werts 10 Jahre. Vor Ablauf dieser Zeitist sie nicht zu erneuern, sondern wirkt in ihrer Naturalform fort. Ihr Wert zirkuliert unterdes stückweisals Wertteil der Waren, zu deren kontinuierlicher Produktion sie dient, und wird so allmählich in Geldumgesetzt, bis er schließlich am Ende der 10 Jahre ganz in Geld verwandelt und aus Geld in eine Maschi-ne rückverwandelt worden ist, also seinen Umschlag vollzogen hat. Bis zum Eintritt dieser Reprodukti-onszeit wird ihr Wert allmählich zunächst in der Form eines Geldreservefonds akkumuliert.

Die übrigen Elemente des produktiven Kapitals bestehn teils aus den in Hilfsstoffen und Rohstoffen exi-stierenden Elementen des konstanten Kapitals, teils aus variablem, in Arbeitskraft ausgelegtem.

Die Analyse des Arbeits- und Verwertungsprozesses (Buch I, Kap. V) zeigte, daß diese verschiednenBestandteile sich als Produktbildner und Wertbildner ganz verschieden verhalten. Der Wert des aus Hilfs-stoffen und Rohstoffen bestehenden Teils des konstanten Kapitals - ganz wie der Wert seines aus Ar-beitsmitteln bestehenden Teils - erscheint wieder im Wert des Produkts als nur übertragner Wert, währenddie Arbeitskraft vermittelst des Arbeitsprozesses dem Produkt ein Äquivalent ihres Werts zusetzt oderihren Wert wirklich reproduziert. Ferner: Ein Teil der Hilfsstoffe, <165> Heizkohlen, Leuchtgas usw.wird im Arbeitsprozeß aufgezehrt, ohne stofflich in das Produkt einzugehn, während ein andrer Teil der-selben körperlich in das Produkt eingeht und das Material seiner Substanz bildet. Alle diese Verschieden-heiten sind jedoch gleichgültig für die Zirkulation und daher für die Umschlagsweise. Soweit Hilfs- undRohstoffe ganz verzehrt werden in der Bildung ihres Produkts, übertragen sie ihren ganzen Wert auf dasProdukt. Er wird daher auch ganz durch das Produkt zirkuliert, verwandelt sich in Geld und aus Geldzurück in die Produktionselemente der Ware. Sein Umschlag wird nicht unterbrochen, wie der des fixenKapitals, sondern durchläuft fortwährend den ganzen Kreislauf seiner Formen, so daß diese Elemente desproduktiven Kapitals beständig in natura erneuert werden.

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Was den variablen, in Arbeitskraft ausgelegten Bestandteil des produktiven Kapitals betrifft: Die Arbeits-kraft wird für eine bestimmte Zeitfrist gekauft. Sobald der Kapitalist sie gekauft und dem Produktions-prozeß einverleibt hat, bildet sie einen Bestandteil seines Kapitals, und zwar dessen variablen Bestandteil.Sie wirkt täglich während eines Zeitraums, worin sie nicht nur ihren ganzen Tageswert, sondern nocheinen überschüssigen Mehrwert, von dem wir hier zunächst absehn, dem Produkt zusetzt. Nachdem dieArbeitskraft, für eine Woche z.B., gekauft ist und gewirkt hat, muß der Kauf beständig in den gewohn-heitsmäßigen Terminen erneuert werden. Das Äquivalent ihres Werts, das die Arbeitskraft während ihrerFunktion dem Produkt zusetzt und das mit der Zirkulation des Produkts in Geld verwandelt wird, muß ausGeld beständig in Arbeitskraft rückverwandelt werden oder beständig den vollständigen Kreislauf seinerFormen beschreiben, d h. umschlagen, wenn der Kreislauf der kontinuierlichen Produktion nicht unter-brochen werden soll.

Der in Arbeitskraft vorgeschoßne Wertteil des produktiven Kapitals geht also ganz auf das Produkt über(wir sehn hier fortwährend vom Mehrwert ab), beschreibt mit ihm die beiden der Zirkulationssphäre an-gehörigen Metamorphosen und bleibt durch diese beständige Erneuerung stets dem Produktionsprozeßeinverleibt. Wie verschieden die Arbeitskraft sich also auch sonst, mit Bezug auf die Wertbildung, zu denkein fixes Kapital bildenden Bestandteilen des konstanten Kapitals verhält, diese Art des Umschlags ihresWerts hat sie mit ihnen gemein im Gegensatz zum fixen Kapital. Diese Bestandteile des produktiven Ka-pitals - die in Arbeitskraft und in nicht fixes Kapital bildenden Produktionsmitteln ausgelegten Wertteiledesselben - stehn durch diesen ihren gemeinschaftlichen Charakter des Umschlags dem fixen Kapital alszirkulierendes oder flüssiges Kapital gegenüber.

<166> Wie man früher sah <Siehe Band 23, S. 181 - 191>, ist das Geld, welches der Kapitalist dem Ar-beiter für den Gebrauch der Arbeitskraft zahlt, in der Tat nur die allgemeine Äquivalentform für die not-wendigen Lebensmittel des Arbeiters. Insofern besteht das variable Kapital stofflich aus Lebensmitteln.Aber hier, bei Betrachtung des Umschlags, handelt es sich um die Form. Was der Kapitalist kauft, sindnicht die Lebensmittel des Arbeiters, sondern seine Arbeitskraft selbst. Was den variablen Teil seinesKapitals bildet, sind nicht die Lebensmittel des Arbeiters, sondern seine sich betätigende Arbeitskraft.Was der Kapitalist produktiv im Arbeitsprozeß konsumiert, ist die Arbeitskraft selbst und nicht die Le-bensmittel des Arbeiters. Es ist der Arbeiter selbst, der das für seine Arbeitskraft erhaltne Geld in Le-bensmittel umsetzt, um sie in Arbeitskraft rückzuverwandeln, um sich am Leben zu erhalten, ganz wiez.B. der Kapitalist einen Teil des Mehrwerts der Ware, die er für Geld verkauft, in Lebensmittel für sichselbst umsetzt, ohne daß man deswegen sagen wird, daß der Käufer seiner Ware ihn in Lebensmittelnzahlt. Selbst wenn dem Arbeiter ein Teil seines Lohns in Lebensmitteln, in natura, gezahlt wird, so istdies heutzutage eine zweite Transaktion. Er verkauft seine Arbeitskraft für einen bestimmten Preis, und eswird dabei akkordiert, daß er einen Teil dieses Preises in Lebensmitteln erhält. Es ändert dies nur dieForm der Zahlung, aber nicht, daß das, was er wirklich verkauft, seine Arbeitskraft ist. Es ist eine zweiteTransaktion, die nicht mehr zwischen Arbeiter und Kapitalist, sondern zwischen dem Arbeiter als Käufervon Ware und dem Kapitalisten als Verkäufer von Ware vorgeht; während in der ersten Transaktion derArbeiter Verkäufer von Ware (seiner Arbeitskraft) und der Kapitalist ihr Käufer ist. Ganz wie wenn derKapitalist seine Ware sich durch Ware, z.B. die Maschine, die er an die Eisenhütte verkauft durch Eisenersetzen läßt. Es sind also nicht die Lebensmittel des Arbeiters welche die Bestimmtheit des flüssigenKapitals im Gegensatz zum fixen Kapital erhalten. Es ist auch nicht seine Arbeitskraft, sondern es ist derin ihr aus gelegte Wertteil des produktiven Kapitals, der durch die Form sein Umschlags diesen Charaktergemeinschaftlich mit einigen, und im Gegensatz zu andren, Bestandteilen des konstanten Kapitalteilserhält.

Der Wert des flüssigen Kapitals - in Arbeitskraft und Produktionsmitteln - ist vorgeschossen nur für dieZeit, während welcher das Produkt fertiggemacht wird, je nach der Stufenleiter der Produktion, welchemit dem Umfang des fixen Kapitals gegeben ist. Dieser Wert geht ganz in das Produkt ein, kehrt alsodurch den Verkauf des Produkts ganz wieder aus der Zirku- <167> lation zurück und kann von neuemvorgeschossen werden. Die Arbeitskraft und die Produktionsmittel, worin der flüssige Kapitalbestandteil

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existiert, werden in dem Umfang, der für die Bildung und den Verkauf des fertigen Produkts nötig ist, derZirkulation entzogen, aber sie müssen beständig durch Rückkauf, durch Rückverwandlung aus der Geld-form in die Produktionselemente, ersetzt und erneuert werden. Sie werden in geringren Massen als dieElemente des fixen Kapitals auf einmal dem Markt entzogen, aber sie müssen ihm um so häufiger wiederentzogen werden, und der Vorschuß des in ihnen ausgelegten Kapitals erneuert sich in kürzren Perioden.Diese beständige Erneuerung ist vermittelt durch den beständigen Umsatz des Produkts, das ihren ge-samten Wert zirkuliert. Sie beschreiben endlich fortwährend den ganzen Kreislauf der Metamorphosen,nicht nur ihrem Wert nach, sondern auch in ihrer stofflichen Form; sie werden beständig rückverwandeltaus Ware in die Produktionselemente derselben Ware.

Mit ihrem eignen Wert setzt die Arbeitskraft dem Produkt beständig Mehrwert zu, die Verkörperung un-bezahlter Arbeit. Dieser wird also ebenso beständig vom fertigen Produkt zirkuliert und in Geld verwan-delt, wie dessen übrige Wertelemente. Hier jedoch, wo es sich zunächst um den Umschlag des Kapital-werts, nicht des gleichzeitig mit ihm umschlagenden Mehrwerts handelt, wird vorderhand von letztremabgesehn.

Aus dem Bisherigen ergibt sich folgendes:

1. Die Formbestimmtheiten von fixem und flüssigem Kapital entspringen nur aus dem verschiednen Um-schlag des im Produktionsprozeß fungierenden Kapitalwerts oder produktiven Kapitals. Diese Verschie-denheit des Umschlags entspringt ihrerseits aus der verschiednen Weise, worin die verschiednen Be-standteile des produktiven Kapitals ihren Wert auf das Produkt übertragen, aber nicht aus ihrem ver-schiednen Anteil an der Produktion des Produktwerts oder ihrem charakteristischen Verhalten im Ver-wertungsprozeß. Die Verschiedenheit der Abgabe des Werts an das Produkt endlich - und daher auch dieverschiedne Weise, worin dieser Wert durch das Produkt zirkuliert und durch dessen Metamorphosen inseiner ursprünglichen Naturalform erneuert wird - entspringt aus der Verschiedenheit der stofflichen Ge-stalten, worin das produktive Kapital existiert, und wovon ein Teil während der Bildung des einzelnenProdukts ganz konsumiert, ein andrer nur allmählich vernutzt wird. Es ist also nur das produktive Kapital,das sich in fixes und flüssiges spalten kann. Dagegen existiert dieser Gegensatz nicht für die beiden and-ren Daseinsweisen des industriellen Kapitals, also weder für das Warenkapital, noch für das Geldkapital,noch als Gegensatz beider gegen das produktive Kapital. Er existiert nur <168> für das produktive Kapi-tal und innerhalb desselben. Geldkapital und Warenkapital mögen noch so sehr als Kapital fungieren undnoch so flüssig zirkulieren, sie können erst dann flüssiges Kapital im Gegensatz zu fixem werden, sobaldsie sich in flüssige Bestandteile des produktiven Kapitals verwandelt. Weil aber diese beiden Formen desKapitals die Zirkulationssphäre behausen, hat sich die Ökonomie seit A. Smith, wie wir sehn werden,verleiten lassen, sie mit dem flüssigen Teil des produktiven Kapitals unter der Kategorie: zirkulierendesKapital zusammenzuwerfen. Sie sind in der Tat Zirkulationskapital im Gegensatz zum produktiven, abersie sind nicht zirkulierendes Kapital im Gegensatz zum fixen.

2. Der Umschlag des fixen Kapitalbestandteils, also auch die dazu nötige Umschlagszeit, umfaßt mehrereUmschläge der flüssigen Kapitalbestandteile. In derselben Zeit, worin das fixe Kapital einmal umschlägt,schlägt das flüssige Kapital mehrmal um. Der eine Wertbestandteil des produktiven Kapitals erhält dieFormbestimmtheit des fixen Kapitals nur, soweit das Produktionsmittel, worin er existiert, nicht in demZeitraum abgenutzt wird, worin das Produkt fertiggemacht und aus dem Produktionsprozeß als Wareabgestoßen wird. Ein Teil seines Werts muß in der alten fortdauernden Gebrauchsform gebunden bleiben,während ein andrer von dem fertigen Produkt zirkuliert wird, dessen Zirkulation dagegen gleichzeitig denGesamtwert der flüssigen Kapitalbestandteile zirkuliert.

3. Der im fixen Kapital ausgelegte Wertteil des produktiven Kapitals ist ganz, auf einmal vorgeschossenworden, für die ganze Funktionsdauer desjenigen Teils der Produktionsmittel, woraus das fixe Kapitalbesteht. Dieser Wert wird also auf einmal vom Kapitalisten in die Zirkulation geworfen; er wird aber derZirkulation nur stückweis und allmählich wieder entzogen durch die Realisierung der Wertteile, die dasfixe Kapital den Waren stückweis zusetzt. Andrerseits: Die Produktionsmittel selbst, worin ein Bestand-

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teil des produktiven Kapitals fixiert wird, werden auf einmal der Zirkulation entzogen, um dem Produkti-onsprozeß für ihre ganze Funktionsdauer einverleibt zu werden, aber sie bedürfen für dieselbe Zeit nichtdes Ersatzes durch neue Exemplare derselben Art, nicht der Reproduktion. Sie fahren während längreroder kürzrer Zeit fort, zur Bildung der in Zirkulation geworfenen Waren beizutragen, ohne selbst der Zir-kulation die Elemente ihrer eignen Erneuerung zu entziehn. Während dieser Zeit erheischen sie also auchihrerseits keine Erneuerung des Vorschusses von seiten des Kapitalisten. Endlich: Der im fixen Kapitalausgelegte Kapitalwert durchläuft den Kreislauf seiner Formen während der Funktionsdauer der Produk-tionsmittel, worin er existiert, nicht stofflich, sondern nur für seinen Wert, und <169> auch das nur teil-weise und allmählich. D.h. ein Teil seines Werts wird fortwährend als Wertteil der Ware zirkuliert und inGeld verwandelt, ohne sich aus Geld in seine ursprüngliche Naturalform rückzuverwandeln. Diese Rück-verwandlung des Gelds in die Naturalform des Produktionsmittels findet erst statt am Schluß seinerFunktionsperiode, wenn das Produktionsmittel gänzlich verbraucht ist.

4. Die Elemente des flüssigen Kapitals sind ebenso beständig im Produktionsprozeß - soll er kontinuier-lich sein - fixiert wie die Elemente des fixen Kapitals. Aber die so fixierten Elemente des erstren werdenbeständig in natura erneuert (die Produktionsmittel durch neue Exemplare derselben Art, die Arbeitskraftdurch stets erneuerten Kauf); während bei den Elementen des fixen Kapitals während ihrer Fortdauerweder sie selbst erneuert werden, noch ihr Kauf zu erneuern ist. Es befinden sich beständig Roh- undHilfsstoffe im Produktionsprozeß, aber immer neue Exemplare derselben Art, nachdem die alten in derBildung des fertigen Produkts verzehrt sind. Es findet sich ebenso beständig Arbeitskraft im Produktions-prozeß, aber nur durch beständige Erneuerung ihres Kaufs, und oft mit Wechsel der Personen. Dagegenfahren dieselben identischen Gebäude, Maschinen etc. fort, während wiederholter Umschläge des flüssi-gen Kapitals in denselben wiederholten Produktionsprozessen zu fungieren.

II. Bestandteile, Ersatz, Reparatur, Akkumulation des fixen Kapitals

In derselben Kapitalanlage haben die einzelnen Elemente des fixen Kapitals eine verschiedne Lebenszeit,daher auch verschiedne Umschlagszeiten. In einer Eisenbahn z.B. haben Schienen, Schwellen, Erdarbei-ten, Bahnhofsgebäude, Brücken, Tunnels, Lokomotiven und Wagen verschiedne Funktionsdauer undReproduktionszeit, also auch das in ihnen vorgeschoßne Kapital verschiedne Umschlagszeiten. Währendeiner langen Reihe von Jahren bedürfen die Gebäude, die Perrons, Wasserbehälter, Viadukte, Tunnels,Bodeneinschnitte und Dämme, kurz, alles was im englischen Eisenbahnwesen als works of art <Kunst-bauten> bezeichnet wird, keiner Erneuerung. Die hauptsächlichsten Gegenstände des Verschleißes sindder Schienenweg und das Transportmaterial (rolling stock).

Ursprünglich, bei der Errichtung der modernen Eisenbahnen, war es vorherrschende Meinung, genährtdurch die ausgezeichnetsten praktischen <170> Ingenieure, daß die Dauer einer Eisenbahn sekulär wäreund der Verschleiß der Schienen so durchaus unmerklich, daß er für alle finanziellen und praktischenZwecke außer acht zu lassen sei; 100 - 150 Jahre wurden als Lebenszeit guter Schienen betrachtet. Esstellte sich aber bald heraus, daß die Lebensdauer einer Schiene, die natürlich von der Geschwindigkeitder Lokomotiven, dem Gewicht und der Anzahl der Züge, der Dicke der Schienen selbst und einer Masseandrer Nebenumstände abhängt, im Durchschnitt 20 Jahre nicht überschritt. In einzelnen Bahnhöfen,Zentren großes Verkehrs, verschleißen die Schienen sogar jedes Jahr. Gegen 1867 fing man an, Stahl-schienen einzuführen, die ungefähr doppelt soviel kosteten wie Eisenschienen, dafür aber mehr als dop-pelt so lange dauern. Die Lebensdauer der Holzschwellen währte 12 - 15 Jahre. Bei dem Betriebsmaterialstellte sich ein bedeutend größrer Verschleiß heraus für Güterwagen als für Passagierwagen. Die Lebens-dauer einer Lokomotive wurde 1867 auf 10 - 12 Jahre berechnet.

Der Verschleiß wird bewirkt erstlich durch den Gebrauch selbst. Im allgemeinen verschleißen die Schie-nen im Verhältnis zur Anzahl der Züge (R.C., Nr. 17645). Bei vermehrter Geschwindigkeit wuchs der

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Verschleiß in einem höhern Verhältnis als dem des Quadrats der Geschwindigkeit: d.h. bei verdoppelterGeschwindigkeit der Züge stieg der Verschleiß um mehr als das Vierfache. (R.C., Nr. 17046.)

Ein fernerer Verschleiß tritt ein durch die Einwirkung von Naturkräften. So leiden Schwellen nicht nurdurch wirklichen Verschleiß, sondern auch durch Fäulnis.

"Die Unterhaltungskosten der Bahn hängen nicht so sehr ab von dem Verschleiß, den der Bahnverkehrmit sich führt, wie von der Qualität des Holzes, des Eisens und des Mauerwerks, die der Atmosphäre aus-gesetzt sind. Ein einziger strenger Wintermonat wird dem Bahnkörper mehr Schaden tun als ein ganzesJahr Bahnverkehr." (R. P. Williams, "On the Maintenance of Permanent Way. Vortrag im Institute ofCivil Engineers", Herbst 1867.

Endlich, wie überall in der großen Industrie, spielt auch hier der moralische Verschleiß seine Rolle: NachVerlauf von zehn Jahren kann man gewöhnlich dasselbe Quantum Waggons und Lokomotiven für 30.000Pfd.St. kaufen, das vorher 40.000 Pfd.St. kostete. Man muß so auf dies Material <171> eine Depretiationvon 25% des Marktpreises rechnen, selbst wenn keine Depretiation des Gebrauchswerts stattfindet.(Lardner, "Railway Economy", [p.120].)

"Röhren-Brücken werden in ihrer gegenwärtigen Form nicht erneuert werden."

(Weil man jetzt bessere Formen für solche Brücken hat.)

"Gewöhnliche Reparaturen daran, Wegnahme und Ersatz einzelner Stücke sind nicht tunlich." (W. B.Adams, "Roads and Rails", London 1862, [p. 136].)

Die Arbeitsmittel werden großenteils beständig umgewälzt durch den Fortschritt der Industrie. Sie werdendaher nicht in ihrer ursprünglichen Form ersetzt, sondern in der umgewälzten Form. Einerseits bildet dieMasse des fixen Kapitals, die in einer bestimmten Naturalform angelegt ist und innerhalb derselben einebestimmte Durchschnittslebenszeit auszudauern hat, einen Grund der nur allmählichen Einführung neuerMaschinen etc., und daher ein Hindernis gegen die rasche allgemeine Einführung der verbesserten Ar-beitsmittel. Andrerseits zwingt der Konkurrenzkampf, namentlich bei entscheidenden Umwälzungen, diealten Arbeitsmittel vor ihrem natürlichen Lebensende durch die neuen zu ersetzen. Es sind hauptsächlichKatastrophen, Krisen, die solche vorzeitige Erneuerung des Betriebsgeräts auf größrer gesellschaftlicherStufenleiter erzwingen.

Der Verschleiß (abgesehn vom moralischen) ist der Wertteil, den das fixe Kapital allmählich durch seineVernutzung an das Produkt abgibt, in dem Durchschnittsmaß, worin es seinen Gebrauchswert verliert.

Zum Teil ist diese Abnutzung so, daß das fixe Kapital eine gewisse durchschnittliche Lebenszeit besitzt;für diese wird es ganz vorgeschossen; nach Ablauf derselben muß es ganz ersetzt werden. Für die leben-digen Arbeitsmittel, z.B. Pferde, ist die Reproduktionszeit durch die Natur selbst vorgeschrieben. Ihredurchschnittliche Lebenszeit als Arbeitsmittel ist durch Naturgesetze bestimmt. Sobald dieser Terminabgelaufen, müssen die abgenutzten Exemplare durch neue ersetzt werden. Ein Pferd kann nicht stück-weis, sondern nur durch ein andres Pferd ersetzt werden.

Andre Elemente des fixen Kapitals lassen periodische oder teilweise Erneuerung zu. Hier ist der teilweiseoder periodische Ersatz zu unterscheiden von allmählicher Ausdehnung des Geschäftsbetriebs.

Das fixe Kapital besteht zum Teil aus gleichartigen Bestandteilen, die aber nicht gleich lange dauern,sondern in verschiednen Zeiträumen stückweise erneuert werden. So die Schienen auf Bahnhöfen, dieöfter ersetzt werden müssen als auf dem übrigen Bahnkörper. Ebenso die Schwellen, von denen in den50er Jahren auf den belgischen Eisenbahnen nach Lardner <172> 8% jährlich, also im Laufe von 12 Jah-ren die sämtlichen Schwellen erneuert wurden. Das Verhältnis ist hier also dies: Es wird eine Summe z.B.

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für zehn Jahre in einer bestimmten Art des fixen Kapitals vorgeschossen. Diese Auslage wird auf einmalgemacht. Aber ein bestimmter Teil dieses fixen Kapitals, dessen Wert in den Wert des Produkts einge-gangen und mit diesem in Geld umgesetzt ist, wird in jedem Jahr in natura ersetzt, während der andre Teilin seiner ursprünglichen Naturalform fortexistiert. Es ist die Auslage auf einmal und die nur stückweiseReproduktion in Naturalform, die dies Kapital als fixes vom flüssigen Kapital unterscheidet.

Andre Stücke des fixen Kapitals bestehn aus ungleichen Bestandteilen die in ungleichen Zeiträumen ab-nutzen und daher ersetzt werden müssen. Dies findet namentlich bei Maschinen statt. Was wir eben be-merkt haben mit Bezug auf die verschiedne Lebenszeit der verschiednen Bestandteile eines fixen Kapi-tals, gilt hier mit Bezug auf die Lebenszeit verschiedner Bestandteile derselben Maschine, die als Stückdieses fixen Kapitals figuriert.

Mit Bezug auf allmähliche Ausdehnung des Geschäfts im Lauf der teilweisen Erneuerung bemerken wirfolgendes. Obgleich, wie wir gesehn, das fixe Kapital fortfährt, in natura im Produktionsprozeß zu wir-ken, hat ein Teil seines Werts, je nach dem Durchschnittsverschleiß, mit dem Produkt zirkuliert, ist inGeld verwandelt worden, bildet Element des Geldreservefonds zum Ersatz des Kapitals für den Terminseiner Reproduktion in natura. Dieser so in Geld verwandelte Teil des fixen Kapitalwerts kann dazu die-nen, das Geschäft zu erweitern oder Verbesserungen an den Maschinen anzubringen, welche deren Wirk-samkeit vermehren. In kürzren oder längren Abschnitten findet so Reproduktion statt, und zwar - vomStandpunkt der Gesellschaft betrachtet - Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter; extensiv, wenn dasProduktionsfeld ausgedehnt; intensiv, wenn das Produktionsmittel wirksamer gemacht. Diese Reproduk-tion auf erweiterter Stufenleiter entspringt nicht aus Akkumulation - Verwandlung von Mehrwert in Ka-pital -, sondern aus Rückverwandlung des Werts, welcher sich abgezweigt, in Geldform losgelöst hat vomKörper des fixen Kapitals, in neues, entweder zuschüssiges oder doch wirksameres, fixes Kapital dersel-ben Art. Es hängt natürlich teils von der spezifischen Natur des Geschäftsbetriebs ab, wieweit und in wel-chen Dimensionen er solches allmählichen Zuschusses fähig ist, also auch in welchen Dimensionen einReservefonds gesammelt sein muß, um in dieser Weise rückangelegt werden zu können, und in welchenZeiträumen dies geschehn kann. Wieweit andrerseits Detailverbesserungen an vorhandner Maschinerieangebracht werden können, hängt natürlich von der Natur der Verbesserung und der <173> Konstruktionder Maschine selbst ab. Wie sehr aber z.B. bei Eisenbahnanlagen dieser Punkt von vornherein ins Augegefaßt wird, beweist Adams:

"Die ganze Konstruktion sollte sich nach dem Prinzip richten, das im Bienenkorb herrscht - Fähigkeitunbegrenzter Ausdehnung. Alle übersoliden und von vornherein symmetrischen Strukturen sind vomÜbel, im Fall der Ausdehnung müssen sie niedergerissen werden." (p. 123.)

Es hängt dies großenteils vom verfügbaren Raum ab. Bei einigen Gebäuden kann man Stockwerke in derHöhe zusetzen, bei andren ist Seitenausdehnung, also mehr Boden nötig. Innerhalb der kapitalistischenProduktion werden einerseits viele Mittel verschwendet, findet andrerseits viel zweckwidrige Seitenaus-dehnung dieser Art (zum Teil zum Schaden der Arbeitskraft) bei der allmählichen Ausdehnung des Ge-schäfts statt, weil nichts nach gesellschaftlichem Plan geschieht, sondern von den unendlich verschiednenUmständen, Mitteln etc. abhängt, womit der einzelne Kapitalist agiert. Hieraus entsteht große Ver-schwendung der Produktivkräfte.

Diese stückweise Wiederanlage des Geldreservefonds (d.h. des in Geld rückwerwandelten Teils des fixenKapitals) ist am leichtesten im Landbau. Ein räumlich gegebnes Produktionsfeld ist hier der größten all-mählichen Absorption von Kapital fähig. Ebenso wo natürliche Reproduktion stattfindet, wie bei derViehzucht.

Das fixe Kapital verursacht besondre Erhaltungskosten. Ein Teil der Erhaltung wird durch den Arbeits-prozeß selbst bewirkt; das fixe Kapital verdirbt, wenn es nicht im Arbeitsprozeß fungiert. (Siehe Buch I,Kap. VI, p.196 <Siehe Band 23, S. 221/222> und Kap. XIII, p. 423 <Siehe Band 23, S. 426>: Verschleißder Maschinerie, der aus ihrem Nichtgebrauch entspringt.) Das englische Gesetz betrachtet es daher auch

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ausdrücklich als Beschädigung (waste), wenn gepachtete Grundstücke nicht nach Landesgebrauch bebautwerden. (W. A. Holdsworth, Barrister at law <Rechtsanwalt>, "The Law of Landlord and Tenant", Lon-don 1857, p. 96.) Diese Erhaltung, die aus dem Gebrauch im Arbeitsprozeß hervorgeht, ist eine Gratisna-turgabe der lebendigen Arbeit. Und zwar ist die erhaltende Kraft der Arbeit doppelter Art. Einerseits er-hält sie den Wert der Arbeitsmaterialien, indem sie ihn auf das Produkt überträgt, andrerseits erhält sieden Wert der Arbeitsmittel, soweit sie nicht auch diesen auf das Produkt überträgt, durch Erhaltung ihresGebrauchswerts, vermittelst ihrer Aktion im Produktionsprozeß.

Das fixe Kapital erfordert aber auch positive Arbeitsauslage zu seiner Instandhaltung. Die Maschineriemuß von Zeit zu Zeit gereinigt werden. Es <174> handelt sich hier um zusätzliche Arbeit, ohne welchesie gebrauchsunfähig wird; um bloße Abwehr schädlicher elementarer Einflüsse, die vom Produktions-prozeß unzertrennlich sind, also um Erhaltung im werkfähige Zustand im wörtlichsten Sinn. Die normaleLebenszeit des fixen Kapitals ist selbstredend darauf berechnet, daß die Bedingungen erfüllt werden, un-ter denen es während dieser Zeit normal fungieren kann, ganz wie man unter stellt, daß, wenn ein Menschim Durchschnitt 30 Jahre lebt, er sich auch wäscht. Es handelt sich hier auch nicht um Ersatz der in derMaschine enthaltnen Arbeit, sondern um beständige zusätzliche Arbeit, die ihr Gebrauch nötig macht. Eshandelt sich nicht um Arbeit, die die Maschine tut, sondern die an ihr getan wird, worin sie nicht Produk-tionsagent ist, sondern Rohmaterial. Das in dieser Arbeit ausgelegte Kapital, obgleich es nicht in den ei-gentlichen Arbeitsprozeß eingeht, dem das Produkt seinen Ursprung verdankt, gehört zum flüssigen Ka-pital. Diese Arbeit muß beständig in der Produktion verausgabt, ihr Wert also auch beständig durch denWert des Produkts ersetzt werden. Das in ihr ausgelegte Kapital gehört zu dem Teil des flüssigen Kapi-tals, der die allgemeinen Unkosten zu decken hat und nach einer jährlichen Durchschnittsrechnung aufdas Wertprodukt zu verteilen ist. Wir haben gesehn <Siehe Band 23, S. 449/450, Note 190a>, daß in dereigentlichen Industrie diese Arbeit der Reinigung von den Arbeitern gratis in den Ruhepausen und ebendeswegen auch oft während des Produktionsprozesses selbst vorgeht, wo sie die Quelle der meisten Un-fälle wird. Diese Arbeit zählt nicht im Preis des Produkts. Der Konsument erhält sie sofern gratis. Andrer-seits hat der Kapitalist so die Erhaltungskosten seiner Maschine umsonst. Der Arbeiter zahlt in eignerPerson, und dies bildet eins der Selbsterhaltungsmysterien des Kapitals, die der Tat nach einen juristi-schen Anspruch des Arbeiters auf die Maschinerie bilden und ihn selbst vom bürgerlichen Rechtsstand-punkt aus zu ihrem Miteigentümer machen. In verschiednen Produktionszweigen jedoch, wo die Maschi-nerie zu ihrer Reinigung aus dem Produktionsprozeß entfernt werden muß, und die Reinigung daher nichtunterderhand geschehn kann, wie z.B. bei Lokomotiven, zählt diese Erhaltungsarbeit unter den laufendenKosten, also als Element des flüssigen Kapitals. Eine Lokomotive muß nach höchstens dreitägiger Arbeitin den Schuppen gebracht und dort gereinigt werden; der Kessel muß erst abkühlen, wenn er ohne Schä-digung ausgewaschen werden soll. (R.C., Nr. 17823.)

Die eigentlichen Reparaturen oder Flickarbeiten erheischen Auslage von Kapital und Arbeit, die nicht indem ursprünglich vorgeschoßnen Kapital <175> enthalten sind, also auch durch den allmählichen Werter-satz des fixen Kapitals jedenfalls nicht immer ersetzt und gedeckt werden können. Ist z.B. der Wert desfixen Kapitals = 10.000 Pfd.St. und seine Gesamtlebenszeit 10 Jahre, so ersetzen diese 10.000 Pfd.St.,nach zehn Jahren ganz in Geld verwandelt, nur den Wert des ursprünglichen Anlagekapitals, aber sieersetzen nicht das inzwischen in Reparaturen neu zugesetzte Kapital, resp. Arbeit. Es ist dies ein zuschüs-siger Wertbestandteil, der auch nicht auf einmal vorgeschossen wird, sondern je nach Bedürfnis, und des-sen verschiedne Vorschußzeiten der Natur der Sache nach zufällig sind. Solche spätere, dosenweise, zu-sätzliche Kapitalauslage in Arbeitsmitteln und Arbeitskraft erheischt alles fixe Kapital.

Die Beschädigungen, denen einzelne Teile der Maschinerie etc. ausgesetzt sind, sind der Natur der Sachenach zufällig, und so sind daher auch die dadurch ernötigten Reparaturen. Dennoch scheiden sich ausdieser Masse zwei Sorten von Reparaturarbeiten ab, die einen mehr oder minder festen Charakter habenund in verschiedne Perioden der Lebenszeit des fixen Kapitals fallen - Gebresten des Kindesalters und dieviel zahlreicheren Gebresten des über die mittlere Lebenszeit hinausgerückten Alters. Eine Maschine z.B.mag mit noch so vollkommner Konstruktion in den Produktionsprozeß eintreten; bei dem wirklichen Ge-brauch zeigen sich Mängel, die durch nachträgliche Arbeit korrigiert werden müssen. Andrerseits, je mehr

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sie über ihre mittlere Lebenszeit hinausgetreten, je mehr sich also der normale Verschleiß gehäuft hat, dasMaterial, aus dem sie besteht, vernutzt und altersschwach geworden, desto zahlreicher und bedeutenderwerden die Reparaturarbeiten, nötig, um die Maschine bis zu Ende ihrer durchschnittlichen Lebensperi-ode in Atem zu erhalten; ganz wie ein alter Mann, um nicht vorzeitig zu sterben, mehr medizinische Aus-gaben hat als ein jugendkräftiger. Trotz ihres zufälligen Charakters verteilen sich also die Reparaturar-beiten in ungleichen Massen auf die verschiednen Lebensperioden des fixen Kapitals.

Hieraus sowohl, wie aus dem sonst zufälligen Charakter der Reparaturarbeiten an der Maschine folgt:

Einerseits ist die wirkliche Ausgabe an Arbeitskraft und Arbeitsmitteln für Reparaturarbeiten zufällig, wiedie Umstände selbst, welche diese Reparaturen ernötigen; der Umfang der nötigen Reparaturen ist ver-schieden verteilt auf die verschiednen Lebensperioden des fixen Kapitals. Andrerseits ist bei Schätzungder durchschnittlichen Lebensperiode des fixen Kapitals unterstellt, daß es beständig in werktätigem Zu-stand erhalten wird, teils durch Reinigung (wozu auch die Reinhaltung der Lokale gehört), teils <176>durch Reparatur, so oft wie erheischt. Die Wertübertragung durch Verschleiß des fixen Kapitals ist aufdessen durchschnittliche Lebensperiode berechnet, aber diese durchschnittliche Lebensperiode selbst istdarauf berechnet, daß das zur Instandhaltung erheischte Zusatzkapital fortwährend vorgeschossen wird.

Andrerseits ist es ebenso klar, daß der durch diese zuschüssige Ausgabe von Kapital und Arbeit zuge-setzte Wert nicht in den Preis der Waren eingehn kann gleichzeitig mit der wirklichen Ausgabe. EinSpinner z.B. kann diese Woche sein Garn nicht teurer verkaufen als vorige Woche, weil ihm diese Wocheein Rad gebrochen oder ein Riemen zerrissen ist. Die allgemeinen Kosten der Spinnerei haben sich inkeiner Weise verändert durch diesen Unfall in einer einzelnen Fabrik. Hier, wie bei aller Wertbestim-mung, bestimmt der Durchschnitt. Die Erfahrung zeigt den durchschnittlichen Umfang solcher Unfälleund der nötigen Erhaltungs- und Reparaturarbeiten während der durchschnittlichen Lebensperiode des ineinem bestimmten Geschäftszweig angelegten fixen Kapitals. Diese Durchschnittsausgabe wird verteiltauf die Durchschnitts-Lebensperiode und wird in entsprechenden aliquoten Teilen auf den Preis des Pro-dukts geschlagen und daher durch den Verkauf desselben ersetzt.

Das Zuschußkapital, das so ersetzt wird, gehört zum flüssigen Kapital, obgleich die Art der Auslage unre-gelmäßig ist. Da es von der höchsten Wichtigkeit ist, sofort jedes Gebresten der Maschinerie zu kurieren,so befindet sich bei jeder größern Fabrik ein den eigentlichen Fabrikarbeitern aggregiertes Personal, Inge-nieur, Schreiner, Mechaniker, Schlosser usw. Ihr Lohn bildet Teil des variablen Kapitals, und der Wertihrer Arbeit verteilt sich auf das Produkt. Andrerseits werden die in Produktionsmitteln erheischten Aus-gaben nach jener Durchschnittsrechnung bestimmt und bilden nach dieser Rechnung fortwährend Wertteildes Produkts, obgleich sie faktisch in unregelmäßigen Perioden vorgeschossen werden und also auch inunregelmäßigen Perioden in das Produkt, resp. das fixe Kapital eingehn. Dies in eigentlichen Reparaturenausgelegte Kapital bildet in mancher Hinsicht ein Kapital eigner Art, das weder unter flüssiges noch fixesKapital zu rangieren ist, aber als unter die laufenden Ausgaben gehörig mehr zum erstern zählt.

Die Art der Buchführung ändert natürlich nichts an dem wirklichen Zusammenhang der Dinge, worüberBuch geführt wird. Es ist aber wichtig zu bemerken, daß es in vielen Geschäftszweigen Gewohnheit ist,die Reparaturkosten mit dem wirklichen Verschleiß des fixen Kapitals in folgender Art zusammenzurech-nen. Das vorgeschoßne fixe Kapital sei 10.000 Pfd.St, <177> seine Lebensperiode 15 Jahre; der jährlicheVerschleiß ist dann 6662/3 Pfd.St. Nun wird aber der Verschleiß auf nur zehn Jahre berechnet, d.h. deinPreis der produzierten Waren jährlich 1.000 Pfd.St. zugeschlagen für Abnutzung des fixen Kapitals, statt6662/3 Pfd.St.; d.h. es werden 3331/3 Pfd.St. für Reparaturarbeit etc. reserviert. (Die Zahlen 10 und 15sind nur beispielsweise genommen.) Soviel ist also im Durchschnitt an Reparatur verausgabt worden,damit das fixe Kapital 15 Jahre dauert. Diese Rechnung verhindert natürlich nicht, daß das fixe Kapitalund das in den Reparaturen ausgelegte Zusatzkapital verschiedne Kategorien bilden. Auf Grund dieserRechnungsweise wurde z.B. angenommen, daß der niedrigste Kostenanschlag für die Erhaltung und denErsatz von Dampfschiffen 15% jährlich sei, also Reproduktionszeit = 61/2 Jahre. In den 60er Jahren ver-gütete die englische Regierung der Peninsular and Oriental Co. dafür 16% jährlich, was also einer Repro-

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duktionszeit von 61/4 <1. und 2. Auflage: 61/2> Jahr gleichkommt. Bei Eisenbahnen ist die Durchschnitts-Lebensdauer einer Lokomotive 10 Jahre, aber, Reparaturen eingerechnet, wird der Verschleiß angenom-men zu 121/2%, was die Lebensdauer auf 8 Jahr reduziert. Bei Passagier- und Güterwagen wird 9%, be-rechnet, also eine Lebenszeit von 111/9 Jahr angenommen.

Die Gesetzgebung hat überall bei Mietkontrakten von Häusern und andren Dingen, die für ihren Eigen-tümer fixes Kapital sind und als solches vermietet werden, den Unterschied anerkannt zwischen demnormalen Verschleiß, der durch die Zeit, den Einfluß der Elemente und die normale Vernutzung selbstherbeigeführt wird, und zwischen den gelegentlichen Reparaturen, die zur Instandhaltung während dernormalen Lebensdauer des Hauses und seiner normalen Benutzung zeitweise erforderlich sind. In derRegel fallen die ersten auf den Eigentümer, die zweiten auf den Mieter. Die Reparaturen unterscheidensich ferner in gewöhnliche und substantielle. Die letztren sind teilweise Erneuerung des fixen Kapitals inseiner Naturalform und fallen ebenfalls auf den Eigentümer, wo der Kontrakt nicht ausdrücklich das Ge-genteil sagt. So z.B. nach englischem Recht:

"Ein Mieter von Jahr zu Jahr ist nur verpflichtet, die Baulichkeiten wind- und wasserdicht zu halten, so-lange dies geschehn kann ohne substantielle Reparaturen; und überhaupt nur solche Reparaturen zu be-sorgen, die als gewöhnliche bezeichnet werden können. Und selbst in dieser Beziehung muß das Alterund der allgemeine Zustand der betreffenden Teile des Gebäudes, zur Zeit als der Mieter es übernahm, imAuge behalten werden, denn er ist nicht verpflichtet, weder altes und verschlißnes Material durch neueszu ersetzen, noch die aus dem Zeitverlauf und dem regelmäßigen Gebrauch <178> entstehende unver-meidliche Entwertung gutzumachen." ("Holdsworth, Law of Landlord and Tenant", p .90, 91.)

Ganz verschieden, sowohl vom Ersatz des Verschleißes wie von den Arbeiten der Erhaltung und Repara-tur ist die Versicherung, die sich auf Zerstörung durch außerordentliche Naturereignisse, Feuersbrunst,Überschwemmungen etc. bezieht. Diese muß aus dem Mehrwert gutgemacht werden und bildet einenAbzug von demselben. Oder, vom Standpunkt der ganzen Gesellschaft betrachtet: Es muß eine beständigeÜberproduktion stattfinden, d.h. Produktion auf größrer Stufenleiter, als zu einfachem Ersatz und Repro-duktion des vorhandnen Reichtums nötig - ganz abgesehn von Zunahme der Bevölkerung -, um die Pro-duktionsmittel zur Verfügung zu haben, zur Ausgleichung der außerordentlichen Zerstörung, welche Zu-fälle und Naturkräfte anrichten.

In der Tat besteht nur der geringste Teil des zum Ersatz nötigen Kapitals in dem Geldreservefonds. Derwichtigste Teil besteht in der Ausdehnung der Produktionsleiter selbst, die teils wirkliche Erweiterung ist,teils zum normalen Umfang der Produktionszweige gehört, die das fixe Kapital produzieren. So ist z.B.eine Maschinenfabrik darauf eingerichtet, daß jährlich sowohl die Fabriken ihrer Kundschaft erweitertwerden, wie auch daß beständig ein Teil davon ganzer oder teilweiser Reproduktion bedarf.

Bei der Bestimmung des Verschleißes, wie der Reparaturkosten, nach gesellschaftlichem Durchschnitt,ergeben sich notwendig große Ungleichheiten, selbst für gleich große und sonst unter denselben Umstän-den befindliche Kapitalanlagen in demselben Produktionszweig. In der Praxis dauert für den einen Kapi-talisten die Maschine etc. über die Durchschnittsperiode hinaus, bei dem andern nicht so lange. Die Repa-raturkosten des einen sind über, die des andren unter dem Durchschnitt usw. Der durch den Verschleiß,wie durch die Reparaturkosten, bestimmte Preiszuschlag der Ware ist aber derselbe und wird durch denDurchschnitt bestimmt. Der eine erhält also durch diesen Preiszusatz mehr, als er wirklich zusetzt, derandre weniger. Dies, wie alle andren Umstände, die bei gleicher Exploitation der Arbeitskraft den Gewinnverschiedner Kapitalisten in demselben Geschäftszweig verschieden machen, trägt dazu bei, die Einsichtin die wahre Natur des Mehrwerts zu erschweren.

Die Grenze zwischen eigentlicher Reparatur und Ersatz, zwischen Erhaltungskosten und Erneuerungsko-sten, ist eine mehr oder weniger fließende. Daher der ewige Streit, bei Eisenbahnen z.B., ob gewisse Aus-gaben Reparatur oder Ersatz sind, ob sie aus laufender Ausgabe oder dem Grundkapital bestritten werdenmüssen. Übertragung von Reparaturausgaben auf <179> Kapitalkonto, statt auf Revenuekonto, ist das

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bekannte Mittel, wodurch Eisenbahndirektionen ihre Dividenden künstlich in die Höhe schrauben. Jedochhat auch hierfür die Erfahrung die wesentlichsten Anhaltspunkte bereits geliefert. Die nachträglichenArbeiten während der ersten Lebensperiode der Eisenbahn z.B. sind

"keine Reparaturen, sondern müssen angesehn werden als wesentlicher Bestandteil des Bahnbaus, undsind also dem Kapitalkonto zu belasten, da sie nicht aus dem Verschleiß oder der normalen Wirkung desVerkehrs herrühren, sondern der ursprünglichen und unvermeidlichen Unvollkommenheit des Bahnbausgeschuldet sind". (Lardner, l.c.p. 40.)

"Dagegen ist es die einzig richtige Methode, die Revenue eines jeden Jahres zu belasten mit der Entwer-tung, die notwendigerweise eingetreten ist, damit diese Revenue verdient werden konnte, einerlei, ob dieSumme wirklich ausgegeben ist oder nicht." (Captain Fitzmaurice, "Committee of Inquiry on CaledonianRailway", abgedruckt in "Money Market Review", 1868.)

Praktisch unmöglich und zwecklos wird die Trennung von Ersatz und Erhaltung des fixen Kapitals in derLandwirtschaft, wenigstens soweit sie noch nicht mit Dampf arbeitet.

"Bei einem vollständigen, jedoch nicht übertrieben starken Bestand des Gerätinventars" (Bedarf an Ak-ker- und sonstigen Arbeits- und Wirtschaftsgeräten aller Art) "pflegt man im großen Durchschnitt diejährliche Abnutzung und Unterhaltung des Gerätinventars nach Verschiedenheit der vorliegenden Ver-hältnisse zu 15-25% vom Anschaffungskapital anzuschlagen." (Kirchhof, "Handbuch der land-wirthschaftlichen Betriebslehre", Dessau 1852, p. 137.)

Bei dem Betriebsmaterial einer Eisenbahn ist Reparatur und Ersatz gar nicht zu trennen.

"Wir erhalten unser Betriebsmaterial der Zahl nach aufrecht. Welche Anzahl von Lokomotiven wir auchhaben, diese Zahl erhalten wir aufrecht. Wird eine im Lauf der Zeit unbrauchbar, so daß es vorteilhafterist, eine neue zu bauen, so bauen wir sie auf Kosten der Revenue, wobei wir der Revenue natürlich denWert der von der alten Maschine übrigen Materialien gutschreiben ... Es bleibt immer ziemlich viel übrig... Die Räder, die Achsen, die Kessel etc., kurz, ein gutes Stück der alten Lokomotive bleibt übrig." (T.Gooch, Chairman of Great Western Railway Co. <Präsident der Großen Westbahn-Gesellschaft>, R.C.Nr. 17327, 17329.) - "Reparieren heißt erneuern; für mich existiert das Wort 'Ersatz' nicht; ... hat eineEisenbahngesellschaft einen Wagen oder eine Lokomotive einmal gekauft, so sollte sie sie so reparieren,daß sie in Ewigkeit fortlaufen können." (17784). "Wir rechnen 8 1/2 d. für die englische Zugmeile anLokomotivkosten. Aus diesen 8 1/2 d. erhalten wir die Lokomotiven für immer. Wir erneuern unsre Ma-schinen. Wenn Sie eine Maschine neu kaufen wollen, so geben Sie mehr Geld aus, als nötig ist ... An deralten Maschine <180> finden sich immer ein paar Räder, eine Achse oder sonst ein Stück, das brauchbarist, und das hilft eine Maschine wohlfeiler herstellen, die ebensogut ist wie eine ganz neue." (17790.) "Ichproduziere jetzt jede Woche eine neue Lokomotive, d.h. die so gut wie neu ist, denn Kessel, Zylinder undGestell sind neu." (17823. Archibald Sturrock, Locomotive Superintendent of Great Northern Railway<Oberaufseher über die Lokomotiven der Großen Nordbahn>, in R. C., 1867)

Ebenso bei den Wagen:

"Im Lauf der Zeit wird der Vorrat der Lokomotiven und Wagen fortwährend erneuert; das eine Mal wer-den neue Räder angesteckt, das andre Mal ein neues Gestell gemacht. Die Teile, auf denen die Bewegungberuht und die dem Verschleiß am meisten ausgesetzt sind, werden allmählich erneuert; die Maschinenund Wagen können dann einer solchen Reihe von Reparaturen unterworfen werden, daß in manchen vonihnen nicht eine Spur von dem alten Material übrig ist ... Selbst wenn sie ganz reparaturunfähig werden,werden Stücke von den alten Wagen oder Lokomotiven hineinarbeitet und verschwinden so nie gänzlichvon der Bahn. Das bewegliche Kapital ist daher in fortwährender Reproduktion; was für den Bahnkörperzu einer bestimmten Zeit auf einmal stattfinden muß, wenn die ganze Bahn neu belegt wird, das findet

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beim Betriebsmaterial allmählich von Jahr zu Jahr statt. Seine Existenz ist perennierend, es ist in fortwäh-render Verjüngung begriffen." (Lardner, p. 115, 116.)

Dieser Prozeß, wie hier von Lardner bei der Eisenbahn dargestellt, paßt nicht auf eine einzelne Fabrik,wohl aber als Bild der beständigen, partiellen, mit der Reparatur durcheinander laufenden Reproduktiondes fixen Kapitals innerhalb eines ganzen Industriezweigs, oder überhaupt innerhalb der gesamten Pro-duktion, auf gesellschaftlicher Stufenleiter betrachtet.

Hier ein Beweis, innerhalb wie weiter Grenzen geschickte Direktionen mit den Begriffen Reparatur undErsatz wirtschaften können zur Erzielung von Dividenden. Nach dem oben zitierten Vortrag von R. P.Williams schrieben verschiedne englische Eisenbahngesellschaften im Durchschnitt einer Reihe von Jah-ren für Reparatur und Erhaltungskosten des Bahnkörpers und der Baulichkeiten folgende Summe aufRevenuekonto ab (per englische Meile der Bahnlänge jährlich):

London & North Western 370 Pfd.St.Midland 225 Pfd.St.London & South Western 257 Pfd.St.Great Northern 360 Pfd.St.Lancashire & Yorkshire 377 Pfd.St.South Eastern 263 Pfd.St.Brighton 266 Pfd.St.Manchester & Sheffield 200 Pfd.St.

<181> Diese Differenzen rühren nur zum allergeringsten Teil von Verschiedenheit der wirklichen Ausla-gen her; sie stammen fast ausschließlich aus verschiedner Berechnungsweise, je nachdem Ausgabepostendem Kapitalkonto oder dem Revenuekonto zur Last gebracht werden. Williams sagt geradezu:

"Die geringere Belastung wird angenommen, weil dies für eine gute Dividende nötig ist, und die größreBelastung wird gemacht, weil eine stärkere Revenue vorhanden ist, die das ertragen kann."

In gewissen Fällen wird der Verschleiß, also auch sein Ersatz, eine praktisch verschwindende Größe, sodaß allein die Reparaturkosten in Rechnung kommen. Was Lardner im folgenden von works of art beiEisenbahnen sagt, gilt im allgemeinen für alle solche dauerhaften Werke, Kanäle, Docks, eiserne undsteinerne Brücken etc. -

"Der Verschleiß, der infolge der langsamen Wirkung der Zeit bei den solideren Werken eintritt, wirkt fastunmerklich während kürzerer Zeiträume; nach Verfluß eines langen Zeitraums, z.B. von Jahrhunderten,muß er jedoch die Erneuerung, ganz oder teilweise, selbst bei den solidesten Konstruktionen herbeifüh-ren. Dieser unmerkliche Verschleiß, verglichen mit dem fühlbareren bei andren Teilen der Bahn, läßt sichvergleichen mit den sekulären und periodischen Ungleichheiten in der Bewegung der Weltkörper. DieWirkung der Zeit auf die massiveren Konstruktionen einer Bahn, Brücken, Tunnel, Viadukte etc., liefertBeispiele von dem, was man einen sekulären Verschleiß nennen kann. Die schnellere und sichtbarereEntwertung, die in kürzern Zeiträumen durch Reparaturen oder Ersatz gutgemacht wird, ist den periodi-schen Ungleichheiten analog. In die jährlichen Reparaturkosten wird auch der Ersatz des zufälligen Scha-dens eingeschlossen, den die Außenseite auch der dauerhafteren Konstruktionen von Zeit zu Zeit erleidet;aber auch unabhängig von diesen Reparaturen geht das Alter nicht wirkungslos an ihnen vorbei, und wieentfernt sie auch immer sei, die Zelt muß kommen, in der ihr Zustand einen Neubau nötig macht. In fi-nanzieller und ökonomischer Beziehung mag diese Zeit allerdings viel zu entfernt sein, um sie in prakti-sche Rechnung zu ziehn." (Lardner, l.c.p. 38, 39.)

Es gilt dies für alle solche Werke von sekulärer Dauer, bei welchen also nicht das in ihnen vorgeschoßneKapital ihrem Verschleiß entsprechend allmählich zu ersetzen ist, sondern nur die jährlichen Durch-schnittskosten der Erhaltung und Reparatur auf den Preis des Produkts zu übertragen sind.

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Obgleich, wie wir gesehn, ein größrer Teil des zum Ersatz des Verschleißes des fixen Kapitals zurück-fließenden Geldes jährlich, oder selbst in kurzem Zeiträumen, wieder in seine Naturalform rückverwan-delt wird, ist dennoch für jeden einzelnen Kapitalisten ein Amortisationsfonds nötig für den Teil des fixenKapitals, der nur nach Verlauf von Jahren auf einmal in seinen Reproduktionstermin tritt und dann ganzzu ersetzen ist. Ein <182> bedeutender Bestandteil des fixen Kapitals schließt durch seine Beschaffenheitdie stückweise Reproduktion aus. Außerdem, wo die Reproduktion stückweis in der Weise geschieht, daßin kürzern Intervallen dem entwerteten Bestand neuer zugefügt wird, ist je nach dem spezifischen Cha-rakter des Produktionszweigs eine vorherige Geldakkumulation von größrem oder geringrem Umfangnötig, bevor dieser Ersatz stattfinden kann. Nicht jede beliebige Geldsumme reicht dazu hin, es wird eineGeldsumme von bestimmtem Umfang dazu erheischt.

Betrachten wir dies bloß unter der Voraussetzung der einfachen Geldzirkulation, ohne alle Rücksicht aufdas erst später zu entwickelnde Kreditsystem, so ist der Mechanismus der Bewegung dieser: Im erstenBuch (Kap. III, 3a.) wurde gezeigt, daß, wenn ein Teil des in einer Gesellschaft vorhandnen Geldes stetsals Schatz brachliegt, während ein andrer als Zirkulationsmittel, resp. als unmittelbarer Reservefonds desdirekt zirkulierenden Geldes fungiert, die Proportion beständig wechselt, worin sich die Gesamtmasse desGeldes auf Schatz und auf Zirkulationsmittel verteilt. In unserm Fall wird nun Geld, das als Schatz in derHand eines größern Kapitalisten in größrem Umfang aufgehäuft sein muß, beim Einkauf des fixen Kapi-tals auf einmal in Zirkulation geworfen. Es verteilt sich selbst wieder in der Gesellschaft als Zirkulati-onsmittel und als Schatz. Durch den Amortisationsfonds, worin nach Maßgabe des Verschleißes des fixenKapitals dessen Wert zu seinem Ausgangspunkt zurückfließt, bildet ein Teil des zirkulierenden Geldeswieder Schatz - für längre oder kürzre Zeit - in der Hand desselben Kapitalisten, dessen Schatz bei An-kauf des fixen Kapitals sich in Zirkulationsmittel verwandelt und von ihm entfernt hatte. Es ist eine be-ständig wechselnde Verteilung des in der Gesellschaft existierenden Schatzes, der abwechselnd als Zir-kulationsmittel fungiert, und dann wieder als Schatz aus der Masse des zirkulierenden Geldes abgeschie-den wird. Mit der Entwicklung des Kreditwesens, welche der Entwicklung der großen Industrie und derkapitalistischen Produktion notwendig parallel geht, fungiert dies Geld nicht als Schatz, sondern als Ka-pital, aber in der Hand nicht seines Eigentümers, sondern andrer Kapitalisten, denen es zur Verfügunggestellt ist.

Fußnoten

(20) Wegen der Schwierigkeit, welche die Bestimmung des fixen und zirkulierenden Kapitals macht,meint Herr Lorenz Stein, diese Unterscheidung sei nur für die leichtere Darstellung.

(21) Bis hierher Manuskript IV.- Von hier an Manuskript II.

(22) Die mit R.C. bezeichneten Zitate sind aus: "Royal Commission on Railways. Minutes of Evidencetaken before the Commissioners. Presented to both Houses of Parliament", London 1867. - Die Fragenund Antworten sind numeriert und die Nummern hier angeführt.

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Der Gesamtumschlag des vorgeschoßnen Kapitals. Umschlagszyklen

<183> Wir haben gesehn, daß die fixen und flüssigen Bestandteile des produktiven Kapitals verschieden-artig und zu verschiednen Perioden umschlagen, ebenso daß die verschiednen Bestandteile des fixen Ka-pitals in demselben Geschäft je nach ihrer verschiednen Lebens-, daher Reproduktionszeit, wieder ver-schiedne Umschlagsperioden haben. (Über die wirkliche oder scheinbare Verschiedenheit im Umschlagverschiedner Bestandteile des flüssigen Kapitals in demselben Geschäft, siehe am Schluß dieses Kapitelssub 6.)

1. Der Gesamtumschlag des vorgeschoßnen Kapitals ist der Durchschnittsumschlag seiner verschiednenBestandteile; Berechnungsmodus weiter unten. Soweit es sich nur um verschiedne Zeitperioden handelt,ist natürlich nichts einfacher als ihren Durchschnitt zu ziehn; aber:

2. es findet hier nicht nur quantitativer, sondern qualitativer Unterschied statt.

Das in den Produktionsprozeß eingehende flüssige Kapital überträgt seinen ganzen Wert auf das Produktund muß daher beständig, durch den Verkauf des Produkts, in natura ersetzt werden, soll der Produkti-onsprozeß ohne Unterbrechung vorsichgehn. Das in den Produktionsprozeß eingehende fixe Kapitalüberträgt nur Teil seines Werts (den Verschleiß) auf das Produkt und fährt trotz des Verschleißes fort, imProduktionsprozeß zu fungieren; es braucht daher nur in kürzern oder längern Intervallen, jedenfalls nichtso oft wie das flüssige Kapital, in natura ersetzt zu werden. Diese Ersatznotwendigkeit, der Reproduktion-stermin, ist nicht nur quantitativ verschieden für die verschiednen Bestandteile des fixen Kapitals, son-dern, wie wir gesehn haben, ein Teil des länger dauernden, vieljährigen fixen Kapitals kann jährlich oderin kürzern Intervallen ersetzt und dem alten fixen Kapital in natura hinzugefügt werden; bei fixem Kapitalandrer Beschaffenheit kann der Ersatz nur nach Ende seiner Lebenszeit auf einmal stattfinden.

<184> Es ist daher nötig, die Sonderumschläge der verschiednen Teile des fixen Kapitals auf gleichartigeForm des Umschlags zu reduzieren, so daß sie nur noch quantitativ, der Umschlagsdauer nach, verschie-den sind.

Diese qualitative Dieselbigkeit findet nicht statt, wenn wir P ... P - die Form des kontinuierlichen Produk-tionsprozesses - zum Ausgangspunkt nehmen. Denn bestimmte Elemente von P müssen beständig in na-tura ersetzt werden, andre nicht. Wohl aber gibt die Form G ... G´ diese Dieselbigkeit des Umschlags.Nehmen wir z.B. eine Maschine zum Wert von 10.000 Pfd.St., die zehn Jahre dauert, wovon sich alsojährlich 1/10 = 1.000 Pfd.St. in Geld rückverwandelt. Diese 1.000 Pfd.St. haben sich im Lauf eines Jahresaus Geldkapital in produktives Kapital und Warenkapital und aus diesem in Geldkapital rückverwandelt.Sie sind zu ihrer ursprünglichen Geldform zurückgekehrt, wie das flüssige Kapital, wenn wir es unterdieser Form betrachten, und es ist dabei gleichgültig, ob das Geldkapital von 1.000 Pfd.St. wieder amEnde des Jahres in die Naturalform einer Maschine rückverwandelt wird oder nicht. Bei der Berechnungdes Gesamtumschlags des vorgeschoßnen produktiven Kapitals fixieren wir daher alle seine Elemente inder Geldform, so daß die Rückkehr zur Geldform den Umschlag schließt. Wir betrachten den Wert immerals in Geld vorgeschossen, selbst beim kontinuierlichen Produktionsprozeß, wo diese Geldform des Wertsnur die des Rechengelds ist. So können wir dann den Durchschnitt ziehn.

3. Es folgt, daß selbst wenn der bei weitem größre Teil des vorgeschoßnen produktiven Kapitals aus fi-xem Kapital besteht, dessen Reproduktions-, also auch Umschlagszeit, einen vieljährigen Zyklus umfaßt,dennoch der während des Jahres umgeschlagene Kapitalwert infolge der wiederholten Umschläge desflüssigen Kapitals während des Jahres größer sein kann als der Gesamtwert des vorgeschoßnen Kapitals.

Das fixe Kapital sei = 80.000 Pfd.St., seine Reproduktionszeit = 10 Jahre, so daß 8.000 Pfd.St. davonjährlich zu ihrer Geldform zurückkehren oder es 1/10 seines Umschlags vollzieht. Das flüssige Kapital sei= 20.000 Pfd.St. und schlage fünfmal im Jahre um. Das Gesamtkapital ist dann = 100.000Pfd.St. Das

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umgeschlagne fixe Kapital ist = 8.000 Pfd.St.; das umgeschlagne flüssige Kapital = 5 * 20.000 = 100.000Pfd.St. Also ist das während des Jahres umgeschlagne Kapital = 108.000 Pfd.St., größer um 8.000 Pfd.St.als das vorgeschoßne Kapital. 1 + 2/25 des Kapitals hat umgeschlagen.

4. Der Wertumschlag des vorgeschoßnen Kapitals trennt sich also von seiner wirklichen Reproduktions-zeit oder der realen Umschlagszeit seiner Bestandteile. Ein Kapital von 4.000 Pfd.St. schlage z.B. fünfmalim Jahre <185> um. Das umgeschlagne Kapital ist dann 5 * 4.000 = 20.000 Pfd.St. Was aber am Endejedes Umschlags zurückkehrt, um wieder von neuem vorgeschossen zu werden, ist das ursprünglich vor-geschoßne Kapital von 4.000 Pfd.St. Seine Größe wird nicht verändert durch die Anzahl der Umschlags-perioden, während deren es von neuem als Kapital fungiert. (Abgesehn vom Mehrwert.)

In dem Beispiel sub 3 also ist nach der Voraussetzung am Ende des Jahres in die Hand des Kapitalistenzurückgekehrt a) eine Wertsumme von 20.000 Pfd.St., die er von neuem in den flüssigen Bestandteilendes Kapitals auslegt, und b) eine Summe von 8.000 Pfd.St., die sich durch den Verschleiß vom Wert desvorgeschoßnen fixen Kapitals losgelöst hat; daneben existiert nach wie vor dasselbe fixe Kapital im Pro-duktionsprozeß fort, aber mit dem verminderten Wert von 72.000 Pfd.St. statt 80.000 Pfd.St. Es bedürftealso noch neunjähriger Fortsetzung des Produktionsprozesses, bis das vorgeschoßne fixe Kapital sichausgelebt und sowohl als Produktbildner wie Wertbildner ausfungiert hat und ersetzt werden muß. Dervorgeschoßne Kapitalwert hat also einen Zyklus von Umschlägen zu beschreiben, im gegebnen Fall z.B.einen Zyklus von zehn jährlichen Umschlägen - und zwar ist dieser Zyklus bestimmt durch die Lebens-zeit, daher die Reproduktionszeit oder Umschlagszeit des angewandten fixen Kapitals.

In demselben Maße also, worin sich mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Wer-tumfang und die Lebensdauer des angewandten fixen Kapitals entwickelt, entwickelt sich das Leben derIndustrie und des industriellen Kapitals in jeder besondren Anlage zu einem vieljährigen, sage im Durch-schnitt zehnjährigen. Wenn einerseits die Entwicklung des fixen Kapitals dieses Leben ausdehnt, so wirdes andrerseits abgekürzt durch die beständige Umwälzung der Produktionsmittel, die ebenfalls mit derEntwicklung der kapitalistischen Produktionsweise beständig zunimmt. Mit ihr daher auch der Wechselder Produktionsmittel und die Notwendigkeit ihres beständigen Ersatzes infolge des moralischen Ver-schleißes, lange bevor sie physisch ausgelebt sind. Man kann annehmen, daß für die entscheidendstenZweige der großen Industrie dieser Lebenszyklus jetzt im Durchschnitt ein zehnjähriger ist. Doch kommtes hier nicht auf die bestimmte Zahl an. Soviel ergibt sich: Durch diesen eine Reihe von Jahren umfassen-den Zyklus von zusammenhängenden Umschlägen, in welchen das Kapital durch seinen fixen Bestandteilgebannt ist, ergibt sich eine materielle Grundlage der periodischen Krisen, worin das Geschäft aufeinan-derfolgende Perioden der Abspannung, mittleren Lebendigkeit, Über- <186> stürzung, Krise durchmacht.Es sind zwar die Perioden, worin Kapital angelegt wird, sehr verschiedne und auseinanderfallende. Indes-sen bildet die Krise immer den Ausgangspunkt einer großen Neuanlage. Also auch die ganze Gesellschaftbetrachtet - mehr oder minder eine neue materielle Grundlage für den nächsten Umschlagszyklus.

5. Über die Berechnungsweise des Umschlags lassen wir einen amerikanischen Ökonomen sprechen.

"In einigen Geschäftszweigen wird das ganze vorgeschoßne Kapital mehrere Mal innerhalb eines Jahresumgeschlagen oder zirkuliert; in einigen andren schlägt ein Teil mehr als einmal im Jahr um, ein andrerTeil nicht so häufig. Es ist die Durchschnittsperiode, die sein ganzes Kapital gebraucht, um durch seineHand zu passieren oder um einmal umzuschlagen, wonach ein Kapitalist seinen Profit berechnen muß.Angenommen, jemand habe in einem bestimmten Geschäft die Hälfte seines Kapitals in Gebäuden undMaschinerie angelegt, welche einmal in zehn Jahren erneuert werden; ein Viertel in Werkzeugen etc., diein zwei Jahren erneuert werden; das letzte Viertel, ausgelegt in Arbeitslöhnen und Rohstoffen, wärezweimal im Jahre umgeschlagen. Sein ganzes Kapital sei 50.000 Dollars. Dann wird seine Jahresauslagesein:50.000 = 25.000

Doll. in10 Jahren=

2.500 Doll. in 1Jahr

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250.000

4

= 12.500Doll. in

2 Jahren=

6.250 Doll. in 1Jahr

50.000

4

= 12.500Doll. in

1/2 Jah-ren =

25.000 Doll. in1 Jahr

1 Jahr = 33.750 Doll.Die Durchschnittszeit also, in der sein ganzes Kapital einmal umgeschlagen wird, ist 16 Monate ... Neh-men wir einen andern Fall: Ein Viertel des Gesamtkapitals von 50.000 Doll. zirkuliert in 10 Jahren; einViertel in 1 Jahr; die übrige Hälfte zweimal in 1 Jahr. Dann wird die jährliche Auslage sein:

12.500

10

= 1.250Doll.

12.500 = 12.500Doll.

20.000 * 2 = 50.000Doll.

In einem Jahr umge-schlagen

= 63.750Doll."

(Scrope, "Pol. Econ.", edit. Alonzo Potter, New York 1841, p.142, 143.)

<187> 6. Wirkliche und scheinbare Verschiedenheiten im Umschlag der verschiednen Teile des Kapitals.- Derselbe Scrope sagt an derselben Stelle [p. 141]:

"Das Kapital, das ein Fabrikant, Landwirt oder Kaufmann in der Zahlung von Arbeitslöhnen auslegt, zir-kuliert am schnellsten, da es vielleicht einmal in der Woche, wenn seine Leute wöchentlich bezahlt wer-den, durch die wöchentlichen Einkünfte aus seinen Verkäufen oder bezahlten Fakturen umgeschlagenwird. Das in Rohstoffen oder fertigen Vorräten ausgelegte zirkuliert weniger rasch; es mag zweimal oderviermal im Jahr umschlagen, je nach der Zeit, die zwischen dem Einkauf der einen und dem Verkauf derandern verbraucht wird, vorausgesetzt, daß er auf gleiche Kreditfrist kauft und verkauft. Das in Werkzeu-gen und Maschinen steckende Kapital zirkuliert noch langsamer, da es im Durchschnitt vielleicht nureinmal in fünf oder zehn Jahren umgeschlagen, d.h. konsumiert und erneuert wird; obwohl mancheWerkzeuge schon in einer einzigen Reihe von Operationen aufgebraucht werden. Das in Gebäuden, z.B.Fabriken, Läden, Lagerhäusern, Scheunen, in Straßen, Bewässerungsanlagen etc. ausgelegte Kapitalscheint überhaupt kaum zu zirkulieren. In der Tat aber werden auch diese Anlagen vollständig ebensosehrwie die früher erwähnten aufgebraucht während sie zur Produktion beitragen, und müssen reproduziertwerden, damit der Produzent seine Operationen fortführen kann. Nur mit dem Unterschied, daß sie lang-samer konsumiert und reproduziert werden als die übrigen ... Das in ihnen angelegte Kapital schlägt vie l-leicht erst in 20 oder 50 Jahren um."

Scrope verwechselt hier den durch Zahlungstermine und Kreditverhältnisse für den individuellen Kapita-listen bewirkten Unterschied im Fluß bestimmter Teile des flüssigen Kapitals mit den aus der Natur desKapitals hervorgehenden Umschlägen. Er sagt, der Arbeitslohn muß wöchentlich gezahlt werden durchdie wöchentlichen Einkünfte aus den bezahlten Verkäufen oder Fakturen, Erstens ist hier zu bemerken,daß mit Bezug auf den Arbeitslohn selbst Unterschiede eintreten, je nach der Länge des Zahlungstermins,d.h. der Länge der Zeit, wofür der Arbeiter dem Kapitalisten Kredit zu geben hat; also je nachdem derZahlungstermin des Lohns wöchentlich, monatlich, dreimonatlich, halbjährlich usw. Es gilt hier das frü-

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her entwickelte Gesetz: "Die notwendige Masse des Zahlungsmittels (also des auf einen Schlag vorzu-schießenden Geldkapitals) steht im geraden <1. und 2. Auflage: umgekehrten> Verhältnis zur Länge derZahlungsperioden." (Buch I. Kap. III, 3, b, Seite 124. <siehe Band 23, S. 156>)

Zweitens: In das wöchentliche Produkt geht die Gesamtheit nicht nur des in seiner Produktion durch dieWochenarbeit zugesetzten Neuwerts ein, sondern ebenso der Wert der im Wochenprodukt aufgezehrtenRoh- <188> und Hilfsstoffe. Mit dem Produkt zirkuliert dieser in ihm enthaltne Wert. Durch den Verkaufdieses Produkts erhält er die Geldform und muß von neuem in dieselben Produktionselemente umgesetztwerden. Es gilt dies ebensowohl von der Arbeitskraft wie von Roh- und Hilfsstoffen. Aber man hat be-reits gesehn (Kap. VI, II., 1.), daß die Kontinuität der Produktion einen Vorrat von Produktionsmittelnerheischt, verschieden für verschiedne Geschäftszweige, und im selben Geschäftszweig wieder verschie-den für verschiedne Bestandteile dieses Elements des flüssigen Kapitals, z.B. für Kohle und Baumwolle.Obgleich daher diese Stoffe beständig in natura ersetzt werden müssen, brauchen sie nicht beständig neugekauft zu werden. Wie oft sich der Kauf erneuert, hängt von der Größe des angelegten Vorrats ab, wielange er vorhält, bis er erschöpft ist. Bei der Arbeitskraft findet solches Einlegen von Vorrat nicht statt.Die Rückverwandlung in Geld geht für den in Arbeit ausgelegten Kapitalteil Hand in Hand mit der des inHilfs- und Rohstoff ausgelegten. Aber die Rückverwandlung des Geldes, einerseits in Arbeitskraft, and-rerseits in Rohstoffe, geht getrennt vor sich wegen der besondren Kauf- und Zahlungstermine dieser bei-den Bestandteile, von denen der eine als produktiver Vorrat in längern Terminen gekauft wird, der andre,die Arbeitskraft, in kürzern, z.B. wöchentlich. Andrerseits muß der Kapitalist neben dem Produktionsvor-rat einen Vorrat fertiger Waren halten. Abgesehn von Verkaufsschwierigkeiten etc. ist z.B. eine be-stimmte Masse auf Bestellung zu produzieren. Während der letzte Teil derselben produziert wird, wartetder schon fertige auf dem Speicher bis zur Zeit, wo die Bestellung ganz ausgeführt werden kann. AndreUnterschiede im Umschlag des flüssigen Kapitals entstehn, sobald einzelne Elemente desselben länger alsandre in einem vorläufigen Stadium des Produktionsprozesses (Austrocknung von Holz usw.) verharrenmüssen.

Das Kreditwesen, auf das Scrope hier Bezug nimmt, wie das Handelskapital, modifiziert den Umschlagfür den einzelnen Kapitalisten. Auf gesellschaftlicher Stufenleiter modifiziert es ihn nur, soweit es nichtnur die Produktion, sondern auch die Konsumtion beschleunigt.

(22a) "Die städtische Produktion ist an den Turnus der Tage gebunden, die ländliche hingegen an denTurnus der Jahre." (Adam H. Müller, "Die Elemente der Staatskunst", Berlin 1809, III., S. 178.) Dies istdie naive Vorstellung der Romantik von Industrie und Agrikultur.

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Theorien über fixes und zirkulierendes KapitalDie Physiokraten und Adam Smith

<189> Bei Quesnay erscheint der Unterschied von fixem und zirkulierendem Kapital als avances primit i-ves <ursprüngliche Vorschüsse> und avances annuelles <jährliche Vorschüsse>. Er stellt diesen Unter-schied richtig dar als Unterschied innerhalb des produktiven, dem unmittelbaren Produktionsprozeß ein-verleibten Kapitals. Da ihm das in der Agrikultur angewandte Kapital, also das Kapital des Pächters, alsdas einzig wirklich produktive gilt, so ergeben sich diese Unterschiede auch nur für das Kapital desPächters. Hieraus ergibt sich auch die jährliche Umschlagszeit des einen Teils des Kapitals und die mehrals jährliche (zehnjährige) des andern. Beiläufig übertragen die Physiokraten im Lauf der Entwicklungdiese Unterschiede auch auf andre Sorten Kapital, auf das industrielle Kapital überhaupt. Für die Gesell-schaft bleibt der Unterschied zwischen jährlichen und mehrjährigen Vorschüssen so wichtig, daß vieleÖkonomen, selbst nach A. Smith, zu dieser Bestimmung zurückkehren.

Der Unterschied zwischen beiden Arten von Vorschüssen entsteht erst, sobald vorgeschoßnes Geld in dieElemente des produktiven Kapitals verwandelt ist. Es ist ein Unterschied einzig und allein innerhalb desproduktiven Kapitals. Es fällt Quesnay daher nicht ein, das Geld, sei es zu den ursprünglichen, sei es zuden jährlichen Vorschüssen zu rechnen. Als Vorschüsse der Produktion - d.h. als produktives Kapital -stehn sie beide sowohl dem Geld wie den auf dem Markt befindlichen Waren gegenüber. Ferner reduziertsich der Unterschied dieser beiden Elemente des produktiven Kapitals bei Quesnay richtig auf die ver-schiedne Weise, worin sie in den Wert des fertigen Produkts eingehn, daher auf die verschiedne Weise,worin ihr Wert mit dem Produktenwert zirkuliert wird, und daher die verschiedne Weise ihres Ersatzesoder ihrer Reproduktion, indem der Wert <190> des einen jährlich ganz, der des andren in längern Peri-oden stückweis ersetzt wird.

Der einzige Fortschritt, den A. Smith macht, ist die Verallgemeinerung der Kategorien. Sie bezieht sichbei ihm nicht mehr auf eine spezielle Form des Kapitals, das Pächterkapital, sondern auf jede Form desproduktiven Kapitals. Es folgt daher von selbst, daß an die Stelle des der Agrikultur entnommenen Unter-schieds zwischen jährlichem und mehrjährigem Umschlag, der allgemeine Unterschied verschiedenzeit i-gen Umschlags tritt, so daß ein Umschlag des fixen Kapitals stets mehr als einen Umschlag des zirkulie-renden Kapitals umfaßt, welches immer die Zeitdauer dieser Umschläge des zirkulierenden Kapitals sei,jährlich, mehr als jährlich oder weniger als jährlich. So verwandeln sich bei Smith die avances annuellesin zirkulierendes und die avances primitives in fixes Kapital. Auf diese Verallgemeinerung der Kategori-en beschränkt sich aber sein Fortschritt. Die Ausführung fällt weit hinter Quesnay zurück.

Gleich die roh empirische Art, wie Smith die Untersuchung eröffnet, leitet die Unklarheit ein:

"There are two different ways in which a capital may be employed so as to yield a revenue or profit to itsemployer." <"Es gibt zwei verschiedene Arten, worin ein Kapital angelegt werden kann, um seinem Be-sitzer ein Einkommen oder einen Profit abzuwerfen."> ("Wealth of Nations", Book II, chap. I, p. 185.Edit. Aberdeen 1848.)

<191> Die Arten, worin Wert angelegt werden kann, um als Kapital zu fungieren, um seinem Eigner ei-nen Mehrwert abzuwerfen, sind ebenso verschieden, ebenso mannigfach wie die Anlagesphären des Ka-pitals. Es ist eine Frage nach den verschiednen Produktionszweigen, worin Kapital angelegt werden kann.Die Frage, so formuliert, geht noch weiter. Sie schließt die Frage ein, wie Wert, auch wenn er nicht alsproduktives Kapital angelegt wird, als Kapital für seinen Eigner fungieren kann, z.B. als zinstragendesKapital, Kaufmannskapital usw. Hier sind wir also schon himmelweit entfernt von dem wirklichen Ge-genstand der Analyse, nämlich von der Frage: wie die Teilung des produktiven Kapitals in seine ver-schiednen Elemente, abgesehn von ihrer verschiednen Anlagesphäre, auf ihren Umschlag wirkt.

A. Smith fährt dann gleich fort:

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"First, it may be employed in raising, manufacturing, or purchasing goods, and selling them again with aprofit." <"Erstens kann es angelegt werden, um Güter zu züchten, zu fabrizieren oder zu kaufen, und siemit einem Profit wieder zu verkaufen.">

A. Smith sagt uns hier nichts, als daß Kapital angewandt werden kann in der Agrikultur, der Manufakturund dem Handel. Er spricht also nur von den verschiednen Anlagesphären des Kapitals und auch vonsolchen, worin, wie im Handel, das Kapital nicht dem unmittelbaren Produktionsprozeß einverleibt ist,also nicht als produktives Kapital fungiert. Damit verläßt er schon die Grundlage, worauf die Physiokra-ten die Unterschiede des produktiven Kapitals und ihren Einfluß auf den Umschlag darstellen. Ja, ernimmt sofort auch das Kaufmannskapital als Beispiel in einer Frage, wo es sich ausschließlich um Diffe-renzen des produktiven Kapitals im Produkt- und Wertbildungsprozeß handelt, die selbst wieder Diffe-renzen in seinem Umschlag und seiner Reproduktion erzeugen.

Er fährt fort:

"The capital employed in this manner yields no revenue or profit to its employer while it either remains inhis possession or continues in the same shape." <"Das auf diese Weise angelegte Kapital wirft seinemBesitzer weder Einkommen noch Profit ab, solange es entweder in seinem Besitz bleibt oder die gleicheGestalt behält.">

The capital employed in this manner! Aber Smith spricht von Kapital, das in der Agrikultur, in der Indu-strie angelegt ist, und er sagt uns später, daß das so angelegte Kapital in fixes und zirkulierendes zerfällt!Die Anlage des Kapitals in dieser Art kann also das Kapital weder zu fixem noch zu zirkulierendem ma-chen.

<192> Oder meinte er, daß Kapital, angewandt, um Waren zu produzieren und diese Waren mit einemProfit zu verkaufen, nach seiner Verwandlung in Waren verkauft werden und durch den Verkauf erstensaus dem Besitz des Verkäufers in den des Käufers übergehn, zweitens aus seiner Naturalform als Ware inseine Geldform sich umsetzen muß, und daher dem Besitzer unnütz ist, solange es entweder in seinemBesitz oder - für ihn - in derselben Form bleibt? Aber dann kommt die Sache darauf hinaus: DerselbeKapitalwert, der früher in der Form des produktiven Kapitals fungierte, in einer dem Produktionsprozeßangehörigen Form, fungiert jetzt als Warenkapital und Geldkapital, in seinen dem Zirkulationsprozeßangehörigen Formen, ist also weder fixes noch flüssiges Kapital mehr. Und es gilt dies ebensowohl fürdie Wertelemente, welche durch Roh- und Hilfsstoffe, also durch flüssiges, wie für diejenigen, welchedurch den Verbrauch der Arbeitsmittel, also durch fixes Kapital, zugefügt werden. Wir kommen auch sodem Unterschied von fixem und flüssigem Kapital keinen Schritt näher.

Weiter:

"The goods of the merchant yield him no revenue or profit till he sells them for money, and the moneyyields him as little till it is again exchanged for goods. His capital is continually going from him in oneshape, and returning to him in another, and it is only by means of such circulation, or successive exchan-ges, that it can yield him any profit. Such capitals, therefore, may very properly be called circulating ca-pitals." <"Die Güter des Kaufmanns werfen ihm weder Einkommen noch Profit ab, bis er sie für Geldverkauft, und das Geld wirft ihm ebensowenig ab, bis es wieder gegen Güter ausgetauscht wird. SeinKapital geht beständig in der einen Gestalt von ihm und kehrt in einer anderen zu ihm zurück, und nurvermittels einer solchen Zirkulation oder aufeinanderfolgender Tauschhandlungen kann es ihm einenProfit abwerfen. Deshalb kann man solche Kapitale ganz richtig zirkulierende Kapitale nennen.">

Was A. Smith hier als zirkulierendes Kapital bestimmt, ist das, was ich Zirkulationskapital nennen will,Kapital, in der dem Zirkulationsprozeß, dem Formwechsel vermittelst des Austausches (Stoffwechsel undHände- Wechsel) angehörigen Form, also Warenkapital und Geldkapital, im Gegensatz zu seiner dem

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Produktionsprozeß angehörigen Form, der des produktiven Kapitals. Es sind dies keine besondren Arten,worin der industrielle Kapitalist sein Kapital teilt, sondern es sind verschiedne Formen, die derselbe vor-geschoßne Kapitalwert in seinem curriculum vitae <Lebenslauf> nacheinander stets von neuem annimmtund abstreift. Dies wirft A. Smith - und das ist ein großer Rückschritt gegen die Physiokraten - zusammenmit den Formunterschieden, die innerhalb der Zirkulation des Kapitalwerts, in seinem <193> Kreislaufdurch seine sukzessiven Formen, entspringen während der Kapitalwert sich in der Form des produktivenKapitals befindet; und zwar entspringen aus der verschiednen Weise, worin die verschiednen Elementedes produktiven Kapitals am Wertbildungsprozeß sich beteiligen und ihren Wert auf das Produkt übertra-gen. Wir werden die Folgen dieser Grundverwechslung zwischen dem produktiven und dem in der Zir-kulationssphäre befindlichen Kapital (Warenkapital und Geldkapital) einerseits, und zwischen fixem undflüssigem Kapital andrerseits, weiter unten sehn. Der in fixem Kapital vorgeschoßne Kapitalwert wirdebensowohl durch das Produkt zirkuliert, wie der im flüssigen Kapital vorgeschoßne, und er verwandeltsich durch die Zirkulation des Warenkapitals ebensosehr in Geldkapital wie der andre. Der Unterschiedentspringt nur daraus, daß sein Wert bruchweis zirkuliert und daher auch bruchweis, in kürzern oder län-gern Perioden ersetzt, in Naturalform reproduziert werden muß.

Daß A. Smith hier unter zirkulierendem Kapital nichts versteht als Zirkulationskapital, d.h. den Kapital-wert in seinen dem Zirkulationsprozeß angehörigen Formen (Warenkapital und Geldkapital), beweist dasvon ihm mit besondrem Ungeschick gewählte Beispiel. Er nimmt als Beispiel eine Kapitalart, die garnicht dem Produktionsprozeß angehört, sondern nur in der Zirkulationssphäre haust, nur aus Zirkulations-kapital besteht, das Kaufmannskapital.

Wie abgeschmackt es ist, mit einem Beispiel zu beginnen, worin das Kapital überhaupt nicht als produk-tives Kapital figuriert, sagt er selbst gleich darauf:

"The capital of a merchant is altogether a circulating capital." <"Das Kapital eines Kaufmanns ist ganzund gar zirkulierendes Kapital.">

Aber der Unterschied zwischen zirkulierendem und fixem Kapital soll ja, wie uns später gesagt wird, einaus wesentlichen Unterschieden innerhalb des produktiven Kapitals selbst entspringender sein. Einerseitshat A. Smith den physiokratischen Unterschied im Kopf, andrerseits die Formunterschiede, die der Kapi-talwert in seinem Kreislauf durchmacht. Und beides geht bunt durcheinander.

Wie aber ein Profit entstehn soll durch den Formwechsel von Geld und Ware, durch bloße Verwandlungdes Werts aus einer dieser Formen in die andre, ist absolut nicht abzusehn. Auch wird die Erklärung ab-solut unmöglich, weil er hier beginnt mit dem Kaufmannskapital, das sich nur in der Zirkulationssphärebewegt. Wir kommen hierauf zurück; hören wir zunächst, was er über das fixe Kapital sagt:

<194> "Secondly, it" (capital) "may be employed in the improvement of land, in the purchase of usefulmachines and instruments of trade, or in such like things as yield a revenue or profit without changingmasters, or circulation any further. Such capitals, therefore, may very properly be called fixed capitals.Different occupations require very different proportions between the fixed and circulating capitals em-ployed in them ... Some part of the capital of every master artificer or manufacturer must be fixed in theinstruments of his trade. This part, however, is very small in some, and very great in others ... The fargreater part of the capital of all such master artificers (wie Schneider, Schuster, Weber) however is circu-lated, either in the wages of their workmen, or in the price of their materials, and to be repaid with a profitby the price of the work." <"Zweitens kann es" (das Kapital) "zur Bodenverbesserung, zum Ankauf nütz-licher Maschinen und Arbeitsinstrumente oder zu ähnlichen Dingen verwandt werden, die ein Einkom-men oder einen Profit abwerfen, ohne den Eigner zu wechseln oder weiter zu zirkulieren. Solche Kapitalekann man deshalb ganz richtig fixe Kapitale nennen. Verschiedene Beschäftigungen erfordern sehr ver-schiedene Größenverhältnisse der in ihnen angelegten fixen und zirkulierenden Kapitale ... Ein bestimm-ter Teil des Kapitals eines jeden Handwerksmeisters oder Fabrikanten muß in seinen Arbeitsinstrumentenfestgelegt sein. Dieser Teil ist jedoch bei einigen sehr klein und bei andren sehr groß ... Der entschieden

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größere Teil des Kapitals aller solcher Handwerksmeister" (wie Schneider, Schuster, Weber) "zirkuliertjedoch entweder in den Löhnen ihrer Arbeiter oder im Preis ihrer Materialien und wird mit einem Profitdurch den Preis der Arbeit zurückgezahlt.">

Abgesehn von der kindlichen Bestimmung über die Quelle des Profits tritt das Schwache und Konfusegleich darin hervor: Für einen Maschinenfabrikanten z.B. ist die Maschine Produkt, die als Warenkapitalzirkuliert, also in A. Smiths Worten:

"is parted with, changes masters, circulates further." <"von der man sich trennt, die die Eigner wechselt,die man weiter zirkulieren läßt.">

Die Maschine wäre also nach seiner eignen Bestimmung kein fixes, sondern zirkulierendes Kapital. DieseKonfusion entspringt wieder daraus, daß Smith den aus der verschiedenartigen Zirkulation der verschied-nen Elemente des produktiven Kapitals entspringenden Unterschied von fixem und flüssigem Kapitalverwechselt mit Formunterschieden, die dasselbe Kapital durchläuft, soweit es innerhalb des Produkti-onsprozesses als produktives Kapital fungiert, dagegen innerhalb der Zirkulationssphäre als Zirkulations-kapital, d.h. als Warenkapital oder als Geldkapital. Je nach der Stelle, die sie im Lebensprozeß des Kapi-tals einnehmen, können dieselben Dinge daher bei A. Smith als fixes Kapital fungieren (als Arbeitsmittel,Elemente des produktiven Kapitals), und als "zirkulierendes" Kapital, Warenkapital <195> (als Produkt,das aus der Produktionssphäre in die Zirkulationssphäre abgestoßen wird).

Aber A. Smith wechselt auf einmal den ganzen Einteilungsgrund und widerspricht dem, womit er ein paarZeilen vorher die ganze Untersuchung eröffnet hatte. Es geschieht dies namentlich mit dem Satz:

"There are two different ways in which a capital may be employed so as to yield a revenue or a profit toits employer" <"Es gibt zwei verschiedene Arten, worin ein Kapital angelegt werden kann, um seinemBesitzer ein Einkommen oder einen Profit abzuwerfen">,

nämlich als zirkulierendes oder als fixes Kapital. Danach waren dies also verschiedne Anwendungswei-sen verschiedner voneinander unabhängiger Kapitale, wie Kapitale entweder z.B. in der Industrie oder inder Agrikultur angewandt werden können. - Jetzt aber heißt es:

"Different occupations require very different proportions between the fixed and circulating capitals em-ployed in them." <"Verschiedene Beschäftigungen erfordern sehr verschiedene Größenverhältnisse der inihnen angelegten fixen und zirkulierenden Kapitale.">

Fixes und zirkulierendes Kapital sind jetzt nicht mehr verschiedne, selbständige Kapitalanlagen, sondernverschiedne Portionen desselben produktiven Kapitals, die in verschiednen Anlagesphären verschiednenAnteil vom Gesamtwert dieses Kapitals bilden. Es sind also Unterschiede, die aus der sachgemäßen Tei-lung des produktiven Kapitals selbst entspringen, und die daher nur mit Bezug auf dieses gelten. Demwiderspricht aber wieder, daß das Handelskapital als bloß zirkulierendes Kapital dem fixen Kapital ge-genübergestellt wird, denn Smith selbst sagt:

"Das Kapital eines Kaufmanns ist ganz und gar zirkulierendes Kapital."

Es ist in der Tat ein nur innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital und steht als solches demproduktiven Kapital, dem dem Produktionsprozeß einverleibten Kapital überhaupt gegenüber, kann aberebendeshalb nicht als flüssiger (zirkulierender) Bestandteil des produktiven Kapitals dem fixen Bestand-teil des produktiven Kapitals gegenüberstehn.

Bei den Beispielen, die Smith gibt, bestimmt er als fixes Kapital die instruments of trade <Arbeitsinstru-mente>, als zirkulierendes Kapital den Kapitalanteil, ausgelegt in Arbeitslöhnen und Rohstoffen, Hilfs-

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stoffe eingerechnet (repaid with a profit by the price of the work <mit einem Profit durch den Preis derArbeit zurückgezahlt>).

<196> Also zunächst wird nur ausgegangen von den verschiednen Bestandteilen des Arbeitsprozesses,Arbeitskraft (Arbeit) und Rohstoffen auf der einen Seite, Arbeitsinstrumenten auf der andern. Diese abersind Kapitalbestandteile, weil eine Wertsumme, die als Kapital fungieren soll, in ihnen ausgelegt ist. So-fern sind sie die stofflichen Elemente, Daseinsweisen des produktiven, d.h. des im Produktionsprozeßfungierenden Kapitals. Warum heißt nun der eine Teil fix? Weil

"some parts of the capital must be fixed in the instruments of trade" <"ein bestimmter Teil des Kapitals inden Arbeitsinstrumenten festgelegt werden muß">.

Aber der andre Teil ist auch fixiert in Arbeitslohn und Rohstoffen. Maschinen indessen und

"instruments of trade ... such like things ... yield a revenue or profit without changing masters, or circula-ting any further. Such capitals, therefore, may very properly he called fixed capitals" <"Arbeitsinstru-mente ... ähnliche Dinge ... werfen ein Einkommen oder Profit ab, ohne den Eigner zu wechseln oderweiter zu zirkulieren. Solche Kapitale kann man deshalb ganz richtig fixe Kapitale nennen">.

Nehmen wir z.B. den Bergbau. Rohmaterial wird hier gar nicht verwandt, indem der Arbeitsgegenstand,z.B. das Kupfer, ein Naturprodukt ist, das durch die Arbeit erst angeeignet werden soll. Das erst anzueig-nende Kupfer, das Produkt des Prozesses, das später als Ware, resp. Warenkapital, zirkuliert, bildet keinElement des produktiven Kapitals. Kein Teil seines Werts ist darin ausgelegt. Andrerseits die andrenElemente des Produktionsprozesses, Arbeitskraft und Hilfsstoffe, wie Kohle, Wasser usw., gehn ebenso-wenig stofflich in das Produkt ein. Die Kohle wird ganz konsumiert, und nur ihr Wert geht in das Produktein, ganz wie ein Wertteil der Maschine etc. in das Produkt eingeht. Endlich bleibt der Arbeiter ebensoselbständig dem Produkt, dem Kupfer, gegenüber stehn, wie die Maschine. Nur der Wert, den er durchseine Arbeit produziert, ist jetzt Bestandteil des Kupferwerts. Also in diesem Beispiel wechselt kein ein-ziger Bestandteil des produktiven Kapitals die Hände (masters <des Eigners>), oder wird keiner derselbenweiter zirkuliert, weil keiner derselben stofflich in das Produkt eingeht. Wo bleibt hier also das zirkulie-rende Kapital? Nach A. Smiths eigner Definition bestände das ganze in einem Kupferbergwerke zur Ver-wendung kommende Kapital nur aus fixem Kapital.

Nehmen wir dagegen eine andre Industrie, die Rohstoffe anwendet, welche die Substanz des Produktsbilden, ferner Hilfsstoffe, die leiblich, <197> nicht nur dem Wert nach, wie etwa Heizkohle, in das Pro-dukt eingehn. Mit dem Produkt, dem Garn z.B., wechselt auch der Rohstoff, die Baumwolle, woraus esbesteht, die Hände und geht aus dem Produktionsprozeß in den Konsumtionsprozeß ein. Aber solange dieBaumwolle als Element des produktiven Kapitals fungiert, verkauft der Eigner sie nicht, sondern bear-beitet sie, läßt Garn aus ihr machen. Er gibt sie nicht aus der Hand. Oder, um Smiths grobfalsch-trivialenAusdruck zu brauchen, er macht keinen Profit by parting with it, by its changing masters, or by circula-ting it <indem er sich von ihr trennt, indem sie die Eigner wechselt oder indem er sie zirkulieren läßt>. Erläßt seine Materialien ebensowenig zirkulieren wie seine Maschinen. Sie sind fixiert im Produktionspro-zeß, ganz so gut wie die Spinnmaschinen und Fabrikgebäude. Ja, es muß ebenso beständig ein Teil desproduktiven Kapitals in der Form von Kohle, Baumwolle etc. fixiert sein, wie in der von Arbeitsmitteln.Der Unterschied ist nur der, daß die zur z.B. wöchentlichen Produktion von Garn nötige Baumwolle,Kohle etc. beständig in der Produktion des Wochenprodukts ganz konsumiert wird, daher durch neueExemplare von Baumwolle, Kohle etc. ersetzt werden muß; also diese Elemente des produktiven Kapi-tals, obgleich sie der Art nach identisch bleiben, beständig aus neuen Exemplaren derselben Art bestehn,während dieselbe individuelle Spinnmaschine, dasselbe individuelle Fabrikgebäude fortfährt, ohne Ersatzdurch ein neues Exemplar seiner Art, zu einer ganzen Reihe von Wochenproduktionen mitzuwirken. AlsElemente des produktiven Kapitals sind alle seine Bestandteile beständig im Produktionsprozeß fixiert,denn er kann nicht ohne sie vorgehn. Und alle Elemente des produktiven Kapitals, fixe wie flüssige, stehn

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gleichmäßig als produktives Kapital dem Zirkulationskapital, d.h. dem Warenkapital und Geldkapitalgegenüber.

Ebenso verhält es sich mit der Arbeitskraft. Ein Teil des produktiven Kapitals muß beständig in ihr fixiertsein, und es sind dieselben identischen Arbeitskräfte, wie dieselben Maschinen, die überall auf längre Zeitvon demselben Kapitalisten verwandt werden. Der Unterschied zwischen ihnen und den Maschinen be-steht hier nicht darin, daß die Maschine ein für allemal gekauft ist (was auch nicht der Fall, wenn sie z.B.in Terminen abbezahlt wird), der Arbeiter nicht - sondern darin, daß die Arbeit, die dieser verausgabt,ganz in den Wert des Produkts eingeht, dagegen der Wert der Maschine nur bruchweis.

Smith verwechselt verschiedne Bestimmungen, wenn er vom zirkulierenden Kapital sagt im Gegensatzzum fixen:

<198> "The capital employed in this manner yields no revenue or profit to its employer, while it eitherremains in his possession or continues in the same shape." "Das auf diese Weise angelegte Kapital wirftseinem Besitzer weder Einkommen noch Profit ab, solange es entweder in seinem Besitz bleibt oder diegleiche Gestalt behält."

Er stellt die nur formelle Metamorphose der Ware, die das Produkt, das Warenkapital, in der Zirkulati-onssphäre durchläuft und die den Händewechsel der Waren vermittelt, auf gleiche Stufe mit der körperli-chen Metamorphose, welche die verschiednen Elemente des produktiven Kapitals während des Produkti-onsprozesses durchlaufen. Verwandlung von Ware in Geld und von Geld in Ware, Kauf und Verkauf,wirft er hier ohne weitres zusammen mit Verwandlung von Produktionselementen in Produkt. Sein Bei-spiel für das zirkulierende Kapital ist das Kaufmannskapital, d.h. aus Ware in Geld, aus Geld in Wareverwandelt - der der Warenzirkulation angehörige Formwechsel W - G - W. Dieser Formwechsel inner-halb der Zirkulation hat aber für das fungierende industrielle Kapital die Bedeutung, daß die Waren,worin das Geld rückverwandelt wird, Produktionselemente (Arbeitsmittel und Arbeitskraft) sind, daß eralso die Kontinuität seiner Funktion vermittelt, den Produktionsprozeß als kontinuierlichen oder als Re-produktionsprozeß. Dieser ganze Formwechsel geht in der Zirkulation vor, er ist es, der den wirklichenÜbergang der Waren aus einer Hand in die andre vermittelt. Dagegen die Metamorphosen, die das pro-duktive Kapital innerhalb seines Produktionsprozesses durchläuft, sind dem Arbeitsprozeß angehörigeMetamorphosen, notwendig, um die Produktionselemente in das bezweckte Produkt zu verwandeln. A.Smith hält sich daran, daß ein Teil der Produktionsmittel (die eigentlichen Arbeitsmittel) im Arbeitspro-zeß dient (was er fälschlich ausdrückt: yield a profit to their master <ihrem Meister einen Profit abwer-fen>), indem er seine Naturalform nicht verändert, sich nur allmählich abnutzt; während ein andrer Teil,die Materialien, sich verändert, und gerade durch seine Veränderung seine Bestimmung als Produktions-mittel erfüllt. Dies verschiedne Verhalten der Elemente des produktiven Kapitals im Arbeitsprozeß bildetaber nur den Ausgangspunkt des Unterschieds zwischen fixem und nicht fixem Kapital, nicht diesen Un-terschied selbst, was sich schon daraus ergibt, daß es für alle Produktionsweisen, kapitalistische undnichtkapitalistische, gleichmäßig besteht. Diesem verschiednen stofflichen Verhalten entspricht aber dieWertabgabe an das Produkt, der hinwieder der Wertersatz durch den Verkauf des Produkts entspricht;und erst dies bildet jenen Unterschied. Das Kapital ist also nicht fix, weil es in den Arbeits- <199> mittelnfixiert ist, sondern weil ein Teil seines in Arbeitsmitteln ausgelegten Werts in denselben fixiert bleibt,während ein andrer Teil als Wertbestandteil des Produkts zirkuliert.

"If it" (the stock) "is employed in procuring future profit, it must procure this profit by staying with him"(the employer), "or by going from him. In the one case it is a fixed, in the other it is a circulating capital."<"Wenn es" (das Kapital) "angelegt wird, um zukünftigen Profit zu verschaffen, so muß es diesen Profitentweder dadurch verschaffen, daß es bei ihm" (dem Besitzer) "bleibt, oder dadurch, daß es ihn verläßt. Indem einen Falle ist es fixes, in dem andren zirkulierendes Kapital."> (p. 189.)

Zunächst fällt hier auf die roh empirische, aus der Anschauungsweise des gewöhnlichen Kapitalisten ge-schöpfte Vorstellung des Profits, die der bessern esoterischen Einsicht A. Smiths durchaus widerspricht.

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In dem Preis des Produkts ist der Preis sowohl der Materialien wie der Arbeitskraft ersetzt worden, aberebenso der von den Arbeitsinstrumenten durch Verschleiß auf das Produkt übertragne Wertteil. Aus die-sem Ersatz entquillt in keinem Fall der Profit. Ob ein zur Produktion des Produkts vorgeschoßner Wertganz oder stückweis, auf einmal oder allmählich durch den Verkauf desselben ersetzt wird, kann nur dieArt und die Zeit des Ersatzes andern; in keinem Fall aber das beiden Gemeinschaftliche - den Wertersatz -in Schöpfung von Mehrwert verwandeln. Es liegt hier zugrunde die gewöhnliche Vorstellung, daß, weilder Mehrwert erst durch den Verkauf des Produkts, durch seine Zirkulation realisiert wird, er nur aus demVerkauf, aus der Zirkulation entspringe. In der Tat ist die verschiedne Entstehungsweise des Profits hiernur falsche Phrase dafür, daß die verschiednen Elemente des produktiven Kapitals verschieden dienen, alsproduktive Elemente verschieden im Arbeitsprozeß wirken. Schließlich wird der Unterschied nicht ausdem Arbeits- resp. Verwertungsprozeß, aus der Funktion des produktiven Kapitals selbst abgeleitet, son-dern soll nur subjektiv gelten für den einzelnen Kapitalisten, dem der eine Kapitalteil in dieser, der andrein jener Weise nützlich sei.

Dagegen hatte Quesnay die Unterschiede aus dem Reproduktionsprozeß und seinen Notwendigkeitenselbst hergeleitet. Damit dieser Prozeß kontinuierlich sei, muß aus dem Wert des jährlichen Produkts derWert der jährlichen Vorschüsse jährlich ganz ersetzt werden, dagegen der Wert des Anlagekapitals nurstückweis, so daß er erst in einer Reihe von z.B. zehn Jahren ganz ersetzt und daher ganz reproduziert(durch neue Exemplare derselben Art ersetzt) werden muß. A. Smith fällt also tief unter Quesnay zurück.

<200> Es bleibt so bei A. Smith für die Bestimmung des fixen Kapitals durchaus nichts übrig, als daß esArbeitsmittel sind, die ihre Gestalt nicht im Produktionsprozeß ändern und fortfahren, bis zu ihrer Abnut-zung in der Produktion zu dienen, gegenüber den Produkten, zu deren Bildung sie mithelfen. Es wirdvergessen, daß alle Elemente des produktiven Kapitals beständig in ihrer Naturalform (als Arbeitsmittel,Materialien und Arbeitskraft) dem Produkt und dem als Ware zirkulierenden Produkt gegenüberstehn,und daß der Unterschied des aus Materialien und Arbeitskraft bestehenden Teils von dem aus Arbeits-mitteln bestehenden Teil nur darin liegt, mit Bezug auf die Arbeitskraft: daß sie stets neu gekauft wird(nicht für ihre Dauer gekauft wird wie die Arbeitsmittel); in bezug auf die Materialien: daß nicht diesel-ben identischen, sondern stets neue Exemplare derselben Art im Arbeitsprozeß fungieren. Es wird zu-gleich der falsche Schein hervorgebracht, als ob der Wert des fixen Kapitals nicht auch zirkuliere, ob-gleich A. Smith natürlich den Verschleiß des fixen Kapitals als Teil des Produktenpreises früher entwik-kelt hat.

Bei dem zirkulierenden Kapital als Gegensatz zum fixen wird nicht hervorgehoben, daß es diesen Gegen-satz nur hat als derjenige Bestandteil des produktiven Kapitals, der ganz aus dem Wert des Produkts er-setzt werden und dessen Metamorphosen daher ganz mitmachen muß, während dies bei dem fixen Kapitalnicht der Fall. Es wird vielmehr zusammengeworfen mit den Gestalten, die das Kapital bei seinem Über-gang aus der Produktionssphäre in die Zirkulationssphäre annimmt, als Warenkapital und Geldkapital.Aber beide Formen, Warenkapital und Geldkapital, sind Träger des Werts ebensowohl der fixen wie derflüssigen Bestandteile des produktiven Kapitals. Beide sind Zirkulationskapital, im Gegensatz zum pro-duktiven, aber nicht zirkulierendes (flüssiges) Kapital im Gegensatz zum fixen.

Endlich: Durch die ganz schiefe Entwicklung vom Machen des Profits durch das fixe Kapital, indem esim Produktionsprozeß bleibt; durch das zirkulierende, indem es ihn verläßt und zirkuliert wird, - wirdüber die Dieselbigkeit der Form, die variables Kapital und der flüssige <1. und 2. Auflage: den flüssigen;geändert nach der Druckvorlage von Engels> Bestandteil des konstanten Kapitals im Umschlag haben,der wesentliche Unterschied derselben im Verwertungsprozeß und der Bildung des Mehrwerts versteckt,also das ganze Geheimnis der kapitalistischen Produktion noch mehr verdunkelt; durch die gemeinsameBezeichnung: zirkulierendes Kapital, wird dieser wesentliche Unterschied aufgehoben; was dann diespätere Ökonomie noch weiter führte, indem nicht der Gegensatz von variablem und konstan- <201> tem,sondern der von fixem und zirkulierendem Kapital als das Wesentliche und allein Unterscheidende fest-gehalten wurde.

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Nachdem A.Smith fixes und zirkulierendes Kapital erst bezeichnet hat als zwei besondre Arten, Kapitalanzulegen, die, jede für sich betrachtet, einen Profit abwerfen, sagt er:

"No fixed capital can yield any revenue but by means of a circulating capital. The most useful machinesand instruments of trade will produce nothing without the circulating capital which affords the materialsthey are employed upon, and the maintenance of the workmen who employ them." <"Kein fixes Kapitalkann anders als mit Hilfe eines zirkulierenden Kapitals ein Einkommen abwerfen. Die nützlichsten Ma-schinen und Arbeitsinstrumente werden nichts ohne das zirkulierende Kapital produzieren, das die Mate-rialien, die bearbeitet werden, und den Unterhalt der Arbeiter, von denen sie in Tätigkeit gesetzt werden,verschafft."> (p. 188.)

Hier kommt es heraus, was die frühern Ausdrücke: yield a revenue, make a profit <ein Einkommen ab-werfen, Profit machen> etc. bedeuten, daß nämlich beide Kapitalteile als Produktbildner dienen.

A. Smith gibt nun folgendes Beispiel:

"That part of the capital of the farmer which is employed in the implements of agriculture is a fixed, thatwhich is employed in the wages and maintenance of his labouring servants is a circulating capital." <"DerTeil des Kapitals eines Pächters, der in den Ackergeräten angelegt ist, ist fixes, derjenige, der in den Löh-nen und dem Unterhalt seines Arbeitsgesindes angelegt ist, ist zirkulierendes Kapital.">

(Hier bezieht sich also der Unterschied von fixem und zirkulierendem Kapital richtig nur auf die ver-schiedne Zirkulation, den Umschlag verschiedner Bestandteile des produktiven Kapitals.)

"He makes a profit of the one by keeping it in his own possession, and of the other by parting with it. Theprice or value of his labouring cattle is a fixed capital" <"Er macht mit dem einen dadurch einen Profit,daß er es in seinem eignen Besitz behält, und mit dem anderen dadurch, daß er es weggibt. Der Preis oderWert seines Arbeitsviehs ist ebenso fixes Kapital">

(hier wieder das Richtige, daß es der Wert ist, worauf sich der Unterschied bezieht, nicht das stofflicheElement),

"in the same manner as that of the instruments of husbandry; their maintenance" (des Arbeitsviehs) "is acirculating capital, in the same way as that of the labouring servants. The farmer makes his profit by kee-ping the labouring cattle, and by parting with their maintenance." <"wie der der Ackergeräte; sein" (desArbeitsviehs) "Unterhalt ist gerade so zirkulierendes Kapital, wie der des Arbeitsgesindes. Der Pächtermacht seinen Profit, indem er das Arbeitsvieh behält und dessen Unterhalt weggibt."

<202> (Der Pächter behält das Futter des Viehs, verkauft es nicht. Er verbraucht es als Viehfutter, wäh-rend er das Vieh selbst als Arbeitsinstrument verbraucht. Der Unterschied ist nur der: Das Viehfutter, dasin die Erhaltung des Arbeitsviehs eingeht, wird ganz aufgezehrt und muß beständig durch neues Viehfut-ter aus dem Ackerbauprodukt oder seinem Verkauf ersetzt werden; das Vieh selbst wird nur ersetzt imMaß, wie jedes Stück der Reihe nach arbeitsunfähig wird.)

"Both the price and the maintenance of the cattle which are bought in and fattened, not for labour but forsale, are a circulating capital. The farmer makes his profit by parting with them." <"Sowohl der Preis alsauch der Unterhalt des Viehs, das nicht zur Arbeit, sondern zum Verkauf gekauft und gemästet wurde, istzirkulierendes Kapital. Der Pächter macht seinen Profit dadurch, daß er es weggibt.">

(Jeder Warenproduzent, also auch der kapitalistische, verkauft sein Produkt, das Resultat seines Produkti-onsprozesses, weswegen aber dies Produkt weder fixen noch flüssigen Bestandteil seines produktivenKapitals bildet. Es besteht jetzt vielmehr in einer Form, worin es aus dem Produktionsprozeß ausgestoßenist und als Warenkapital fungieren muß. Das Mastvieh fungiert im Produktionsprozeß als Rohmaterial,

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nicht als Instrument wie das Arbeitsvieh. Es geht daher als Substanz in das Produkt ein, und sein ganzerWert geht in dasselbe ein, wie der der Hilfsstoffe {sein Futter}. Daher ist es flüssiger Teil des produktivenKapitals, nicht weil das verkaufte Produkt das Mastvieh - hier dieselbe Naturalform hat wie der Rohstoff,das noch nicht gemästete Vieh. Dies ist zufällig. Zugleich hatte aber Smith aus diesem Beispiel sehn kön-nen, daß es nicht die dingliche Gestalt des Produktionselements ist, was dem in ihm steckenden Wert dieBestimmung fix und flüssig gibt, sondern seine Funktion innerhalb des Produktionsprozesses.)

"The whole value of the seed too is a fixed capital. Though it goes backwards and forwards between theground and the granary, it never changes masters, and therefore it does not properly circulate. The farmermakes his profit not by its sale, but by its increase." <"Der ganze Wert der Aussaat ist ebenfalls ein fixesKapital. Obgleich sie zwischen dem Boden und der Scheune hin und her geht, wechselt sie doch nie denEigner und zirkuliert daher nicht wirklich. Der Pächter macht seinen Profit nicht durch ihren Verkauf,sondern durch ihren Zuwachs.">

Hier bricht die gänzliche Gedankenlosigkeit der Smithschen Distinktion an den Tag. Nach ihm wäre dieAussaat fixes Kapital, wenn kein change of masters <Wechsel der Eigner> stattfände, d.h. wenn die Aus-saat direkt aus dem jährlichen <203> Produkt ersetzt, von ihm abgezogen wird. Es wäre dagegen zirkulie-rendes Kapital, wenn das ganze Produkt verkauft und aus einem Wertteil desselben fremdes Saatkorngekauft worden. In dem einen Fall findet change of masters statt, in dem andern nicht. Smith verwechselthier wieder flüssiges Kapital und Warenkapital. Das Produkt ist der stoffliche Träger des Warenkapitals.Aber natürlich nur der Teil desselben, der wirklich in Zirkulation tritt und nicht wieder direkt in den Pro-duktionsprozeß eingeht, aus dem er als Produkt hervorkam.

Ob der Same direkt als Teil vom Produkt abgezogen, oder ob das ganze Produkt verkauft und ein Teilseines Werts im Ankauf von fremdem Samen umgesetzt wird, in beiden Fällen findet nur Ersatz statt undwird durch diesen Ersatz kein Profit gemacht. In dem einen Fall tritt der Same mit dem Rest des Produktsals Ware in Zirkulation, im andern Fall figuriert er nur in der Buchhaltung als Wertbestandteil des vorge-schoßnen Kapitals. Aber in beiden Fällen bleibt er flüssiger Bestandteil des produktiven Kapitals. Er <1.und 2. Auflage: Es; geändert nach der Druckvorlage von Engels> wird ganz aufgezehrt, um das Produktfertig zu machen, und er muß ganz aus ihm ersetzt werden, um die Reproduktion zu ermöglichen.

"Rohmaterialien und Hilfsstoffe verlieren die selbständige Gestalt, womit sie in den Arbeitsprozeß alsGebrauchswerte eintraten. Anders mit den eigentlichen Arbeitsmitteln. Ein Instrument, eine Maschine,ein Fabrikgebäude, ein Gefäß usw. dienen im Arbeitsprozeß nur, solange sie ihre ursprüngliche Gestaltbewahren und morgen wieder in ebenderselben Form in den Arbeitsprozeß eingehn wie gestern. Wie siewährend ihres Lebens, des Arbeitsprozesses, ihre selbständige Gestalt gegenüber dem Produkt bewahren,so auch nach dem Tode. Die Leichen von Maschinen, Werkstätten, Arbeitsgebäuden existieren immernoch selbständig, getrennt von den Produkten, die sie bilden halfen." (Buch I, Kap. VI, S. 192. <SieheBand 23, S. 217/218>)

Diese verschiednen Weisen, worin die Produktionsmittel zur Bildung des Produkts vernutzt werden, in-dem die einen dem Produkt gegenüber ihre selbständige Gestalt bewahren, die andern sie verändern oderganz verlieren, - diesen, dem Arbeitsprozeß als solchem angehörigen Unterschied, der daher ebenso fürArbeitsprozesse zutrifft, die auf bloßen Selbstbedarf, z.B. der patriarchalischen Familie, gerichtet sind,ohne allen Austausch, ohne Warenproduktion - verfälscht A. Smith, indem er 1. die hier ganz ungehörigeBestimmung des Profits hineinbringt, daß die einen dem Eigner Profit bringen, indem sie ihre Gestaltbeibehalten, die andren, indem sie sie verlieren; 2. indem er die Veränderungen eines Teils der Produkti-ons- <204> elemente im Arbeitsprozeß zusammenwirft mit dem, dem Austausch der Produkte, der Wa-renzirkulation angehörigen Formwechsel (Kauf und Verkauf), der zugleich den Wechsel des Eigentumsan den zirkulierenden Waren einschließt.

Der Umschlag unterstellt die Reproduktion als vermittelt durch Zirkulation, also durch Verkauf des Pro-dukts, durch seine Verwandlung in Geld und Rückverwandlung aus Geld in seine Produktionselemente.

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Soweit aber ein Teil seines eignen Produkts dem kapitalistischen Produzenten selbst wieder direkt alsProduktionsmittel dient, erscheint der Produzent als Verkäufer desselben an sich selbst, und so figuriertdie Sache in seiner Buchhaltung. Dieser Teil der Reproduktion ist dann nicht durch Zirkulation vermittelt,sondern unmittelbar. Der Teil des Produkts, der so wieder als Produktionsmittel dient, ersetzt aber flüssi-ges Kapital, nicht fixes, soweit 1. sein Wert ganz in das Produkt eingeht und 2. es selbst in natura ganzdurch ein neues Exemplar aus dem neuen Produkt ersetzt worden ist.

A. Smith sagt uns nun, woraus zirkulierendes und fixes Kapital besteht. Er zählt die Dinge, die stofflichenElemente auf, welche fixes Kapital, und die, welche zirkulierendes bilden, als ob diese Bestimmtheit die-sen Dingen stofflich, von Natur zukäme und nicht vielmehr aus ihrer bestimmten Funktion innerhalb deskapitalistischen Produktionsprozesses entspränge. Und doch macht er in demselben Kapitel (Book II,chap. I) die Bemerkung, daß, obgleich ein gewisses Ding, wie z.B. ein Wohnhaus, das für unmittelbareKonsumtion, reserviert ist,

"may yield a revenue to its proprietor, and thereby serve in the function of a capital to him, it cannot yieldany to the public, nor serve in the function of a capital to it, and the revenue of the whole body of thepeople can never be in the smallest degree increased by it". <"seinem Besitzer ein Einkommen abwerfenund ihm so in der Eigenschaft eines Kapitals dienen kann, es keineswegs der Allgemeinheit Einkommenabwerfen, noch ihr in der Eigenschaft eines Kapitals dienen, und das Einkommen der Gesamtheit desVolkes dadurch niemals im geringsten Grade vergrößert werden kann".> (S.186.)

Hier spricht A. Smith also klar aus, daß die Kapitaleigenschaft den Dingen nicht als solchen und unterallen Umständen zukommt, sondern eine Funktion ist, mit der sie je nach Umständen bekleidet oder nichtbekleidet sind. Was aber vom Kapital überhaupt, das gilt auch von seinen Unterabteilungen.

Dieselben Dinge bilden Bestandteil des flüssigen oder des fixen Kapitals, je nachdem sie andre Funktionim Arbeitsprozeß vollziehn. Z.B. ein Vieh, als Arbeitsvieh (Arbeitsmittel) bildet stoffliche Existenzweisedes fixen <205> Kapitals, dagegen als Mastvieh (Rohmaterial) Bestandteil des zirkulierenden Kapitalsdes Pächters. Andrerseits kann dasselbe Ding bald als Bestandteil des produktiven Kapitals fungieren,bald zum unmittelbaren Konsumtionsfonds gehören. Ein Haus z.B., wenn als Arbeitslokal fungierend, istfixer Bestandteil des produktiven Kapitals; wenn als Wohnhaus, gar keine Form des Kapitals qua <inseiner Eigenschaft als> Wohnhaus. Dieselben Arbeitsmittel können in vielen Fällen bald als Produkti-onsmittel, bald als Konsumtionsmittel fungieren.

Es war dies der eine der Irrtümer, die aus der Smithschen Auffassung folgen: die Charaktere von fixemund zirkulierendem Kapital als den Dingen zukommende Charaktere zu fassen. Schon die Analyse desArbeitsprozesses (Buch I, Kap. V <Siehe Band 23, S. 192-200>) zeigt, wie die Bestimmungen von Ar-beitsmittel, Arbeitsmaterial, Produkt wechseln, je nach der verschiednen Rolle, die ein und dasselbe Dingim Prozeß einnimmt. Die Bestimmungen von fixem und nicht fixem Kapital sind aber ihrerseits aufgebautauf die bestimmten Rollen, welche diese Elemente im Arbeitsprozeß und daher auch im Wertbildungs-prozeß spielen.

Zweitens aber, bei Aufzählung der Dinge, woraus fixes und zirkulierendes Kapital bestehn, kommt ganzzum Ausbruch, daß Smith den nur in bezug auf das produktive Kapital (das Kapital in seiner produktivenForm) gültigen und Sinn habenden Unterschied von fixen und flüssigen Bestandteilen desselben zusam-menwirft mit dem Unterschied zwischen produktivem Kapital und den dem Kapital in seinem Zirkulati-onsprozeß angehörigen Formen: Warenkapital und Geldkapital. Er sagt an derselben Stelle (p. 188):

"The circulating capital consists ... of the provisions, materials, and finished work of all kinds that are inthe hands of their respective dealers, and of the money that is necessary for circulating and distributingthem etc." <"Das zirkulierende Kapital besteht ... den Lebensmitteln, Materialien und fertigen Produktenaller Art, die sich in den Händen ihrer jeweiligen Händler befinden, und aus dem Geld, das nötig ist, umsie zirkulieren zu lassen und sie zu verteilen usw.">

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In der Tat, wenn wir näher zusehn, so ist hier, im Gegensatz zum frühern, zirkulierendes Kapital wiedergleichgesetzt mit Warenkapital und Geldkapital, also mit zwei Formen des Kapitals, die gar nicht demProduktionsprozeß angehören, die nicht zirkulierendes (flüssiges) Kapital im Gegensatz zum fixen, son-dern Zirkulationskapital im Gegensatz zum produktiven Kapital bilden. Nur neben diesen figurieren dannwieder die in Materialien (Rohstoff oder Halbfabrikaten) vorgeschoßnen und wirklich dem Produktions-prozeß einverleibten Bestandteile des produktiven Kapitals. Er sagt:

<206> "... The third and last of the three portions into which the general stock of the society naturallydivides itself, is the circulating capital, of which die characteristic is, that it affords a revenue only bycirculating or changing masters. This is composed likewise of four parts: first, of the money ..." <"Derdritte und letzte der drei Teile, in die sich der Gesamtvorrat der Gesellschaft naturgemäß teilt, ist das zir-kulierende Kapital, dessen Kennzeichen es ist, daß es nur durch Zirkulation oder Wechsel des Eigner: einEinkommen liefert. Es besteht gleichfalls aus vier Teilen: erstens aus dem Geld ...">

(Aber Geld ist nie eine Form des produktiven, des im Produktionsprozeß fungierenden Kapitals. Es iststets nur eine der Formen, welche das Kapital innerhalb seines Zirkulationsprozesses annimmt.) -

"secondly, of the stock of provisions which are in the possession of the butcher, tile grazier, the farmer ...and from the sale of which they expect to derive a profit ... Fourthly and lastly, of the work which is madeup and completed, but which is still in the hands of the merchant and manufacturer." - Und: "thirdly, ofthe materials, whether altogether rude or more or less manufactured, of clothes, furniture, and building,which are not yet made up into any of those three shapes but which remain in the hands of the growers,the manufacturers, the mercers and drapers, the timbermerchants, the carpenters and joiners, the brickma-kers etc." <"zweitens aus dem Vorrat an Lebensmitteln, die im Besitze des Fleischers, des Viehmästers,des Pächters sind ... und aus deren Verkauf sie hoffen, einen Profit zu erzielen ... Viertens und letztens ausdem Produkt, das fertig und vollendet, aber noch in den Händen des Kaufmanns oder Fabrikanten ist." -Und: "drittens aus den Materialien, die entweder völlig roh oder mehr oder weniger bearbeitet sind, ausKleidern, Möbeln und Gebäuden, die noch nicht zu einer dieser drei Gestalten verarbeitet sind, sondernnoch in der Hand der Landwirte, der Fabrikanten, der Seiden- und Tuchhändler, der Holzhändler, derZimmerleute und Tischler, der Ziegelbrenner usw. bleiben.">

Nr. 2 und 4 enthalten nichts als Produkte, die als solche aus dem Produktionsprozeß abgestoßen sind undverkauft werden müssen; kurz, die nun als Waren, daher resp. als Warenkapital fungieren, also eine Formbesitzen und eine Stelle im Prozeß einnehmen, worin sie kein Element des produktiven Kapitals bilden,welches immer ihre schließliche Bestimmung, d.h. ob sie der individuellen oder produktiven Konsumtionschließlich ihrem Zweck (Gebrauchswert) nach anheimfallen sollen. Diese Produkte in 2 sind Nahrungs-mittel, in 4 alle andern fertigen Produkte, die also selbst wieder nur aus fertigen Arbeitsmitteln oder ferti-gen Genußmitteln (andern als den sub 2 enthaltnen Nahrungsmitteln) bestehn.

Daß Smith dabei auch vom Kaufmann spricht, zeigt seine Konfusion. Soweit der Produzent sein Produktan den Kaufmann verkauft hat, bildet es überhaupt keine Form seines Kapitals mehr. Gesellschaftlichbetrachtet ist es allerdings immer noch Warenkapital, wenn auch in andrer Hand als in <207> der seinesProduzenten; aber eben weil Warenkapital, weder fixes noch flüssiges Kapital.

In jeder nicht auf unmittelbaren Selbstbedarf gerichteten Produktion muß das Produkt als Ware zirkulie-ren, d.h. verkauft werden, nicht, um daraus einen Profit zu machen, sondern damit der Produzent über-haupt leben kann. Bei der kapitalistischen Produktion kommt hinzu, daß mit dem Verkauf der Ware auchder Mehrwert, der in ihr steckt, realisiert wird. Das Produkt tritt als Ware aus dem Produktionsprozeßheraus, ist also weder fixes noch flüssiges Element desselben.

Übrigens hebt Smith sich hier selbst auf. Die fertigen Produkte, welches immer ihre stoffliche Gestaltoder ihr Gebrauchswert, ihr Nutzeffekt, sind hier alle Warenkapital, also Kapital in einer dem Zirkulati-

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onsprozeß angehörigen Form. Als in dieser Form befindlich, bilden sie keine Bestandteile des etwaigenproduktiven Kapitals ihres Eigners; was durchaus nicht verhindert, daß, sobald sie verkauft sind, sie in derHand ihres Käufers Bestandteile von produktivem Kapital werden, sei es flüssige oder fixe. Es zeigt sichhier, daß dieselben Dinge, die zu einer Zeit als Warenkapital, im Gegensatz zum produktiven Kapital, aufdem Markt auftreten - sobald sie dem Markt entzogen sind, als flüssige oder fixe Bestandteile des pro-duktiven Kapitals fungieren oder auch nicht fungieren können.

Das Produkt des Baumwollspinners - Garn - ist die Warenform seines Kapitals, Warenkapital für ihn. Eskann nicht wieder als Bestandteil seines produktiven Kapitals fungieren, weder als Arbeitsmaterial nochals Arbeitsmittel. Aber in der Hand des Webers, der es kauft, wird es dem produktiven Kapital desselbenals einer seiner flüssigen Bestandteile einverleibt. Für den Spinner ist das Garn aber Träger des Wertseines Teils sowohl seines fixen als seines flüssigen Kapitals (vom Mehrwert abgesehn). So ist eine Ma-schine, als Produkt des Maschinenfabrikanten, Warenform seines Kapitals, Warenkapital für ihn; undsolange sie in dieser Form verharrt, ist sie weder flüssiges noch fixes Kapital. Verkauft an einen sie ver-wendenden Fabrikanten, wird sie fixer Bestandteil eines produktiven Kapitals. Selbst wenn, seiner Ge-brauchsform nach, das Produkt teilweis wieder als Produktionsmittel in den Prozeß eingehn kann, ausdem es herkam, wie z.B. Kohle in die Kohlenproduktion, so repräsentiert gerade der für den Verkauf be-stimmte Teil des Kohlenprodukts weder flüssiges noch fixes Kapital, sondern Warenkapital.

Andrerseits kann das Produkt seiner Gebrauchsform nach durchaus unfähig sein, irgendein Element desproduktiven Kapitals zu bilden, sei es als Arbeitsmaterial oder als Arbeitsmittel. Z.B. irgendein Lebens-mittel. Nichts- <208> destoweniger ist es Warenkapital für seinen Produzenten, Wertträger sowohl desfixen wie des flüssigen Kapitals; und des einen oder des andern, je nachdem das in seiner Produktionangewandte Kapital ganz oder teilweise ersetzt werden muß, seinen Wert ganz oder teilweise auf es über-tragen hat.

Bei Smith figuriert in Nr. 3 das Rohmaterial (Rohstoff, Halbfabrikat, Hilfsstoff) einerseits nicht als einschon dem produktiven Kapital einverleibter Bestandteil, sondern in der Tat nur als eine besondre Sorteder Gebrauchswerte, aus denen das gesellschaftliche Produkt überhaupt besteht, der Warenmasse, nebenden sub 2 und 4 aufgezählten andern stofflichen Bestandteilen, Lebensmitteln etc. Andrerseits werden sieallerdings als dem produktiven Kapital einverleibt, und daher auch als Elemente desselben in der Handdes Produzenten, aufgeführt. Die Konfusion zeigt sich darin, daß sie teils als in den Händen des Produ-zenten fungierend aufgefaßt werden (in the hands of the growers, the manufacturers etc. <in den Händender Landwirte, der Fabrikanten usw.>), andrerseits als in den Händen von Kaufleuten (mercers, drapers,timber-merchants <Seiden-, Tuch-, Holzhändlern>), wo sie bloßes Warenkapital, nicht Bestandteile desproduktiven Kapitals.

In der Tat vergißt A. Smith hier in der Aufzählung der Elemente des zirkulierenden Kapitals ganz den nurin bezug auf das produktive Kapital gültigen Unterschied von fixem und flüssigem Kapital. Er stellt vie l-mehr Warenkapital und Geldkapital, d.h. die beiden dem Zirkulationsprozeß angehörigen Formen desKapitals, dem produktiven Kapital gegenüber, aber auch dies nur bewußtlos.

Auffallend ist endlich, daß A. Smith bei Aufzählung der Bestandteile des zirkulierenden Kapitals die Ar-beitskraft vergißt. Und zwar geschieht dies aus doppeltem Grund.

Man hat eben gesehn, daß, abgesehn vom Geldkapital, das zirkulierende Kapital nur ein andrer Name fürdas Warenkapital ist. Aber soweit die Arbeitskraft auf dem Markt zirkuliert, ist sie nicht Kapital, keineForm des Warenkapitals. Sie ist überhaupt nicht Kapital; der Arbeiter ist kein Kapitalist, obgleich er eineWare auf den Markt bringt, nämlich seine eigne Haut. Erst sobald die Arbeitskraft verkauft, dem Produk-tionsprozeß einverleibt ist, - also nachdem sie aufgehört hat, als Ware zu zirkulieren, wird sie Bestandteildes produktiven Kapitals: variables Kapital als Quelle des Mehrwerts, flüssiger Bestandteil des produkti-ven Kapitals in bezug auf den Umschlag des in ihr ausgelegten Kapitalwerts. Da Smith hier das flüssigeKapital mit Warenkapital verwechselt, kann er die Arbeitskraft nicht unter- <209> bringen unter seine

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Rubrik des zirkulierenden Kapitals. Das variable Kapital tritt daher hier auf in der Form der Waren, dieder Arbeiter mit seinem Lohn kauft, der Lebensmittel. In dieser Form soll der in Arbeitslohn ausgelegteKapitalwert zum zirkulierenden Kapital gehören. Was dem Produktionsprozeß einverleibt wird, ist dieArbeitskraft, der Arbeiter selbst, nicht die Lebensmittel, wodurch sich der Arbeiter erhält. Allerdingshaben wir gesehn (Buch I, Kap. XXI), daß, gesellschaftlich betrachtet, auch die Reproduktion des Arbei-ters selbst durch seinen individuellen Konsum zum Reproduktionsprozeß des gesellschaftlichen Kapitalsgehört. Aber dies gilt nicht für den einzelnen in sich abgeschloßnen Produktionsprozeß, den wir hier be-trachten. Die acquired and useful abilities <erworbenen und nützlichen Fähigkeiten> (p. 187), die Smithunter der Rubrik des fixen Kapitals aufführt, bilden im Gegenteil Bestandteile des flüssigen Kapitals,sobald sie abilities des Lohnarbeiters sind und dieser seine Arbeit mitsamt ihren abilities verkauft hat.

Es ist ein großer Fehler Smiths, daß er den ganzen gesellschaftlichen Reichtum einteilt in 1. unmittelbarenKonsumtionsfonds, 2. fixes Kapital, 3. zirkulierendes Kapital. Hiernach wäre der Reichtum einzuteilen in1. den Konsumtionsfonds, der keinen Teil des fungierenden gesellschaftlichen Kapitals bildet, obgleichTeile desselben beständig als Kapital fungieren können; und 2. in Kapital. Ein Teil des Reichtums fun-giert hiernach als Kapital, der andre Teil als Nichtkapital oder Konsumtionsfonds. Und es erscheint hierals eine unumgängliche Notwendigkeit für alles Kapital, entweder fix zu sein oder flüssig, etwa wie es fürein Säugetier eine Naturnotwendigkeit ist, entweder männlich zu sein oder weiblich. Wir haben aber ge-sehn, daß der Gegensatz von fix und flüssig nur anwendbar ist auf die Elemente des produktiven Kapitals,daß es also neben diesen noch eine sehr bedeutende Menge Kapital - Warenkapital und Geldkapital - gibt,die sich in einer Form befindet, in der sie weder fix noch flüssig sein kann.

Da mit Ausnahme des Teils der Produkte, der in Naturalform von den einzelnen kapitalistischen Produ-zenten selbst, direkt ohne Verkauf oder Einkauf, wieder als Produktionsmittel vernutzt wird, die ganzeMasse der gesellschaftlichen Produktion - auf kapitalistischer Grundlage - als Warenkapital auf demMarkt zirkuliert, so ist es klar, daß aus dem Warenkapital sowohl die fixen und flüssigen Elemente desproduktiven Kapitals, wie auch alle Elemente des Konsumtionsfonds herausgezogen werden; was in derTat nichts andres heißt, als daß Produktionsmittel wie Konsumtionsmittel auf Basis der kapitalistischenProduktion zunächst als Warenkapital auftreten, <210> wenn sie auch die Bestimmung haben, später alsKonsumtions- oder Produktionsmittel zu dienen; wie die Arbeitskraft selbst als Ware, wenn auch nicht alsWarenkapital, auf dem Markt vorgefunden wird.

Daher folgende neue Verwirrung bei A. Smith. Er sagt:

"Of these four parts"

(des circulating capital, d.h. des Kapitals in seinen dem Zirkulationsprozeß angehörigen Formen von Wa-renkapital und Geldkapital - zwei Teile, die sich dadurch in vier verwandeln, daß Smith die Bestandteiledes Warenkapitals wieder stofflich unterscheidet)

"three - provisions, materials, and finished work, are either annually or in a longer or shorter period, re-gularly withdrawn from it, and placed either in the fixed capital, or in the stock reserved for immediateconsumption. Every fixed capital is both originally derived from, and requires to be continually supportedby, a circulating capital. All useful machines and instruments of trade are originally derived from a circu-lating capital, which furnishes the materials of which they are made and the maintenance of the workmenwho make them. They require, too, a capital of the same kind to keep them in constant repair." <"Vondiesen vier Teilen" (...) "werden drei - Lebensmittel, Materialien und fertige Produkte - entweder jährlichoder in einer längeren oder kürzeren Periode regelmäßig aus ihm herausgenommen und entweder in dasfixe Kapital, oder aber in den für unmittelbare Konsumtion bestimmten Vorrat versetzt. Jedes fixe Kapitalstammt ursprünglich von einem zirkulierenden Kapital, und muß ständig von ihm erhalten werden. Allenützlichen Maschinen und Arbeitsinstrumente stammen ursprünglich von einem zirkulierenden Kapital,das die Materialien liefert, aus denen sie gemacht sind, und den Unterhalt der Arbeiter, die sie herstellen.

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Sie erfordern ebenfalls ein Kapital von der gleichen Art, um sie ständig in gutem Zustand zu erhalten.">(p. 188.)

Mit Ausnahme stets des direkt von ihren Produzenten wieder als Produktionsmittel verbrauchten Teils desProdukts, gilt für die kapitalistische Produktion der allgemeine Satz: Alle Produkte kommen als Warenauf den Markt und zirkulieren daher für den Kapitalisten als Warenform seines Kapitals, als Warenkapi-tal, ob diese Produkte nun ihrer Naturalform, ihrem Gebrauchswert nach, als Elemente des produktivenKapitals (des Produktionsprozesses) fungieren müssen oder können, als Produktionsmittel, und daher alsfixe oder flüssige Elemente des produktiven Kapitals; oder ob sie nur als Mittel der individuellen, nichtder produktiven Konsumtion dienen können. Alle Produkte werden als Waren auf den Markt geworfen;alle Produktions- und Konsumtionsmittel, alle Elemente der produktiven und individuellen Konsumtionmüssen daher durch Kauf als Waren wieder dem Markt entzogen werden. Diese Trivialität (truism) istnatürlich richtig. Es <211> gilt dies daher auch sowohl für die fixen wie für die flüssigen Elemente desproduktiven Kapitals, für Arbeitsmittel wie für Arbeitsmaterial in allen Formen. (Dabei ist noch verges-sen, daß es Elemente des produktiven Kapitals gibt, die von Natur vorhanden, keine Produkte sind.) DieMaschine wird wohl auf dem Markt gekauft, wie die Baumwolle. Aber es folgt daraus keineswegs - diesfolgt nur aus der Smithschen Verwechslung von Zirkulationskapital mit zirkulierendem oder flüssigem,d.h. nicht fixem Kapital -, daß jedes fixe Kapital ursprünglich aus einem flüssigen herstammt. Und zudemhebt Smith sich selbst auf. Die Maschinen bilden als Ware nach ihm selbst Teil von Nr. 4 des zirkulieren-den Kapitals. Daß sie aus dem zirkulierenden Kapital herstammen, heißt also nur, daß sie als Warenkapi-tal fungierten, bevor sie als Maschinen fungierten, daß sie aber stofflich aus sich selbst herstammen;ebenso wie die Baumwolle als flüssiges Element des Spinnerkapitals aus der Baumwolle auf dem Marktherstammt. Wenn aber Smith, in seiner weitern Ausführung, das fixe Kapital deswegen aus dem flüssigenherleitet, weil Arbeit und Rohmaterial nötig ist, um Maschinen zu machen, so sind erstens noch Arbeits-mittel, also fixes Kapital, nötig, um Maschinen zu machen, und es ist zweitens ebenfalls fixes Kapitalnötig, Maschinerie etc., um Rohmaterialien zu machen, da das produktive Kapital stets Arbeitsmittel ein-schließt, aber nicht stets Arbeitsmaterial. Er selbst sagt gleich darauf:

"Lands, mines, and fisheries, require all both a fixed and circulating capital to cultivate them;" <"Boden,Bergwerke und Fischereien erfordern alle sowohl fixes als zirkulierendes Kapital zu ihrer Bearbeitung;">

(er gibt also zu, daß nicht nur flüssiges, sondern auch fixes Kapital nötig zur Produktion von Rohmaterial)

"and" (hier neue Verkehrtheit) "their produce replaces with a profit, not only those capitals, but all theothers in society." <"und" (...) "ihr Produkt ersetzt mit einem Profit nicht nur jene Kapitale, sondern auchalle andern in der Gesellschaft."> (p. 188.)

Dies ist total verkehrt. Ihr Produkt liefert das Rohmaterial, die Hilfsstoffe etc., für alle andern Industrie-zweige. Aber ihr Wert ersetzt nicht den Wert aller andern gesellschaftlichen Kapitale; er ersetzt nur ihreneignen Kapitalwert (+ Mehrwert). Hier geht bei A. Smith wieder die Erinnerung an die Physiokratendurch.

Gesellschaftlich betrachtet ist es richtig, daß der Teil des Warenkapitals, der aus Produkten besteht, dienur als Arbeitsmittel dienen können, früher <212> oder später - wenn sie nicht überhaupt nutzlos produ-ziert sein sollen, nicht unverkäuflich sind - auch als Arbeitsmittel fungieren, d.h. auf Basis der kapitalisti-schen Produktion, sobald sie aufgehört haben, Waren zu sein, wirkliche, wie vorher schon voraussichtli-che, Elemente des fixen Teils des gesellschaftlichen produktiven Kapitals bilden müssen.

Hier findet ein Unterschied statt, der aus der Naturalform des Produkts entspringt.

Eine Spinnmaschine z.B. hat keinen Gebrauchswert, wenn sie nicht zum Spinnen vernutzt wird, also nichtals Produktionselement, also, vom kapitalistischen Standpunkt, als fixer Bestandteil eines produktivenKapitals fungiert. Aber die Spinnmaschine ist beweglich. Sie kann aus dem Land, worin sie produziert ist,

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exportiert und im fremden Land, sei es gegen Rohstoffe etc., sei es gegen Champagner, direkt oder indi-rekt verkauft werden. In dem Land, worin sie produziert wurde, hat sie dann nur als Warenkapital fun-giert, nie aber, auch nicht nach ihrem Verkauf, als fixes Kapital.

Dagegen Produkte, die durch Einverleibung mit dem Boden lokalisiert sind, und daher auch nur lokalvernutzt werden können, z.B. Fabrikgebäude, Eisenbahnen, Brücken, Tunnels, Docks usw., Bodenverbes-serungen usw., können nicht körperlich, mit Haut und Haaren, exportiert werden. Sie sind nicht beweg-lich. Entweder sind sie nutzlos, oder sie müssen, sobald sie verkauft sind, als fixes Kapital fungieren indem Land, worin sie produziert sind. Für ihren kapitalistischen Produzenten, der auf Spekulation Fabrikenbaut oder Ländereien verbessert, um sie zu verkaufen, sind diese Dinge Form seines Warenkapitals, alsonach A. Smith Form des zirkulierenden Kapitals. Aber gesellschaftlich betrachtet, müssen diese Dinge -sollen sie nicht nutzlos sein - schließlich im Land selbst in einem durch ihre eigne Lokalität fixierten Pro-duktionsprozeß als fixes Kapital fungieren; woraus keineswegs folgt, daß unbewegliche Dinge als solcheohne weiteres fixes Kapital sind; sie können als Wohnhäuser etc. dem Konsumtionsfonds angehören undalso überhaupt nicht zum gesellschaftlichen Kapital gehören, obgleich sie ein Element des gesellschaftli-chen Reichtums bilden, wovon das Kapital nur ein Teil. Der Produzent dieser Dinge, um uns Smithischauszudrücken, macht einen Profit durch ihren Verkauf. Also zirkulierendes Kapital! Ihr Nutzanwender,ihr definitiver Käufer, kann sie nur benutzen, indem er sie im Produktionsprozeß verwendet. Also fixesKapital!

Eigentumstitel, an einer Eisenbahn z.B., können täglich die Hände wechseln, und ihre Besitzer durch denVerkauf dieser Titel sogar im Auslande - so daß die Eigentumstitel exportierbar, obgleich nicht die Eisen-<213> bahn selbst - einen Profit machen. Aber nichtsdestoweniger müssen diese Dinge im Lande selbst,wo sie lokalisiert sind, entweder brachliegen oder als fixer Bestandteil eines produktiven Kapitals fungie-ren. Ebenso kann Fabrikant A Profit machen durch Verkauf seiner Fabrik an Fabrikant B, was aber dieFabrik nicht hindert, nach wie vor als fixes Kapital zu fungieren.

Wenn daher die lokal fixierten, vom Boden unzertrennlichen Arbeitsmittel, obgleich sie für ihren Produ-zenten als Warenkapital fungieren mögen und keine Elemente seines fixen Kapitals bilden (dies bestehtfür ihn aus den Arbeitsmitteln, die er zum Bau von Gebäuden, Eisenbahnen etc. braucht), dennoch not-wendig voraussichtlich als fixes Kapital im Land selbst fungieren müssen, so folgt daraus keineswegsumgekehrt, daß das fixe Kapital notwendig aus unbeweglichen Dingen besteht. Ein Schiff und eine Lo-komotive wirken nur durch ihre Bewegung; und doch fungieren sie, nicht für ihren Produzenten, aber fürihren Anwender als fixes Kapital. Andrerseits sind Dinge, die wirklichst im Produktionsprozeß fixiertsind, in ihm leben und sterben und ihn nie, nachdem sie in ihn eingetreten, wieder verlassen, flüssige Be-standteile des produktiven Kapitals. Z.B. die Kohle, die zum Betrieb der Maschine im Produktionsprozeß,das Gas, das zur Beleuchtung im Fabrikgebäude verzehrt wird usw. Sie sind flüssig, nicht weil sie leiblichmit dem Produkt den Produktionsprozeß verlassen und als Ware zirkulieren, sondern weil ihr Wert ganzin den Wert der Ware eingeht, den sie produzieren helfen, also auch ganz aus dem Verkauf der Ware er-setzt werden muß.

In der letztzitierten Stelle A. Smiths ist noch die Phrase zu bemerken:

"A circulating capital which furnishes ... the maintenance of the workmen who make them" <"Ein zirku-lierendes Kapital, ... das den Unterhalt der Arbeiter, die sie (...) .herstellen, liefert"> (Maschinen etc.).

Bei den Physiokraten figuriert der in Arbeitslohn vorgeschoßne Kapitalteil richtig unter den avances an-nuelles <jährlichen Vortschüsses> im Gegensatz zu den avances primitives <ursprünglichen Vorschüs-sen>. Andrerseits erscheint bei ihnen als Bestandteil des vom Pächter angewandten produktiven Kapitalsnicht die Arbeitskraft selbst, sondern die den Landarbeitern gegebnen Lebensmittel (the maintenance ofthe workmen <der Unterhalt der Arbeiter>, wie Smith sagt). Dies hängt genau mit ihrer spezifischenDoktrin zusammen. Der Wertteil, den die Arbeit dem Produkt zusetzt (ganz wie der Wertteil, den Roh-material, Arbeitsinstrumente etc., kurz die stofflichen <214> Bestandteile des konstanten Kapitals dem

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Produkt zusetzen), ist nämlich bei ihnen nur gleich dem Wert der den Arbeitern gezahlten und zur Erhal-tung ihrer Funktion als Arbeitskräfte notwendig zu verzehrenden Lebensmittel. Den Unterschied vonkonstantem Kapital und variablem Kapital zu entdecken, ist ihnen durch ihre Doktrin selbst versagt. Ist esdie Arbeit, welche den Mehrwert produziert (außer der Reproduktion ihres eignen Preises), so produziertsie ihn in der Industrie so gut wie im Ackerbau. Da sie ihn aber nach dem System nur in dem einen Pro-duktionszweig, dem Ackerbau produziert, so entspringt er nicht aus ihr, sondern aus der besondren Tätig-keit (Mithilfe) der Natur in diesem Zweige. Und nur deswegen heißt ihnen die Ackerbauarbeit produktiveArbeit, im Unterschied von den andern Arbeitsarten.

A. Smith bestimmt die Lebensmittel der Arbeiter als zirkulierendes Kapital im Gegensatz zum fixen

1. weil er das flüssige Kapital im Gegensatz zum fixen verwechselt mit den der Zirkulationssphäre ange-hörigen Formen des Kapitals, mit dem Zirkulationskapital; eine Verwechslung, die sich nach ihm kritik-los fortgeerbt hat. Er verwechselt daher das Warenkapital mit dem flüssigen Bestandteil des produktivenKapitals, und da versteht es sich von selbst, daß, wo das gesellschaftliche Produkt die Form der Wareannimmt, die Lebensmittel der Arbeiter, wie die der Nichtarbeiter, die Materialien, wie die Arbeitsmittelselbst, aus dem Warenkapital geliefert werden müssen.

2. Aber auch die physiokratische Vorstellung läuft bei Smith unter, obgleich sie dem esoterischen - wirk-lich wissenschaftlichen - Teil seiner eignen Entwicklung widerspricht.

Das vorgeschoßne Kapital wird überhaupt umgesetzt in produktives Kapital, d.h. es nimmt die Gestaltvon Produktionselementen an, die selbst Produkt früherer Arbeit sind. (Darunter die Arbeitskraft.) Nur indieser Form kann es innerhalb des Produktionsprozesses fungieren. Setzt man nun statt der Arbeitskraftselbst, worin sich der variable Teil des Kapitals umgesetzt hat, die Lebensmittel des Arbeiters, so ist esklar, daß diese Lebensmittel als solche sich in Beziehung auf Wertbildung nicht von den andern Elemen-ten des produktiven Kapitals unterscheiden, von den Rohmaterialien und von den Lebensmitteln des Ar-beitsviehs, womit Smith, nach Vorgang der Physiokraten, sie daher auch in einer vorher zitierten Stelleauf eine Stufe stellt. Die Lebensmittel können nicht selbst ihren Wert verwerten oder ihm einen Mehrwertzusetzen. Ihr Wert, wie der der andren Elemente des produktiven Kapitals, kann nur im Wert des Pro-dukts wieder erscheinen. Sie können ihm nicht mehr Wert zusetzen, als sie selbst besitzen. Sie unter-<215> scheiden sich, wie Rohmaterial, Halbfabrikat etc., nur dadurch vom fixen Kapital, das aus Ar-beitsmitteln besteht, daß sie (für den Kapitalisten wenigstens, der sie zahlt) ganz verzehrt werden in demProdukt, in dessen Bildung sie eingehn, ihr Wert daher ganz ersetzt werden muß, was bei dem fixen Ka-pital nur allmählich, stückweis geschieht. Der in Arbeitskraft (resp. den Lebensmitteln des Arbeiters)vorgeschoßne Teil des produktiven Kapitals unterscheidet sich jetzt also nur stofflich, nicht mit Bezug aufden Arbeits- und Verwertungsprozeß, von den übrigen stofflichen Elementen des produktiven Kapitals.Er unterscheidet sich nur als mit einem Teil der objektiven Produktbildner (materials sagt Smith allge-mein) in die Kategorie des zirkulierenden Kapitals fallend, im Gegensatz zu einem andern Teil der objek-tiven Produktbildner, der unter die Kategorie des fixen Kapitals fällt.

Daß der in Arbeitslohn ausgelegte Teil des Kapitals zum flüssigen Teil des produktiven Kapitals gehört,die Flüssigkeit gemein hat, im Gegensatz zum fixen Bestandteil des produktiven Kapitals, mit einem Teilder gegenständlichen Produktbildner, den Rohstoffen etc., hat absolut nichts zu tun mit der Rolle, welchedieser variable Teil des Kapitals, im Gegensatz zum konstanten, im Verwertungsprozeß spielt. Es beziehtsich nur darauf, wie dieser Teil des vorgeschoßnen Kapitalwerts aus dem Wert des Produkts vermittelstder Zirkulation ersetzt, erneuert, also reproduziert werden muß. Der Kauf und Wiederkauf der Arbeits-kraft gehört dem Zirkulationsprozeß an. Aber erst innerhalb des Produktionsprozesses verwandelt sich derin Arbeitskraft ausgelegte Wert (nicht für den Arbeiter, sondern für den Kapitalisten) aus einer bestimm-ten, konstanten, in eine variable Größe, und wird dadurch überhaupt erst der vorgeschoßne Wert in Kapi-talwert, in Kapital, in sich verwertenden Wert verwandelt. Dadurch aber, daß wie bei Smith nicht der inArbeitskraft ausgelegte Wert als flüssiger Bestandteil des produktiven Kapitals bestimmt wird, sondernder in den Lebensmitteln des Arbeiters ausgelegte Wert, wird das Begreifen des Unterschieds von varia-

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blem und konstantem Kapital, also das Begreifen des kapitalistischen Produktionsprozesses überhaupt,unmöglich gemacht. Die Bestimmung dieses Kapitalteils, variables Kapital zu sein im Gegensatz zu demin gegenständlichen Produktbildnern ausgelegten konstanten Kapital, wird begraben unter der Bestim-mung, daß der in Arbeitskraft ausgelegte Kapitalteil mit Bezug auf den Umschlag zum flüssigen Teil desproduktiven Kapitals gehört. Das Begräbnis wird vollständig gemacht, indem an Stelle der Arbeitskraftdie Lebensmittel des Arbeiters als Element des produktiven Kapitals aufgezählt werden. Ob der Wert derArbeitskraft in Geld oder direkt in Lebensmitteln vorgeschossen wird, ist gleichgültig. Obgleich natürlich<216> das Letztre auf Basis der kapitalistischen Produktion nur Ausnahme sein kann.

Dadurch, daß so die Bestimmung des zirkulierenden Kapitals durch A. Smith als das entscheidende fürden in Arbeitskraft ausgelegten Kapitalwert fixiert wurde - diese physiokratische Bestimmung ohne dieVoraussetzung der Physiokraten -, hat Smith bei seinen Nachfolgern glücklich die Erkenntnis des in Ar-beitskraft ausgelegten Kapitalteils als variablen unmöglich gemacht. Die tiefern und richtigen Entwick-lungen, die er anderswo selbst gegeben, siegten nicht, wohl aber dieser sein Verstoß. Ja, spätere Schrift-steller sind weiter gegangen, sie haben es nicht nur zur entscheidenden Bestimmung des in Arbeitskraftausgelegten Kapitalteils gemacht, zirkulierendes - im Gegensatz zu fixem - Kapital zu sein; sie haben eszur wesentlichen Bestimmung des zirkulierenden Kapitals gemacht, in Lebensmitteln für die Arbeiterausgelegt zu werden. Daran schloß sich naturgemäß die Lehre von dem aus notwendigen Lebensmittelnbestehenden Arbeitsfonds <Siehe Band 23, S. 636 - 639> als einer gegebnen Größe, welche einerseits dieGrenzen des Anteils der Arbeiter am gesellschaftlichen Produkt physisch beschränkt, andrerseits aberauch im Ankauf von Arbeitskraft seinem ganzen Umfang nach verausgabt werden muß.

Fußnoten

(23) Vgl. für Quesnay die "Analyse du Tableau Économique" ("Physiocrates", éd. Daire, I. Partie, Paris1846). Es heißt dort z.B.: "Die jährlichen Vorschüsse bestehen in den Ausgaben, die jährlich für die Ar-beiten in der Landbestellung gemacht werden; diese Vorschüsse müssen von den ursprünglichen Vor-schüssen unterschieden werden, die Fonds für die Einrichtung der Landbestellung darstellen." (p. 59.) -Bei den jüngren Physiokraten werden die avances schon mehrfach direkt als capital bezeichnet: "Capitalou avances". Dupont de Nemours, "Maximes du Docteur Quesnay, ou résumé de ses principes d'écono-mie sociale"<1. und 2. Auflage: "Origine & Progres d'une science nouvelle", 1767> (Daire, l.p. 391);ferner Le Trosne: "Infolge der längeren oder kürzeren Lebensdauer der Arbeitserzeugnisse besitzt eineNation einen von seiner jährlichen Reproduktion unabhängigen beträchtlichen Vorrat von Reichtümern,der ein von langer Hand akkumuliertes Kapital darstellt und, ursprünglich mit Produkten bezahlt, sichimmer erhält und wächst." (Daire, II, p. 928, 929.) - Turgot braucht das Wort capital schon regelmäßigerfür avances, und identifiziert noch mehr die avances der manufacturiers <Fabrikanten> mit denen derPächter. (Turgot, "Réflexions sur la Formation et la Distribution des Richesses", 1766.)

(24) Wie sehr A. Smith sich selbst den Weg versperrt hat zum Verständnis der Rolle der Arbeitskraft imVerwertungsprozeß, beweist folgender Satz, der die Arbeit der Arbeiter nach physiokratischer Weise mitder des Arbeitsviehs auf gleiche Stufe stellt: "Nicht nur sein" (des Pächters) "Arbeitsgesinde, auch seinArbeitsvieh besteht aus produktiven Arbeitern." (Book II, chap. V, p. 243.)

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Theorien über fixes und zirkulierendes Kapital.Ricardo

<217> Ricardo führt den Unterschied zwischen fixem und zirkulierendem Kapital nur auf, um die Aus-nahmen der Wertregel darzustellen, nämlich solche Fälle, wo die Rate des Arbeitslohns auf die Preisewirkt. Darauf kommen wir erst in Buch III zu sprechen. <Siehe Band 25, 11. Kapitel>

Die ursprüngliche Unklarheit zeigt sich aber von vornherein in der gleichgültigen Nebeneinanderstellung:

"Dieser Unterschied im Grad der Dauerhaftigkeit des fixen Kapitals, und dieser Wechsel in den Verhält-nissen, worin beide Kapitalarten kombiniert sein können."

Fragen wir nun, welches die beiden Kapitalarten sind, so hören wir:

"Ebenfalls die Verhältnisse, worin das Kapital, das die Arbeit unterhalten soll, und das Kapital, das inWerkzeugen, Maschinerie und Gebäuden ausgelegt ist, verschieden kombiniert sein können."

Also fixes Kapital = Arbeitsmitteln, und zirkulierendes Kapital = Kapital, das in Arbeit ausgelegt ist.Kapital, das die Arbeit unterhalten soll, ist schon ein abgeschmackter, aus A. Smith herübergenommenerAusdruck. Das zirkulierende Kapital wird hier einerseits zusammengeworfen mit dem variablen Kapital,d.h. mit dem in Arbeit ausgelegten Teil des produktiven Kapitals. Andrerseits aber, weil der Gegensatznicht aus dem Verwertungsprozeß geschöpft ist - konstantes und variables Kapital -, sondern aus dem<218> Zirkulationsprozeß (die alte Smithsche Konfusion), kommen doppelt falsche Bestimmungen her-aus.

Erstens: Die Differenzen im Grad der Dauerhaftigkeit des fixen Kapitals und die Verschiedenheiten derKapitalzusammensetzung aus konstantem und variablem Kapital werden als gleichwertig gefaßt. Derletztre Unterschied aber bestimmt den Unterschied in der Produktion des Mehrwerts; der erste dagegen,soweit der Verwertungsprozeß in Betracht kommt, bezieht sich nur auf die Art und Weise, wie ein gegeb-ner Wert vom Produktionsmittel auf das Produkt übertragen wird; soweit der Zirkulationsprozeß in Be-tracht kommt, betrifft er nur die Periode der Erneuerung des ausgelegten Kapitals, oder anders betrachtet,die Zeit, für welche es vorgeschossen ist. Wenn man, statt das innere Getriebe des kapitalistischen Pro-duktionsprozesses zu durchschauen, sich auf den Standpunkt der fertigen Phänomene stellt, so fallen die-se Unterschiede in der Tat zusammen. Bei der Verteilung des gesellschaftlichen Mehrwerts unter die inverschiednen Betriebszweigen angelegten Kapitale wirken Differenzen in den verschiednen Zeiträumen,wofür Kapital vorgeschossen wird (also z.B. die verschiedne Lebensdauer bei fixem Kapital), und ver-schiedne organische Zusammensetzungen des Kapitals (also auch die verschiedne Zirkulation von kon-stantem und variablem Kapital) gleichmäßig mit bei Ausgleichung der allgemeinen Profitrate und beiVerwandlung der Werte in Produktionspreise.

Zweitens: Vom Standpunkt des Zirkulationsprozesses stehn auf der einen Seite die Arbeitsmittel: fixesKapital, auf der andern Seite Arbeitsmaterial und Arbeitslohn: flüssiges Kapital. Dagegen vom Stand-punkt des Arbeits- und Verwertungsprozesses steht auf der einen Seite: Produktionsmittel (Arbeitsmittelund Arbeitsmaterial), konstantes Kapital; auf der andern Seite Arbeitskraft, variables Kapital. Für dieorganische Zusammensetzung (Buch I, Kap. XXIII, 2, p. 647 <Siehe Band 23, S. 640>) des Kapitals ist esganz gleichgültig, ob dasselbe Wertquantum konstantes Kapital aus viel Arbeitsmitteln und wenig Ar-beitsmaterial oder aus viel Arbeitsmaterial und wenig Arbeitsmitteln besteht, während alles abhängt vomVerhältnis des in Produktionsmitteln ausgelegten zu dem in Arbeitskraft ausgelegten Kapital. Umgekehrt:Vom Standpunkt des Zirkulationsprozesses, des Unterschieds von fixem und zirkulierendem Kapital, istes ebenso gleichgültig, in welchen Verhältnissen ein gegebnes Wertquantum zirkulierenden Kapitals sichin Arbeitsmaterial und Arbeitslohn teilt. Von dem einen Standpunkt rangiert <219> das Arbeitsmaterial inderselben Kategorie mit den Arbeitsmitteln, im Gegensatz zu dem in Arbeitskraft ausgelegten Kapital-

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wert. Von dem andern Standpunkt rangiert der in Arbeitskraft ausgelegte Kapitalteil zusammen mit demin Arbeitsmaterial ausgelegten, im Gegensatz zu dem in Arbeitsmitteln ausgelegten Kapitalteil.

Daher erscheint bei Ricardo der in Arbeitsmaterial (Roh- und Hilfsstoffen) ausgelegte Wertteil des Kapi-tals auf keiner Seite. Er verschwindet ganz. Er paßt nämlich nicht auf die Seite des fixen Kapitals, weil erin seiner Zirkulationsweise ganz mit dem in Arbeitskraft ausgelegten Kapitalteil zusammenfällt. Und erdarf andrerseits nicht auf Seite des zirkulierenden Kapitals gestellt werden, weil damit die von A. Smithübertragne und stillschweigend durchlaufende Gleichstellung des Gegensatzes: fixes und zirkulierendesKapital, mit dem Gegensatz: konstantes und variables Kapital, sich selbst aufhöbe. Ricardo hat zuviellogischen Instinkt, um das nicht zu fühlen, und daher verschwindet ihm dieser Kapitalteil ganz und gar.

Es ist hier zu bemerken, daß der Kapitalist das in Arbeitslohn ausgelegte Kapital in verschiednen Termi-nen, in der Sprachweise der politischen Ökonomie, vorschießt, je nachdem er diesen Lohn z.B. wöchent-lich, monatlich oder dreimonatlich zahlt. In der Tat verhält sich die Sache umgekehrt. Der Arbeiterschießt dem Kapitalisten seine Arbeit auf eine Woche, einen Monat, drei Monate vor, je nachdem er wö-chentlich, monatlich oder dreimonatlich bezahlt wird. Kaufte der Kapitalist die Arbeitskraft, statt sie zubezahlen, zahlte er also dem Arbeiter den Arbeitslohn per Tag, Woche, Monat oder drei Monate voraus,so könnte von einem Vorschuß für diese Termine gesprochen werden. Da er aber zahlt, nachdem die Ar-beit Tage, Wochen, Monate gedauert hat, statt sie zu kaufen und zu zahlen für den Termin, den sie dauernsoll, so ist das Ganze ein kapitalistisches Quidproquo, und der Vorschuß, der dem Kapitalisten vom Ar-beiter in Arbeit gegeben wird, wird in einen Vorschuß verwandelt, den der Kapitalist in Geld dem Arbei-ter gibt. Es ändert durchaus nichts an der Sache, daß der Kapitalist das Produkt selbst oder dessen Wert -je nach der verschiednen Zeitdauer, die seine Herstellung erfordert, oder auch nach der verschiednen fürseine Zirkulation erforderlichen Zeitdauer nur in kurzem oder längern Terminen (zusammen mit dem ihmeinverleibten Mehrwert) aus der Zirkulation zurückerhält oder realisiert. Was der Käufer einer Ware mitderselben anfangen will, ist dem Verkäufer durchaus gleichgültig. Der Kapitalist erhält eine Maschinenicht wohlfeiler, weil er ihren ganzen Wert auf einmal vorschießen muß, während ihm derselbe Wert nurallmählich und stückweis aus der Zirkulation zurückströmt; noch zahlt er die Baumwolle <220> deswe-gen teurer, weil ihr Wert ganz in den Wert des aus ihr verfertigten Produkts eingeht und daher ganz undauf einmal durch den Verkauf des Produkts ersetzt wird.

Kehren wir zu Ricardo zurück.

1. Das Charakteristische des variablen Kapitals ist, daß ein bestimmter, gegebner (also als solcher kon-stanter) Kapitalteil. eine gegebne Wertsumme (angenommen gleich dem Wert der Arbeitskraft, obgleiches hier gleichgültig ist, ob der Arbeitslohn gleich, größer oder kleiner als der Wert der Arbeitskraft), aus-getauscht wird gegen eine sich verwertende, wertschaffende Kraft - die Arbeitskraft, welche nicht nurihren vorn Kapitalisten bezahlten Wert reproduziert, sondern zugleich einen Mehrwert produziert, einenvorher nicht vorhandnen und durch kein Äquivalent erkauften Wert. Diese charakteristische Eigenschaftdes in Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils, die es als variables Kapital von dem konstanten Kapital totocoelo <in jeder Beziehung> unterscheidet, verschwindet, sobald der in Arbeitslohn ausgelegte Kapitalteilbloß vom Standpunkt des Zirkulationsprozesses betrachtet wird und so als zirkulierendes Kapital er-scheint gegenüber dem in Arbeitsmitteln ausgelegten fixen Kapital. Es geht dies schon daraus hervor, daßes dann unter einer Rubrik - der des zirkulierenden Kapitals - zusammen mit einem Bestandteil des kon-stanten Kapitals, dem in Arbeitsmaterial ausgelegten, gegenübergestellt wird einem andern Bestandteildes konstanten Kapitals, dem in Arbeitsmitteln ausgelegten. Vom Mehrwert, also gerade von dem Um-stand, der die ausgelegte Wertsumme in Kapital verwandelt, wird dabei ganz abgesehn. Ebenso wird da-von abgesehn, daß der Wertteil, den das in Arbeitslohn ausgelegte Kapital dem Produkt zusetzt, neu pro-duziert (also auch wirklich reproduziert ist), während der Wertteil, den das Rohmaterial dem Produktzusetzt, nicht neu produziert, nicht wirklich reproduziert, sondern nur im Produktwert erhalten, konser-viert ist, und daher als Wertbestandteil des Produkts nur wiedererscheint. Der Unterschied, wie er sichvom Gesichtspunkt des Gegensatzes von flüssigem und fixem Kapital jetzt darstellt, besteht nur darin: derWert der zur Produktion einer Ware angewandten Arbeitsmittel geht nur teilweis in den Wert der Ware

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ein und wird daher durch den Verkauf der Ware auch nur teilweis ersetzt, wird daher überhaupt nurstückweis und allmählich ersetzt. Andrerseits: der Wert der zur Produktion einer Ware verwandten Ar-beitskraft und Arbeitsgegenstände (Rohstoffe etc.) geht ganz in die Ware ein und wird daher ganz durchihren Verkauf ersetzt. Insofern stellt sich mit Bezug auf den Zir- <221> kulationsprozeß der eine Teil desKapitals als fix, der andre als flüssig oder zirkulierend dar. Es handelt sich in beiden Fällen um eineÜbertragung gegebner, vorgeschoßner Werte auf das Produkt und um ihren Wiederersatz durch den Ver-kauf des Produkts. Der Unterschied besteht jetzt nur darin, ob die Wertübertragung, und daher der Wer-tersatz, stückweis und allmählich oder auf einmal vor sich geht. Damit ist der alles entscheidende Unter-schied zwischen variablem und konstantem Kapital ausgelöscht, also das ganze Geheimnis der Mehr-wertbildung und der kapitalistischen Produktion, die Umstände, die gewisse Werte und die Dinge, worinsie sich darstellen, in Kapital verwandeln, ausgelöscht. Alle Bestandteile des Kapitals unterscheiden sichnur noch durch die Zirkulationsweise (und die Zirkulation der Ware hat es natürlich nur mit bereits vor-handnen, gegebnen Werten zu tun); und eine besondre Zirkulationsweise ist dem in Arbeitslohn ausge-legten Kapital gemeinsam mit dem in Rohmaterialien, Halbfabrikaten, Hilfsstoffen ausgelegten Kapi-talteil im Gegensatz zu dem in Arbeitsmitteln ausgelegten Kapitalteil.

Man begreift daher, warum die bürgerliche politische Ökonomie A. Smiths Konfusion der Kategorien"konstantes und variables Kapital" mit den Kategorien "fixes und zirkulierendes Kapital" instinktmäßigfesthielt und kritiklos ein Jahrhundert durch von Generation zu Generation nachplapperte. Der im Ar-beitslohn ausgelegte Kapitalteil unterscheidet sich bei ihr gar nicht mehr von dem in Rohstoff ausgelegtenKapitalteil, und unterscheidet sich nur formell - ob er stückweis oder ganz durch das Produkt zirkuliertwird - vom konstanten Kapital. Damit ist die Grundlage für das Verständnis der wirklichen Bewegung derkapitalistischen Produktion, und daher der kapitalistischen Exploitation, mit einem Schlage verschüttet.Es handelt sich nur um das Wiedererscheinen vorgeschoßner Werte.

Bei Ricardo ist die unkritische Aufnahme der Smithschen Konfusion störender, nicht nur als bei den spä-tem Apologetikern, bei denen die Begriffskonfusion vielmehr das Nichtstörende ist, sondern als bei A.Smith selbst, weil Ricardo im Gegensatz zu diesem konsequenter und schärfer Wert und Mehrwert ent-wickelt, in der Tat den esoterischen A. Smith gegen den exoterischen A. Smith behauptet.

Bei den Physiokraten findet sich nichts von dieser Konfusion. Der Unterschied zwischen avances annu-elles <jährlichen Vorschüssen> und avances primitives <ursprünglichen Vorschüssen> bezieht sich nurauf die verschiednen Reproduktionsperioden der verschiednen <222> Bestandteile des Kapitals, spezielldes agrikolen Kapitals; während ihre Ansichten von der Produktion des Mehrwerts einen von diesen Un-terscheidungen unabhängigen Teil ihrer Theorie bilden, und zwar das, was sie als Pointe der Theorie her-auswenden. Die Bildung des Mehrwerts wird nicht aus dem Kapital als solchem erklärt, sondern nur einerbestimmten Produktionssphäre des Kapitals, der Agrikultur, vindiziert.

2. Das Wesentliche bei der Bestimmung des variablen Kapitals - und daher für die Verwandlung irgend-einer beliebigen Wertsumme in Kapital - ist, daß der Kapitalist eine bestimmte, gegebne (und in diesemSinn konstante) Wertgröße austauscht gegen wertschöpferische Kraft; eine Wertgröße gegen Wertpro-duktion, Selbstverwertung. Ob der Kapitalist den Arbeiter in Geld oder in Lebensmitteln zahlt, ändert andieser wesentlichen Bestimmung nichts. Es ändert nur die Existenzweise des von ihm vorgeschoßnenWerts, der das eine Mal in der Form von Geld existiert, womit der Arbeiter sich selbst auf dem Marktseine Lebensmittel kauft, das andre Mal in der Form von Lebensmitteln, die er direkt verzehrt. Die ent-wickelte kapitalistische Produktion unterstellt in der Tat, daß der Arbeiter in Geld gezahlt wird, wie sieüberhaupt den durch den Zirkulationsprozeß vermittelten Produktionsprozeß, also die Geldwirtschaft,unterstellt. Aber die Schöpfung des Mehrwerts - daher die Kapitalisierung der vorgeschoßnen Wertsum-me - entspringt weder aus der Geldform noch aus der Naturalform des Arbeitslohns oder des im Ankaufder Arbeitskraft ausgelegten Kapitals. Sie entspringt aus dem Austausch von Wert gegen wertschaffendeKraft, aus der Umsetzung einer konstanten in eine variable Größe. - Die größre oder geringre Fixität derArbeitsmittel hängt ab von dem Grad ihrer Dauerhaftigkeit, also von einer physischen Eigenschaft. Jenach dem Grad ihrer Dauerhaftigkeit werden sie, unter sonst gleichbleibenden Umständen, rascher oder

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langsamer verschleißen, also länger oder kürzer als fixes Kapital fungieren. Aber es ist keineswegs bloßdiese physische Eigenschaft der Dauerhaftigkeit, infolge deren sie als fixes Kapital fungieren. Der Roh-stoff in Metallfabriken ist ebenso dauerhaft wie die Maschinen, womit fabriziert wird, und dauerhafter alsmanche Bestandteile dieser Maschinen, Leder, Holz etc. Nichtsdestoweniger bildet das als Rohstoff die-nende Metall einen Teil des zirkulierenden Kapitals, und das vielleicht aus demselben Metall aufgebaute,fungierende Arbeitsmittel einen Teil des fixen Kapitals. Es ist also nicht die stoffliche physische Natur,nicht seine größre oder geringre Vergänglichkeit, wodurch dasselbe Metall das eine Mal der Rubrik desfixen und das andre Mal der Rubrik des zirkulierenden Kapitals untergeordnet wird. Dieser Unterschiedentspringt vielmehr aus <223> der Rolle, die es im Produktionsprozeß spielt, das eine Mal als Arbeitsge-genstand, das andre Mal als Arbeit smittel.

Die Funktion des Arbeitsmittels im Produktionsprozeß erheischt im Durchschnitt, daß es während längreroder kürzrer Periode stets von neuem in wiederholten Arbeitsprozessen dient. Durch seine Funktion istdaher eine größre oder geringre Dauerhaftigkeit seines Stoffs vorgeschrieben. Aber die Dauerhaftigkeitdes Stoffs, aus dem es gemacht wird, macht es nicht an und für sich zum fixen Kapital. Derselbe Stoff,wenn Rohmaterial, wird zirkulierendes Kapital, und bei den Ökonomen, die den Unterschied von Waren-kapital und produktivem Kapital mit dem Unterschied von zirkulierendem und fixem Kapital verwech-seln, ist derselbe Stoff, dieselbe Maschine, zirkulierendes Kapital als Produkt, fixes Kapital als Arbeits-mittel.

Obgleich nun nicht der dauerhafte Stoff, aus dem das Arbeitsmittel gemacht ist, es zum fixen Kapitalmacht, so erheischt doch seine Rolle als Arbeitsmittel, daß es aus einem relativ dauerhaften Material be-stehe. Die Dauerhaftigkeit seines Stoffs ist also eine Bedingung seiner Funktion als Arbeitsmittel, daherauch materielle Grundlage der Zirkulationsweise, die es zum Kapital macht. Unter sonst gleichbleibendenUmständen drückt die größre oder geringre Vergänglichkeit seines Stoffs ihm in niedrigrem oder höhe-rem Grad den Stempel der Fixität auf, ist also sehr wesentlich verwachsen mit seiner Qualität als fixesKapital.

Wird der in Arbeitskraft ausgelegte Kapitalteil nun ausschließlich unter dem Gesichtspunkt von zirkulie-rendem Kapital betrachtet, also im Gegensatz zum fixen Kapital; werden daher auch die Unterschiede vonkonstantem und variablem Kapital mit den Unterschieden von fixem und zirkulierendem Kapital zusam-mengeworfen, so ist es natürlich, wie die stoffliche Realität des Arbeitsmittels eine wesentliche Grundla-ge seines Charakters als fixes Kapital bildet, so nun im Gegensatz zu demselben aus der stofflichen Rea-lität des in Arbeitskraft ausgelegten Kapitals seinen Charakter als zirkulierendes Kapital herzuleiten, unddann wieder das zirkulierende Kapital zu bestimmen durch die stoffliche Realität des variablen Kapitals.

Der wirkliche Stoff des in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals ist die Arbeit selbst, die sich betätigende,wertschaffende Arbeitskraft, lebendige Arbeit, die der Kapitalist gegen tote, vergegenständlichte Arbeitaustauscht und seinem Kapital einverleibt hat, wodurch erst der in seiner Hand befindliche Wert sich ineinen sich selbst verwertenden Wert verwandelt. Aber diese Selbstverwertungskraft verkauft der Kapita-list nicht. Sie bildet stets nur Bestandteil seines produktiven Kapitals, wie seine Arbeitsmittel, nie seines<224> Warenkapitals, wie z.B. das fertige Produkt, das er verkauft. Innerhalb des Produktionsprozesses,als Bestandteile des produktiven Kapitals, stehn die Arbeitsmittel der Arbeitskraft nicht als fixes Kapitalgegenüber, ebensowenig wie Arbeitsmaterial und Hilfsstoffe als zirkulierendes Kapital mit ihr zusam-menfallen; beiden steht die Arbeitskraft als persönlicher Faktor gegenüber, während jene die sachlichenFaktoren sind - dies vom Standpunkt des Arbeitsprozesses. Beide stehn der Arbeitskraft, dem variablenKapital als konstantes Kapital gegenüber - dies vom Standpunkt des Verwertungsprozesses. Oder, wennhier von einer stofflichen Verschiedenheit, soweit sie auf den Zirkulationsprozeß einwirkt, die Rede seinsoll, ist es nur diese: aus der Natur des Werts, der nichts ist als vergegenständlichte Arbeit, und aus derNatur der sich betätigenden Arbeitskraft, die nichts ist als sich vergegenständlichende Arbeit, folgt, daßdie Arbeitskraft während ihrer Funktionsdauer beständig Wert und Mehrwert schafft, daß das, was aufihrer Seite sich als Bewegung, als Wertschöpfung, sich auf Seite ihres Produkts in ruhender Form, alsgeschaffner Wert darstellt. Hat die Arbeitskraft gewirkt, so besteht das Kapital nicht länger aus Arbeits-

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kraft auf der einen Seite, aus Produktionsmitteln auf der andern. Der Kapitalwert, der in Arbeitskraft aus-gelegt war, ist jetzt Wert, der (+ Mehrwert) dem Produkt zugesetzt worden. Um den Prozeß zu wiederho-len, muß das Produkt verkauft und mit dem aus ihm gelösten Geld beständig von neuem die Arbeitskraftgekauft und dem produktiven Kapital einverleibt werden. Dies gibt dann dem in Arbeitskraft ausgelegtenKapitalteil, ebenso wie dem in Arbeitsmaterial usw. ausgelegten, den Charakter von zirkulierendem Ka-pital im Gegensatz zu dem in den Arbeitsmitteln fixiert bleibenden Kapital.

Wird dagegen die sekundäre und ihm mit einem Teil des konstanten Kapitals (den Roh- und Hilfsstoffen)gemeinsame Bestimmung des zirkulierenden Kapitals zur wesentlichen Bestimmung des in Arbeitskraftaus gelegten Kapitalteils gemacht - nämlich daß der in ihm ausgelegte Wert sich ganz auf das Produktüberträgt, in dessen Produktion es konsumiert wird, und nicht allmählich und stückweis, wie beim fixenKapital, daß er daher auch ganz durch den Verkauf des Produkts ersetzt werden muß -, so muß auch derin Arbeitslohn ausgelegte Kapitalteil stofflich nicht aus sich betätigender Arbeitskraft bestehn, sondernaus den stofflichen Elementen, die der Arbeiter mit seinem Lohn kauft, also aus dem Teil des gesell-schaftlichen Warenkapitals, der in den Konsum des Arbeiters eingeht - aus Lebensmitteln. Das fixe Ka-pital besteht dann aus den langsamer vergänglichen und daher langsamer zu ersetzenden Arbeitsmitteln,das in Arbeitskraft ausgelegte Kapital aus den rascher zu ersetzenden Lebensmitteln.

<225> Die Grenzen der raschern oder langsamem Vergänglichkeit verwischen sich jedoch.

"Die Nahrung und Kleidung, die der Arbeiter konsumiert, die Gebäude, worin er arbeitet, die Werkzeuge,die bei seiner Arbeit mitwirken, sind alle vergänglicher Natur. Es besteht aber ein gewaltiger Unterschiedin der Zeit, während welcher diese verschiednen Kapitale vorhalten; eine Dampfmaschine dauert längerals ein Schiff, ein Schiff länger als die Kleidung des Arbeiters, die Kleidung des Arbeiters wieder längerals die Nahrung, die er verzehrt."

Wobei Ricardo vergißt das Haus, worin der Arbeiter wohnt, seine Möbel, seine Konsumtionswerkzeuge,wie Messer, Gabeln, Gefäße etc., die alle denselben Charakter der Dauerhaftigkeit besitzen, wie die Ar-beitsmittel. Dieselben Dinge, dieselben Klassen von Dingen erscheinen hier als Konsumtionsmittel, dortals Arbeitsmittel.

Der Unterschied, wie Ricardo ihn ausspricht, ist dieser:

"Je nachdem Kapital rasch vergänglich ist und oft reproduziert werden muß, oder je nachdem es langsamkonsumiert wird, klassifiziert man es unter das zirkulierende oder unter das fixe Kapital."

Dazu macht er die Note:

"Eine unwesentliche Einteilung, in welcher zudem die Scheidelinie nicht genau gezogen werden kann."

So sind wir wieder glücklich bei den Physiokraten angekommen, wo der Unterschied zwischen avancesannuelles und avances primitives ein Unterschied war in der Zeit der Konsumtion und daher auch in derverschiednen Reproduktionszeit des angewandten Kapitals. Nur, was bei ihnen ein für die gesellschaftli-che Produktion wichtiges Phänomen ausdrückt und im Tableau économique auch im Zusammenhang mitdem Zirkulationsprozeß <226> dargestellt ist, wird hier zu einer subjektiven, und wie Ricardo selbst sagt,überflüssigen Unterscheidung.

Sobald der in Arbeit ausgelegte Kapitalteil sich nur durch seine Reproduktionsperiode und daher seinenZirkulationstermin von dem in Arbeitsmitteln ausgelegten Kapitalteil unterscheidet, sobald der eine Teilaus Lebensmitteln besteht, wie der andre aus Arbeitsmitteln, so daß die erstern sich von den letztern <1.und 2. Auflage: letztern sich von den erstern> nur durch raschern Grad der Vergänglichkeit unterschei-den, wie erstere ja selbst verschiedne Grade der Vergänglichkeit besitzen - ist natürlich alle differentia

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spezifica <jeder kennzeichnende Unterschied> zwischen dem in Arbeitskraft und dem in Produktions-mitteln ausgelegten Kapital ausgelöscht.

Dies widerspricht ganz Ricardos Lehre vom Wert, sowie seiner Profittheorie, die tatsächlich Mehrwert-theorie ist. Er betrachtet überhaupt den Unterschied von fixem und zirkulierendem Kapital nur insoweitverschiedne Proportionen von beiden, bei gleich großen Kapitalen, in verschiednen Geschäftszweigen,das Gesetz des Werts beeinflussen, und zwar, inwieweit eine Erhöhung oder Senkung des Arbeitslohnsinfolge dieser Umstände die Preise affiziert. Doch selbst innerhalb dieser beschränkten Untersuchungbegeht er, infolge der Verwechslung von fixem und zirkulierendem Kapital mit konstantem und varia-blem, die größten Irrtümer und geht in der Tat von einer ganz falschen Basis der Untersuchung aus. Eswerden also 1., so weit der in Arbeitskraft ausgelegte Wertteil des Kapitals unter die Rubrik des zirkulie-renden Kapitals zu subsumieren ist, die Bestimmungen des zirkulierenden Kapitals selbst falsch entwik-kelt und speziell die Umstände, die den in Arbeit ausgelegten Kapitalteil unter diese Rubrik subsumieren.2. Es findet Verwechslung statt zwischen der Bestimmung, wonach der in Arbeit ausgelegte Kapitalteilvariabel, und derjenigen, wonach er zirkulierend im Gegensatz zum fixen Kapital ist.

Es ist von vornherein klar, daß die Bestimmung des in Arbeitskraft ausgelegten Kapitals als zirkulierendoder flüssig eine sekundäre Bestimmung ist, worin seine differentia specifica im Produktionsprozeß aus-gelöscht ist; denn in dieser Bestimmung sind einerseits die in Arbeit und die in Rohstoffen etc. ausgeleg-ten Kapitale gleichwertig; eine Rubrik, die einen Teil des konstanten Kapitals identifiziert mit dem varia-blen Kapital, hat es nicht mit der differentia specifica des variablen Kapitals im Gegensatz zum konstan-ten zu tun. Andrerseits werden zwar die in Arbeit und die in Arbeitsmitteln ausgelegten Kapitalteile ein-ander entgegengesetzt, aber keineswegs mit Bezug darauf, daß sie in ganz verschiedner Weise in die Pro-duktion <227> des Werts eingehn, sondern mit Bezug darauf, daß von beiden ihr gegebner Wert auf dasProdukt übertragen wird, nur in verschiednen Zeiträumen.

Es handelt sich in allen diesen Fällen darum, wie ein gegebner Wert, der im Produktionsprozeß der Wareausgelegt wird, sei es Arbeitslohn, Preis des Rohstoffs oder Preis der Arbeitsmittel, auf das Produkt über-tragen, daher durch das Produkt zirkuliert und durch seinen Verkauf zu seinem Ausgangspunkt zurückge-führt oder ersetzt wird. Der einzige Unterschied besteht hier in dem "wie", in der besondren Art und Wei-se der Übertragung und daher auch der Zirkulation dieses Werts.

Ob der in jedem Fall kontraktlich vorher bestimmte Preis der Arbeitskraft in Geld oder Lebensmittelngezahlt wird, ändert nichts an seinem Charakter, ein bestimmter gegebner Preis zu sein. Indes ist bei demin Geld gezahlten Arbeitslohn evident, daß nicht das Geld selbst in den Produktionsprozeß eingeht, inderselben Weise, wie nicht nur der Wert, sondern auch der Stoff der Produktionsmittel in den Produkti-onsprozeß eingeht. Werden dagegen die Lebensmittel, die der Arbeiter mit seinem Lohn kauft, direkt alsstoffliche Gestalt des zirkulierenden Kapitals mit den Rohstoffen etc. unter eine Rubrik und den Arbeits-mitteln entgegen gestellt, so gibt dies der Sache einen andern Schein. Wenn der Wert dieser Dinge, derProduktionsmittel, im Arbeitsprozeß auf das Produkt übertragen wird, so erscheint der Wert jener andernDinge, der Lebensmittel, in der Arbeitskraft, die sie verzehrt, wieder und wird durch Betätigung derselbenebenfalls auf das Produkt übertragen. Es handelt sich in allem diesem gleichmäßig um das bloße Wieder-erscheinen der während der Produktion vorgeschoßnen Werte im Produkt. (Die Physiokraten nahmen diesernsthaft und leugneten daher, daß die industrielle Arbeit Mehrwert schaffe.) So in der bereits zitiertenStelle <Siehe Band 23, S. 222> von Wayland:

"Es kommt nicht darauf an, in welcher Form das Kapital wieder erscheint ... die verschiednen Arten derNahrung, Kleidung und Wohnung, die für das Dasein und Wohlbefinden des Menschen nötig sind, wer-den auch verändert. Sie werden im Lauf der Zeit verzehrt, und ihr Wert erscheint wieder etc." ("Elementsof Pol. Econ.", p. 31, 32.)

Die der Produktion in Gestalt von Produktionsmitteln und Lebensmitteln vorgeschoßnen Kapitalwerteerscheinen hier gleichmäßig im Wert des Produkts wieder. Damit ist denn die Verwandlung des kapitali-

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stischen Produktionsprozesses in ein vollständiges Mysterium glücklich vollbracht und <228> der Ur-sprung des im Produkt vorhandnen Mehrwerts gänzlich dem Blick entrückt.

Ferner vollendet sich damit der der bürgerlichen Ökonomie eigentümliche Fetischismus, der den gesell-schaftlichen, ökonomischen Charakter, welchen Dinge im gesellschaftlichen Produktionsprozeß aufge-prägt erhalten, in einen natürlichen, aus der stofflichen Natur dieser Dinge entspringenden Charakter ver-wandelt. Z.B. Arbeitsmittel sind fixes Kapital - eine scholastische Bestimmung, die zu Widersprüchenund Konfusion führt. Ganz wie beim Arbeitsprozeß (Buch I, Kap. V) nachgewiesen wurde, daß es ganzvon der jedesmaligen Rolle abhängt, welche die gegenständlichen Bestandteile in einem bestimmten Ar-beitsprozeß spielen, von ihrer Funktion, ob sie als Arbeitsmittel, Arbeitsmaterial oder Produkt fungieren, -ganz ebenso sind Arbeitsmittel nur da fixes Kapital, wo der Produktionsprozeß überhaupt kapitalistischerProduktionsprozeß und daher die Produktionsmittel überhaupt Kapital sind, die ökonomische Bestimmt-heit, den gesellschaftlichen Charakter von Kapital besitzen; und zweitens sind sie fixes Kapital nur, wennsie ihren Wert in einer besondern Weise auf das Produkt übertragen. Wenn nicht, bleiben sie Arbeitsmit-tel, ohne fixes Kapital zu sein. Ebenso Hilfsstoffe, wie Dünger, wenn sie in derselben besondern Art Wertabgeben, wie der größte Teil der Arbeitsmittel, werden fixes Kapital, obgleich sie keine Arbeitsmittelsind. Es handelt sich hier nicht um Definitionen, unter welchen die Dinge subsumiert werden. Es handeltsich um bestimmte Funktionen, welche in bestimmten Kategorien ausgedrückt werden.

Gilt es für eine den Lebensmitteln an sich, unter allen Umständen zukommende Eigenschaft, in Arbeits-lohn ausgelegtes Kapital zu sein, so wird es auch Charakter dieses "zirkulierenden" Kapitals, "die Arbeitzu erhalten", to support labour {Ricardo, p. 25}. Wären die Lebensmittel nicht "Kapital", so würden siealso nicht die Arbeitskraft erhalten; während ihr Kapitalcharakter ihnen gerade die Eigenschaft gibt, dasKapital zu erhalten durch fremde Arbeit.

Sind Lebensmittel an sich zirkulierendes Kapital - nachdem dieses verwandelt in Arbeitslohn -, so ergibtsich ferner, daß die Größe des Arbeitslohns abhängt von dem Verhältnis der Arbeiterzahl zu der gegebnenMasse des zirkulierenden Kapitals - ein beliebter ökonomischer Satz -, während in der Tat die Masse derLebensmittel, die der Arbeiter dem Markt entzieht, und die Masse der Lebensmittel, worüber der Kapita-list zu seinem Konsum verfügt, abhängt vom Verhältnis des Mehrwerts zum Preis der Arbeit.

<229> Ricardo, wie Barton , verwechselt überall das Verhältnis des variablen Kapitals zum konstantenmit dem Verhältnis des zirkulierenden Kapitals zum fixen. Wir werden später <Siehe Band 25, 1. bis 3.Kapitel> sehn, wie dies seine Untersuchung über die Profitrate verfälscht.

Ricardo setzt ferner die Unterschiede, die im Umschlag aus andren Gründen entspringen als aus dem Un-terschied von fixem und zirkulierendem Kapital, mit diesem gleich:

"Es ist ferner zu bemerken, daß das zirkulierende Kapital in sehr ungleichen Zeiträumen zirkulieren oderseinem Anwender zurückfließen kann. Der von einem Pächter zur Aussaat gekaufte Weizen ist ein fixesKapital verglichen mit dem von einem Bäcker zur Verwandlung in Brot gekauften Weizen. Der eine läßtihn im Boden, und kann erst nach einem Jahr einen Rückfluß erhalten, der andre kann ihn zu Mehl ver-mahlen lassen und als Brot an seine Kunden verkaufen, so daß er innerhalb einer Woche sein Kapitalwieder frei hat, um dieselbe Operation von neuem oder irgendeine andre damit zu beginnen."

Hier ist charakteristisch, daß Weizen, obgleich er als Saatkorn, nicht als Lebensmittel, sondern als Roh-material dient, erstens zirkulierendes Kapital ist, weil an sich Lebensmittel, und zweitens fixes Kapital,weil sein Rückfluß sich über ein Jahr erstreckt. Es ist aber nicht nur der langsamere oder schnellere Rück-fluß, der ein Produktionsmittel zu fixem Kapital macht, sondern die bestimmte Art und Weise derWertabgabe an das Produkt.

Die von A. Smith angerichtete Konfusion hat zu folgenden Resultaten geführt:

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1. Der Unterschied zwischen fixem und flüssigem Kapital wird verwechselt mit dem Unterschied vonproduktivem Kapital und Warenkapital. So ist z.B. dieselbe Maschine zirkulierendes Kapital, wenn siesich als Ware auf dem Markt befindet, und fixes Kapital, wenn sie dem Produktionsprozeß <230> ein-verleibt ist. Dabei ist absolut nicht abzusehn, warum eine bestimmte Art Kapital mehr fix oder mehr zir-kulierend sein soll als die andre.

2. Alles zirkulierende Kapital wird identifiziert mit in Arbeitslohn ausgelegtem oder auszulegendem Ka-pital. So bei J. St. Mill u.a.

3. Der Unterschied zwischen variablem und konstantem Kapital, der schon bei Barton, Ricardo u.a. mitdem von zirkulierendem und fixem verwechselt, wird endlich ganz auf diesen reduziert, wie z.B. beiRamsay, wo alle Produktionsmittel, Rohstoffe etc. sowohl wie Arbeitsmittel, fixes Kapital und nur das inArbeitslohn ausgelegte Kapital zirkulierendes Kapital ist. Weil aber die Reduktion in dieser Form ge-schieht, wird der wirkliche Unterschied von konstantem und variablem Kapital nicht begriffen.

4. Bei den neuesten englischen, besonders schottischen Ökonomen, die alles vom unsäglich borniertenStandpunkt des Bankierkommis betrachten, wie Macleod, Patterson u.a., verwandelt sich der Unterschiedvon fixem und zirkulierendem Kapital in den von money at call und money not at call (Depositengeld, dasohne Kündigung oder nur nach vorheriger Kündigung zurückgezogen werden kann).

Fußnoten

(25) "This difference in the degree of durability of fixed capital, and this variety in the proportions inwhich the two sorts of capital may be combined." - "Principles", p. 25.

(26) "The proportions, too, in which the capital that is to support labour, and the capital that is invested intools, machinery, and buildings, may be variously combined." - l.c.

(27) "The food and clothing consumed by the labourer, the buildings in which he works, the implementswith which his labour is assisted, are all of a perishable nature. There is, however, a vast difference in thetime for which these different capitals will endure: a steam-engine will last longer than a ship, a ship thanthe clothing of the labourer, and the clothing of the labourer longer than the food which he consumes." -Ricardo, etc., p. 26.

(28) "According as capital is rapidly perishable and requires to be frequently reproduced, or is of slowconsumption, it is classed under the heads of circulating, or fixed capital."

(29) "A division not essential, and in which the line of demarcation cannot be accurately drawn."

(29a) "Observations on the Circumstances which influence the Condition of the labouring Classes of So-ciety." London 1817. Eine einschlägige Stelle ist zitiert Buch I, S. 655 <Siehe Band 23, S. 660>, Note 79.

(30) "It is also to be observed that the circulating capital may circulate, or be returned to its employer, invery unequal times. The wheat bought by a farmer to sow is comparatively a fixed capital to the wheatpurchased by a baker to make into loaves. The one leaves it in the ground, and can obtain no return for ayear; the other can get it ground into flour, sell it as bread to his customers, and have his capital free, torenew the same, or commence any other employment in a week." (p. 26, 27.)

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Die Arbeitsperiode

<231> Nehmen wir zwei Geschäftszweige, worin gleich großer Arbeitstag, sage zehnstündiger Arbeits-prozeß, z.B. Baumwollspinnerei und Fabrikation von Lokomotiven. In dem einen Zweig wird täglich,wöchentlich ein bestimmtes Quantum fertiges Produkt geliefert, Baumwollengarn; in dem andren mußder Arbeitsprozeß vielleicht während drei Monaten wiederholt werden, um ein fertiges Produkt, eine Lo-komotive, herzustellen. In dem einen Fall ist das Produkt diskreter Natur, und täglich oder wöchentlichbeginnt dieselbe Arbeit von neuem. In dem andern Fall ist der Arbeitsprozeß kontinuierlich, erstreckt sichüber eine längere Anzahl täglicher Arbeitsprozesse, die in ihrer Verbindung, in der Kontinuität ihrer Ope-ration erst nach längrer Frist ein fertiges Produkt liefern. Obgleich die Dauer des täglichen Arbeitsprozes-ses hier dieselbe ist, findet ein sehr bedeutender Unterschied statt in der Dauer des Produktionsakts, d.h.in der Dauer der wiederholten Arbeitsprozesse, die erheischt sind, um das Produkt fertig zu liefern, es alsWare auf den Markt zu schicken, also es aus produktivem Kapital in Warenkapital zu verwandeln. DerUnterschied zwischen fixem und zirkulierendem Kapital hat hiermit nichts zu tun. Der angegebne Unter-schied würde bestehn, selbst wenn in beiden Geschäftszweigen genau dieselben Proportionen von fixemund zirkulierendem Kapital angewandt würden.

Diese Unterschiede in der Dauer des Produktionsakts finden statt, nicht nur zwischen verschiednen Pro-duktionssphären, sondern auch innerhalb derselben Produktionssphäre, je nach dem Umfang des zu lie-fernden Produkts. Ein gewöhnliches Wohnhaus wird in kürzrer Zeit gebaut als eine größre Fabrik underfordert daher eine geringre Zahl kontinuierlicher Arbeitsprozesse. Wenn der Bau einer Lokomotive dreiMonate, kostet der eines Panzerschiffes ein oder mehrere Jahre. Die Getreideproduktion nimmt beinaheein Jahr in Anspruch, die Produktion von Hornvieh mehrere Jahre, die Holzzucht kann von 12 bis 100Jahre umfassen; ein Landweg vielleicht <232> in einigen Monaten gebaut werden, wo eine EisenbahnJahre erfordert; ein gewöhnlicher Teppich vielleicht eine Woche, Gobelins Jahre etc. Die Unterschiede inder Dauer des Produktionsakts sind also unendlich mannigfaltig.

Der Unterschied in der Dauer des Produktionsakts muß offenbar einen Unterschied in der Geschwindig-keit des Umschlags bei gleichgroßer Kapitalauslage erzeugen, also in den Zeiträumen, für welche eingegebnes Kapital vorgeschossen ist. Gesetzt, die Maschinenspinnerei und die Lokomotivenfabrik wende-ten gleichgroßes Kapital an, die Teilung zwischen konstantem und variablem Kapital sei dieselbe, auchdie zwischen den fixen und flüssigen Bestandteilen des Kapitals, endlich sei der Arbeitstag gleich großund seine Teilung zwischen notwendiger Arbeit und Mehrarbeit dieselbe. Um ferner alle aus dem Zirku-lationsprozeß entspringenden und diesem Fall äußerlichen Umstände zu beseitigen, wollen wir annehmen,daß beide, Garn und Lokomotive, auf Bestellung fabriziert und bei Lieferung des fertigen Produkts be-zahlt werden. Nach Ende der Woche, bei Ablieferung des fertigen Garns, erhält der Spinnfabrikant (wirsehn hier vom Mehrwert ab) das ausgelegte zirkulierende Kapital zurück und ebenso den Verschleiß desfixen Kapitals, der im Garnwert steckt. Er kann also mit demselben Kapital denselben Kreislauf von neu-em wiederholen. Es hat seinen Umschlag vollbracht. Der Lokomotivfabrikant dagegen muß während derdrei Monate Woche für Woche immer neues Kapital in Arbeitslohn und Rohmaterial auslegen, und erstnach drei Monaten, nach Ablieferung der Lokomotive, befindet sich das während dieser Zeit in einem unddemselben Produktionsakt, zur Herstellung einer und derselben Ware, nach und nach ausgelegte zirkulie-rende Kapital wieder in einer Form, worin es seinen Kreislauf von neuem beginnen kann; ebenso wirdihm der Verschleiß der Maschinerie während dieser drei Monate erst jetzt ersetzt. Die Auslage des einenist die für eine Woche, die des andren ist die Wochenauslage multipliziert mit 12. Alle andren Umständegleich vorausgesetzt, muß der eine zwölfmal mehr zirkulierendes Kapital zur Verfügung haben als derandre.

Daß die wöchentlich vorgeschoßnen Kapitale gleich sind, ist hier jedoch ein gleichgültiger Umstand.Welches immer die Größe des vorgeschoßnen Kapitals, in dem einen Fall ist es nur für eine Woche, indem andren für zwölf Wochen vorgeschossen, bevor von neuem damit operiert, dieselbe Operation damitwiederholt oder eine andersartige damit begonnen werden kann.

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Der Unterschied in der Geschwindigkeit des Umschlags oder der Zeitlänge, für welche das einzelne Ka-pital vorgeschossen werden muß, bevor <233> derselbe Kapitalwert wieder zu einem neuen Arbeits- oderVerwertungsprozeß dienen kann, entspringt hier daraus:

Nehmen wir an, der Bau der Lokomotive oder irgendeiner Maschine koste 100 Arbeitstage. Mit Bezugauf die in Spinnerei und Maschinenbau beschäftigten Arbeiter bilden die 100 Arbeitstage gleichmäßigeine diskontinuierliche (diskrete) Größe, nach der Unterstellung aus 100 aufeinanderfolgenden, separatenzehnstündigen Arbeitsprozessen bestehend. Aber mit Bezug auf das Produkt - die Maschine - bilden die100 Arbeitstage eine kontinuierliche Größe, einen Arbeitstag von 1000 Arbeitsstunden, einen einzigenzusammenhängenden Produktionsakt. Einen solchen Arbeitstag, der durch die Aufeinanderfolge mehroder minder zahlreicher zusammenhängender Arbeitstage gebildet ist, nenne ich eine Arbeitsperiode.Sprechen wir vom Arbeitstag, so meinen wir die Länge der Arbeitszeit, während deren der Arbeiter seineArbeitskraft täglich verausgaben, täglich arbeiten muß. Sprechen wir dagegen von der Arbeitsperiode, sobedeutet das die Zahl zusammenhängender Arbeitstage, die in einem bestimmten Geschäftszweig er-heischt ist, um ein fertiges Produkt zu liefern. Das Produkt jedes Arbeitstags ist hier nur ein Teilprodukt,welches Tag für Tag weiter ausgeführt wird und erst am Schluß der längern oder kürzern Periode derArbeitszeit seine fertige Gestalt erhält, ein fertiger Gebrauchswert ist.

Unterbrechungen, Störungen des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, z.B. infolge von Krisen, wir-ken daher sehr verschieden auf Arbeitsprodukte, die diskreter Natur sind, und auf solche, die zu ihrerProduktion eine längere, zusammenhängende Periode erheischen. Auf die heutige Produktion einer be-stimmten Masse von Garn, Kohle usw. folgt in dem einen Fall morgen keine neue Produktion von Garn,Kohle usw. Anders aber mit Schiffen, Gebäuden, Eisenbahnen usw. Nicht nur die Arbeit wird unterbro-chen, ein zusammenhängender Produktionsakt wird unterbrochen. Wird das Werk nicht weitergeführt, sosind die bereits in seiner Produktion verzehrten Produktionsmittel und Arbeit nutzlos verausgabt. Selbstwenn es wieder aufgenommen wird, hat in der Zwischenzeit stets Deterioration stattgefunden.

Während der ganzen Dauer der Arbeitsperiode häuft sich schichtweis der Wertteil, den das fixe Kapitaltäglich an das Produkt bis zu dessen Reife abgibt. Und hier zeigt sich zugleich der Unterschied von fixemund zirkulierendem Kapital in seiner praktischen Wichtigkeit. Das fixe Kapital ist für längre Zeitdauerdem Produktionsprozeß vorgeschossen, es braucht nicht vor Ablauf dieser vielleicht mehrjährigen Fristerneuert zu werden. <234> Der Umstand, ob die Dampfmaschine ihren Wert stückweis täglich auf Garn,das Produkt eines diskreten Arbeitsprozesses, oder während drei Monaten auf eine Lokomotive, das Pro-dukt eines kontinuierlichen Produktionsakts, abgibt, ändert durchaus nichts an der Auslage des für denAnkauf der Dampfmaschine nötigen Kapitals. In dem einen Fall strömt ihr Wert in kleinen Dosen zurück,z.B. wöchentlich, im andern in größren Massen, z.B. dreimonatlich. Aber in beiden Fällen findet die Er-neuerung der Dampfmaschine vielleicht erst nach 20 Jahren statt. Solange jede einzelne Periode, inner-halb deren ihr Wert durch Verkauf des Produkts stückweis zurückfließt, kürzer ist als ihre eigne Existenz-periode, fährt dieselbe Dampfmaschine fort, während mehrerer Arbeitsperioden im Produktionsprozeß zufungieren.

Anders verhält es sich dagegen mit den zirkulierenden Bestandteilen des vorgeschoßnen Kapitals. Die fürdiese Woche gekaufte Arbeitskraft ist verausgabt während dieser Woche und hat sich im Produkt verge-genständlicht. Sie muß Ende dieser Woche bezahlt werden. Und diese Kapitalauslage in Arbeitskraft wie-derholt sich wöchentlich während der drei Monate, ohne daß die Verausgabung dieses Kapitalteils in dereinen Woche den Kapitalisten befähige, den Ankauf der Arbeit in der nächsten Woche zu bestreiten. Esmuß wöchentlich neues zuschüssiges Kapital in Zahlung von Arbeitskraft verausgabt werden und, wennwir von allen Kreditverhältnissen absehn, muß der Kapitalist fähig sein, für die Zeit von drei MonatenArbeitslohn auszulegen, obgleich er ihn nur in wöchentlichen Dosen zahlt. Ebenso mit dem andern Teildes zirkulierenden Kapitals, den Roh- und Hilfsstoffen. Eine Schicht von Arbeit nach der andern lagertsich auf dem Produkt ab. Nicht nur der Wert der verausgabten Arbeitskraft, sondern auch Mehrwert wirdbeständig während des Arbeitsprozesses auf das Produkt übertragen, aber auf unfertiges Produkt, das

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noch nicht die Gestalt der fertigen Ware hat, also noch nicht zirkulationsfähig ist. Dasselbe gilt von demin Roh- und Hilfsstoffen schichtweis auf das Produkt übertragnen Kapitalwert.

Je nach der längern oder kürzern Dauer der Arbeitsperiode, welche die spezifische Natur des Produktsoder des zu erreichenden Nutzeffekts zu ihrer Herstellung beansprucht, ist eine beständige, zuschüssigeAusgabe von zirkulierendem Kapital (Arbeitslohn, Roh- und Hilfsstoffen) erfordert, wovon kein Teil sichin einer zirkulationsfähigen Form befindet und daher zur Erneuerung derselben Operation dienen könnte;jeder Teil vielmehr sukzessive als Bestandteil des werdenden Produkts innerhalb der Produktionssphärefestgelegt, in Form von produktivem Kapital gebunden ist. Die Um- <235> schlagszeit ist aber gleich derSumme der Produktionszeit und der Zirkulationszeit des Kapitals. Eine Verlängerung der Produktionszeitvermindert also ebensosehr die Umschlagsgeschwindigkeit wie eine Verlängerung der Zirkulationszeit. Indem vorliegenden Fall ist aber Doppeltes zu bemerken:

Erstens: der verlängerte Aufenthalt in der Produktionssphäre. Das z.B. in der ersten Woche in Arbeit,Rohmaterial etc. vorgeschoßne Kapital, ebenso wie die vom fixen Kapital an das Produkt abgegebnenWertteile, bleiben für den ganzen Termin von drei Monaten in die Produktionssphäre gebannt und kön-nen, als einem erst werdenden, noch unfertigen Produkt einverleibt, nicht als Ware in die Zirkulation tre-ten.

Zweitens: Da die für den Produktionsakt nötige Arbeitsperiode drei Monate dauert, in der Tat nur einenzusammenhängenden Arbeitsprozeß bildet, so muß beständig wöchentlich eine neue Dose von zirkulie-rendem Kapital den vorhergehenden zugefügt werden. Die Masse des nacheinander vorgeschoßnen, zu-sätzlichen Kapitals wächst also mit der Länge der Arbeitsperiode.

Wir haben unterstellt, daß in der Spinnerei und Maschinenfabrikation gleichgroße Kapitale angelegt sind,daß diese Kapitale in gleichgroßen Proportionen in konstantes und variables Kapital, ditto in fixes undzirkulierendes geteilt sind, daß die Arbeitstage gleich lang sind, kurz, daß alle Umstände dieselben sind,außer der Dauer der Arbeitsperiode. In der ersten Woche ist die Auslage für beide gleichgroß, aber dasProdukt des Spinners kann verkauft und mit dem Erlös neue Arbeitskraft und neue Rohstoffe etc. gekauft,kurz, die Produktion auf derselben Stufenleiter fortgeführt werden. Der Maschinenfabrikant dagegen kanndas in der ersten Woche verausgabte zirkulierende Kapital erst nach drei Monaten, nach Fertigstellungseines Produkts, in Geld rückverwandeln und damit von neuem operieren. Es ist also erstens Differenz imRückfluß desselben ausgelegten Kapitalquantums. Zweitens aber: Während der drei Monate ist gleich-großes produktives Kapital in der Spinnerei und dem Maschinenbau angewandt, aber die Größe der Ka-pitalauslage ist für den Spinner und den Maschinenbauer durchaus verschieden, weil in dem einen Falldasselbe Kapital sich rasch erneuert und dieselbe Operation daher von neuem wiederholen kann; in demandern sich relativ nur langsam erneuert und daher bis zum Termin seiner Erneuerung beständig neueKapitalquanta den alten hinzugefügt werden müssen. Es ist also sowohl die Zeitlänge verschieden, worinsich bestimmte Portionen des Kapitals erneuern, oder die Länge der Vorschußzeit, wie auch die Massedes Kapitals (obgleich das täglich oder wöchentlich angewandte Kapital dasselbe ist), die je nach derLänge des <236> Arbeitsprozesses vorgeschossen werden muß. Der Umstand ist deswegen zu merken,weil die Länge des Vorschusses wachsen kann, wie in den im folgenden Kapitel zu betrachtenden Fällen,ohne daß deswegen die Masse des vorzuschießenden Kapitals im Verhältnis zu dieser Zeitlänge wächst.Das Kapital muß länger vorgeschossen werden, und eine größre Menge Kapital ist in der Form von pro-duktivem Kapital gebunden.

Auf den unentwickelteren Stufen der kapitalistischen Produktion werden Unternehmungen, die eine langeArbeitsperiode, also große Kapitalauslage für längre Zeit bedingen, namentlich wenn nur auf großer Stu-fenleiter ausführbar, entweder gar nicht kapitalistisch betrieben, wie z.B. Straßen, Kanäle etc. auf Ge-meinde- oder Staatskosten (in ältren Zeiten meist durch Zwangsarbeit, soweit die Arbeitskraft in Betrachtkommt). Oder solche Produkte, deren Herstellung eine längre Arbeitsperiode bedingt, werden nur zumgeringsten Teil durch das Vermögen des Kapitalisten selbst fabriziert. Z.B. beim Hausbau zahlt die Pri-vatperson, für welche das Haus gebaut wird, portionsweis Vorschüsse an den Bauunternehmer. Sie zahlt

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daher in der Tat das Haus stückweis, im Maß, wie sein Produktionsprozeß vorangeht. In der entwickeltenkapitalistischen Ära dagegen, wo einerseits massenhafte Kapitale in den Händen einzelner konzentriertsind, andrerseits neben den Einzelkapitalisten der assoziierte Kapitalist (Aktiengesellschaften) tritt undgleichzeitig das Kreditwesen entwickelt ist, baut ein kapitalistischer Bauunternehmer nur noch aus-nahmsweis auf Bestellung für einzelne Privatpersonen. Er macht ein Geschäft daraus, Häuserreihen undStadtviertel für den Markt zu bauen, wie einzelne Kapitalisten ein Geschäft daraus machen, Eisenbahnenals Kontraktoren zu bauen.

Wie die kapitalistische Produktion den Häuserbau in London umgewälzt hat, darüber geben uns die Aus-sagen eines Bauunternehmers vor dem Bankkomitee von 1857 Auskunft. In seiner Jugend, sagte er, wur-den Häuser meistens auf Bestellung gebaut und der Betrag während des Baues ratenweise an den Unter-nehmer bezahlt bei Vollendung gewisser Stadien des Baues. Auf Spekulation wurde nur wenig gebaut;die Unternehmer ließen sich hierauf hauptsächlich nur ein, um ihre Arbeiter regelmäßig beschäftigt unddamit zusammenzuhalten. Seit den letzten 40 Jahren hat sich das alles geändert. Auf Bestellung wird nurnoch sehr wenig gebaut. Wer ein neues Haus braucht, sucht sich eins aus von den auf Spekulation gebau-ten oder noch im Bau begriffnen. Der Unternehmer arbeitet nicht mehr für den Kunden, sondern für denMarkt; ganz wie jeder andre Industrielle ist er gezwungen, fertige Ware im Markt zu haben. Währendfrüher ein Unternehmer vielleicht drei oder vier Häuser gleichzeitig auf Spekulation im <237> Bau hatte,muß er jetzt ein ausgedehntes Grundstück kaufen (d.h. in kontinentaler Ausdrucksweise auf meist 99 Jah-re mieten), bis zu 100 oder 200 Häuser darauf errichten und sich so auf eine Unternehmung einlassen, diesein Vermögen um das zwanzig bis fünfzigfache übersteigt. Die Fonds werden beschafft durch Aufnahmevon Hypotheken, und das Geld dem Unternehmer zur Verfügung gestellt im Maß, wie der Bau der einzel-nen Häuser fortschreitet. Kommt dann eine Krisis, die die Einzahlung der Vorschußraten zum Stockenbringt, so scheitert gewöhnlich die ganze Unternehmung; im besten Fall bleiben die Häuser unvollendetbis auf beßre Zeiten, im schlimmsten kommen sie unter den Hammer und werden zum halben Preis losge-schlagen. Ohne Spekulationsbau, und das auf großer Stufenleiter, kann heute kein Unternehmer mehrvorankommen. Der Profit aus dem Bauen selbst ist äußerst gering; sein Hauptgewinn besteht in Steige-rung der Grundrente, in geschickter Auswahl und Ausnutzung des Bauterrains. Auf diesem Wege der dieNachfrage nach Häusern antizipierenden Spekulation sind fast ganz Belgravia und Tyburnia und diezahllosen Tausende von Villen um London gebaut worden. (Abgekürzt aus "Report from the SelectCommittee on Bank Acts", Part I, 1857, Evidence, Fragen 5413 - 5418, 5435 - 5436.)

Die Ausführung von Werken von bedeutend langer Arbeitsperiode und großer Stufenleiter fällt erst voll-ständig der kapitalistischen Produktion anheim, wenn die Konzentration des Kapitals bereits sehr bedeu-tend ist, andrerseits die Entwicklung des Kreditsystems dem Kapitalisten das bequeme Auskunftsmittelbietet, fremdes statt sein eignes Kapital vorzuschießen und daher auch zu riskieren. Es versteht sich je-doch von selbst, daß der Umstand, ob das der Produktion vorgeschoßne Kapital seinem Anwender gehörtoder nicht gehört, auf Umschlagsgeschwindigkeit und Umschlagszeit keinen Einfluß hat.

Die Umstände, welche das Produkt des einzelnen Arbeitstags vergrößern, wie Kooperation, Teilung derArbeit, Anwendung der Maschinerie, verkürzen zugleich die Arbeitsperiode bei zusammenhängendenProduktionsakten. So verkürzt Maschinerie die Bauzeit von Häusern, Brücken etc.; die Mäh- undDreschmaschine etc. verkürzen die Arbeitsperiode, erheischt, um das gereifte Korn in fertige Ware zuverwandeln. Verbesserter Schiffsbau verkürzt mit vermehrter Geschwindigkeit die Umschlagszeit des inder Schiffahrt ausgelegten Kapitals. Diese Verbesserungen, welche die Arbeitsperiode und daher die Zeitverkürzen, für welche zirkulierendes Kapital vorgeschossen werden muß, sind jedoch meist verbundenmit vermehrter Auslage von fixem Kapital. Andrerseits kann die Arbeitsperiode in bestimmten <238>Zweigen verkürzt werden durch bloße Ausdehnung der Kooperation; die Fertigstellung einer Eisenbahnwird dadurch verkürzt, daß große Arbeiterarmeen auf die Beine gestellt werden und das Werk daher vie l-seitig im Raum angegriffen wird. Die Umschlagszeit wird hier verkürzt durch Wachstum des vorge-schoßnen Kapitals. Mehr Produktionsmittel und mehr Arbeitskraft müssen unter dem Kommando desKapitalisten vereint sein.

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Wenn die Verkürzung der Arbeitsperiode daher meist mit Vergrößerung des für die kürzre Zeit vorge-schoßnen Kapitals verbunden ist, so daß, im Maß wie die Vorschußzeit sich verkürzt, die Masse, worindas Kapital vorgeschossen wird, sich vergrößert - so ist hier zu erinnern, daß, abgesehn von der vorhand-nen Masse des gesellschaftlichen Kapitals, es darauf ankommt, in welchem Grade die Produktions- undLebensmittel, resp. die Verfügung darüber, zersplittert oder in den Händen individueller Kapitalisten ver-einigt sind, also welchen Umfang die Konzentration der Kapitale bereits erreicht hat. Insofern der Kreditdie Konzentration von Kapital in einer Hand vermittelt, beschleunigt und steigert, trägt er dazu bei, dieArbeitsperiode, und damit die Umschlagszeit, abzukürzen.

In Produktionszweigen, wo die Arbeitsperiode, sei sie nun kontinuierlich oder unterbrochen, durch be-stimmte Naturbedingungen vorgeschrieben ist, kann keine Verkürzung durch die oben angegebnen Mittelstattfinden.

"Der Ausdruck: rascherer Umschlag, kann nicht auf Kornernten angewandt werden, da nur ein Umschlagim Jahr möglich ist. Was den Viehstand angeht, wollen wir einfach fragen: Wie ist der Umschlag zwei-und dreijähriger Schafe und vier- und fünfjähriger Ochsen zu beschleunigen?" (W. Walter Good: "Polit i-cal, Agricultural, and Commercial Fallacies", London 1866, p. 325.)

Die Notwendigkeit, früher Geld flüssig zu haben (z.B. um fixe Leistungen wie Steuern, Grundrente etc.zu zahlen), löst diese Frage dadurch, daß Vieh z.B. verkauft und geschlachtet wird, bevor es das ökono-mische Normalalter erreicht hat, zum großen Schaden der Agrikultur; es bewirkt dies auch schließlich einSteigen der Fleischpreise.

"Die Leute, welche früher hauptsächlich Vieh züchteten, um die Weidegründe der Midland counties<Grafschaften im Inneren des Landes> im Sommer und die Ställe der östlichen Grafschaften im Winterdamit zu versorgen ... sind durch die Schwankungen und Senkungen der Kornpreise so heruntergebrachtworden, daß sie froh sind, aus den hohen Preisen von Butter und Käse Vorteil ziehn zu können; die erstrebringen sie wöchentlich auf den Markt, um laufende Ausgaben zu decken; gegen den letztren nehmen sieVorschüsse von einem Faktor, der den Käse abholt, sobald er transportfähig ist, und <239> der natürlichseinen eignen Preis macht. Aus diesem Grund, und da die Landwirtschaft durch die Grundsätze der polit i-schen Ökonomie regiert wird, werden die Kälber, die früher von den milchwirtschaftenden Gegenden zurAufzucht nach Süden kamen, jetzt massenweise geopfert, oft, wenn sie erst acht bis zehn Tage alt sind, inden Schlachthäusern von Birmingham, Manchester, Liverpool und andern benachbarten Großstädten.Wäre dagegen das Malz unbesteuert, so hatten nicht nur die Pächter mehr Profit gemacht, und so ihrJungvieh behalten können, bis es älter und schwerer wurde, sondern das Malz hätte auch statt Milch zurAufzucht von Kälbern gedient bei Leuten, die keine Kühe halten; und der jetzige erschreckende Mangelan Jungvieh wäre großenteils vermieden worden. Empfiehlt man diesen kleinen Leuten jetzt, die Kälberaufzuziehn, so sagen sie: Wir wissen sehr wohl, daß die Aufzucht mit Milch sich lohnen würde, aber er-stens müßten wir Geld auslegen, und das können wir nicht, und zweitens müßten wir lange warten, biswir unser Geld wiederbekommen, während wir es in der Milchwirtschaft sogleich zurückerhalten." (Ibid.,p. 11, 12.)

Wenn die Verlängrung des Umschlags solche Folgen schon bei kleinern englischen Pächtern hat, so istleicht zu begreifen, welche Störungen sie bei den Kleinbauern des Kontinents hervorrufen muß.

Entsprechend der Dauer der Arbeitsperiode, also auch der Zeitperiode bis zur Fertigstellung der zirkulati-onsfähigen Ware, häuft sich der Wertteil, den das fixe Kapital schichtweis an das Produkt abgibt, undverzögert sich der Rückfluß dieses Wertteils. Aber diese Verzögrung verursacht nicht erneuerte Auslagein fixem Kapital. Die Maschine fährt fort, im Produktionsprozeß zu wirken, ob der Ersatz ihres Ver-schleißes langsamer oder rascher in Geldform zurückströmt. Anders verhält es sich mit dem zirkulieren-den Kapital. Nicht nur muß im Verhältnis zur Dauer der Arbeitsperiode Kapital auf längre Zeit festgelegt,es muß auch beständig neues Kapital in Arbeitslohn, Roh- und Hilfsstoffen vorgeschossen werden. Ver-zögerter Rückfluß wirkt daher verschieden auf beide. Der Rückfluß mag langsamer oder rascher sein, das

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fixe Kapital fährt fort zu wirken. Das zirkulierende Kapital dagegen wird funktionsunfähig bei verzöger-tem Rückfluß, wenn es in der Form von unverkauftem oder unfertigem, noch nicht verkäuflichem Produktfestliegt und kein Zuschußkapital vorhanden ist. um es in natura zu erneuern. -

"Während der Bauer verhungert, gedeiht sein Vieh. Es hatte ziemlich geregnet, und das Grasfutter standüppig. Der indische Bauer wird verhungern neben einem fetten Ochsen. Die Vorschriften des Aberglau-bens erscheinen grausam gegenüber dem Einzelnen, aber sie sind erhaltend für die Gesellschaft; die Er-haltung des Arbeitsviehs sichert den Fortgang des Ackerbaus, und damit die Quellen künftigen Lebens-unterhalts und Reichtums. Es mag hart und traurig lauten, aber es ist so: In Indien ist ein Mensch <240>leichter zu ersetzen als ein Ochse." ("Return, East India. Madras and Orissa Famine", Nr. 4, p. 44.)

Man vergleiche hiermit den Satz des "Manava-Dharma-Sastra", Cap. X, § 62:

"Hingebung des Lebens ohne Belohnung, um einen Priester oder eine Kuh zu erhalten ... kann die Selig-keit dieser niedrig gebornen Stämme sichern."

Es ist natürlich unmöglich, ein fünfjähriges Tier vor dem Ende von fünf Jahren zu liefern. Was aber in-nerhalb gewisser Grenzen möglich, das ist, durch veränderte Behandlungsweise Tiere in kürzrer Zeit fürihre Bestimmung fertigzumachen. Dies wurde namentlich geleistet durch Bakewell. Früher waren engli-sche Schafe, wie die französischen noch 1855, vor dem vierten oder fünften Jahre nicht schlachtfertig.Nach Bakewells System kann schon ein einjähriges Schaf gemästet werden, und in jedem Fall ist es vorAblauf des zweiten Jahres vollständig ausgewachsen. Durch sorgfältige Zuchtwahl reduzierte Bakewell,Pächter von Dishley Grange, das Knochenskelett der Schafe auf das zu ihrer Existenz notwendige Mini-mum. Seine Schafe hießen die New Leicesters.

"Der Züchter kann jetzt drei Schafe auf den Markt liefern in derselben Zeit, in der er früher eins fertig-stellte, und das in breiterer, runderer, größerer Entwicklung der am meisten Fleisch gebenden Teile. Fastihr ganzes Gewicht ist pures Fleisch." (Lavergne, "The Rural Economy of England etc.", 1855, p. 20.)

Die Methoden, welche die Arbeitsperiode abkürzen, sind in verschiednen Industriezweigen nur in sehrverschiednem Grad anwendbar und gleichen nicht die Unterschiede in der Zeitlänge der verschiednenArbeitsperioden aus. Um bei unsrem Beispiel zu bleiben, so mag durch Anwendung neuer Werkzeugma-schinen die zur Herstellung einer Lokomotive nötige Arbeitsperiode absolut verkürzt werden. Wird aberdurch verbesserte Prozesse in der Spinnerei das täglich oder wöchentlich gelieferte fertige Produkt un-gleich rascher vermehrt, so hat die Länge der Arbeitsperiode in der Maschinenfabrikation dennoch relativzugenommen, im Vergleich mit der Spinnerei.

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Die Produktionszeit

<241> Die Arbeitszeit ist immer Produktionszeit, d.h. Zeit, während deren das Kapital in die Produkti-onssphäre gebannt ist. Aber umgekehrt ist nicht alle Zeit, während deren das Kapital sich im Produkti-onsprozeß befindet, deswegen notwendig auch Arbeitszeit.

Es handelt sich hier nicht um Unterbrechungen des Arbeitsprozesses, welche durch die Naturschrankender Arbeitskraft selbst bedingt sind, obgleich sich gezeigt hat, wie sehr der bloße Umstand, daß das fixeKapital, Fabrikgebäude, Maschinerie usw., während der Pausen des Arbeitsprozesses brachliegt, eins derMotive wurde zur unnatürlichen Verlängrung des Arbeitsprozesses und zur Tag - und Nachtarbeit. <SieheBand 23, S. 271 - 278> Es handelt sich hier von einer, von der Länge des Arbeitsprozesses unabhängigen,durch die Natur des Produkts und seiner Herstellung selbst bedingten Unterbrechung, während deren derArbeitsgegenstand kürzer oder länger dauernden Naturprozessen unterworfen ist, physikalische, chemi-sche, physiologische Veränderungen durchmachen muß, während deren der Arbeitsprozeß ganz oderteilweise suspendiert ist.

So muß gekelterter Wein erst eine Zeitlang die Gärung durchmachen und dann wieder eine Zeitlang lie-gen, um einen bestimmten Grad der Vollkommenheit zu erreichen. In vielen Industriezweigen muß dasProdukt eine Trocknung durchmachen, wie in der Töpferei, oder gewissen Umständen ausgesetzt sein, umseine chemische Beschaffenheit zu ändern, wie in der Bleicherei. Winterkorn braucht vielleicht neun Mo-nate zur Reife. Zwischen Saat- und Erntezeit ist der Arbeitsprozeß fast ganz unterbrochen. In der Holz-zucht, nachdem die Aussaat und die dabei nötigen Vorarbeiten beendet, braucht der Same vielleicht 100Jahre, um in fertiges Produkt verwandelt zu werden; während dieser ganzen Zeit braucht er relativ nursehr unbedeutende Einwirkung von Arbeit.

<242> In allen diesen Fällen wird während eines großen Teils der Produktionszeit nur stellenweis zu-schüssige Arbeit zugesetzt. Das im vorigen Kapitel beschriebne Verhältnis, wo dem bereits im Produkti-onsprozeß festgelegten Kapital zuschüssiges Kapital und Arbeit zugesetzt werden muß, findet hier nur mitlängern oder kurzem Unterbrechungen statt.

In allen diesen Fällen besteht also die Produktionszeit des vorgeschoßnen Kapitals aus zwei Perioden:Einer Periode, worin das Kapital sich im Arbeitsprozeß befindet: einer zweiten Periode, worin seine Exi-stenzform - die von unfertigem Produkt - dem Walten von Naturprozessen überlassen ist, ohne sich imArbeitsprozeß zu befinden. Ob diese beiden Zeiträume sich stellenweis durchkreuzen und zwischeneinan-derschieben, ändert nichts an der Sache. Arbeitsperiode und Produktionsperiode decken sich hier nicht.Die Produktionsperiode ist größer als die Arbeitsperiode. Aber erst nach Zurücklegung der Produktion-speriode ist das Produkt fertig, reif, also aus der Form von produktivem Kapital verwandelbar in die vonWarenkapital. Je nach der Länge der nicht aus Arbeitszeit bestehenden Produktionszeit verlängert sichalso auch seine Umschlagsperiode. Soweit die über die Arbeitszeit überschüssige Produktionszeit nichtdurch ein für allemal gegebne Naturgesetze bestimmt ist, wie beim Reifen des Korns, dem Wuchs derEiche usw., kann die Umschlagsperiode oft mehr oder minder verkürzt werden durch künstliche Abkür-zung der Produktionszeit. So durch Einführung der chemischen Bleicherei statt der Wiesenbleicherei,durch wirksamere Trockenapparate in Trocknungsprozessen. So in der Gerberei, wo das Eindringen derGerbsäure in die Häute nach der alten Methode 6 bis 18 Monate wegnahm, nach der neuen, worin dieLuftpumpe angewandt wird, nur anderthalb bis zwei Monate. (J. G. Courcelle-Seneuil, "Traité theoriqueet pratique des entreprises industrielles etc.", Paris 1857, 2. éd. [p. 49].) Das großartigste Beispiel vonkünstlicher Abkürzung der durch Naturprozesse ausgefüllten bloßen Produktionszeit liefert die Ge-schichte der Eisenproduktion und namentlich die Verwandlung von Roheisen in Stahl in den letzten 100Jahren, von dem um 1780 entdeckten Puddling bis zu dem modernen Bessemerprozeß und den seitdemeingeführten neuesten Verfahrungsweisen. Die Produktionszeit ist enorm abgekürzt worden, aber in dem-selben Maß auch die Anlage von fixem Kapital vergrößert.

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Ein eigentümliches Beispiel für die Abweichung der Produktionszeit von der Arbeitszeit liefert die ame-rikanische Fabrikation von Schuhleisten. Hier entsteht ein bedeutender Teil der Unkosten daraus, daß dasHolz bis zu 18 Monaten zur Austrocknung lagern muß, damit der fertige Leisten sich nachher nicht zieht,seine Form verändert. Während dieser Zeit macht das <243> Holz keinen andern Arbeitsprozeß durch.Die Umschlagsperiode des angelegten Kapitals ist daher nicht nur bestimmt durch die zur Leistenfabrika-tion selbst erheischte Zeit, sondern auch durch die Zeit, während deren es im austrocknenden Holz brach-liegt. Es befindet sich 18 Monate im Produktionsprozeß, bevor es in den eigentlichen Arbeitsprozeß ein-treten kann. Dies Beispiel zeigt zugleich, wie die Umschlagszeiten verschiedner Teile des zirkulierendenGesamtkapitals verschieden sein können infolge von Umständen, die nicht innerhalb der Zirkulati-onssphäre, sondern aus dem Produktionsprozeß entspringen.

Besonders deutlich tritt der Unterschied von Produktionszeit und Arbeitszeit hervor in der Landwirt-schaft. In unsern gemäßigten Klimaten trägt das Land einmal jährlich Korn. Die Abkürzung oder Verlän-grung der Produktionsperiode (für Wintersaat durchschnittlich neun Monate) ist selbst wieder vom Wech-sel guter oder schlechter Jahre abhängig, daher nicht genau vorher bestimmbar und kontrollierbar wie inder eigentlichen Industrie. Nur Nebenprodukte, Milch, Käse etc., sind fortlaufend in kürzern Periodenproduzierbar und verkaufbar. Dagegen stellt sich die Arbeitszeit wie folgt:

"Die Zahl der Arbeitstage wird in den verschiednen Gegenden von Deutschland mit Rücksicht auf dieklimatischen und übrigen einwirkenden Verhältnisse für die drei Hauptarbeitsperioden anzunehmen sein:Für die Frühjahrsperiode von Mitte März oder Anfang April bis Mitte Mai auf 50 - 60; für die Sommerpe-riode von Anfang Juni bis Ende August auf 65 - 80; und für die Herbstperiode von Anfang September bisEnde Oktober oder Mitte oder Ende November auf 55 - 75 Arbeitstage. Für den Winter sind bloß diedarin zu verrichtenden Arbeiten, wie Dünger-, Holz-, Markt-, Baufuhren zu bemerken." (F. Kirchhof,Handbuch der landwirthschaftlichen Betriebslehre, Dessau 1852, S. 160.)

Je ungünstiger daher das Klima, desto mehr drängt sich die Arbeitsperiode der Landwirtschaft, und daherdie Auslage in Kapital und Arbeit, auf kurzem Zeitraum zusammen. Z.B. Rußland. Dort ist in einigennördlichen Gegenden Feldarbeit nur möglich während 130 - 150 Tagen im Jahr. Man begreift, welchenVerlust Rußland erleiden würde, wenn 50 aus den 65 Millionen seiner europäischen Bevölkrung ohneBeschäftigung blieben während der sechs oder acht Wintermonate, wo alle Feldarbeit aufhören muß. Au-ßer den 200.000 Bauern, welche in den 10.500 Fabriken Rußlands arbeiten, haben sich überall auf denDörfern eigne Hausindustrien entwickelt. So gibt es Dörfer, worin alle Bauern seit Generationen Weber,Gerber, Schuhmacher, Schlosser, Messerschmiede etc. sind; besonders ist dies der Fall in den Gouverne-ments Moskau, Wladimir, Kaluga, Kostroma und Petersburg. Beiläufig wird diese Hausindustrie schonmehr und mehr in den <244> Dienst der kapitalistischen Produktion gepreßt; den Webern z.B. Kette undEinschlag von Kaufleuten direkt oder durch Vermittlung von Faktoren geliefert. (Abgekürzt nach: "Re-ports by H. M. Secretaries of Embassy and Legation, on the Manufactures, Commerce etc.", Nr. 8, 1865,p. 86, 87.) Man sieht hier, wie das Auseinanderfallen von Produktionsperiode und Arbeitsperiode, welcheletztre nur einen Teil der erstren bildet, die natürliche Grundlage der Vereinigung der Agrikultur mitländlicher Nebenindustrie bildet, wie andrerseits letztre wieder Anhaltspunkt wird für den Kapitalisten,der sich zunächst als Kaufmann dazwischendrängt. Indem die kapitalistische Produktion dann später dieScheidung zwischen Manufaktur und Agrikultur vollzieht, wird der Landarbeiter immer mehr von bloßzufälliger Nebenbeschäftigung abhängig und seine Lage dadurch verschlechtert. Für das Kapital, wie manspäter sehn wird, gleichen sich alle Verschiedenheiten im Umschlag aus. Für den Arbeiter nicht.

Während in den meisten Zweigen der eigentlichen Industrie, des Bergbaus, des Transports usw. der Be-trieb ein gleichmäßiger ist, gleichmäßige Arbeitszeit jahraus, jahrein gearbeitet wird und, von Preis-schwankungen, Geschäftsstörungen etc. als von anormalen Unterbrechungen abgesehn, die Auslagen fürdas in den täglichen Zirkulationsprozeß eingehende Kapital sich gleichmäßig verteilen; während eben-falls, bei sonst gleichbleibenden Marktverhältnissen, auch der Rückfluß des zirkulierenden Kapitals oderseine Erneuerung das Jahr hindurch in gleichmäßige Perioden sich verteilt - findet in den Kapitalauslagen,wo die Arbeitszeit nur einen Teil der Produktionszeit bildet, im Laufe der verschiednen Perioden des

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Jahrs die größte Ungleichmäßigkeit in der Auslage von zirkulierendem Kapital statt, indes der Rückflußnur auf einmal zu der durch Naturbedingungen fixierten Zeit erfolgt. Bei gleicher Stufenleiter des Ge-schäfts, d.h. bei gleicher Größe des vorgeschoßnen zirkulierenden Kapitals, muß es daher in größren Mas-sen auf einmal und auf längre Zeit vorgeschossen werden als in den Geschäften mit kontinuierlichen Ar-beitsperioden. Die Lebensdauer des fixen Kapitals unterscheidet sich hier auch bedeutender von der Zeit,worin es wirklich produktiv fungiert. Mit der Differenz von Arbeitszeit und Produktionszeit wird natür-lich auch die Gebrauchszeit des angewandten fixen Kapitals auf längre oder kürzre Zeit fortwährend un-terbrochen, wie z.B. im Ackerbau bei Arbeitsvieh, Geräten und Maschinen. Soweit dies fixe Kapital ausArbeitstieren besteht, erheischt es fortwährend dieselben oder fast dieselben Ausgaben in Futter etc. wiewährend der Zeit, worin es arbeitet. Bei toten Arbeitsmitteln verursacht auch der Nichtgebrauch eine ge-wisse Entwertung. Es findet also überhaupt Verteuerung des Produkts statt, indem die Wert- <245> abga-be an das Produkt sich berechnet nicht nach der Zeit, worin das fixe Kapital fungiert, sondern nach derZeit, worin es Wert verliert. In diesen Produktionszweigen bildet das Brachliegen des fixen Kapitals, obnoch mit laufenden Kosten verbunden oder nicht, ebenso eine Bedingung seiner normalen Anwendungwie z.B. der Verlust eines gewissen Quantums von Baumwolle bei der Spinnerei; und ebenso zählt beijedem Arbeitsprozeß die unter den normalen technischen Bedingungen unproduktiv, aber unvermeidlich,verausgabte Arbeitskraft geradesogut wie die produktive. Jede Verbeßrung, die unproduktive Verausga-bung von Arbeitsmitteln, Rohstoff und Arbeitskraft vermindert, vermindert auch den Wert des Produkts.

In der Landwirtschaft vereinigt sich beides, die längre Dauer der Arbeitsperiode und die große Differenzzwischen Arbeitszeit und Produktionszeit. Hodgskin bemerkt darüber richtig:

"Der Unterschied in der Zeit", {obgleich er hier nicht zwischen Arbeitszeit und Produktionszeit unter-scheidet} "die erforderlich ist, um die Produkte der Landwirtschaft fertigzumachen, und der von andernArbeitszweigen, ist die Hauptursache der großen Abhängigkeit der Landwirte. Sie können ihre Warennicht in kürzrer Zeit zu Markte bringen als in einem Jahr. Während dieses ganzen Zeitraums müssen sieborgen vom Schuhmacher, Schneider, Schmied, Wagenmacher und den verschiednen andren Produzen-ten, von denen sie Produkte brauchen, und welche Produkte in wenig Tagen oder Wochen fertig werden.Infolge dieses natürlichen Umstands, und infolge der raschern Reichtumsvermehrung in den andern Ar-beitszweigen, sind die Grundbesitzer, die den Boden des ganzen Reichs monopolisiert haben, obgleich sieaußerdem sich das Monopol der Gesetzgebung angeeignet haben, dennoch unfähig, sich und ihre Diener,die Pächter, vor dem Schicksal zu retten, die abhängigsten Leute im Lande zu werden." (ThomasHodgskin, "Popular Political Economy", London 1827, p. 147, Note.)

Alle Methoden, wodurch teilweis die Ausgaben in Arbeitslohn und Arbeitsmitteln in der Agrikulturgleichmäßiger über das ganze Jahr verteilt werden, teilweis der Umschlag verkürzt wird, indem verschie-denartigere Produkte erzeugt und so verschiedne Ernten während des Jahres möglich werden, erheischenVergrößrung des in der Produktion vorgeschoßnen, in Arbeitslohn, Dünger, Samen etc. ausgelegten zir-kulierenden Kapitals. So beim Übergang von der Dreifelderwirtschaft mit Brache zur Fruchtwechselwirt-schaft ohne Brache. So bei den cultures dérobées <dem Zwischenfruchtanbau> in Flandern.

"Man nimmt die Wurzelgewächse in culture dérobée; dasselbe Feld trägt zuerst Getreide, Flachs, Raps,für die Bedürfnisse der Menschen, und nach der Ernte werden Wurzelkräuter gesät zur Erhaltung desViehs. Dies System, wobei das Hornvieh fort- <246> während im Stall bleiben kann, ergibt eine be-trächtliche Anhäufung von Dünger und wird so der Angelpunkt der Wechselwirtschaft. Mehr als einDrittel der bebauten Oberfläche wird in den Sandgegenden auf die cultures dérobées verwandt; es ist ge-rade so, als ob man die Ausdehnung des bebauten Landes um ein Drittel vermehrt hätte."

Neben Wurzelgewächsen wird hierzu auch Klee und andre Futterkräuter verwandt.

"Der Ackerbau, so auf einen Punkt getrieben, wo er in Gartenbau übergeht, erfordert begreiflicherweiseein verhältnismäßig beträchtliches Anlagekapital. In England rechnet man 250 Franken Anlagekapital aufdie Hektare. In Flandern werden unsre Bauern ein Anlagekapital von 500 Franken per Hektare wahr-

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scheinlich viel zu niedrig finden." ("Essais sur l'Économie Rurale de la Belgique", par Émile de Laveleye.Bruxelles 1863, p. 59, 60, 63.)

Nehmen wir schließlich die Holzzucht. -

"Die Holzproduktion unterscheidet sich von den meisten übrigen Produktionen wesentlich dadurch, daßbei ihr die Naturkraft selbständig wirkt und bei natürlicher Verjüngung der Menschen- und Kapitalkraftnicht bedarf. Übrigens ist auch selbst da, wo die Wälder künstlich verjüngt werden, der Aufwand vonMenschen- und Kapitalkraft neben dem Wirken der Naturkräfte nur gering. Außerdem findet der Waldnoch auf Bodenarten und in Lagen Gedeihen, wo das Getreide nicht mehr fortkommt oder dessen Pro-duktion doch nicht mehr lohnt. Der Waldbau erfordert aber auch, zu einer regelmäßigen Wirtschaft, einengrößren Flächenraum als die Getreidekultur, indem bei kleinren Parzellen keine forstwirtschaftlicheSchlagführung ausführbar ist, die Nebennutzungen meist verloren gehn, der Forstschutz schwerer zuhandhaben ist usw. Der Produktionsprozeß ist aber auch an so lange Zeiträume gebunden, daß er über diePläne einer Privatwirtschaft, einzeln sogar über die Zeit eines Menschenlebens hinausgeht. Das für Er-werbung des Waldbodens <1. und 2. Auflage: Landbodens> angelegte Kapital"

{bei Gemeinproduktion fällt dieses Kapital fort und ist die Frage nur, wieviel Boden die Gemeinde fürWaldproduktion dem Acker- und Weideboden entziehen kann}

"trägt nämlich erst nach langer Zeit lohnende Früchte und schlägt nur teilweise, vollständig aber erst beimanchen Holzarten in Fristen <1. und 2. Auflage: Forsten> bis zu 150 Jahren um. Außerdem erfordert dienachhaltige Holzproduktion selbst einen Vorrat lebendigen Holzes, welcher das zehn- bis vierzigfache derjährlichen Nutzung beträgt. Wer daher nicht noch andres Einkommen hat und bedeutende Waldstreckenbesitzt, kann keine regelmäßige Waldwirtschaft führen." (Kirchhof, p. 58.)

Die lange Produktionszeit (die einen relativ nur geringen Umfang der Arbeitszeit einschließt), daher dieLänge ihrer Umschlagsperioden, macht <247> die Waldzucht zu einem ungünstigen Privat- und daherkapitalistischen Betriebszweig, welcher letztre wesentlich Privatbetrieb ist, auch wenn statt des einzelnenKapitalisten der assoziierte Kapitalist auftritt. Die Entwicklung der Kultur und Industrie überhaupt hatsich von jeher so tätig in der Zerstörung der Waldungen gezeigt, daß dagegen alles, was sie umgekehrt zuderen Erhaltung und Produktion getan hat, eine vollständig verschwindende Größe ist.

Besonders bemerkenswert in dem Zitat von Kirchhof ist folgende Stelle:

"Außerdem erfordert die nachhaltige Holzproduktion selbst einen Vorrat lebendigen Holzes, welcher daszehn- bis vierzigfache der jährlichen Nutzung beträgt."

Also einmaliger Umschlag in zehn bis vierzig und mehr Jahren.

Ebenso bei der Viehzucht. Ein Teil der Herde (Viehvorrat) bleibt im Produktionsprozeß, während einandrer Teil derselben als jährliches Produkt verkauft wird. Nur ein Teil des Kapitals schlägt hier jährlichum, ganz wie bei dem fixen Kapital, Maschinerie, Arbeitsvieh etc. Obgleich dies Kapital für längre Zeitim Produktionsprozeß fixiertes Kapital ist, und so den Umschlag des Gesamtkapitals verlängert, bildet esnicht fixes Kapital im kategorischen Sinn.

Was hier Vorrat genannt wird - ein bestimmtes Quantum lebendigen Holzes oder Viehs - befindet sichrelativ im Produktionsprozeß (zugleich als Arbeitsmittel und als Arbeitsmaterial); nach den Naturbedin-gungen seiner Reproduktion, bei geregelter Wirtschaft, muß sich stets ein bedeutender Teil in dieser Formbefinden.

Ähnlich auf den Umschlag wirkt eine andre Art des Vorrats, die nur potentielles produktives Kapital bil-det, aber infolge der Natur der Wirtschaft in größren oder geringren Massen angehäuft sein, daher für

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längre Zeit der Produktion vorgeschossen sein muß, obgleich sie nur nach und nach in den aktiven Pro-duktionsprozeß eingeht. Dazu gehört z.B. der Dünger, bevor er aufs Feld geführt wird, ebenso Korn, Heuetc. und solche Lebensmittelvorräte, die in die Produktion des Viehs eingehn.

"Ein beträchtlicher Teil des Betriebskapitals ist in den Vorräten der Wirtschaft enthalten. Diese könnenaber in ihrem Wert mehr oder weniger verlieren, sobald die für ihre gute Erhaltung erforderlichen Vor-sichtsmaßregeln nicht gehörig in Anwendung gebracht werden; ja es kann durch Mangel an Aufsichtselbst ein Teil der Produktenvorräte für die Wirtschaft gänzlich verlorengehn. Es wird daher in dieserBeziehung vorzugsweis eine sorgfältige Aufsicht über die Scheunen, Futter- und Getreideböden undKeller erforderlich, sowie die Vorratsräume stets gehörig zu verschließen, außerdem aber reinlich zu hal-ten, auszulüften sind usw.; das Getreide und andre zur Aufbewahrung gebrachte Früchte müssen von Zeitzu Zeit gehörig gewendet, Kartoffeln <248> und Rüben sowohl gegen Frost als gegen Wasser und Fäul-nis <1. und 2. Auflage: Feuer > geschützt werden." (Kirchhof, p. 292.) "Bei Berechnung des eignen Be-darfs, besonders für die Viehhaltung, wobei die Verteilung nach Maßgabe des Erzeugnisses und desZwecks vorzunehmen ist, muß man nicht nur auf die Deckung des Bedürfnisses, sondern außerdem auchnoch darauf Rücksicht nehmen, daß für unvorhergesehne Fälle auch noch ein verhältnismäßiger Vorratübrigbleibe. Sobald sich nun hierbei ergibt, daß der Bedarf durch das eigne Erzeugnis nicht vollständiggedeckt werden kann, so hat man zunächst in Betracht zu ziehn, ob man nicht durch andre Erzeugnisse(Ersatzmittel) diesen Mangel decken oder doch solche statt der fehlenden wohlfeiler anschaffen könne.Wenn z.B. sich ein Mangel an Heu herausstellen sollte, so läßt sich dieser durch Wurzelwerk mit Stroh-zusatz decken. Überhaupt muß man hierbei den Sachwert und den Marktpreis der verschiednen Erzeug-nisse stets im Auge behalten und die Bestimmungen für die Konsumtion darnach treffen; ist z.B. der Ha-fer teurer, während Erbsen und Roggen verhältnismäßig niedrig stehn, so wird man mit Vorteil einen Teildes Hafers bei Pferden durch Erbsen oder Roggen ersetzen und den hierdurch erübrigten Hafer verkau-fen." (Ibidem, p. 300.)

Es ist früher bei Betrachtung der Vorratsbildung <siehe vorl. Band, > bereits bemerkt worden, daß einbestimmtes größres oder kleinres Quantum von potentiellem produktivem Kapital erfordert ist, d.h. vonfür die Produktion bestimmten Produktionsmitteln, die in größren oder kleinren Massen vorrätig seinmüssen, um nach und nach in den Produktionsprozeß einzugehn. Es ist dabei bemerkt worden, daß beieiner gegebnen Geschäftsunternehmung oder einem Kapitalbetrieb von bestimmtem Umfang die Größedieses Produktionsvorrats abhängt von der größren oder geringren Schwierigkeit seiner Erneuerung, rela-tiver Nähe der Bezugsmärkte, Entwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel etc. Alle dieseUmstände wirken ein auf das Minimum von Kapital, das in der Form von produktivem Vorrat vorhandensein muß, also auf die Zeitlänge, wofür die Kapitalvorschüsse zu machen, und auf den Umfang der aufeinmal vorzuschießenden Kapitalmasse. Dieser Umfang, der also auch auf den Umschlag wirkt, wirdbedingt durch die längre oder kürzre Zeit, für welche zirkulierendes Kapital in der Form von produktivemVorrat als bloß potentielles produktives Kapital festliegt. Andrerseits, soweit diese Stauung von größreroder geringrer Möglichkeit des raschen Ersatzes, von Marktverhältnissen usw. abhängt, entspringt sieselbst wieder aus der Umlaufszeit, aus Umständen, die der Zirkulationssphäre angehören.

"Ferner müssen alle solche Inventarienstücke oder Zutaten, wie Handarbeitsgeräte, Siebe, Körbe, Stricke,Wagenschmiere, Nägel usw., um so mehr zum augen- <249> blicklichen Ersatze im Vorrat vorhandensein, je weniger man die Gelegenheit in der Nähe hat, solche schnell anschaffen zu können. Endlich solljährlich das ganze Geräteinventar im Winter sorgfältig nachgesehn und für die hierbei sich notwendigmachende Ergänzung und Instandsetzung sofort gesorgt werden. Ob man sich nun aber im allgemeinengrößre oder kleinre Vorräte zum Bedarf des Inventars halten soll, wird hauptsächlich durch die Lokalver-hältnisse bestimmt. Wo Handwerksleute und Kaufläden nicht in der Nähe sind, da muß man auf größreVorräte halten als dort, wo man solche im Orte oder doch sehr nahe findet. Wenn man aber unter sonstgleichen Verhältnissen die bedürfenden Vorräte in größren Mengen auf einmal anschafft, gewinnt man inder Regel den Vorteil des billigen Einkaufs, wenn man nur sonst hierzu einen geeigneten Zeitpunkt ge-wählt hat; freilich entzieht man hierdurch aber auch dem umlaufenden Betriebskapital eine um so größre

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Summe auf einmal, welche nicht immer gut aus dem Wirtschaftsbetriebe entbehrt werden kann." (Kirch-hof, p. 301.)

Die Differenz von Produktions- und Arbeitszeit läßt, wie wir gesehn, sehr verschiedne Fälle zu. Das zir-kulierende Kapital kann sich in der Produktionszeit befinden, ehe es in den eigentlichen Arbeitsprozeßeingeht (Leistenfabrikation); oder es befindet sich in Produktionszeit, nachdem es den eigentlichen Ar-beitsprozeß durchgemacht hat (Wein, Saatkorn); oder die Produktionszeit wird stellenweis durch Arbeits-zeit durchbrochen (Feldhau, Holzzucht); ein großer Teil von zirkulationsfähigem Produkt bleibt dem ak-tiven Produktionsprozeß einverleibt, während ein viel geringrer Teil in die jährliche Zirkulation eingeht(Holz- und Viehzucht); die größre oder geringre Zeitlänge, für welche zirkulierendes Kapital in der Formvon potentiellem produktivem Kapital, also auch die größre oder geringre Masse, worin dies Kapital aufeinmal ausgelegt werden muß, entspringt teils aus der Art des Produktionsprozesses (Agrikultur) undhängt teils von der Nähe von Märkten etc., kurz, von Umständen ab, die der Zirkulationssphäre angehö-ren.

Man wird später sehn (Buch III), welche widersinnige Theorien bei MacCulloch, James Mill etc. der Ver-such veranlaßt hat, die von der Arbeitszeit abweichende Produktionszeit mit der erstren zu identifizieren,ein Versuch, selbst wieder entspringend aus falscher Anwendung der Werttheorie.

Der Umschlagszyklus, den wir vorher betrachtet, ist gegeben durch die Dauer des dem Produktionsprozeßvorgeschoßnen fixen Kapitals. Da dieser eine größre oder geringre Reihe von Jahren umfaßt, so auch eineReihe jährlicher, resp. während des Jahres wiederholter Umschläge des fixen Kapitals.

<250> In der Agrikultur entsteht ein solcher Umschlagszyklus aus dem System der Fruchtfolge.

"Die Dauer der Pachtzeit darf jedenfalls nicht kürzer angenommen werden als die Umlaufszeit der einge-führten Fruchtfolge aussagt <1. und 2. Auflage: Fruchfolgeaussaat >, daher bei der Dreifelderwirtschaftimmer mit 3, 6, 9 gerechnet wird. Bei angenommener Dreifelderwirtschaft mit reiner Brache wird aberder Acker in sechs Jahren nur viermal bebaut, und in den Baujahren mit Winter- und Sommergetreide,und erfordert oder erlaubt es die Beschaffenheit des Bodens, auch mit Weizen und Roggen, Gerste undHafer gewechselt. Jede Getreideart vervielfältigt sich nun auf demselben Boden mehr oder weniger alsdie andre, jede hat einen andren Wert und wird auch für einen andren Preis verkauft. Deshalb fällt derErtrag des Ackers in jedem Baujahre anders aus, auch anders in der ersten Hälfte des Umlaufs" (in denersten drei Jahren), "anders in der zweiten. Selbst der durchschnittliche Ertrag in der Umlaufszeit ist nichtin der einen wie in der andern gleich groß, indem die Fruchtbarkeit nicht allein von der Güte des Bodens,sondern auch von der Jahreswitterung, sowie die Preise von mancherlei Verhältnissen abhängen. Berech-net man nun den Ertrag <1. u. 2. Auflage: Betrag> des Ackers nach mittlern Fruchtjahren der ganzenUmlaufszeit auf sechs Jahre und nach den Durchschnittspreisen derselben, so hat man den Gesamtertragauf ein Jahr sowohl in der einen als in der andern Umlaufszeit gefunden. Dies ist jedoch nicht der Fall,wenn der Ertrag nur für die Hälfte der Umlaufszeit, also für drei Jahre berechnet wird, indem alsdann derGesamtertrag ungleich ausfallen würde. Hieraus geht hervor, daß die Dauer der Pachtzeit bei der Dreifel-derwirtschaft mindestens auf sechs Jahre bestimmt werden muß. Weit wünschenswerter aber für Pächterund Verpächter bleibt es aber immer, wenn die Pachtzeit ein Vielfaches der Pachtzeit" {sic! <- so steht eswörtlich da!>} "ausmacht, und also bei der Dreifelderwirtschaft anstatt auf 6 auf 12, 18 und noch mehrJahre, bei Siebenfelderwirtschaft aber anstatt auf 7 auf 14, 28 Jahre gestellt ist." (Kirchhof, p. 117, 118.)

{Hier steht im Manuskript: "Die englische Fruchtwechselwirtschaft. Hier Note zu machen."}

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Die Umlaufszeit

<251> Alle bisher betrachteten Umstände, welche die Umlaufsperioden verschiedner, in verschiednenGeschäftszweigen angelegter Kapitale differenzieren, daher auch die Zeiten, während deren Kapital vor-geschossen werden muß, entspringen innerhalb des Produktionsprozesses selbst, wie der Unterschied vonfixem und flüssigem Kapital, der Unterschied in den Arbeitsperioden usw. Die Umschlagszeit des Kapi-tals ist jedoch gleich der Summe seiner Produktionszeit und seiner Umlaufs- oder Zirkulationszeit. Esversteht sich daher von selbst, daß verschiedne Länge der Umlaufszeit die Umschlagszeit und daher dieLänge der Umschlagsperiode verschieden macht. Am handgreiflichsten wird dies sichtbar, entwederwenn man zwei verschiedne Kapitalanlagen vergleicht, worin alle andren den Umschlag modifizierendenUmstände gleich und nur die Umlaufszeiten verschieden sind, oder wenn man ein gegebnes Kapitalnimmt mit gegebner Zusammensetzung aus fixem und flüssigem Kapital, gegebner Arbeitsperiode etc.,und nur die Umlaufszeiten hypothetisch variieren läßt.

Der eine Abschnitt der Umlaufszeit - und der relativ entscheidendste - besteht aus der Verkaufszeit, derEpoche, worin das Kapital sich im Zustand von Warenkapital befindet. Je nach der relativen Größe dieserFrist verlängert oder verkürzt sich die Umlaufszeit und daher die Umschlagsperiode überhaupt. Es kannauch infolge von Aufbewahrungskosten etc. zuschüssige Auslage von Kapital notwendig werden. Vonvornherein ist klar, daß die für den Verkauf ihrer fertigen Waren erforderliche Zeit sehr verschieden seinkann für die einzelnen Kapitalisten in einem und demselben Geschäftszweig, also nicht nur für die Kapi-talmassen, die in verschiednen Produktionszweigen angelegt sind, sondern auch für die verschiednenselbständigen Kapitale, die in der Tat nur verselbständigte Stücke des in derselben Produktionssphäreangelegten Gesamtkapitals bilden. Unter sonst gleichbleibenden Umständen wird die Verkaufsperiode fürdasselbe indivi- <252> duelle Kapital mit den allgemeinen Schwankungen der Marktverhältnisse oder mitihren Schwankungen in dem besondren Geschäftszweig wechseln. Hierbei halten wir uns jetzt nicht län-ger auf. Wir konstatieren nur die einfache Tatsache: Alle Umstände, welche überhaupt Verschiedenheit inden Umschlagsperioden der in verschiednen Geschäftszweigen angelegten Kapitale erzeugen, haben,wenn sie individuell wirken (wenn z.B. der eine Kapitalist Gelegenheit hat, rascher zu verkaufen als seinKonkurrent, wenn der eine mehr Methoden anwendet, welche die Arbeitsperioden verkürzen, als der and-re etc.), ebenfalls Verschiedenheit im Umschlag der verschiednen, in demselben Geschäftszweig hausen-den Einzelkapitale zur Folge.

Eine stetig wirkende Ursache in der Differenzierung der Verkaufszeit, und daher der Umschlagszeit über-haupt, ist die Entfernung des Markts, wo die Ware verkauft wird, von ihrem Produktionsplatz <1. und 2.Auflage: Verkaufsplatz>. Während der ganzen Zeit seiner Reise zum Markt befindet sich das Kapitalgebannt in den Zustand des Warenkapitals; wenn auf Ordre produziert wird, bis zum Moment der Ablie-frung; wenn nicht auf Ordre produziert, kommt zur Zeit der Reise zum Markt noch die Zeit hinzu, wo dieWare sich auf dem Markt zum Verkauf befindet. Verbeßrung der Kommunikations- und Transportmittelkürzt die Wandrungsperiode der Waren absolut ab, hebt aber nicht die aus der Wandrung entspringenderelative Differenz in der Umlaufszeit verschiedner Warenkapitale auf, oder auch verschiedner Stückedesselben Warenkapitals, die nach verschiednen Märkten wandern. Die verbesserten Segelschiffe undDampfschiffe z.B., welche die Reise verkürzen, verkürzen sie ebensowohl für nahe gelegne wie ferneHäfen. Die relative Differenz bleibt, obwohl oft vermindert. Die relativen Differenzen können aber infol-ge der Entwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel verschoben werden in einer Weise, dienicht den natürlichen Entfernungen entspricht. Z.B. eine Eisenbahn, die von dem Produktionsplatz nacheinem inländischen Hauptzentrum der Bevölkrung führt, mag die Entfernung nach einem näher gelegnenPunkt des Inlands, wohin keine Eisenbahn führt, absolut oder relativ verlängern im Vergleich zu demnatürlich entferntern; ebenso mag infolge desselben Umstands die relative Entfernung der Produktions-plätze von den größern Absatzmärkten selbst verschoben werden, woraus sich der Verfall alter und dasAufkommen neuer Produktionszentren mit veränderten Transport- und Kommunikationsmitteln erklärt.(Hierzu kommt noch die größre relative Wohlfeilheit des Transports für längre als für kürzre Distanzen.)Gleichzeitig mit der Entwicklung der Transport- <253> mittel wird nicht nur die Geschwindigkeit der

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Raumbewegung beschleunigt und damit die räumliche Entfernung zeitlich verkürzt. Es entwickelt sichnicht nur die Masse der Kommunikationsmittel, so daß z.B. viele Schiffe gleichzeitig nach demselbenHafen abgehn, mehrere Züge gleichzeitig auf verschiednen Eisenbahnen zwischen denselben zwei Punk-ten fahren, sondern es gehn z.B. in der Woche an verschiednen sukzessiven Tagen Frachtschiffe von Li-verpool nach New York oder zu verschiednen Tagesstunden Warenzüge von Manchester nach London.Die absolute Geschwindigkeit - also dieser Teil der Umlaufszeit - wird durch diesen letztren Umstand, beigegebner Leistung der Transportmittel, zwar nicht alteriert. Aber sukzessive Quanta Waren können inkürzer aufeinanderfolgenden Zeiträumen die Reise antreten und so sukzessive auf den Markt kommen,ohne sich bis zur wirklichen Versendung in größren Massen als potentielles Warenkapital aufzuhäufen.Es verteilt sich daher auch der Rückfluß über kürzre sukzessive Zeitperioden, so daß beständig ein Teil inGeldkapital verwandelt ist, während der andre als Warenkapital zirkuliert. Durch diese Verteilung desRückflusses auf mehrere sukzessive Perioden wird die Gesamtumlaufszeit abgekürzt und daher auch derUmschlag. Zunächst entwickelt sich die größre oder geringre Häufigkeit, worin die Transportmittel fun-gieren, z.B. die Anzahl der Züge einer Eisenbahn, einerseits mit dem Grade, worin ein Produktionsplatzmehr produziert, ein größres Produktionszentrum wird, und nach der Richtung auf den bereits vorhandnenAbsatzmarkt hin, also nach den großen Produktions- und Bevölkrungszentren, nach Exporthäfen usw.Andrerseits bewirkt aber umgekehrt diese besondre Verkehrsleichtigkeit und der dadurch beschleunigteUmschlag des Kapitals (soweit er von der Umlaufszeit bedingt wird) eine beschleunigte Konzentrationeinerseits des Produktionszentrums, andrerseits seines Marktplatzes. Mit der so beschleunigten Konzen-tration von Menschen- und Kapitalmassen an gegebnen Punkten schreitet fort die Konzentration dieserKapitalmassen in wenigen Händen. Zugleich findet wieder Verschiebung und Deplacement statt infolgeder mit den veränderten Kommunikationsmitteln veränderten relativen Lage von Produktions- undMarktplätzen. Ein Produktionsplatz, der durch seine Lage an Landstraße oder Kanal besondren Positions-vorteil besaß, befindet sich jetzt an der Seite einer einzigen Zweigbahn, die nur in relativ großen Inter-vallen fungiert, während ein andrer Punkt, der ganz von den Hauptverkehrswegen ablag, nun amKreuzpunkt mehrerer Bahnen liegt Der zweite Ort kommt auf, der erste verkommt. Es wird also durch dieVerändrung in den Transportmitteln eine örtliche Verschiedenheit in der Umlaufszeit der Waren, der Ge-legenheiten einzukaufen, zu verkaufen <254> usw. erzeugt, oder die schon existierende örtliche Ver-schiedenheit wird anders verteilt. Die Wichtigkeit dieses Umstandes für den Umschlag des Kapitals zeigtsich in den Streitereien der kaufmännischen und industriellen Repräsentanten der verschiednen Plätze mitden Eisenbahndirektionen. (Siehe z.B. das oben <Siehe vorl. Band, > zitierte Blaubuch des RailwayCommittee.)

Alle Produktionszweige, die der Natur ihres Produkts nach hauptsächlich auf lokalen Absatz angewiesensind, wie Brauereien, entwickeln sich daher in der größten Dimension in Hauptzentren der Bevölkrung.Der raschere Umschlag des Kapitals gleicht hier zum Teil die Verteurung mancher Produktionsbedingun-gen, des Bauplatzes etc., aus.

Wenn einerseits mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktion die Entwicklung der Transport- undKommunikationsmittel die Umlaufszeit für ein gegebnes Quantum Waren abkürzt, so führt derselbe Fort-schritt und die mit der Entwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel gegebne Möglichkeit -umgekehrt die Notwendigkeit herbei, für immer entferntere Märkte, mit einem Wort, für den Weltmarktzu arbeiten. Die Masse der auf Reise befindlichen und nach entfernten Punkten reisenden Waren wächstenorm, und daher absolut und relativ auch der Teil des gesellschaftlichen Kapitals, der sich beständig fürlängre Fristen im Stadium des Warenkapitals, innerhalb der Umlaufszeit befindet. Damit wächst gleich-zeitig auch der Teil des gesellschaftlichen Reichtums, der, statt als direktes Produktionsmittel zu dienen,in Transport- und Kommunikationsmitteln und in dem für ihren Betrieb erheischten fixen und zirkulie-renden Kapital ausgelegt wird.

Die bloße relative Länge der Reise der Ware vom Produktions- zum Absatzort bewirkt eine Differenznicht nur in dem ersten Teil der Umlaufszeit, der Verkaufszeit, sondern auch in dem zweiten Teil, derRückverwandlung des Geldes in die Elemente des produktiven Kapitals, der Kaufzeit. Z.B. die Ware wirdnach Indien geschickt. Dies dauert z.B. vier Monate. Wir wollen die Verkaufszeit 0 setzen, d.h. die Ware

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sei auf Bestellung gesandt und werde bei Abliefrung an den Agenten des Produzenten gezahlt. Die Rück-sendung des Geldes (die Form, in der es zurückgesandt wird, ist hier gleichgültig) dauert wieder vier Mo-nate. So dauert es im ganzen acht Monate, bevor dasselbe Kapital wieder als produktives Kapital fungie-ren, dieselbe Operation damit erneuert werden kann. Die so hervorgebrachten Verschiedenheiten im Um-schlag bilden eine der materiellen Grundlagen der verschiednen Kredittermine, wie denn der überseeischeHandel z.B. <255> in Venedig und Genua überhaupt eine der Quellen des eigentlichen Kredit Wesensbildet.

"Die Krisis von 1847 befähigte das Bank- und Handelsgeschäft jener Zeit, die indische und chinesischeUsance" (für die Laufzeit von Wechseln zwischen dort und Europa) "von zehn Monate nach Dato auf 6Monate nach Sicht zu reduzieren, und der Verlauf von 20 Jahren mit seiner Beschleunigung der Fahrt undEinrichtung von Telegraphen macht jetzt eine fernere Reduktion nötig von sechs Monaten nach Sicht aufvier Monate nach Dato als ersten Schritt zu vier Monate nach Sicht. Die Reise eines Segelschiffs um dasKap von Kalkutta nach London dauert durchschnittlich unter 90 Tagen. Eine Usance von vier Monatennach Sicht würde einer Laufzeit von sage 150 Tagen gleichkommen. Die gegenwärtige Usance von sechsMonaten nach Sicht kommt einer Laufzeit von sage 210 Tagen gleich." ("London Economist", 16. Juni1866.) -

Dagegen:

"Die Brasilische Usance steht noch immer auf zwei und drei Monate nach Sicht, Wechsel von Antwer-pen" (auf London) "werden drei Monate nach Dato gezogen, und selbst Manchester und Bradford ziehnauf London auf drei Monate und längre Daten. Durch stillschweigende Übereinkunft wird dem Kaufmannso eine hinreichende Gelegenheit gegeben, seine Ware zu realisieren, zwar nicht vor, aber doch bis zu derZeit, wo die dagegen gezognen Wechsel verfallen. Daher ist die Usance indischer Wechsel nicht übermä-ßig. Indische Produkte, die in London meistens auf drei Monate Ziel verkauft werden, können nicht, wennman einige Zeit für den Verkauf einrechnet, in viel kürzrer Zeit als fünf Monaten realisiert werden, wäh-rend andre fünf Monate durchschnittlich verfließen zwischen dem Einkauf in Indien und der Ablieferungim englischen Lagerhaus. Hier haben wir eine Periode von zehn Monaten, während die gegen die Warengezognen Wechsel nicht über sieben Monate laufen." (Ibid., 30. Juni 1866.) "Am 2. Juli 1866 notifiziertenfünf große Londoner Banken, die hauptsächlich mit Indien und China verkehren, sowie das PariserComptoir d'Escompte, daß vom 1. Januar 1867 ihre Zweigbanken und Agenturen im Orient nur solcheWechsel kaufen und verkaufen würden, die nicht über vier Monate nach Sicht gezogen wären." (Ibidem,7. Juli 1866.)

Diese Herabsetzung mißglückte jedoch und mußte wieder aufgegeben werden. (Seitdem hat der Suezka-nal dies alles revolutioniert.)

Es versteht sich, daß mit der längern Umlaufszeit der Waren das Risiko eines Preiswechsels auf dem Ver-kaufsmarkt steigt, da die Periode wächst, innerhalb deren Preiswechsel stattfinden können.

Eine Verschiedenheit in der Umlaufszeit, teils individuell zwischen verschiednen Einzelkapitalen dessel-ben Geschäftszweigs, teils zwischen verschiednen Geschäftszweigen nach den verschiednen Usancen, dawo nicht gleich bar gezahlt wird, entspringt aus den verschiednen Terminen der <256> Zahlung bei Ein-und Verkauf. Wir halten uns bei diesem für das Kreditwesen wichtigen Punkt hier nicht weiter auf.

Aus dem Umfang der Liefrungskontrakte, und dieser wächst mit Umfang und Stufenleiter der kapitalisti-schen Produktion, entspringen ebenfalls Unterschiede in der Umschlagszeit. Der Liefrungskontrakt alsTransaktior zwischen Käufer und Verkäufer ist eine dem Markt, der Zirkulationssphäre angehörige Ope-ration. Die hieraus entspringenden Unterschiede in der Umschlagszeit entspringen also aus der Zirkulati-onssphäre, schlagen aber unmittelbar auf die Produktionssphäre zurück, und zwar abgesehn vor allenZahlungsterminen und Kreditverhältnissen, also auch bei barer Zahlung. Kohle, Baumwolle, Garn usw.sind z.B. diskrete Produkte. Jeder Tag liefert sein Quantum fertiges Produkt. Übernimmt nun aber der

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Spinnei oder der Grubenbesitzer Liefrungen von Produktenmassen, welche eine sage vier- oder sechswö-chentliche Periode nacheinanderfolgender Arbeitstage erheischen, so ist das mit Bezug auf die Zeitlänge,wofür Kapital vorzuschießen ist, ganz dasselbe, als ob eine kontinuierliche Arbeitsperiode von vier odersechs Wochen in diesem Arbeitsprozeß eingeführt wäre. Es wird hier natürlich vorausgesetzt, daß dieganze bestellte Masse Produkt auf einmal zu liefern ist oder doch erst gezahlt wird, nachdem sie ganzgeliefert. So hat denn, einzeln betrachtet, jeder Tag sein bestimmtes Quantum fertiges Produkt geliefert.Aber diese fertige Masse ist immer nur ein Teil der kontraktlich zu liefernden Masse. Befindet sich indiesem Fall der bereits fertige Teil der bestellten Waren nicht weiter im Produktionsprozeß so liegt erdoch als nur potentielles Kapital auf dem Lagerhaus.

Kommen wir nun zur zweiten Epoche der Umlaufszeit: der Kaufzeit oder der Epoche, während deren dasKapital sich aus Geldform in die Elemente des produktiven Kapitals rückverwandelt. Während dieserEpoche muß es kürzre oder längre Zeit in seinem Zustand als Geldkapital verharren, also ein gewisserTeil des vorgeschoßnen Gesamtkapitals sich fortwährend im Zustand des Geldkapitals befinden, obgleichdieser Teil aus beständig wechselnden Elementen besteht. Es muß z.B. in einem bestimmten Geschäft vondem vorgeschoßnen Gesamtkapital n * 100 Pfd.St. in der Form von Geldkapital vorhanden sein, so daß,während alle Bestandteile dieser n * 100 Pfd.St. sich fortwährend in produktives Kapital verwandeln,diese Summe dennoch durch den Zufluß aus der Zirkulation, aus dem realisierter Warenkapital sich eben-so beständig wieder ergänzt. Ein bestimmter Wertteil des vorgeschoßnen Kapitals befindet sich also be-ständig im Zustand vor Geldkapital, also in einer nicht seiner Produktionssphäre, sondern seiner Zirkula-tionssphäre angehörigen Form.

<257> Man hat bereits gesehn, daß die durch Entfernung des Markts bewirkte Verlängrung der Zeit, inder das Kapital in die Form des Warenkapitals gebannt ist, direkt verspäteten Rückfluß des Geldes be-wirkt, also auch die Verwandlung des Kapitals aus Geldkapital in produktives Kapital verzögert.

Man hat ferner gesehn (Kap. VI), wie mit Bezug auf den Einkauf der Waren die Kaufzeit, die größre odergeringre Entfernung von den Hauptbezugsquellen des Rohmaterials es nötig macht, für längre PeriodenRohmaterial einzukaufen und in der Form von produktivem Vorrat, latentem oder potentiellem produkti-vem Kapital, verwendbar zu halten; daß sie also die Masse des Kapitals, das auf einmal vorgeschossenwerden muß, und die Zeit, für die es vorgeschossen werden muß, bei sonst gleicher Stufenleiter der Pro-duktion vergrößert.

Ähnlich wirken in verschiednen Geschäftszweigen die Perioden - kürzre oder längre -, worin größre Mas-sen Rohmaterial auf den Markt geworfen werden. So finden z.B. in London alle drei Monate große Woll-versteigerungen statt, die den Wollmarkt beherrschen; während der Baumwollmarkt von Ernte zu Ernteim ganzen kontinuierlich, wenn auch nicht immer gleichmäßig, erneuert wird. Solche Perioden bestim-men die Haupteinkaufstermine dieser Rohstoffe und wirken namentlich auch auf die spekulativen, längreoder kürzre Vorschüsse in diesen Produktionselementen bedingenden Einkäufe, ganz wie die Natur derproduzierten Waren auf die spekulative, absichtliche, längre oder kürzre Zurückhaltung des Produkts inder Form von potentiellem Warenkapital wirkt.

"Der Landwirt muß also auch bis zu einem gewissen Grade Spekulant sein und daher nach Maßgabe derZeitverhältnisse mit dem Verkauf seiner Produkte zurückhalten ... "

Folgen einige allgemeine Regeln.

"Indessen kommt doch bei dem Absatz der Produkte das meiste auf die Person, auf das Produkt selbst undauf die Lokalität an. Wer bei Geschick und Glück (!) mit hinreichendem Betriebskapital versehn ist, wirdnicht zu tadeln sein, wenn er seine gewonnene Fruchternte bei ungewöhnlich niedrigem Preise einmal einJahr liegen läßt; wem es dagegen an Betriebskapital oder überhaupt (!) an Spekulationsgeist fehlt, derwird die laufenden Durchschnittspreise zu erreichen suchen und also absetzen müssen, sobald und soofter dazu Gelegenheit hat. Wolle länger als ein Jahr liegen zu lassen, wird fast immer nur Schaden bringen;

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während Getreidefrüchte und Ölsaat ein paar Jahre ohne Nachteil für Beschaffenheit und Güte aufbewahrtwerden können. Solche Produkte, welche für gewöhnlich einem großen Steigen und Fallen in kurzen Zeit-räumen unterworfen sind, wie z.B. Ölsaat, Hopfen, Karden und dergl., läßt man mit <258> Recht in denJahren liegen, wo der Preis weit unter den Produktionspreisen steht. Am wenigsten darf man mit demVerkauf von solchen Gegenständen zögern, welche tägliche Unterhaltungskosten verursachen, wie aus-gemästetes Vieh, oder welche dem Verderben unterliegen, wie Obst, Kartoffeln usw. In manchen Gegen-den hat ein Produkt zu gewissen Jahreszeiten im Durchschnitt seinen niedrigsten, zu andern Zeiten dage-gen seinen höchsten Preis; so steht z.B. das Getreide um Martini im Durchschnitt an manchen Orten nied-riger im Preise als zwischen Weihnachten und Ostern. Ferner sind manche Produkte in manchen Gegen-den nur zu gewissen Zeiten allein gut zu verkaufen, wie das z.B. mit der Wolle auf den Wollmärkten insolchen Gegenden der Fall ist, wo außerdem der Wollhandel gewöhnlich stockt usw." (Kirchhof, p.302.)

Bei Betrachtung der zweiten Hälfte der Umlaufszeit, worin das Geld in die Elemente des produktivenKapitals zurückverwandelt wird, kommt in Betracht nicht nur dieser Umsatz selbst, für sich genommen;nicht nur die Zeit, worin das Geld zurückfließt, je nach der Entfernung des Markts, auf dem das Produktverkauft wird; es kommt auch vor allem in Betracht der Umfang, worin ein Teil des vorgeschoßnen Ka-pitals sich beständig in Geldform, im Zustand von Geldkapital befinden muß.

Abgesehn von aller Spekulation hängt der Umfang der Einkäufe derjenigen Waren, die beständig als pro-duktiver Vorrat vorhanden sein müssen, ab von den Zeiten der Erneuerung dieses Vorrats, also von Um-ständen, die wieder von Marktverhältnissen abhängig, daher für verschiedne Rohstoffe etc. verschiedensind; es muß hier also von Zeit zu Zeit Geld in größren Mengen auf einmal vorgeschossen werden. Esfließt, je nach dem Umschlag des Kapitals, rascher oder langsamer, stets aber bruchweis zurück. Ein Teildavon wird ebenso beständig wieder in kürzern Zeiträumen ausgegeben, nämlich der in Arbeitslohn rück-verwandelte Teil. Ein andrer Teil aber, der in Rohmaterial etc. rückzuverwandelnde, ist für längre Zeit-räume aufzuhäufen, als Reservefonds, sei es für Ankauf, sei es für Zahlung. Er existiert daher in der Formdes Geldkapitals, obgleich der Umfang wechselt, worin er als solches existiert.

Wir werden im nächsten Kapitel sehn, wie andre Umstände, ob sie nun aus dem Produktions- oder Zir-kulationsprozeß entspringen, dies Vorhandensein einer bestimmten Portion des vorgeschoßnen Kapitalsin Geldform ernötigen. Allgemein aber ist zu bemerken, daß die Ökonomen sehr geneigt sind zu verges-sen, daß ein Teil des im Geschäft nötigen Kapitals beständig nicht nur die drei Formen von Geldkapital,produktivem Kapital und Warenkapital wechselweis durchläuft, sondern daß verschiedne Portionen des-selben beständig nebeneinander diese Formen besitzen, wenn auch die <259> relative Größe dieser Por-tionen beständig wechselt. Namentlich ist es der beständig als Geldkapital vorhandne Teil, den die Öko-nomen vergessen, obgleich gerade dieser Umstand zum Verständnis der bürgerlichen Wirtschaft sehrnötig ist und daher auch in der Praxis als solcher sich geltend macht.

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Wirkung der Umschlagszeit auf die Größe des Kapitalvorschusses

<260> In diesem und dem nächstfolgenden sechzehnten Kapitel behandeln wir den Einfluß der Um-schlagszeit auf die Verwertung des Kapitals.

Nehmen wir das Warenkapital, welches das Produkt einer Arbeitsperiode ist, z.B. von neun Wochen.Sehn wir einstweilen ab sowohl von dem Wertteil des Produkts, der ihm durch den Durchschnittsver-schleiß des fixen Kapitals zugesetzt ist, wie von dem während des Produktionsprozesses ihm zugesetztenMehrwert, so ist der Wert dieses Produkts gleich dem Wert des zu seiner Produktion vorgeschoßnen flüs-sigen Kapitals, d.h. des Arbeitslohns und der in seiner Produktion aufgezehrten Roh- und Hilfsstoffe.Dieser Wert sei = 900 Pfd.St., so daß die Wochenauslage 100 Pfd.St. beträgt. Die periodische Produkti-onszeit, welche hier mit der Arbeitsperiode zusammenfällt, beträgt also 9 Wochen. Es ist dabei gleichgül-tig, ob man annimmt, es handle sich hier um eine Arbeitsperiode für ein kontinuierliches Produkt oder umeine kontinuierliche Arbeitsperiode für ein diskretes Produkt, sofern nur das Quantum von diskretem Pro-dukt, welches auf einmal zu Markte geschafft wird, 9 Wochen Arbeit kostet. Die Umlaufszeit daure 3Wochen. Die ganze Umschlagsperiode daure also 12 Wochen. Nach Verlauf von 9 Wochen ist das vorge-schoßne produktive Kapital in Warenkapital verwandelt, aber es haust nun drei Wochen in der Zirkulati-onsperiode. Der neue Produktionstermin kann also erst wieder beginnen Anfang der 13. Woche, und dieProduktion wäre für drei Wochen stillgesetzt oder für ein Viertel der ganzen Umschlagsperiode. Es istwieder gleichgültig, ob man voraussetzt, es daure im Durchschnitt so lange bis die Ware verkauft ist oderes sei diese Zeit durch die Entfernung des Markts bedingt oder durch die Zahlungstermine für die ver-kaufte Ware. Während je 3 Monaten stände die Produktion 3 Wochen still, also während des Jahres 4 * 3= 12 Wochen = 3 Monaten = 1/4 der jährlichen Umschlagsperiode. <261> Soll die Produktion daher kon-tinuierlich sein und Woche aus, Woche ein auf demselben Maßstab betrieben werden, so ist nur zweierleimöglich.

Entweder muß der Maßstab der Produktion verkürzt werden, so daß also die 900 Pfd.St. reichen, um dieArbeit in Gang zu halten, sowohl während der Arbeitsperiode wie während der Umlaufszeit des erstenUmschlags. Mit der 10. Woche wird dann eine zweite Arbeitsperiode, also auch Umschlagsperiode, er-öffnet, bevor die erste Umschlagsperiode beendet ist, denn die Umschlagsperiode ist zwölfwöchentlich,die Arbeitsperiode neunwöchentlich. 900 Pfd.St. auf 12 Wochen verteilt gibt 75 Pfd.St. wöchentlich. Zu-nächst ist klar, daß eine solche verkürzte Stufenleiter des Geschäfts veränderte Dimensionen des fixenKapitals, also überhaupt eine verkürzte Geschäftsanlage voraussetzt. Zweitens ist es fraglich, ob dieseVerkürzung überhaupt stattfinden kann, da der Entwicklung der Produktion in den verschiednen Ge-schäften gemäß ein Normalminimum der Kapitalanlage besteht, unterhalb dessen das einzelne Geschäftkonkurrenzunfähig wird. Dies Normalminimum selbst wächst beständig mit der kapitalistischen Ent-wicklung der Produktion, ist also kein fixes. Zwischen dem jedesmal gegebnen Normalminimum unddem sich stets ausdehnenden Normalmaximum finden aber zahlreiche Zwischenstufen statt - eine Mitte,die sehr verschiedne Grade der Kapitalanlage zuläßt. Innerhalb der Grenzen dieser Mitte kann daher auchVerkürzung stattfinden, deren Grenze das jedesmalige Normalinimum selbst ist. - Bei Hemmung der Pro-duktion, Überfüllung der Märkte, Teurung des Rohstoffs etc. findet Beschränkung der normalen Auslagevon zirkulierendem Kapital bei gegebner Grundlage des fixen Kapitals statt durch Beschränkung der Ar-beitszeit, indem z.B. nur halbe Tage gearbeitet wird; wie ebenso in Zeiten der Prosperität auf gegebnerGrundlage des fixen Kapitals anormale Ausdehnung des zirkulierenden Kapitals stattfindet, teils durchVerlängrung der Arbeitszeit, teils durch Intensifikation derselben. Bei Geschäften, die von vornherein aufsolche Schwankungen berechnet sind, hilft man sich teils durch die obigen Mittel, teils durch die gleich-zeitige Anwendung einer größeren Arbeiteranzahl, verbunden mit Anwendung von Reserve-Fixkapital,z.B. Reservelokomotiven bei der Eisenbahn etc. Solche anormalen Schwankungen bleiben aber hier, wowir normale Verhältnisse voraussetzen, außer Betracht.

Um die Produktion kontinuierlich zu machen, ist also hier die Ausgabe desselben zirkulierenden Kapitalsüber eine größre Zeitlänge verteilt, über 12 Wochen statt über 9. In jedem gegebnen Zeitabschnitt fungiert

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also ein verkürztes produktives Kapital; der flüssige Teil des produktiven Kapitals ist verkürzt von 100auf 75 oder um ein Viertel. Die Gesamtsumme, um welche <262> das während der Arbeitsperiode von 9Wochen fungierende produktive Kapital verkürzt wird, ist = 9 * 25 = 225 Pfd.St., oder 1/4 von 900 Pfd.St.Aber das Verhältnis der Umlaufszeit zur Umschlagsperiode ist ebenfalls 3/12 = 1/4. Es folgt daher: Solldie Produktion nicht unterbrochen werden während der Umlaufszeit des in Warenkapital verwandeltenproduktiven Kapitals, soll sie vielmehr gleichzeitig und kontinuierlich Woche für Woche fortgesetzt wer-den, und ist hierfür kein besondres zirkulierendes Kapital gegeben, so kann dies nur erreicht werdendurch Vermindrung des Produktionsbetriebs, durch Verkürzung des flüssigen Bestandteils des fungieren-den produktiven Kapitals. Der so für die Produktion während der Umlaufszeit freigesetzte flüssige Kapi-talteil verhält sich zum vorgeschoßnen flüssigen Gesamtkapital wie die Umlaufszeit zur Umschlagsperi-ode. Es gilt dies, wie bereits bemerkt, nur für Produktionszweige, in denen der Arbeitsprozeß Woche ein,Woche aus, auf derselben Stufenleiter ausgeführt wird, wo also nicht zu verschiednen Arbeitsperiodenwechselnde Kapitalsummen auszulegen sind, wie in der Agrikultur.

Nehmen wir aber umgekehrt an, die Anlage des Geschäfts schließe eine Verkürzung der Stufenleiter derProduktion und daher auch des wöchentlich vorzuschießenden flüssigen Kapitals aus, so kann die Konti-nuität der Produktion nur erreicht werden durch ein zuschüssiges flüssiges Kapital, im obigen Fall von300 Pfd.St. Während der Umschlagsperiode von 12 Wochen werden sukzessive 1.200 Pfd.St. vorgeschos-sen, davon 300 der vierte Teil, wie 3 Wochen von 12. Nach der Arbeitsperiode von 9 Wochen ist der Ka-pitalwert von 900 Pfd.St. aus der Form von produktivem Kapital in die Form von Warenkapital verwan-delt. Seine Arbeitsperiode ist beschlossen, aber sie kann nicht mit demselben Kapital erneuert werden.Während der drei Wochen, worin es die Zirkulationssphäre behaust, als Warenkapital fungiert, befindet essich mit Bezug auf den Produktionsprozeß in demselben Zustand, als wenn es überhaupt nicht existierte.Es wird hier von allen Kreditverhältnissen abgesehn und daher unterstellt, daß der Kapitalist nur mit eig-nem Kapital wirtschaftet. Während aber das für die erste Arbeitsperiode vorgeschoßne Kapital, nach voll-brachtem Produktionsprozeß, sich während 3 Wochen im Zirkulationsprozeß aufhält, fungiert ein zu-schüssig ausgelegtes Kapital von 300 Pfd.St., so daß die Kontinuität der Produktion nicht unterbrochenwird.

Es ist nun hierbei folgendes zu bemerken:

Erstens: Die Arbeitsperiode des zuerst vorgeschoßnen Kapitals von 900 Pfd.St. ist beendet nach 9 Wo-chen, und es fließt zurück nicht vor 3 Wochen, also erst im Beginn der 13. Woche. Aber eine neue Ar-beits- <263> periode wird sofort wieder eröffnet mit dem zuschüssigen Kapital von 300 Pfd.St. Ebendadurch ist die Kontinuität der Produktion hergestellt.

Zweitens: Die Funktionen des ursprünglichen Kapitals von 900 Pfd.St. und des am Schluß der ersten Ar-beitsperiode von 9 Wochen neu zugeschoßnen Kapitals von 300 Pfd.St., das die zweite Arbeitsperiodenach Schluß der ersten ohne Unterbrechung eröffnet, sind in der ersten Umschlagsperiode genau geschie-den, oder können es wenigstens sein, während sie dagegen im Verlauf der zweiten Umschlagsperiodeeinander durchkreuzen.

Stellen wir uns die Sache sinnlich vor:

Erste Umschlagsperiode von 12 Wochen. Erste Arbeitsperiode von 9 Wochen; der Umschlag des hierinvorgeschoßnen Kapitals wird vollendet im Anfang der 13. Woche. Während der letzten 3 Wochen fun-giert das zusätzliche Kapital von 300 Pfd.St. und eröffnet die zweite Arbeitsperiode von 9 Wochen.

Zweite Umschlagsperiode. Anfang der 13. Woche sind 900 Pfd.St. zurückgeflossen und fähig, einen neu-en Umschlag zu beginnen. Aber die zweite Arbeitsperiode ist bereits durch die zuschüssigen 300 Pfd.St.in der 10. Woche eröffnet worden; im Beginn der 13. Woche ist durch dasselbe bereits ein Drittel derArbeitsperiode vollendet, 300 Pfd.St. aus produktivem Kapital in Produkt verwandelt. Da nur noch 6 Wo-chen zur Beendigung der zweiten Arbeitsperiode nötig, können nur zwei Drittel des zurückgefloßnen

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Kapitals von 900 Pfd.St., nämlich nur 600 Pfd.St., in den Produktionsprozeß der zweiten Arbeitsperiodeeingehn. 300 Pfd.St. sind freigesetzt von den ursprünglichen 900 Pfd.St., um dieselbe Rolle zu spielen,welche das zugeschoßne Kapital von 300 Pfd.St. in der ersten Arbeitsperiode spielte. Ende der 6. Wocheder zweiten Umschlagsperiode ist die zweite Arbeitsperiode absolviert. Das in ihr ausgelegte Kapital von900 Pfd.St. fließt zurück nach 3 Wochen, also Ende der 9. Woche der zweiten zwölfwöchentlichen Um-schlagsperiode. Während der 3 Wochen seiner Umlaufszeit tritt ein das freigesetzte Kapital von 300Pfd.St. Damit beginnt die dritte Arbeitsperiode eines Kapitals von 900 Pfd.St. in der 7. Woche der zwei-ten Umschlagsperiode oder der 19. Jahreswoche.

Dritte Umschlagsperiode. Ende der 9. Woche der zweiten Umschlagsperiode neuer Rückfluß von 900Pfd.St. Aber die dritte Arbeitsperiode hat bereits begonnen in der 7. Woche der vorigen Umschlagsperi-ode, und 6 Wochen sind bereits zurückgelegt. Sie dauert also nur noch 3 Wochen. Von den zurückgefloß-nen 900 Pfd.St. gehn also nur 300 Pfd.St. in den Produktionsprozeß ein. Die vierte Arbeitsperiode fülltdie übrigen 9 Wochen <264> dieser Umschlagsperiode aus, und so beginnt mit der 37. Woche des Jahresgleichzeitig die vierte Umschlagsperiode und die fünfte Arbeitsperiode.

Um den Fall für die Berechnung zu vereinfachen, wollen wir annehmen: Arbeitsperiode 5 Wochen, Um-laufszeit 5 Wochen, also Umschlagsperiode von 10 Wochen: das Jahr zu 50 Wochen gerechnet, Kapital-auslage per Woche 100 Pfd.St. Die Arbeitsperiode erfordert also ein flüssiges Kapital von 500 Pfd.St.,und die Umlaufszeit ein zuschüssiges Kapital von fernern 500 Pfd.St. Arbeitsperioden und Umschlags-zeiten stellen sich dann wie folgt:Arbeitsperiode Woche Pfd.St. Ware retourniert

1. 1. - 5. 500 Ende der 10. Woche2. 6. - 10. 500 Ende der 15. Woche3. 11. - 15. 500 Ende der 20. Woche4. 16. - 20. 500 Ende der 25. Woche5. 21. - 25. 500 Ende der 30. Woche

usw.Wenn die Umlaufszeit = 0, die Umschlagsperiode also gleich der Arbeitsperiode, so ist die Anzahl derUmschläge gleich der Anzahl der Arbeitsperioden im Jahr. Bei fünfwöchentlicher Arbeitsperiode also 50/5Wochen = 10, und der Wert des umgeschlagnen Kapitals wäre = 500 * 10 = 5.000. In der Tabelle, woeine Umlaufszeit von 5 Wochen angenommen, werden jährlich ebenfalls Waren zum Wert von 5.000Pfd.St. produziert, wovon aber 1/10 = 500 Pfd.St. sich stets in Gestalt von Warenkapital befindet und erstnach 5 Wochen zurückfließt. Am Ende des Jahrs hat dann das Produkt der zehnten Arbeitsperiode (46. -50. Arbeitswoche) seine Umschlagszeit nur zur Hälfte vollendet, indem deren Umlaufszeit in die ersten 5Wochen des nächsten Jahres fällt.

Wir wollen noch ein drittes Beispiel nehmen: Arbeitsperiode 6 Wochen, Umlaufszeit 3 Wochen, wö-chentlicher Vorschuß im Arbeitsprozeß 100 Pfd.St.

1 .Arbeitsperiode: 1. - 6. Woche. Am Ende der 6. Woche ein Warenkapital von 600 Pfd.St., retourniertEnde der 9. Woche.

2. Arbeitsperiode: 7. - 12. Woche. Während der 7.-9. Woche 300 Pfd.St. zuschüssiges Kapital vorge-schossen. Ende der 9. Woche Rückfluß von 600 Pfd.St. Davon 10. - 12. Woche vorgeschossen 300Pfd.St.; am Ende der 12. Woche also flüssig 300 Pfd.St., in Warenkapital vorhanden 600 Pfd.St., retour-niert am Ende der 15. Woche.

<265> 3. Arbeitsperiode: 13.- 18. Woche. 13.- 15. Woche Vorschuß der obigen 300 Pfd.St., dann Rück-fluß von 600 Pfd.St., wovon 300 Pfd.St. vorgeschossen für 16. - 18. Woche. Am Ende der 18. Woche 300Pfd.St. flüssig in Geld; 600 Pfd.St. in Warenkapital vorhanden, das Ende der 21. Woche zurückfließt.(Siehe die eingehendere Darstellung dieses Falls unter II weiter unten.)

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Es werden also in 9 Arbeitsperioden (= 54 Wochen) 600 * 9 = 5.400 Pfd.St. Ware produziert. Am Endeder neunten Arbeitsperiode besitzt der Kapitalist 300 Pfd.St. in Geld und 600 Pfd.St. in Ware, die ihreUmlaufszeit noch nicht zurückgelegt hat.

Bei Vergleichung dieser drei Beispiele finden wir erstens, daß nur beim zweiten Beispiel eine sukzessiveAblösung des Kapitals I von 500 Pfd.St. und des Zuschußkapitals II von ebenfalls 500 Pfd.St. stattfindet,so daß diese zwei Kapitalteile sich getrennt voneinander bewegen, und zwar nur deswegen, weil hier dieganz ausnahmsweise Unterstellung gemacht ist, daß Arbeitsperiode und Umlaufszeit zwei gleiche Hälftender Umschlagsperiode bilden. In allen andern Fällen, welches auch immer die Ungleichheit zwischen denbeiden Perioden der Umschlagsperiode sei, durchkreuzen sich die Bewegungen der beiden Kapitale, wiein Beispiel I und III, schon von der zweiten Umschlagsperiode an. Es bildet dann das zuschüssige KapitalII zusammen mit einem Teil des Kapitals I das in der zweiten Umschlagsperiode fungierende Kapital,während der Rest des Kapitals I für die ursprüngliche Funktion des Kapitals II freigesetzt wird. Das wäh-rend der Umlaufszeit des Warenkapitals tätige Kapital ist hier nicht identisch mit dem ursprünglich fürdiesen Zweck vorgeschoßnen Kapital II, aber es ist ihm gleich an Wert und bildet dieselbe Aliquote desvorgeschoßnen Gesamtkapitals.

Zweitens: Das Kapital, welches während der Arbeitsperiode fungiert hat, liegt während der Umlaufszeitbrach. Im zweiten Beispiel fungiert das Kapital während 5 Wochen Arbeitsperiode und liegt brach wäh-rend 5 Wochen Umlaufszeit. Die gesamte Zeit also, während deren Kapital I hier im Verlauf des Jahresbrachliegt, beträgt ein halbes Jahr. Für diese Zeit tritt dann das Zuschußkapital II ein, das also im vorlie-genden Fall seinerseits auch ein halbes Jahr brachliegt. Aber das zuschüssige Kapital, erforderlich, um dieKontinuität der Produktion während der Umlaufszeit zu bewirken, ist nicht bestimmt durch den Gesamt-umfang, resp. durch die Summe der Umlaufszeiten innerhalb des Jahres, sondern nur durch das Verhältnisder Umlaufszeit zur Umschlagsperiode. (Es ist hier natürlich vorausgesetzt, daß sämtliche Umschlägeunter denselben Bedingungen <266> vorgehn.) Es sind daher im Beispiel II 500 Pfd.St. Zusatzkapitalnötig, nicht 2.500 Pfd.St. Es rührt dies einfach daher, daß das Zusatzkapital ebensogut in den Umschlageintritt, wie das ursprünglich vorgeschoßne, und also ganz wie dieses durch die Zahl seiner Umschlägeseine Masse ersetzt.

Drittens: Ob die Produktionszeit länger ist als die Arbeitszeit, ändert an den hier betrachteten Umständennichts. Es werden dadurch allerdings die Gesamtumschlagsperioden verlängert, aber wegen dieses ver-längerten Umschlags wird kein zuschüssiges Kapital für den Arbeitsprozeß erheischt. Das zuschüssigeKapital hat nur den Zweck, die durch die Umlaufszeit entstehenden Lücken im Arbeitsprozeß auszufül-len; es soll also die Produktion nur vor Störungen schützen, die aus der Umlaufszeit entspringen; Störun-gen, die aus den eignen Bedingungen der Produktion entstehn, sind auf andre, hier nicht zu betrachtendeWeise, auszugleichen. Es gibt dagegen Geschäfte, in denen nur stoßweis, auf Bestellung gearbeitet wird,wo also zwischen den Arbeitsperioden Unterbrechungen eintreten können. Bei solchen fällt die Notwen-digkeit des zusätzlichen Kapitals pro tanto weg. Andrerseits ist in den meisten Fällen von Saisonarbeitauch eine gewisse Grenze für die Zeit des Rückflusses gegeben. Dieselbe Arbeit kann mit demselbenKapital nächstes Jahr nicht erneuert werden, wenn inzwischen die Zirkulationszeit dieses Kapitals nichtabgelaufen. Dagegen kann die Umlaufszeit auch kürzer sein als der Abstand von einer Produktionsperi-ode bis zur nächsten. In diesem Fall liegt das Kapital brach, wenn es nicht in der Zwischenzeit anderwei-tig angewandt wird.

Viertens: Das für eine Arbeitsperiode vorgeschoßne Kapital, z.B. die 600 Pfd.St. im Beispiel III, werdenteils in Roh- und Hilfsstoffen ausgelegt, in produktivem Vorrat für die Arbeitsperiode, in konstantemzirkulierendem Kapital, teils in variablem zirkulierendem Kapital, in Zahlung der Arbeit selbst. Der inkonstantem zirkulierendem Kapital ausgelegte Teil mag nicht für dieselbe Zeitlänge in der Form von pro-duktivem Vorrat existieren, z.B. das Rohmaterial nicht für die ganze Arbeitsperiode daliegen, die Kohlennur alle zwei Wochen beschafft werden. Indes - da hier Kredit noch ausgeschlossen - muß dieser Teil desKapitals, soweit er nicht in Form von produktivem Vorrat disponibel ist, in der Form von Geld disponibel

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bleiben, um nach Bedarf in produktiven Vorrat verwandelt zu werden. Es ändert dies nichts an der Größedes für 6 Wochen vorgeschoßnen konstanten zirkulierenden Kapitalwerts. Dagegen - abgesehn von demGeldvorrat für unvorhergesehene Ausgaben, dem eigentlichen Reservefonds zur Ausgleichung von Stö-rungen - wird der Arbeitslohn in kürzern <267> Perioden, meist wöchentlich gezahlt. Falls also nicht derKapitalist den Arbeiter zwingt, ihm längre Vorschüsse seiner Arbeit zu machen, muß das für Arbeitslohnnötige Kapital in Geldform vorhanden sein. Beim Rückfluß des Kapitals muß also ein Teil in Geldformfestgehalten werden zur Zahlung der Arbeit, während der andre Teil in produktiven Vorrat verwandeltwerden kann.

Das Zuschußkapital teilt sich ein ganz wie das ursprüngliche. Was es aber von Kapital I unterscheidet ist,daß es (von Kreditverhältnissen abgesehn), um für seine eigne Arbeitsperiode disponibel zu sein, vorge-schossen sein muß schon während der ganzen Dauer der ersten Arbeitsperiode von Kapital I, in die esnicht eingeht. Während dieser Zeit kann es, teilweise wenigstens, schon in konstantes zirkulierendes Ka-pital verwandelt werden, das für die ganze Umschlagsperiode vorgeschossen ist. Wieweit es diese Formannimmt oder wieweit es in der Form von zuschüssigem Geldkapital verharrt, bis zum Moment, wo dieseVerwandlung notwendig wird, wird abhängen teils von den besondren Produktionsbedingungen be-stimmter Geschäftszweige, teils von Lokalumständen, teils von Preisschwankungen der Rohstoffe etc.Das gesellschaftliche Gesamtkapital betrachtet, wird sich stets ein mehr oder minder bedeutender Teildieses zuschüssigen Kapitals für längre Zeit im Zustand des Geldkapitals befinden. Was dagegen den inArbeitslohn vorzuschießenden Teil des Kapitals II betrifft, so wird er stets erst allmählich in Arbeitskraftverwandelt im Maß, wie kleinre Arbeitsperioden ablaufen und bezahlt werden. Dieser Teil des Kapitals IIist also für die ganze Dauer der Arbeitsperiode in der Form des Geldkapitals vorhanden, bis er durchVerwandlung in Arbeitskraft in die Funktion des produktiven Kapitals eingeht.

Dies Hereinkommen des zur Verwandlung der Umlaufszeit von Kapital I in Produktionszeit erheischtenZuschußkapitals vermehrt also nicht nur die Größe des vorgeschoßnen Kapitals und die Länge der Zeit,wofür das Gesamtkapital notwendig vorgeschossen wird, sondern es vermehrt auch spezifisch den Teildes vorgeschoßnen Kapitals, der als Geldvorrat existiert, also sich im Zustand von Geldkapital befindetund die Form von potentiellem Geldkapital besitzt.

Dies findet ebenso statt - sowohl, was den Vorschuß in der Form von produktivem Vorrat wie in derForm von Geldvorrat betrifft -, wenn die durch die Umlaufszeit erheischte Spaltung des Kapitals in zweiTeile: Kapital für die erste Arbeitsperiode und Ersatzkapital für die Umlaufszeit, nicht durch Vergrößrungdes ausgelegten Kapitals, sondern durch Vermindrung der Stufenleiter der Produktion hervorgebracht ist.Im Verhält- <268> nis zur Stufenleiter der Produktion wächst hier eher noch die Zunahme des in Geld-form gebannten Kapitals.

Was durch diese Verteilung des Kapitals in ursprünglich produktives und Zuschußkapital überhaupt er-reicht ist, ist die ununterbrochne Aufeinanderfolge der Arbeitsperioden, die beständige Funktion einesgleichgroßen Teils des vorgeschoßnen Kapitals als produktives Kapital.

Sehn wir uns Beispiel II an. Das beständig im Produktionsprozeß befindliche Kapital ist 500 Pfd.St. Dadie Arbeitsperiode = 5 Wochen, arbeitet es während 50 Wochen (als Jahr angenommen) zehnmal. DasProdukt beträgt daher auch, abgesehn vom Mehrwert, 10 * 500 = 5.000 Pfd.St. Vom Standpunkt des un-mittelbar und ununterbrochen im Produktionsprozeß arbeitenden Kapitals - eines Kapitalwerts von 500Pfd.St. - erscheint also die Umlaufszeit als gänzlich ausgelöscht. Die Umschlagsperiode fällt zusammenmit der Arbeitsperiode; die Umlaufszeit ist = 0 gesetzt.

Wäre dagegen das Kapital von 500 Pfd.St. in seiner produktiven Tätigkeit regelmäßig durch die Umlaufs-zeit von 5 Wochen gehemmt, so daß es erst wieder produktionsfähig wäre nach Beendigung der ganzenUmschlagsperiode von 10 Wochen, so hätten wir in den 50 Jahreswochen 5 zehnwöchentliche Umschlä-ge; darin 5 fünfwöchentliche Produktionsperioden, also zusammen 25 Produktionswochen mit einemGesamtprodukt von 5 * 500 = 2.500 Pfd.St.; 5 fünfwöchentliche Umlaufszeiten, also Gesamtumlaufszeit

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ebenfalls 25 Wochen. Sagen wir hier: Das Kapital von 500 Pfd.St. hat fünfmal im Jahre umgeschlagen, soist sichtbar und klar, daß während der Hälfte jeder Umschlagsperiode dies Kapital von 500 Pfd.St. garnicht als produktives Kapital fungiert hat und daß, alles zusammengerechnet, es nur während eines halbenJahres fungiert hat, während des andern Halbjahrs aber gar nicht.

In unserm Beispiel tritt für die Dauer dieser fünf Umlaufszeiten das Ersatzkapital von 500 Pfd.St. ein, unddadurch wird der Umschlag von 2.500 auf 5.000 Pfd.St. erhöht. Aber das vorgeschoßne Kapital ist nunauch 1.000 Pfd.St. statt 500 Pfd.St. 5.000 dividiert durch 1.000 ist gleich 5. Also statt der zehn Umschlägefünf. So wird denn auch in der Tat gerechnet. Aber indem es dann heißt, das Kapital von 1.000 Pfd.St. hatfünfmal im Jahr umgeschlagen, verschwindet in den hohlen Kapitalistenschädeln die Erinnerung an dieUmlaufszeit, und eine konfuse Vorstellung bildet sich, als ob dies Kapital während der sukzessiven fünfUmschläge beständig im Produktionsprozeß fungiert habe. Sagen wir aber, dies Kapital von 1.000 Pfd.St.hat fünfmal umgeschlagen, so ist darin sowohl Umlaufszeit wie Produk- <269> tionszeit eingeschlossen.In der Tat, wären wirklich 1.000 Pfd.St. im Produktionsprozeß fortwährend tätig gewesen, so müßte dasProdukt unter unsern Voraussetzungen 10.000 Pfd.St. statt 5.000 sein. Um aber 1.000 Pfd.St. fortwährendim Produktionsprozeß zu haben, müßten dann auch 2.000 Pfd.St. überhaupt vorgeschossen sein. DieÖkonomen, bei denen überhaupt nichts Klares über den Mechanismus des Umschlags zu finden, übersehnfortwährend dies Hauptmoment, daß stets nur ein Teil des industriellen Kapitals tatsächlich im Produkti-onsprozeß engagiert sein kann, wenn die Produktion ununterbrochen vorangehn soll. Während der eineTeil sich in der Produktionsperiode, muß stets ein andrer Teil sich in der Zirkulationsperiode befinden.Oder mit andern Worten, der eine Teil kann nur als produktives Kapital fungieren unter der Bedingung,daß ein andrer Teil in der Form von Waren- oder Geldkapital der eigentlichen Produktion entzogen bleibt.Indem dies übersehn wird, wird überhaupt die Bedeutung und Rolle des Geldkapitals übersehn.

Wir haben jetzt zu untersuchen, welche Verschiedenheit im Umschlag sich herausstellt, je nachdem diebeiden Abschnitte der Umschlagsperiode - Arbeitsperiode und Zirkulationsperiode - einander gleich sind,oder die Arbeitsperiode größer oder kleiner als die Zirkulationsperiode ist, und ferner, wie dies auf dieBindung von Kapital in der Form Geldkapital wirkt.

Wir nehmen an, daß das wöchentlich vorzuschießende Kapital in allen Fällen 100 Pfd.St. und die Um-schlagsperiode 9 Wochen sei, also das für jede Umschlagsperiode vorzuschießende Kapital = 900 Pfd.St.

I. Arbeitsperiode gleich der Zirkulationsperiode

Dieser Fall, obgleich in der Wirklichkeit nur zufällige Ausnahme, muß als Ausgangspunkt für die Be-trachtung dienen, weil hier die Verhältnisse sich am einfachsten und handgreiflichsten darstellen.

Die zwei Kapitale (Kapital I, das für die erste Arbeitsperiode vorgeschossen, und Zusatzkapital II, daswährend der Zirkulationsperiode von Kapital I fungiert) lösen sich in ihren Bewegungen ab, ohne sich zudurchkreuzen. Mit Ausnahme der ersten Periode ist daher auch jedes der beiden Kapitale nur für seineeigne Umschlagsperiode vorgeschossen. Die Umschlagsperiode sei, wie in den folgenden Beispielen, 9Wochen, Arbeitsperiode und Umlaufsperiode also je 41/2 Woche. Dann haben wir folgendes Jahressche-ma:

<270>

Tabelle I

Kapital IUmschlagspe-rioden

Arbeitsperi-oden

VorschußPfd.St.

Zirkulation-sperioden

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Woche Woche Woche

I. 1. - 9. 1. - 41/2. 450 41/2. - 9.II. 10. - 18. 10. - 131/2. 450 131/2. - 18.III. 19. - 27. 19. - 221/2. 450 221/2. - 27.IV. 28. - 36. 28. - 311/2. 450 311/2. - 36.V. 37. - 45. 37. - 401/2. 450 401/2. - 45.VI. 46. - (54.) 46. - 491/2. 450 491/2. - (54.)

Kapital IIUmschlagspe-rioden

Arbeitsperi-oden

VorschußPfd.St.

Zirkulation-sperioden

Woche Woche Woche

I. 41/2. - 131/2. 41/2. - 9. 450 10. - 131/2.II. 131/2. - 221/2. 131/2. - 18. 450 19. - 221/2.III. 221/2. - 311/2. 221/2. - 27. 450 28. - 311/2.IV. 311/2. - 401/2. 311/2. - 36. 450 37. - 401/2.V. 401/2. - 491/2. 401/2. - 45. 450 46. - 491/2.VI. 491/2. - (581/2.) 491/2. - (54.) 450 (55. - 581/2.)

Innerhalb der 51 Wochen, die wir hier als Jahr annehmen, hat Kapital I sechs volle Arbeitsperioden ab-solviert, also für 6 * 450 = 2.700 Pfd.St., und Kapital II in fünf vollen Arbeitsperioden für 5 * 450 = 2.250Pfd.St. Waren produziert. Dazu hat Kapital II in den letzten 11/2 Wochen des Jahrs (Mitte der 50. bis En-de der 51 Woche) noch für 150 Pfd.St. produziert - Gesamtprodukt in 51 Wochen: 5.100 Pfd.St. In bezugauf unmittelbare Produktion von Mehrwert, der nur während der Arbeitsperiode produziert wird, hätte dasGesamtkapital von 900 Pfd.St. also 52/3 mal umgeschlagen (52/3 * 900 = 5.100 Pfd.St.). Aber wenn wirden wirklichen Umschlag betrachten, so hat Kapital I 52/3 mal umgeschlagen, da es am Ende der 51 Wo-che noch 3 Wochen seiner sechsten Umschlagsperiode zu absolvieren hat; 52/3 * 450 = 2.550 Pfd.St.; undKapital II 51/6mal, da es erst 11/2 Woche seiner sechsten Umschlagsperiode vollendet hat, also noch 71/2Woche davon ins nächste Jahr fallen; 51/2 * 450 = 2.325 Pfd.St.; wirklicher Gesamtumschlag = 4.875Pfd.St.

<271> Betrachten wir Kapital I und Kapital II als zwei gegeneinander ganz selbständige Kapitale. In ih-ren Bewegungen sind sie ganz selbständig; diese Bewegungen ergänzen sich nur, weil ihre Arbeits- undZirkulationsperioden einander direkt ablösen. Sie können als zwei ganz unabhängige, verschiednen Ka-pitalisten gehörige Kapitale betrachtet werden.

Das Kapital I hat fünf vollständige und zwei Drittel seiner sechsten Umschlagsperiode zurückgelegt. Esbefindet sich am Ende des Jahres in der Form von Warenkapital, dem zu seiner normalen Realisierungnoch 3 Wochen erforderlich sind. Während dieser Zeit kann es nicht in den Produktionsprozeß eingehn.Es fungiert als Warenkapital: es zirkuliert. Von seiner letzten Umschlagsperiode hat es nur 2/3 zurückge-legt. Dies wird so ausgedrückt: es hat nur 2/3mal umgeschlagen, nur 2/3 seines Gesamtwerts haben einenvollständigen Umschlag zurückgelegt. Wir sagen: 450 Pfd.St. legen ihren Umschlag in 9 Wochen zurück,also 300 Pfd.St. in 6 Wochen. Bei dieser Ausdrucksweise werden die organischen Verhältnisse zwischenden beiden spezifisch verschiednen Bestandteilen der Umschlagszeit vernachlässigt. Der exakte Sinndavon, daß das vorgeschoßne Kapital von 450 Pfd.St. 52/3 Umschläge gemacht, ist nur, daß es fünf Um-schläge ganz und vom sechsten nur 2/3 zurückgelegt hat. Dagegen hat der Ausdruck, daß das umge-schlagne Kapital = 52/3mal das vorgeschoßne Kapital, also im obigen Fall = 52/3 * 450 Pfd.St. = 2.550Pfd.St., das Richtige, daß, wenn dies Kapital von 450 Pfd.St. nicht ergänzt wäre durch ein andres Kapitalvon 450 Pfd.St., in der Tat ein Teil davon sich im Produktionsprozeß, ein andrer im Zirkulationsprozeßbefinden müßte. Soll die Umschlagszeit in der Masse des umgeschlagnen Kapitals ausgedrückt werden,so kann sie immer nur in einer Masse von vorhandnem Wert (in der Tat von fertigem Produkt) ausge-drückt werden. Der Umstand, daß das vorgeschoßne Kapital sich nicht in einem Zustand befindet, worines den Produktionsprozeß von neuem eröffnen kann, drückt sich darin aus, daß nur ein Teil davon sich im

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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produktionsfähigen Zustand befindet, oder daß, um sich im Zustand kontinuierlicher Produktion zu befin-den, das Kapital geteilt werden müßte in einen Teil, der sich beständig in der Produktionsperiode undeinen andern Teil, der sich beständig in der Zirkulationsperiode befände, je nach dem Verhältnis dieserPerioden zueinander. Es ist dasselbe Gesetz, das die Masse des beständig fungierenden produktiven Ka-pitals bestimmt durch das Verhältnis der Umlaufszeit zur Umschlagszeit.

Von Kapital II sind Ende der 51. Jahreswoche, die wir hier als Jahresschluß annehmen, vorgeschossen150 Pfd.St. in der Produktion von unfertigem Produkt. Ein fernerer Teil befindet sich in der Form vonflüssigem <272> konstantem Kapital - Rohstoff etc.-, d.h. in einer Form, worin es als produktives Kapitalim Produktionsprozeß fungieren kann. Aber ein dritter Teil befindet sich in Geldform, nämlich zum min-desten der Betrag des Arbeitslohns für den Rest der Arbeitsperiode (3 Wochen), der aber erst Ende jederWoche bezahlt wird. Obgleich nun dieser Teil des Kapitals am Anfang des neuen Jahrs, also eines neuenUmschlagszyklus, sich nicht in der Form von produktivem Kapital befindet, sondern in der von Geldka-pital, in der es nicht in den Produktionsprozeß eingehn kann, so befindet sich dennoch bei Eröffnung desneuen Umschlags flüssiges variables Kapital, d.h. lebendige Arbeitskraft, im Produktionsprozeß tätig.Diese Erscheinung kommt daher, daß die Arbeitskraft zwar am Anfang der Arbeitsperiode, sage per Wo-che, gekauft und verbraucht, aber erst Ende der Woche gezahlt wird. Das Geld wirkt hier als Zahlungs-mittel. Es befindet sich daher einerseits als Geld noch in der Hand des Kapitalisten, während andrerseitsdie Arbeitskraft, die Ware, worin es umgesetzt wird, sich schon im Produktionsprozeß tätig befindet, der-selbe Kapitalwert hier also doppelt erscheint.

Betrachten wir bloß die Arbeitsperioden, so hatKapital I produziert 6 * 450 = 2.700 Pfd.St.Kapital II produziert 51/2 * 450 = 2.400

Pfd.St.

also zusammen 52/3 * 900 = 5.100Pfd.St.

Das vorgeschoßne Gesamtkapital von 900 Pfd.St. hat also 52/3mal im Jahr als produktives Kapital fun-giert. Ob stets 450 Pfd.St. im Produktionsprozeß und stets 450 Pfd.St. im Zirkulationsprozeß abwech-selnd, oder ob 900 Pfd.St. während je 41/2 Wochen im Produktionsprozeß und während der folgenden41/2 Wochen im Zirkulationsprozeß fungieren, ist für die Produktion von Mehrwert einerlei.

Betrachten wir dagegen die Umschlagsperioden, so hatKapital I 52/3 * 450 = 2.550

Pfd.St.Kapital II 51/6 * 450 = 2.325

Pfd.St.

also das Gesamtkapital 55/12 * 900 = 4.875Pfd.St.

umgeschlagen. Denn der Umschlag des Gesamtkapitals ist gleich der Summe der von I und II umge-schlagnen Beträge, dividiert durch die Summe von I und II.

Es ist zu bemerken, daß Kapital I und II, wenn sie selbständig gegeneinander wären, doch nur verschied-ne selbständige Teile des in derselben <273> Produktionssphäre vorgeschoßnen gesellschaftlichen Kapi-tals bilden würden. Bestände also das gesellschaftliche Kapital innerhalb dieser Produktionssphäre nuraus I und II, so würde für den Umschlag des gesellschaftlichen Kapitals in dieser Sphäre dieselbe Rech-nung gelten, die hier für die beiden Bestandteile I und II desselben Privatkapitals gilt. Weiter ausgedehntkann jeder in einer besondern Produktionssphäre angelegte Teil des gesamten Gesellschaftskapitals soberechnet werden. Schließlich aber ist die Umschlagszahl des gesamten gesellschaftlichen Kapitals gleichder Summe des in den verschiednen Produktionssphären umgeschlagnen Kapitals, dividiert durch dieSumme des in diesen Produktionssphären vorgeschoßnen Kapitals.

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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Es ist ferner zu bemerken, daß, wie hier in demselben Privatgeschäft die Kapitale I und II, genau genom-men, verschiedne Umschlagsjahre haben (indem der Umschlagszyklus von Kapital II 41/2 Woche späterbeginnt als der von Kapital I, das Jahr von I daher 41/2 Woche früher abläuft als das von II), so auch dieverschiednen Privatkapitale in derselben Produktionssphäre ihre Geschäfte in ganz verschiednen Zeitab-schnitten beginnen und ihren Jahresumschlag daher auch zu verschiednen Zeiten im Jahr vollenden. Die-selbe Durchschnittsrechnung, die wir oben für I und II anwandten, reicht auch hier aus, um die Um-schlagsjahre der verschiednen selbständigen Teile des gesellschaftlichen Kapitals auf ein einheitlichesUmschlagsjahr zu reduzieren.

II. Arbeitsperiode großer als Zirkulationsperiode

Es durchkreuzen sich die Arbeits- und Umschlagsperioden der Kapitale I und II, statt einander abzulösen.Gleichzeitig findet hier Freisetzung von Kapital statt, was bei dem bisher betrachteten Fall nicht vorkam.

Es ändert dies aber nichts daran, daß nach wie vor 1. die Zahl der Arbeitsperioden des vorgeschoßnenGesamtkapitals gleich ist der Summe des Werts des Jahresprodukts beider vorgeschoßnen Kapitalteile,dividiert durch das vorgeschoßne Gesamtkapital, und 2. die Umschlagszahl des Gesamtkapitals gleich istder Summe der beiden umgeschlagnen Beträge, dividiert durch die Summe der beiden vorgeschoßnenKapitale. Wir müssen auch hier beide Kapitalteile so betrachten, als vollzögen sie voneinander ganz un-abhängige Umschlagsbewegungen.

<274> Wir nehmen also wieder an, daß wöchentlich 100 Pfd.St. im Arbeitsprozeß vorzuschießen sind.Die Arbeitsperiode daure 6 Wochen, beanspruche also jedesmal 600 Pfd.St. Vorschuß (Kapital I). DieZirkulationsperiode 3 Wochen; also Umschlagsperiode, wie oben, 9 Wochen. Ein Kapital II von 300Pfd.St. trete ein während der dreiwöchentlichen Zirkulationsperiode von Kapital 1. Betrachten wir beideals voneinander unabhängige Kapitale, so stellt sich das Schema des Jahresumschlags wie folgt:

Tabelle II

Kapital I, 600 Pfd.St.Umschlagspe-rioden

Arbeitsperi-oden

VorschußPfd.St.

Zirkulation-sperioden

Woche Woche Woche

I. 1. - 9. 1. - 6. 600 7. - 9.II. 10. - 18. 10. - 15. 600 16. - 18.III. 19. - 27. 19. - 24. 600 25. - 27.IV. 28. - 36. 28. - 33. 600 34. - 36.V. 37. - 45. 37. - 42. 600 43. - 45.VI. 46. - (54.) 46. - 51. 600 (52. - 54.)

Zusatzkapital II, 300 Pfd.St.Umschlagspe-rioden

Arbeitsperi-oden

VorschußPfd.St.

Zirkulation-sperioden

Woche Woche Woche

I. 7. - 15. 7. - 9. 300 10. - 15.II. 16. - 24. 16. - 18. 300 19. - 24.III. 25. - 33. 25. - 27. 300 28. - 33.IV. 34. - 42. 34. - 36. 300 37. - 42.

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V. 43. - 51. 43. - 45. 300 46. - 51.Der Produktionsprozeß geht das ganze Jahr durch ununterbrochen auf derselben Stufenleiter vor sich. Diebeiden Kapitale I und II bleiben vollständig getrennt. Aber, um sie so getrennt darzustellen, mußten wirihre wirklichen Kreuzungen und Verschlingungen zerreißen und dadurch auch die Umschlagszahl ändern.Nach obiger Tabelle nämlich schlügeKapital I 52/3 * 600 = 3.400

Pfd.St.um und

Kapital II 5 * 300 = 1.500 Pfd.St.

also das Gesamtkapital 54/9 * 900 = 4.900Pfd.St.

um

<275> Dies stimmt aber nicht, weil, wie wir sehn werden, die wirklichen Produktions- und Zirkulation-sperioden nicht absolut zusammenfallen mit denen des obigen Schemas, worin es hauptsächlich daraufankam, die beiden Kapitale I und II als voneinander unabhängige erscheinen zu lassen.

In Wirklichkeit nämlich hat Kapital II keine von der des Kapital I getrennte, besondre Arbeits- und Zir-kulationsperiode. Die Arbeitsperiode ist 6 Wochen, die Zirkulationsperiode 3 Wochen. Da Kapital II nur= 300 Pfd.St., kann es nur Teil einer Arbeitsperiode ausfüllen. Dies ist der Fall. Ende der 6. Woche trittein Produktenwert von 600 Pfd.St. in Zirkulation und fließt Ende der 9. Woche in Geld zurück. Damit trittAnfang der 7. Woche das Kapital II in Tätigkeit und deckt die Bedürfnisse der nächsten Arbeitsperiodefür die 7. - 9. Woche. Nun aber ist nach unsrer Annahme Ende der 9. Woche die Arbeitsperiode nur halbabgemacht. Es tritt also Anfang der 10. Woche das soeben zurückgeflossene Kapital I von 600 Pfd.St.wieder in Tätigkeit und füllt mit 300 Pfd.St. die für die 10. - 12. Woche nötigen Vorschüsse aus. Damit istdie zweite Arbeitsperiode erledigt. Es befindet sich ein Produktenwert von 600 Pfd.St. in Zirkulation undwird Ende der 15. Woche zurückfließen; daneben aber sind 300 Pfd.St., der Betrag des ursprünglichenKapitals II, freigesetzt und können in der ersten Hälfte der folgenden Arbeitsperiode, also in der 13. - 15.Woche, fungieren. Nach deren Ablauf fließen dann wieder die 600 Pfd.St. zurück, 300 Pfd.St. davon rei-chen bis zum Schluß der Arbeitsperiode, 300 Pfd.St. bleiben für die folgende freigesetzt.

Die Sache verläuft also wie folgt:

I. Umschlagsperiode: 1. - 9. Woche.1. Arbeitsperiode: 1. - 6. Woche. Kapital I, 600 Pfd.St., fungiert.1. Zirkulationsperiode: 7. - 9. Woche. Ende der 9. Woche fließen600 Pfd.St. zurück.

II. Umschlagsperiode: 7.- 15. Woche.2. Arbeitsperiode: 7. - 12. Woche.

Erste Hälfte: 7. - 9. Woche. Kapital II, 300 Pfd.St., fungieren.Ende der 9. Woche fließen 600 Pfd.St. in Geld zurück (KapitalI).Zweite Hälfte: 10. - 12. Woche. 300 Pfd.St. von Kapital I fun-gieren. Die andern 300 Pfd.St. von Kapital I bleiben freige-setzt.

2. Zirkulationsperiode: 13. - 15. Woche.Ende der 15. Woche fließen 600 Pfd.St. (halb aus Kapital I,halb aus Kapital II gebildet) in Geld zurück.

III Umschlagsperiode: 13. - 21. Woche.3. Arbeitsperiode: 13. - 18. Woche.

<276> Erste Hälfte: 13. - 15. Woche. Die freigesetzten 300 Pfd.St.treten in Funktion. Ende der 15. Woche fließen 600 Pfd.St. inGeld zurück.Zweite Hälfte: 16. - 18. Woche. Von den zurückgefloßnen 600

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Pfd.St. fungieren 300 Pfd.St., die andern 300 Pfd.St. bleibenwieder freigesetzt.

3. Zirkulationsperiode: 19. - 21. Woche, an deren Schluß wieder 600Pfd.St. in Geld zurückfließen; in diesen 600 Pfd.St. sind Kapital Iund Kapital II jetzt ununterscheidbar verschmolzen.

Auf diese Weise ergeben sich acht volle Umschlagsperioden eines Kapitals von 600 Pfd.St. (I: 1. - 9.Woche; II: 7. - 15.; III: 13. - 21.; IV: 19. - 27.; V: 25. - 33.; VI: 31. - 39.; VII: 37. - 45.; VIII: 43. - 51.Woche) bis Ende der 51. Woche. Da aber die 49. - 51 Woche auf die achte Zirkulationsperiode fallen,müssen während derselben die 300 Pfd.St. freigesetztes Kapital eintreten und die Produktion im Ganghalten. Damit stellt sich der Umschlag am Ende des Jahres wie folgt: 600 Pfd.St. haben ihren Kreislaufachtmal vollendet, macht 4.800 Pfd.St. Dazu kommt das Produkt der letzten 3 Wochen (49. - 51.), dasaber erst ein Drittel seines Kreislaufs von 9 Wochen zurückgelegt hat, also in der Umschlagssumme nurfür ein Drittel seines Betrags, mit 100 Pfd.St. zählt. Wenn also das Jahresprodukt von 51 Wochen = 5.100Pfd.St., so ist das umgeschlagne Kapital nur 4.800 + 100 = 4.900 Pfd.St.; das vorgeschoßne Gesamtkapi-tal von 900 Pfd.St. hat also 54/9mal umgeschlagen, also um eine Kleinigkeit mehr als unter Fall I.

In dem vorliegenden Beispiel war ein Fall unterstellt, wo die Arbeitszeit = 2/3, die Umlaufszeit = 1/3 derUmschlagsperiode, also die Arbeitszeit ein einfaches Multipel der Umlaufszeit ist. Es fragt sich, ob dieoben konstatierte Freisetzung von Kapital auch stattfindet, wenn dies nicht der Fall.

Nehmen wir Arbeitsperiode = 5 Wochen, Umlaufszeit = 4 Wochen, Kapitalvorschuß per Woche 100Pfd.St.

I. Umschlagsperiode: 1. - 9. Woche.1. Arbeitsperiode: 1. - 5. Woche. Kapital I, 500 Pfd.St., fungiert.1. Zirkulationsperiode: 6. - 9. Woche. Ende der 9. Woche fließen500 Pfd.St. zurück.

II. Umschlagsperiode: 6.- 14. Woche.2. Arbeitsperiode: 6. - 10. Woche.

Erster Abschnitt: 6. - 9. Woche. Kapital II = 400 Pfd.St. fun-giert. Ende der 9. Woche fließt Kapital I = 500 Pfd.St. in Geldzurück.Zweiter Abschnitt: 10. Woche. Von den zurückgefloßnen 500Pfd.St. fungieren 100 Pfd.St. Die übrigen 400 Pfd.St. bleibenfreigesetzt für die folgende Arbeitsperiode.

<277> 2. Zirkulationsperiode: 11. - 14. Woche. Am Ende der 14. Wochefließen 500 Pfd.St. in Geld zurück.

Bis zu Ende der 14. Woche (11.- 14.) fungieren die oben freigesetzten 400 Pfd.St.; 100 Pfd.St. aus denalsdann zurückgefloßnen 500 Pfd.St. komplettieren den Bedarf für die dritte Arbeitsperiode (11. - 15.Woche), so daß wiederum 400 Pfd.St. für die vierte Arbeitsperiode freigesetzt werden. Dasselbe Phäno-men wiederholt sich in jeder Arbeitsperiode; bei ihrem Beginn findet sie 400 Pfd.St. vor, die für die ersten4 Wochen reichen. Ende der 4. Woche fließen 500 Pfd.St. in Geld zurück, von denen nur 100 Pfd.St. fürdie letzte Woche benötigt sind, die übrigen 400 Pfd.St. für die nächste Arbeitsperiode freigesetzt bleiben.

Nehmen wir ferner eine Arbeitsperiode von 7 Wochen, mit Kapital I von 700 Pfd.St.; eine Umlaufszeitvon 2 Wochen mit Kapital II von 200 Pfd.St.

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

185

Dann dauert die erste Umschlagsperiode von 1. - 9. Woche, davon erste Arbeitsperiode 1. - 7. Woche, mitVorschuß von 700 Pfd.St., und erste Zirkulationsperiode 8. - 9. Woche. Ende der 9. Woche fließen die700 Pfd.St. in Geld zurück.

Die zweite Umschlagsperiode 8. - 16. Woche umschließt die zweite Arbeitsperiode 8.- 14. Woche. Davonist der Bedarf für 8. und 9. Woche gedeckt durch Kapital II. Ende der 9. Woche fließen obige 700 Pfd.St.zurück; davon werden verbraucht bis Schluß der Arbeitsperiode (10. - 14. Woche) 500 Pfd.St. Bleiben200 Pfd.St. freigesetzt für die nächstfolgende Arbeitsperiode. Die zweite Umlaufsperiode dauert 15. - 16.Woche; Ende der 16. Woche fließen wieder 700 Pfd.St. zurück. Von nun an wiederholt sich in jeder Ar-beitsperiode dieselbe Erscheinung. Der Kapitalbedarf der ersten beiden Wochen ist gedeckt durch die amSchluß der vorigen Arbeitsperiode freigesetzten 200 Pfd.St.; Ende der 2. Woche fließen 700 zurück; dieArbeitsperiode zählt aber nur noch 5 Wochen, so daß sie nur 500 Pfd.St. verbrauchen kann; es bleibenalso stets 200 Pfd.St. freigesetzt für die nächste Arbeitsperiode.

Es stellt sich also heraus, daß in unserm Fall, wo die Arbeitsperiode größer angenommen als die Umlauf-speriode, unter allen Umständen am Schluß einer jeden Arbeitsperiode sich ein Geldkapital freigesetztfindet, welches von gleicher Größe ist wie das für die Zirkulationsperiode vorgeschoßne Kapital II. Inunsern drei Beispielen war Kapital II im ersten = 300 Pfd.St., im zweiten = 400 Pfd.St., im dritten = 200Pfd.St.; dementsprechend war das am Schluß der Arbeitsperiode freigesetzte Kapital je 300, 400, 200Pfd.St.

III. Arbeitsperiode kleiner als Umlaufsperiode

<278> Wir nehmen zunächst wieder an eine Umschlagsperiode von 9 Wochen; davon Arbeitsperiode 3Wochen, für welche disponibel Kapital I = 300 Pfd.St. Die Umlaufsperiode sei 6 Wochen. Für diese 6Wochen ist ein Zusatzkapital von 600 Pfd.St. nötig, das wir aber wieder in zwei Kapitale von je 300Pfd.St. einteilen können, wovon jedes eine Arbeitsperiode ausfüllt. Wir haben dann drei Kapitale von je300 Pfd.St., wovon immer 300 Pfd.St. in der Produktion beschäftigt sind, während 600 Pfd.St. umlaufen.

Tabelle III

Kapital I:Umschlagsperioden Arbeitsperioden UmlaufsperiodenWoche Woche Woche

I. 1. - 9. 1. - 3. 4. - 9.II. 10. - 18. 10. - 12. 13. - 18.III. 19. - 27. 19. - 21. 22. - 27.IV. 28. - 36. 28. - 30. 31. - 36.V. 37. - 45. 37. - 39. 40. - 45.VI. 46. - (54.) 46. - 48. 49. - (54.)Kapital II:

Umschlagsperioden Arbeitsperioden UmlaufsperiodenWoche Woche Woche

I. 4. - 12. 4. - 6. 7. - 12.II. 13. - 21. 13. - 15. 16. - 21.III. 22. - 30. 22. - 24. 25. - 30.IV. 31. - 39. 31. - 33. 34. - 39.V. 40. - 48. 40. - 42. 43. - 48.VI. 49. - (57.) 49. - 51. (52. - 57.)Kapital III:

Umschlagsperioden Arbeitsperioden Umlaufsperioden

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Woche Woche Woche

I. 7. - 15. 7. - 9. 10. - 15.II. 16. - 24. 16. - 18. 19. - 24.III. 25. - 33. 25. - 27. 28. - 33.IV. 34. - 42. 34. - 36. 37. - 42.V. 43. - 51. 43. - 45. 46. - 51.<279> Wir haben hier das genaue Gegenbild von Fall I, nur mit dem Unterschied, daß jetzt drei Kapitaleeinander ablösen statt zwei. Eine Durchkreuzung oder Verschlingung der Kapitale findet nicht statt; jedeseinzelne kann bis zum Jahresschluß getrennt verfolgt werden. Ebensowenig wie bei Fall I findet also eineFreisetzung von Kapital am Schluß einer Arbeitsperiode statt. Kapital I ist ganz ausgelegt Ende der 3.Woche, fließt ganz zurück Ende der 9., und tritt wieder in Funktion Anfang der 10. Woche. Ähnlich mitKapital II und III. Die regelmäßige und vollständige Ablösung schließt jede Freisetzung aus.

Der Gesamtumschlag berechnet sich folgendermaßen:Kapital I 300 Pfd.St.

52/3* = 1.700Pfd.St.

Kapital II 300 Pfd.St.51/3

* = 1.600Pfd.St.

Kapital III 300 Pfd.St. 5 * = 1.500Pfd.St.

Gesamtkapi-tal

900 Pfd.St.51/3

* = 4.800Pfd.St.

Nehmen wir jetzt auch ein Beispiel, wo die Umlaufsperiode nicht ein genaues Vielfaches der Arbeitsperi-ode bietet; z.B. Arbeitsperiode 4 Wochen, Zirkulationsperiode 5 Wochen; die entsprechenden Kapitalbe-träge wären also Kapital I = 400 Pfd.St., Kapital II = 400 Pfd.St., Kapital III = 100 Pfd.St. Wir geben nurdie ersten drei Umschläge.

Tabelle IV

Kapital I:Umschlagsperioden Arbeitsperioden UmlaufsperiodenWoche Woche Woche

I. 1. - 9. 1. - 4. 5. - 9.II. 9. - 17. 9.10. - 12. 13. - 17.III. 17. - 25. 17.18. - 20. 21. - 25.Kapital II:

Umschlagsperioden Arbeitsperioden UmlaufsperiodenWoche Woche Woche

I. 5. - 13. 5. - 8. 9. - 13.II. 13. - 21. 13.14. - 16. 17. - 21.III. 21. - 29. 21.22. - 24. 25. - 29.Kapital III:<280> Umschlagsperioden Arbeitsperioden Umlaufsperioden

Woche Woche Woche

I. 9. - 17. 9. 10. - 17.II. 17. - 25. 17. 18. - 25.

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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III. 25. - 33. 25. 26. - 33.

Es findet hier insofern Verschlingung der Kapitale statt, als die Arbeitsperiode von Kapital III, das keineselbständige Arbeitsperiode hat, weil es nur für eine Woche reicht, zusammenfällt mit der ersten Arbeits-woche von Kapital I. Dafür aber findet sich am Schluß der Arbeitsperiode, sowohl von Kapital I wie vonKapital II, ein dem Kapital III gleicher Betrag von 100 Pfd.St. freigesetzt. Wenn nämlich Kapital III dieerste Woche der zweiten und aller folgenden Arbeitsperioden von Kapital I ausfüllt und am Schluß dieserersten Woche das ganze Kapital I, 400 Pfd.St., zurückströmt, so bleibt für den Rest der Arbeitsperiodevon Kapital I nur eine Zeit von 3 Wochen und eine entsprechende Kapitalauslage von 300 Pfd.St. Die sofreigesetzten 100 Pfd.St. genügen dann für die erste Woche der sich unmittelbar anschließenden Arbeits-periode von Kapital II; am Schluß dieser Woche fließt das ganze Kapital II mit 400 Pfd.St. zurück; daaber die angebrochne Arbeitsperiode nur noch 300 Pfd.St. absorbieren kann, so bleiben an deren Schlußwieder 100 Pfd.St. freigesetzt; und so weiter. Es findet also Freisetzung von Kapital am Schlusse der Ar-beitsperiode statt, sobald die Umlaufszeit nicht ein einfaches Multipel der Arbeitsperiode bildet; und zwarist dies freigesetzte Kapital gleich dem Kapitalteil, welcher den Überschuß der Zirkulationsperiode übereine Arbeitsperiode oder über ein Multipel von Arbeitsperioden auszufüllen hat.

In allen untersuchten Fällen wurde angenommen, daß sowohl Arbeitsperiode wie Umlaufszeit das ganzeJahr hindurch in dem beliebigen, hier betrachteten Geschäft dieselben bleiben. Diese Voraussetzung warnötig, wollten wir den Einfluß der Umlaufszeit auf Umschlag und Kapitalvorschuß feststellen. Daß sie inder Wirklichkeit nicht in dieser Unbedingtheit und oft gar nicht gilt, ändert an der Sache nichts.

Wir haben in diesem ganzen Abschnitt nur die Umschläge des zirkulierenden Kapitals betrachtet, nichtdie des fixen. Aus dem einfachen Grund, weil die behandelte Frage nichts mit dem fixen Kapital zu tunhat. Die im Produktionsprozeß angewandten Arbeitsmittel etc. bilden nur fixes Kapital, soweit ihre Ge-brauchszeit länger dauert als die Umschlagsperiode des flüs- <281> sigen Kapitals; soweit die Zeit, wäh-rend deren diese Arbeitsmittel fortfahren, in beständig wiederholten Arbeitsprozessen zu dienen, größerist als die Umschlagsperiode des flüssigen Kapitals, also = n Umschlagsperioden des flüssigen Kapitalsist. Ob die Gesamtzeit, welche durch diese n Umschlagsperioden des flüssigen Kapitals gebildet wird,länger oder kürzer ist, der Teil des produktiven Kapitals, der für diese Zeit in fixem Kapital vorgeschos-sen war, wird innerhalb derselben nicht von neuem vorgeschossen. Er fährt fort, in seiner alten Ge-brauchsform zu fungieren. Der Unterschied ist nur der: je nach der verschiednen Länge der einzelnenArbeitsperiode jeder Umschlagsperiode des flüssigen Kapitals gibt das fixe Kapital größern oder gerin-gern Teil seines Originalwerts an das Produkt dieser Arbeitsperiode ab, und je nach der Dauer der Zirku-lationszeit einer jeden Umschlagsperiode fließt dieser an das Produkt abgegebne Wertteil des fixen Kapi-tals rascher oder langsamer in Geldform zurück. Die Natur des Gegenstands, den wir in diesem Abschnittbehandeln - der Umschlag des zirkulierenden Teils des produktiven Kapitals -, geht aus der Natur diesesKapitalteils selbst hervor. Das in einer Arbeitsperiode angewandte flüssige Kapital kann nicht in einerneuen Arbeitsperiode angewandt werden, bevor es seinen Umschlag vollendet, sich in Warenkapital, ausdiesem in Geldkapital und aus diesem wieder in produktives Kapital verwandelt hat. Um daher die ersteArbeitsperiode sofort durch eine zweite zu kontinuieren, muß von neuem Kapital vorgeschossen und indie flüssigen Elemente des produktiven Kapitals verwandelt werden, und zwar in hinreichender Quantität,um die durch die Zirkulationsperiode des für die erste Arbeitsperiode vorgeschoßnen flüssigen Kapitalsentstehende Lücke auszufüllen. Daher der Einfluß der Länge der Arbeitsperiode des flüssigen Kapitalsauf die Betriebsstufenleiter des Arbeitsprozesses und auf die Teilung des vorgeschoßnen Kapitals, resp.auf Zuschuß von neuen Kapitalportionen. Dies aber ist es gerade, was wir in diesem Abschnitt zu be-trachten hatten.

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IV. Resultate

Aus der bisherigen Untersuchung ergibt sich:

A. Die verschiednen Portionen, worin das Kapital geteilt werden muß, damit ein Teil desselben sich be-ständig in der Arbeitsperiode befinden kann, während andre Teile sich in der Zirkulationsperiode befin-den - lösen sich ab, wie verschiedne selbständige Privatkapitale, in zwei Fällen. 1. Wenn die Arbeitsperi-ode gleich der Zirkulationsperiode, die Umschlagsperiode <282> also in zwei gleiche Abschnitte geteiltist. 2. Wenn die Zirkulationsperiode länger ist als die Arbeitsperiode, aber zugleich ein einfaches Multipelder Arbeitsperiode bildet, so daß eine Zirkulationsperiode = n Arbeitsperioden, wo n eine ganze Zahl seinmuß. In diesen Fällen wird kein Teil des sukzessiv vorgeschoßnen Kapitals freigesetzt.

B. Dagegen in allen Fällen, wo 1. die Zirkulationsperiode größer als die Arbeitsperiode, ohne ein einfa-ches Multipel derselben zu bilden, und 2. wo die Arbeitsperiode größer als die Zirkulationsperiode, wirdein Teil des flüssigen Gesamtkapitals vom zweiten Umschlag an beständig und periodisch am Schlußjeder Arbeitsperiode freigesetzt. Und zwar ist dieses freigesetzte Kapital gleich dem für die Zirkulation-speriode vorgeschoßnen Teil des Gesamtkapitals, wenn die Arbeitsperiode größer als die Zirkulationspe-riode; und gleich dem Kapitalteil, welcher den Überschuß der Zirkulationsperiode über eine Arbeitsperi-ode oder über ein Multipel von Arbeitsperioden auszufüllen hat, wenn die Zirkulationsperiode größer istals die Arbeitsperiode.

C. Es folgt daraus, daß für das gesellschaftliche Gesamtkapital, nach seinem flüssigen Teil betrachtet, dieFreisetzung von Kapital die Regel, die bloße Ablösung der sukzessive im Produktionsprozeß fungieren-den Kapitalteile die Ausnahme bilden muß. Denn die Gleichheit von Arbeitsperiode und Zirkulationspe-riode, oder die Gleichheit der Zirkulationsperiode mit einem einfachen Multipel der Arbeitsperiode, dieseregelmäßige Proportionalität der zwei Bestandteile der Umschlagsperiode hat mit der Natur der Sachedurchaus nichts zu tun und kann daher im ganzen und großen nur ausnahmsweise stattfinden.

Ein sehr bedeutender Teil des jährlich mehrmals umschlagenden gesellschaftlichen zirkulierenden Kapi-tals wird sich also während des jährlichen Umschlagszyklus periodisch in der Form von freigesetztemKapital befinden.

Es ist ferner klar, daß, alle andern Umstände gleichbleibend gesetzt, die Größe dieses freigesetzten Kapi-tals mit dem Umfang des Arbeitsprozesses oder mit der Stufenleiter der Produktion, also überhaupt mitder Entwicklung der kapitalistischen Produktion wächst. In dem Falle sub B.2., weil das vorgeschoßneGesamtkapital wächst; in B. 1., weil mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion die Länge derZirkulationsperiode wächst, also auch die Umschlagsperiode in den Fällen, wo die Arbeitsperiode ohneregelmäßiges Verhältnis der beiden Perioden.

Im ersten Fall hatten wir z.B. 100 Pfd.St. wöchentlich auszulegen. Für sechswöchentliche Arbeitsperiode600 Pfd.St., für dreiwöchentliche Zir- <283> kulationsperiode 300 Pfd.St., zusammen 900 Pfd.St. Hierwerden beständig 300 Pfd.St. freigesetzt. Werden dagegen 300 Pfd.St. wöchentlich ausgelegt, so habenwir für die Arbeitsperiode 1.800 Pfd.St., für die Zirkulationsperiode 900 Pfd.St.; also auch 900 Pfd.St.statt 300 Pfd.St. periodisch freigesetzt.

D. Das Gesamtkapital von z.B. 900 Pfd.St. muß in zwei Teile geteilt werden, wie oben 600 Pfd.St. für dieArbeitsperiode und 300 Pfd.St. für die Zirkulationsperiode. Der Teil, der wirklich im Arbeitsprozeß aus-gelegt, wird dadurch um ein Drittel vermindert, von 900 Pfd.St. auf 600 Pfd.St., und daher die Produkti-onsleiter um ein Drittel reduziert. Andrerseits fungieren die 300 Pfd.St. nur, um die Arbeitsperiode konti-nuierlich zu machen, so daß in jeder Woche des Jahres 100 Pfd.St. im Arbeitsprozeß ausgelegt werdenkönnen.

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Abstrakt genommen ist es dasselbe, ob 600 Pfd.St. während 6 * 8 = 48 Wochen arbeiten (Produkt = 4.800Pfd.St.), oder ob das ganze Kapital von 900 Pfd.St. während 6 Wochen im Arbeitsprozeß ausgelegt wirdund dann während der Zirkulationsperiode von 3 Wochen brachliegt; im letztem Fall würde es im Laufder 48 Wochen 51/3 * 6 = 32 Wochen arbeiten (Produkt = 51/3 * 900 = 4.800 Pfd.St.), und 16 Wochenbrachliegen. Aber abgesehn vom größern Verderb des fixen Kapitals während der Brache von 16 Wochenund der Verteurung der Arbeit, die während des ganzen Jahres bezahlt werden muß, obgleich sie nur ei-nen Teil desselben wirkt, ist eine solche regelmäßige Unterbrechung des Produktionsprozesses mit demBetrieb der modernen großen Industrie überhaupt unvereinbar. Diese Kontinuität ist selbst eine Produk-tivkraft der Arbeit.

Sehn wir uns nun das freigesetzte, in der Tat suspendierte Kapital näher an, so zeigt sich, daß ein bedeu-tender Teil desselben stets die Form von Geldkapital besitzen muß. Bleiben wir bei dem Beispiel: Ar-beitsperiode 6 Wochen, Zirkulationsperiode 3 Wochen, Auslage per Woche 100 Pfd.St. In der Mitte derzweiten Arbeitsperiode, Ende der 9. Woche, fließen 600 Pfd.St. zurück, von denen nur 300 Pfd.St. wäh-rend des Rests der Arbeitsperiode anzulegen sind. Ende der zweiten Arbeitsperiode werden also 300Pfd.St. davon freigesetzt. In welchem Zustand befinden sich diese 300 Pf. St.? Wir wollen annehmen, daß1/3 für Arbeitslohn, 2/3 für Roh- und Hilfsstoffe auszulegen sind. Von den zurückgefloßnen 600 Pfd.St.befinden sich also 200 Pfd.St. für Arbeitslohn in Geldform und 400 Pfd.St. in. der Form von produktivemVorrat, in der Form von Elementen des konstanten flüssigen produktiven Kapitals. Da aber für die zweiteHälfte der Arbeitsperiode II nur die Hälfte dieses produktiven Vorrats erheischt ist, befindet <284> sichdie andre Hälfte während 3 Wochen in der Form von überschüssigem, d.h. von über eine Arbeitsperiodeüberschüssigem produktivem Vorrat. Der Kapitalist weiß aber, daß er von diesem Teil (= 400 Pfd.St.) deszurückfließenden Kapitals nur die Hälfte = 200 Pfd.St. für die laufende Arbeitsperiode braucht. Es wirdalso von den Marktverhältnissen abhängen ob er diese 200 Pfd.St. sofort wieder ganz oder nur zum Teilin überschüssigen produktiven Vorrat verwandeln oder sie ganz oder teilweise in Erwartung günstigererMarktverhältnisse als Geldkapital festhalten wird. Andrerseits versteht sich von selbst, daß der in Ar-beitslohn auszulegende Teil = 200 Pfd.St. in Geldform festgehalten wird. Der Kapitalist kann die Arbeits-kraft nicht wie das Rohmaterial im Warenlager deponieren, nachdem er sie gekauft hat. Er muß sie demProduktionsprozeß einverleiben und zahlt sie Ende der Woche. Von dem freigesetzten Kapital von 300Pfd.St. werden also jedenfalls diese 100 Pfd.St. die Form von freigesetztem, d.h. nicht für die Arbeitspe-riode nötigem Geldkapital besitzen. Das in Form von Geldkapital freigesetzte Kapital muß also minde-stens gleich sein dem variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteil; im Maximum kann es das ganzefreigesetzte Kapital umfassen. In der Wirklichkeit schwankt es beständig zwischen diesem Minimum undMaximum.

Das so durch den bloßen Mechanismus der Umschlagsbewegung freigesetzte Geldkapital (neben demdurch den sukzessiven Rückfluß des fixen Kapitals und dem in jedem Arbeitsprozeß für variables Kapitalnötigem Geldkapital) muß eine bedeutende Rolle spielen, sobald sich das Kreditsystem entwickelt, undmuß zugleich eine der Grundlagen desselben bilden.

Nehmen wir in unserm Beispiel an, die Zirkulationszeit verkürze sich von 3 Wochen auf 2. Dies sei nichtnormal, sondern etwa Folge guter Geschäftszeit, verkürzter Zahlungstermine etc. Das Kapital von 600Pfd.St., das während der Arbeitsperiode ausgelegt worden, fließt eine Woche früher als nötig zurück, esist also für diese Woche freigesetzt. Es werden ferner, wie vorher, in der Mitte der Arbeitsperiode 300Pfd.St. freigesetzt (Teil jener 600 Pfd.St.), aber für 4 Wochen statt für 3. Es befinden sich also auf demGeldmarkt während einer Woche 600 Pfd.St. und während 4 statt 3 Wochen 300 Pfd.St. Da dies nicht nureinen Kapitalisten betrifft, sondern viele und zu verschiednen Perioden in verschiednen Geschäftszweigensich ereignet, so erscheint hiermit mehr disponibles Geldkapital auf dem Markt. Dauert dieser Zustandlänger, so wird die Produktion erweitert werden, wo dies zulässig; Kapitalisten, die mit geborgtem Kapi-tal arbeiten, werden weniger Nachfrage auf dem Geldmarkt ausüben, was diesen ebensosehr erleichtertwie vermehrtes Angebot; oder endlich die Summen, die für den <285> Mechanismus überschüssig ge-worden sind, werden definitiv auf den Geldmarkt hinausgeworfen.

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Infolge der Kontraktion der Umlaufszeit <1. und 2. Auflage: Umschlagszeit> von 3 auf 2 Wochen, unddaher der Umschlagsperiode von 9 auf 8 Wochen, wird 1/9 des vorgeschoßnen Gesamtkapitals überflüs-sig; die sechswöchentliche Arbeitsperiode kann nun mit 800 Pfd.St. ebenso beständig in Gang gehaltenwerden wie früher mit 900 Pfd.St. Ein Wertteil des Warenkapitals = 100 Pfd.St., einmal in Geld rückver-wandelt, verharrt daher in diesem Zustand als Geldkapital, ohne weiter als Teil des für den Produktions-prozeß vorgeschoßnen Kapitals zu fungieren. Während die Produktion auf gleichbleibender Stufenleiterund zu sonst gleichbleibenden Bedingungen, wie Preisen etc., fortgeführt wird, vermindert sich dieWertsumme des vorgeschoßnen Kapitals von 900 Pfd.St. auf 800 Pfd.St.; der Rest von 100 Pfd.St. desursprünglich vorgeschoßnen Werts wird ausgeschieden in der Form von Geldkapital. Als solches tritt esin den Geldmarkt ein und bildet zuschüssigen Teil der hier fungierenden Kapitale.

Man ersieht hieraus, wie eine Plethora von Geldkapital entstehn kann - und zwar nicht nur in dem Sinn,daß das Angebot von Geldkapital größer ist als die Nachfrage; dies ist immer nur eine relative Plethora,die z.B. stattfindet in der "melancholischen Periode", welche nach Ende der Krise den neuen Zyklus er-öffnet. Sondern in dem Sinn, daß für die Betreibung des gesamten gesellschaftlichen Reproduktionspro-zesses (welcher den Zirkulationsprozeß einschließt) ein bestimmter Teil des vorgeschoßnen Kapitalwertsüberflüssig und daher in der Form von Geldkapital ausgeschieden ist; eine Plethora, entstanden beigleichbleibender Stufenleiter der Produktion und gleichbleibenden Preisen durch bloße Kontraktion derUmschlagsperiode. Es hat die Masse - größere oder kleinere - des in Zirkulation befindlichen Geldes hier-auf nicht den geringsten Einfluß gehabt.

Nehmen wir umgekehrt an, die Zirkulationsperiode verlängre sich, sage von 3 Wochen zu 5. Dann findetschon beim nächsten Umschlag der Rückfluß des vorgeschoßnen Kapitals um 2 Wochen zu spät statt. Derletzte Teil des Produktionsprozesses dieser Arbeitsperiode kann nicht weitergeführt werden durch denMechanismus des Umschlags des vorgeschoßnen Kapitals selbst. Bei längrer Dauer dieses Zustandeskönnte, wie im vorigen Fall Erweiterung, so hier Kontraktion des Produktionsprozesses - des Umfangs,auf dem er betrieben - eintreten. Um aber den Prozeß auf derselben Stufenleiter fortzuführen, müßte dasvorgeschoßne Kapital für die ganze Dauer <286> dieser Verlängrung der Zirkulationsperiode um 2/9 =200 Pfd.St. vermehrt werden. Dies Zusatzkapital kann nur dem Geldmarkt entnommen werden. Gilt dieVerlängerung der Zirkulationsperiode für einen oder mehrere große Geschäftszweige, so kann sie dahereinen Druck auf den Geldmarkt herbeiführen, wenn nicht diese Wirkung durch Gegenwirkung von andrerSeite aufgehoben wird. Auch in diesem Fall ist sichtbar und handgreiflich, daß dieser Druck, wie vorherjene Plethora, nicht das geringste zu tun hatte mit einer Änderung weder in den Preisen der Waren noch inder Masse der vorhandnen Zirkulationsmittel.

{Die Fertigstellung dieses Kapitels für den Druck hat nicht geringe Schwierigkeiten gemacht. So sattel-fest Marx als Algebraiker war, so ungeläufig blieb ihm das Rechnen mit Zahlen, namentlich das kauf-männische, trotzdem ein dickes Konvolut Hefte existiert, worin er sämtliche kaufmännische Rechnungs-arten selbst in vielen Exempeln durchgerechnet hat. Aber Kenntnis der einzelnen Rechnungsarten undÜbung im alltäglichen praktischen Rechnen des Kaufmanns sind keineswegs dasselbe, und so verwickelteer sich in den Umschlagsberechnungen derart, daß neben Unvollendetem schließlich manches Unrichtigeund Widersprechende herauskam. Ich habe in den oben abgedruckten Tabellen nur das Einfachste undarithmetisch Richtige beibehalten, und zwar hauptsächlich aus folgendem Grund.

Die unsichern Resultate dieser mühsamen Rechnerei haben Marx veranlaßt, einem - nach meiner Ansicht- tatsächlich wenig wichtigen Umstand eine unverdiente Wichtigkeit beizulegen. Ich meine das, was er"Freisetzung" von Geldkapital nennt. Der wirkliche Sachverhalt, unter den oben angenommenen Voraus-setzungen, ist dieser:

Einerlei, welches das Größenverhältnis von Arbeitsperiode und Umlaufszeit, also das von Kapital I zuKapital II, - nach Ablauf des ersten Umschlags kehrt dem Kapitalisten, in regelmäßigen Intervallen vonder Länge der Arbeitsperiode, das für je eine Arbeitsperiode nötige Kapital - also eine Summe gleichKapital I - in Geldform zurück.

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Ist die Arbeitsperiode = 5 Wochen, Umlaufszeit = 4 Wochen, Kapital I = 500 Pfd.St., so fließt jedesmaleine Geldsumme von 500 Pfd.St. zurück: Ende der 9., der 14., der 19., der 24., der 29. Woche usw.

Ist die Arbeitsperiode = 6 Wochen, Umlaufszeit = 3 Wochen, Kapital I = 600 Pfd.St., so fließen je 600Pfd.St. zurück: Ende der 9., der 15., der 21., der 27., der 33. Woche usw.

Endlich ist die Arbeitsperiode = 4 Wochen, Umlaufszeit = 5 Wochen, Kapital I = 400 Pfd.St., so erfolgtRückfluß von je 400 Pfd.St.: Ende der 9., der 13., der 17., der 21., der 25. Woche usw.

<287> Ob und wieviel von diesem zurückgefloßnen Geld für die laufende Arbeitsperiode überschüssig,also freigesetzt ist, macht keinen Unterschied. Es wird vorausgesetzt, daß die Produktion ununterbrochenauf dem laufenden Maßstab vorangeht, und damit dies erfolge, muß das Geld vorhanden sein, also rück-fließen, ob "freigesetzt" oder nicht. Wird die Produktion unterbrochen, so hört auch die Freisetzung auf.

Mit andern Worten: Es erfolgt allerdings Freisetzung von Geld, also Bildung von latentem, nur potentie l-lem Kapital in Geldform; aber unter allen Umständen und nicht nur unter den im Text näher präzisiertenspeziellen Bedingungen; und sie erfolgt auf größerm als auf dem im Text angenommenen Maßstab. MitBeziehung auf das zirkulierende Kapital I befindet sich der industrielle Kapitalist am Ende jedes Um-schlags ganz in der Lage wie bei Errichtung des Geschäfts: er hat es wieder ganz und auf einmal in derHand, während er es nur allmählich wieder in produktives Kapital verwandeln kann.

Worauf es im Text ankommt, ist der Nachweis, daß einerseits ein beträchtlicher Teil des industriellenKapitals stets in Geldform vorhanden sein, andrerseits ein noch beträchtlicherer zeitweilig Geldform an-nehmen muß. Dieser Nachweis wird durch diese meine zusätzlichen Bemerkungen höchstens verstärkt. -F. E.}

V. Wirkung von Preiswechsel

Wir haben eben unterstellt gleichbleibende Preise, gleichbleibende Stufenleiter der Produktion auf dereinen Seite, Kontraktion oder Expansion der Zirkulationszeit auf der andern. Unterstellen wir jetzt dage-gen gleichbleibende Größe der Umschlagsperiode, gleichbleibende Stufenleiter der Produktion, aber aufder andern Seite Preiswechsel, d.h. Fall oder Steigen im Preis von Rohmaterialen, Hilfsstoffen und Arbeitoder der beiden ersten dieser Elemente. Gesetzt, der Preis von Roh- und Hilfsstoffen, sowie der Arbeits-lohn, falle um die Hälfte. Es wären dann also in unserm Beispiel wöchentlich 50 Pfd.St. statt 100 Pfd.St.und für die neunwöchentliche Umschlagsperiode 450 Pfd.St. statt 900 Pfd.St. vorgeschoßnes Kapital nö-tig. 450 Pfd.St. des vorgeschoßnen Kapitalwerts werden ausgeschieden zunächst als Geldkapital, aber derProduktionsprozeß auf derselben Stufenleiter und mit derselben Umschlagsperiode und der frühern Tei-lung derselben werde fortgesetzt. Auch die jährliche Produktmasse bleibt dieselbe, aber ihr Wert ist umdie Hälfte gefallen. Weder eine Beschleunigung im <288> Umlauf, noch eine Änderung in der Masse deszirkulierenden Geldes hat diesen Wechsel hervorgebracht, der auch von einem Wechsel in Angebot undNachfrage von Geldkapital begleitet ist. Umgekehrt. Der Fall im Wert, resp. Preis, der Elemente des pro-duktiven Kapitals um die Hälfte hätte zuerst die Wirkung, daß ein um die Hälfte verminderter Kapitalwertfür das nach wie vor auf gleicher Stufenleiter fortgeführte Geschäft X vorgeschossen, also auch nur dieHälfte Geld von seiten des Geschäfts X auf den Markt zu werfen wäre, da das Geschäft X diesen Kapi-talwert zunächst in der Form von Geld, d.h. als Geldkapital vorschießt. Die in Zirkulation geworfneGeldmasse hätte abgenommen, weil die Preise der Produktionselemente gefallen. Dies wäre die ersteWirkung.

Zweitens aber: Die Hälfte des ursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwerts von 900 Pfd.St. = 450 Pfd.St.,die a) abwechselnd die Form von Geldkapital, produktivem Kapital und Warenkapital durchlief, b) sich

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gleichzeitig beständig nebeneinander zum Teil in der Form von Geldkapital, zum Teil in der von produk-tivem Kapital und zum Teil in der von Warenkapital befand, würde ausgeschieden aus dem Kreislauf desGeschäfts X und daher als zuschüssiges Geldkapital auf den Geldmarkt treten, als zuschüssiger Bestand-teil auf ihn wirken. Diese freigesetzten 450 Pfd.St. Geld wirken als Geldkapital, nicht weil sie zur Betrei-bung des Geschäfts X überschüssig gewordnes Geld sind, sondern weil sie Bestandteil des Original-Kapitalwerts sind, daher als Kapital fortwirken und nicht als bloßes Zirkulationsmittel verausgabt werdensollen. Die nächste Form, sie als Kapital wirken zu lassen, ist, sie als Geldkapital auf den Geldmarkt zuwerfen. Andrerseits könnte auch die Stufenleiter der Produktion (abgesehn vom fixen Kapital) verdoppeltwerden. Mit demselben vorgeschoßnen Kapital von 900 Pfd.St. würde dann ein Produktionsprozeß vondoppeltem Umfang betrieben.

Stiegen andrerseits die Preise der flüssigen Elemente des produktiven Kapitals um die Hälfte, so wärenstatt 100 Pfd.St. wöchentlich 150 Pfd.St. nötig, also statt 900 Pfd.St. vielmehr 1.350 Pfd.St. 450 Pfd.St.zuschüssiges Kapital wäre nötig, um das Geschäft auf derselben Stufenleiter zu betreiben, und dies würdepro tanto, je nach dem Stand des Geldmarkts, einen größern oder geringem Druck auf ihn ausüben. Wärealles auf ihm disponible Kapital schon verlangt, so entstände erhöhte Konkurrenz um disponibles Kapital.Läge ein Teil desselben brach, so würde er pro tanto in Aktivität gerufen.

Aber es kann auch drittens, bei gegebner Stufenleiter der Produktion, gleichbleibender Umschlagsge-schwindigkeit und gleichbleibendem Preise der Elemente des flüssigen produktiven Kapitals, der Preisder Produkte des <289> Geschäfts X fallen oder steigen. Fällt der Preis der vom Geschäft X geliefertenWaren, so sinkt der Preis seines Warenkapitals von 600 Pfd.St., die es beständig in Zirkulation warf, z.B.auf 500 Pfd.St. Ein Sechstel vom Wert des vorgeschoßnen Kapitals fließt also nicht aus dem Zirkulati-onsprozeß zurück (der im Warenkapital steckende Mehrwert bleibt hier außer Frage); es geht in demsel-ben verloren. Aber da der Wert, resp. Preis, der Produktionselemente derselbe bleibt, reicht dieser Rück-fluß von 500 Pfd.St. nur hin, um 5/6 des beständig im Produktionsprozeß beschäftigten Kapitals von WoPfd.St. zu ersetzen. Es müßten also 100 Pfd.St. zuschüssiges Geldkapital verausgabt werden, um die Pro-duktion auf derselben Stufenleiter fortzusetzen.

Umgekehrt: Stiege der Preis der Produkte des Geschäfts X, so der Preis des Warenkapitals von 600Pfd.St. auf z.B. 700 Pfd.St. Ein Siebentel seines Preises = 100 Pfd.St. kommt nicht aus dem Produktions-prozeß her, ist nicht in ihm vorgeschossen worden, sondern fließt aus dem Zirkulationsprozeß her. Es sindaber nur 600 Pfd.St. nötig, um die produktiven Elemente zu ersetzen; also Freisetzung von 100 Pfd.St.

Die Untersuchung der Ursachen, warum im ersten Fall die Umschlagsperiode sich abkürzt oder verlän-gert, im zweiten Fall die Preise von Rohmaterial und Arbeit, im dritten Fall die Preise der geliefertenProdukte steigen oder fallen, gehört nicht in den Kreis der bisherigen Untersuchung.

Was aber wohl hierher gehört ist dies:

I. Fall. Gleichbleibende Produktionsleiter, gleichbleibende Preise der Produktionselemente und Produk-te, Wechsel in der Zirkulations- und daher der Umschlagsperiode.

Nach Voraussetzung unsers Beispiels wird durch Verkürzung der Zirkulationsperiode 1/9 weniger vorge-schoßnes Gesamtkapital nötig, das letztre daher von 900 Pfd.St. auf 800 Pfd.St. reduziert und 100 Pfd.St.Geldkapital ausgeschieden.

Das Geschäft X liefert nach wie vor dasselbe sechswöchentliche Produkt mit demselben Wert von 600Pfd.St., und da das ganze Jahr hindurch ununterbrochen gearbeitet wird, liefert es in 51 Wochen dieselbeMasse Produkt zum Wert von 5.100 Pfd.St. Also in bezug auf die Massen und den Preis des Produkts,den das Geschäft in die Zirkulation wirft, besteht keine Verändrung, auch nicht in bezug auf die Termine,in welchen es das Produkt auf den Markt wirft. Aber es sind 100 Pfd.St. ausgeschieden, weil durch Ver-kürzung der Zirkulationsperiode der Prozeß mit nur 800 Pfd.St. Vorschußkapital gesättigt ist, statt vorher

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mit 900 Pfd.St. Die 100 Pfd.St. <290> ausgeschiednes Kapital existieren in der Form von Geldkapital. Sierepräsentieren aber keineswegs den Teil des vorgeschoßnen Kapitals, der beständig in der Form vonGeldkapital fungieren müßte. Unterstellen wir, von dem vorgeschoßnen flüssigen Kapital I = 600 Pfd.St.würden 4/5 beständig in Produktionsmaterialien ausgelegt, = 480 Pfd.St., und 1/5 = 120 Pfd.St. in Ar-beitslohn. Also wöchentlich 80 Pfd.St. in Produktionsstoffen, 20 Pfd.St. in Arbeitslohn. Kapital II = 300Pfd.St. muß also ebenfalls geteilt werden in 4/5 = 240 Pfd.St. für Produktionsstoffe und 1/5 = 60 Pfd.St.für Arbeitslohn. Das in Arbeitslohn ausgelegte Kapital muß stets in Geldform vorgeschossen werden.Sobald das Warenprodukt zum Wertbetrag von 600 Pfd.St. in Geldform rückverwandelt, verkauft ist,können davon 480 Pfd.St. in Produktionsstoffe (in produktiven Vorrat) verwandelt werden, aber 120Pfd.St. behalten ihre Geldform, um zur Zahlung des Arbeitslohns für 6 Wochen zu dienen. Diese 120Pfd.St. sind das Minimum des zurückfließenden Kapitals von 600 Pfd.St., welches stets in der Form vonGeldkapital erneuert und ersetzt werden, und daher stets als in Geldform fungierender Teil des vorge-schoßnen Kapitals vorhanden sein muß.

Wenn nun von dem periodisch für drei Wochen freigesetzten, und ebenfalls in 240 Pfd.St. produktivenVorrat und 60 Pfd.St. Arbeitslohn spaltbaren, 300 Pfd.St. durch Verkürzung der Umlaufszeit 100 Pfd.St.in der Form von Geldkapital ausgeschieden, ganz aus dem Mechanismus des Umschlags herausgeworfenwerden - wo kommt das Geld für diese 100 Pfd.St. Geldkapital her? Nur zum fünften Teil bestehn sie ausperiodisch innerhalb der Umschläge freigesetztem Geldkapital. Aber 4/5 = 80 Pfd.St. sind bereits ersetztdurch zuschüssigen Produktionsvorrat zu demselben Wert. In welcher Weise wird dieser zuschüssigeProduktionsvorrat in Geld verwandelt, und wo kommt das Geld zu diesem Umsatz her?

Ist die Verkürzung der Umlaufszeit einmal eingetreten, so werden von den obigen 600 Pfd.St. statt 480Pfd.St. nur 400 Pfd.St. in Produktionsvorrat rückverwandelt. Die übrigen 80 Pfd.St. werden in ihrer Geld-form festgehalten und bilden mit den obigen 20 Pfd.St. für Arbeitslohn die 100 Pfd.St. ausgeschiednesKapital. Obgleich diese 100 Pfd.St. vermittelst des Kaufs der 600 Pfd.St. Warenkapital aus der Zirkulati-on herkommen und ihr jetzt entzogen werden, indem sie nicht wieder in Arbeitslohn und Produktionsele-menten ausgelegt werden, so ist nicht zu vergessen, daß sie in Geldform wieder in derselben Form sind,worin sie ursprünglich in die Zirkulation geworfen wurden. Anfänglich wurden 900 Pfd.St. Geld in Pro-duktionsvorrat und Arbeitslohn ausgelegt. Um denselben Produktionsprozeß auszuführen, sind jetzt nurnoch 800 Pfd.St. nötig. Die hiermit in Geld- <291> form ausgeschiednen 100 Pfd.St. bilden jetzt ein neu-es, Anlage suchendes Geldkapital, einen neuen Bestandteil des Geldmarkts. Sie befanden sich zwar peri-odisch schon früher in der Form von freigesetztem Geldkapital und von zuschüssigem Produktivkapital,aber diese latenten Zustände selbst waren Bedingung für die Ausführung, weil für die Kontinuität, desProduktionsprozesses. Jetzt sind sie nicht mehr dazu nötig und bilden deswegen neues Geldkapital undeinen Bestandteil des Geldmarkts, obgleich sie durchaus weder ein zuschüssiges Element des vorhandnengesellschaftlichen Geldvorrats bilden (denn sie existierten beim Beginn des Geschäfts und wurden durches in die Zirkulation geworfen) noch einen neuakkumulierten Schatz.

Diese 100 Pfd.St. sind jetzt in der Tat der Zirkulation entzogen, soweit sie ein Teil des vorgeschoßnenGeldkapitals sind, der nicht mehr in demselben Geschäft angewandt wird. Aber diese Entziehung ist nurmöglich, weil die Verwandlung des Warenkapitals in Geld und dieses Geldes in produktives Kapital, W´-G - W, um eine Woche beschleunigt, also auch der Umlauf des in diesem Prozeß tätigen Geldes be-schleunigt ist. Sie sind ihr entzogen, weil sie nicht mehr zum Umschlag des Kapitals X nötig.

Es ist hier angenommen, daß das vorgeschoßne Kapital seinem Anwender gehört. Wäre es geborgt, soänderte das nichts. Mit der Verkürzung der Umlaufszeit hätte er statt 900 Pfd.St. nur noch 800 Pfd.St.geborgtes Kapital nötig. 100 Pfd.St. dem Borger zurückgegeben, bilden nach wie vor 100 Pfd.St. neuesGeldkapital, nur in der Hand von Y statt in der Hand von X. Erhält ferner Kapitalist X seine Produktions-stoffe zum Wert von 480 Pfd.St. auf Kredit, so daß er nur 120 Pfd.St. in Geld für Arbeitslohn selbst vor-zuschießen hat, so würde er jetzt für 80 Pfd.St. weniger Produktionsstoffe auf Kredit zu beziehn haben,diese also überschüssiges Warenkapital für den Kredit gebenden Kapitalisten bilden, während KapitalistX 20 Pfd.St. in Geld ausgeschieden hätte.

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Der zuschüssige Produktionsvorrat ist jetzt reduziert um 1/3. Er war, als 4/5 von 300 Pfd.St., dem zuschüs-sigen Kapital II, = 240 Pfd.St., er ist jetzt nur = 160 Pfd.St.; d.h. zuschüssiger Vorrat für 2 Wochen stattfür 3. Er wird jetzt alle 2 Wochen erneuert statt alle 3, aber auch nur für 2 Wochen statt für 3. Die Einkäu-fe, z.B. auf dem Baumwollmarkt, wiederholen sich so häufiger und in kleinem Portionen. Dieselbe Porti-on Baumwolle wird dem Markt entzogen, denn die Masse des Produkts bleibt gleich. Aber die Entzie-hung verteilt sich anders in der Zeit und über mehr Zeit. Nehmen wir z.B. an, es handle sich um 3 Monateund um 2; der Jahreskonsum an Baumwolle sei 1.200 Ballen. Im ersten Fall werden verkauft:<292> 1. Januar 300 Ballen, bleiben auf

Lager900 Bal-len

1. April 300 Ballen, bleiben aufLager

600 Bal-len

1. Juli 300 Ballen, bleiben aufLager

300 Bal-len

1. Oktober 300 Ballen, bleiben aufLager

0 Ballen

Dagegen im zweiten Fall:1. Januar verkauft 200, auf

Lager1.000Ballen

1. März verkauft 200, aufLager

800 Ballen

1. Mai verkauft 200, aufLager

600 Ballen

1. Juli verkauft 200, aufLager

400 Ballen

1. Septem-ber

verkauft 200, aufLager

200 Ballen

1. Novem-ber

verkauft 200, aufLager

0 Ballen

Also fließt das in Baumwolle angelegte Geld erst einen Monat später vollständig zurück, im Novemberstatt im Oktober. Wenn also durch die Verkürzung der Umlaufszeit, und damit des Umschlags, 1/9 desvorgeschoßnen Kapitals = 100 Pfd.St. ausgeschieden wird in der Form von Geldkapital, und wenn diese100 Pfd.St. sich zusammensetzten aus 20 Pfd.St. periodisch überschüssigem Geldkapital für Zahlung desWochenlohns und aus 80 Pfd.St., die als periodisch überschüssiger Produktionsvorrat für eine Wocheexistierten - so entspricht, mit Bezug auf diese 80 Pfd.St., dem verringerten überschüssigen Produktions-vorrat auf Seite des Fabrikanten der vergrößerte Warenvorrat auf Seite des Baumwollhändlers. DieselbeBaumwolle liegt ebensoviel länger auf seinem Lager als Ware, als sie kürzer auf dem Lager des Fabri-kanten als Produktionsvorrat liegt.

Bisher nahmen wir an, die Verkürzung der Umlaufszeit im Geschäft X rühre daher, daß X seine Warerascher verkauft oder bezahlt erhält, resp. bei Kredit der Zahlungstermin verkürzt wird. Diese Verkürzungist also abgeleitet aus einer Verkürzung des Verkaufs der Ware, der Verwandlung von Warenkapital inGeldkapital, W´- G, der ersten Phase des Zirkulationsprozesses. Sie könnte auch entspringen aus derzweiten Phase G - W und daher aus gleichzeitiger Ändrung, sei es in der Arbeitsperiode, sei es in derUmlaufszeit der Kapitale Y, Z etc., die dem Kapitalisten X die Produktionselemente seines flüssigen Ka-pitals liefern.

Z.B. wenn Baumwolle, Kohle etc. bei dem alten Transport 3 Wochen auf Reisen sind von ihrem Produk-tions- oder Stapelplatz bis zum Sitz der Produktionsstätte des Kapitalisten X, so muß das Minimum desProduktionsvorrats von X bis zur Ankunft neuer Vorräte wenigstens für 3 Wochen reichen. SolangeBaumwolle und Kohle sich auf Reisen befinden, können sie nicht als Produktionsmittel dienen. Sie bildenjetzt vielmehr einen <293> Arbeitsgegenstand der Transportindustrie und des darin beschäftigten Kapitalsund in seiner Zirkulation befindliches Warenkapital für den Kohlenproduzenten oder den Baumwollen-

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verkäufer. Bei verbessertem Transport reduziere sich die Reise auf 2 Wochen. So kann der Produktions-vorrat aus einem dreiwöchentlichen sich in einen zweiwöchentlichen verwandeln. Damit wird das hierfürvorgeschoßne Zuschußkapital von 80 Pfd.St. freigesetzt und ebenso das von 20 Pfd.St. für Arbeitslohn,weil das umgeschlagne Kapital von 600 Pfd.St. eine Woche früher zurückfließt.

Andrerseits, wenn z.B. die Arbeitsperiode des Kapitals, das den Rohstoff liefert, sich verkürzt (wovonBeispiele in den vorigen Kapiteln gegeben), also auch die Möglichkeit, den Rohstoff zu erneuern, kannder produktive Vorrat sich vermindern, der Zeitraum von einer Erneuerungsperiode bis zur andern sichverkürzen.

Wenn umgekehrt die Umlaufszeit und daher die Umschlagsperiode sich verlängert, so ist Vorschuß vonzuschüssigem Kapital nötig. Aus der Tasche des Kapitalisten selbst, wenn er zuschüssiges Kapital besitzt.Dies wird dann aber in irgendeiner Form angelegt sein, als Teil des Geldmarkts; um es disponibel zu ma-chen, muß es aus der alten Form losgeschält, z.B. Aktien verkauft, Depositen entzogen werden, so daßauch hier indirekte Wirkung auf den Geldmarkt eintritt. Oder er muß es aufnehmen. Was den für Ar-beitslohn nötigen Teil des zuschüssigen Kapitals betrifft, so ist er unter normalen Umständen stets alsGeldkapital vorzuschießen, und hierfür übt der Kapitalist X seinen Anteil direkten Drucks auf den Geld-markt aus. Für den in Produktionsstoffen anzulegenden Teil ist dies nur dann unerläßlich, wenn er sie barzahlen muß. Kann er sie auf Kredit erhalten, so übt dies keinen direkten Einfluß auf den Geldmarkt, dadas zuschüssige Kapital dann direkt als Produktionsvorrat und nicht in erster Instanz als Geldkapital vor-geschossen wird. Sofern sein Kreditgeber etwa den von X erhaltnen Wechsel wieder direkt auf denGeldmarkt wirft, ihn diskontieren läßt etc., würde dies indirekt, durch zweite Hand auf den Geldmarktwirken. Benutzt er aber diesen Wechsel, um damit z.B. eine später abzutragende Schuld zu decken, sowirkt dies zuschüssig vorgeschoßne Kapital weder direkt noch indirekt auf den Geldmarkt.

II. Fall. Preiswechsel der Produktionsstoffe, alle andren Umstände unverändert.

Wir nahmen eben an, daß das Gesamtkapital von 900 Pfd.St. ausgelegt wird zu = 720 Pfd.St. in Produkti-onsstoffen und zu 1/5 = 180 Pfd.St. in Arbeitslohn.

<294> Fallen die Produktionsstoffe um die Hälfte, so erfordern sie für die sechswöchentliche Arbeitspe-riode nur 240 Pfd.St. statt 480 Pfd.St., und für das Zusatzkapital Nr. II nur 120 Pfd.St. statt 240 Pfd.St.Kapital I wird also reduziert von 600 Pfd.St. auf 240 + 120 = 360 Pfd.St. und Kapital II von 300 Pfd.St.auf 120 + 60 = 180 Pfd.St. Das Gesamtkapital von 900 Pfd.St. auf 360 + 180 = 540 Pfd.St. Es werdenalso ausgeschieden 360 Pfd.St.

Dies ausgeschiedne und jetzt unbeschäftigte, daher auf dem Geldmarkt Anlage suchende Kapital, Geld-kapital, ist nichts als ein Stück des ursprünglich als Geldkapital vorgeschoßnen Kapitals von 900 Pfd.St.,das durch den Preisfall der Produktionselemente, worin es periodisch rückverwandelt, überflüssig gewor-den ist, soll das Geschäft nicht erweitert, sondern auf der alten Stufenleiter fortgesetzt werden. Wäre die-ser Preisfall nicht zufälligen Umständen geschuldet (besonders reicher Ernte, Überzufuhr etc.), sonderneiner Vermehrung der Produktivkraft in dem Zweig, der den Rohstoff liefert, so wäre dies Geldkapital einabsoluter Zuschuß zum Geldmarkt, überhaupt zu dem in der Form von Geldkapital disponiblen Kapital,weil es keinen integrierenden Bestandteil des bereits angewandten Kapitals mehr bildete.

III. Fall. Preiswechsel im Marktpreis des Produkts selbst.

Hier geht bei Fall des Preises ein Teil des Kapitals verloren und muß daher durch neuen Vorschuß vonGeldkapital ersetzt werden. Dieser Verlust des Verkäufers mag wiedergewonnen werden durch den Käu-fer. Direkt, wenn das Produkt nur durch zufällige Konjunkturen in seinem Marktpreis gefallen und nach-her wieder auf seinen normalen Preis steigt. Indirekt, wenn der Preiswechsel durch Wertwechsel hervor-gebracht ist, der auf das alte Produkt reagiert, und wenn dies Produkt wieder als Produktionselement ineine andre Produktionssphäre eingeht und hier pro tanto Kapital freisetzt. In beiden Fällen kann das für X

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verlorne Kapital, für dessen Ersatz er auf den Geldmarkt drückt, von seinen Geschäftsfreunden als neueszuschüssiges Kapital zugeführt sein. Es findet dann nur Übertragung statt.

Steigt umgekehrt der Preis des Produkts, so wird ein Kapitalteil, der nicht vorgeschossen war, aus derZirkulation angeeignet. Es ist kein organischer Teil des im Produktionsprozeß vorgeschoßnen Kapitalsund bildet daher, wenn die Produktion nicht ausgedehnt wird, ausgeschiednes Geldkapital. Da hier ange-nommen, daß die Preise der Elemente des Produkts gegeben waren, bevor es als Warenkapital auf denMarkt trat, so könnte hier ein wirklicher Wertwechsel die Preiserhöhung verursacht haben, soweit er re-troaktiv wirkte, z.B. die Rohmaterialien nachträglich gestiegen wären. In diesem Falle gewänne der Ka-pitalist X an seinem als Warenkapital zirku- <295> lierenden Produkt und an seinem vorhandnen Pro-duktionsvorrat. Dieser Gewinn würde ihm ein Zuschußkapital liefern, das bei den neuen, erhöhten Preisender Produktionselemente zum Fortbetrieb seines Geschäfts jetzt nötig wird.

Oder aber die Preiserhöhung ist nur vorübergehend. Was dann auf Seite des Kapitalisten X als zuschüssi-ges Kapital nötig wird, fällt auf andrer Seite als freigesetztes aus, soweit sein Produkt ein Produktion-selement für andre Geschäftszweige bildet. Was der eine verloren, hat der andre gewonnen.

Fußnoten

(31) Die in das zweite Umschlagsjahr fallenden Wochen sind in Klammern gesetzt.

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Der Umschlag des variablen Kapitals

I. Die Jahresrate des Mehrwerts

<296> Unterstellen wir ein zirkulierendes Kapital von 2.500 Pfd.St., und zwar = 2.000 Pfd.St. konstantesKapital (Produktionsstoffe) und 1/5 = 500 Pfd.St. variables, in Arbeitslohn ausgelegtes Kapital.

Die Umschlagsperiode sei = 5 Wochen; die Arbeitsperiode = 4 Wochen, die Zirkulationsperiode = 1 Wo-che. Dann ist Kapital I = 2.000 Pfd.St., bestehend aus 1.600 Pfd.St. konstantem Kapital und 400 Pfd.St.variablem Kapital; Kapital II = 500 Pfd.St., davon 400 Pfd.St. konstant und 100 Pfd.St. variabel. In jederArbeitswoche wird ein Kapital von 500 Pfd.St. ausgelegt. In einem Jahr von 50 Wochen wird ein Jahre-sprodukt von 50 * 500 = 25.000 Pfd.St. hergestellt. Das beständig in einer Arbeitsperiode angewandteKapital I von 2.000 Pfd.St. schlägt also 121/2mal um. 121/2 * 2.000 = 25.000 Pfd.St. Von diesen 25.000Pfd.St. sind 4/5 = 20.000 Pfd.St. konstantes, in Produktionsmitteln ausgelegtes Kapital und 1/5 = 5000Pfd.St. variables, in Arbeitslohn ausgelegtes Kapital. Dagegen schlägt das Gesamtkapital von 2.500Pfd.St. 25.000/2.500 = 10mal um.

Das während der Produktion verausgabte variable zirkulierende Kapital kann nur von neuem im Zirkula-tionsprozeß dienen, soweit das Produkt, worin sein Wert reproduziert ist, verkauft, aus Warenkapital inGeldkapital verwandelt ist, um von neuem in Zahlung von Arbeitskraft ausgelegt zu werden. Aber ebensoverhält es sich mit dem in der Produktion ausgelegten konstanten zirkulierenden Kapital (den Produkti-onsstoffen), deren Wert als Wertteil im Produkt wieder erscheint. Was diese beiden Teile - der variableund der konstante Teil des zirkulierenden Kapitals - gemein haben, und was sie unterscheidet vom fixenKapital, ist nicht, daß ihr auf das Produkt übertragner Wert durch das Warenkapital zirkuliert wird, d.h.durch die Zirkulation des Produkts als Ware zirkuliert. Ein Wertteil des Produkts, <297> und daher desals Ware zirkulierenden Produkts, des Warenkapitals, besteht immer aus dem Verschleiß des fixen Kapi-tals oder dem Wertteil des fixen Kapitals, den es während der Produktion auf das Produkt übertragen hat.Aber der Unterschied ist: Das fixe Kapital fährt fort, in seiner alten Gebrauchsgestalt im Produktionspro-zeß zu fungieren während eines längern oder kürzern Zyklus von Umschlagsperioden des zirkulierendenKapitals (= zirkulierendem konstantem + zirkulierendem variablem Kapital); während jeder einzelne Um-schlag den Ersatz des gesamten, aus der Produktionssphäre - in der Gestalt von Warenkapital - in die Zir-kulationssphäre eingetretnen zirkulierenden Kapitals zur Bedingung hat. Die erste Phase der ZirkulationW´- G´ haben flüssiges konstantes und flüssiges variables Kapital gemein. In der zweiten Phase trennensie sich. Das Geld, worin die Ware rückverwandelt ist, wird zu einem Teil in Produktionsvorrat umgesetzt(zirkulierendes konstantes Kapital). Je nach den verschiednen Kaufterminen der Bestandteile desselbenmag ein Teil früher, der andre später aus Geld in Produktionsstoffe umgesetzt werden, schließlich abergeht er ganz darin auf. Ein andrer Teil des aus dem Verkauf der Ware gelösten Geldes bleibt liegen alsGeldvorrat, um nach und nach in Zahlung der dem Produktionsprozeß einverleibten Arbeitskraft veraus-gabt zu werden. Er bildet das zirkulierende variable Kapital. Nichtsdestoweniger kommt der ganze Ersatzdes einen oder andern Teils jedesmal aus dem Umschlag des Kapitals, seiner Verwandlung in Produkt,aus Produkt in Ware, aus Ware in Geld her. Dies ist der Grund, warum im vorigen Kapitel, ohne Rück-sicht auf das fixe Kapital, der Umschlag des zirkulierenden Kapitals - konstanten und variablen - beson-ders und gemeinsam behandelt worden ist.

Für die Frage, die wir jetzt zu behandeln haben, müssen wir einen Schritt weiter gehn und den variablenTeil des zirkulierenden Kapitals so behandeln, als oh er ausschließlich das zirkulierende Kapital bilde.D.h., wir sehn ab von dem konstanten zirkulierenden Kapital, das zusammen mit ihm umschlägt.

Es sind vorgeschossen 2.500 Pfd.St., und der Wert des Jahresprodukts ist 25.000 Pfd.St. Aber der variableTeil des zirkulierenden Kapitals ist 500 Pfd.St.; daher das in 25.000 Pfd.St. enthaltne variable Kapital

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gleich 25.000/5 = 5.000 Pfd.St. Dividieren wir die 5.000 Pfd.St. durch 500, so erhalten wir die Umschlags-zahl 10, ganz wie beim Gesamtkapital von 2.500 Pfd.St.

Diese Durchschnittsrechnung, wonach der Wert des Jahresprodukts dividiert wird durch den Wert desvorgeschoßnen Kapitals und nicht durch <298> den Wert des beständig in einer Arbeitsperiode ange-wandten Teils dieses Kapitals (also hier nicht durch 400, sondern 500, nicht durch Kapital I, sonderndurch Kapital I + Kapital II) ist hier, wo es sich nur um Produktion des Mehrwerts handelt, absolut exakt.Man wird später sehn, daß sie unter andrem Gesichtspunkt nicht ganz exakt ist, wie überhaupt dieseDurchschnittsrechnung nicht ganz exakt ist. D.h., sie genügt für die praktischen Zwecke des Kapitalisten,aber sie drückt nicht alle realen Umstände des Umschlags exakt oder angemessen aus.

Wir haben bisher von einem Wertteil des Warenkapitals ganz abgesehn, nämlich von dem in ihm stek-kenden Mehrwert, der während des Produktionsprozesses produziert und dem Produkt einverleibt wordenist. Hierauf haben wir jetzt unser Augenmerk zu richten.

Gesetzt, das wöchentlich ausgelegte variable Kapital von 100 Pfd.St. produziert einen Mehrwert von100% = 100 Pfd.St., so produziert das in der Umschlagsperiode von 5 Wochen ausgelegte variable Kapi-tal von 500 Pfd.St. einen Mehrwert von 500 Pfd.St., d.h. eine Hälfte des Arbeitstags besteht aus Mehrar-beit.

Wenn aber 500 Pfd.St. variables Kapital 500 Pfd.St., so produzieren 5.000 einen Mehrwert von 10 * 500= 5.000 Pfd.St. Das vorgeschoßne variable Kapital ist aber 500 Pfd.St. Das Verhältnis der während desJahres produzierten Gesamtmasse von Mehrwert zu der Wertsumme des vorgeschoßnen variablen Kapi-tals nennen wir die Jahresrate des Mehrwerts. Diese ist also im vorliegenden Fall = 5.000/500 = 1000%.Analysieren wir diese Rate näher, so zeigt sich, daß sie gleich ist der Rate des Mehrwerts, die das vorge-schoßne variable Kapital während einer Umschlagsperiode produziert, multipliziert mit der Anzahl derUmschläge des variablen Kapitals (die mit der Anzahl der Umschläge des ganzen zirkulierenden Kapitalszusammenfällt).

Das während einer Umschlagsperiode vorgeschoßne variable Kapital ist im vorliegenden Fall = 500Pfd.St.; der darin erzeugte Mehrwert ebenfalls = 500 Pfd.St. Die Rate des Mehrwerts während einer Um-schlagsperiode ist daher = 500m/500v = 100%. Diese 100% multipliziert mit 10, der Anzahl der Umschlägeim Jahr, gibt 5.000m/500v = 1.000%.

Dies gilt für die Jahresrate des Mehrwerts. Was aber die Masse des Mehrwerts anbetrifft, die währendeiner bestimmten Umschlagsperiode erzielt wird, so ist diese Masse gleich dem Wert des während dieserPeriode vorgeschoßnen variablen Kapitals, hier = 500 Pfd.St., multipliziert mit der Rate des Mehrwerts,hier also 500 * 100/100 = 500 * 1 = 500 Pfd.St. Wäre das <299> vorgeschoßne Kapital = 1.500 Pfd.St. beigleicher Rate des Mehrwerts, so die Masse des Mehrwerts = 1.500 * 100/100 = 1.500 Pfd.St.

Das variable Kapital von 500 Pfd.St., welches zehnmal im Jahr umschlägt, innerhalb des Jahres einenMehrwert von 5.000 Pfd.St. produziert, für welches die Jahresrate des Mehrwerts also = 1.000% ist, wol-len wir Kapital A nennen.

Unterstellen wir nun, daß ein andres variables Kapital B von 5.000 Pfd.St. für ein ganzes Jahr (d.h. hierfür 50 Wochen) vorgeschossen wird, und daher nur einmal im Jahr umschlägt. Wir unterstellen dabeiferner, daß Ende des Jahres das Produkt am selben Tag bezahlt wird, wo es fertig, also das Geldkapital,worin es verwandelt, am selben Tag zurückfließt. Die Zirkulationsperiode ist also hier = 0, die Um-schlagsperiode = der Arbeitsperiode, nämlich = 1 Jahr. Wie im vorigen Fall befindet sich im Arbeitspro-zeß jede Woche ein variables Kapital von 100 Pfd.St., daher in 50 Wochen von 5.000 Pfd.St. Die Rate desMehrwerts sei ferner dieselbe = 100%, d.h. bei gleicher Länge des Arbeitstags bestehe die Hälfte ausMehrarbeit. Betrachten wir 5 Wochen, so ist das angelegte variable Kapital = 500 Pfd.St., Rate desMehrwerts = 100%, die während der 5 Wochen erzeugte Masse des Mehrwerts also = 500 Pfd.St. Die

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Masse der Arbeitskraft, die hier exploitiert wird, und der Exploitationsgrad derselben, sind hier nach derVoraussetzung exakt gleich denen von Kapital A.

In je einer Woche erzeugt das angelegte variable Kapital von 100 Pfd.St. einen Mehrwert von 100 Pfd.St.,in 50 Wochen daher das angelegte Kapital von 50 * 100 = 5.000 Pfd.St., einen Mehrwert von 5.000Pfd.St. Die Masse des jährlich produzierten Mehrwerts ist dieselbe wie im vorigen Fall = 5.000 Pfd.St.,aber die Jahresrate des Mehrwerts ist durchaus verschieden. Sie ist gleich dem während des Jahres produ-zierten Mehrwert, dividiert durch das vorgeschoßne variable Kapital: 5.000m/5.000v = 100%, während sievorher für Kapital A = 1.000% war.

Bei Kapital A wie bei Kapital B haben wir wöchentlich 100 Pfd.St. variables Kapital verausgabt; derVerwertungsgrad oder die Rate des Mehrwerts ist ebenso dieselbe = 100%; die Größe des variablen Ka-pitals ist auch dieselbe = 100 Pfd.St. Es wird dieselbe Masse Arbeitskraft exploitiert, die Größe und derGrad der Exploitation sind in beiden Fällen dieselben, die Arbeitstage sind gleich, und gleich geteilt innotwendige Arbeit und Mehrarbeit. Die während des Jahres angewandte variable Kapitalsumme ist gleichgroß, = 5.000 Pfd.St., setzt dieselbe Masse von Arbeit in Bewegung und extrahiert aus der von den beidengleichen Kapitalen in Bewegung ge- <300> setzten Arbeitskraft dieselbe Masse Mehrwert, 5.000 Pfd.St.Dennoch ist in der Jahresrate des Mehrwerts von A und B eine Differenz von 900%,

Dies Phänomen sieht allerdings danach aus, als hinge die Rate des Mehrwerts nicht nur ab von der Masseund dem Exploitationsgrad der vom variablen Kapital in Bewegung gesetzten Arbeitskraft, sondern au-ßerdem von, aus dem Zirkulationsprozeß entspringenden, unerklärlichen Einflüssen; und in der Tat istdies Phänomen so gedeutet worden und hat, wenn auch nicht in dieser seiner reinen, sondern in seinerkomplizierteren und versteckteren Form (der der jährlichen Profitrate) eine völlige Deroute in der Ricar-doschen Schule seit Anfang der 20er Jahre hervorgerufen.

Das Wunderliche des Phänomens verschwindet sofort, wenn wir nicht nur scheinbar, sondern wirklichKapital A und Kapital B unter exakt dieselben Umstände stellen. Dieselben Umstände finden nur statt,wenn das variable Kapital B in demselben Zeitraum seinem ganzen Umfang nach zur Zahlung von Ar-beitskraft verausgabt wird wie Kapital A.

Die 5.000 Pfd.St. Kapital B werden dann ausgelegt in 5 Wochen, per Woche 1.000 Pfd.St. gibt für dasJahr eine Auslage von 50.000 Pfd.St. Der Mehrwert ist dann ebenfalls unter unserer Voraussetzung =50.000 Pfd.St. Das umgeschlagne Kapital = 50.000 Pfd.St., dividiert durch das vorgeschoßne Kapital =5.000 Pfd.St. ergibt die Anzahl der Umschläge = 10. Die Rate des Mehrwerts = 5.000m/5.000v = 100%,multipliziert mit der Zahl der Umschläge = 10, ergibt die Jahresrate des Mehrwerts = 50.000m/5000v = 10/1= 1.000%. Jetzt sind also die Jahresraten des Mehrwerts für A und B gleich, nämlich 1.000%, aber dieMassen des Mehrwerts sind: für B 50.000 Pfd.St., für A 5.000 Pfd.St.; die Massen des produziertenMehrwerts verhalten sich jetzt wie die vorgeschoßnen Kapitalwerte B und A, nämlich wie 5.000 : 500 =10 : 1. Dafür hat aber auch Kapital B zehnmal soviel Arbeitskraft in derselben Zeit in Bewegung gesetztwie Kapital A.

Es ist nur das im Arbeitsprozeß wirklich angewandte Kapital, welches den Mehrwert erzeugt und für wel-ches alle über den Mehrwert gegebnen Gesetze gelten, also auch das Gesetz, daß bei gegebner Rate dieMasse des Mehrwerts durch die relative Größe des variablen Kapitals bestimmt ist. <Siehe Band 23, S.321 - 330>

Der Arbeitsprozeß selbst ist gemessen durch die Zeit. Länge des Arbeitstags gegeben (wie hier, wo wiralle Umstände zwischen Kapital A und Kapital B gleichsetzen, um die Differenz in der Jahresrate desMehrwerts in klares Licht zu stellen), besteht die Arbeitswoche aus bestimmter Zahl <301> Arbeitstage.Oder wir können irgendeine Arbeitsperiode, z.B. hier fünfwöchentliche, als einen einzigen Arbeitstag,von 300 Stunden z.B., betrachten, wenn der Arbeitstag = 10 Stunden und die Woche = 6 Arbeitstagen.Ferner aber müssen wir diese Zahl multiplizieren mit der Anzahl der Arbeiter, die jeden Tag gleichzeitig

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in demselben Arbeitsprozesse gemeinsam angewandt werden. Wäre diese Zahl z.B. 10, so der Wochen-betrag = 60 * 10 = 600 Stunden und eine fünfwöchentliche Arbeitsperiode = 600 * 5 = 3000 Stunden.Gleichgroße variable Kapitale sind also angewandt bei gleichgroßer Rate des Mehrwerts und bei gleicherLange des Arbeitstags, wenn gleichgroße Massen Arbeitskraft (eine Arbeitskraft vom selben Preis mult i-pliziert mit derselben Anzahl) in demselben Zeittermin in Bewegung gesetzt werden.

Kehren wir nun zu unsern ursprünglichen Beispielen zurück. In beiden Fällen A und B werden gleichgro-ße variable Kapitale, 100 Pfd.St. per Woche, während jeder Woche des Jahres angewandt. Die ange-wandten, im Arbeitsprozeß wirklich fungierenden variablen Kapitale sind daher gleich, aber die vorge-schoßnen variablen Kapitale sind durchaus ungleich. Sub A sind für je 5 Wochen 500 Pfd.St. vorgeschos-sen, von denen in jeder Woche 100 Pfd.St. angewandt werden. Sub B sind für die erste fünfwöchentlichePeriode 5.000 Pfd.St. vorzuschießen, von denen aber nur 100 Pfd.St. per Woche, in den 5 Wochen dahernur 500 Pfd.St. = 1/10 des vorgeschoßnen Kapital angewandt werden. In der zweiten fünfwöchentlichenPeriode sind 4.500 Pfd.St. vorzuschießen, aber nur 500 Pfd.St. angewandt usw. Das für eine bestimmteZeitperiode vorgeschoßne variable Kapital verwandelt sich nur in angewandtes, also wirklich fungieren-des und wirkendes variables Kapital in dem Maß, wie es wirklich in die vom Arbeitsprozeß erfüllten Ab-schnitte jener Zeitperiode eintritt, im Arbeitsprozeß wirklich fungiert. In der Zwischenzeit, worin ein Teildavon vorgeschossen ist, um erst in einem spätern Zeitabschnitt angewandt zu werden, ist dieser Teil sogut wie nicht vorhanden für den Arbeitsprozeß und hat daher keinen Einfluß weder auf Wert- nochMehrwertbildung. Z.B. beim Kapital A von 500 Pfd.St. Es ist für 5 Wochen vorgeschossen, aber jedeWoche gehn nur 100 Pfd.St. davon sukzessiv in den Arbeitsprozeß ein. In der ersten Woche wird 1/5 da-von angewandt; 4/5 sind vorgeschossen, ohne angewandt zu werden, obgleich sie für die Arbeitsprozesseder 4 folgenden Wochen vorrätig und daher vorgeschossen sein müssen.

Die Umstände, welche das Verhältnis zwischen dem vorgeschoßnen und angewandten variablen Kapitaldifferenzieren, wirken auf die Produktion von Mehrwert - bei gegebner Rate des Mehrwerts - nur insofernund <302> nur dadurch ein, daß sie das Quantum variablen Kapitals differenzieren, welches in einer be-stimmten Zeitperiode, z.B. in 1 Woche, 5 Wochen etc., wirklich angewandt werden kann. Das vorge-schoßne variable Kapital fungiert nur als variables Kapital, soweit wie und während der Zeit, worin eswirklich angewandt wird; nicht während der Zeit, worin es vorrätig vorgeschossen bleibt, ohne ange-wandt zu werden. Alle Umstände aber, welche das Verhältnis zwischen vorgeschoßnem und angewand-tem variablem Kapital differenzieren, fassen sich zusammen in der Differenz der Umschlagsperioden(bestimmt durch Differenz, sei es der Arbeitsperiode, sei es der Zirkulationsperiode, sei es beider). DasGesetz der Mehrwertsproduktion ist, daß bei gleicher Rate des Mehrwerts gleiche Massen von fungieren-dem variablem Kapital gleiche Massen Mehrwert erzeugen. Werden also von den Kapitalen A und B ingleichen Zeitabschnitten bei gleicher Mehrwertsrate gleiche Massen variables Kapital angewandt, somüssen sie in denselben Zeiträumen gleiche Massen Mehrwert erzeugen, wie verschieden immer dasVerhältnis dieses in bestimmtem Zeitraum angewandten variablen Kapitals zu dem während desselbenZeitraums vorgeschoßnen variablen Kapital sei, wie verschieden daher auch das Verhältnis der erzeugtenMehrwertmassen, nicht zu dem angewandten, sondern zu dem überhaupt vorgeschoßnen variablen Kapi-tal sei. Die Verschiedenheit dieses Verhältnisses, statt den über die Produktion des Mehrwerts entwickel-ten Gesetzen zu widersprechen, bestätigt sie vielmehr und ist eine unerläßliche Konsequenz derselben.

Betrachten wir den ersten fünfwöchentlichen Produktionsabschnitt von Kapital B. Ende der 5. Wochesind 500 Pfd.St. angewandt und aufgezehrt. Das Wertprodukt ist = 1.000 Pfd.St., also 500m/500v = 100%.Ganz wie bei Kapital A. Daß bei Kapital A der Mehrwert nebst dem vorgeschoßnen Kapital realisiert ist,bei B nicht, geht uns hier noch nichts an, wo es sich nur noch um die Produktion des Mehrwerts und umsein Verhältnis zu dem während seiner Produktion vorgeschoßnen variablen Kapital handelt. Berechnenwir dagegen das Verhältnis des Mehrwerts in B nicht zu dem während seiner Produktion angewandtenund daher aufgezehrten Teil des vorgeschoßnen Kapitals von 5.000 Pfd.St., sondern zu diesem vorge-schoßnen Gesamtkapital selbst, so erhalten wir 500m/5.000v = 1/10 = 10%. Also für Kapital B 10% und fürKapital A 100%, d.h. zehnmal mehr. Würde hier gesagt: Diese Differenz in der Rate des Mehrwerts fürgleichgroße Kapital., die ein gleiches Quantum Arbeit in Bewegung gesetzt haben, und zwar Arbeit, die

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sich zu gleichen Teilen in bezahlte und unbezahlte Arbeit <303> scheidet, widerspricht den Gesetzen überdie Produktion des Mehrwerts - so wäre die Antwort einfach - und durch den bloßen Anblick der fakti-schen Verhältnisse gegeben: Sub A drückt ihr die wirkliche Rate des Mehrwerts aus, d.h. das Verhältnisdes während 5 Wochen von einem variablen Kapital von 500 Pfd.St. produzierten Mehrwerts zu diesemvariablen Kapital von 500 Pfd.St. Sub B dagegen wird in einer Art gerechnet, die nichts zu tun hat wedermit der Produktion des Mehrwerts, noch mit der ihr entsprechenden Bestimmung der Rate des Mehrwerts.Die 500 Pfd.St. Mehrwert, die mit einem variablen Kapital von 500 Pfd.St. produziert worden sind, wer-den nämlich nicht berechnet mit Bezug auf die 500 Pfd.St. variables Kapital, das während ihrer Produkti-on vorgeschossen wird, sondern auf ein Kapital von 5.000 Pfd.St., wovon 9/10, 4.500 Pfd.St., mit derProduktion dieses Mehrwerts von 500 Pfd.St. gar nichts zu tun haben, vielmehr erst allmählich im Ver-lauf der folgenden 45 Wochen fungieren sollen, also gar nicht existieren für die Produktion der ersten 5Wochen, um die es sich hier allein handelt. In diesem Fall also bildet die Differenz in der Rate des Mehr-werts von A und B gar kein Problem.

Vergleichen wir nun die Jahresraten des Mehrwerts für die Kapitale B und A. Für Kapital B haben wir5.000m/5.000v = 100%; für Kapital A 5.000m/500v = 1000%. Aber das Verhältnis der Mehrwertsraten ist das-selbe wie vorher. Dort hatten wir:

Rate des Mehrwerts von Kapital B/Rate des Mehrwerts von Kapital A = 10%/100%, jetzt haben wir:

Jahresrate des Mehrwerts von Kapital B/Jahresrate des Mehrwerts von Kapital A = 100%/1.000%,

aber 10%/100% = 100%/1.000% also dasselbe Verhältnis wie oben.

Jedoch hat sich das Problem jetzt umgedreht. Die Jahresrate des Kapitals B: 5.000m/5.000v = 100% bietetdurchaus keine Abweichung - auch nicht mehr den Schein einer Abweichung - von den uns bekanntenGesetzen über die Produktion und die ihr entsprechende Rate des Mehrwerts dar. Es sind 5.000, währenddes Jahres vorgeschossen und produktiv konsumiert worden, sie haben 5.000m produziert. Die Rate desMehrwerts ist also der obige Bruch 5.000m/5.000v = 100%. Die Jahresrate stimmt mit der wirklichen Ratedes Mehrwerts. Es ist also diesmal nicht, wie vorher, Kapital B, sondern Kapital A, das die Anomaliedarbietet, die zu erklären ist.

Wir haben hier die Rate des Mehrwerts 5.000m/500v = 1.000%. Aber wenn im ersten Fall 500m, das Pro-dukt von 5 Wochen, berechnet wurde auf ein vorgeschoßnes Kapital von 5.000 Pfd.St., wovon 9/10 nichtin seiner Produk- <304> tion verwandt waren, so jetzt 5.000m berechnet auf 500v, d.h. nur 1/10 des va-riablen Kapitals, das wirklich in der Produktion von 5.000m verwandt worden; denn die 5.000m sind dasProdukt eines während 50 Wochen produktiv konsumierten variablen Kapitals von 5.000, nicht eineswährend einer einzigen fünfwöchentlichen Periode verbrauchten Kapitals von 500 Pfd.St. Im ersten Fallwurde der während 5 Wochen produzierte Mehrwert berechnet auf ein Kapital, das für 50 Wochen vorge-schossen ist, also zehnmal größer als das während der 5 Wochen verbrauchte. Jetzt wird der während 50Wochen produzierte Mehrwert berechnet auf ein Kapital, das für 5 Wochen vorgeschossen, also zehnmalkleiner ist, als das während der 50 Wochen verbrauchte.

Das Kapital A von 500 Pfd.St. wird nie länger als für 5 Wochen vorgeschossen. Am Ende derselben ist eszurückgeflossen und kann denselben Prozeß im Lauf des Jahres durch zehnmaligen Umschlag 10malerneuern. Es folgt daraus zweierlei.

Erstens: Das sub A vorgeschoßne Kapital ist nur fünfmal größer als der beständig im Produktionsprozeßeiner Woche angewandte Kapitalteil. Kapital B dagegen, das nur einmal in 50 Wochen umschlägt, alsoauch für 50 Wochen vorgeschossen sein muß, ist 50mal größer als der Teil desselben, der beständig ineiner Woche angewandt werden kann. Der Umschlag modifiziert daher das Verhältnis zwischen dem fürden Produktionsprozeß während des Jahres vorgeschoßnen und dem für eine bestimmte Produktionsperi-ode, z.B. Woche, beständig anwendbaren Kapital. Und dies gibt uns den ersten Fall, wo der Mehrwert

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von 5 Wochen nicht auf das während dieser 5 Wochen angewandte Kapital berechnet wird, sondern aufdas während 50 Wochen angewandte, zehnmal größre.

Zweitens: Die Umschlagsperiode des Kapitals A von 5 Wochen bildet nur 1/10 des Jahres, das Jahr um-faßt daher 10 solcher Umschlagsperioden, in welchen Kapital A von 500 Pfd.St. stets von neuem ange-wandt wird. Das angewandte Kapital ist hier gleich dem für 5 Wochen vorgeschoßnen Kapital, multipli-ziert mit der Zahl der Umschlagsperioden im Jahr. Das während des Jahres angewandte Kapital ist = 500* 10 = 5.000 Pfd.St. Das während des Jahres vorgeschoßne Kapital = 5.000/10 = 500 Pfd.St. In der Tat,obgleich die 500 Pfd.St. stets von neuem angewandt werden, werden nie mehr als dieselben 500 Pfd.St.alle 5 Wochen vorgeschossen. Andrerseits, bei Kapital B, werden während 5 Wochen zwar nur 500Pfd.St. angewandt und für diese 5 Wochen vorgeschossen. Aber da die Umschlagsperiode hier = 50 Wo-chen, so ist das während des Jahres angewandte Kapital gleich dem, nicht für je 5 Wochen, sondern für 50Wochen vorgeschoßnen Kapital. <305> Die jährlich produzierte Masse des Mehrwerts richtet sich aber,bei gegebner Rate des Mehrwerts, nach dem während des Jahres angewandten und nicht nach dem wäh-rend des Jahres vorgeschoßnen Kapital. Sie ist also für dies einmal umschlagende Kapital von 5.000Pfd.St. nicht größer als für das zehnmal umschlagende Kapital von 500 Pfd.St., und sie ist nur deshalb sogroß, weil das einmal im Jahr umschlagende Kapital selbst zehnmal größer ist als das zehnmal im Jahrumschlagende.

Das während des Jahres umgeschlagne variable Kapital - also der Teil des jährlichen Produkts oder auchder jährlichen Verausgabung, der gleich diesem Teil - ist das im Lauf des Jahrs wirklich angewandte,produktiv verzehrte variable Kapital. Es folgt daher, daß, wenn das jährlich umgeschlagne variable Kapi-tal A und das jährlich umgeschlagne variable Kapital B gleichgroß und sie unter gleichen Verwertungs-bedingungen angewandt sind, die Rate des Mehrwerts also für beide dieselbe ist, auch die jährlich produ-zierte Masse Mehrwert für beide dieselbe sein muß; also auch - da die angewandten Kapitalmassen die-selben - die aufs Jahr berechnete Rate des Mehrwerts, soweit sie ausgedrückt wird durch: Jährlich produzierte

Masse Mehrwert/Jährlich umgeschlagenes variables Kapital. Oder allgemein ausgedrückt: Welches immer dierelative Größe der umgeschlagnen variablen Kapitale, die Rate ihres im Jahreslauf produzierten Mehr-werts ist bestimmt durch die Rate des Mehrwerts, wozu die respektiven Kapitale in durchschnittlichenPerioden (z.B. im wöchentlichen oder auch Tagesdurchschnitt) gearbeitet haben.

Dies ist die einzige Konsequenz, welche aus den Gesetzen über die Produktion des Mehrwerts und überdie Bestimmung der Rate des Mehrwerts folgt.

Sehen wir nun weiter zu, was das Verhältnis: Jährlich umgeschlagenes Kapital/Vorgeschossenes Kapital (wobei wir,wie gesagt, nur das variable Kapital in Betracht ziehn) ausdrückt. Die Division ergibt die Anzahl der Um-schläge des in einem Jahr vorgeschoßnen Kapitals.

Für Kapital A haben wir: 5.000 Pfd.St. jährlich umgeschlagenes Kapital/500 Pfd.St. vorgeschossenes Kapital; für KapitalB: 5.000 Pfd.St. jährlich umgeschlagenes Kapital/5.000 Pfd.St. vorgeschossenes Kapital.

In beiden Verhältnissen drückt der Zähler aus das vorgeschoßne Kapital multipliziert mit der Umschlags-zahl; für A 500 * 10, für B 5.000 * 1. Oder aber multipliziert mit der umgekehrten auf ein Jahr berechne-ten Umschlagszeit. Die Umschlagszeit für A ist 1/10 Jahr; die umgekehrte Umschlagszeit ist 10/1 Jahr, also500 * 10/1 = 5.000; für B 5.000 * 1/1 = 5.000. Der Nenner <306> drückt aus das umgeschlagne Kapitalmultipliziert mit der umgekehrten Umschlagszahl; für A 5.000 * 1/10, für B 5.000 * 1/1.

Die respektiven Massen Arbeit (Summe der bezahlten und unbezahlten Arbeit), die durch die beidenjährlich umgeschlagnen variablen Kapitale in Bewegung gesetzt sind, sind hier gleich, weil die umge-schlagnen Kapitale selbst gleich sind und ihre Rate der Verwertung ebenfalls gleich.

Das Verhältnis des jährlich umgeschlagnen zum vorgeschoßnen variablen Kapital zeigt an 1. das Verhält-nis, worin das vorzuschießende Kapital zu dem in einer bestimmten Arbeitsperiode angewandten varia-

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blen Kapital steht. Ist die Umschlagszahl = 10, wie sub A, und das Jahr zu 50 Wochen angenommen, soist die Umschlagszeit = 5 Wochen. Für diese 5 Wochen muß variables Kapital vorgeschossen werden,und das für 5 Wochen vorgeschoßne Kapital muß fünfmal so groß sein, wie das während einer Wocheangewandte variable Kapital. D.h. nur 1/5 des vorgeschoßnen Kapitals (hier 500 Pfd.St.) kann im Laufeiner Woche angewandt werden. Beim Kapital B dagegen, wo die Umschlagszahl = 1/1, ist die Um-schlagszeit = 1 Jahr = 50 Wochen. Das Verhältnis des vorgeschoßnen Kapitals zum wöchentlich ange-wandten ist also 50 : 1. Wäre es für B dasselbe wie für A, so müßte B wöchentlich 1.000 Pfd.St. anlegenstatt 100. - 2. Es folgt, daß von B ein zehnmal so großes Kapital (5.000 Pfd.St.) angewandt worden ist wievon A, um dieselbe Masse variables Kapital, also auch bei gegebner Rate des Mehrwerts dieselbe MasseArbeit (bezahlte und unbezahlte) in Bewegung zu setzen, also auch dieselbe Masse Mehrwert währenddes Jahrs zu produzieren. Die wirkliche Rate des Mehrwerts drückt nichts aus als das Verhältnis des ineinem bestimmten Zeitraum angewandten variablen Kapitals zu dem in demselben Zeitraum produziertenMehrwert; oder die Masse unbezahlter Arbeit, die das während dieses Zeitraums angewandte variableKapital in Bewegung setzt. Sie hat absolut nichts zu tun mit dem Teil des variablen Kapitals, der vorge-schossen ist während der Zeit, wo er nicht angewandt wird, und daher ebensowenig zu tun mit dem fürverschiedne Kapitale durch die Umschlagsperiode modifizierten und differenzierten Verhältnis zwischenihrem während eines bestimmten Zeitraums vorgeschoßnen und ihrem während desselben Zeitraums an-gewandten Teil.

Es folgt vielmehr aus dem bereits Entwickelten, daß die Jahresrate des Mehrwerts nur in einem einzigenFall zusammenfällt mit der wirklichen Rate des Mehrwerts, die den Exploitationsgrad der Arbeit aus-drückt; wenn nämlich das vorgeschoßne Kapital nur einmal im Jahr umschlägt, daher <307> das vorge-schoßne Kapital gleich ist dem während des Jahrs umgeschlagnen Kapital, daher das Verhältnis der wäh-rend des Jahrs produzierten Mehrwertmasse zu dem behufs dieser Produktion während des Jahrs ange-wandten Kapital zusammenfällt und identisch ist mit dem Verhältnis der während des Jahrs produziertenMehrwertsmasse zu dem während des Jahrs vorgeschoßnen Kapital.

A) Die Jahresrate des Mehrwerts ist gleichMasse des während des Jahrs produzierten Mehrwerts/Vorgeschoßnes variables Kapital. Aber die Masse des während desJahrs produzierten Mehrwerts ist gleich der wirklichen Rate des Mehrwerts, multipliziert mit dem zu sei-ner Produktion angewandten variablen Kapital. Das zur Produktion der jährlichen Mehrwertsmasse an-gewandte Kapital ist gleich dem vorgeschoßnen Kapital, multipliziert mit der Anzahl seiner Umschläge,die wir n nennen wollen. Die Formel A verwandelt sich daher

B) Die Jahresrate des Mehrwerts ist gleich

Wirkliche Rate des Mehrwerts*dem vorgeschoßnen variablen Kapital*n/Vorgeschoßnes variables Kapital.

Z.B. für Kapital B = 100%*5.000*1/5.000 oder 100%. Nur wenn n = 1, d.h. wenn das vorgeschoßne variableKapital nur einmal im Jahr umschlägt, also gleich dem im Jahr angewandten oder umgeschlagnen Kapitalist, ist die Jahresrate des Mehrwerts gleich der wirklichen Rate des Mehrwerts.

Nennen wir die Jahresrate des Mehrwerts M´, die wirkliche Rate des Mehrwerts m´, das vorgeschoßnevariable Kapital v, die Umschlagszahl n, so ist: M´ = m´vn/v = m´n; also M´ = m´n, und nur = m´, wenn n =1, also M´ = m´ * 1 = m´.

Es folgt ferner: Die jährliche Rate des Mehrwerts ist immer = m´n, d.h. gleich der wirklichen Rate desMehrwerts, produziert in einer Umschlagsperiode durch das während der Periode verzehrte variable Ka-pital, multipliziert mit der Zahl der Umschläge dieses variablen Kapitals während des Jahrs, oder mult i-pliziert (was dasselbe ist) mit seiner auf das Jahr als Einheit berechneten umgekehrten Umschlagszeit.(Schlägt das variable Kapital zehnmal im Jahr um, so ist seine Umschlagszeit = 1/10 Jahr; seine umge-kehrte Umschlagszeit also = 10/1 = 10.)

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Es folgt weiter: M´ = m´, wenn n 1. M´ ist größer als m´, wenn n größer ist als 1; d.h. wenn das vorge-schoßne Kapital mehr als einmal im Jahr umschlägt, oder das umgeschlagne Kapital größer ist als dasvorgeschoßne.

Endlich, M´ ist kleiner als m´, wenn n kleiner ist als 1; d.h. wenn das <308> während des Jahrs umge-schlagne Kapital nur ein Teil des vorgeschoßnen Kapitals ist, die Umschlagsperiode also länger als einJahr dauert.

Verweilen wir einen Augenblick bei dem letzten Fall.

Wir behalten alle Voraussetzungen unsers frühern Beispiels bei, nur sei die Umschlagsperiode auf 55Wochen verlängert. Der Arbeitsprozeß erfordert wöchentlich 100 Pfd.St. variables Kapital, also 5.500Pfd.St. für die Umschlagsperiode, und produziert wöchentlich 100m; m´ ist also wie bisher 100%. DieUmschlagszahl n ist hier = 50/55 = 10/11, weil die Umschlagszeit 1 + 1/10 Jahr (das Jahr zu 50 Wochen), =11/10 Jahr.

M´ = 100% * 5.500 * 10/11/5.500 =100 * 10/11 = 1.000/11 = 9010/11%, also kleiner als 100%. In der Tat, wäre dieJahresrate des Mehrwerts 100%, so müßten 5.500v in einem Jahre produzieren 5.500m, während es dazu11/10 Jahre braucht. Die 5.500v produzieren während des Jahrs nur 5.000m, also die Jahresrate des Mehr-werts = 5.000m/5.500v = 10/11 = 9010/11%.

Die Jahresrate des Mehrwerts, oder die Vergleichung zwischen dem während des Jahrs produziertenMehrwert und dem überhaupt vorgeschoßnen variablen Kapital (im Unterschied zu dem während desJahrs umgeschlagnen variablen Kapital), ist daher keine bloß subjektive, sondern die wirkliche Bewegungdes Kapitals bringt selbst diese Gegeneinanderstellung hervor. Für den Besitzer des Kapitals A ist Endedes Jahrs sein vorgeschoßnes variables Kapital zurückgeflossen = 500 Pfd.St., und außerdem 5.000Pfd.St. Mehrwert. Nicht die Kapitalmasse, die er während des Jahrs angewandt hat, sondern die peri-odisch zu ihm zurückfließt, drückt die Größe seines vorgeschoßnen Kapitals aus. Ob das Kapital Ende desJahrs zum Teil als Produktionsvorrat, zum Teil als Waren- oder Geldkapital existiert, und in welchemVerhältnis es in diese verschiednen Portionen geteilt ist, tut nichts zur vorliegenden Frage. Für den Besit-zer des Kapitals B sind zurückgeflossen 5.000 Pfd.St., sein vorgeschoßnes Kapital, dazu 5.000 Pfd.St.Mehrwert. Für den Besitzer des Kapitals C (des zuletzt betrachteten von 5.500 Pfd.St.) sind 5.000 Pfd.St.Mehrwert während des Jahrs produziert (5.000 Pfd.St. ausgelegt und Mehrwertsrate 100%), aber seinvorgeschoßnes Kapital ist noch nicht zurückgeflossen, und ebensowenig sein produzierter Mehrwert.

M´ = m´n drückt aus, daß die während einer Umschlagsperiode für das angewandte variable Kapital gü l-tige Rate des Mehrwerts:

Während einer Umschlagsperiode erzeugte Masse von Mehrwert /Während einer Umschlagsperiode angewandtes variables Ka-pital, <309> zu multiplizieren ist mit der Anzahl der Umschlagsperioden oder der Reproduktionsperiodendes vorgeschoßnen variablen Kapitals, der Anzahl der Perioden, worin es seinen Kreislauf erneuert.

Man sah bereits Buch I, Kap. IV (Verwandlung von Geld in Kapital) und dann Buch I, Kap. XXI (Einfa-che Reproduktion), daß der Kapitalwert überhaupt vorgeschossen ist, nicht ausgegeben, indem dieserWert, nachdem er die verschiednen Phasen seines Kreislaufs durchgemacht, wieder zu seinem Ausgangs-punkt zurückkehrt, und zwar bereichert durch Mehrwert. Dies charakterisiert ihn als vorgeschoßnen. DieZeit, die verstreicht von seinem Ausgangspunkt bis zu seinem Rückkehrpunkt, ist die Zeit, wofür er vor-geschossen ist. Der ganze Kreislauf, den der Kapitalwert durchläuft, gemessen durch die Zeit von seinemVorschuß zu seinem Rückfluß, bildet seinen Umschlag und die Dauer dieses Umschlags eine Umschlags-periode. Ist diese Periode abgelaufen, der Kreislauf beendigt, so kann derselbe Kapitalwert denselbenKreislauf von neuem beginnen, also auch von neuem sich verwerten, Mehrwert erzeugen. Schlägt dasvariable Kapital, wie sub A, zehnmal im Jahre um, so wird im Lauf des Jahrs mit demselben Kapitalvor-schuß zehnmal die einer Umschlagsperiode entsprechende Masse von Mehrwert erzeugt.

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Man muß sich die Natur des Vorschusses vom Standpunkt der kapitalistischen Gesellschaft klarmachen.

Kapital A, das zehnmal umschlägt während des Jahrs, ist zehnmal während des Jahrs vorgeschossen. Esist für jede neue Umschlagsperiode neu vorgeschossen. Aber zugleich schießt A während des Jahrs niemehr als denselben Kapitalwert von 500 Pfd.St. vor und verfügt in der Tat für den von uns betrachtetenProduktionsprozeß nie über mehr als 500 Pfd.St. Sobald diese 500 Pfd.St. einen Kreislauf vollendet, läßtA sie denselben Kreislauf von neuem beginnen; wie das Kapital seiner Natur nach den Kapitalcharaktergerade nur dadurch bewahrt, daß es stets in wiederholten Produktionsprozessen als Kapital fungiert. Eswird auch nie länger vorgeschossen als für 5 Wochen. Dauert der Umschlag länger, so reicht es nicht.Verkürzt er sich, so wird ein Teil überschüssig. Es sind nicht zehn Kapitale von 500 Pfd.St. vorgeschos-sen, sondern ein Kapital von 500 Pfd.St. wird in sukzessiven Zeitabschnitten zehnmal vorgeschossen. DieJahresrate des Mehrwerts wird daher nicht auf ein zehnmal vorgeschoßnes Kapital von 500 oder auf 5.000Pfd.St. berechnet, sondern auf ein einmal vorgeschoßnes von 500 Pfd.St.; ganz wie wenn l Taler zehnmalzirkuliert, er immer nur einen einzigen in Zirkulation befindlichen Taler vorstellt, obgleich er die Funkti-on von 10 Talern verrichtet. Aber in der Hand, worin er sich bei jedem <310> Händewechsel befindet,bleibt er nach wie vor derselbe identische Wert von 1 Taler.

Ebenso zeigt das Kapital A bei seinem jedesmaligen Rückfluß und auch bei seinem Rückfluß am Endedes Jahrs, daß sein Besitzer immer nur mit demselben Kapitalwert von 500 Pfd.St. operiert. Es fließendaher in seine Hand auch jedesmal nur 500 Pfd.St. zurück. Sein vorgeschoßnes Kapital ist daher nie mehrals 500 Pfd.St. Das vorgeschoßne Kapital von 500 Pfd.St. bildet daher den Nenner des Bruchs, der dieJahresrate des Mehrwerts ausdrückt. Wir hatten dafür oben die Formel: M´= m´vn/v = m´n. Da die wirkli-che Mehrwertsrate m´ = m/v, gleich der Masse des Mehrwerts, dividiert durch das sie produziert habendevariable Kapital ist, können wir in m´n den Wert von m´, also m/v setzen, und erhalten dann die andreFormel: M´ = mn/v.

Aber durch seinen zehnmaligen Umschlag, und daher durch die zehnmalige Erneuerung seines Vorschus-ses, verrichtet das Kapital von 500 Pfd.St. die Funktion eines zehnmal größren Kapitals, eines Kapitalsvon 5.000 Pfd.St., ganz wie 500 Talerstücke, die zehnmal im Jahre umlaufen, dieselbe Funktion vollziehnwie 5.000, die nur einmal umlaufen.

II. Der Umschlag des variablen Einzelkapitals

"Welches immer die gesellschaftliche Form des Produktionsprozesses, er muß kontinuierlich sein oderperiodisch stets von neuem dieselben Stadien durchlaufen ... In seinem stetigen Zusammenhang und dembeständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zu-gleich Reproduktionsprozeß ... Als periodisches Inkrement des Kapitalwerts oder periodische Frucht desKapitals erhält der Mehrwert die Form einer aus dem Kapital entspringenden Revenue." (Buch I, Kap.XXI, S.588, 589. <Siehe Band 23, S. 591, 592>)

Wir haben 10 fünfwöchentliche Umschlagsperioden des Kapitals A; in der ersten Umschlagsperiode wer-den 500 Pfd.St. variables Kapital vorgeschossen; d.h. jede Woche werden 100 Pfd.St. in Arbeitskraft um-gesetzt, so daß am Ende der ersten Umschlagsperiode 500 Pfd.St. in Arbeitskraft verausgabt worden sind.Diese 500 Pfd.St., ursprünglich Teil des vorgeschoßnen Gesamtkapitals, haben aufgehört, Kapital zu sein.Sie sind in <311> Arbeitslohn wegbezahlt. Die Arbeiter zahlen sie ihrerseits weg in Ankauf ihrer Le-bensmittel, verzehren also Lebensmittel zum Wert von 500 Pfd.St. Eine Warenmasse zu diesem Wertbe-trag ist also vernichtet (was der Arbeiter etwa als Geld etc. aufspart, ist ebenfalls nicht Kapital). DieseWarenmasse ist unproduktiv verzehrt für den Arbeiter, außer soweit sie seine Arbeitskraft, also ein unent-behrliches Instrument des Kapitalisten, wirkungsfähig erhält. - Zweitens aber sind diese 500 Pfd.St. fürden Kapitalisten in Arbeitskraft für denselben Wert (resp. Preis) umgesetzt. Die Arbeitskraft wird von

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ihm im Arbeitsprozeß produktiv konsumiert. Am Ende der 5 Wochen ist ein Wertprodukt da von 1.000Pfd.St. Die Hälfte davon, 500 Pfd.St., ist der reproduzierte Wert des in Zahlung von Arbeitskraft veraus-gabten variablen Kapitals. Die andre Hälfte, 500 Pfd.St., ist neu produzierter Mehrwert. Aber die fünfwö-chentliche Arbeitskraft, durch Umsatz in welche ein Teil des Kapitals sich in variables Kapital verwan-delte, ist ebenfalls verausgabt, verzehrt, wenn auch produktiv. Die gestern tätige Arbeit ist nicht dieselbeArbeit, die heute tätig ist. Ihr Wert, plus dem von ihr geschaffnen Mehrwert, existiert jetzt als Wert einesvon der Arbeitskraft selbst unterschiednen Dings, des Produkts. Dadurch jedoch, daß das Produkt in Geldverwandelt wird, kann der Wertteil desselben, der gleich dem Wert des vorgeschoßnen variablen Kapitalsist, von neuem gegen Arbeitskraft umgesetzt werden und daher von neuem als variables Kapital fungie-ren. Der Umstand, daß mit dem nicht nur reproduzierten, sondern auch in Geldform rückverwandeltenKapitalwert dieselben Arbeiter, d.h. dieselben Träger der Arbeitskraft, beschäftigt werden, ist gleichgül-tig. Es ist möglich, daß der Kapitalist in der zweiten Umschlagsperiode neue Arbeiter statt der alten an-wendet.

Es wird also in der Tat in den 10 fünfwöchentlichen Umschlagsperioden sukzessive ein Kapital von 5.000Pfd.St. und nicht von 500 Pfd.St. in Arbeitslohn verausgabt, welcher Arbeitslohn wieder von den Arbei-tern in Lebensmitteln verausgabt wird. Das so vorgeschoßne Kapital von 5.000 Pfd.St. ist verzehrt. Esexistiert nicht mehr. Andrerseits wird Arbeitskraft zum Wert, nicht von 500, sondern von 5.000 Pfd.St.sukzessive dem Produktionsprozeß einverleibt und reproduziert nicht nur ihren eignen Wert = 5.000Pfd.St., sondern produziert im Überschuß einen Mehrwert von 5.000 Pfd.St. Das variable Kapital von 500Pfd.St., welches in der zweiten Umschlagsperiode vorgeschossen wird, ist nicht das identische Kapitalvon 500 Pfd.St., das in der ersten Umschlagsperiode vorgeschossen. Dies ist verzehrt, in Arbeitslohn ver-ausgabt. Aber es ist ersetzt durch ein neues variables Kapital von 500 Pfd.St., welches in der ersten Um-schlagsperiode in Warenform produ- <312> ziert und in Geldform rückverwandelt wurde. Dies neueGeldkapital von 500 Pfd.St. ist also die Geldform der in der ersten Umschlagsperiode neu produziertenWarenmasse. Der Umstand, daß sich wieder in der Hand des Kapitalisten eine identische Geldsumme von500 Pfd.St. befindet, d.h. abgesehn vom Mehrwert gerade so viel Geldkapital als er ursprünglich vor-schoß, verdeckt den Umstand, daß er mit einem neu produzierten Kapital operiert. (Was die andern Wert-bestandteile des Warenkapitals angeht, welche die konstanten Kapitalteile ersetzen, so ist ihr Wert nichtneu produziert, sondern nur die Form verändert, worin dieser Wert existiert.) - Nehmen wir die dritteUmschlagsperiode. Hier ist es augenscheinlich, daß das zum dritten Mal vorgeschoßne Kapital von 500Pfd.St. nicht ein altes, sondern ein neu produziertes Kapital ist, denn es ist die Geldform der in der zwei-ten Umschlagsperiode und nicht in der ersten Umschlagsperiode produzierten Warenmasse, d.h. des Teilsdieser Warenmasse, dessen Wert gleich dem Wert des vorgeschoßnen variablen Kapitals ist. Die in derersten Umschlagsperiode produzierte Warenmasse ist verkauft. Ihr Wertteil, der gleich dem variablenWertteil des vorgeschoßnen Kapitals, wurde in die neue Arbeitskraft der zweiten Umschlagsperiode um-gesetzt und produzierte eine neue Warenmasse, die wieder verkauft wurde und wovon ein Wertteil das inder dritten Umschlagsperiode vorgeschoßne Kapital von 500 Pfd.St. bildet.

Und so während der zehn Umschlagsperioden. Während derselben werden alle fünf Wochen neu produ-zierte Warenmassen (deren Wert, soweit er variables Kapital ersetzt, ebenfalls neu produziert ist, nichtnur wieder erscheint, wie bei dem konstanten zirkulierenden Kapitalteil) auf den Markt geworfen, umstets neue Arbeitskraft dem Produktionsprozeß einzuverleiben.

Was also durch den zehnmaligen Umschlag des vorgeschoßnen variablen Kapitals von 500 Pfd.St. er-reicht wird, ist nicht, daß dies Kapital von 500 Pfd.St. zehnmal produktiv konsumiert werden kann, oderdaß ein für 5 Wochen reichendes variables Kapital während 50 Wochen angewandt werden kann. Es wer-den vielmehr 10 * 500 Pfd.St. variables Kapital in den 50 Wochen angewandt, und das Kapital von 500Pfd.St. reicht immer nur für 5 Wochen aus und muß nach Ende der 5 Wochen durch ein neu produziertesKapital von 500 Pfd.St. ersetzt werden. Dies findet statt ebensogut für Kapital A wie für Kapital B. Aberhier beginnt der Unterschied.

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Am Ende des ersten Zeitabschnitts von 5 Wochen ist von B wie von A ein variables Kapital von 500Pfd.St. vorgeschossen und verausgabt. Von B <313> wie von A ist sein Wert in Arbeitskraft umgesetztund ersetzt worden durch den Teil des von dieser Arbeitskraft neu erzeugten Werts des Produkts, dergleich ist dem Wert des vorgeschoßnen variablen Kapitals von 500 Pfd.St. Für B wie für A hat die Ar-beitskraft nicht nur den Wert des verausgabten variablen Kapitals von 500 Pfd.St. durch einen Neuwertzum selben Betrag er setzt, sondern einen Mehrwert - und nach der Voraussetzung von derselben Größe -zugefügt.

Aber bei B befindet sich das Wertprodukt, welches das vorgeschoßne variable Kapital ersetzt und seinemWert einen Mehrwert zufügt, nicht in der Form worin es von neuem als produktives Kapital, resp. varia-bles Kapital fungieren kann. Für A befindet es sich in dieser Form. Und bis zu Ende des Jahres besitzt Bdas in den ersten 5 Wochen und dann sukzessive in je 5 Wochen verausgabte variable Kapital, obgleichersetzt durch neu produzierten Wert plus Mehrwert, nicht in der Form, worin es von neuem als produkti-ves Kapital, resp. variables Kapital fungieren kann. Sein Wert ist zwar durch einen Neuwert ersetzt, alsoerneuert, aber seine Wertform (hier die absolute Wertform, seine Geldform) ist nicht erneuert.

Für den zweiten Zeitraum von 5 Wochen (und so sukzessive für je 5 Wochen während des Jahrs) müssenalso ebensowohl fernere 500 Pfd.St. vorrätig sein, wie für den ersten Zeitraum. Also müssen, von Kredit-verhältnissen abgesehn, am Anfang des Jahrs 5.000 Pfd.St. vorrätig, als latentes vorgeschoßnes Geldka-pital da sein, obgleich sie erst während des Jahrs nach und nach wirklich verausgabt, in Arbeitskraft um-gesetzt werden.

Bei A dagegen, weil der Kreislauf, der Umschlag des vorgeschoßnen Kapitals vollendet, befindet sich derWertersatz schon nach Ablauf der ersten 5 Wochen in der Form, worin er neue Arbeitskraft für 5 Wochenin Bewegung setzen kann: in seiner ursprünglichen Geldform.

Sub A wie sub B wird in der zweiten Periode von 5 Wochen neue Arbeitskraft verzehrt und ein neuesKapital von 500 Pfd.St. in Zahlung dieser Arbeitskraft verausgabt. Die mit den ersten 500 Pfd.St. bezahl-ten Lebensmittel der Arbeiter sind weg, in allen Fällen ist der Wert dafür verschwunden aus der Hand desKapitalisten. Mit den zweiten 500 Pfd.St. wird neue Arbeitskraft gekauft, neue Lebensmittel dem Marktentzogen. Kurz, es wird ein neues Kapital von 500 Pfd.St. verausgabt, nicht das alte. Aber sub A ist diesneue Kapital von 500 Pfd.St. die Geldform des neu produzierten Wertersatzes der früher verausgabten500 Pfd. Sub B befindet sich dieser Wertersatz in einer Form, worin er nicht als variables Kapital fungie-ren kann. Er ist da, aber nicht in der Form von variablem Kapital. Es muß daher zur Fortsetzung des Pro-duktionsprozesses für die <314> nächsten 5 Wochen ein zuschüssiges Kapital von 500 Pfd.St. in der hierunumgänglichen Geldform vorhanden sein und vorgeschossen werden. So wird von A wie von B wäh-rend 50 Wochen gleichviel variables Kapital verausgabt, gleichviel Arbeitskraft gezahlt und verbraucht.Aber von B muß sie gezahlt werden mit einem vorgeschoßnen Kapital gleich ihrem Gesamtwert = 5.000Pfd.St. Von A wird sie sukzessiv gezahlt durch die stets erneute Geldform des während je 5 Wochen pro-duzierten Wertersatzes des für je 5 Wochen vorgeschoßnen Kapitals von 500 Pfd.St. Es wird also hier nieein größres Geldkapital vorgeschossen als für 5 Wochen, d.h. nie ein größres als das für die ersten 5 Wo-chen vorgeschoßne von 500 Pfd.St. Diese 500 Pfd.St. reichen für das ganze Jahr. Es ist daher klar, daß beigleichem Exploitationsgrad der Arbeit, gleicher wirklicher Rate des Mehrwerts, die Jahresraten von Aund B sich umgekehrt verhalten müssen wie die Größen der variablen Geldkapitale, die vorgeschossenwerden mußten, um während des Jahrs dieselbe Masse Arbeitskraft in Bewegung zu setzen. A: 5.000m/500v= 1.000%, und B: 5.000m/5.000v = 100%. Aber 500v : 5.000v = 1 : 10 = 100% : 1.000%.

Der Unterschied entspringt aus der Verschiedenheit der Umschlagsperioden, d.h. der Perioden, worin derWertersatz des in einem bestimmten Zeitraum angewandten variablen Kapitals von neuem als Kapitalfungieren kann, also als neues Kapital. Bei B wie bei A findet derselbe Wertersatz für das während der-selben Perioden angewandte variable Kapital statt. Es findet auch derselbe Zuwachs von Mehrwert wäh-rend derselben Perioden statt. Aber bei B ist alle 5 Wochen zwar ein Wertersatz von 500 Pfd.St., plus 500Pfd.St. Mehrwert da, dieser Wertersatz bildet jedoch noch kein neues Kapital, weil er sich nicht in der

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Geldform befindet. Bei A ist nicht nur der alte Kapitalwert durch einen neuen ersetzt, sondern er ist inseiner Geldform wiederhergestellt, daher als neues funktionsfähiges Kapital ersetzt.

Die frühere oder spätere Verwandlung des Wertersatzes in Geld und daher in die Form, worin das varia-ble Kapital vorgeschossen wird, ist offenbar ein für die Produktion des Mehrwerts selbst ganz gleichgül-tiger Umstand. Diese hängt von der Größe des angewandten variablen Kapitals und dem Exploitations-grad der Arbeit ab. Jener Umstand aber modifiziert die Größe des Geldkapitals, das vorgeschossen wer-den muß, um während des Jahrs ein bestimmtes Quantum Arbeitskraft in Bewegung zu setzen, und be-stimmt daher die Jahresrate des Mehrwerts.

III. Der Umschlag des variablen Kapitals, gesellschaftlich betrachtet

<315> Betrachten wir die Sache einen Augenblick vom gesellschaftlichen Standpunkt. Ein Arbeiter koste1 Pfd.St. per Woche, der Arbeitstag sei = 10 Stunden. Sub A wie sub B sind während des Jahrs 100 Ar-beiter beschäftigt (100 Pfd.St. per Woche für 100 Arbeiter macht für 5 Wochen 500 Pfd.St. und für 50Wochen 5.000 Pfd.St.), und diese arbeiten per Woche von 6 Tagen jeder 60 Arbeitsstunden. Also 100Arbeiter per Woche tun 6.000 Arbeitsstunden und in 50 Wochen 300.000 Arbeitsstunden. Diese Arbeits-kraft ist von A wie von B mit Beschlag belegt und kann also von der Gesellschaft für nichts andres ver-ausgabt werden. Insoweit ist die Sache also gesellschaftlich dieselbe bei A wie bei B. Ferner: Bei A wiebei B erhalten die je 100 Arbeiter einen Lohn per Jahr von 5.000 Pfd.St. (die 200 zusammen also 10.000Pfd.St.) und entziehn für diese Summe der Gesellschaft Lebensmittel. Soweit ist die Sache gesellschaft-lich wieder dieselbe sub A wie sub B. Da die Arbeiter in beiden Fällen wöchentlich bezahlt werden, ent-ziehn sie auch der Gesellschaft wöchentlich Lebensmittel, wofür sie ebenfalls in beiden Fällen dasGeldäquivalent wöchentlich in Zirkulation werfen. Aber hier beginnt der Unterschied.

Erstens. Das Geld, welches der Arbeiter sub A in Zirkulation wirft, ist nicht nur, wie für den Arbeiter subB, die Geldform für den Wert seiner Arbeitskraft (in der Tat Zahlungsmittel für bereits geleistete Arbeit);es ist, schon von der zweiten Umschlagsperiode nach Eröffnung des Geschäfts an gerechnet, die Geld-form seines eignen Wertprodukts (= Preis der Arbeitskraft plus Mehrwert) der ersten Umschlagsperiode,womit seine Arbeit während der zweiten Umschlagsperiode bezahlt wird. Sub B ist dies nicht der Fall.Mit Bezug auf den Arbeiter ist hier das Geld zwar ein Zahlungsmittel für bereits von ihm geleistete Ar-beit, aber diese geleistete Arbeit wird nicht bezahlt mit ihrem eignen vergoldeten Wertprodukt (der Geld-form des von ihr selbst produzierten Werts). Dies kann erst eintreten vom zweiten Jahr an, wo der Arbei-ter sub B bezahlt wird mit seinem vergoldeten Wertprodukt des vergangnen Jahrs.

Je kürzer die Umschlagsperiode des Kapitals - in je kürzern Zeiträumen daher seine Reproduktionstermi-ne sich innerhalb des Jahrs erneuern -, um so rascher verwandelt sich der ursprünglich in Geldform vomKapitalisten vorgeschoßne variable Teil seines Kapitals in die Geldform des vom Arbeiter zum Ersatzdieses variablen Kapitals geschaffnen Wertprodukts (das außerdem Mehrwert einschließt); desto kürzerist also die Zeit, wofür der <316> Kapitalist Geld aus seinem eignen Fonds vorschießen muß, desto kle i-ner ist, im Verhältnis zu gegebnem Umfang der Produktionsleiter, das Kapital, das er überhaupt vor-schießt; und desto größer ist im Verhältnis die Masse Mehrwert, die er bei gegebner Rate des Mehrwertswährend des Jahrs herausschlägt, weil er um so öfter den Arbeiter mit der Geldform seines eignen Wert-produkts stets von neuem kaufen und seine Arbeit in Bewegung setzen kann.

Bei gegebner Stufenleiter der Produktion verringert sich im Verhältnis zur Kürze der Umschlagsperiodedie absolute Größe des vorgeschoßnen variablen Geldkapitals (wie des zirkulierenden Kapitals überhaupt)und wächst die Jahresrate des Mehrwerts. Bei gegebner Größe des vorgeschoßnen Kapitals wächst dieStufenleiter der Produktion, daher bei gegebner Rate des Mehrwerts die absolute Masse des in einer Um-schlagsperiode erzeugten Mehrwerts, gleichzeitig mit der durch die Verkürzung der Reproduktionsperi-oden bewirkten Steigerung in der Jahresrate des Mehrwerts. Es hat sich überhaupt aus der bisherigen Un-

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tersuchung ergeben, daß je nach den verschiednen Größen der Umschlagsperiode Geldkapital von sehrverschiednem Umfang vorzuschießen ist, um dieselbe Masse produktives zirkulierendes Kapital und die-selbe Arbeitsmasse bei demselben Exploitationsgrad der Arbeit in Bewegung zu setzen.

Zweitens - und dies hängt mit dem ersten Unterschied zusammen - zahlt der Arbeiter sub B wie sub A dieLebensmittel, die er kauft, mit dem variablen Kapital, das sich in seiner Hand in Zirkulationsmittel ver-wandelt hat. Er entzieht z.B. nicht nur Weizen vom Markt, sondern ersetzt ihn auch durch ein Äquivalentin Geld. Da aber das Geld, womit der Arbeiter sub B seine Lebensmittel zahlt und dem Markt entzieht,nicht die Geldform eines von ihm während des Jahrs auf den Markt geworfnen Wertprodukts ist, wiebeim Arbeiter sub A, so liefert er dem Verkäufer seiner Lebensmittel zwar Geld, aber keine Ware - sei esProduktionsmittel, sei es Lebensmittel -, die dieser mit dem gelösten Geld kaufen könne, was dagegensub A der Fall ist. Es werden daher dem Markt Arbeitskraft, Lebensmittel für diese Arbeitskraft, fixesKapital in der Form der sub B angewandten Arbeitsmittel und Produktionsstoffe entzogen, und zu ihremErsatz wird ein Äquivalent in Geld in den Markt geworfen; aber es wird während des Jahrs kein Produktin den Markt geworfen, um die ihm entzognen stofflichen Elemente des produktiven Kapitals zu ersetzen.Denken wir die Gesellschaft nicht kapitalistisch, sondern kommunistisch, so fällt zunächst das Geldkapi-tal ganz fort, also auch die Verkleidungen der Transaktionen, die durch es hineinkommen. Die Sachereduziert sich einfach darauf, daß die Gesellschaft im <317> voraus berechnen muß, wieviel Arbeit, Pro-duktionsmittel und Lebensmittel sie ohne irgendwelchen Abbruch auf Geschäftszweige verwenden kann,die, wie Bau von Eisenbahnen z.B., für längre Zeit, ein Jahr oder mehr, weder Produktionsmittel nochLebensmittel, noch irgendeinen Nutzeffekt liefern, aber wohl Arbeit, Produktionsmittel und Lebensmittelder jährlichen Gesamtproduktion entziehn. In der kapitalistischen Gesellschaft dagegen, wo der gesell-schaftliche Verstand sich immer erst post festum geltend macht, können und müssen so beständig großeStörungen eintreten. Einerseits Druck auf den Geldmarkt, während umgekehrt die Leichtigkeit des Geld-markts ihrerseits solche Unternehmungen in Masse hervorruft, also gerade die Umstände, welche späterden Druck auf den Geldmarkt hervorrufen. Der Geldmarkt wird gedrückt, da Vorschuß von Geldkapitalauf großer Stufenleiter hier beständig während langen Zeitraums nötig ist. Ganz abgesehn davon, daßIndustrielle und Kaufleute das für den Betrieb ihres Geschäfts nötige Geldkapital in Eisenbahnspekulatio-nen etc. werfen und durch Anleihen auf dem Geldmarkt ersetzen. - Andrerseits: Druck auf das disponibleproduktive Kapital der Gesellschaft. Da beständig Elemente des produktiven Kapitals dem Markt entzo-gen werden und für dieselben nur ein Geldäquivalent in den Markt geworfen wird, so steigt die zahlungs-fähige Nachfrage, ohne aus sich selbst irgendein Element der Zufuhr zu liefern. Daher Steigen der Preise,sowohl der Lebensmittel wie der Produktionsstoffe. Es kommt hinzu, daß während dieser Zeit regelmäßiggeschwindelt wird, große Übertragung von Kapital stattfindet. Eine Bande von Spekulanten, Kontrakto-ren, Ingenieuren, Advokaten etc. bereichert sich. Sie verursachen starke konsumtive Nachfrage auf demMarkt, daneben steigen die Arbeitslöhne. Mit Bezug auf Nahrungsmittel wird dadurch allerdings auch derLandwirtschaft ein Sporn gegeben. Da jedoch diese Nahrungsmittel nicht plötzlich, innerhalb des Jahreszu vermehren sind, wächst ihre Einfuhr, wie überhaupt die Einfuhr der exotischen Nahrungsmittel (Kaf-fee, Zucker, Wein etc.) und der Luxusgegenstände. Daher Übereinfuhr und Spekulation in diesem Teildes Importgeschäfts. Andrerseits in den Industriezweigen, worin die Produktion rasch vermehrt werdenkann (eigentliche Manufaktur, Bergbau etc.), bewirkt das Steigen der Preise plötzliche Ausdehnung, derbald der Zusammenbruch folgt. Dieselbe Wirkung findet statt auf dem Arbeitsmarkt, um große Massender latenten relativen Übervölkerung, und selbst der beschäftigten Arbeiter, für die neuen Geschäftszwei-ge heranzuziehn. Überhaupt entziehn solche Unternehmungen auf großer Stufenleiter, wie Eisenbahnen,dem Arbeitsmarkt ein bestimmtes Quantum Kräfte, das nur aus gewissen Zweigen, wie Landwirtschaftetc., <318> herkommen kann, wo ausschließlich starke Burschen gebraucht werden. Dies findet nochstatt, selbst nachdem die neuen Unternehmungen schon stehender Betriebszweig geworden sind und da-her die für sie nötige wandernde Arbeiterklasse bereits gebildet ist. Sobald z.B. der Eisenbahnbau mo-mentan auf einer größern als der Durchschnittsstufenleiter betrieben wird. Ein Teil der Arbeiterreserve-armee wird absorbiert, deren Druck den Lohn niedriger hielt. Die Löhne steigen allgemein, selbst in denbisher gut beschäftigten Teilen des Arbeitsmarkts. Dies dauert solange, bis der unvermeidliche Krach dieReservearmee von Arbeitern wieder freisetzt und die Löhne wieder auf ihr Minimum und darunter herab-gedrückt werden.

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Soweit die größre oder geringre Länge der Umschlagsperiode abhängt von der Arbeitsperiode im eigent-lichen Sinn, d.h. der Periode, nötig, um das Produkt für den Markt fertigzumachen, beruht sie auf denjedesmal gegebnen sachlichen Produktionsbedingungen der verschiednen Kapitalanlagen, die innerhalbder Agrikultur mehr den Charakter von Naturbedingungen der Produktion besitzen, in der Manufakturund dem größten Teil der extraktiven Industrie mit der gesellschaftlichen Entwicklung des Produktions-prozesses selbst wechseln.

Soweit die Länge der Arbeitsperiode auf der Größe der Lieferungen beruht (dem quantitativen Umfang,worin das Produkt als Ware in der Regel auf den Markt geworfen wird), hat dies konventionellen Cha-rakter. Aber die Konvention selbst hat zur materiellen Basis die Stufenleiter der Produktion und ist dahernur im einzelnen betrachtet zufällig.

Soweit endlich die Länge der Umschlagsperiode von der Länge der Zirkulationsperiode abhängt, ist diesezum Teil zwar bedingt durch den beständigen Wechsel in den Marktkonjunkturen, die größre oder ge-ringre Leichtigkeit zu verkaufen und die dieser entspringende Notwendigkeit, das <319> Produkt teilwei-se auf nähern oder entferntern Markt zu werfen. Abgesehn vom Umfang der Nachfrage überhaupt, spieltdie Bewegung der Preise hier eine Hauptrolle, indem der Verkauf bei fallenden Preisen absichtlich be-schränkt wird, während die Produktion vorangeht; umgekehrt bei steigenden Preisen, wo Produktion undVerkauf Schritt halten oder im voraus verkauft werden kann. Jedoch ist als eigentliche materielle Basis zubetrachten die wirkliche Entfernung des Produktionssitzes vom Absatzmarkt.

Es wird z.B. englisches Baumwollgewebe oder Garn nach Indien verkauft. Der Exportkaufmann zahleden englischen Baumwollfabrikanten (der Exportkaufmann tut dies nur willig bei gutem Stand des Geld-markts. Sobald der Fabrikant selbst durch Kreditoperationen sein Geldkapital ersetzt, steht's schonschief). Der Exporteur verkauft seine Baumwollware später auf dem indischen Markt, von wo ihm seinvorgeschoßnes Kapital remittiert wird. Bis zu diesem Rückfluß verhält sich die Sache ganz wie in demFall, wo die Länge der Arbeitsperiode Vorschuß von neuem Geldkapital nötig macht, um den Produkti-onsprozeß auf gegebner Stufenleiter in Gang zu halten. Das Geldkapital, womit der Fabrikant seine Ar-beiter zahlt und ebenso die übrigen Elemente seines zirkulierenden Kapitals erneuert, sind nicht die Geld-form der von ihm produzierten Garne. Dies kann erst der Fall sein, sobald der Wert dieses Garns in Geldoder Produkt nach England zurückgeflossen ist. Sie sind zuschüssiges Geldkapital wie vorher. Der Unter-schied ist nur, daß statt des Fabrikanten der Kaufmann es vorschießt, dem es vielleicht selbst wiederdurch Kreditoperationen vermittelt ist. Ebenso ist nicht, bevor dies Geld in den Markt geworfen wird odergleichzeitig mit ihm, ein zuschüssiges Produkt in den englischen Markt geworfen worden, das mit diesemGeld gekauft werden und in die produktive oder individuelle Konsumtion eingehn kann. Tritt dieser Zu-stand für längre Zeit und auf größrer Stufenleiter ein, so muß er dieselben Folgen bewirken, wie vorherdie verlängerte Arbeitsperiode.

Es ist nun möglich, daß in Indien selbst wieder das Garn auf Kredit verkauft wird. Mit diesem Kredit wirdin Indien Produkt gekauft und als Retour nach England geschickt oder Wechsel für den Betrag remittiert.Verlängert sich dieser Zustand, so tritt ein Druck auf den indischen Geldmarkt ein, dessen Rückschlag aufEngland hier eine Krise hervorrufen mag. Die Krise ihrerseits, selbst wenn verbunden mit Export edlerMetalle nach Indien, ruft in letztrem Lende eine neue Krise hervor, wegen des Bankrotts englischer Ge-schäftshäuser und ihrer indischen Zweighäuser, denen von den indischen Banken Kredit gegeben war. Soentsteht eine gleichzeitige Krise sowohl auf dem Markt, gegen den, wie auf dem Markt, <320> für dendie Handelsbilanz ist. Dies Phänomen kann noch komplizierter sein. England hat z.B. Silberbarren nachIndien geschickt, aber die englischen Gläubiger von Indien treiben jetzt ihre Forderungen dort ein, undIndien wird kurz nachher seine Silberbarren nach England zurückzuschicken haben.

Es ist möglich, daß der Exporthandel nach Indien und der Importhandel von Indien sich ungefähr ausgle i-chen, obgleich der letztre (ausgenommen besondre Umstände, wie Baumwollteurung etc.) seinem Um-fang nach durch den erstem bestimmt und stimuliert sein wird. Die Handelsbilanz zwischen England und

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Indien kann ausgeglichen scheinen oder nur schwache Schwankungen nach der einen oder andern Seiteaufweisen. Sobald aber die Krise in England ausbricht, zeigt sich, daß unverkaufte Baumwollwaren inIndien lagern (sich also nicht aus Warenkapital in Geldkapital verwandelt haben - Überproduktion nachdieser Seite), und daß andrerseits in England nicht nur unverkaufte Vorräte indischer Produkte liegen,sondern daß ein großer Teil der verkauften und verzehrten Vorräte noch gar nicht bezahlt ist. Was daherals Krise auf dem Geldmarkt erscheint, drückt in der Tat Anomalien im Produktions- und Reproduktions-prozeß selbst aus.

Drittens: In bezug auf das angewandte zirkulierende Kapital selbst (variables wie konstantes) macht dieLänge der Umschlagsperiode, soweit sie aus der Länge der Arbeitsperiode hervorgeht, diesen Unter-schied: Bei mehreren Umschlägen. während des Jahrs kann ein Element des variablen oder konstantenzirkulierenden Kapitals durch sein eignes Produkt geliefert werden, wie bei Kohlenproduktion, Kleider-konfektion etc. Im andern Fall nicht, wenigstens nicht während des Jahrs.

Fußnoten

(32) Im Manuskript ist hier die folgende Notiz für künftige Ausführung eingeschaltet: "Widerspruch inder kapitalistischen Produktionsweise: Die Arbeiter als Käufer von Ware sind wichtig für den Markt.Aber als Verkäufer ihrer Ware - der Arbeitskraft - hat die kapitalistische Gesellschaft die Tendenz, sie aufdas Minimum des Preises zu beschränken. - Fernerer Widerspruch: Die Epochen, worin die kapitalisti-sche Produktion alle ihre Potenzen anstrengt, erweisen sich regelmäßig als Epochen der Überproduktion;weil die Produktionspotenzen nie so weit angewandt werden können, daß dadurch mehr Wert nicht nurproduziert, sondern realisiert werden kann; der Verkauf der Waren, die Realisation des Warenkapitals,also auch des Mehrwerts, ist aber begrenzt, nicht durch die konsumtiven Bedürfnisse der Gesellschaftüberhaupt, sondern durch die konsumtiven Bedürfnisse einer Gesellschaft, wovon die große Mehrzahlstets arm ist und stets arm bleiben muß. Dies gehört jedoch erst in den nächsten Abschnitt."

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Die Zirkulation des Mehrwerts

<321> Wir haben bisher gesehn, daß die Verschiedenheit in der Umschlagsperiode eine Verschiedenheitin der Jahresrate des Mehrwerts erzeugt, selbst bei gleichbleibender Masse des jährlich erzeugten Mehr-werts.

Aber es findet ferner notwendig Verschiedenheit statt in der Kapitalisation des Mehrwerts, der Akkumu-lation, und insofern auch in der, bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts, während des Jahrs erzeugtenMehrwertsmasse.

Wir bemerken nun zunächst, daß das Kapital A (im Beispiel des vorigen Kapitels) eine laufende periodi-sche Revenue hat, also, mit Ausnahme der Umschlagsperiode bei Beginn des Geschäfts, seinen eignenVerzehr innerhalb des Jahrs aus seiner Produktion von Mehrwert bestreitet und nicht aus eignem Fondsvorzuschießen hat. Dies letztre findet dagegen bei B statt. Er produziert zwar während derselben Zeitab-schnitte ebensoviel Mehrwert wie A, aber der Mehrwert ist nicht realisiert und kann daher weder indiv i-duell verzehrt werden noch produktiv. Soweit der individuelle Verzehr in Betracht kommt, wird derMehrwert antizipiert. Fonds dafür muß vorgeschossen werden.

Ein Teil des produktiven Kapitals, der schwer zu rangieren ist, nämlich das zur Reparatur und Instand-haltung des fixen Kapitals nötige Zuschußkapital, stellt sich jetzt auch unter neuem Licht dar.

Bei A wird dieser Kapitalteil - ganz oder großenteils - nicht vorgeschossen bei Beginn der Produktion. Erbraucht weder disponibel, noch selbst vorhanden zu sein. Er entspringt aus dem Geschäft selbst durchunmittelbare Verwandlung von Mehrwert in Kapital, d.h. seine direkte Anwendung als Kapital. Ein Teildes periodisch innerhalb des Jahrs nicht nur erzeugten, sondern auch realisierten Mehrwerts kann die fürReparatur etc. nötigen Ausgaben bestreiten. Ein Teil des zur Führung des Geschäfts auf seiner ursprüngli-chen Stufenleiter nötigen Kapitals wird so während des Geschäfts <322> vom Geschäft selbst erzeugtdurch Kapitalisierung eines Teils des Mehrwerts. Dies ist für den Kapitalisten B unmöglich. Der fraglicheKapitalteil muß bei ihm einen Teil des ursprünglich vorgeschoßnen Kapitals bilden. In beiden Fällen wirddieser Kapitalteil in den Büchern des Kapitalisten als vorgeschoßnes Kapital figurieren, was er auch ist,da er nach unsrer Annahme einen Teil des zur Führung des Geschäfts auf gegebner Stufenleiter notwen-digen produktiven Kapitals bildet. Aber es macht einen gewaltigen Unterschied, aus welchem Fonds ervorgeschossen wird. Bei B ist er wirklich Teil des ursprünglich vorzuschießenden oder disponibel zuhaltenden Kapitals. Bei A dagegen ist er als Kapital angewandter Teil des Mehrwerts. Dieser letztre Fallzeigt uns, wie nicht nur das akkumulierte Kapital, sondern auch ein Teil des ursprünglich vorgeschoßnenKapitals, bloß kapitalisierter Mehrwert sein kann.

Sobald die Entwicklung des Kredits dazwischen kommt, verwickelt sich das Verhältnis von ursprünglichvorgeschoßnem Kapital und kapitalisiertem Mehrwert noch mehr. Z.B. A borgt Teil des produktiven Ka-pitals, womit er das Geschäft anfängt oder während des Jahrs fortführt, beim Bankier C. Er hat von vorn-herein kein eignes hinreichendes Kapital für Führung des Geschäfts. Bankier C leiht ihm eine Summe, diebloß aus bei ihm deponiertem Mehrwert der Industriellen D, E, F etc. besteht. Vom Standpunkt des Ahandelt es sich noch nicht um akkumuliertes Kapital. In der Tat aber ist für D, E, F etc. der A nichts alsein Agent, der den von ihnen angeeigneten Mehrwert kapitalisiert.

Wir haben Buch I, Kap. XXII gesehn, daß die Akkumulation, die Verwandlung von Mehrwert in Kapital,ihrem realen Gehalt nach Reproduktionsprozeß auf erweiterter Stufenleiter ist, ob diese Erweiterung ex-tensiv in Gestalt der Zufügung neuer Fabriken zu den alten oder in der intensiven Ausdehnung der bishe-rigen Stufenleiter des Betriebs sich ausdrücke.

Die Erweiterung der Produktionsleiter kann in kleinern Dosen vor sich gehn, indem ein Teil des Mehr-werts zu Verbesserungen angewandt wird, die entweder nur die Produktivkraft der angewandten Arbeit

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erhöhn oder zugleich erlauben, sie intensiver auszubeuten. Oder auch, wo der Arbeitstag nicht gesetzlichbeschränkt ist, genügt eine zuschüssige Ausgabe von zirkulierendem Kapital (in Produktionsstoffen undin Arbeitslohn), um die Produktionsleiter zu erweitern, ohne Ausdehnung des fixen Kapitals, dessen täg-liche Gebrauchszeit so nur verlängert, während seine Umschlagsperiode entsprechend verkürzt wird.Oder der kapitalisierte Mehrwert mag, bei günstigen Marktkonjunkturen, Spekulationen in Rohstoff er-lauben, Operationen, wozu das ursprünglich vorgeschoßne Kapital nicht hingereicht hätte usw. <323>Indes ist es klar, daß dort, wo die größre Anzahl der Umschlagsperioden eine häufigere Realisation desMehrwerts innerhalb des Jahrs mit sich bringt, Perioden eintreten werden, in denen weder der Arbeitstagzu verlängern noch Einzelverbeßrungen anzubringen sind; während andrerseits Ausdehnung des ganzenGeschäfts auf proportioneller Stufenleiter teils durch die ganze Anlage des Geschäfts, die Baulichkeitenz.B., teils durch Ausdehnung des Arbeitsfonds, wie in der Landwirtschaft, nur innerhalb gewisser weitereroder engerer Schranken möglich ist, und zudem einen Umfang von zuschüssigem Kapital erheischt, wieer nur durch mehrjährige Akkumulation des Mehrwerts geliefert werden kann.

Neben der wirklichen Akkumulation oder Verwandlung des Mehrwerts in produktives Kapital (und ent-sprechender Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter) läuft also Geldakkumulation, Zusammenscharreneines Teils des Mehrwerts als latentes Geldkapital, das erst später, sobald es gewissen Umfang erreicht,als zuschüssiges aktives Kapital fungieren soll.

So stellt sich die Sache vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten dar. Mit der Entwicklung der kapitali-stischen Produktion entwickelt sich jedoch gleichzeitig das Kreditsystem. Das Geldkapital, das der Kapi-talist noch nicht in seinem eignen Geschäft anwenden kann, wird von andren angewandt, von denen erZinsen dafür erhält. Es fungiert für ihn als Geldkapital im spezifischen Sinn, als eine vom produktivenKapital unterschiedne Sorte Kapital. Aber es wirkt als Kapital in andrer Hand. Es ist klar, daß mit derhäufigern Realisation des Mehrwerts und der steigenden Stufenleiter, worauf er produziert wird, die Pro-portion wächst, worin neues Geldkapital oder Geld als Kapital auf den Geldmarkt geworfen und von hieraus wenigstens großenteils wieder für erweiterte Produktion absorbiert wird.

Die einfachste Form, worin sich dies zuschüssige latente Geldkapital darstellen kann, ist die des Schatzes.Es ist möglich, daß dieser Schatz zuschüssiges Gold oder Silber ist, erhalten direkt oder indirekt im Aus-tausch mit den edle Metalle produzierenden Ländern. Und nur in dieser Weise wächst der Geldschatzinnerhalb eines Landes absolut. Es ist andrerseits möglich - und dies ist die Mehrzahl der Fälle -, daßdieser Schatz nichts andres ist als der inländischen Zirkulation entzognes Geld, welches die Form desSchatzes in der Hand einzelner Kapitalisten angenommen hat. Es ist ferner möglich, daß dies latenteGeldkapital bloß in Wertzeichen besteht - wir sehn hier noch vom Kreditgeld ab - oder auch in bloßen,durch legale Dokumente konstatierten Ansprüchen (Rechtstiteln) der Kapitalisten auf dritte Personen. Inallen diesen Fällen, welches immer die Daseinsform die- <324> ses zuschüssigen Geldkapitals, repräsen-tiert es, soweit es Kapital in spe ist, durchaus nichts als zuschüssige und in Reserve gehaltne Rechtstitelvon Kapitalisten auf zukünftige, zuschüssige jährliche Produktion der Gesellschaft.

"Die Masse des wirklich akkumulierten Reichtums, nach seiner Größe betrachtet, ist so durchaus unbe-deutend im Vergleich mit den Produktivkräften der Gesellschaft, der er angehört, was auch ihre Zivilisa-tionsstufe sei; oder auch nur im Vergleich zu der wirklichen Konsumtion dieser selben Gesellschaft wäh-rend nur weniger Jahre; so unbedeutend, daß die Hauptaufmerksamkeit der Gesetzgeber und der polit i-schen Ökonomen gerichtet sein sollte auf die Produktivkräfte und ihre künftige freie Entwicklung, nichtaber, wie bisher, auf den bloßen akkumulierten Reichtum, der das Auge frappiert. Der bei weitem größteTeil des sogenannten akkumulierten Reichtums ist nur nominell und besteht nicht aus wirklichen Gegen-ständen, Schiffen, Häusern, Baumwollenwaren, Landmeliorationen, sondern aus bloßen Rechtstiteln,Ansprüchen auf die künftigen jährlichen produktiven Kräfte der Gesellschaft, Rechtstiteln, erzeugt undverewigt durch die Auskunftsmittel oder Institutionen der Unsicherheit ... Der Gebrauch solcher Artikel(Akkumulationen physischer Dinge oder wirklicher Reichtum) als bloßes Mittel, ihren Besitzern denReichtum anzueignen, den die zukünftigen Produktivkräfte der Gesellschaft erst schaffen sollen, dieserGebrauch würde ihnen durch die Naturgesetze der Verteilung ohne Anwendung von Gewalt allmählich

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entzogen werden; unterstützt durch genossenschaftliche Arbeit (co-operative labour) würde er ihnen inwenigen Jahren entzogen werden." (William Thompson, "Inquiry into the Principles of the Distribution ofWealth", London 1850, p. 453. - Dies Buch erschien zuerst 1824.)

"Es wird wenig bedacht, von den meisten nicht einmal vermutet, in einem wie äußerst kleinen Verhältnis,sei es nach Masse oder Wirkungskraft, die tatsächlichen Akkumulationen der Gesellschaft stehn zu denmenschlichen Produktivkräften, ja selbst zu der gewöhnlichen Konsumtion einer einzigen Menschengene-ration während nur weniger Jahre. Der Grund ist augenscheinlich, aber die Wirkung ist sehr schädlich.Der Reichtum, der jährlich verzehrt wird, verschwindet mit seinem Gebrauch; er steht vor dem Auge nurfür einen Augenblick, und macht Eindruck nur während man ihn genießt oder verbraucht. Aber der nurlangsam verzehrbare Teil des Reichtums, Möbel, Maschinen, Gebäude, von unsrer Kindheit bis zum Alterstehn sie vor unserm Auge, dauernde Denkmäler der menschlichen Anstrengung. Kraft des Besitzes die-ses fixen, dauernden, nur langsam verzehrten Teils des öffentlichen Reichtums - des Bodens und der Roh-stoffe, an denen, der Werkzeuge, mit denen gearbeitet wird, der Häuser, die während der Arbeit Obdachgeben -, kraft dieses Besitzes beherrschen die Eigentümer dieser Gegenstände zu ihrem eignen Vorteil diejährlichen Produktivkräfte aller wirklich produktiven Arbeiter der Gesellschaft, so unbedeutend jene Ge-genstände auch sein mögen im Verhältnis zu den stets wiederkehrenden Produkten dieser Arbeit. DieBevölkerung von Britannien und Irland ist 20 Millionen; der Durchschnittsverbrauch jedes einzelnen,Mann, Weib und Kind, ist wahrscheinlich ungefähr 20 Pfd.St., zusammen ein Reichtum von ungefähr 400Millionen Pfd.St., das jährlich verzehrte <325> Arbeitsprodukt. Der Gesamtbetrag des akkumuliertenKapitals dieser Länder übersteigt nicht, nach der Abschätzung, 1.200 Millionen oder das dreifache jährli-che Arbeitsprodukt; bei gleicher Teilung 60 Pfd.St. Kapital auf den Kopf. Wir haben es hier mehr mitdem Verhältnis zu tun, als mit den mehr oder minder genauen absoluten Beträgen dieser Schätzungs-summen. Die Zinsen dieses Gesamtkapitals würden hinreichen, um die Gesamtbevölkerung in ihrer ge-genwärtigen Lebenshaltung ungefähr zwei Monate in einem Jahr zu erhalten, und das gesamte akkumu-lierte Kapital selbst (könnten Käufer gefunden werden) würde sie ohne Arbeit unterhalten für ganze dreiJahre! Am Ende welcher Zeit, ohne Häuser, Kleider oder Nahrung, sie verhungern müßten oder aber dieSklaven werden derer, die sie während der drei Jahre unterhalten haben. Wie drei Jahre sich verhalten zurLebenszeit einer gesunden Generation, sage zu 40 Jahren, so verhält sich die Größe und Bedeutung deswirklichen Reichtums, das akkumulierte Kapital selbst des reichsten Landes, zu ihrer Produktivkraft, zuden produktiven Kräften einer einzigen Menschengeneration; nicht zu dem, was sie produzieren könntenunter verständigen Anordnungen gleicher Sicherheit, und besonders bei genossenschaftlicher Arbeit, son-dern zu dem, was sie wirklich absolut produzieren unter den mangelhaften und entmutigenden Aus-fluchtsmitteln der Unsicherheit ... Und um diese scheinbar gewaltige Masse des vorhandnen Kapitals odervielmehr das vermittelst ihrer erworbne Kommando und Monopol über die Produkte der jährlichen Arbeitin seinem gegenwärtigen Zustand erzwungner Teilung zu erhalten und zu verewigen, soll die ganzeschauderhafte Maschinerie, die Laster, Verbrechen und Leiden der Unsicherheit verewigt werden. Nichtskann akkumuliert werden, ohne daß die notwendigen Bedürfnisse zuerst befriedigt sind, und der großeStrom menschlicher Neigungen fließt dem Genusse nach; daher der verhältnismäßig unbedeutende Betragdes wirklichen Reichtums der Gesellschaft in jedem gegebnen Augenblick. Es ist ein ewiger Kreislaufvon Produktion und Konsumtion. In dieser ungeheuren Masse jährlicher Produktion und Konsumtionwürde die Handvoll wirklicher Akkumulation kaum entbehrt werden; und doch ist das Hauptaugenmerkgerichtet worden nicht auf jene Masse Produktivkraft, sondern auf diese Handvoll Akkumulation. Aberdiese Handvoll ist mit Beschlag belegt worden durch einige wenige und verwandelt worden in das Werk-zeug zur Aneignung der beständig jährlich wiederkehrenden Produkte der Arbeit der großen Masse. Da-her die entscheidende Wichtigkeit eines solchen Werkzeugs für diese wenigen ... Ungefähr ein Drittel desnationalen Jahresprodukts wird jetzt unter dem Namen öffentlicher Lasten den Produzenten entzogen undunproduktiv konsumiert durch Leute, die kein Äquivalent dafür geben, d.h. keins, was den Produzentenals solches gilt ... Das Auge der Menge blickt erstaunt auf die akkumulierten Massen, besonders wenn siein den Händen einiger wenigen konzentriert sind. Aber die jährlich produzierten Massen, wie die ewigenund unzählbaren Wogen eines mächtigen Stroms, rollen vorbei und verlieren sich im vergeßnen Ozeander Konsumtion. Und doch bedingt diese ewige Konsumtion nicht allein alle Genüsse, sondern die Exi-stenz des ganzen Menschengeschlechts. Die Menge und Verteilung dieses Jahresprodukts sollte vor allem

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zum Gegenstand der Erwägung gemacht werden. Die wirkliche Akkumulation ist von durchaus sekundä-rer Bedeutung und erhält auch diese Bedeutung fast ausschließlich durch ihren Einfluß <326> auf dieVerteilung des Jahresprodukts ... Die wirkliche Akkumulation und Verteilung wird hier" (in ThompsonsSchrift) "stets betrachtet mit Bezug und Unterordnung zur Produktivkraft. In fast allen andren Systemenist die Produktivkraft betrachtet worden mit Bezug und Unterordnung zur Akkumulation und zur Verewi-gung der bestehenden Verteilungsweise. Verglichen mit der Erhaltung dieser bestehenden Verteilungs-weise wird das stets wiederkehrende Elend oder Wohlergehn des ganzen Menschengeschlechts nicht ei-nes Blicks würdig gehalten. Die Ergebnisse der Gewalt, des Betrugs und des Zufalls verewigen, das hatman Sicherheit genannt; und der Erhaltung dieser erlognen Sicherheit sind alle Produktivkräfte des Men-schengeschlechts erbarmungslos zum Opfer gebracht worden." (Ibidem, p. 440 - 443.)

Für die Reproduktion sind nur zwei normale Fälle möglich, abgesehn von Störungen, welche selbst dieReproduktion auf gegebner Stufenleiter hemmen.

Entweder es findet Reproduktion auf einfacher Stufenleiter statt.

Oder es findet Kapitalisierung von Mehrwert statt, Akkumulation.

1. Einfache Reproduktion

Bei einfacher Reproduktion wird der jährlich oder mit mehreren Umschlägen innerhalb des Jahrs peri-odisch produzierte und realisierte Mehrwert individuell, d.h. unproduktiv, konsumiert von seinen Eignern,den Kapitalisten.

Der Umstand, daß der Produktenwert zum Teil aus Mehrwert besteht, zum andren Teil aus dem Wertteil,gebildet durch das in ihm reproduzierte variable Kapital plus dem in ihm aufgezehrten konstanten Kapi-tal, ändert absolut nichts, weder an dem Quantum noch dem Wert des Gesamtprodukts, welches als Wa-renkapital beständig in die Zirkulation eingeht und ihr ebenso beständig entzogen wird, um der produkti-ven oder individuellen Konsumtion anheimzufallen, d.h. um als Produktionsmittel oder als Konsumti-onsmittel zu dienen. Von dem konstanten Kapital abgesehn, wird nur die Verteilung des jährlichen Pro-dukts zwischen Arbeitern und Kapitalisten dadurch affiziert.

Selbst die einfache Reproduktion unterstellt, muß daher ein Teil des Mehrwerts beständig in Geld undnicht in Produkt existieren, weil er sonst nicht behufs der Konsumtion aus Geld in Produkt verwandeltwerden kann. Diese Verwandlung des Mehrwerts aus seiner ursprünglichen Warenform in Geld ist hierweiter zu untersuchen. Zur Vereinfachung der Sache wird <327> die einfachste Form des Problems unter-stellt, nämlich die ausschließliche Zirkulation von Metallgeld, von Geld, welches wirkliches Äquivalentist.

Nach den für die einfache Warenzirkulation entwickelten Gesetzen (Buch I, Kap. III <Siehe Band 23, S.153 - 156>) muß die Masse des im Lande vorhandenen Metallgelds nicht nur hinreichen, um die Warenzu zirkulieren. Sie muß hinreichen für die Schwankungen des Geldumlaufs, die teils entspringen ausFluktuationen in der Geschwindigkeit der Zirkulation, teils aus dem Preiswechsel der Waren, teils aus denverschiednen und wechselnden Proportionen, worin das Geld als Zahlungsmittel oder als eigentlichesZirkulationsmittel fungiert. Das Verhältnis, worin die vorhandne Geldmasse sich in Schatz und umlau-fendes Geld spaltet, wechselt beständig, aber die Masse des Geldes ist stets gleich der Summe des alsSchatz und als umlaufendes Geld vorhandnen Gelds. Diese Geldmasse (Masse edlen Metalls) ist ein nachund nach akkumulierter Schatz der Gesellschaft. Soweit ein Teil dieses Schatzes sich durch Verschleißverzehrt, muß er jährlich, wie jedes andre Produkt, neu ersetzt werden. Dies geschieht in der Wirklichkeitdurch direkten oder indirekten Austausch eines Teils des jährlichen Landesprodukts mit dem Produkt derGold und Silber produzierenden Länder. Dieser internationale Charakter der Transaktion verhüllt indesihren einfachen Verlauf. Um das Problem daher auf seinen einfachsten und durchsichtigsten Ausdruck zu

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reduzieren, muß vorausgesetzt werden, daß Gold- und Silberproduktion im Lande selbst stattfindet, alsoGold- und Silberproduktion einen Teil der gesellschaftlichen Gesamtproduktion innerhalb jedes Landesbildet.

Abgesehn von dem für Luxusartikel produzierten Gold oder Silber muß das Minimum ihrer jährlichenProduktion gleich sein dem durch die jährliche Geldzirkulation bewirkten Verschleiß der Geldmetalle.Ferner: Wächst die Wertsumme der jährlich produzierten und zirkulierten Warenmasse, so muß auch diejährliche Gold- und Silberproduktion wachsen, soweit die gewachsne Wertsumme der zirkulierendenWaren und die für ihre Zirkulation (und entsprechende Schatzbildung) erforderliche Geldmasse nichtkompensiert wird durch größre Geschwindigkeit des Geldumlaufs und durch umfangreichre Funktion desGelds als Zahlungsmittel, d.h. durch größre gegenseitige Saldierung der Käufe und Verkäufe ohne Da-zwischenkunft von wirklichem Geld.

Ein Teil der gesellschaftlichen Arbeitskraft und ein Teil der gesellschaftlichen Produktionsmittel mußalso in der Produktion von Gold und Silber jährlich verausgabt werden.

<328> Die Kapitalisten, welche die Gold- und Silberproduktion betreiben - und wie hier bei Vorausset-zung einfacher Reproduktion angenommen -, nur betreiben innerhalb der Schranken des jährlichenDurchschnittsverschleißes und des dadurch verursachten jährlichen Durchschnittskonsums von Gold undSilber, werfen ihren Mehrwert, den sie nach der Unterstellung jährlich konsumieren, ohne etwas davon zukapitalisieren, direkt in die Zirkulation in der Geldform, die für sie die Naturalform, nicht wie in den an-dern Produktionszweigen die verwandelte Form des Produkts ist.

Ferner: Was den Arbeitslohn betrifft - die Geldform, worin das variable Kapital vorgeschossen wird -, sowird er hier ebenfalls ersetzt nicht durch Verkauf des Produkts, seine Verwandlung in Geld, sonderndurch ein Produkt, dessen Naturalform von vornherein die Geldform ist.

Endlich findet dies auch mit dem Teil des Edelmetallprodukts statt, der gleich dem Wert des periodischaufgezehrten konstanten Kapitals ist, sowohl des konstanten zirkulierenden, wie des während des Jahrsverzehrten konstanten fixen Kapitals.

Betrachten wir den Kreislauf, resp. Umschlag des in der Edelmetallproduktion angelegten Kapitals zu-nächst unter der Form G - W ... P ... G´. Soweit in G - W das W nicht nur aus Arbeitskraft und Produkti-onsmitteln besteht, sondern auch aus fixem Kapital, wovon nur ein Wertteil in P aufgebraucht wird, istklar, daß G´- das Produkt - eine Geldsumme ist gleich dem in Arbeitslohn ausgelegten variablen Kapitalplus dem in Produktionsmitteln ausgelegten zirkulierenden konstanten Kapital plus dem Wertteil des ver-schlißnen fixen Kapitals plus dem Mehrwert. Wäre die Summe geringer, bei unverändertem allgemeinenWert des Goldes, so wäre die Minenanlage unproduktiv, oder - wenn dies allgemein der Fall - würde inZukunft der Wert des Goldes, verglichen mit den Waren, deren Wert nicht verändert, steigen; d.h. diePreise der Waren würden fallen, es würde also in Zukunft die in G - W ausgelegte Geldsumme kleinersein.

Betrachten wir zunächst nur den zirkulierenden Teil des in G, dem Ausgangspunkt von G - W ... P ... G´,vorgeschoßnen Kapitals, so wird eine bestimmte Geldsumme vorgeschossen, in Zirkulation geworfen zurZahlung von Arbeitskraft und zum Kauf von Produktionsstoffen. Aber sie wird durch den Kreislauf die-ses Kapitals der Zirkulation nicht wieder entzogen, um von neuem hineingeworfen zu werden. Das Pro-dukt in seiner Naturalform ist schon Geld, es braucht also nicht erst durch Austausch, durch einen Zirku-lationsprozeß, in Geld verwandelt zu werden. Es tritt aus dem Produktionsprozeß in die Zirkulationssphä-re nicht in der Form von Warenkapital, das sich in Geldkapital, sondern als Geldkapital, das sich in<329> produktives Kapital rückverwandeln, d.h. von neuem Arbeitskraft und Produktionsstoffe kaufensoll. Die Geldform des zirkulierenden, in Arbeitskraft und Produktionsmitteln verzehrten Kapitals wirdersetzt nicht durch den Verkauf des Produkts, sondern durch die Naturalform des Produkts selbst, also

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nicht durch Wiederentziehn seines Werts aus der Zirkulation in Geldform, sondern durch zuschüssiges,neuproduziertes Geld.

Nehmen wir an, dies zirkulierende Kapital sei = 500 Pfd.St., die Umschlagsperiode = 5 Wochen, Arbeits-periode = 4 Wochen, Zirkulationsperiode nur = 1 Woche. Es muß von vornherein für 5 Wochen Geld teilsin Produktionsvorrat vorgeschossen werden, teils vorrätig sein, um nach und nach in Arbeitslohn wegge-zahlt zu werden. Anfang der 6. Woche sind 400 Pfd.St. zurückgeflossen und 100 Pfd.St. freigesetzt. Dieswiederholt sich beständig. Hier, wie früher, werden während gewisser Zeit des Umschlags 100 Pfd.St.beständig in der freigesetzten Form sich befinden. Aber sie bestehn aus zuschüssigem neuproduziertemGeld, ganz wie die andern 400 Pfd.St. Wir hatten hier 10 Umschläge im Jahr, und das produzierte Jahre-sprodukt ist = 5.000 Pfd.St. Gold. (Die Zirkulationsperiode entsteht hier nicht durch die Zeit, welche dieVerwandlung der Ware in Geld, sondern welche die Verwandlung von Geld in die Produktionselementekostet.)

Bei jedem andren Kapital von 500 Pfd.St., welches unter denselben Bedingungen umschlägt, ist die be-ständig erneuerte Geldform die verwandelte Form des produzierten Warenkapitals, welches alle 4 Wo-chen in die Zirkulation geworfen wird und das durch seinen Verkauf - also durch periodische Entziehungdes Geldquantums, als das es ursprünglich in den Prozeß eintrat - diese Geldform stets von neuem wie-dererhält. Hier dagegen wird in jeder Umschlagsperiode eine neue zuschüssige Geldmasse von 500Pfd.St. aus dem Produktionsprozeß selbst in die Zirkulation geworfen, um ihr beständig Produktionsstoffeund Arbeitskraft zu entziehn. Dies in die Zirkulation geworfne Geld wird ihr durch den Kreislauf diesesKapitals nicht wieder entzogen, sondern noch durch beständig neuproduzierte Goldmassen vermehrt.

Betrachten wir den variablen Teil dieses zirkulierenden Kapitals und setzen wir ihn, wie oben, = 100Pfd.St., so wären in der gewöhnlichen Warenproduktion diese 100 Pfd.St. bei zehnmaligem Umschlaghinreichend, um beständig die Arbeitskraft zu zahlen. Hier, in der Geldproduktion reicht dieselbe Summe;aber die 100 Pfd.St. Rückfluß, womit die Arbeitskraft in je 5 Wochen bezahlt wird, sind nicht verwan-delte Form ihres Produkts, sondern sind ein Teil ihres stets erneuten Produkts selbst. Der Goldproduzentzahlt seine Arbeiter direkt mit einem Teil des von ihnen selbst <330> produzierten Goldes. Die so in Ar-beitskraft jährlich ausgelegten und von den Arbeitern in die Zirkulation geworfenen 1.000 Pfd.St. kehrendaher nicht durch die Zirkulation zu ihrem Ausgangspunkt zurück.

Was ferner das fixe Kapital betrifft, so erheischt es bei erster Anlage des Geschäfts die Verausgabungeines größren Geldkapitals, das also in die Zirkulation geworfen wird. Wie alles fixe Kapital, fließt es nurstückweis im Lauf von Jahren zurück. Aber es fließt zurück als unmittelbares Stück des Produkts, desGoldes, nicht durch Verkauf des Produkts und seine dadurch vollzogne Vergoldung. Es erhält also all-mählich seine Geldform nicht durch Entziehung von Geld aus der Zirkulation, sondern durch Anhäufeneines entsprechenden Teils des Produkts. Das so wieder hergestellte Geldkapital ist nicht eine Geldsum-me, allmählich der Zirkulation entzogen zur Ausgleichung der ursprünglich für das fixe Kapital in siegeworfnen Geldsumme. Es ist eine zuschüssige Masse Geld.

Endlich, was den Mehrwert betrifft, so ist er ebenfalls gleich einem Teil des neuen Goldprodukts, das injeder neuen Umschlagsperiode in Zirkulation geworfen wird, um nach unsrer Unterstellung unproduktivverausgabt, für Lebensmittel und Luxusgegenstände weggezahlt zu werden.

Nach der Voraussetzung aber ersetzt diese ganze jährliche Goldproduktion - wodurch beständig Arbeits-kraft und Produktionsstoffe, aber kein Geld dem Markt entzogen und beständig zuschüssiges Geld ihmzugeführt wird - nur das während des Jahrs verschlißne Geld, hält also nur die gesellschaftliche Geldma-sse vollzählig, die beständig, wenn auch in wechselnden Portionen, in den zwei Formen von Schatz undim Umlauf befindlichem Geld existiert.

Nach dem Gesetz der Warenzirkulation muß die Geldmasse gleich sein der für die Zirkulation erheischtenGeldmasse plus einem in Schatzform befindlichen Geldquantum, welches je nach Kontraktion oder Ex-

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pansion der Zirkulation zu- oder abnimmt, namentlich aber auch für die Bildung der nötigen Reserve-fonds von Zahlungsmitteln dient. Was in Geld gezahlt werden muß - soweit keine Ausgleichung derZahlungen stattfindet -, ist der Wert der Waren. Daß ein Teil dieses Werts aus Mehrwert besteht, d.h. demVerkäufer der Waren nichts gekostet hat, ändert absolut nichts an der Sache. Gesetzt, die Produzentenseien alle selbständige Besitzer ihrer Produktionsmittel, es finde also Zirkulation statt zwischen den un-mittelbaren Produzenten selbst. Abgesehn von dem konstanten Teil ihres Kapitals, könnte man dann ihrjährliches Mehrprodukt, zur Analogie mit dem kapitalistischen Zustand, in zwei Teile teilen: den einen a,der bloß ihre notwendigen Lebensmittel ersetzt, den andern b, den sie zum Teil in Luxus- <331> produk-ten verzehren, zum Teil zur Erweiterung der Produktion anwenden. a vertritt dann das variable Kapital, bden Mehrwert. Aber diese Einteilung bliebe ohne allen Einfluß auf die Größe der zur Zirkulation ihresGesamtprodukts erheischten Geldmasse. Bei sonst gleichbleibenden Umständen wäre der Wert der zirku-lierenden Warenmasse derselbe, daher auch die für ihn erheischte Geldmasse. Auch müßten sie dieselbenGeldreserven bei gleicher Teilung der Umschlagsperioden haben, d.h. denselben Teil ihres Kapitals be-ständig in Geldform, da nach wie vor, nach der Unterstellung, ihre Produktion Warenproduktion wäre.Der Umstand also, daß ein Teil des Warenwerts aus Mehrwert besteht, ändert absolut nichts an der Massedes zum Betrieb des Geschäfts notwendigen Geldes.

Ein Gegner Tookes, der sich an die Form G - W - G´ hält, fragt ihn, wie es denn der Kapitalist anfange,um beständig der Zirkulation mehr Geld zu entziehn, als er in sie hineinwirft. Man verstehe wohl. Es han-delt sich hier nicht um die Bildung des Mehrwerts. Diese, die das einzige Geheimnis ausmacht, verstehtsich vom kapitalistischen Standpunkt von selbst. Die angewandte Wertsumme wäre ja nicht Kapital,wenn sie nicht mit einem Mehrwert sich bereicherte. Da sie also der Voraussetzung nach Kapital ist, ver-steht sich der Mehrwert von selbst.

Die Frage ist also nicht: Wo kommt der Mehrwert her? Sondern: Wo kommt das Geld her, um ihn zuversilbern?

Aber in der bürgerlichen Ökonomie versteht sich die Existenz des Mehrwerts von selbst. Sie ist also nichtnur unterstellt, sondern mit ihr ist auch ferner unterstellt, daß ein Teil der in die Zirkulation geworfnenWarenmasse aus Mehrprodukt besteht, also einen Wert darstellt, den der Kapitalist nicht mit seinem Ka-pital in die Zirkulation warf; daß der Kapitalist also mit seinem Produkt einen Überschuß über sein Kapi-tal in die Zirkulation wirft und ihr diesen Überschuß auch wieder entzieht.

Das Warenkapital, das der Kapitalist in die Zirkulation wirft, ist von größerm Wert (woher das kommt,wird nicht erklärt oder begriffen, aber c´est un fait <es ist eine Tatsache> vom Standpunkt dieser selb i-gen) als das produktive Kapital, das er in Arbeitskraft plus Produktionsmitteln der Zirkulation entzogenhat. Unter dieser Voraussetzung ist daher klar, warum nicht nur Kapitalist A, sondern auch B, C, D etc.der Zirkulation durch Austausch seiner Ware beständig mehr Wert entziehn kann, als den Wert seinesursprünglich und stets aufs neue vorgeschoßnen Kapitals. A, B, C, D etc. werfen beständig einen größrenWarenwert - diese Operation ist so vielseitig, wie die selb- <332> ständig fungierenden Kapitale - in derForm von Warenkapital in die Zirkulation, als sie ihr unter der Form von produktivem Kapital entziehn.Sie haben also beständig sich in eine Wertsumme zu teilen (d.h. jeder seinerseits der Zirkulation ein pro-duktives Kapital zu entziehn) gleich der Wertsumme ihrer resp. vorgeschoßnen produktiven Kapitale; undebenso beständig sich in eine Wertsumme zu teilen, die sie ebenso allseitig in Warenform, als respektivenÜberschuß des Warenwerts über den Wert seiner Produktionselemente, in die Zirkulation werfen.

Aber das Warenkapital, vor seiner Rückverwandlung in produktives Kapital und vor der Verausgabungdes in ihm steckenden Mehrwerts, muß versilbert werden. Wo kommt das Geld dazu her? Diese Frageerscheint auf den ersten Blick schwierig, und weder Tooke noch ein andrer hat sie bisher beantwortet.

Das in der Form von Geldkapital vorgeschoßne zirkulierende Kapital von 500 Pfd.St., welches immerseine Umschlagsperiode, sei das zirkulierende Gesamtkapital der Gesellschaft, d.h. der Kapitalistenklasse.

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Der Mehrwert sei 100 Pfd.St. Wie kann nun die ganze Kapitalistenklasse beständig 600 Pfd.St. aus derZirkulation herausziehn, wenn sie beständig nur 500 Pfd.St. hineinwirft?

Nachdem das Geldkapital von 500 Pfd.St. in produktives Kapital verwandelt, verwandelt dieses sich in-nerhalb des Produktionsprozesses in Warenwert von 600 Pfd.St., und es befindet sich in Zirkulation nichtnur ein Warenwert von 500 Pfd.St., gleich dem ursprünglich vorgeschoßnen Geldkapital, sondern einneuproduzierter Mehrwert von 100 Pfd.St.

Dieser zuschüssige Mehrwert von 100 Pfd.St. ist in Warenform in die Zirkulation geworfen. Darüberbesteht kein Zweifel. Aber durch dieselbe Operation ist nicht das zuschüssige Geld für die Zirkulationdieses zuschüssigen Warenwerts gegeben.

Man muß nun die Schwierigkeit nicht durch plausible Ausflüchte zu umgehn suchen.

Zum Beispiel: Was das konstante zirkulierende Kapital betrifft, so ist klar, daß nicht alle es gleichzeitigauslegen. Während Kapitalist A seine Ware verkauft, also für ihn vorgeschoßnes Kapital Geldform an-nimmt, nimmt für den Käufer B umgekehrt sein in Geldform vorhandnes Kapital die Form seiner Pro-duktionsmittel an, die gerade A produziert. Durch denselben Akt, wodurch A seinem produzierten Wa-renkapital die Geldform wiedergibt, gibt B dem seinigen die produktive Form wieder, verwandelt es ausGeldform in Produktionsmittel und Arbeitskraft; dieselbe Geldsumme fungiert in dem doppelseitigenProzeß wie in jedem einfachen Kauf W - G. <333> Andrerseits, wenn A das Geld wieder in Produkti-onsmittel verwandelt, kauft er von C, und dieser zahlt damit B etc. So wäre dann der Hergang erklärt.Aber:

Alle in bezug auf das Quantum des zirkulierenden Geldes bei der Warenzirkulation (Buch I, Kap. III)aufgestellten Gesetze werden in keiner Art durch den kapitalistischen Charakter des Produktionsprozessesgeändert.

Wenn also gesagt wird, das in Geldform vorzuschießende zirkulierende Kapital der Gesellschaft beträgt500 Pfd.St., so ist dabei schon in Berechnung gebracht, daß dies einerseits die Summe ist, die gleichzeitigvorgeschossen war, daß aber andrerseits diese Summe mehr produktives Kapital in Bewegung setzt als500 Pfd.St., weil sie abwechselnd als Geldfonds verschiedner produktiven Kapitale dient. Diese Erklä-rungsweise setzt also schon das Geld als vorhanden voraus, dessen Dasein sie erklären soll. -

Es könnte ferner gesagt werden: Kapitalist A produziert Artikel, die Kapitalist B individuell, unproduktivkonsumiert. Das Geld von B versilbert also das Warenkapital von A, und so dient dieselbe Geldsummezur Versilbrung des Mehrwerts von B und des zirkulierenden konstanten Kapitals von A. Hier ist aber dieLösung der Frage, die beantwortet werden soll, noch direkter unterstellt. Nämlich, wo kriegt B dies Geldzur Bestreitung seiner Revenue her? Wie hat er selbst diesen Mehrwertteil seines Produkts versilbert? -

Ferner könnte gesagt werden, der Teil des zirkulierenden variablen Kapitals, den A seinen Arbeitern be-ständig vorschießt, strömt ihm beständig aus der Zirkulation zurück; und nur ein abwechselnder Teil da-von liegt beständig bei ihm selbst für Zahlung des Arbeitslohns fest. Zwischen der Ausgabe und demRückstrom verfließt jedoch eine gewisse Zeit, während deren das in Arbeitslohn ausgezahlte Geld unterandrem auch zur Versilberung von Mehrwert dienen kann. - Aber wir wissen erstens, daß je größer dieseZeit, um so größer auch die Masse des Geldvorrats sein muß, die der Kapitalist A beständig in petto hal-ten muß. Zweitens gibt der Arbeiter das Geld aus, kauft Waren damit, versilbert daher den in diesen Wa-ren steckenden Mehrwert pro tanto. Also dient dasselbe Geld, das in der Form des variablen Kapitalsvorgeschossen wird, pro tanto auch dazu, Mehrwert zu versilbern. Ohne hier noch tiefer auf diese Frageeinzugehn, hier nur soviel: daß die Konsumtion der ganzen Kapitalistenklasse und der von ihr abhängigenunproduktiven Personen gleichzeitig Schritt hält mit der für die Arbeiterklasse; also, gleichzeitig mit demvon den Arbeitern in Zirkulation geworfnen Geld, von den Kapitalisten Geld in die Zirkulation geworfenwerden muß, um ihren Mehrwert als Revenue zu verausgaben; also für den- <334> selben der Zirkulation

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Geld entzogen sein muß. Die eben gegebne Erklärung würde nur das so nötige Quantum verringern, nichtbeseitigen. -

Endlich könnte gesagt werden: Es wird doch beständig ein großes Quantum Geld in Zirkulation geworfenbei der ersten Anlage des fixen Kapitals, das der Zirkulation nur allmählich, stückweis, im Lauf von Jah-ren, von dem wieder entzogen wird, der es hineinwarf. Kann diese Summe nicht hinreichen, um denMehrwert zu versilbern? - Hierauf ist zu antworten, daß vielleicht in der Summe von 500 Pfd.St. (die auchSchatzbildung für nötige Reservefonds einschließt) schon die Anwendung dieser Summe als fixes Kapi-tal, wenn nicht durch den, der sie hineinwarf, so doch durch jemand anders, einbegriffen ist. Außerdem istbei der Summe, die für Beschaffung der als fixes Kapital dienenden Produkte ausgegeben wird, schonunterstellt, daß auch der in diesen Waren steckende Mehrwert gezahlt ist, und es frägt sich eben, wo diesGeld herkommt. -

Die allgemeine Antwort ist bereits gegeben: Wenn eine Warenmasse von x * 1.000 Pfd.St. zu zirkulieren,so ändert es absolut nichts am Quantum der zu dieser Zirkulation nötigen Geldsumme, ob der Wert dieserWarenmasse Mehrwert enthält oder nicht, ob die Warenmasse kapitalistisch produziert ist oder nicht. DasProblem selbst existiert also nicht. Bei sonst gegebnen Bedingungen, Umlaufsgeschwindigkeit des Gel-des etc., ist eine bestimmte Geldsumme erheischt, um den Warenwert von x * 1.000 Pfd.St. zu zirkulie-ren, ganz unabhängig von dem Umstand, wie viel oder wie wenig von diesem Wert den unmittelbarenProduzenten dieser Waren zufällt. Soweit hier ein Problem existiert, fällt es zusammen mit dem allgemei-nen Problem: woher die zur Zirkulation der Waren in einem Lande nötige Geldsumme kommt.

Indes existiert allerdings, vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion, der Schein eines besondrenProblems. Es ist nämlich hier der Kapitalist, welcher als der Ausgangspunkt erscheint, von dem das Geldin die Zirkulation geworfen wird. Das Geld, das der Arbeiter zur Zahlung seiner Lebensmittel ausgibt,existiert vorher als Geldform des variablen Kapitals und wird daher ursprünglich vom Kapitalisten inZirkulation geworfen als Kauf- oder Zahlungsmittel von Arbeitskraft. Außerdem wirft der Kapitalist dasGeld in Zirkulation, das für ihn ursprünglich die Geldform seines konstanten fixen und flüssigen Kapitalsbildet; er gibt es aus als Kauf- oder Zahlungsmittel für Arbeitsmittel und Produktionsstoffe. Aber überdies hinaus erscheint der Kapitalist nicht weiter als Ausgangspunkt der in der Zirkulation befindlichenGeldmasse. Nun aber existieren nur zwei Ausgangspunkte: der Kapitalist und der Arbeiter. Alle drittenPersonenrubriken <335> müssen entweder für Dienstleistungen Geld von diesen beiden Klassen erhalten,oder soweit sie es ohne Gegenleistung erhalten, sind sie Mitbesitzer des Mehrwerts in der Form vonRente, Zins etc. Daß der Mehrwert nicht ganz in der Tasche des industriellen Kapitalisten bleibt, sondernvon ihm mit andern Personen geteilt werden muß, hat mit der vorliegenden Frage nichts zu tun. Es fragtsich, wie er seinen Mehrwert versilbert, nicht wie das dafür gelöste Silber sich später verteilt. Es ist alsofür unsern Fall der Kapitalist noch als einziger Besitzer des Mehrwerts zu betrachten. Was aber den Ar-beiter betrifft, so ist bereits gesagt, daß er nur sekundärer Ausgangspunkt, der Kapitalist aber der primäreAusgangspunkt des vom Arbeiter in die Zirkulation geworfnen Gelds ist. Das zuerst als variables Kapitalvorgeschoßne Geld vollzieht bereits seinen zweiten Umlauf, wenn der Arbeiter es zur Zahlung von Le-bensmitteln ausgibt.

Die Kapitalistenklasse bleibt also der einzige Ausgangspunkt der Geldzirkulation. Wenn sie zur Zahlungvon Produktionsmitteln 400 Pfd.St., zur Zahlung der Arbeitskraft 100 Pfd.St. braucht, so wirft sie 500Pfd.St. in Zirkulation. Aber der in dem Produkt steckende Mehrwert, bei Mehrwertsrate von 100% istgleich einem Wert von 100 Pfd.St. Wie kann sie 600 Pfd.St. aus der Zirkulation beständig herausziehn,wenn sie beständig nur 500 Pfd.St. hineinwirft? Aus nichts wird nichts. Die Gesamtklasse der Kapitali-sten kann nichts aus der Zirkulation herausziehn, was nicht vorher hineingeworfen war.

Es wird hier abgesehn davon, daß die Geldsumme von 400 Pfd.St. vielleicht hinreicht, um bei zehnmali-gem Umschlag Produktionsmittel zum Wert von 4.000 Pfd.St. und Arbeit zum Wert von 1.000 Pfd.St. zuzirkulieren, und die übrigen 100 Pfd.St. für die Zirkulation des Mehrwerts von 1.000 Pfd.St. ebenfallsgenügen. Dies Verhältnis der Geldsumme zu dem von ihr zirkulierten Warenwert tut nichts zur Sache.

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Das Problem bleibt dasselbe. Fänden nicht verschiedne Umläufe derselben Geldstücke statt, so wären5.000 Pfd.St. als Kapital in Zirkulation zu werfen und 1.000 Pfd.St. wären nötig, um den Mehrwert zuversilbern. Es fragt sich, wo dies letztre Geld herkommt, ob nun 1.000 oder 100 Pfd.St. Jedenfalls ist esein Überschuß über das in Zirkulation geworfne Geldkapital.

In der Tat, so paradox es auf den ersten Blick scheint, die Kapitalistenklasse selbst wirft das Geld in Zir-kulation, das zur Realisierung des in den Waren steckenden Mehrwerts dient. Aber notabene: sie wirft eshinein nicht als vorgeschoßnes Geld, also nicht als Kapital. Sie verausgabt es als Kaufmittel für ihre indi-viduelle Konsumtion. Es ist also nicht von ihr vorgeschossen, obgleich sie der Ausgangspunkt seiner Zir-kulation ist.

<336> Nehmen wir einen einzelnen Kapitalisten, der sein Geschäft eröffnet, z.B. einen Pächter. Währenddes ersten Jahrs schießt er ein Geldkapital, sage von 5.000 Pfd.St. vor, in Zahlung von Produktionsmitteln(4.000 Pfd.St.) und von Arbeitskraft (1.000 Pfd.St.). Die Mehrwertsrate sei 100%, der von ihm angeeig-nete Mehrwert 1.000 Pfd.St. Die obigen 5.000 Pfd.St. schließen alles Geld ein, was er als Geldkapitalvorschießt. Aber der Mann muß auch leben, und er nimmt kein Geld ein vor Ende des Jahrs. Sein Kon-sum betrage 1.000 Pfd.St. Diese muß er besitzen. Er sagt zwar, daß er sich diese 1.000 Pfd.St. vorschie-ßen muß während des ersten Jahrs. Doch heißt dies Vorschießen - das hier nur subjektiven Sinn hat -weiter nichts, als daß er das erste Jahr seine individuelle Konsumtion aus eigner Tasche, statt aus derGratisproduktion seiner Arbeiter bestreiten muß. Er schießt dies Geld nicht vor als Kapital. Er verausgabtes, zahlt es fort für ein Äquivalent in Lebensmitteln, die er verzehrt. Dieser Wert ist von ihm in Geld ver-ausgabt, in die Zirkulation geworfen und in Warenwerten ihr entzogen worden. Diese Warenwerte hat erverzehrt. Er hat also aufgehört, in irgendeinem Verhältnis zu ihrem Wert zu stehn. Das Geld, womit er ihngezahlt, existiert als Element des zirkulierenden Geldes. Aber den Wert dieses Geldes hat er der Zirkula-tion in Produkten entzogen, und mit den Produkten, worin er existierte, ist auch ihr Wert vernichtet. Er istalle geworden. Am Ende des Jahres nun wirft er in die Zirkulation einen Warenwert von 6.000 Pfd.St.und verkauft ihn. Damit fließt für ihn zurück: 1. sein vorgeschoßnes Geldkapital von 5.000 Pfd.St., 2. derversilberte Mehrwert von 1.000 Pfd.St. Er hat 5.000 Pfd.St. als Kapital vorgeschossen, in die Zirkulationgeworfen, und er entzieht ihr 6.000 Pfd.St., 5.000 Pfd.St. für Kapital und 1.000 Pfd.St. für Mehrwert. Dieletztren 1.000 Pfd.St. sind versilbert mit dem Geld, das er selbst nicht als Kapitalist, sondern als Konsu-ment in die Zirkulation geworfen, nicht vorgeschossen, sondern verausgabt hat. Sie kehren jetzt zu ihmzurück als Geldform des von ihm produzierten Mehrwerts. Und von nun an wiederholt sich diese Opera-tion jährlich. Aber vom zweiten Jahr an sind die 1.000 Pfd.St., die er verausgabt, beständig die verwan-delte Form, die Geldform des von ihm produzierten Mehrwerts. Er verausgabt sie jährlich, und sie fließenihm ebenso jährlich zurück.

Schlüge sein Kapital öfter im Jahre um, so änderte das nichts an der Sache, wohl aber an der Länge derZeit und daher an der Größe der Summe, die er über sein vorgeschoßnes Geldkapital hinaus für seineindividuelle Konsumtion in Zirkulation zu werfen hätte.

Dies Geld wird vom Kapitalisten nicht als Kapital in Zirkulation geworfen. Wohl aber gehört es zumCharakter des Kapitalisten, daß er fähig <337> ist, bis zum Rückfluß von Mehrwert von den in seinemBesitz befindlichen Mitteln zu leben.

In diesem Fall war angenommen, daß die Geldsumme, die der Kapitalist bis zum ersten Rückfluß seinesKapitals zur Bestreitung seiner individuellen Konsumtion in Zirkulation wirft, exakt gleich ist dem vonihm produzierten und daher zu versilbernden Mehrwert. Dies ist offenbar, mit Bezug auf den einzelnenKapitalisten, eine willkürliche Annahme. Aber sie muß richtig sein für die gesamte Kapitalistenklasse, beiUnterstellung einfacher Reproduktion. Sie drückt nur dasselbe aus, was diese Unterstellung besagt, näm-lich daß der ganze Mehrwert, aber auch nur dieser, also kein Bruchteil des ursprünglichen Kapitalstocks,unproduktiv verzehrt wird.

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Es war oben unterstellt, daß die Gesamtproduktion an edlen Metallen (= 500 Pfd.St. gesetzt) nur hin-reicht, um den Geldverschleiß zu ersetzen.

Die Gold produzierenden Kapitalisten besitzen ihr ganzes Produkt in Gold, sowohl den Teil desselben,der konstantes Kapital, wie den, der variables Kapital ersetzt, wie auch den aus Mehrwert bestehenden.Ein Teil des gesellschaftlichen Mehrwerts besteht also aus Gold, nicht aus Produkt, das sich erst innerhalbder Zirkulation vergoldet. Er besteht von vornherein aus Gold und wird in die Zirkulation geworfen, umihr Produkte zu entziehn. Dasselbe gilt hier vom Arbeitslohn, dem variablen Kapital, und vom Ersatz desvorgeschoßnen konstanten Kapitals. Wenn also ein Teil der Kapitalistenklasse einen Warenwert in dieZirkulation wirft, größer (um den Mehrwert) als das von ihnen vorgeschoßne Geldkapital, so wirft einandrer Teil der Kapitalisten einen größren Geldwert (größer um den Mehrwert) in die Zirkulation als derWarenwert, den sie der Zirkulation zur Produktion des Goldes beständig entziehn. Wenn ein Teil derKapitalisten beständig mehr Geld aus der Zirkulation auspumpt, als er einschießt, so pumpt der Gold pro-duzierende Teil beständig mehr Geld ein, als er ihr in Produktionsmitteln entzieht.

Obgleich nun von diesem Produkt von 500 Pfd.St. Gold ein Teil Mehrwert der Goldproduzenten ist, so istdie ganze Summe doch nur bestimmt zum Ersatz des für die Zirkulation der Waren nötigen Geldes; wie-viel davon den Mehrwert der Waren versilbert, wieviel ihre andren Wertbestandteile, ist dabei gleichgül-tig.

Wenn man die Goldproduktion aus dem Land heraus in andre Länder verlegt, so ändert das absolut nichtsan der Sache. Ein Teil der gesellschaftlichen Arbeitskraft und der gesellschaftlichen Produktionsmittel imLand A ist in ein Produkt verwandelt, z.B. Leinwand zum Wert von 500 Pfd.St., die nach dem Land Bausgeführt wird, um dort Gold zu kaufen. Das so im <338> Land A verwandte produktive Kapital wirftebensowenig Ware, im Unterschied von Geld, auf den Markt des Landes A, als wenn es direkt in derGoldproduktion verwandt wäre. Dies Produkt von A stellt sich in 500 Pfd.St. Gold dar und tritt nur alsGeld in die Zirkulation des Landes A. Der Teil des gesellschaftlichen Mehrwerts, den dies Produkt ent-hält, existiert direkt in Geld und für das Land A nie anders als in der Form von Geld. Obgleich für dieKapitalisten, welche das Gold produzieren, nur ein Teil des Produkts Mehrwert, ein andrer den Kapitaler-satz darstellt, so hängt dagegen die Frage, wie viel von diesem Gold, außer dem zirkulierenden konstantenKapital, variables Kapital ersetzt und wie viel Mehrwert darstellt, ausschließlich ab von den resp. Ver-hältnissen, die Arbeitslohn und Mehr- Wert vom Wert der zirkulierenden Waren bilden. Der Teil, derMehrwert bildet, verteilt sich unter die verschiednen Mitglieder der Kapitalistenklasse. Obgleich er be-ständig für die individuelle Konsumtion von ihnen ausgegeben und durch Verkauf neuen Produkts wiedereingenommen wird - gerade dieser Kauf und Verkauf macht überhaupt nur das zur Vergoldung desMehrwerts nötige Geld unter ihnen selbst zirkulieren -, so befindet sich doch, wenn auch in wechselndenPortionen, ein Teil des gesellschaftlichen Mehrwerts in der Form von Geld in der Tasche der Kapitalisten,ganz wie sich ein Teil des Arbeitslohns wenigstens während eines Teils der Woche in der Form von Geldin den Taschen der Arbeiter aufhält. Und dieser Teil ist nicht beschränkt durch den Teil des Goldprodukts<1. und 2. Auflage: Geldprodukts; geändert nach der Druckvorlage von Engels>, der ursprünglich denMehrwert der Gold produzierenden Kapitalisten bildet, sondern, wie gesagt, durch die Proportion, worinobiges Produkt von 500 Pfd.St. sich zwischen Kapitalisten und Arbeiter überhaupt verteilt, und worin derzu zirkulierende Warenwert <1. und 2. Auflage: Warenvorrat; geändert nach der Druckvorlage von En-gels> aus Mehrwert und den andren Bestandteilen des Werts besteht.

Indes besteht der Teil des Mehrwerts, der nicht in andren Waren existiert, sondern neben diesen andrenWaren in Geld, nur soweit aus einem Teil des jährlich produzierten Goldes, als ein Teil der jährlichenGoldproduktion zur Realisierung des Mehrwerts zirkuliert. Der andre Teil des Gelds, der sich fortwäh-rend in wechselnden Portionen als Geldform ihres Mehrwerts in den Händen der Kapitalistenklasse be-findet, ist nicht Element des jährlich produzierten Goldes, sondern der früher im Land akkumuliertenGeldmassen.

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Nach unsrer Unterstellung reicht die jährliche Goldproduktion von 500 Pfd.St. nur gerade hin, um dasjährlich verschlißne Geld zu ersetzen. <339> Halten wir daher nur diese 500 Pfd.St. im Auge, und abstra-hieren wir von dem Teil der jährlich produzierten Warenmasse, zu deren Zirkulation früher akkumuliertesGeld dient, so findet der in Warenform produzierte Mehrwert schon deswegen Geld zu seiner Vergoldungin der Zirkulation vor, weil auf der andern Seite Mehrwert jährlich in der Form von Gold produziert wird.Dasselbe gilt von den andern Teilen des Goldprodukts von 500 Pfd.St., die das vorgeschoßne Geldkapitalersetzen.

Es ist hier nun zweierlei zu bemerken.

Es folgt erstens: Der von den Kapitalisten in Geld ausgegebne Mehrwert, sowohl wie das von ihnen inGeld vorgeschoßne variable und sonstige produktive Kapital ist in der Tat Produkt der Arbeiter, nämlichder in der Goldproduktion beschäftigten Arbeiter. Sie produzieren neu sowohl den Teil das Goldprodukts,der ihnen als Arbeitslohn "vorgeschossen" wird, wie den Teil des Goldprodukts, worin sich der Mehrwertder kapitalistischen Goldproduzenten unmittelbar darstellt. Was endlich den Teil des Goldprodukts be-trifft, der nur den zu seiner Produktion vorgeschoßnen konstanten Kapitalwert ersetzt, so erscheint er nurin Goldform <1. und 2. Auflage: Geldform; geändert nach der Druckvorlage von Engels> (überhaupt ineinem Produkt) wieder durch die jährliche Arbeit der Arbeiter. Bei Beginn des Geschäfts wurde er ur-sprünglich vom Kapitalisten weggegeben in Geld, welches nicht neu produziert, sondern Teil der umlau-fenden gesellschaftlichen Geldmasse bildete. Soweit er dagegen durch neues Produkt, zuschüssiges Gold,ersetzt wird, ist er das jährliche Produkt des Arbeiters. Der Vorschuß von seiten des Kapitalisten erscheintauch hier nur als eine Form, die daher stammt, daß der Arbeiter weder Besitzer seiner eignen Produkti-onsmittel ist, noch während der Produktion über die von andren Arbeitern produzierten Lebensmittel ver-fügt.

Zweitens aber, was die von diesem jährlichen Ersatz von 500 Pfd.St. unabhängig existierende, teils inSchatzform, teils in Form von umlaufendem Geld befindliche Geldmasse betrifft, so muß es sich mit ihrgerade so verhalten, d.h. ursprünglich verhalten haben, wie es sich mit diesen 500 Pfd.St. noch jährlichverhält. Auf diesen Punkt kommen wir am Schluß dieses Unterabschnitts zurück. Vorher noch einigeandre Bemerkungen.

Man hat bei Betrachtung des Umschlags gesehn, daß, unter sonst gleichbleibenden Umständen, mit demWechsel in der Größe der Umschlagsperioden wechselnde Massen Geldkapital nötig sind, um die Pro-duktion <340> auf derselben Stufenleiter auszuführen. Die Elastizität der Geldzirkulation muß also großgenug sein, um sich diesem Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehung anzupassen.

Nimmt man ferner sonst gleichbleibende Umstände an - auch unveränderte Größe, Intensität und Produk-tivität des Arbeitstags -, aber veränderte Teilung des Wertprodukts zwischen Arbeitslohn und Mehrwert,so daß entweder der erstre steigt und der letztre fällt, oder umgekehrt, so wird dadurch die Masse desumlaufenden Gelds nicht berührt. Dieser Wechsel kann vorgehn ohne irgendwelche Expansion oderKontraktion der im Umlauf befindlichen Geldmasse. Betrachten wir namentlich den Fall, wo der Ar-beitslohn allgemein stiege und daher - unter den vorausgesetzten Bedingungen - die Rate des Mehrwertsallgemein fiele, außerdem, ebenfalls nach Unterstellung, kein Wechsel im Wert der zirkulierenden Wa-renmasse stattfinde. In diesem Fall wächst allerdings das Geldkapital, das als variables Kapital vorge-schossen werden muß, also die Geldmasse, die in dieser Funktion dient. Aber um gerade soviel, wie diezur Funktion von variablem Kapital erforderliche Geldmasse wächst, um gerade soviel nimmt der Mehr-wert ab, also auch die zu seiner Realisierung nötige Geldmasse. Die Summe der zur Realisierung desWarenwerts nötigen Geldmasse wird davon ebensowenig berührt wie dieser Warenwert selbst. Der Ko-stenpreis der Ware steigt für den einzelnen Kapitalisten, aber ihr gesellschaftlicher Produktionspreisbleibt unverändert. Was verändert wird, ist das Verhältnis, worin, abgesehn vom konstanten Wertteil, derProduktionspreis der Waren sich in Arbeitslohn und Profit teilt.

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Aber, sagt man, größre Auslage von variablem Geldkapital (der Wert des Gelds ist natürlich als gleich-bleibend vorausgesetzt) heißt soviel als größre Masse von Geldmitteln in der Hand der Arbeiter. Hierausfolgt größre Nachfrage nach Waren von seiten der Arbeiter. Weitre Folge ist Steigen im Preis der Waren.- Oder man sagt: Steigt der Arbeitslohn, so erhöhn die Kapitalisten die Preise ihrer Ware. - In beiden Fäl-len verursacht das allgemeine Steigen des Arbeitslohns Steigen der Warenpreise. Daher muß eine größreGeldmasse nötig sein, um die Waren zu zirkulieren, ob man das Steigen der Preise nun in der einen oderandren Weise erklärt.

Antwort auf die erste Fassung: Infolge steigenden Arbeitslohns wird namentlich die Nachfrage der Ar-beiter nach notwendigen Lebensmitteln wachsen. In einem geringren Grad wird ihre Nachfrage nach Lu-xusartikeln zunehmen oder sich Nachfrage einstellen für Artikel, die früher nicht in den Bereich ihrerKonsumtion fielen. Die plötzliche und auf größrer Stufenleiter gesteigerte Nachfrage nach notwendigenLebensmitteln wird un- <341> bedingt momentan ihren Preis steigern. Folge davon: Ein größrer Teil desgesellschaftlichen Kapitals wird in Produktion von notwendigen Lebensmitteln, ein geringrer in der Pro-duktion von Luxusmitteln verwandt, da letztre im Preise fallen, wegen des verminderten Mehrwerts unddaher der verminderten Nachfrage der Kapitalisten für dieselben. Soweit die Arbeiter dagegen selbst Lu-xusmittel kaufen, wirkt die Erhöhung ihres Lohns - innerhalb dieses Umfangs - nicht auf Steigerung desPreises von notwendigen Lebensmitteln, sondern deplaciert nur die Käufer von Luxuswaren. Mehr Lu-xuswaren als bisher gehn ein in den Konsum der Arbeiter und verhältnismäßig weniger in den Konsumder Kapitalisten. Voilà tout. <Das ist alles.> Nach einigen Oszillationen zirkuliert eine Warenmasse vomselben Wert wie vorher. - Was die momentanen Oszillationen betrifft, so werden sie kein andres Resultathaben, als unbeschäftigtes Geldkapital in die inländische Zirkulation zu werfen, das bisher in spekulativenUnternehmungen an der Börse oder im Auslande Beschäftigung suchte.

Antwort auf die zweite Fassung: Wenn es in der Hand der kapitalistischen Produzenten stände, beliebigdie Preise ihrer Waren zu erhöhn, so könnten und würden sie das tun auch ohne Steigen des Arbeitslohns.Der Arbeitslohn würde nie steigen bei sinkenden Warenpreisen. Die Kapitalistenklasse würde sich nieden Trade-Unions widersetzen, da sie stets und unter allen Umständen tun könnte, was sie jetzt aus-nahmsweis unter bestimmten, besondren, sozusagen lokalen Umständen, wirklich tut - nämlich jede Er-höhung des Arbeitslohns benutzen, um die Warenpreise in viel höherem Grade zu erhöhn, also größernProfit einzustecken.

Die Behauptung, daß die Kapitalisten die Preise der Luxusmittel erhöhen können, weil die Nachfragedanach abnimmt (infolge der verminderten Nachfrage der Kapitalisten, deren Kaufmittel dafür abgenom-men haben), wäre eine ganz originelle Anwendung des Gesetzes von Nachfrage und Angebot. Soweitnicht bloß Deplacement der Käufer dafür eintritt, Arbeiter statt Kapitalisten - und soweit dies Deplace-ment stattfindet, wirkt die Nachfrage der Arbeiter nicht auf Preissteigerung der notwendigen Lebensmit-tel, denn den Teil des Lohnzuschusses, den die Arbeiter für Luxusmittel verausgaben, können sie nicht fürnotwendige Lebensmittel verausgaben -, fallen die Preise der Luxusmittel infolge der verminderten Nach-frage. Infolgedessen wird Kapital aus ihrer Produktion zurückgezogen, bis ihre Zufuhr auf das Maß redu-ziert ist, das ihrer veränderten Rolle im gesellschaftlichen Produktionsprozeß entspricht. Mit dieser ver-ringerten <342> Produktion steigen sie, bei sonst unverändertem Wert, wieder auf ihre normalen Preise.Solange diese Kontraktion oder dieser Ausgleichungsprozeß stattfindet, wird ebenso beständig, bei stei-genden Preisen der Lebensmittel, der Produktion dieser letztern ebensoviel Kapital zugeführt, als demandren Zweig der Produktion entzogen wird, bis die Nachfrage gesättigt ist. Dann tritt wieder Gleichge-wicht ein, und das Ende des ganzen Prozesses ist, daß das gesellschaftliche Kapital, und daher auch dasGeldkapital, zwischen der Produktion von notwendigen Lebensmitteln und der von Luxusmitteln in ver-änderter Proportion geteilt ist.

Der ganze Einwurf ist ein Schreckschuß der Kapitalisten und ihrer ökonomischen Sykophanten.

Die Tatsachen, die den Vorwand zu diesem Schreckschuß liefern, sind dreierlei Art.

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1. Es ist ein allgemeines Gesetz der Geldzirkulation, daß, wenn die Preissumme der zirkulierenden Warensteigt - ob diese Vermehrung der Preissumme nun für dieselbe Warenmasse oder für eine vergrößertestattfindet -, bei sonst gleichbleibenden Umständen die Masse des zirkulierenden Geldes wächst. Es wirdnun die Wirkung mit der Ursache verwechselt. Der Arbeitslohn steigt (wenn auch selten und nur aus-nahmsweis verhältnismäßig) mit dem steigenden Preis der notwendigen Lebensmittel. Sein Steigen istFolge, nicht Ursache des Steigens der Warenpreise.

2. Bei einem partiellen oder lokalen Steigen des Arbeitslohns - d.h. Steigen in nur einzelnen Produktions-zweigen - kann dadurch eine lokale Preissteigerung der Produkte dieser Zweige erfolgen. Aber selbst dieshängt von vielen Umständen ab. Z.B. daß der Arbeitslohn hier nicht abnorm gedrückt und daher die Pro-fitrate nicht abnorm hoch war, daß der Markt für diese Waren sich nicht verengt durch die Preissteigerung(also für ihre Preissteigerung nicht vorherige Kontraktion ihrer Zufuhr nötig ist) etc.

3. Bei allgemeiner Erhöhung des Arbeitslohns steigt der Preis der produzierten Waren in Industriezwei-gen, wo das variable Kapital vorherrscht, fällt dafür aber in solchen, wo das konstante resp. fixe Kapitalvorherrscht.

Es zeigte sich bei der einfachen Warenzirkulation (Buch I, Kap. III, 2), daß, wenn auch innerhalb derZirkulation jedes bestimmten Warenquantums seine Geldform nur verschwindend ist, doch das bei derMetamorphose einer Ware in der Hand des einen verschwindende Geld notwendig seinen Platz in dereines andern nimmt, also nicht nur in erster Instanz Waren <343> allseitig ausgetauscht werden oder sichersetzen, sondern auch dieser Ersatz vermittelt und begleitet ist von allseitigem Niederschlag von Geld."Der Ersatz von Ware durch Ware läßt zugleich an dritter Hand die Geldware hängen. Die Zirkulationschwitzt beständig Geld aus." (Buch I, S. 92. <Siehe Band 23; S. 127>) Dasselbe identische Faktumdrückt sich auf Grundlage der kapitalistischen Warenproduktion so aus, daß beständig ein Teil des Kapi-tals in der Form von Geldkapital existiert und beständig ein Teil des Mehrwerts sich ebenfalls in Geld-form in den Händen seiner Besitzer befindet.

Hiervon abgesehn, ist der Kreislauf des Geldes - d.h. der Rückfluß des Geldes zu seinem Ausgangspunkt -, soweit er ein Moment des Umschlags des Kapitals bildet, ein ganz verschiednes, ja selbst entgegenge-setztes Phänomen zum Umlauf des Geldes , der seine stete Entfernung vom Ausgangspunkt durch eineReihe von Händen ausdrückt. (Buch I, S. 94. <Siehe Band 23, S. 128/129>) Dennoch schließt beschleu-nigter Umschlag eo ipso beschleunigten Umlauf ein.

Zunächst was das variable Kapital angeht: Schlägt z.B. ein Geldkapital von 500 Pfd.St. in der Form vonvariablem Kapital zehnmal im Jahr um, so ist klar, daß dieser aliquote Teil der zirkulierenden Geldmasseseine zehnfache Wertsumme = 5.000 Pfd.St. zirkuliert. Es läuft zehnmal im Jahr um zwischen Kapitalistund Arbeiter. Der Arbeiter wird bezahlt und zahlt zehnmal im Jahr mit demselben aliquoten Teil der zir-kulierenden Geld- <344> masse. Schlüge bei gleicher Stufenleiter der Produktion dies variable Kapitaleinmal im Jahr um, so fände nur einmaliger Umlauf von 5.000 Pfd.St. statt.

Ferner: Der konstante Teil des zirkulierenden Kapitals sei = 1.000 Pfd.St. Schlägt das Kapital zehnmalum, so verkauft der Kapitalist zehnmal im Jahr seine Ware, also auch den konstanten zirkulierenden Teilihres Werts. Derselbe aliquote Teil der zirkulierenden Geldmasse (= 1.000 Pfd.St.) geht zehnmal im Jahraus der Hand seiner Besitzer in die des Kapitalisten über. Dies sind zehn Stellenwechsel dieses Geldesaus einer Hand in die andre.

Zweitens: Der Kapitalist kauft zehnmal im Jahr Produktionsmittel; dies sind wieder zehn Umläufe desGelds aus einer Hand in die andre. Mit Geld zum Betrag von 1.000 Pfd.St. ist Ware für 10.000 Pfd.St.vom industriellen Kapitalisten verkauft und wieder Ware für 10.000 Pfd.St. eingekauft. Durch zwanzig-maligen Umlauf der 1.000 Pfd.St. Geld ist ein Warenvorrat von 20.000 Pfd.St. zirkuliert.

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Endlich läuft bei beschleunigtem Umschlag auch der Geldteil rascher um der den Mehrwert realisiert.

Dagegen schließt nicht umgekehrt ein raschrer Geldumlauf notwendig einen raschren Kapitalumschlagund daher auch Geldumschlag ein, d.h. nicht notwendig Verkürzung und raschre Erneuerung des Repro-duktionsprozesses.

Raschrer Geldumlauf findet jedesmal statt, sobald eine größre Masse Transaktionen mit derselben Geld-masse vollzogen werden. Dies kann auch bei gleichen Reproduktionsperioden des Kapitals der Fall sein,infolge veränderter technischer Veranstaltungen für den Geldumlauf. Ferner: Es kann sich die Masse vonTransaktionen vermehren, in denen Geld umläuft, ohne wirklichen Warenumsatz auszudrücken (Diffe-renzgeschäfte an der Börse usw.). Andrerseits können Geldumläufe ganz wegfallen. Z.B. wo der Landwirtselbst Grundbesitzer ist, findet kein Geldumlauf statt zwischen dem Pächter und Grundbesitzer; wo derindustrielle Kapitalist selbst Eigentümer des Kapitals, findet kein Umlauf statt zwischen ihm und demKreditgeber.

Was die ursprüngliche Bildung eines Geldschatzes in einem Lande betrifft, sowie die Aneignung dessel-ben durch wenige, so ist es unnötig, hier weiter darauf einzugehn.

Die kapitalistische Produktionsweise - wie ihre Basis die Lohnarbeit ist, so auch die Zahlung des Arbei-ters in Geld und überhaupt die Verwandlung <345> von Naturalleistungen in Geldleistungen - kann sicherst in größerm Umfang und tiefrer Durchbildung dort entwickeln, wo im Lande eine Geldmasse, hinrei-chend für die Zirkulation und die durch sie bedingte Schatzbildung (Reservefonds etc.) vorhanden ist.Dies ist historische Voraussetzung, obgleich die Sache nicht so zu verstehn, daß erst eine hinreichendeSchatzmasse gebildet wird und dann die kapitalistische Produktion beginnt. Sondern sie entwickelt sichgleichzeitig mit der Entwicklung ihrer Bedingungen, und eine dieser Bedingungen ist eine genügendeZufuhr von edlen Metallen. Daher die vermehrte Zufuhr der edlen Metalle seit dem 16. Jahrhundert einwesentliches Moment in der Entwicklungsgeschichte der kapitalistischen Produktion bildet. Soweit essich aber um die nötige weitere Zufuhr von Geldmaterial auf der Basis der kapitalistischen Produktions-weise handelt, so wird auf der einen Seite Mehrwert in Produkt in die Zirkulation geworfen ohne das zuseiner Versilbrung nötige Geld und auf der andren Seite Mehrwert in Gold ohne vorherige Verwandlungvon Produkt in Geld.

Die zuschüssigen Waren, die sich in Geld zu verwandeln haben, finden die nötige Geldsumme vor, weilauf der andren Seite, nicht durch den Austausch, sondern durch die Produktion selbst zuschüssiges Gold(und Silber) in die Zirkulation geworfen wird, das sich in Waren zu verwandeln hat.

II. Akkumulation und erweiterte Reproduktion

Soweit die Akkumulation in der Form von Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter stattfindet, ist esklar, daß sie kein neues Problem mit Bezug auf die Geldzirkulation bietet.

Was zunächst das zuschüssige Geldkapital betrifft, erheischt zur Funktion des wachsenden produktivenKapitals, so wird es geliefert durch den Teil des realisierten Mehrwerts, der als Geldkapital, statt als Geld-form der Revenue, von den Kapitalisten in Zirkulation geworfen wird. Das Geld ist bereits in der Handder Kapitalisten. Bloß seine Anwendung ist verschieden.

Nun wird aber infolge des zuschüssigen produktiven Kapitals, als sein Produkt, eine zuschüssige Waren-masse in Zirkulation geworfen. Mit dieser zuschüssigen Warenmasse wurde zugleich ein Teil des zu ihrerRealisation nötigen zuschüssigen Gelds in Zirkulation geworfen, soweit nämlich der Wert dieser Waren-masse gleich ist dem Wert des in ihrer Produktion verzehrten produktiven Kapitals. Diese zuschüssige

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Geldmasse ist gerade als zuschüssiges Geldkapital vorgeschossen worden und fließt daher zum Kapitali-sten zurück durch den Umschlag seines Kapitals. Hier tritt wieder <346> dieselbe Frage auf wie oben.Wo kommt das zuschüssige Geld her, um den jetzt in Warenform vorhandnen zuschüssigen Mehrwert zurealisieren?

Die allgemeine Antwort ist wieder dieselbe. Die Preissumme der zirkulierenden Warenmasse ist ver-mehrt, nicht, weil die Preise einer gegebnen Warenmasse gestiegen, sondern, weil die Masse der jetztzirkulierenden Waren größer ist als die der früher zirkulierenden Waren, ohne daß dies durch einen Fallder Preise ausgeglichen wäre. Das zur Zirkulation dieser größern Warenmasse von größrem Wert erfor-derte zuschüssige Geld muß beschafft werden entweder durch erhöhte Ökonomisierung der zirkulieren-den Geldmasse - sei es durch Ausgleichung der Zahlungen etc., sei es durch Mittel, welche den Umlaufderselben Geldstücke beschleunigen - oder aber durch Verwandlung von Geld aus der Schatzform in diezirkulierende Form. Letztres schließt nicht nur ein, daß brachliegendes Geldkapital in Funktion tritt alsKauf- oder Zahlungsmittel; oder auch, daß bereits als Reservefonds fungierendes Geldkapital, während esseinem Eigner die Funktion des Reservefonds vollzieht, für die Gesellschaft aktiv zirkuliert (wie bei De-positen in Banken, die beständig ausgeliehen werden), also doppelte Funktion vollzieht -, sondern auch,daß die stagnierenden Reservefonds von Münze ökonomisiert werden.

"Damit das Geld als Münze beständig fließt, muß die Münze beständig zu Geld gerinnen. Der beständigeUmlauf der Münze ist bedingt durch ihre beständige Stockung in größern oder kleinern Portionen, in all-seitig innerhalb der Zirkulation ebensowohl entspringenden als sie bedingenden Reservefonds von Mün-ze, deren Bildung, Verteilung, Auflösung und Wiederbildung stets wechselt, deren Dasein beständig ver-schwindet, deren Verschwinden beständig da ist. A. Smith hat diese unaufhörliche Verwandlung derMünze in Geld und des Geldes in Münze so ausgedrückt, daß jeder Warenbesitzer neben der besondrenWare, die er verkauft, eine gewisse Summe der allgemeinen Ware, womit er kauft, stets vorrätig habenmüsse. Wir sahen, daß in der Zirkulation W - G - W das zweite Glied G - W sich beständig in eine ReiheKäufe zersplittert, die sich nicht auf einmal, sondern sukzessiv in der Zeit vollziehn, so daß eine Portionvon G als Münze umläuft, während die andre als Geld ruht. Das Geld ist hier in der Tat nur suspendierteMünze, und die einzelnen Bestandteile der umlaufenden Münzmasse erscheinen stets wechselnd, bald inder einen, bald in der andren Form. Diese erste Verwandlung des Zirkulationsmittels in Geld stellt daherein nur technisches Moment des Geldumlaufs selbst dar." (Karl Marx, "Zur Kritik der Politischen Oeko-nomie", 1859, S. 105, 106. < Siehe Band 13, S. 104> - "Münze" im Ge- <347> gensatz zu Geld wird hiergebraucht zur Bezeichnung des Geldes in seiner Funktion als bloßes Zirkulationsmittel im Gegensatz zuseinen übrigen Funktionen.)

Soweit alle diese Mittel nicht hinreichen, muß zuschüssige Goldproduktion stattfinden, oder was auf das-selbe herauskommt, ein Teil des zuschüssigen Produkts wird gegen Gold - das Produkt der Länder derEdelmetallproduktion - direkt oder indirekt ausgetauscht.

Die ganze Summe der Arbeitskraft und der gesellschaftlichen Produktionsmittel, die in der jährlichenProduktion von Gold und Silber als Instrumenten der Zirkulation verausgabt wird, bildet einen schwerenPosten der faux frais der kapitalistischen, überhaupt der auf Warenproduktion gegründeten Produktions-weise. Sie entzieht der gesellschaftlichen Ausnutzung eine entsprechende Summe möglicher, zuschüssi-ger Mittel der Produktion und Konsumtion, d.h. des wirklichen Reichtums. Soweit bei gleichbleibendergegebner Stufenleiter der Produktion oder bei gegebnem Grad ihrer Ausdehnung die Kosten dieser teurenZirkulationsmaschinerie vermindert werden, soweit wird dadurch die Produktivkraft der gesellschaftli-chen Arbeit gesteigert. Soweit also die mit dem Kreditwesen sich entwickelnden Aushilfsmittel dieseWirkung haben, vermehren sie direkt den kapitalistischen Reichtum, sei es, daß ein großer Teil des ge-sellschaftlichen Produktions- und Arbeitsprozesses dadurch ohne alle Intervention von wirklichem Geldvollzogen, sei es, daß die Funktionsfähigkeit der wirklich fungierenden Geldmasse gesteigert wird.

Es erledigt sich damit auch die abgeschmackte Frage, ob die kapitalistische Produktion in ihrem jetzigenUmfang ohne das Kreditwesen (selbst nur von diesem Standpunkt betrachtet) möglich wäre, d.h. mit bloß

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metallischer Zirkulation. Es ist dies offenbar nicht der Fall. Sie hätte vielmehr Schranken gefunden andem Umfang der Edelmetallproduktion. Andrerseits muß man sich keine mystischen Vorstellungen ma-chen über die produktive Kraft des Kreditwesens, soweit es Geldkapital zur Verfügung stellt oder flüssigmacht. Die weitre Entwicklung hierüber gehört nicht hierher.

Es ist nun der Fall zu betrachten, wo nicht wirkliche Akkumulation, d.h. unmittelbare Erweitrung derProduktionsleiter stattfindet, sondern ein Teil des realisierten Mehrwerts für längre oder kürzre Zeit alsGeldreservefonds aufgehäuft wird, um später in produktives Kapital verwandelt zu werden.

<348> Soweit das sich so akkumulierende Geld zuschüssig, ist die Sache selbstverständlich. Es kann nurTeil des aus den Gold produzierenden Ländern zugeführten überschüssigen Goldes sein. Es ist dabei zumerken, daß das nationale Produkt, wogegen dies Gold eingeführt, nicht länger im Lande existiert. Es istins Ausland weggegeben gegen Gold.

Wird dagegen unterstellt, daß nach wie vor dieselbe Masse Geld im Land, so ist das aufgehäufte und sichaufhäufende Geld aus der Zirkulation hergeflossen; bloß seine Funktion ist verwandelt. Aus zirkulieren-dem Geld ist es in sich allmählich bildendes, latentes Geldkapital verwandelt.

Das Geld, das hier aufgehäuft wird, ist die Geldform von verkaufter Ware, und zwar von dem Teile ihresWerts, der für ihren Besitzer Mehrwert darstellt. (Das Kreditwesen wird hier als nicht existierend voraus-gesetzt.) Der Kapitalist, der dies Geld aufgehäuft, hat pro tanto verkauft, ohne zu kaufen.

Stellt man sich diesen Vorgang partiell vor, so ist nichts daran zu erklären. Ein Teil der Kapitalisten be-hält einen Teil des aus dem Verkauf seines Produkts gelösten Geldes, ohne dafür Produkt dem Markt zuentziehn. Ein andrer Teil dagegen verwandelt, mit Ausnahme des beständig rekurrierenden, für den Pro-duktionsbetrieb nötigen Geldkapitals, sein Geld ganz in Produkt. Ein Teil des als Träger von Mehrwertauf den Markt geworfnen Produkts besteht aus Produktionsmitteln oder aus den realen Elementen desvariablen Kapitals, notwendigen Lebensmitteln. Es kann also sofort zur Erweiterung der Produktion die-nen. Denn es ist keineswegs unterstellt, daß ein Teil der Kapitalisten Geldkapital aufhäuft, während derandre seinen Mehrwert ganz verzehrt, sondern nur, daß der eine Teil seine Akkumulation in Geldformvollzieht, latentes Geldkapital bildet, während der andre wirklich akkumuliert, d.h. die Produktionsleitererweitert, sein produktives Kapital wirklich ausdehnt. Die vorhandne Geldmasse bleibt hinreichend fürdie Bedürfnisse der Zirkulation, selbst wenn abwechselnd ein Teil der Kapitalisten Geld aufhäuft, wäh-rend der andre die Produktionsleiter erweitert, und umgekehrt. Die Geldaufhäufung auf der einen Seitekann zudem auch ohne bares Geld durch bloße Aufhäufung von Schuldforderungen vor sich gehn.

Aber die Schwierigkeit kommt dann, wenn wir nicht partielle, sondern allgemeine Akkumulation vonGeldkapital in der Kapitalistenklasse voraussetzen. Außer dieser Klasse gibt es nach unsrer Unterstellung- allgemeine und ausschließliche Herrschaft der kapitalistischen Produktion - überhaupt keine andre Klas-se als die Arbeiterklasse. Alles was die Arbeiterklasse kauft, ist gleich der Summe ihres Arbeitslohns,gleich der Summe des <349> von der gesamten Kapitalistenklasse vorgeschoßnen variablen Kapitals.Dies Geld strömt der letztren zurück durch den Verkauf ihres Produkts an die Arbeiterklasse. Ihr variablesKapital erhält dadurch wieder seine Geldform. Die Summe des variablen Kapitals sei = x * 100 Pfd.St.,d.h. die Summe nicht des im Jahre vorgeschoßnen, sondern angewandten variablen Kapitals; mit wie vieloder wenig Geld, je nach Umschlagsgeschwindigkeit, dieser variable Kapitalwert während des Jahrs vor-geschossen wird, ändert an der letzt betrachteten Frage nichts. Mit diesen x * 100 Pfd.St. Kapital kauft dieKapitalistenklasse eine gewisse Masse Arbeitskraft, oder zahlt Lohn an eine gewisse Zahl Arbeiter - ersteTransaktion. Die Arbeiter kaufen mit derselben Summe ein Quantum Waren von den Kapitalisten, damitfließt die Summe von x * 100 Pfd.St. in die Hände der Kapitalisten zurück - zweite Transaktion. Und dieswiederholt sich beständig. Die Summe von x * 100 Pfd.St. kann also nie die Arbeiterklasse befähigen,den Teil des Produkts zu kaufen, worin sich das konstante Kapital, geschweige den Teil, worin sich derMehrwert der Kapitalistenklasse darstellt. Die Arbeiter können mit den x * 100 Pfd.St. immer nur einen

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Wertteil des gesellschaftlichen Produkts kaufen, der gleich ist dem Wertteil, worin sich der Wert des vor-geschoßnen variablen Kapitals darstellt.

Abgesehn von dem Fall, worin diese allseitige Geldakkumulation nichts ausdrückt als die Verteilung deszuschüssig eingeführten Edelmetalls, in welcher Proportion immer, unter die verschiednen einzelnen Ka-pitalisten, - wie soll da also die gesamte Kapitalistenklasse Geld akkumulieren?

Sie müßten alle einen Teil ihres Produkts verkaufen, ohne wieder zu kaufen. Daß sie alle einen bestimm-ten Geldfonds besitzen, den sie als Zirkulationsmittel für ihre Konsumtion in Zirkulation werfen, undwovon jedem wieder ein gewisser Teil aus der Zirkulation zurückfließt, ist durchaus nichts Mysteriöses.Aber dieser Geldfonds besteht dann gerade als Zirkulationsfonds durch die Versilberung des Mehrwerts,keineswegs aber als latentes Geldkapital.

Betrachtet man die Sache, wie sie sich in der Wirklichkeit ereignet, so besteht das latente Geldkapital, daszu spätrem Gebrauch aufgehäuft wird:

1. Aus Depositen in Banken; und es ist eine verhältnismäßig geringe Geldsumme, worüber die Bankwirklich verfügt. Es ist hier nur nominell Geldkapital aufgehäuft. Was wirklich aufgehäuft ist, sind Geld-fordrungen, die nur deswegen versilberbar sind (soweit sie je versilbert werden), weil ein Gleichgewichtzwischen dem zurückgeforderten und dem eingelegten Geld stattfindet. Was sich als Geld in den Händender Bank befindet, ist relativ nur eine kleine Summe.

<350> 2. Aus Staatspapieren. Diese sind überhaupt kein Kapital, sondern bloße Schuldforderungen aufdas jährliche Produkt der Nation.

3. Aus Aktien. Soweit kein Schwindel, sind sie Besitztitel auf einer Korporation gehöriges wirklichesKapital und Anweisung auf den daraus jährlich fließenden Mehrwert.

In allen diesen Fällen besteht keine Aufhäufung von Geld, sondern, was auf der einen Seite als Aufhäu-fung von Geldkapital, erscheint auf der andren als beständige, wirkliche Verausgabung von Geld. Ob dasGeld von dem verausgabt wird, dem es gehört, oder von andren, seinen Schuldnern, ändert nichts an derSache.

Auf Grundlage der kapitalistischen Produktion ist die Schatzbildung als solche nie Zweck, sondern Re-sultat entweder einer Stockung der Zirkulation - indem größre Geldmassen als gewöhnlich die Schatz-form annehmen - oder der durch den Umschlag bedingten Anhäufungen, oder endlich: der Schatz ist nurBildung von Geldkapital, einstweilen in latenter Form, bestimmt, als produktives Kapital zu fungieren.

Wenn daher auf der einen Seite ein Teil des in Geld realisierten Mehrwerts der Zirkulation entzogen undals Schatz aufgehäuft wird, so wird gleichzeitig beständig ein andrer Teil des Mehrwerts in produktivesKapital verwandelt. Mit Ausnahme der Verteilung zuschüssigen Edelmetalls unter die Kapitalistenklassefindet die Aufhäufung in Geldform nie gleichzeitig an allen Punkten statt.

Von dem Teil des jährlichen Produkts, der Mehrwert in Warenform darstellt, gilt ganz dasselbe, was vondem andren Teil des jährlichen Produkts. Zu seiner Zirkulation ist eine gewisse Geldsumme erheischt.Diese Geldsumme gehört ebensowohl der Kapitalistenklasse wie die jährlich produzierte Warenmasse,die Mehrwert darstellt. Sie wird ursprünglich von der Kapitalistenklasse selbst in Zirkulation geworfen.Sie verteilt sich beständig von neuem unter sie durch die Zirkulation selbst. Wie bei der Zirkulation derMünze überhaupt, stockt ein Teil dieser Masse an beständig wechselnden Punkten, während ein andrerTeil beständig zirkuliert. Ob ein Teil dieser Anhäufung absichtlich ist, um Geldkapital zu bilden, ändertan der Sache nichts.

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Es ist hier abgesehn worden von den Abenteuern der Zirkulation, wodurch ein Kapitalist ein Stück vomMehrwert und selbst vom Kapital des andern an sich reißt und daher eine einseitige Akkumulation undZentralisation sowohl für Geldkapital wie produktives Kapital eintritt. So kann z.B. Teil des erbeutetenMehrwerts, den A als Geldkapital aufhäuft, ein Stück vom Mehrwert des B sein, das nicht zu ihm zurück-fließt.

Fußnoten

(33) Wenn die Physiokraten noch beide Phänomene durcheinanderwerfen, so sind sie doch die ersten, dieden Rückfluß des Geldes zu seinem Ausgangspunkt als wesentliche Form der Zirkulation des Kapitals,als Form der die Reproduktion vermittelnden Zirkulation hervorheben. "Seht euch das 'Tableau´Rconomique' an, ihr werdet sehen, daß die produktive Klasse das Geld gibt, mit dem die andren KlassenProdukte von ihr kaufen, und daß sie ihr dies Geld zurückgehen, indem sie im folgenden Jahr wieder diegleichen Käufe bei ihr machen ... Ihr seht hier also keinen andren Kreislauf als den der Ausgaben, denendie Reproduktion folgt, und der Reproduktion, der die Ausgaben folgen; ein Kreis, der durch die Zirkula-tion des Geldes, das die Ausgaben und die Reproduktion mißt, durchlaufen wird." (Quesnay, "Dialoguessur le Commerce et sur les Travaux des Artisans" <1. und 2. Auflage: "Problèmes économiques">, inDaire, "Physiocr.", I, p. 208, 209.) "Dieser ständige Vorschuß und Rückfluß der Kapitale bildet das, wasman die Geldzirkulation nennen muß, diese nützliche und fruchtbare Zirkulation, die alle Arbeiten derGesellschaft belebt, die die Bewegung und das Leben im politischen Körper erhält und die man mit vol-lem Recht mit der Blutzirkulation im tierischen Körper vergleicht." Turgot, "Réflexions etc.", "Oeuvres",éd. Daire, I, p. 45.)

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Die Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals

Einleitung

1. Gegenstand der Untersuchung

<351> Der unmittelbare Produktionsprozeß des Kapitals ist sein Arbeits- und Verwertungsprozeß, derProzeß, dessen Resultat das Warenprodukt und dessen bestimmendes Motiv die Produktion von Mehr-wert.

Der Reproduktionsprozeß des Kapitals umfaßt ebensowohl diesen unmittelbaren Produktionsprozeß, wiedie beiden Phasen des eigentlichen Zirkulationsprozesses, d.h. den gesamten Kreislauf, der als periodi-scher Prozeß - Prozeß, der sich in bestimmten Perioden stets von neuem wiederholt - den Umschlag desKapitals bildet.

Ob wir nun den Kreislauf in der Form G ... G´ oder in der Form P... P betrachten, der unmittelbare Pro-duktionsprozeß P bildet stets selbst nur ein Glied dieses Kreislaufs. In der einen Form erscheint er alsVermittlung des Zirkulationsprozesses, in der andren Form erscheint der Zirkulationsprozeß als seineVermittlung. Seine beständige Erneuerung, die beständige Wiederdarstellung des Kapitals als produktivesKapital ist beidemal bedingt durch seine Verwandlungen im Zirkulationsprozeß. Andrerseits ist der be-ständig erneuerte Produktionsprozeß die Bedingung der Verwandlungen, die das Kapital in der Zirkulati-onssphäre stets von neuem durchmacht, seiner abwechselnden Darstellung als Geldkapital und Warenka-pital.

Jedes einzelne Kapital bildet jedoch nur ein verselbständigtes, sozusagen mit individuellem Leben be-gabtes Bruchstück des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, wie jeder einzelne Kapitalist nur ein individu-elles Element <352> der Kapitalistenklasse. Die Bewegung des gesellschaftlichen Kapitals besteht ausder Totalität der Bewegungen seiner verselbständigten Bruchstücke, der Umschläge der individuellenKapitale. Wie die Metamorphose der einzelnen Ware ein Glied der Metamorphosenreihe der Warenwelt -der Warenzirkulation - ist, so die Metamorphose des individuellen Kapitals, sein Umschlag, ein Glied imKreislauf des gesellschaftlichen Kapitals.

Dieser Gesamtprozeß umschließt ebensowohl die produktive Konsumtion (den unmittelbaren Produkti-onsprozeß) nebst den Formverwandlungen (stofflich betrachtet, Austauschen), die ihn vermitteln, wie dieindividuelle Konsumtion mit den sie vermittelnden Formverwandlungen oder Austauschen. Sie um-schließt einerseits den Umsatz von variablem Kapital in Arbeitskraft und daher die Einverleibung derArbeitskraft in den kapitalistischen Produktionsprozeß. Hier tritt der Arbeiter als Verkäufer seiner Ware,der Arbeitskraft, auf und der Kapitalist als Käufer derselben. Andrerseits aber ist im Verkauf der Wareneingeschlossen der Kauf derselben durch die Arbeiterklasse, also deren individuelle Konsumtion. Hiertritt die Arbeiterklasse als Käufer auf und die Kapitalisten als Warenverkäufer an die Arbeiter.

Die Zirkulation des Warenkapitals schließt die Zirkulation des Mehrwerts ein, also auch die Käufe undVerkäufe, wodurch die Kapitalisten ihre individuelle Konsumtion, die Konsumtion des Mehrwerts ver-mitteln.

Der Kreislauf der individuellen Kapitale in ihrer Zusammenfassung zum gesellschaftlichen Kapital, alsoin seiner Totalität betrachtet, umfaßt also nicht nur die Zirkulation des Kapitals, sondern auch die allge-meine Warenzirkulation. Die letztre kann primitiv nur aus zwei Bestandteilen bestehn: 1. dem eignenKreislauf des Kapitals und 2. dem Kreislauf der Waren, die in die individuelle Konsumtion eingehn, alsoder Waren, worin der Arbeiter seinen Lohn und der Kapitalist seinen Mehrwert (oder Teil seines Mehr-

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werts) verausgabt. Allerdings umfaßt der Kreislauf des Kapitals auch die Zirkulation des Mehrwerts, so-weit dieser Teil des Warenkapitals bildet, und ebenso die Verwandlung von variablem Kapital in Arbeits-kraft, die Zahlung des Arbeitslohns. Aber die Verausgabung dieses Mehrwerts und Arbeitslohns in Warenbildet kein Glied der Kapitalzirkulation, obwohl wenigstens die Verausgabung des Arbeitslohns dieseZirkulation bedingt.

Im I. Buch wurde der kapitalistische Produktionsprozeß sowohl als vereinzelter Vorgang wie als Repro-duktionsprozeß analysiert: die Produktion des Mehrwerts und die Produktion des Kapitals selbst. DerForm- und Stoffwechsel, den das Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre durchmacht, <353> wurdeunterstellt, ohne weiter dabei zu verweilen. Es wurde also unterstellt, daß der Kapitalist einerseits dasProdukt zu seinem Wert verkauft, andrerseits innerhalb der Zirkulationssphäre die sachlichen Produkti-onsmittel vorfindet, um den Prozeß von neuem zu beginnen oder kontinuierlich fortzuführen. Der einzigeAkt innerhalb der Zirkulationssphäre, wobei wir uns dort aufzuhalten hatten, war der Kauf und Verkaufder Arbeitskraft als Grundbedingung der kapitalistischen Produktion.

Im ersten Abschnitt dieses II. Buchs wurden die verschiednen Formen betrachtet, die das Kapital in sei-nem Kreislauf annimmt, und die verschiednen Formen dieses Kreislaufs selbst. Zu der im I. Buch be-trachteten Arbeitszeit kommt jetzt die Zirkulationszeit hinzu.

Im zweiten Abschnitt wurde der Kreislauf als periodischer, d.h. als Umschlag betrachtet. Es wurde einer-seits gezeigt, wie die verschiednen Bestandteile des Kapitals (fixes und zirkulierendes) den Kreislauf derFormen in verschiednen Zeiträumen vollbringen und in verschiedner Weise; es wurden andrerseits dieUmstände untersucht, wodurch verschiedne Länge der Arbeitsperiode und Zirkulationsperiode bedingtwird. Es zeigte sich der Einfluß der Kreislaufsperiode und des verschiednen Verhältnisses ihrer Bestand-teile auf den Umfang des Produktionsprozesses selbst wie auf die Jahresrate des Mehrwerts. In der Tat,wenn im ersten Abschnitt hauptsächlich betrachtet wurden die sukzessiven Formen, die das Kapital inseinem Kreislauf beständig annimmt und abstreift, so im zweiten Abschnitt, wie innerhalb dieses Flussesund Sukzession von Formen ein Kapital von gegebner Größe sich gleichzeitig, wenn auch in wechseln-dem Umfang, in die verschiednen Formen von produktivem Kapital, Geldkapital und Warenkapital teilt,so daß sie nicht nur miteinander abwechseln, sondern verschiedne Teile des gesamten Kapitalwerts be-ständig in diesen verschiednen Zuständen sich nebeneinander befinden und fungieren. Das Geldkapitalnamentlich stellte sich dar in einer Eigentümlichkeit, die sich nicht in Buch I zeigte. Es wurden bestimmteGesetze gefunden, nach denen verschieden große Bestandteile eines gegebnen Kapitals, je nach den Be-dingungen des Umschlags, beständig in der Form von Geldkapital vorgeschossen und erneuert werdenmüssen, um ein produktives Kapital von gegebnem Umfang beständig in Funktion zu halten.

Es handelte sich aber im ersten wie im zweiten Abschnitt immer nur um ein individuelles Kapital, um dieBewegung eines verselbständigten Teils des gesellschaftlichen Kapitals.

Die Kreisläufe der individuellen Kapitale verschlingen sich aber ineinander, setzen sich voraus und be-dingen einander, und bilden gerade in <354> dieser Verschlingung die Bewegung des gesellschaftlichenGesamtkapitals. Wie bei der einfachen Warenzirkulation die Gesamtmetamorphose einer Ware als Gliedder Metamorphosenreihe der Warenwelt erschien, so jetzt die Metamorphose des individuellen Kapitalsals Glied der Metamorphosenreihe des gesellschaftlichen Kapitals. Wenn aber die einfache Warenzirku-lation keineswegs notwendig die Zirkulation des Kapitals einschloß - da sie auf Grundlage nichtkapitali-stischer Produktion vorgehn kann -, so schließt, wie bereits bemerkt, der Kreislauf des gesellschaftlichenGesamtkapitals auch die nicht in den Kreislauf des einzelnen Kapitals fallende Warenzirkulation ein, d.h.die Zirkulation der Waren, die nicht Kapital bilden.

Es ist nun der Zirkulationsprozeß (der in seiner Gesamtheit Form des Reproduktionsprozesses) der indi-viduellen Kapitale als Bestandteile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, also der Zirkulationsprozeßdieses gesellschaftlichen Gesamtkapitals zu betrachten.

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II. Die Rolle des Geldkapitals

{Obgleich das Folgende erst in den spätem Teil dieses Abschnitts gehört, so wollen wir es gleich untersu-chen, nämlich: das Geldkapital als Bestandteil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals betrachtet.}

Bei Betrachtung des Umschlags des individuellen Kapitals hat sich das Geldkapital von zwei Seiten ge-zeigt.

Erstens: Es bildet die Form, worin jedes individuelle Kapital auf die Bühne tritt, seinen Prozeß als Kapitaleröffnet. Es erscheint daher als primus motor <erste Triebkraft>, anstoßgebend dem ganzen Prozeß.

Zweitens: Je nach der verschiednen Länge der Umschlagsperiode und dem verschiednen Verhältnis ihrerbeiden Bestandteile - Arbeitsperiode und Zirkulationsperiode - ist der Bestandteil des vorgeschoßnenKapitalwerts, der beständig in Geldform vorgeschossen und erneuert werden muß, verschieden im Ver-hältnis zu dem produktiven Kapital, das er in Bewegung setzt, d.h. im Verhältnis zur kontinuierlichenProduktionsleiter. Welches aber immer dies Verhältnis sei, unter allen Umständen ist der Teil des prozes-sierenden Kapitalwerts, der beständig als produktives Kapital fungieren kann, beschränkt durch den Teildes vorgeschoßnen Kapitalwerts, der beständig neben dem produktiven Kapital in Geldform existierenmuß. Es handelt sich hier nur um den normalen Umschlag, einen abstrakten Durch- <355> schnitt. Es istdabei abgesehn von zuschüssigem Geldkapital zur Ausgleichung von Zirkulationsstockungen.

Zum ersten Punkt. Die Warenproduktion unterstellt die Warenzirkulation, und die Warenzirkulation un-terstellt die Darstellung der Ware als Geld, die Geldzirkulation; die Verdopplung der Ware in Ware undGeld ist ein Gesetz der Darstellung des Produkts als Ware. Ebenso unterstellt die kapitalistische Waren-produktion - gesellschaftlich sowohl wie individuell betrachtet - das Kapital in Geldform oder das Geld-kapital als primus motor für jedes neu beginnende Geschäft und als kontinuierlichen Motor. Das zirkulie-rende Kapital speziell unterstellt das in kürzern Zeiträumen beständig wiederholte Auftreten des Geldka-pitals als Motor. Der ganze vorgeschoßne Kapitalwert, d.h. alle Bestandteile des Kapitals, die aus Warenbestehn, Arbeitskraft, Arbeitsmittel und Produktionsstoffe müssen beständig mit Geld gekauft und wiedergekauft werden. Was hier für das individuelle Kapital, gilt für das gesellschaftliche Kapital, das nur in derForm vieler individuellen Kapitale fungiert. Aber wie schon im Buch I gezeigt, folgt daraus keineswegs,daß das Funktionsfeld des Kapitals, die Stufenleiter der Produktion, selbst auf kapitalistischer Grundlage,ihren absoluten Schranken nach abhängt von dem Umfang des fungierenden Geldkapitals.

Dem Kapital sind Produktionselemente einverleibt, deren Dehnung, innerhalb gewisser Grenzen, von derGröße des vorgeschoßnen Geldkapitals unabhängig ist. Bei gleicher Zahlung der Arbeitskraft kann sieextensiv oder intensiv stärker ausgebeutet werden. Wird das Geldkapital mit dieser stärkern Ausbeutungvermehrt (d.h. der Arbeitslohn erhöht), so nicht verhältnismäßig, also pro tanto gar nicht.

Der produktiv ausgebeutete Naturstoff - der kein Wertelement des Kapitals bildet -, Erde, Meer, Erze,Waldungen usw., wird mit größrer Spannung derselben Anzahl von Arbeitskräften intensiv oder extensivstärker ausgebeutet, ohne vermehrten Vorschuß von Geldkapital. Die realen Elemente des produktivenKapitals werden so vermehrt, ohne Notwendigkeit eines Zuschusses von Geldkapital. Soweit dieser nötigwird für zuschüssige Hilfsstoffe, wird das Geldkapital, worin der Kapitalwert vorgeschossen wird, nichtverhältnismäßig zur Erweiterung der Wirksamkeit des produktiven Kapitals vermehrt, also pro tanto garnicht.

Dieselben Arbeitsmittel, also dasselbe fixe Kapital kann sowohl in der Verlängrung seiner täglichen Ge-brauchszeit, wie in der Intensität seiner Anwendung wirksamer vernutzt werden ohne zuschüssige Geld-auslage für fixes Kapital. Es findet dann nur raschrer Umschlag des fixen Kapitals statt, aber auch dieElemente seiner Reproduktion werden rascher geliefert.

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<356> Von dem Naturstoff abgesehn, können Naturkräfte, die nichts kosten, als Agenten dem Produkti-onsprozeß mit stärkrer oder schwächrer Wirksamkeit einverleibt werden. Der Grad ihrer Wirksamkeithängt von Methoden und wissenschaftlichen Fortschritten ab, die dem Kapitalisten nichts kosten.

Dasselbe gilt von der gesellschaftlichen Kombination der Arbeitskraft im Produktionsprozeß und von dergehäuften Geschicklichkeit der individuellen Arbeiter. Carey rechnet heraus, daß der Grundeigentümernie genug erhält, weil ihm nicht alles Kapital, resp. Arbeit gezahlt wird, die seit Menschengedenken inden Boden gesteckt worden, um ihm seine jetzige Produktionsfähigkeit zu geben. (Von der Produktions-fähigkeit, die ihm genommen wird, ist natürlich nicht die Rede.) Danach müßte der einzelne Arbeitergezahlt werden nach der Arbeit, die es das ganze Menschengeschlecht gekostet hat, um aus einem Wildeneinen modernen Mechaniker herauszuarbeiten. Man sollte umgekehrt meinen: Berechnet man alle unbe-zahlte, aber durch Grundeigentümer und Kapitalisten versilberte Arbeit, die im Boden steckt, so ist dassämtliche in den Boden gesteckte Kapital aber und abermals mit Wucherzinsen zurückgezahlt, also dasGrundeigentum längst von der Gesellschaft aber und abermals zurückgekauft worden.

Die Erhöhung der Produktivkräfte der Arbeit, soweit sie keine zuschüssige Auslage von Kapitalwertenvoraussetzt, erhöht zwar in erster Instanz nur die Masse des Produkts, nicht seinen Wert; außer soweit siebefähigt, mehr konstantes Kapital mit derselben Arbeit zu reproduzieren, also seinen Wert zu erhalten.Aber sie bildet zugleich neuen Kapitalstoff, also die Basis vermehrter Akkumulation des Kapitals.

Soweit die Organisation der gesellschaftlichen Arbeit selbst, daher die Erhöhung der gesellschaftlichenProduktivkraft der Arbeit, verlangt, daß auf großer Stufenleiter produziert und daher Geldkapital vomEinzelkapitalisten in großen Massen vorgeschossen wird, ist bereits in Buch I <Siehe Band 23, S .652-637, 790> gezeigt, daß dies zum Teil durch Zentralisation der Kapitale in wenigen Händen geschieht,ohne daß der Umfang der fungierenden Kapitalwerte und daher auch der Umfang des Geldkapitals, worinsie vorgeschossen werden, absolut zu wachsen braucht. Die Größe der Einzelkapitale kann durch Zentra-lisation in wenigen Händen wachsen, ohne daß ihre gesellschaftliche Summe wächst. Es ist nur verän-derte Teilung der Einzelkapitale.

Es ist endlich im vorigen Abschnitt gezeigt worden, daß Verkürzung der Umschlagsperiode erlaubt, ent-weder mit weniger Geldkapital dasselbe <357> produktive Kapital oder mit demselben Geldkapital mehrproduktives Kapital in Bewegung zu setzen.

Dies alles hat offenbar jedoch mit der eigentlichen Frage des Geldkapitals nichts zu tun. Es zeigt nur, daßdas vorgeschoßne Kapital - eine gegebne Wertsumme, die in ihrer freien Form, in ihrer Wertform, auseiner gewissen Geldsumme besteht - nach seiner Verwandlung in produktives Kapital produktive Poten-zen einschließt, deren Schranken nicht durch seine Wertschranken gegeben sind, sondern die innerhalbeines gewissen Spielraums extensiv oder intensiv verschieden wirken können. Die Preise der Produktion-selemente - der Produktionsmittel und der Arbeitskraft - gegeben, ist die Größe des Geldkapitals be-stimmt, die nötig ist, um ein bestimmtes Quantum dieser als Waren vorhandnen Produktionselemente zukaufen. Oder die Wertgröße des vorzuschießenden Kapitals ist bestimmt. Aber der Umfang, worin diesKapital als Wert- und Produktbildner wirkt, ist elastisch und variabel.

Zum zweiten Punkt. Daß der Teil der gesellschaftlichen Arbeit und Produktionsmittel, der jährlich zurProduktion oder zum Ankauf von Geld verausgabt werden muß, um verschlißne Münze zu ersetzen, protanto ein Abbruch am Umfang der gesellschaftlichen Produktion ist, ist selbstverständlich. Was aber denGeldwert angeht, der teils als Umlaufsmittel, teils als Schatz fungiert, so ist er einmal da, erworben, er istda neben der Arbeitskraft, den produzierten Produktionsmitteln und den natürlichen Quellen des Reich-tums. Er kann nicht als Schranke derselben betrachtet werden. Durch seine Verwandlung in Produktion-selemente, durch Austausch mit andren Völkern, könnte die Produktionsleiter erweitert werden. Diesunterstellt jedoch, daß das Geld nach wie vor seine Rolle als Weltgeld spielt.

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Je nach der Größe der Umschlagsperiode ist größre oder geringre Masse von Geldkapital nötig, um dasproduktive Kapital in Bewegung zu setzen. Ebenso haben wir gesehn, daß die Teilung der Umschlagspe-riode in Arbeitszeit und Zirkulationszeit eine Vermehrung des in Geldform latenten oder suspendiertenKapitals bedingt.

Soweit die Umschlagsperiode durch die Länge der Arbeitsperiode bestimmt wird, wird sie bestimmt,unter sonst gleichbleibenden Bedingungen, durch die materielle Natur des Produktionsprozesses, alsonicht durch den spezifischen gesellschaftlichen Charakter dieses Produktionsprozesses. Auf Basis derkapitalistischen Produktion jedoch bedingen ausgedehntere Operationen von längrer Dauer größre Vor-schüsse von Geldkapital für längre Zeit. Die Produktion in solchen Sphären ist also abhängig von denGrenzen, innerhalb deren der einzelne Kapitalist über Geldkapital verfügt. Diese <358> Schranke wirddurchbrochen durch Kreditwesen und damit zusammenhängende Assoziation, z.B. Aktiengesellschaften.Störungen im Geldmarkt setzen daher solche Geschäfte still, während diese selben Geschäfte ihrerseitsStörungen im Geldmarkt hervorrufen.

Auf Basis gesellschaftlicher Produktion ist zu bestimmen der Maßstab, worin diese Operationen, die wäh-rend längrer Zeit Arbeitskraft und Produktionsmittel entziehn, ohne während dieser Zeit ein Produkt alsNutzeffekt zu liefern, ausgeführt werden können, ohne die Produktionszweige zu schädigen, die kontinu-ierlich oder mehrmals während des Jahrs nicht nur Arbeitskraft und Produktionsmittel entziehn, sondernauch Lebensmittel und Produktionsmittel liefern. Bei gesellschaftlicher ebenso wie bei kapitalistischerProduktion werden nach wie vor die Arbeiter in Geschäftszweigen von kürzern Arbeitsperioden nur fürkürzre Zeit Produkte entziehn, ohne Produkt wieder zu geben; während die Geschäftszweige mit langenArbeitsperioden für längre Zeit fortwährend entziehn, bevor sie zurückgeben. Dieser Umstand entspringtalso aus den sachlichen Bedingungen des betreffenden Arbeitsprozesses, nicht aus seiner gesellschaftli-chen Form. Das Geldkapital fällt bei gesellschaftlicher Produktion fort. Die Gesellschaft verteilt Arbeits-kraft und Produktionsmittel in die verschiednen Geschäftszweige. Die Produzenten mögen meinetwegenpapierne Anweisungen erhalten, wofür sie den gesellschaftlichen Konsumtionsvorräten ein ihrer Arbeits-zeit entsprechendes Quantum entziehn. Diese Anweisungen sind kein Geld. Sie zirkulieren nicht.

Man sieht, daß soweit das Bedürfnis für Geldkapital aus der Länge der Arbeitsperiode entspringt, diesdurch zwei Umstände bedingt wird: Erstens, daß überhaupt Geld die Form ist, worin jedes individuelleKapital (vom Kredit abgesehn) auftreten muß, um sich in produktives Kapital zu verwandeln; dies gehthervor aus dem Wesen der kapitalistischen Produktion, überhaupt der Warenproduktion. - Zweitens, dieGröße des nötigen Geldvorschusses entspringt aus dem Umstand, daß während längrer Zeit beständigArbeitskraft und Produktionsmittel der Gesellschaft entzogen werden, ohne daß ihr während dieser Zeitein in Geld rückverwandelbares Produkt zurückgegeben wird. Der erste Umstand, daß das vorzuschie-ßende Kapital in Geldform vorgeschossen werden muß, wird nicht aufgehoben durch die Form diesesGeldes selbst, ob es Metallgeld, Kreditgeld, Wertzeichen etc. Der zweite Umstand wird in keiner Weisedadurch affiziert, durch welches Geldmedium oder durch welche Form der Produktion Arbeit, Lebens-mittel und Produktionsmittel entzogen werden, ohne ein Äquivalent in die Zirkulation zurückzuwerfen.

Fußnoten

(34) Aus Manuskript II.

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Frühere Darstellungen des Gegenstandes

I. Die Physiokraten

<359> Quesnays Tableau économique zeigt in wenigen großen Zügen, wie ein dem Werte nach be-stimmtes Jahresergebnis der nationalen Produktion sich so durch die Zirkulation verteilt, daß, unter sonstgleichbleibenden Umständen, dessen einfache Reproduktion vorgehn kann, d.h. Reproduktion auf dersel-ben Stufenleiter. Den Ausgangspunkt der Produktionsperiode bildet sachgemäß die letztjährige Ernte. Diezahllosen individuellen Zirkulationsakte sind sofort zusammengefaßt in ihrer charakteristisch-gesellschaftlichen Massenbewegung - der Zirkulation zwischen großen, funktionell bestimmten ökonomi-schen Gesellschaftsklassen. Was uns hier interessiert: Ein Teil des Gesamtprodukts - wie jeder andre Teildesselben als Gebrauchsgegenstand neues Resultat der verfloßnen Jahresarbeit - ist zugleich nur Trägervon altem, in selber Naturalform wiedererscheinendem Kapitalwert. Er zirkuliert nicht, sondern verbleibtin den Händen seiner Produzenten, der Pächterklasse, um dort seinen Kapitaldienst wieder zu beginnen.In diesen konstanten Kapitalteil des Jahresprodukts schließt Quesnay auch ungehörige Elemente ein, aberer trifft die Hauptsache, dank den Schranken seines Horizonts, worin Agrikultur die einzige Mehrwertproduzierende Anlagesphäre der menschlichen Arbeit ist, also dem kapitalistischen Standpunkt gemäß dieallein wirklich produktive. Der ökonomische Reproduktionsprozeß, was immer sein spezifisch gesell-schaftlicher Charakter, verschlingt sich auf diesem Gebiet (der Agrikultur) stets mit einem natürlichenReproduktionsprozeß. Die handgreiflichen Bedingungen des letztern klären auf über die des erstern undhalten Gedankenwirren fern, welche nur das Blendwerk der Zirkulation hervorruft.

<360> Die Etikette eines Systems unterscheidet sich von der andrer Artikel u.a. dadurch, daß sie nicht nurden Käufer prellt, sondern oft auch den Verkäufer. Quesnay selbst und seine nächsten Schüler glaubten anihr feudales Aushängeschild. So bis zur Stunde unsre Schulgelehrten. In der Tat aber ist das physiokrati-sche System die erste systematische Fassung der kapitalistischen Produktion. Der Repräsentant des indu-striellen Kapitals - die Pächterklasse - leitet die ganze ökonomische Bewegung. Der Ackerbau wird kapi-talistisch betrieben, d.h. als Unternehmung des kapitalistischen Pächters auf großer Stufenleiter; der un-mittelbare Bebauer des Bodens ist Lohnarbeiter. Die Produktion erzeugt nicht nur die Gebrauchsartikel,sondern auch ihren Wert; ihr treibendes Motiv aber ist Gewinnung von Mehrwert, dessen Geburtsstättedie Produktions-, nicht die Zirkulationssphäre. Unter den drei Klassen, die als Träger des durch die Zir-kulation vermittelten gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses figurieren, unterscheidet sich der unmit-telbare Ausbeuter der "produktiven" Arbeit, der Produzent des Mehrwerts, der kapitalistische Pächter,von dessen bloßen Aneignern.

Der kapitalistische Charakter des physiokratischen Systems rief schon während seiner Blüteperiode dieOpposition hervor, einerseits von Linguet und Mably, andrerseits der Verteidiger des freien kleinenGrundbesitzes.

A. Smiths Rückschritt in Analyse des Reproduktionsprozesses ist um so auffallender, als er sonst nichtnur richtige Analysen Quesnays weiter verarbeitet, z.B. dessen "avances primitives" <"ursprünglicheVorschüsse"> und "avances annuelles" <"jährliche Vorschüsse"> verallgemeinert in "fixes" und "zirkulie-rendes" Kapital , sondern stellenweis ganz und gar in physiokratische Irrtümer zurückfällt. Um z.B. nach-zuweisen, daß der Pächter größern Wert produziert als irgendeine andre Kapitalistensorte, sagt er:

<361> "Kein gleiches Kapital setzt eine größre Menge produktiver Arbeit in Bewegung als das desPächters. Nicht nur sein Arbeitsgesinde. auch sein Arbeitsvieh besteht aus produktiven Arbeitern." {An-genehmes Kompliment für das Arbeitsgesinde!} "Im Ackerhau arbeitet auch die Natur neben den Men-schen; und obgleich ihre Arbeit keine Auslage kostet, so hat ihr Produkt doch seinen Wert, ebensogut wiedas der kostspieligsten Arbeiter. Die wichtigsten Operationen des Ackerbaus scheinen darauf gerichtet,

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die Fruchtbarkeit der Natur nicht so sehr zu vermehren - obgleich sie das auch tun - als sie auf die Pro-duktion der dem Menschen nützlichsten Pflanzen hinzulenken. Ein mit Dornen und Ranken überwachsnesFeld liefert oft genug eine ebenso große Menge Pflanzenwuchs wie das bestbebaute Weinstück oderKornfeld. Bepflanzung und Kultur wirken oft mehr zur Regulierung als zur Belebung der aktiven Frucht-barkeit der Natur; und nachdem jene alle ihre Arbeit erschöpft, bleibt für diese stets noch ein großes StückWerk zu tun. Die Arbeiter und das Arbeitsvieh (!), die im Ackerbau beschäftigt werden, bewirken alsonicht nur, wie die Arbeiter in den Manufakturen, die Reproduktion eines Werts, der gleich ist ihrer eignenKonsumtion oder <1. und 2. Auflage: und> dem sie beschäftigenden Kapital nebst dem Profit des Kapita-listen, sondern die eines weit größern Werts. Über das Kapital des Pächters und all seinen Profit hinausbewirken sie auch noch regelmäßig die Reproduktion der Rente des Grundbesitzers. Die Rente kann be-trachtet werden als das Produkt der Naturkräfte, deren Gebrauch der Grundbesitzer dem Pächter leiht. Sieist größer oder geringer, je nach dem angenommenen Höhegrad dieser Kräfte, in andren Worten, je nachder angenommenen, natürlichen oder künstlich bewirkten Fruchtbarkeit des Bodens. Sie ist das Werk derNatur, welches übrig bleibt, nach Abzug oder Ersatz alles dessen, was als Menschenwerk betrachtet wer-den kann. Sie ist selten weniger als ein Viertel und oft mehr als ein Drittel des Gesamtprodukts. Keinegleiche Menge produktiver Arbeit, angewandt in der Manufaktur, kann je eine so große Reproduktionbewirken. In der Manufaktur tut die Natur nichts, der Mensch alles; und die Reproduktion muß immerproportionell sein der Stärke der Agenten, die sie durchführen. Daher setzt das im Ackerbau angelegteKapital nicht nur eine größre Menge produktiver Arbeit in Bewegung als irgendwelches gleichgroße inder Manufaktur angewandte Kapital; sondern es fügt auch, im Verhältnis zu der von ihm beschäftigtenMenge produktiver Arbeit, dem Jahresprodukt des Bodens und der Arbeit eines Landes, den wirklichenReichtum und Einkommen seiner Bewohner einen weit größern Wert hinzu als jenes." (B. II, ch. 5, p.242, 243.)

A. Smith sagt B. II, ch. 1:

"Der ganze Wert der Aussaat ist ebenfalls im eigentlichen Sinn ein fixes Kapital."

Hier also Kapital = Kapitalwert; er existiert in "fixer" Form.

"Obgleich die Aussaat zwischen dem Boden und der Scheune hin und her geht, wechselt sie doch nie denEigentümer und zirkuliert daher nicht wirklich. Der Pächter macht seinen Profit nicht durch ihren Ver-kauf, sondern durch ihren Zuwachs." (p. 186.)

<362> Die Borniertheit liegt hier darin, daß Smith nicht, wie schon Quesnay, Wiedererscheinung desWerts von konstantem Kapital in erneuter Form, also wichtiges Moment des Reproduktionsprozessessieht, sondern nur eine Illustration mehr, und noch dazu eine falsche, für seine Differenz von zirkulieren-dem und fixem Kapital. - In der Smithschen Übersetzung von "avances primitives" und "avances annuel-les" in "fixed capital" und "circulating capital" besteht der Fortschritt in dem Wort "Kapital", dessen Be-griff verallgemeinert wird, unabhängig von der besondren Rücksicht auf die "agrikole" Anwendungssphä-re der Physiokraten; der Rückschritt darin, daß "fix" und "zirkulierend" als die entscheidenden Unter-schiede aufgefaßt und festgehalten werden.

II. Adam Smith

1. Smiths allgemeine Gesichtspunkte

A. Smith sagt B. I, ch. 6, p. 42:

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"In jeder Gesellschaft löst sich der Preis jeder Ware schließlich auf in einen oder den andern dieser dreiTeile" (Arbeitslohn, Profit, Bodenrente) "oder in alle drei; und in jeder fortgeschrittnen Gesellschaft gehnsie alle drei, mehr oder weniger, als Bestandteile in den Preis des weitaus größten Teils der Waren ein";oder, wie es weiter heißt, p. 43: "Arbeitslohn, Profit und Bodenrente sind die drei Urquellen alles Ein-kommens sowohl wie alles Tauschwerts."

Wir werden weiter unten diese Lehre A. Smiths über die "Bestandteile des Preises der Waren", resp. "al-les Tauschwerts", näher untersuchen. - Weiter heißt es:

"Da dies gilt mit Bezug auf jede besondre Ware einzeln genommen, muß es auch gelten für alle Waren inihrer Gesamtheit, wie sie das ganze jährliche Produkt des Bodens und der Arbeit eines jeden Landesausmachen. Der gesamte Preis oder Tauschwert dieses jährlichen Produkts muß sich auflösen in diesel-ben drei Teile, und verteilt werden unter <363> die verschiednen Bewohner des Landes, entweder alsLohn ihrer Arbeit, oder als Profit ihres Kapitals, oder als Rente ihres Grundbesitzes." (B. II, ch. 2, p. 190.)

Nachdem A. Smith so den Preis sowohl aller Waren einzeln genommen, wie "den ganzen Preis oder Tau-schwert ... des jährlichen Produkts des Bodens und der Arbeit eines jeden Landes" aufgelöst hat in dreiQuellen von Revenuen für Lohnarbeiter, Kapitalist und Grundeigentümer, in Arbeitslohn, Profit und Bo-denrente, muß er doch auf einem Umweg ein viertes Element hereinschmuggeln, nämlich das Elementdes Kapitals. Dies geschieht durch die Distinktion zwischen Roh- und Reineinkommen:

"Das Bruttoeinkommen sämtlicher Einwohner eines großen Landes begreift in sich das gesamte Jahre-sprodukt ihres Bodens und ihrer Arbeit; das Nettoeinkommen den Teil, der ihnen zur Verfügung bleibtnach Abzug der Erhaltungskosten erstens ihres fixen und zweitens ihres flüssigen Kapitals; oder den Teil,den sie, ohne ihr Kapital anzugreifen, in ihren Konsumtionsvorrat stellen oder zu ihrem Unterhalt, Kom-fort und Vergnügen verausgaben können. Ihr wirklicher Reichtum steht ebenfalls im Verhältnis, nicht zuihrem Brutto-, sondern zu ihrem Nettoeinkommen." (Ib. p. 190.)

Wir bemerken hierzu:

1. A. Smith behandelt hier ausdrücklich nur die einfache Reproduktion, nicht die auf erweiterter Stufen-leiter oder die Akkumulation; er spricht nur von den Ausgaben für Erhaltung (maintaining) des fungie-renden Kapitals. Die "Netto"-Revenue ist gleich dem Teil des jährlichen Produkts, sei es der Gesellschaft,sei es des individuellen Kapitalisten, der in den "Konsumtionsfonds" eingehn kann, aber der Umfangdieses Fonds darf nicht das fungierende Kapital angreifen (encroach upon capital). Ein Wertteil des indi-viduellen wie des gesellschaftlichen Produkts löst sich also weder in Arbeitslohn, noch in Profit oder Bo-denrente auf, sondern in Kapital.

2. A. Smith flüchtet aus seiner eignen Theorie vermittelst eines Wortspiels, der Unterscheidung zwischengross und net revenue, Roh- und Reineinkommen. Der individuelle Kapitalist wie die ganze Kapitalisten-klasse, oder die sogenannte Nation, nimmt ein an Stelle des in der Produktion verbrauchten Kapitals einWarenprodukt, dessen Wert - darstellbar in proportionellen Teilen dieses Produkts selbst - einerseits denaufgewandten Kapitalwert ersetzt, daher Einkommen bildet und noch wörtlicher Revenue (revenu, Parti-zip von revenir, wiederkommen), aber notabene Kapitalrevenue oder Kapitaleinnahme; andrerseits Wert-bestandteile, die "verteilt werden unter die verschiednen Bewohner des Landes entweder als Lohn ihrerArbeit, oder als Profit ihres Kapitals, oder als Rente ihres Grundbesitzes" - was man im gewöhnlichenLeben unter Einkommen versteht. <364> Der Wert des ganzen Produkts, sei es für den individuellen Ka-pitalisten, sei es für das ganze Land, bildet darnach Einkommen für irgend jemand; aber einerseits Kapi-taleinkommen, andrerseits von diesem verschiedne "Revenue". Was also bei Analyse des Werts der Warein seine Bestandteile entfernt wird, wird durch eine Hintertür - die Zweideutigkeit des Worts "Revenue"wieder eingeführt. Es können aber nur solche Wertbestandteile des Produkts "eingenommen" werden, diebereits in ihm existieren. Wenn Kapital als Revenue einkommen soll, so muß Kapital vorher verausgabtworden sein.

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A. Smith sagt ferner:

"Die niedrigste gewöhnliche Profitrate muß immer etwas mehr ausmachen als das, was hinreicht zur Ent-schädigung für die gelegentlichen Verluste, denen jede Kapitalverwendung ausgesetzt ist. Es ist dieserÜberschuß allein, der den reinen oder Nettoprofit darstellt."

{Welcher Kapitalist versteht unter Profit notwendige Kapitalauslagen?}

"Was man Bruttoprofit nennt, umfaßt häufig nicht nur diesen Überschuß, sondern auch den für solcheaußergewöhnliche Verluste zurückgehaltnen Teil." (B. I, ch. 9, p. 72.)

Dies heißt aber weiter nichts, als daß ein Teil des Mehrwerts, betrachtet als Teil des Bruttoprofits, einenAssekuranzfonds für die Produktion bilden muß. Diesen Assekuranzfonds schafft ein Teil der Surplusar-beit, die insofern Kapital direkt produziert, d.h. den für die Reproduktion bestimmten Fonds. Was dieAuslage für die "Erhaltung" des fixen Kapitals etc. angeht (siehe die oben zitierten Stellen), so bildet derErsatz des konsumierten fixen Kapitals durch neues keine neue Kapitalanlage, sondern ist nur die Erneue-rung des alten Kapitalwerts in neuer Form. Was aber die Reparatur des fixen Kapitals betrifft, die A.Smith ebenfalls zu den Erhaltungskosten rechnet, so gehört seine Kost mit zum Preis des vorgeschoßnenKapitals. Daß der Kapitalist, statt diesen auf einmal anlegen zu müssen, ihn erst allmählich und je nachBedürfnis während der Funktion des Kapitals anlegt und aus schon eingestecktem Profit anlegen kann,ändert nichts an der Quelle dieses Profits. Der Wertbestandteil, woraus er entspringt, beweist nur, daß derArbeiter Surplusarbeit liefert, wie für den Assekuranzfonds so für den Reparaturfonds.

A. Smith erzählt uns nun, daß von der Nettorevenue, d.h. der Revenue im spezifischen Sinne, das ganzefixe Kapital auszuschließen, aber auch der ganze Teil des zirkulierenden Kapitals, den die Erhaltung unddie Reparatur des fixen Kapitals, wie seine Erneuerung erheischt, in der Tat alles <365> Kapital, das sichnicht in einer für den Konsumtionsfonds bestimmten Naturalform befindet.

"Die ganze Auslage für Erhaltung des fixen Kapitals muß offenbar von der Nettorevenue der Gesellschaftausgeschlossen werden. Weder die Rohstoffe, mit denen die nützlichen Maschinen und Industriewerk-zeuge instand gehalten werden müssen, noch das Produkt der zur Umwandlung dieser Rohstoffe in dieverlangte Gestalt erforderlichen Arbeit, kann je einen Teil dieser Revenue bilden. Der Preis dieser Arbeitkann allerdings einen Teil jener Revenue bilden, da die so beschäftigten Arbeiter den ganzen Wert ihresLohns in ihrem unmittelbaren Konsumtionsvorrat anlegen können. Aber bei andern Arten Arbeit gehtsowohl der Preis" {d.h. der für diese Arbeit bezahlte Lohn} "wie das Produkt" {worin sich diese Arbeitverkörpert} "in diesen Konsumtionsvorrat ein; der Preis in den der Arbeiter, das Produkt in den andrerLeute, deren Unterhalt, Komfort und Vergnügen durch die Arbeit dieser Arbeiter erhöht wird." (B. II, ch.2, p. 190, 191)

A. Smith stößt hier auf eine sehr wichtige Unterscheidung zwischen den Arbeitern, die in der Produktionvon Produktionsmitteln, und denen, die in der unmittelbaren Produktion von Konsumtionsmitteln wirken.Der Wert des Warenprodukts der erstern enthält einen Bestandteil gleich der Summe der Arbeitslöhne,d.h. dem Wert des im Ankauf von Arbeitskraft angelegten Kapitalteils; dieser Wertteil existiert körperlichals eine gewisse Quote der von diesen Arbeitern produzierten Produktionsmittel. Das für ihren Arbeits-lohn erhaltne Geld bildet für sie Revenue, aber weder für sie selbst, noch für andre hat ihre Arbeit Pro-dukte hergestellt, die konsumabel sind. Diese Produkte bilden also selbst kein Element des Teils des jähr-lichen Produkts, der bestimmt ist, den gesellschaftlichen Konsumtionsfonds zu liefern, worin allein"Nettorevenue" realisierbar ist. A. Smith vergißt hier zuzusetzen, daß was für die Arbeitslöhne, ebensogültig ist für den Wertbestandteil der Produktionsmittel, der als Mehrwert unter den Kategorien von Profitund Rente die Revenue (in erster Hand) des industriellen Kapitalisten bildet. Auch diese Wertbestandteileexistieren in Produktionsmitteln, Nichtkonsumablem; erst nach ihrer Versilberung können sie ein ihremPreis gemäßes Quantum der von der zweiten Sorte Arbeiter produzierten Konsumtionsmittel heben und in

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den individuellen Konsumtionsfonds ihrer Besitzer übertragen. Um so mehr aber hätte A. Smith sehnmüssen, daß der Wertteil der jährlich erzeugten Produktionsmittel, welcher gleich ist dem Wert der inner-halb dieser Produktionssphäre fungierenden Produktionsmittel - der Produktionsmittel, womit Produkti-onsmittel gemacht werden -, also ein Wertteil gleich dem Wert des hier angewandten konstanten Kapitals,absolut ausgeschlossen ist, nicht nur durch die Natural- <366> form, worin er existiert, sondern durchseine Kapitalfunktion, von jedem Revenue bildenden Wertbestandteil.

Mit Bezug auf die zweite Sorte Arbeiter - die unmittelbar Konsumtionsmittel produzieren - sind A.Smiths Bestimmungen nicht ganz exakt. Er sagt nämlich, daß in diesen Arten Arbeit beide, der Preis derArbeit und das Produkt, eingehn in (go to) den unmittelbaren Konsumtionsfonds;

"der Preis" (d.h. das als Arbeitslohn erhaltne Geld) "in den Konsumtionsstock der Arbeiter, und das Pro-dukt in den andrer Leute (that of other people), deren Unterhalt, Komfort und Vergnügen erhöht werdendurch die Arbeit dieser Arbeiter".

Aber der Arbeiter kann nicht leben von dem "Preis" seiner Arbeit, dem Geld, worin sein Arbeitslohnausgezahlt wird; er realisiert dies Geld, indem er damit Konsumtionsmittel kauft; diese können z.T. ausWarensorten bestehn, die er selbst produziert hat. Andrerseits kann sein eignes Produkt ein solches sein,welches nur in die Konsumtion der Arbeitsausbeuter eingeht.

Nachdem A. Smith das fixe Kapital so gänzlich ausgeschlossen von der "Nettorevenue" eines Landes,fährt er fort:

"Obgleich so die ganze Auslage für Erhaltung des fixen Kapitals notwendig von der Nettorevenue derGesellschaft ausgeschlossen ist, so ist doch nicht dasselbe der Fall mit der Auslage für Erhaltung des zir-kulierenden Kapitals. Von den vier Teilen, woraus dies letztre Kapital besteht: Geld, Lebensmittel, Roh-stoffe und fertige Produkte, werden die drei letztren, wie schon gesagt, regelmäßig aus ihm herausge-nommen und entweder in das fixe Kapital der Gesellschaft versetzt oder aber in den für unmittelbareKonsumtion bestimmten Vorrat. Derjenige Teil der konsumierbaren Artikel, der nicht zur Erhaltung deserstern" {des fixen Kapitals} "verwandt wird, geht allzumal in den letztren" {den für unmittelbare Kon-sumtion bestimmten Vorrat} "und bildet einen Teil des Nettoeinkommens der Gesellschaft. Die Erhaltungdieser drei Teile des zirkulierenden Kapitals verringert daher die Nettorevenue der Gesellschaft um kei-nen andern Teil des Jahresprodukts außer demjenigen, der nötig ist zur Erhaltung des fixen Kapitals." (B.II, ch. 2, p. 191, 192.)

Dies ist nur die Tautologie, daß der Teil des zirkulierenden Kapitals, der nicht für die Produktion vonProduktionsmitteln dient, eingeht in die von Konsumtionsmitteln, also in den Teil des jährlichen Pro-dukts, der bestimmt ist, den Konsumtionsfonds der Gesellschaft zu bilden. Aber wichtig ist, was gleichdarauf folgt:

"Das zirkulierende Kapital einer Gesellschaft ist in dieser Beziehung verschieden von dem eines einzel-nen. Das eines einzelnen ist gänzlich ausgeschlossen von seiner Nettorevenue und kann nie einen Teilderselben bilden: sie kann ausschließlich nur aus seinem Profit bestehn. Aber obwohl das zirkulierendeKapital jedes einzelnen einen <367> Teil des zirkulierenden Kapitals der Gesellschaft ausmacht, zu der ergehört, so ist es doch deshalb keineswegs unbedingt ausgeschlossen von der Nettorevenue der Gesell-schaft und kann einen Teil davon bilden. Obgleich die sämtlichen Waren im Laden eines Kleinhändlersdurchaus nicht in den für seine eigne unmittelbare Konsumtion bestimmten Vorrat gestellt werden dürfen,so können sie doch in den Konsumtionsfonds andrer Leute gehören, die, vermittelst einer durch andreFonds erzielten Revenue, ihm ihren Wert samt seinem Profit regelmäßig ersetzen, ohne daß daraus eineVermindrung weder seines noch ihres Kapitals entsteht." (ibidem.)

Wir hören hier also:

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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1. Wie das fixe Kapital und das zu dessen Reproduktion (Funktion vergißt er) und Erhaltung nötige zir-kulierende Kapital, so ist auch das in der Produktion von Konsumtionsmitteln tätige zirkulierende Kapitaljedes individuellen Kapitalisten total ausgeschlossen von seiner Nettorevenue, die nur in seinen Profitenbestehn kann. Also ist der sein Kapital ersetzende Teil seines Warenprodukts nicht auflösbar in Wertbe-standteile, die Revenue für ihn bilden.

2. Das zirkulierende Kapital jedes individuellen Kapitalisten bildet einen Teil des zirkulierenden Kapitalsder Gesellschaft, ganz wie jedes individuelle fixe Kapital.

3. Das zirkulierende Kapital der Gesellschaft, obgleich nur die Summe der individuellen zirkulierendenKapitale, besitzt einen vom zirkulierenden Kapital jedes individuellen Kapitalisten verschiednen Charak-ter. Das letztre kann niemals einen Teil seiner Revenue bilden; ein Stück des ersten (nämlich das ausKonsumtionsmitteln bestehende) kann dagegen zugleich einen Teil der Revenue der Gesellschaft bilden,oder wie er vorhin sagte, es muß nicht notwendig die Nettorevenue der Gesellschaft um einen Teil desJahresprodukts verringern. In der Tat besteht das, was A. Smith hier zirkulierendes Kapital nennt, in demjährlich produzierten Warenkapital, welches die Konsumtionsmittel produzierenden Kapitalisten jährlichin Zirkulation werfen. Dies ihr ganzes jährliches Warenprodukt besteht aus konsumierbaren Artikeln undbildet daher den Fonds, worin sich die Nettorevenuen (inkl. der Arbeitslöhne) der Gesellschaft realisierenoder verausgaben. Statt die Waren im Laden des Kleinhändlers als Beispiel zu wählen, hätte A. Smith diein den Warenlagern der industriellen Kapitalisten lagernden Gütermassen wählen müssen.

Hätte A. Smith nun die Gedankenblöcke zusammengefaßt, die sich ihm aufgedrungen, vorher bei Be-trachtung der Reproduktion dessen, was er fixes, jetzt bei der dessen, was er zirkulierendes Kapital nennt,so wäre er zu folgendem Resultat gekommen:

<368> I. Das gesellschaftliche Jahresprodukt besteht aus zwei Abteilungen: die erste umfaßt die Produk-tionsmittel, die zweite die Konsumtionsmittel; beide sind getrennt zu behandeln.

II. Der Gesamtwert des aus Produktionsmitteln bestehenden Teils des Jahresprodukts verteilt sich wiefolgt: Ein Wertteil ist nur der Wert der in der Herstellung dieser Produktionsmittel verzehrten Produkti-onsmittel, also nur in erneuter Form wiedererscheinender Kapitalwert; ein zweiter Teil ist gleich demWert des in Arbeitskraft ausgelegten Kapitals, oder gleich der Summe der Arbeitslöhne, ausgezahlt vonden Kapitalisten dieser Produktionssphäre. Ein dritter Wertteil endlich bildet die Quelle der Profite, inkl.Bodenrenten, der industriellen Kapitalisten dieser Kategorie.

Der erste Bestandteil, nach A. Smith der reproduzierte fixe Kapitalteil sämtlicher in dieser ersten Abtei-lung beschäftigten individuellen Kapitale, ist "offenbar ausgeschlossen und kann nie einen Teil bildenvon der Nettorevenue", sei es des individuellen Kapitalisten, sei es der Gesellschaft. Er fungiert stets alsKapital, nie als Revenue. Sofern unterscheidet sich das "fixe Kapital" jedes individuellen Kapitalisten innichts von dem fixen Kapital der Gesellschaft. Aber die andern Wertteile des in Produktionsmitteln be-stehenden jährlichen Produkts der Gesellschaft - Wertteile, die also auch existieren in aliquoten Teilendieser Gesamtmasse von Produktionsmitteln - bilden zwar zugleich Revenuen für alle in dieser Produkti-on beteiligten Agenten, Löhne für die Arbeiter, Profite und Renten für die Kapitalisten. Aber sie bildennicht Revenue, sondern Kapital für die Gesellschaft, obgleich das jährliche Produkt der Gesellschaft nuraus der Summe der Produkte der ihr angehörenden individuellen Kapitalisten besteht. Sie können meistschon ihrer Natur nach nur fungieren als Produktionsmittel, und selbst die, die nötigenfalls als Konsumti-onsmittel fungieren könnten, sind bestimmt, als Roh- oder Hilfsmaterial neuer Produktion zu dienen. Siefungieren als solches - also als Kapital - aber nicht in den Händen ihrer Erzeuger, sondern in denen ihrerVerwender, nämlich:

III. der Kapitalisten der zweiten Abteilung, der unmittelbaren Produzenten von Konsumtionsmitteln. Sieersetzen diesen das in der Produktion der Konsumtionsmittel verbrauchte Kapital (soweit letztres nicht inArbeitskraft umgesetzt, also in der Summe der Arbeitslöhne für die Arbeiter dieser zweiten Abteilung

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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besteht), während dies verbrauchte Kapital, das sich nun in der Form von Konsumtionsmitteln in denHänden der sie produzierenden Kapitalisten befindet, seinerseits - also vom gesellschaftlichen Standpunkt- den Konsumtionsfonds bildet, worin die Kapitalisten und Arbeiter der ersten Abteilung ihre Revenuerealisieren.

<369> Hätte A. Smith die Analyse so weit verfolgt, es fehlte nur noch wenig an der Auflösung des gan-zen Problems. Er war der Sache nah auf dem Sprung, da er bereits bemerkt hatte, daß bestimmte Wertteileeiner Sorte (Produktionsmittel) der Warenkapitale, aus denen das jährliche Gesamtprodukt der Gesell-schaft besteht, zwar Revenue für die in ihrer Produktion beschäftigten individuellen Arbeiter und Kapita-listen bilden, aber keinen Bestandteil der Revenue der Gesellschaft; während ein Wertteil der andernSorte (Konsumtionsmittel) zwar Kapitalwert für ihre individuellen Eigner, die in dieser Anlagesphärebeschäftigten Kapitalisten bildet, aber dennoch nur einen Teil der gesellschaftlichen Revenue.

Soviel geht aber schon aus dem Bisherigen hervor:

Erstens: Obgleich das gesellschaftliche Kapital nur gleich der Summe der individuellen Kapitale, unddaher auch das jährliche Warenprodukt (oder Warenkapital) der Gesellschaft gleich der Summe der Wa-renprodukte dieser individuellen Kapitale; obgleich daher die Analyse des Warenwerts in seine Bestand-teile, die für jedes individuelle Warenkapital gilt, auch für das der ganzen Gesellschaft gelten muß und imEndresultat wirklich gilt, so ist die Erscheinungsform, worin sie sich im gesamten gesellschaftlichen Re-produktionsprozeß darstellen, eine verschiedne.

Zweitens: Selbst auf dem Boden der einfachen Reproduktion findet nicht nur Produktion von Arbeitslohn(variablem Kapital) und Mehrwert statt, sondern direkte Produktion von neuem konstanten Kapitalwert;obgleich der Arbeitstag nur aus zwei Teilen besteht, dem einen, worin der Arbeiter das variable Kapitalersetzt, in der Tat ein Äquivalent für den Ankauf seiner Arbeitskraft produziert, und dem zweiten, woriner Mehrwert produziert (Profit, Rente etc.). - Nämlich die tägliche Arbeit, die in der Reproduktion derProduktionsmittel verausgabt wird - und deren Wert in Arbeitslohn und Mehrwert zerfällt -, realisiert sichin neuen Produktionsmitteln, die den in der Produktion der Konsumtionsmittel verausgabten konstantenKapitalteil ersetzen.

Die Hauptschwierigkeiten, wovon im Bisherigen schon der größte Teil gelöst, bieten sich bei der Be-trachtung, nicht der Akkumulation, sondern der einfachen Reproduktion. Daher wird, sowohl bei A.Smith (B. II.) wie früher bei Quesnay (Tableau économique) von der einfachen Reproduktion ausgegan-gen, sobald es sich um die Bewegung des jährlichen Produkts der Gesellschaft und seine durch die Zir-kulation vermittelte Reproduktion handelt.

2. Smiths Auflösung des Tauschwerts in v + m

<370> A. Smiths Dogma, daß der Preis oder Tauschwert (exchangeable value) jeder einzelnen Ware -also auch aller Waren zusammen, aus denen das jährliche Produkt der Gesellschaft besteht (er setzt über-all mit Recht kapitalistische Produktion voraus) - sich zusammensetzt aus den drei Bestandteilen (compo-nent parts) oder sich auflöst in (resolves itself into): Arbeitslohn, Profit und Rente, kann darauf reduziertwerden, daß der Warenwert = v + m, d.h. gleich dem Wert des vorgeschoßnen variablen Kapitals plusdem Mehrwert. Und zwar können wir diese Reduktion von Profit und Rente auf eine gemeinsame Einheit,die wir m nennen, vornehmen mit ausdrücklicher Erlaubnis A. Smiths, wie die nachfolgenden Zitate zei-gen, in denen wir zunächst alle Nebenpunkte vernachlässigen, also namentlich alle scheinbare oder wirk-liche Abweichung von dem Dogma, daß der Warenwert ausschließlich aus den Elementen bestehe, diewir als v + m bezeichnen.

In der Manufaktur:

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"Der Wert, den die Arbeiter den Materialien hinzufügen, löst sich auf ... in zwei Teile, wovon der eineihren Arbeitslohn bezahlt, der andre den Profit ihres Beschäftigers auf das ganze von ihm in Material undLohn vorgeschoßne Kapital." - (Buch I, ch. 6, p. 40, 41.) - "Obgleich der Manufakturist" {der Manufak-turarbeiter} "seinen Lohn von seinem Meister vorgeschossen erhält, kostet er diesen doch in Wirklichkeitnichts, da in der Regel der Wert dieses Lohns, zusammen mit einem Profit, festgehalten (reserved) wird indem vermehrten Wert des Gegenstands, auf den seine Arbeit verwandt worden." (B. II, ch. 3, p. 221.)

Der Teil des Kapitals (stock), der ausgelegt wird

"im Unterhalt produktiver Arbeit ... nachdem er ihm" {dem Beschäftiger} "in der Funktion eines Kapitalsgedient hat ... bildet eine Revenue für sie" {die Arbeiter}. (B. II, ch. 3, p. 223.)

A. Smith im eben zitierten Kapitel sagt ausdrücklich:

"Das ganze Jahresprodukt des Bodens und der Arbeit jedes Landes ... spaltet sich von selbst (naturally) inzwei Teile. Einer derselben, und oft der größte, ist an erster Stelle bestimmt, ein Kapital zu ersetzen unddie Lebensmittel, Rohstoffe und fertigen Produkte zu erneuern, die aus einem Kapital entnommen wor-den; der andre ist bestimmt, eine Revenue zu bilden, sei es für den Eigentümer dieses Kapitals, als seinKapitalprofit, sei es für jemand anders, als Rente seines Grundbesitzes." (p. 222.)

Nur ein Teil des Kapitals, wie wir vorhin von A. Smith gehört, bildet zugleich Revenue für jemand, näm-lich der im Ankauf von produktiver Arbeit angelegte. Dieser - das variable Kapital - verrichtet zuerst inder Hand des Beschäftigers und für ihn "die Funktion eines Kapitals", und sodann <371> "bildet er eineRevenue" für den produktiven Arbeiter selbst. Der Kapitalist verwandelt einen Teil seines Kapitalwerts inArbeitskraft und eben dadurch in variables Kapital; nur durch diese Verwandlung fungiert nicht nur dieserTeil des Kapitals, sondern sein Gesamtkapital als industrielles Kapital. Der Arbeiter - der Verkäufer derArbeitskraft - erhält in Form des Arbeitslohns den Wert derselben. In seinen Händen ist die Arbeitskraftnur verkäufliche Ware, Ware, von deren Verkauf er lebt, die daher die einzige Quelle seiner Revenuebildet; als variables Kapital fungiert die Arbeitskraft nur in den Händen ihres Käufers, des Kapitalisten,und den Kaufpreis selbst schießt der Kapitalist nur scheinbar vor, da sein Wert ihm vorher bereits durchden Arbeiter geliefert ist.

Nachdem uns A. Smith so gezeigt, daß der Wert des Produkts in der Manufaktur = v + m (wo m = Profitdes Kapitalisten), sagt er uns, daß in der Agrikultur die Arbeiter außer

"der Reproduktion eines Werts, der gleich ist ihrer eignen Konsumtion oder <1. und 2. Auflage: und>dem sie beschäftigenden" {variablen} "Kapital nebst dem Profit des Kapitalisten" - außerdem "über dasKapital des Pächters und all seinen Profit hinaus auch noch regelmäßig die Reproduktion der Rente desGrundbesitzers bewirken". (B. II, ch. 5, p. 243.)

Daß die Rente in die Hände des Grundbesitzers geht, ist für die Frage, die wir betrachten, ganz gleichgül-tig. Bevor sie in seine Hände geht, muß sie in den Händen des Pächters sich befinden, d.h. in denen desindustriellen Kapitalisten. Sie muß einen Wertbestandteil des Produkts bilden, bevor sie Revenue für ir-gendwen wird. Rente wie Profit sind also bei A. Smith selbst nur Bestandteile des Mehrwerts, die derproduktive Arbeiter beständig reproduziert zugleich mit seinem eignen Arbeitslohn, d.h. mit dem Wertdes variablen Kapitals. Rente wie Profit sind also Teile des Mehrwerts m, und somit löst sich bei A.Smith der Preis aller Waren auf in v + m.

Das Dogma, daß der Preis aller Waren (also auch des jährlichen Warenprodukts) sich auflöst in Arbeits-lohn plus Profit plus Grundrente, nimmt in dem zwischendurch laufenden esoterischen Teil von SmithsWerk selbst die Form an, daß der Wert jeder Ware, also auch des jährlichen Warenprodukts der Gesell-

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schaft, = v + m, = dem in Arbeitskraft ausgelegten und vom Arbeiter stets reproduzierten Kapitalwert plusdem von den Arbeitern durch ihre Arbeit zugesetzten Mehrwert.

Dies Endergebnis bei A. Smith offenbart uns zugleich - siehe weiter unten - die Quelle seiner einseitigenAnalyse der Bestandteile, worin der Warenwert zerfällbar. Mit der Größenbestimmung jedes einzelnendieser <372> Bestandteile und der Grenze ihrer Wertsumme hat aber der Umstand nichts zu tun, daß siezugleich verschiedne Revenuequellen für verschiedne in der Produktion fungierende Klassen bilden.

Wenn A. Smith sagt:

"Arbeitslohn, Profit und Bodenrente sind die drei Urquellen alles Einkommens sowohl wie alles Tau-schwerts. Jede andre Revenue ist in letzter Instanz von einer derselben abgeleitet" (B. I, ch. 6, p. 43),

so sind hier allerlei Quidproquo zusammengehäuft.

1. Alle nicht direkt in der Reproduktion, mit oder ohne Arbeit, figurierenden Gesellschaftsglieder könnenihren Anteil am jährlichen Warenprodukt - also ihre Konsumtionsmittel - in erster Hand nur beziehn ausden Händen der Klassen, denen das Produkt in erster Hand zufällt - produktiven Arbeitern, industriellenKapitalisten und Grundbesitzern. Insofern sind ihre Revenuen materialiter abgeleitet von Arbeitslohn (derproduktiven Arbeiter), Profit und Bodenrente, und erscheinen daher jenen Originalrevenuen gegenüberals abgeleitete. Andrerseits jedoch beziehn die Empfänger dieser in diesem Sinn abgeleiteten Revenuendieselben, vermittelst ihrer gesellschaftlichen Funktion als König, Pfaff, Professor, Hure, Kriegsknechtetc., und sie können also diese ihre Funktionen als die Originalquellen ihrer Revenue betrachten.

2. - und hier kulminiert der närrische Schnitzer A. Smiths: Nachdem er damit begonnen hat, die Wertbe-standteile der Ware und die Summe des Wertprodukts, das in ihnen verkörpert ist, richtig zu bestimmenund dann nachzuweisen, wie diese Bestandteile ebensoviele verschiedne Revenuequellen bilden ; nach-dem er so aus dem Wert die Revenuen abgeleitet hat, verfährt er dann - und das bleibt ihm die vorherr-schende Vorstellung - umgekehrt und läßt die Revenuen, aus "Bestandteilen" (component parts), zu "Ur-quellen alles Tauschwerts" werden, womit der Vulgärökonomie Tür und Tor weit geöffnet war. (Sieheunsern Roscher.)

3. Der konstante Kapitalteil

Sehn wir nun, wie A. Smith den konstanten Wertteil des Kapitals aus dem Warenwert wegzuhexen sucht.

<373> "In dem Preis des Korns z.B. zahlt ein Teil die Rente des Grundbesitzers."

Der Ursprung dieses Wertbestandteils hat ebensowenig mit dem Umstand zu schaffen, daß er demGrundbesitzer gezahlt wird und für ihn Revenue unter der Form der Rente bildet, wie der Ursprung derandern Wertbestandteile damit zu schaffen hat, daß sie als Profit und Arbeitslohn Revenuequellen bilden.

"Ein andrer Teil zahlt den Lohn und Unterhalt der Arbeiter" {und des Arbeitsviehs! setzt er hinzu}, "diein seiner Produktion beschäftigt waren, und der dritte Teil zahlt den Profit des Pächters. Diese drei Teilescheinen" {seem, in der Tat scheinen sie} "entweder unmittelbar oder in letzter Instanz den ganzen Preisdes Korns auszumachen."

Dieser ganze Preis, d.h. seine Größenbestimmung, ist absolut unabhängig von seiner Verteilung unter dreiSorten von Personen.

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"Ein vierter Teil mag notwendig scheinen, um das Kapital des Pächters zu ersetzen oder um den Ver-schleiß seines Arbeitsviehs und seiner andern Ackergeräte zu ersetzen. Aber es muß in Betracht gezogenwerden, daß der Preis irgendwelches Ackergeräts, z.B. eines Arbeitspferds, selbst wieder aus obigen dreiTeilen sich zusammensetzt: der Rente des Bodens, auf dem es gezüchtet, der Arbeit der Züchtung unddem Profit des Pächters, der beides, die Rente dieses Bodens und den Lohn dieser Arbeit, vorschießt.Obwohl daher der Preis des Korns sowohl den Preis wie die Unterhaltungskosten des Pferdes ersetzenmag, so löst sich doch der ganze Preis immer noch, unmittelbar oder in letzter Instanz, auf in dieselbendrei Teile: Bodenrente, Arbeit" {er meint Arbeitslohn} "und Profit." (B. I, ch. 6, p. 42.)

Das ist wörtlich alles, was A. Smith zur Begründung seiner erstaunlichen Doktrin vorbringt. Sein Beweisbesteht einfach in der Wiederholung derselben Behauptung. Er gibt beispielsweise zu, daß der Preis desKorns nicht nur besteht aus v + m, sondern ebenfalls aus dem Preis der in der Kornproduktion verzehrtenProduktionsmittel, also aus einem Kapitalwert, den der Pächter nicht in Arbeitskraft angelegt hat. Aber,sagt er, die Preise aller dieser Produktionsmittel selbst zerfallen, wie der Kornpreis, auch in v + m; nurvergißt A. Smith hinzuzusetzen: außerdem in den Preis der in ihrer eignen Erzeugung verzehrten Produk-tionsmittel. Er verweist von einem Produktionszweig auf den andern und von dem andern wieder <374>auf einen dritten. Daß der ganze Preis der Waren sich "unmittelbar" oder "in letzter Instanz" (ultimately)in v + m auflöst, wäre nur dann keine hohle Ausflucht, wenn nachgewiesen worden, daß die Warenpro-dukte, deren Preis sich unmittelbar auflöst in c (Preis verzehrter Produktionsmittel) + v + m, schließlichkompensiert werden durch Warenprodukte, welche jene "verzehrten Produktionsmittel" ihrem ganzenUmfang nach ersetzen und die ihrerseits dagegen hergestellt werden durch bloße Auslage von variablem,d.h. in Arbeitskraft ausgelegtem Kapital. Der Preis der letztren wäre dann unmittelbar = v + m. Daherauch der Preis der erstern, c + v + m, wo c als konstanter Kapitalteil figuriert, schließlich auflösbar in v +m. A. Smith glaubte selbst nicht, solchen Nachweis geliefert zu haben durch sein Beispiel mit den Scotch-pebbles-Sammlern, die aber nach ihm 1. keinen Mehrwert irgendeiner Art liefern, sondern nur ihren eig-nen Arbeitslohn produzieren; 2. keine Produktionsmittel anwenden (wohl doch auch in Form von Körben,Säcken und andern Gefäßen zum Wegtragen der Steinchen).

Wir haben bereits vorhin gesehn, daß A. Smith selbst seine eigne Theorie später über den Haufen wirft,ohne sich indes seiner Widersprüche bewußt zu werden. Ihre Quelle ist jedoch zu suchen gerade in seinenwissenschaftlichen Ausgangspunkten. Das in Arbeit umgesetzte Kapital produziert einen größern Wert alsseinen eignen. Wie? Indem, sagt A. Smith, die Arbeiter während des Produktionsprozesses den von ihnenbearbeiteten Dingen einen Wert einprägen, der außer dem Äquivalent für ihren eignen Kaufpreis einennicht ihnen, sondern ihren Anwendern zufallenden Mehrwert bildet (Profit und Rente). Das ist aber auchalles, was sie leisten und leisten können. Was von der industriellen Arbeit eines Tages, das gilt von derdurch die ganze Kapitalistenklasse während eines Jahres in Bewegung gesetzten Arbeit. Die Gesamtma-sse des jährlichen gesellschaftlichen Wertprodukts kann daher nur zerfällbar sein in v + m, in ein Äqui-valent, wodurch die Arbeiter den in ihrem eignen Kaufpreis verausgabten Kapitalwert ersetzen, und inden zusätzlichen Wert, den sie darüber hinaus ihrem Anwender liefern müssen. Diese beiden Wertele-mente der Waren aber bilden zugleich Revenuequellen für die verschiednen in der Reproduktion betei-ligten Klassen: das erste den Arbeitslohn, die Revenue der Arbeiter; das zweite den Mehrwert, wovon derindustrielle Kapitalist einen Teil in Form des Profits für sich behält, einen andern abtritt als Rente, dieRevenue des Grundeigentümers. Wo sollte also ein weitrer Wertbestandteil herkommen, da das jährlicheWertprodukt keine andren Elemente enthält außer v + m? Wir stehn hier auf dem Boden der einfachenReproduktion. Da die ganze jährliche Arbeitssumme sich auflöst in Arbeit, nötig zur Repro- <375> dukti-on des in Arbeitskraft ausgelegten Kapitalwerts, und in Arbeit, nötig zur Schöpfung eines Mehrwerts, wosollte da überhaupt noch die Arbeit zur Produktion eines nicht in Arbeitskraft ausgelegten Kapitalwertsherkommen?

Die Sache liegt folgendermaßen:

1. A. Smith bestimmt den Wert einer Ware durch die Masse Arbeit, die der Lohnarbeiter dem Arbeitsge-genstand zusetzt (adds). Er sagt wörtlich: "den Materialien", da er von Manufaktur handelt, die selbst

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schon Arbeitsprodukte verarbeitet; dies ändert aber nichts an der Sache. Der Wert, den der Arbeiter einemDinge zusetzt (und dies "adds" ist der Ausdruck Adams) ist ganz unabhängig davon, ob dieser Gegen-stand, dem Wert zugesetzt wird, vor diesem Zusatz schon selbst Wert hat oder nicht. Der Arbeiter schafftalso in Warenform ein Wertprodukt; dies ist nach A. Smith einesteils Äquivalent seines Arbeitslohns, unddieser Teil ist also bestimmt durch den Wertumfang seines Arbeitslohns; je nachdem dieser größer oderkleiner, hat er mehr Arbeit zuzusetzen, um einen Wert gleich dem seines Arbeitslohns zu produzierenoder zu reproduzieren. Andernteils aber setzt der Arbeiter über die so gezogne Grenze hinaus weitre Ar-beit zu, die Mehrwert für den ihn beschäftigenden Kapitalisten bildet. Ob dieser Mehrwert ganz in denHänden des Kapitalisten bleibt oder stückweis an dritte Personen von ihm abzutreten ist, ändert absolutnichts weder an der qualitativen (daß es überhaupt Mehrwert ist), noch an der quantitativen (der Größen-)Bestimmung des vom Lohnarbeiter zugesetzten Mehrwerts. Es ist Wert wie jeder andre Wertteil des Pro-dukts, unterscheidet sich aber dadurch, daß der Arbeiter kein Äquivalent dafür erhalten hat noch nachhererhält, dieser Wert vielmehr vom Kapitalisten ohne Äquivalent angeeignet wird. Der Gesamtwert derWare ist bestimmt durch das Quantum Arbeit, das der Arbeiter in ihrer Produktion verausgabt hat; einTeil dieses Gesamtwerts ist dadurch bestimmt, daß er gleich dem Wert des Arbeitslohns ist, also Äquiva-lent für denselben. Der zweite Teil, der Mehrwert, ist daher notwendig ebenfalls bestimmt, nämlich gleichdem Gesamtwert des Produkts minus dem Wertteil desselben, der Äquivalent des Arbeitslohns ist; alsogleich dem Überschuß des in Herstellung der Ware geschaffnen Wertprodukts über den darin enthaltnenWertteil, der gleich dem Äquivalent für seinen Arbeitslohn.

2. Was für die Ware, produziert in einem einzelnen industriellen Geschäft durch jeden einzelnen Arbeiter,gilt vom Jahresprodukt aller Geschäftszweige zusammen. Was von der Tagesarbeit eines individuellenproduktiven Arbeiters, gilt von der durch die ganze produktive Arbeiter- <376> klasse flüssig gemachtenJahresarbeit. Sie "fixiert" (Smithscher Ausdruck) im Jahresprodukt einen Gesamtwert, bestimmt durchdas Quantum der verausgabten Jahresarbeit, und dieser Gesamtwert zerfällt in einen Teil, bestimmt durchdasjenige Stück der Jahresarbeit, worin die Arbeiterklasse ein Äquivalent ihres Jahreslohns schafft, in derTat diesen Lohn selbst; und in einen andern Teil, bestimmt durch die zusätzliche Jahresarbeit, worin derArbeiter einen Mehrwert für die Kapitalistenklasse schafft. Das im Jahresprodukt enthaltne jährlicheWertprodukt besteht also nur aus zwei Elementen, dem Äquivalent des von der Arbeiterklasse erhaltnenJahreslohns und dem jährlich für die Kapitalistenklasse gelieferten Mehrwert. Der Jahreslohn bildet aberdie Revenue der Arbeiterklasse, die Jahressumme des Mehrwerts die Revenue der Kapitalistenklasse;beide stellen also (und dieser Gesichtspunkt ist richtig bei Darstellung der einfachen Reproduktion) dierelativen Anteile am jährlichen Konsumtionsfonds dar und realisieren sich in ihm. Und so bleibt nirgendsPlatz für den konstanten Kapitalwert, für die Reproduktion des in Form von Produktionsmitteln fungie-renden Kapitals. Daß aber alle Teile des Warenwerts, die als Revenue fungieren, zusammenfallen mitdem für den gesellschaftlichen Konsumtionsfonds bestimmten jährlichen Arbeitsprodukt, sagt A. Smithausdrücklich in der Einleitung seines Werks:

"Worin die Revenue des Volks überhaupt bestanden hat, oder was die Natur des Fonds war, welcher ...ihre jährliche Konsumtion geliefert hat (supplied), dies zu erklären ist der Zweck dieser vier ersten Bü-cher." (p. 12.)

Und gleich im ersten Satz der Einleitung heißt es:

"Die jährliche Arbeit jeder Nation ist der Fonds, welcher sie ursprünglich versieht mit all den Lebensmit-teln, die sie im Lauf des Jahres verzehrt und die stets bestehn entweder aus dem unmittelbaren Produktdieser Arbeit, oder in den mit diesem Produkt von andern Nationen gekauften Gegenständen." (p. 11.)

Der erste Fehler A. Smiths besteht nun darin, daß er den jährlichen Produktenwert gleichsetzt dem jährli-chen Wertprodukt. Das letztre ist nur Produkt der Arbeit des vergangnen Jahrs; der erstere schließt außer-dem alle Wertelemente ein, die zur Herstellung des Jahresprodukts verbraucht, aber im vorhergehendenund zum Teil in noch früher verfloßnen Jahren produziert wurden: Produktionsmittel, deren Wert nurwiedererscheint - die, was ihren Wert betrifft, weder produziert noch reproduziert worden sind durch

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während des letzten Jahrs verausgabte Arbeit. Durch diese Verwechslung manipuliert A. Smith den kon-stanten Wertteil des Jahresprodukts hinweg. Die Verwechslung selbst beruht auf einem andern Irrtum inseiner Fun- <377> damentalauffassung: er unterscheidet nicht den zwiespältigen Charakter der Arbeitselbst: der Arbeit, soweit sie als Verausgabung von Arbeitskraft Wert, und soweit sie als konkrete, nützli-che Arbeit Gebrauchsgegenstände (Gebrauchswert) schafft. Die Gesamtsumme der jährlich hergestelltenWaren, also das ganze Jahresprodukt, ist Produkt der im letzten Jahr wirkenden nützlichen Arbeit; nurdadurch, daß gesellschaftlich angewandte Arbeit in einem vielverzweigten System nützlicher Arbeitsartenverausgabt wurde, sind alle diese Waren da; nur dadurch ist in ihrem Gesamtwert der Wert der in ihrerProduktion verzehrten Produktionsmittel erhalten, in neuer Naturalform wieder erscheinend. Das gesamteJahresprodukt ist also Resultat der während des Jahrs verausgabten nützlichen Arbeit; aber vom jährli-chen Produktenwert ist nur ein Teil während des Jahrs geschaffen worden; dieser Teil ist das jährlicheWertprodukt, worin sich die Summe der während des Jahres selbst flüssiggemachten Arbeit darstellt.

Wenn also A. Smith in der soeben zitierten Stelle sagt:

"Die jährliche Arbeit jeder Nation ist der Fonds, welcher sie ursprünglich versieht mit all den Lebensmit-teln, die sie im Lauf des Jahrs verzehrt etc.",

so stellt er sich einseitig auf den Standpunkt der bloß nützlichen Arbeit, die allerdings alle diese Lebens-mittel in ihre verzehrbare Form gebracht hat. Er vergißt aber dabei, daß dies unmöglich war ohne Mithilfeder aus frühern Jahren überlieferten Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstände, und daß daher die "jährlicheArbeit", soweit sie Wert bildete, keineswegs den ganzen Wert des durch sie fertiggestellten Produkts ge-schaffen hat; daß das Wertprodukt kleiner ist als der Produktenwert.

Wenn man A. Smith keinen Vorwurf machen kann, in dieser Analyse nur so weit gegangen zu sein alsalle seine Nachfolger (obgleich sich ein Ansatz zum Richtigen schon bei den Physiokraten vorfand), soverläuft er sich dagegen weiter in einem Chaos, und zwar hauptsächlich, weil seine "esoterische" Auffas-sung des Warenwerts überhaupt fortwährend durchkreuzt wird von exoterischen, die in der Breite bei ihmvorwiegen, während sein wissenschaftlicher Instinkt von Zeit zu Zeit den esoterischen Standpunkt wiedererscheinen läßt.

4. Kapital und Revenue bei A. Smith

Der Wertteil jeder Ware (und daher auch des Jahresprodukts), der nur ein Äquivalent des Arbeitslohnsbildet, ist gleich dem vom Kapitalisten im Arbeitslohn vorgeschoßnen Kapital, d.h. gleich dem variablenBestandteil seines vorgeschoßnen Gesamtkapitals. Diesen Bestandteil des vorgeschoßnen <378> Kapi-talwerts erhält der Kapitalist wieder durch einen neuproduzierten Wertbestandteil der von den Lohnar-beitern gelieferten Ware. Ob das variable Kapital vorgeschossen wird in dem Sinn, daß der Kapitalist inGeld den dem Arbeiter zufallenden Anteil eines Produkts zahlt, das noch nicht zum Verkauf fertig, oderdas zwar fertig, aber noch nicht vom Kapitalisten verkauft ist, oder ob er ihn mit Geld zahlt, das er bereitserhalten durch Verkauf der vom Arbeiter gelieferten Ware, oder ob er durch Kredit dies Geld antizipierthat - in allen diesen Fällen verausgabt der Kapitalist variables Kapital, das als Geld den Arbeitern zu-fließt, und besitzt er andrerseits das Äquivalent dieses Kapitalwerts in dem Wertteil seiner Waren, wo-durch der Arbeiter den ihm selbst zufallenden Anteil an dem Gesamtwert derselben neu produziert, wo-durch er in andren Worten den Wert seines eignen Arbeitslohns produziert hat. Statt ihm diesen Wertteilin der Naturalform seines eignen Produkts zu geben, zahlt ihm der Kapitalist selben in Geld aus. Für denKapitalisten besteht also jetzt der variable Bestandteil seines vorgeschoßnen Kapitalwerts in Warenform,während der Arbeiter das Äquivalent für seine verkaufte Arbeitskraft in Geldform erhalten hat.

Während also der durch Ankauf der Arbeitskraft in variables Kapital umgesetzte Teil des vom Kapitali-sten vorgeschoßnen Kapitals innerhalb des Produktionsprozesses selbst als sich betätigende Arbeitskraft

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fungiert und durch die Verausgabung dieser Kraft als Neuwert in Warenform von neuem produziert, d.h.reproduziert wird - also Reproduktion, d.h. Neuproduktion von vorgeschoßnem Kapitalwert! -, verausgabtder Arbeiter den Wert, resp. Preis seiner verkauften Arbeitskraft in Lebensmitteln, in Mitteln der Repro-duktion seiner Arbeitskraft. Eine dem variablen Kapital gleiche Geldsumme bildet seine Einnahme, daherseine Revenue, die nur so lange dauert, als er seine Arbeitskraft an den Kapitalisten verkaufen kann.

Die Ware des Lohnarbeiters - seine Arbeitskraft selbst - fungiert nur als Ware, soweit sie dem Kapital desKapitalisten einverleibt wird, als Kapital fungiert; andrerseits fungiert das als Geldkapital im Ankauf vonArbeitskraft verausgabte Kapital des Kapitalisten als Revenue in der Hand des Verkäufers der Arbeit s-kraft, des Lohnarbeiters.

Es verschlingen sich hier verschiedne Zirkulations- und Produktionsprozesse, die A. Smith nicht ausein-anderhält.

Erstens. Dem Zirkulationsprozeß angehörige Akte: Der Arbeiter verkauft seine Ware - die Arbeitskraft -an den Kapitalisten; das Geld, womit der Kapitalist sie kauft, ist für ihn zur Verwertung angelegtes Geld,also Geldkapital; es ist nicht verausgabt, sondern vorgeschossen. (Dies ist der wirkliche Sinn des "Vor-schusses" - avance der Physiokraten -, ganz <379> unabhängig davon, wo der Kapitalist das Geld selbsthernimmt. Vorgeschossen ist für den Kapitalisten jeder Wert, den er zum Zweck des Produktionsprozes-ses zahlt, ob dies nun vorher oder post festum geschehe; er ist dem Produktionsprozeß selbst vorgeschos-sen.) Hier ereignet sich nur, was bei jedem Warenverkauf: der Verkäufer gibt einen Gebrauchswert fort(hier die Arbeitskraft) und erhält dessen Wert (realisiert dessen Preis) in Geld; der Käufer gibt sein Geldweg und erhält dafür die Ware selbst - hier die Arbeitskraft.

Zweitens: Im Produktionsprozeß bildet jetzt die gekaufte Arbeitskraft einen Teil des fungierenden Kapi-tals, und der Arbeiter selbst fungiert hier nur als eine besondre Naturalform dieses Kapitals, unterschiedenvon den in der Naturalform von Produktionsmitteln bestehenden Elementen desselben. Während des Pro-zesses setzt der Arbeiter den von ihm in Produkt verwandelten Produktionsmitteln einen Wert zu, durchVerausgabung seiner Arbeitskraft gleich dem Wert seiner Arbeitskraft (abgesehn vom Mehrwert); er re-produziert also für den Kapitalisten in Warenform den von letztrem ihm in Arbeitslohn vorgeschoßnenoder vorzuschießenden Teil seines Kapitals; produziert ihm ein Äquivalent des letztren; er produziert alsofür den Kapitalisten das Kapital, das dieser von neuem im Ankauf von Arbeitskraft "vorschießen" kann.

Drittens: Bei Verkauf der Ware ersetzt also ein Teil ihres Verkaufspreises dem Kapitalisten das von ihmvorgeschoßne variable Kapital, befähigt daher sowohl ihn, von neuem Arbeitskraft zu kaufen, wie denArbeiter, sie von neuem zu verkaufen.

Bei allen Warenkäufen und -verkäufen - soweit nur diese Transaktionen selbst betrachtet werden - ist esvollständig gleichgültig, was in der Hand des Verkäufers aus dem für seine Ware gelösten Geld und wasin der Hand des Käufers aus dem von ihm gekauften Gebrauchsartikel wird. Es ist also, soweit der bloßeZirkulationsprozeß in Betracht kommt, auch völlig gleichgültig, daß die vom Kapitalisten gekaufte Ar-beitskraft für ihn Kapitalwert reproduziert, und daß andrerseits das als Kaufpreis der Arbeitskraft gelösteGeld für den Arbeiter Revenue bildet. Die Wertgröße des Handelsartikels des Arbeiters, seiner Arbeits-kraft, wird weder dadurch affiziert, daß sie "Revenue" für ihn bildet, noch dadurch, daß der Gebrauchseines Handelsartikels durch den Käufer diesem Käufer Kapitalwert reproduziert.

Weil der Wert der Arbeitskraft - d.h. der adäquate Verkaufspreis dieser Ware - durch die zu ihrer Repro-duktion nötige Arbeitsmenge bestimmt ist, diese Arbeitsmenge selbst aber hier bestimmt ist durch die zurProduktion der nötigen Lebensmittel des Arbeiters, also zur Erhaltung seines Lebens <380> erheischteArbeitsmenge, wird der Arbeitslohn zur Revenue, wovon der Arbeiter zu leben hat.

Es ist total falsch, was A. Smith sagt (p.223):

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"Der Teil des Kapitals, der angelegt wird im Unterhalt produktiver Arbeit ... nachdem er ihm {dem Ka-pitalisten } "in der Funktion eines Kapitals gedient hat, bildet eine Revenue für sie" {die Arbeiter}.

Das Geld, womit der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft zahlt, "dient ihm in der Funktion einesKapitals", soweit er dadurch die Arbeitskraft den dinglichen Bestandteilen seines Kapitals einverleibt unddamit überhaupt sein Kapital erst in den Stand setzt, als produktives Kapital zu fungieren. Unterscheidenwir: Die Arbeitskraft ist Ware, nicht Kapital, in der Hand des Arbeiters, und sie konstituiert für ihn eineRevenue, soweit er deren Verkauf beständig wiederholen kann; sie fungiert als Kapital nach dem Verkaufin der Hand des Kapitalisten, während des Produktionsprozesses selbst. Was hier zweimal dient, ist dieArbeitskraft; als Ware, die zu ihrem Wert verkauft wird, in der Hand des Arbeiters; als Wert und Ge-brauchswert produzierende Kraft in der Hand des Kapitalisten, der sie gekauft hat. Aber das Geld, wasder Arbeiter vom Kapitalisten erhält, erhält er erst, nachdem er ihm den Gebrauch seiner Arbeitskraftgegeben hat, nachdem selbe bereits im Wert des Arbeitsprodukts realisiert ist. Der Kapitalist hat diesenWert in seiner Hand, bevor er ihn zahlt. Es ist also nicht das Geld, das zweimal fungiert: erst als Geldformdes variablen Kapitals, dann als Arbeitslohn. Sondern es ist die Arbeitskraft, die zweimal fungiert hat; erstals Ware beim Verkauf der Arbeitskraft (das Geld wirkt bei Stipulierung des zu zahlenden Lohns bloß alsideelles Wertmaß, wobei es noch gar nicht in der Hand des Kapitalisten zu sein braucht); zweitens imProduktionsprozeß, wo sie als Kapital, d.h. als Gebrauchswert und Wert schaffendes Element in der Handdes Kapitalisten fungiert. Sie hat bereits in Warenform das dem Arbeiter zu zahlende Äquivalent geliefert,bevor der Kapitalist es dem Arbeiter in Geldform zahlt. Der Arbeiter schafft also selbst den Zahlungs-fonds, aus dem ihn der Kapitalist zahlt. Aber das ist nicht alles.

Das Geld, das der Arbeiter erhält, wird von ihm verausgabt, um seine Arbeitskraft zu erhalten, also - Ka-pitalistenklasse und Arbeiterklasse in ihrer Gesamtheit betrachtet - um dem Kapitalisten das Werkzeug zuerhalten, wodurch er allein Kapitalist bleiben kann.

Der beständige Kauf und Verkauf der Arbeitskraft verewigt also einerseits die Arbeitskraft als Elementdes Kapitals, wodurch es als Schöpfer von Waren, Gebrauchsartikeln, die einen Wert haben, erscheint,wodurch <381> ferner der Kapitalteil, der die Arbeitskraft kauft, durch ihr eignes Produkt beständig her-gestellt wird, der Arbeiter selbst also beständig den Kapitalfonds schafft, aus dem er bezahlt wird. And-rerseits wird der beständige Verkauf der Arbeitskraft zur stets sich erneuernden Lebenserhaltungsquelledes Arbeiters, und erscheint also seine Arbeitskraft als das Vermögen, wodurch er die Revenue bezieht,von der er lebt. Revenue meint hier nichts als durch beständig wiederholten Verkauf einer Ware (der Ar-beitskraft) bewirkte Aneignung von Werten, wobei letztre selbst nur zur beständigen Reproduktion der zuverkaufenden Ware dienen. Und sofern hat A. Smith recht zu sagen, daß der Wertteil des vom Arbeiterselbst geschaffnen Produkts, wofür ihm der Kapitalist ein Äquivalent in Form des Arbeitslohns zahlt,Quelle von Revenue für den Arbeiter wird. Dies ändert aber ebensowenig an der Natur oder Größe diesesWertteils der Ware, als es am Wert der Produktionsmittel ändert, daß sie als Kapitalwerte fungieren, oderan der Natur und Größe einer geraden Linie, daß sie als Basis eines Dreiecks oder als Durchmesser einerEllipse fungiert. Der Wert der Arbeitskraft bleibt gerade so unabhängig bestimmt wie der jener Produkti-onsmittel. Weder besteht dieser Wertteil der Ware aus Revenue als einem ihn konstituierenden selbstän-digen Faktor, noch löst sich dieser Wertteil auf in Revenue. Weil dieser vom Arbeiter beständig reprodu-zierte Neuwert für ihn Quelle von Revenue bildet, bildet nicht umgekehrt seine Revenue einen Bestand-teil des von ihm produzierten Neuwerts. Die Größe des ihm bezahlten Anteils an dem von ihm geschaff-nen Neuwert bestimmt den Wertumfang seiner Revenue, nicht umgekehrt. Daß dieser Teil des Neuwertsfür ihn Revenue bildet, zeigt bloß, was aus ihm wird, den Charakter seiner Anwendung, und hat mit sei-ner Bildung so wenig zu schaffen wie mit jeder andren Wertbildung. Nehme ich jede Woche zehn Talerein, so ändert der Umstand dieser wöchentlichen Einnahme nichts, weder an der Wertnatur der zehn Ta-ler, noch an ihrer Wertgröße. Wie bei jeder andren Ware ist bei der Arbeitskraft ihr Wert bestimmt durchdie zu ihrer Reproduktion notwendige Arbeitsmenge; daß diese Arbeitsmenge durch den Wert der not-wendigen Lebensmittel des Arbeiters bestimmt, also gleich ist der zur Reproduktion seiner Lebensbedin-gungen selbst notwendigen Arbeit, ist dieser Ware (der Arbeitskraft) eigentümlich, aber nicht eigentümli-

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cher, als daß der Wert von Lastvieh durch den Wert der zu seiner Erhaltung notwendigen Lebensmittelbestimmt ist, also durch die Masse menschlicher Arbeit, nötig, um letztre zu produzieren.

Es ist aber die Kategorie "Revenue", die hier das ganze Unheil bei A. Smith anrichtet. Die verschiednenSorten von Revenuen bilden bei ihm <382> die "component parts", die Bestandteile des jährlich produ-zierten, neuhergestellten Warenwerts, während umgekehrt die zwei Teile, worin dieser Warenwert für denKapitalisten zerfällt - das Äquivalent seines bei Ankauf der Arbeit in Geldform vorgeschoßnen variablenKapitals, und der andre Wertteil, der ihm auch gehört, ihm aber nichts gekostet hat, der Mehrwert -, Re-venuequellen bilden. Das Äquivalent des variablen Kapitals wird von neuem in Arbeitskraft vorgeschos-sen und bildet sofern eine Revenue für den Arbeiter in Form seines Arbeitslohns; der andre Teil - derMehrwert -, da er dem Kapitalisten keinen Kapitalvorschuß zu ersetzen hat, kann von ihm in Konsumti-onsmitteln (notwendigen und Luxus) verausgabt, als Revenue verzehrt werden, statt Kapitalwert irgend-einer Art zu bilden. Die Voraussetzung dieser Revenue ist der Warenwert selbst, und seine Bestandteileunterscheiden sich für den Kapitalisten nur soweit sie entweder Äquivalent für oder Überschuß über denvon ihm vorgeschoßnen variablen Kapitalwert bilden. Beide bestehn aus nichts als während der Waren-produktion verausgabter, in Arbeit flüssig gemachter Arbeitskraft. Sie bestehn aus Ausgabe, nicht ausEinkommen oder Revenue - aus Arbeitsausgabe.

Nach diesem Quidproquo, wo die Revenue die Quelle von Warenwert wird, statt der Warenwert dieQuelle von Revenue, erscheint nun der Warenwert als "zusammengesetzt" aus den verschiednen SortenRevenuen; sie sind unabhängig voneinander bestimmt, und durch die Addition des Wertumfangs dieserRevenuen wird der Gesamtwert der Ware bestimmt. Aber nun fragt es sich, wie wird der Wert jeder die-ser Revenuen bestimmt, aus denen der Warenwert entspringen soll? Bei dem Arbeitslohn geschieht dies,denn der Arbeitslohn ist der Wert seiner Ware, der Arbeitskraft, und dieser bestimmbar (wie der jederandren Ware) durch die zur Reproduktion dieser Ware nötige Arbeit. Aber der Mehrwert, oder bei A.Smith vielmehr seine beiden Formen, Profit und Grundrente, wie sind sie bestimmbar? Hier bleibts beileerem Geschwätz. Bald stellt A. Smith Arbeitslohn und Mehrwert (resp. Arbeitslohn und Profit) als Be-standteile dar, aus denen der Warenwert, resp. Preis sich zusammensetzt, bald, und oft fast im selbenAtemzug, als Teile, worin sich der Warenpreis "auflöst" (resolves itself); was aber umgekehrt heißt, daßder Warenwert das zuerst Gegebne ist, und daß verschiedne Teile dieses gegebnen Werts verschiednen imProduktionsprozeß beteiligten Personen in der Form verschiedner Revenuen zufallen. Dies ist keineswegsidentisch mit der Zusammensetzung des Werts aus diesen drei "Bestandteilen". Wenn ich die Größe drei-er verschiednen geraden Linien selbständig bestimme und dann aus diesen drei Linien als "Bestandteilen"eine vierte gerade Linie bilde, die gleich der Größe ihrer Summe ist, so ist <383> das keineswegs dieselbeProzedur, als wenn ich andrerseits eine gegebne gerade Linie vor mir habe und diese zu irgendwelchemBehuf in drei verschiedne Teile teile, gewissermaßen "auflöse". Die Größe der Linie im ersten Fall wech-selt durchweg mit der Größe der drei Linien, deren Summe sie bildet; die Größe der drei Linienteile imletzten Fall ist von vornherein dadurch begrenzt, daß sie Teile einer Linie von gegebner Größe bilden.

In der Tat aber, soweit wir an dem Richtigen von A. Smiths Darstellung festhalten, daß der im jährlichenWarenprodukt der Gesellschaft (wie in jeder einzelnen Ware, oder wie im Tages-, Wochenprodukt etc.)enthaltne, durch die Jahresarbeit neu geschaffne Wert gleich ist dem Wert des vorgeschoßnen variablenKapitals (also dem wieder zu Ankauf von Arbeitskraft bestimmten Wertteil) plus dem Mehrwert, den derKapitalist realisieren kann - bei einfacher Reproduktion und sonst gleichbleibenden Umständen - in Mit-teln seiner individuellen Konsumtion; wenn wir ferner daran festhalten, daß A. Smith zusammenwirft dieArbeit, soweit sie Wert schafft, Verausgabung von Arbeitskraft ist - und die Arbeit, soweit sie Ge-brauchswert schafft, d.h. in nützlicher, zweckgemäßer Form verausgabt wird -, so kommt die ganze Vor-stellung darauf hinaus: Der Wert jeder Ware ist das Produkt der Arbeit; also auch der Wert des Produktsder Jahresarbeit oder der Wert des jährlichen gesellschaftlichen Warenprodukts. Da alle Arbeit aber sichauflöst in 1. notwendige Arbeitszeit, worin der Arbeiter bloß ein Äquivalent reproduziert für das in An-kauf seiner Arbeitskraft vorgeschoßne Kapital, und 2. Mehrarbeit, wodurch er einen Wert für den Kapita-listen liefert, wofür dieser kein Äquivalent zahlt, also Mehrwert; so kann sich aller Warenwert nur in die-se zwei verschiednen Bestandteile auflösen und bildet also schließlich als Arbeitslohn die Revenue der

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Arbeiterklasse, als Mehrwert die der Kapitalistenklasse. Was aber den konstanten Kapitalwert angeht, d.h.den Wert der in der Produktion des Jahresprodukts aufgezehrten Produktionsmittel, so kann zwar nichtgesagt werden (außer der Phrase, daß der Kapitalist dem Käufer ihn anrechnet bei Verkauf seiner Ware),wie dieser Wert in den Wert des neuen Produkts hineinkommt, aber schließlich - ultimately - kann dieserWertteil, da die Produktionsmittel selbst Produkt der Arbeit sind, doch selbst wieder nur bestehn ausÄquivalent des variablen Kapitals und aus Mehrwert; aus Produkt von notwendiger Arbeit und vonMehrarbeit. Wenn die Werte dieser Produktionsmittel in der Hand ihrer Anwender als Kapitalwerte fun-gieren, so hindert das nicht, daß sie "ursprünglich", und wenn man ihnen auf den Grund geht, in einerandren Hand - wenn auch früher - in dieselben beiden Wertteile zerfällbar waren, also in zwei verschied-ne Revenuequellen.

<384> Ein richtiger Punkt hierin ist: daß in der Bewegung des gesellschaftlichen Kapitals - d.h. der Ge-samtheit der individuellen Kapitale - die Sache sich anders darstellt, als sie sich für jedes individuelleKapital, besonders betrachtet, also vom Standpunkt jedes einzelnen Kapitalisten darstellt. Für letztren löstsich der Warenwert auf 1. in ein konstantes Element (viertes, wie Smith sagt) und 2. in die Summe vonArbeitslohn und Mehrwert, resp. Arbeitslohn, Profit und Grundrente. Vom gesellschaftlichen Standpunktaus verschwindet dagegen Smiths viertes Element, der konstante Kapitalwert.

5. Zusammenfassung

Die abgeschmackte Formel, daß die drei Revenuen, Arbeitslohn, Profit, Rente, drei "Bestandteile" desWarenwerts bilden, entspringt bei A. Smith aus der plausibleren, daß der Warenwert resolves itself, sichauflöst, in diese drei Bestandteile. Auch dies ist falsch, selbst vorausgesetzt, der Warenwert sei nur teilbarin das Äquivalent der verbrauchten Arbeitskraft und den von letztrer geschaffnen Mehrwert. Aber derIrrtum ruht hier wieder auf einer tiefern, wahren Grundlage. Die kapitalistische Produktion beruht darauf,daß der produktive Arbeiter seine eigne Arbeitskraft, als seine Ware, dem Kapitalisten verkauft, in dessenHänden sie dann bloß als ein Element seines produktiven Kapitals fungiert. Diese, der Zirkulation ange-hörige Transaktion - Verkauf und Kauf der Arbeitskraft -, leitet nicht nur den Produktionsprozeß ein,sondern bestimmt implizite seinen spezifischen Charakter. Die Produktion eines Gebrauchswerts undselbst die einer Ware (denn diese kann auch seitens unabhängiger produktiver Arbeiter vorgehn) ist hiernur Mittel für die Produktion von absolutem und relativem Mehrwert für den Kapitalisten. Wir habendaher bei Analyse des Produktionsprozesses gesehn, wie die Produktion von absolutem und relativemMehrwert 1. die Dauer des täglichen Arbeitsprozesses, 2. die ganze gesellschaftliche und technische Ge-staltung des kapitalistischen Produktionsprozesses bestimmt. Innerhalb dieses selbst verwirklicht sich dieUnterscheidung zwischen bloßer Erhaltung von Wert (des konstanten Kapitalwerts), wirklicher Repro-duktion von vorgeschoßnem Wert (Äquivalent der Arbeitskraft) und Produktion von Mehrwert, d.h. vonWert, wofür der Kapitalist kein Äquivalent weder vorher vorgeschossen hat, noch post festum vorschießt.

Die Aneignung von Mehrwert - einem Wert, der überschüssig ist über das Äquivalent des vom Kapitali-sten vorgeschoßnen Werts -, obgleich ein- <385> geleitet durch den Kauf und Verkauf der Arbeitskraft,ist ein innerhalb des Produktionsprozesses selbst sich vollziehender Akt und bildet ein wesentliches Mo-ment desselben.

Der einleitende Akt, der einen Zirkulationsakt bildet: der Kauf und Verkauf der Arbeitskraft, beruht selbstwieder auf einer der Distribution der gesellschaftlichen Produkte vorausgegangnen und vorausgesetztenDistribution der Produktionselemente, nämlich der Scheidung der Arbeitskraft als Ware des Arbeiters vonden Produktionsmitteln als Eigentum von Nichtarbeitern.

Zugleich aber ändert diese Aneignung von Mehrwert oder diese Scheidung der Wertproduktion in Repro-duktion von vorgeschoßnem Wert und Produktion von kein Äquivalent ersetzendem Neuwert (Mehrwert)durchaus nichts an der Substanz des Werte selbst und der Natur der Wertproduktion. Die Substanz des

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Werts ist und bleibt nichts außer verausgabter Arbeitskraft - Arbeit, unabhängig von dem besondrennützlichen Charakter dieser Arbeit -, und die Wertproduktion ist nichts als der Prozeß dieser Verausga-bung. So gibt der Leibeigne während sechs Tagen Arbeitskraft aus, arbeitet während sechs Tagen undmacht es für die Tatsache dieser Verausgabung als solcher keinen Unterschied, daß er z.B. drei dieserArbeitstage für sich auf seinem eignen Feld und drei andre für seinen Gutsherrn auf dessen Feld verrich-tet. Seine freiwillige Arbeit für sich und seine Zwangsarbeit für seinen Herrn sind gleichmäßig Arbeit;soweit sie als Arbeit mit Bezug auf die von ihr geschaffnen Werte oder auch nützlichen Produkte be-trachtet wird, findet kein Unterschied in seiner sechstägigen Arbeit statt. Der Unterschied bezieht sich nurauf die verschiednen Verhältnisse, wodurch die Verausgabung seiner Arbeitskraft während der beidenHälften der sechstägigen Arbeitszeit veranlaßt wird. Ebenso verhält es sich mit der notwendigen und derMehrarbeit des Lohnarbeiters.

Der Produktionsprozeß erlischt in der Ware. Daß in ihrer Herstellung Arbeitskraft verausgabt worden ist,erscheint jetzt als dingliche Eigenschaft der Ware, daß sie Wert besitzt; die Größe dieses Werts ist gemes-sen durch die Größe der verausgabten Arbeit; in ein weiteres löst sich der Warenwert nicht auf und be-steht aus nichts andrem. Wenn ich eine gerade Linie von bestimmter Größe gezogen habe, so habe ichzuerst durch die Art der Zeichnung, die nach gewissen von mir unabhängigen Regeln (Gesetzen) ge-schieht, eine gerade Linie "produziert" (zwar nur symbolisch, was ich vorher weiß). Teile ich diese Liniein drei Abschnitte (die wieder einem bestimmten Problem entsprechen mögen), so bleibt jedes dieser dreiStücke nach wie vor gerade Linie, und die ganze Linie, deren Teile sie sind, wird <386> durch diese Tei-lung nicht in etwas von gerader Linie Unterschiednes, z.B. eine Kurve irgendeiner Art aufgelöst. Eben-sowenig kann ich die Linie von gegebner Größe so teilen, daß die Summe dieser Teile größer als die un-geteilte Linie selbst wird; die Größe der ungeteilten Linie ist also auch nicht bestimmt durch beliebigbestimmte Größen der Teillinien. Umgekehrt, die relativen Größen der letztren sind von vornherein be-grenzt durch die Grenzen der Linie, deren Teile sie sind.

Die vom Kapitalisten hergestellte Ware unterscheidet sich soweit in nichts von der durch einen selbstän-digen Arbeiter oder von Arbeitergemeinden oder von Sklaven hergestellten Ware. Jedoch gehört in un-serm Fall das ganze Arbeitsprodukt wie sein ganzer Wert dem Kapitalisten. Wie jeder andre Produzenthat er die Ware erst durch den Verkauf in Geld zu verwandeln, um weiter damit manipulieren zu können;er muß sie in die Form von allgemeinem Äquivalent umsetzen. -

Betrachten wir das Warenprodukt, bevor es in Geld verwandelt wird. Es gehört ganz dem Kapitalisten. Esist andrerseits als nützliches Arbeitsprodukt - als Gebrauchswert - ganz und gar das Produkt des vergang-nen Arbeitsprozesses; nicht so sein Wert. Ein Teil dieses Werts ist nur in neuer Form wiedererscheinenderWert der in der Produktion der Ware verausgabten Produktionsmittel; dieser Wert ist nicht produziertworden während des Produktionsprozesses dieser Ware; denn diesen Wert besaßen die Produktionsmittelvor dem Produktionsprozeß, unabhängig von ihm; als seine Träger gingen sie ein in diesen Prozeß; wassich erneuert und verändert hat, ist nur seine Erscheinungsform. Dieser Teil des Warenwerts bildet fürden Kapitalisten ein Äquivalent für den während der Warenproduktion verzehrten Teil seines vorge-schoßnen konstanten Kapitalwerts. Er existierte vorher in der Form von Produktionsmitteln; er existiertjetzt als Bestandteil des Werts der neuproduzierten Ware. Sobald letztre versilbert ist, muß dieser nun inGeld existierende Wert wieder verwandelt werden in Produktionsmittel, in seine ursprüngliche durch denProduktionsprozeß und seine Funktion in selbem bestimmte Form. Am Wertcharakter einer Ware wirdnichts geändert durch die Kapitalfunktion dieses Werts. -

Ein zweiter Wertteil der Ware ist der Wert der Arbeitskraft, die der Lohnarbeiter an den Kapitalisten ver-kauft. Er ist bestimmt wie der Wert der Produktionsmittel, unabhängig von dem Produktionsprozeß, inden die Arbeitskraft eingehn soll, und wird fixiert in einem Zirkulationsakt, dem Kauf und Verkauf derArbeitskraft, bevor diese in den Produktionsprozeß eingeht. Durch seine Funktion - die Verausgabungseiner Arbeitskraft - produziert der Lohnarbeiter einen Warenwert gleich dem Wert, den ihm <387> derKapitalist für den Gebrauch seiner Arbeitskraft zu zahlen hat. Er gibt dem Kapitalisten diesen Wert inWare, der zahlt ihm denselben in Geld. Daß dieser Teil des Warenwerts für den Kapitalisten nur ein

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Äquivalent für sein im Arbeitslohn vorzuschießendes variables Kapital ist, ändert durchaus nichts an derTatsache, daß er ein wahrend des Produktionsprozesses neugeschaffner Warenwert ist, der aus gar nichtsandrem besteht als woraus der Mehrwert - nämlich aus verfloßner Verausgabung von Arbeitskraft. Eben-sowenig wird diese Tatsache dadurch affiziert, daß der vom Kapitalisten in Form von Lohn an den Ar-beiter gezahlte Wert der Arbeitskraft für den Arbeiter die Form von Revenue annimmt, und daß hierdurchnicht nur die Arbeitskraft fortwährend reproduziert wird, sondern auch die Klasse der Lohnarbeiter alssolche, und damit die Grundlage der gesamten kapitalistischen Produktion.

Die Summe dieser beiden Wertteile macht aber nicht den ganzen Warenwert aus. Es bleibt ein Überschußüber beide: der Mehrwert. Dieser ist, ebenso wie der das in Arbeitslohn vorgeschoßne variable Kapitalersetzende Wertteil, ein während des Produktionsprozesses vom Arbeiter neugeschaffner Wert - festge-ronnene Arbeit. Nur kostet er dem Eigner des ganzen Produkts, dem Kapitalisten, nichts. Dieser letztreUmstand erlaubt in der Tat dem Kapitalisten, ihn ganz als Revenue zu verzehren, falls er nicht Teile da-von an andre Anteilhaber abzutreten hat - wie Bodenrente an den Grundeigentümer, in welchem Fall danndiese Teile die Revenuen solcher dritten Personen bilden. Dieser selbe Umstand war auch das treibendeMotiv, weswegen unser Kapitalist sich überhaupt mit der Warenproduktion befaßt hat. Aber weder seineursprüngliche wohlmeinende Absicht, Mehrwert zu ergattern, noch die nachträgliche Verausgabung des-selben als Revenue durch ihn und andre affizieren den Mehrwert als solchen. Sie ändern nichts daran, daßer festgeronnene unbezahlte Arbeit ist, und ebenfalls nichts an seiner Größe, die durch ganz andre Bedin-gungen bestimmt wird.

Wollte aber einmal A. Smith, wie er es tut, schon bei Betrachtung des Warenwerts sich damit beschäfti-gen, welche Rolle verschiednen Teilen desselben im Gesamtreproduktionsprozeß zufällt, so war klar, daß,wenn besondre Teile als Revenue fungieren, andre ebenso beständig als Kapital fungieren - und deswegennach seiner Logik auch als konstituierende Teile des Warenwerts oder Teile, worin dieser sich auflöst,hätten bezeichnet werden müssen.

A. Smith identifiziert Warenproduktion überhaupt mit kapitalistischer Warenproduktion; die Produkti-onsmittel sind von vornherein "Kapital", die Arbeit von vornherein Lohnarbeit und daher ist

<388> "die Zahl der nützlichen und produktiven Arbeiter überall ... im Verhältnis zu der Größe des zuihrer Beschäftigung angewandten Kapitals (to the quantity of capital stock which is employed in settingthem to work." Introduction, p. 12).

Mit einem Wort, die verschiednen Faktoren des Arbeitsprozesses gegenständliche und persönliche - er-scheinen von vornherein in den Charaktermasken der kapitalistischen Produktionsperiode. Die Analysedes Warenwerts fällt daher auch unmittelbar zusammen mit der Rücksicht, wieweit dieser Wert einerseitsbloßes Äquivalent für ausgelegtes Kapital, wieweit er <1. und 2. Auflage: es> andrerseits "freien", keinenvorgeschoßnen Kapitalwert ersetzenden Wert bildet oder Mehrwert. Die von diesem Standpunkt aus mit-einander verglichnen Stücke des Warenwerts verwandeln sich so unterderhand in seine selbständigen"Bestandteile" und schließlich in "Quellen alles Werts". Eine fernere Konsequenz ist die Komposition desWarenwerts aus oder abwechselnd seine "Auflösung in" Revenuen verschiedner Sorten, so daß die Reve-nuen nicht aus Warenwert, sondern der Warenwert aus "Revenuen" besteht. So wenig es aber an der Na-tur eines Warenwerts qua Warenwert oder des Geldes qua Geld ändert, daß sie als Kapitalwert fungieren,so wenig an einem Warenwert, daß er später als Revenue für diesen oder jenen fungiert. Die Ware, mitder A. Smith es zu tun hat, ist von vornherein Warenkapital (das, außer dem in der Produktion der Wareverzehrten Kapitalwert, den Mehrwert einschließt), also die kapitalistisch produzierte Ware, das Resultatdes kapitalistischen Produktionsprozesses. Dieser hätte also vorher analysiert werden müssen, also auchder in ihm eingeschloßne Verwertungs- und Wertbildungsprozeß. Da dessen Voraussetzung selbst wiederdie Warenzirkulation ist, so erheischt seine Darstellung also auch eine davon unabhängige und vorherge-hende Analyse der Ware. Selbst soweit A. Smith "esoterisch" vorübergehend das Richtige trifft, nimmt erstets auf die Wertproduktion nur Rücksicht bei Gelegenheit der Warenanalyse, d.h. der Analyse des Wa-renkapitals.

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III. Die Späteren

Ricardo reproduziert ziemlich wörtlich A. Smiths Theorie:

"Man muß darüber einverstanden sein, daß alle Produkte eines Landes konsumiert werden, aber es machtden denkbar größten Unterschied, ob sie konsumiert werden <389> durch solche, die einen andern Wertreproduzieren oder durch solche, die dies nicht tun. Wenn wir sagen, Revenue wird aufgespart und zumKapital geschlagen, so meinen wir damit, daß der zum Kapital geschlagne Teil der Revenue durch pro-duktive Arbeiter konsumiert wird, statt durch unproduktive." ("Principles", p. 163.)

In der Tat hat Ricardo A. Smiths Theorie über die Auflösung des Warenpreises in Arbeitslohn undMehrwert (oder variables Kapital und Mehrwert) völlig akzeptiert. Worüber er mit ihm streitet ist 1. überdie Bestandteile des Mehrwerts: er eliminiert die Grundrente als notwendiges Element desselben; 2. Ri-cardo zerfällt den Warenpreis in diese Bestandteile. Die Wertgröße ist also das Prius. Die Summe derBestandteile ist als gegebne Größe vorausgesetzt, von ihr wird ausgegangen, nicht wie A. Smith oft um-gekehrt und im Gegensatz zu seiner eignen tiefern Einsicht tut, die Wertgröße der Ware post festum durchAddition der Bestandteile hervorgebracht.

Ramsay bemerkt gegen Ricardo:

"Ricardo vergißt, daß das ganze Produkt nicht nur zwischen Arbeitslohn und Profit sich verteilt, sonderndaß auch ein Teil nötig ist zum Ersatz des fixen Kapitals." ("An Essay on the Distribution of Wealth",Edinburgh 1836, p. 174.)

Ramsay versteht unter fixem Kapital dasselbe, was ich unter konstantem verstehe:

"Fixes Kapital existiert in einer Form, in der es zwar zur Herstellung der in Arbeit begriffnen Ware bei-trägt, aber nicht zum Unterhalt der Arbeiter." (p. 59.)

A. Smith sträubte sich gegen die notwendige Konsequenz seiner Auflösung des Warenwerts, also auchdes Werts des gesellschaftlichen Jahresprodukts, in Arbeitslohn und Mehrwert, also in bloße Revenue: dieKonsequenz, daß alsdann das ganze Jahresprodukt verzehrt werden könne. Es sind nie die originellenDenker, welche die absurden Konsequenzen ziehn. Sie überlassen das den Says und MacCullochs.

Say macht sich die Sache in der Tat leicht genug. Was für den einen Kapitalvorschuß, ist für den andernRevenue und Nettoprodukt oder war es; der Unterschied zwischen Brutto- und Nettoprodukt ist rein sub-jektiv, und

"so hat sich der Gesamtwert aller Produkte in der Gesellschaft als Revenue verteilt". (Say, "Traité d'Écon.Pol.", 1817, II, p. 64.) "Der Gesamtwert eines jeden Produkts setzt sich zusammen aus den Profiten derGrundbesitzer, der Kapitalisten und der Gewerbfleißigen" {der Arbeitslohn figuriert hier als profits desindustrieux <Profit der Gewerbefleißigen>!}, "die zu seiner Herstellung beigetragen haben. Dies macht,daß die Revenue der Gesellschaft <390> gleich ist dem produzierten Bruttowert, nicht wie die Sekte derÖkonomisten" {die Physiokraten} "meinten" nur gleich dem Nettoprodukt des Bodens." (p. 63.)

Diese Entdeckung Says hat u.a. auch Proudhon sich angeeignet.

Storch, der ebenfalls A. Smiths Doktrin im Prinzip akzeptiert, findet jedoch, daß Says Nutzanwendungnicht haltbar ist.

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"Wenn man zugibt, daß die Revenue einer Nation ihrem Bruttoprodukt gleich ist, d.h. kein Kapital" {sollheißen kein konstantes Kapital} "in Abzug zu bringen ist, so muß man auch zugeben, daß diese Nationden ganzen Wert ihres jährlichen Produkts unproduktiv verzehren kann, ohne ihrer künftigen Revenueden geringsten Abbruch zu tun ... Die Produkte, die das" {konstante} "Kapital einer Nation ausmachen,sind nicht konsumabel." (Storch, "Considérations sur la nature du revenu national", Paris 1824, p. 147,150.)

Wie aber die Existenz dieses konstanten Kapitalteils mit der von ihm angenommenen SmithschenPreisanalyse stimmt, wonach der Warenwert nur Arbeitslohn und Mehrwert, aber keinen konstanten Ka-pitalteil enthält, hat Storch vergessen zu sagen. Es wird ihm nur vermittelst Say klar, daß diese Preisana-lyse zu absurden Resultaten führt, und sein eignes letztes Wort hierüber lautet:

"daß es unmöglich ist, den notwendigen Preis in seine einfachsten Elemente aufzulösen". ("Cours d'Écon.Pol.", Pétersbourg 1815, II, p. 141.)

Sismondi, der sich besonders mit dem Verhältnis von Kapital und Revenue zu schaffen und in der Tat diebesondre Fassung dieses Verhältnisses zur differentia specifical <zum kennzeichnenden Unterschied>seiner "Nouveaux Principes" macht, hat nicht ein wissenschaftliches Wort gesagt, nicht ein Atom zurKlärung des Problems beigetragen.

Barton, Ramsay und Cherbuliez machen Versuche, über die Smithsche Fassung hinauszugehn. Sie schei-tern, weil sie von vornherein das Problem einseitig stellen, indem sie den Unterschied von konstantemund variablem Kapitalwert nicht klar abschälen von dem Unterschied von fixem und zirkulierendem Ka-pital.

Auch John Stuart Mill reproduziert mit gewohnter Wichtigtuerei die von A. Smith auf seine Nachfolgervererbte Doktrin.

Resultat: Die Smithsche Gedankenwirre existiert fort bis zur Stunde, und sein Dogma bildet orthodoxenGlaubensartikel der politischen Ökonomie.

Fußnoten

(35) Hier beginnt Manuskript VIII.

(36) "Kapital", Band I, 2. Ausg., p. 612, Note 32. <Siehe Band 23, S. 617>

(37) Auch hierbei hatten ihm einige Physiokraten den Weg bereitet, vor allem Turgot. Dieser gebrauchtschon häufiger als Quesnay und die übrigen Physiokraten das Wort capital für avances, und identifiziertnoch mehr die avances oder capitaux der Manufakturisten mit denen der Pächter. Z.B. "Wie diese "(dieManufakturunternehmer)" müssen sie" (die Pächter, d.h. die kapitalistischen Pächter) "außer den rückflie-ßenden Kapitalen, einheimsen etc." Turgot, "Oeuvres", éd. Daire, Paris 1844, Tome I, p. 40.)

(38) Damit der Leser sich nicht täusche über die Phrase: "Der Preis des weitaus größten Teils der Waren",zeigt folgendes, wie A. Smith selbst diese Bezeichnung erklärt: Z.B. in den Preis von Seefisch geht keineRente ein, sondern nur Arbeitslohn und Profit; in den Preis von Scotch pebbles geht nur Arbeitslohn ein,nämlich: "In einigen Teilen von Schottland machen arme Leute es sich zum Geschäft, am Seestrand diebunten Steinchen zu sammeln, die unter dem Namen schottische Kiesel bekannt sind. Der Preis, den ih-nen die Steinschneider dafür zahlen, besteht nur aus ihrem Arbeitslohn, da weder Bodenrente noch Profitirgendeinen Teil davon ausmacht."

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(39) Ich gebe diesen Satz wörtlich, wie er im Manuskript steht, obwohl er in seinem jetzigen Zusammen-hang sowohl dem Vorhergehenden wie dem unmittelbar Folgenden zu widersprechen scheint. Dieserscheinbare Widerspruch löst sich weiter unten in Nr. 4: Kapital und Revenue bei A. Smith. - F. E.

(40) Wir sehn hier ganz davon ab, daß Adam besonders unglücklich in seinem Beispiel war. Der Wert desKorns wird nur dadurch in Arbeitslohn, Profit und Rente aufgelöst, daß die vom Arbeitsvieh verzehrtenNahrungsmittel als Lohn des Arbeitsviehs und das Arbeitsvieh als Lohnarbeiter dargestellt wird, daherseinerseits der Lohnarbeiter auch als Arbeitsvieh. (Zusatz aus Manuskript II.)

(41) Von hier an bis Ende des Kapitels Zusatz aus Manuskript II.

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Einfache Reproduktion

1. Stellung der Frage

<391> Betrachten wir die jährliche Funktion des gesellschaftlichen Kapitals - also des Gesamtkapitals,wovon die individuellen Kapitale nur Bruchstücke bilden, deren Bewegung sowohl ihre individuelle Be-wegung ist, wie gleichzeitig integrierendes Glied der Bewegung des Gesamtkapitals - in ihrem Resultat,d.h. betrachten wir das Warenprodukt, welches die Gesellschaft während des Jahrs liefert, so muß sichzeigen, wie der Reproduktionsprozeß des gesellschaftlichen Kapitals vonstatten geht, welche Charakterediesen Reproduktionsprozeß vom Reproduktionsprozeß eines individuellen Kapitals unterscheiden undwelche Charaktere beiden gemeinsam sind. Das Jahresprodukt umschließt sowohl die Teile des gesell-schaftlichen Produkts, welche Kapital ersetzen, die gesellschaftliche Reproduktion, wie die Teile, welchedem Konsumtionsfonds anheimfallen, durch Arbeiter und Kapitalisten verzehrt werden, also sowohl dieproduktive wie die individuelle Konsumtion. Sie umschließt ebensowohl die Reproduktion (d.h. Erhal-tung) der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse, daher auch die Reproduktion des kapitalistischenCharakters des gesamten Produktionsprozesses.

Es ist offenbar die ZirkulationsfigurG - W ... P ... W´W´- {g - w

, die wir zu analysieren haben, und zwar spielt die Konsumtion notwendig eine Rolle darin; denn derAusgangspunkt W´ = W + w, das Warenkapital, schließt sowohl den konstanten und variablen Kapital-wert ein wie den Mehrwert. Seine Bewegung umfaßt daher ebensowohl die individuelle Konsumtion wiedie produktive. Bei den Kreisläufen G - W ... P ... W´- G´ und P ... W´- G´- W ... P ist die Bewegung desKapitals Ausgangs- und Endpunkt: <392> was zwar auch die Konsumtion einschließt, da die Ware, dasProdukt, verkauft werden muß. Dies aber als geschehn vorausgesetzt, ist es gleichgültig für die Bewegungdes Einzelkapitals, was weiter aus dieser Ware wird. Dagegen sind bei der Bewegung von W´... W´ dieBedingungen der gesellschaftlichen Reproduktion gerade daraus erkennbar, daß nachgewiesen werdenmuß, was aus jedem Wertteil dieses Gesamtprodukts W´ wird. Der gesamte Reproduktionsprozeß schließthier den durch die Zirkulation vermittelten Konsumtionsprozeß ebensosehr ein, wie den Reproduktions-prozeß des Kapitals selbst.

Und zwar ist der Reproduktionsprozeß für unsern vorliegenden Zweck zu betrachten vom Standpunktsowohl des Wert- wie des Stoffersatzes der einzelnen Bestandteile von W´. Wir können uns jetzt nichtmehr begnügen, wie bei Analyse des Produktenwerts des einzelnen Kapitals, mit der Voraussetzung, daßder einzelne Kapitalist die Bestandteile seines Kapitals durch Verkauf seines Warenprodukts erst in Geldumsetzen und dann durch Wiederkauf der Produktionselemente auf dem Warenmarkt in produktives Ka-pital rückverwandeln kann. Jene Produktionselemente, soweit sie sachlicher Natur, bilden ebensowohleinen Bestandteil des gesellschaftlichen Kapitals, wie das individuelle fertige Produkt, das sich gegen sieaustauscht und sich durch sie ersetzt. Andrerseits bildet die Bewegung des Teils des gesellschaftlichenWarenprodukts, das vom Arbeiter in Verausgabung seines Arbeitslohns und vom Kapitalisten in Veraus-gabung des Mehrwerts verzehrt wird, nicht nur ein integrierendes Glied der Bewegung des Gesamtpro-dukts, sondern sie verschlingt sich mit der Bewegung der individuellen Kapitale, und ihr Vorgang kanndaher nicht dadurch erklärt werden, daß man ihn einfach voraussetzt.

Die Frage, wie sie unmittelbar vorliegt, ist die: Wie wird das in der Produktion verzehrte Kapital seinemWert nach aus dem jährlichen Produkt ersetzt, und wie verschlingt sich die Bewegung dieses Ersatzes mitder Konsumtion des Mehrwerts durch die Kapitalisten, und des Arbeitslohns durch die Arbeiter? Es han-delt sich also zunächst um die Reproduktion auf einfacher Stufenleiter. Ferner wird unterstellt nicht nur,daß die Produkte ihrem Wert nach sich austauschen, sondern auch, daß keine Wertrevolution in den Be-standteilen des produktiven Kapitals vorgehe. Soweit die Preise von den Werten abweichen, kann dieser

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Umstand übrigens auf die Bewegung des gesellschaftlichen Kapitals keinen Einfluß ausüben. Es tauschensich nach wie vor im ganzen dieselben Massen Produkte aus, obgleich die einzelnen Kapitalisten dabei inWertverhältnissen beteiligt sind, die nicht mehr proportionell wären ihren respektiven Vorschüssen undden von <393> jedem von ihnen einzeln produzierten Mehrwertmassen. Was aber Wertrevolutionen an-geht, so ändern sie nichts an den Verhältnissen zwischen den Wertbestandteilen des jährlichen Gesamt-produkts, soweit sie allgemein und gleichmäßig verteilt sind. Soweit sie dagegen partiell und nichtgleichmäßig verteilt sind, stellen sie Störungen dar, welche erstens als solche nur verstanden werden kön-nen, soweit sie als Abweichungen von gleichbleibenden Wertverhältnissen betrachtet werden; zweitensaber, wenn das Gesetz nachgewiesen, wonach ein Wertteil des jährlichen Produkts konstantes, ein andrervariables Kapital ersetzt, so würde eine Revolution, sei es im Wert des konstanten, sei es des variablenKapitals, an diesem Gesetz nichts ändern. Sie würde nur die relative Größe der Wertteile ändern, die inder einen oder andern Qualität fungieren, weil an die Stelle der ursprünglichen Werte andre Werte getre-ten wären.

Solange wir die Wertproduktion und den Produktenwert des Kapitals individuell betrachteten, war dieNaturalform des Warenprodukts für die Analyse ganz gleichgültig, ob sie z.B. aus Maschinen bestandoder aus Korn oder aus Spiegeln. Es war dies immer Beispiel, und jeder beliebige Produktionszweigkonnte gleichmäßig zur Illustration dienen. Womit wir es zu tun hatten, war der unmittelbare Produkti-onsprozeß selbst, der auf jedem Punkt als Prozeß eines individuellen Kapitals sich darstellt. Soweit dieReproduktion des Kapitals in Betracht kam, genügte es zu unterstellen, daß innerhalb der Zirkulati-onssphäre der Teil des Warenprodukts, welcher Kapitalwert darstellt, die Gelegenheit findet, sich in seineProduktionselemente und daher in seine Gestalt als produktives Kapital rückzuverwandeln; ganz wie esgenügte zu unterstellen, daß Arbeiter und Kapitalist auf dem Markte die Waren vorfinden, worin sie Ar-beitslohn und Mehrwert verausgaben. Diese nur formelle Manier der Darstellung genügt nicht mehr beiBetrachtung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und seines Produktenwerts. Die Rückverwandlungeines Teils des Produktenwerts in Kapital, das Eingehn eines andern Teils in die individuelle Konsumtionder Kapitalisten- wie der Arbeiterklasse bildet eine Bewegung innerhalb des Produktenwerts selbst, worindas Gesamtkapital resultiert hat; und diese Bewegung ist nicht nur Wertersatz, sondern Stoffersatz, und istdaher ebensosehr bedingt durch das gegenseitige Verhältnis der Wertbestandteile des gesellschaftlichenProdukts wie durch ihren Gebrauchswert, ihre stoffliche Gestalt.

Die einfache Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter erscheint <394> insoweit als eine Abstrak-tion, als einerseits auf kapitalistischer Basis Abwesenheit aller Akkumulation oder Reproduktion auf er-weiterter Stufenleiter eine befremdliche Annahme ist, andrerseits die Verhältnisse, worin produziert wird,nicht absolut gleichbleiben (und dies ist vorausgesetzt) in verschiednen Jahren. Die Voraussetzung ist,daß ein gesellschaftliches Kapital von gegebnem Wert, wie im vorigen Jahr so in diesem, dieselbe MasseWarenwerte wieder liefert und dasselbe Quantum Bedürfnisse befriedigt, obgleich die Formen der Warensich im Reproduktionsprozeß ändern mögen. Indes, soweit Akkumulation stattfindet, bildet die einfacheReproduktion stets einen Teil derselben, kann also für sich betrachtet werden, und ist ein realer Faktor derAkkumulation. Der Wert des jährlichen Produkts kann abnehmen, obgleich die Masse der Gebrauchs-werte gleichbleibt; der Wert kann derselbe bleiben, obgleich die Masse der Gebrauchswerte abnimmt;Wertmasse und Masse der reproduzierten Gebrauchswerte können gleichzeitig abnehmen. Alles dieskommt darauf hinaus, daß die Reproduktion entweder unter günstigern Umständen als vorher stattfindetoder unter erschwerenden, welche letztre in eine unvollkommne Reproduktion - mangelhafte - resultierenkönnen. Alles dies kann nur die quantitative Seite der verschiednen Elemente der Reproduktion berühren,nicht aber die Rolle, die sie als reproduzierendes Kapital oder als reproduzierte Revenue in dem Gesamt-prozeß spielen.

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II. Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion

Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilun-gen:

I. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehnmüssen oder wenigstens eingehn können.

II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion derKapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn.

In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzi-gen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmit-tel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre großeAbteilung des gesellschaftlichen Kapitals.

<395> In jeder Abteilung zerfällt das Kapital in zwei Bestandteile:

1. Variables Kapital. Dies, dem Wert nach betrachtet, ist gleich dem Wert der in diesem Produktions-zweig angewandten gesellschaftlichen Arbeitskraft, also gleich der Summe der dafür gezahlten Arbeits-löhne. Dem Stoff nach betrachtet, besteht es aus der sich betätigenden Arbeitskraft selbst, d.h. aus der vondiesem Kapitalwert in Bewegung gesetzten lebendigen Arbeit.

2. Konstantes Kapital, d.h. den Wert aller zur Produktion in diesem Zweig angewandten Produktionsmit-tel. Diese zerfallen ihrerseits wieder in fixes Kapital: Maschinen, Arbeitswerkzeuge, Baulichkeiten, Ar-beitsvieh etc.; und in zirkulierendes konstantes Kapital: Produktionsmaterialien, wie Roh- und Hilfsstoffe,Halbfabrikate etc.

Der Wert des mit Hilfe dieses Kapitals in jeder der beiden Abteilungen erzeugten gesamten Jahrespro-dukts zerfällt in einen Wertteil, der das in der Produktion aufgezehrte und seinem Wert nach auf das Pro-dukt nur übertragne konstante Kapital c darstellt, und in den durch die gesamte Jahresarbeit zugesetztenWertteil. Dieser letztre zerfällt wieder in den Ersatz des vorgeschoßnen variablen Kapitals v und in denÜberschuß darüber, der den Mehrwert m bildet. Wie der Wert jeder einzelnen Ware, so zerfällt also auchder des gesamten Jahresprodukts jeder Abteilung in c + v + m.

Der Wertteil c, der das in der Produktion verzehrte konstante Kapital darstellt, deckt sich nicht mit demWert des in der Produktion angewandten konstanten Kapitals. Die Produktionsstoffe sind zwar ganz ver-zehrt, und ihr Wert ist daher ganz auf das Produkt übertragen. Aber nur ein Teil des angewandten fixenKapitals ist ganz verzehrt, sein Wert daher auf das Produkt übergegangen. Ein andrer Teil des fixen Ka-pitals, Maschinen, Gebäude etc., existiert und fungiert fort, nach wie vor, wenn auch mit durch den Jah-resverschleiß vermindertem Wert. Dieser fortfungierende Teil des fixen Kapitals existiert nicht für uns,wenn wir den Produktenwert betrachten. Er bildet einen, von diesem neuproduzierten Warenwert unab-hängigen, neben ihm vorhandnen Teil des Kapitalwerts. Dies zeigte sich bereits bei Betrachtung des Pro-duktenwerts eines Einzelkapitals (Buch I, Kap. VI, S. 192 <Siehe Band 23, S. 217/218>). Hier müssenwir jedoch vorläufig von der dort angewandten Betrachtungsweise abstrahieren. Wir sahen bei Betrach-tung des Produktenwerts des Einzelkapitals, daß der dem fixen Kapital durch Verschleiß entzogne Wertsich auf das während der Verschleißzeit erzeugte Warenprodukt überträgt, einerlei ob ein Teil dieses fi-xen Kapitals während dieser Zeit in <396> natura aus diesem übertragnen Wert ersetzt wird oder nicht.Dagegen sind wir hier, bei Betrachtung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts und seines Werts, genö-tigt, wenigstens vorläufig von dem durch Verschleiß von fixem Kapital während des Jahrs auf das Jahre-sprodukt übertragnem Wertteil zu abstrahieren, soweit dies fixe Kapital nicht während des Jahrs auch

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wieder in natura ersetzt worden ist. In einem spätem Abschnitt dieses Kapitels werden wir dann diesenPunkt getrennt erörtern

Für unsre Untersuchung der einfachen Reproduktion wollen wir folgendes Schema zugrunde legen, worinc = konstantes Kapital, v = variables Kapital, m = Mehrwert ist und das Verwertungsverhältnis m/v zu100% angenommen wird. Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.

I. Produktion von Produktionsmitteln:Kapital 4.000c + 1.000v = 5.000.Warenpro-dukt

4.000c + 1.000v + 1.000m = 6.000,

existierend in Produktionsmitteln.II. Produktion von Konsumtionsmitteln:

Kapital 2.000c + 500v = 2.500.Warenpro-dukt

2.000c + 500v + 500m = 3.000,

existierend in Konsumtionsmitteln.

Rekapituliert, jährliches Gesamtwarenprodukt:I. 4.000c + 1.000v

+1.000m =6.000

Produktionsmittel.

II. 2.000c + 500v + 500m = 3.000 Komsumtionsmittel.

Gesamtwert = 9.000, wovon das in seiner Naturalform fortfungierende fixe Kapital nach der Vorausset-zung ausgeschlossen ist.

Wenn wir nun die auf Grundlage einfacher Reproduktion, wo also der ganze Mehrwert unproduktiv kon-sumiert wird, notwendigen Umsätze untersuchen und dabei zunächst die sie vermittelnde Geldzirkulationunbeachtet lassen, so ergeben sich uns von vornherein drei große Anhaltspunkte.

1. Die 500v, Arbeitslohn der Arbeiter, und die 500m, Mehrwert der Kapitalisten der Abteilung II, müssenin Konsumtionsmitteln, verausgabt werden. Aber ihr Wert existiert in den Konsumtionsmitteln zum Wertvon 1.000, die in den Händen der Kapitalisten, Abteilung II, die vorgeschoßnen 500 ersetzen und die500m repräsentieren. Arbeitslohn und Mehrwert der <397> Abteilung II werden also innerhalb AbteilungII gegen Produkt von II umgesetzt. Damit verschwinden aus dem Gesamtprodukt (500v + 500m) II =1.000 in Konsumtionsmitteln.

2. Die 1.000v + 1.000m der Abteilung I müssen ebenfalls in Konsumtionsmitteln verausgabt werden, alsoin Produkt von Abteilung II. Sie müssen sich also austauschen gegen den von diesem Produkt noch übri-gen, dem Belauf nach gleichen, konstanten Kapitalteil 2.000c. Dafür erhält Abteilung II einen gleichenBetrag von Produktionsmitteln, Produkt von I, worin der Wert der 1.000v + 1.000m von I verkörpert.Damit verschwinden aus der Rechnung 2.000 IIc und (1.000v + 1.000m) I.

3. Es bleiben noch 4.000 Ic. Diese bestehn in Produktionsmitteln, die nur in Abteilung I vernutzt werdenkönnen, zum Ersatz ihres verzehrten konstanten Kapitals dienen, und daher durch gegenseitigen Aus-tausch zwischen den einzelnen Kapitalisten von I ebenso ihre Erledigung finden, wie die (500v + 500m)II durch Austausch zwischen den Arbeitern und Kapitalisten, resp. zwischen den einzelnen Kapitalistenvon II.

Dies einstweilen nur zum bessern Verständnis des Nachfolgenden.

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III. Der Umsatz zwischen den beiden Abteilungen:

I (v+ m) gegen II c

Wir beginnen mit dem großen Austausch zwischen beiden Klassen. (1.000v + 1.000m) I - diese Werte,die in den Händen ihrer Produzenten in der Naturalform von Produktionsmitteln bestehn, tauschen sichaus gegen 2.000 IIc, gegen Werte, die unter der Naturalform von Konsumtionsmitteln bestehn. Die Kapi-talistenklasse II hat dadurch ihr konstantes Kapital = 2.000 aus der Form von Konsumtionsmitteln wiederin die von Produktionsmitteln der Komsumtionsmittel umgesetzt, in eine Form, worin es von neuem alsFaktor des Arbeitsprozesses und für die Verwertung als konstanter Kapitalwert fungieren kann. Andrer-seits ist dadurch das Äquivalent für die Arbeitskraft in I (1.000 Iv) und der Mehrwert der Kapitalisten I(1.000 Im) realisiert in Konsumtionsmitteln; beide sind aus ihrer Naturalform von Produktionsmittelnumgesetzt in eine Naturalform, worin sie als Revenue verzehrt werden können.

Dieser wechselseitige Umsatz kommt aber zustande durch eine Geldzirkulation, die ihn ebensosehr ver-mittelt, wie sie sein Verständnis erschwert, <398> die aber entscheidend wichtig ist, weil der variableKapitalteil immer von neuem in Geldform auftreten muß, als Geldkapital, das sich aus Geldform in Ar-beitskraft umsetzt. Das variable Kapital muß in allen auf der ganzen Peripherie der Gesellschaft gleich-zeitig nebeneinander betriebnen Geschäftszweigen, einerlei ob sie der Kategorie I oder II angehören, inGeldform vorgeschossen werden. Der Kapitalist kauft die Arbeitskraft, ehe sie in den Produktionsprozeßeintritt, zahlt sie aber erst in verabredeten Terminen, nachdem sie schon verausgabt ist in der Produktionvon Gebrauchswert. Wie der übrige Wertteil des Produkts, gehört ihm auch der Teil desselben, der nurein Äquivalent für das in Zahlung der Arbeitskraft verausgabte Geld ist, der den variablen Kapitalwertrepräsentierende Wertteil des Produkts. In diesem Wertteil selbst hat der Arbeiter ihm das Äquivalent fürseinen Arbeitslohn bereits geliefert. Es ist aber die Rückverwandlung der Ware in Geld, ihr Verkauf, diedem Kapitalisten sein variables Kapital wieder herstellt als Geldkapital, das er von neuem in Ankauf derArbeitskraft vorschießen kann.

In Abteilung I hat der Gesamtkapitalist also 1.000 Pfd.St. (ich sage Pfd.St., bloß um zu bezeichnen, daßes Wert in Geldform ist) = 1.000v an die Arbeiter gezahlt für den bereits als v-Teil existierenden Wertteildes Produkts I, d.h. der von ihnen produzierten Produktionsmittel. Die Arbeiter kaufen mit diesen 1.000Pfd.St. für selben Wert Konsumtionsmittel von den Kapitalisten II und verwandeln so eine Hälfte deskonstanten Kapitals II in Geld; die Kapitalisten II ihrerseits kaufen mit diesen 1.000 Pfd.St. Produktions-mittel zum Wert von 1.000 von den Kapitalisten I; damit ist für diese letztem der variable Kapitalwert =1.000v, der als Teil ihres Produkts in der Naturalform von Produktionsmitteln bestand, wieder in Geldverwandelt und kann jetzt in der Hand der Kapitalisten I von neuem als Geldkapital fungieren, das inArbeitskraft, also in das wesentlichste Element des produktiven Kapitals, umgesetzt wird. Auf diesemWeg strömt ihnen ihr variables Kapital in Geldform zurück, infolge der Realisation eines Teils ihres Wa-renkapitals.

Was aber das Geld betrifft, das nötig ist für den Umsatz des m-Teils des Warenkapitals I gegen die zweiteHälfte des konstanten Kapitalteils II, so kann es auf verschiedne Weise vorgeschossen werden. In derWirklichkeit umschließt diese Zirkulation eine zahllose Masse einzelner Käufe und Verkäufe der Kapi-talindividuen beider Kategorien, wobei aber unter allen Umständen das Geld von diesen Kapitalisten her-rühren muß, da wir bereits mit der von den Arbeitern in Zirkulation geworfnen Geldmasse abgerechnet.Es kann bald ein Kapitalist der Kategorie II aus seinem neben <399> dem produktiven Kapital vorhand-nen Geldkapital sich Produktionsmittel bei Kapitalisten der Kategorie I kaufen, bald umgekehrt ein Ka-pitalist der Kategorie I aus für persönliche Ausgabe, nicht Kapitalausgabe, bestimmtem Geldfonds Kon-sumtionsmittel bei Kapitalisten der Kategorie II kaufen. Gewisse Geldvorräte - sei es für Kapitalvor-schuß, sei es für Verausgabung von Revenue - müssen, wie schon oben in Abschnitt I und II gezeigt, un-

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ter allen Umständen neben dem produktiven Kapital in den Händen des Kapitalisten als vorhanden vor-ausgesetzt werden. Unterstellen wir - die Proportion ist dabei ganz gleichgültig für unsern Zweck - dieHälfte des Geldes werde von den Kapitalisten II für den Ersatz ihres konstanten Kapitals im Ankauf vonProduktionsmitteln vorgeschossen, die andre Hälfte von den Kapitalisten I für Konsumtion verausgabt,so: Abteilung II schießt 500 Pfd.St. vor und kauft damit von I Produktionsmittel, hat damit (inklusive derobigen, von den Arbeitern I herrührenden 1.000 Pfd.St.) 3/4 ihres konstanten Kapitals in natura ersetzt;Abteilung I kauft mit den so erhaltnen 500 Pfd.St. Konsumtionsmittel von II und hat damit für die Hälftedes aus m bestehenden Teils ihres Warenkapitals die Zirkulation w - g - w beschrieben, dies ihr Produktrealisiert in Konsumtionsfonds. Durch diesen zweiten Prozeß kehren die 500 Pfd.St. in die Hände von IIzurück als Geldkapital, das es neben seinem produktiven Kapital besitzt. Andrerseits antizipiert I für dieHälfte des noch als Produkt bei ihm lagernden Teils m seines Warenkapitals - vor dem Verkauf desselben- Geldausgabe zum Betrag von 500 Pfd.St. für Ankauf von Konsumtionsmitteln II. Mit denselben 500Pfd.St. kauft II Produktionsmittel von I und hat damit sein ganzes konstantes Kapital (1.000 + 500 + 500= 2.000) in natura ersetzt, während I seinen ganzen Mehrwert in Konsumtionsmitteln realisiert hat. Imganzen hätte ein Umsatz von Waren zum Belauf von 4.000 Pfd.St. stattgefunden mit einer Geldzirkulati-on von 2.000 Pfd.St., eine Größe der letztren, die nur herauskommt, weil das gesamte Jahresprodukt alsauf einmal in wenigen großen Quoten umgesetzt dargestellt wird. Das Wichtige hierbei ist nur der Um-stand, daß II nicht nur sein in Form von Konsumtionsmitteln reproduziertes konstantes Kapital wieder indie Form von Produktionsmitteln um gesetzt, sondern außerdem die 500 Pfd.St., die es im Ankauf vonProduktionsmitteln der Zirkulation vorgeschossen, ihm zurückkehren; und daß ebenso I nicht nur seinvariables Kapital, das es in Form von Produktionsmitteln reproduziert, wieder in Geldform besitzt, alsGeldkapital, das von neuem direkt in Arbeitskraft umsetzbar ist, sondern daß ihm außerdem die 500Pfd.St. zurückströmen, die es, vor Verkauf des Mehrwertteils seines Kapitals, antizipierend im Ankaufvon Konsumtionsmitteln verausgabt. Sie <400> strömen ihm aber zurück, nicht durch die stattgehabteVerausgabung, sondern durch den nachfolgenden Verkauf eines seinen halben Mehrwert tragenden Teilsseines Warenprodukts.

In beiden Fällen wird nicht nur das konstante Kapital von II wieder umgesetzt aus der Produktform in dieNaturalform von Produktionsmitteln, worin es allein als Kapital fungieren kann; und ebenso wird nichtnur der variable Kapitalteil von I in Geldform und der Mehrwertteil der Produktionsmittel I in konsuma-ble, als Revenue verzehrbare Form umgesetzt. Sondern außerdem strömen an II die 500 Pfd.St. Geldka-pital zurück, die es im Ankauf von Produktionsmitteln vorgeschossen, bevor es den entsprechenden, siekompensierenden Wertteil des konstanten Kapitals - vorhanden in Form von Konsumtionsmitteln - ver-kauft hat; und ferner an I die 500 Pfd.St., die es im Ankauf von Konsumtionsmitteln antizipando veraus-gabt hat. Wenn an II das auf Rechnung des konstanten Teils seines Warenprodukts vorgeschoßne und an Idas auf Rechnung eines Mehrwertteils seines Warenprodukts vorgeschoßne Geld zurückströmt, so nur,weil die eine Klasse Kapitalisten außer dem in Warenform II existierenden konstanten Kapital, die andreaußer dem in Warenform I existierenden Mehrwert noch je 500 Pfd.St. Geld in Zirkulation geworfen. Siehaben sich schließlich wechselseitig vollständig bezahlt durch den Austausch ihrer resp. Warenäquiva-lente. Das Geld, das sie über die Wertbeträge ihrer Waren hinaus in Zirkulation geworfen, als Mittel die-ses Warenumsatzes, kehrt jedem von ihnen aus der Zirkulation zurück, pro rata der Quote davon, die je-des von beiden in Zirkulation geworfen. Sie sind dadurch um keinen Deut reicher geworden. II besaß einkonstantes Kapital 2.000 in Form von Konsumtionsmitteln + 500 in Geld; es besitzt jetzt 2.000 in Pro-duktionsmitteln und 7.500 in Geld wie vorher; ebenso I besitzt, wie vorher, einen Mehrwert von 1.000(aus Waren, Produktionsmitteln, jetzt verwandelt in Konsumtionsfonds) + 500 in Geld, wie vorher. - Esfolgt allgemein: Von dem Geld, das die industriellen Kapitalisten in Zirkulation werfen zur Vermittlungihrer eignen Warenzirkulation, sei es nun auf Konto des konstanten Wertteils der Ware oder des in denWaren existierenden Mehrwerts, soweit er als Revenue verausgabt wird, kehrt so viel zurück in die Händeder respektiven Kapitalisten, als sie für die Geldzirkulation vorgeschossen.

Was die Rückverwandlung des variablen Kapitals der Klasse I in Geldform betrifft, so existiert es für dieKapitalisten I, nachdem sie es in Arbeitslohn ausgelegt haben, zunächst in der Warenform, worin es ihnendie Arbeiter geliefert haben. Sie haben es in Geldform diesen letztren als den Preis ihrer Arbeitskraft aus-

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gezahlt. Sie haben sofern den Wertbestandteil <401> ihres Warenprodukts bezahlt, der gleich diesem inGeld ausgelegten variablen Kapital. Dafür sind sie Eigner auch dieses Teils des Warenprodukts. Aber dervon ihnen angewandte Teil der Arbeiterklasse ist kein Käufer der von ihm selbst produzierten Produkti-onsmittel; er ist Käufer der von II produzierten Konsumtionsmittel. Das bei der Zahlung der Arbeitskraftin Geld vorgeschoßne variable Kapital kehrt also nicht direkt an die Kapitalisten I zurück. Es geht durchdie Käufe der Arbeiter über in die Hände der kapitalistischen Produzenten der dem Arbeiterkreis notwen-digen und überhaupt zugänglichen Waren, also in die Hände der Kapitalisten II, und erst indem diese dasGeld zum Ankauf von Produktionsmitteln verwenden - erst auf diesem Umweg kehrt es zurück in dieHände der Kapitalisten I.

Es ergibt sich, daß bei einfacher Reproduktion die Wertsumme v + m des Warenkapitals I (also auch einentsprechender proportioneller Teil des Gesamtwarenprodukts I) gleich sein muß dem ebenfalls als pro-portioneller Teil des gesamten Warenprodukts der Klasse II ausgeschiednen konstanten Kapital IIc; oderI(v+m) = IIc.

IV. Der Umsatz innerhalb Abteilung II. Notwendige Lebensmittel und Luxusmittel

Vom Wert des Warenprodukts der Abteilung II sind nun noch zu untersuchen die Bestandteile v + m. IhreBetrachtung hat nichts zu tun mit der wichtigsten Frage, die uns hier beschäftigt: inwiefern nämlich dieZerfällung des Werts jedes individuellen kapitalistischen Warenprodukts in c + v + m, wenn auch durchverschiedne Erscheinungsform vermittelt, ebenfalls gilt für den Wert des jährlichen Gesamtprodukts.Diese Frage wird gelöst durch den Umsatz von I(v+m) gegen IIc einerseits, durch die für später vorbe-haltne Untersuchung der Reproduktion von Ic im jährlichen Warenprodukt I andrerseits. Da II(v+m) inder Naturalform von Konsumtionsartikeln existiert, da das den Arbeitern in Zahlung der Arbeitskraft vor-geschoßne variable Kapital von selben im ganzen und großen in Konsumtionsmitteln verausgabt werdenmuß, und da der Wertteil m der Waren, bei Voraussetzung der einfachen Reproduktion, faktisch in Kon-sumtionsmitteln als Revenue verausgabt wird, so ist prima facie <auf den ersten Blick> klar, daß die Ar-beiter II mit dem von den Kapitalisten II erhaltnen Arbeitslohn einen Teil ihres eignen Produkts - entspre-chend dem Umfang des als Arbeitslohn <402> erhaltnen Geldwerts - wiederkaufen. Dadurch verwandeltdie Kapitalistenklasse II ihr in Zahlung der Arbeitskraft vorgeschoßnes Geldkapital zurück in Geldform;es ist ganz dasselbe, als hätten sie die Arbeiter in bloßen Wertmarken gezahlt. Sobald die Arbeiter dieseWertmarken realisieren durch Kauf eines Teils des von ihnen produzierten und den Kapitalisten gehöri-gen Warenprodukts, würden diese Wertmarken in die Hände der Kapitalisten zurückkehren, bloß daß hierdie Marke Wert nicht nur vorstellt, sondern in ihrer goldnen oder silbernen Leiblichkeit besitzt. DieseSorte Rückfluß des in Geldform vorgeschoßnen variablen Kapitals durch den Prozeß, worin die Arbeiter-klasse als Käufer und die Kapitalistenklasse als Verkäufer erscheint, werden wir später näher untersu-chen. Hier aber handelt es sich um einen andern Punkt, der bei diesem Rückfluß des variablen Kapitals zuseinem Ausgangspunkt zu erörtern ist.

Die Kategorie II der jährlichen Warenproduktion besteht aus den mannigfaltigsten Industriezweigen, dieaber - mit Bezug auf ihre Produkte - in zwei große Unterabteilungen zerfällt werden können:

a) Konsumtionsmittel, die in den Konsum der Arbeiterklasse eingehn und, soweit sie notwendige Le-bensmittel, wenn auch oft der Qualität und dem Wert nach verschieden von denen der Arbeiter, auch ei-nen Teil der Konsumtion der Kapitalistenklasse bilden. Diese ganze Unterabteilung können wir für unsernZweck zusammenfassen unter der Rubrik: Notwendige Konsumtionsmittel, wobei es ganz gleichgültig, obein solches Produkt, wie z.B. Tabak, vom physiologischen Standpunkt aus ein notwendiges Konsumti-onsmittel ist oder nicht; genug, daß es gewohnheit smäßig ein solches.

b) Luxus-Konsumtionsmittel, die nur in den Konsum der Kapitalistenklasse eingehn, also nur gegen ver-ausgabten Mehrwert umgesetzt werden können, der dem Arbeiter nie zufällt. Bei der ersten Rubrik ist

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klar, daß das in der Produktion der ihr angehörigen Warensorten vorgeschoßne variable Kapital in Geld-form direkt zurückfließen muß an den Teil der Kapitalistenklasse II (also an die Kapitalisten II a), welchediese notwendigen Lebensmittel produziert. Sie verkaufen sie an ihre eignen Arbeiter zum Betrag desdiesen in Arbeitslohn ausgezahlten variablen Kapitals. Dieser Rückfluß ist direkt mit Bezug auf dieseganze Unterabteilung a der Kapitalistenklasse II, so zahlreich auch die Transaktionen zwischen den Ka-pitalisten der verschiednen beteiligten Industriezweige sein mögen, wodurch dies rückfließende variableKapital pro rata verteilt wird. Es sind Zirkulationsprozesse, deren Zirkulationsmittel direkt geliefert wer-den durch das von den Arbeitern ausgegebne Geld. Anders verhält es sich aber mit Unter- <403> abtei-lung II b. Der ganze Teil des Wertprodukts, mit dem wir es hier zu tun haben, II b(v+m) besteht unter derNaturalform von Luxusartikeln, d.h. Artikeln, die die Arbeiterklasse ebensowenig kaufen kann wie denunter Form von Produktionsmitteln bestehenden Warenwert Iv; obgleich diese Luxusmittel wie jene Pro-duktionsmittel Produkte dieser Arbeiter. Der Rückfluß, wodurch das in dieser Unterabteilung vorge-schoßne variable Kapital den kapitalistischen Produzenten in seiner Geldform wiederkehrt, kann alsonicht direkt, sondern muß vermittelt sein, ähnlich wie sub Iv.

Nehmen wir z.B. an wie oben für die gesamte Klasse II: v = 500; m = 500; aber das variable Kapital undder ihm entsprechende Mehrwert seien verteilt wie folgt:

Unterabteilung a: Notwendige Lebensmittel: v = 400, m = 400; also eine Warenmasse in notwen-digen Konsumtionsmitteln zum Wert von 400v + 400 = 800, oder II a (400v + 400m).

Unterabteilung b: Luxusmittel zum Wert von 100v + 100m = 200, oder II b (100v + 100m).

Die Arbeiter von II b haben in Zahlung für ihre Arbeitskraft 100 erhalten in Geld, sage 100 Pfd.St.; siekaufen damit von den Kapitalisten II a Konsumtionsmittel zum Betrag von 100. Diese Kapitalistenklassekauft damit für 100 der Ware II b, womit den Kapitalisten II b ihr variables Kapital in Geldform zurück-strömt.

In II a existieren bereits 400v wieder in Geldform in der Hand der Kapitalisten durch Austausch mit ihreneignen Arbeitern; von dem den Mehrwert darstellenden Teil ihres Produkts ist außerdem der vierte Teilan die Arbeiter II b abgetreten und dafür II b (100v) in Luxuswaren bezogen worden.

Wenn wir nun gleiche verhältnismäßige Teilung der Revenueausgabe in notwendige Lebensmittel undLuxusmittel bei den Kapitalisten II a und II b voraussetzen - annehmen, daß beide je 3/5 in notwendigenLebensmitteln, 2/5 in Luxusmitteln ausgeben, so werden die Kapitalisten der Unterklasse II a ihre Mehr-wertsrevenue von 400m auslegen zu 3/5 in ihren eignen Produkten, notwendigen Lebensmitteln, also 240;und zu 2/5 = 160 in Luxusmitteln. Die Kapitalisten der Unterklasse II b werden ihren Mehrwert = 100mebenso verteilen: 3/5 = 60 auf notwendige und 2/5 = 40 auf Luxusmittel: diese letztren innerhalb ihrereignen Unterklasse produziert und umgesetzt.

Die 160 Luxusmittel, die (II a)m erhält, fließen den Kapitalisten II a zu wie folgt: Von den (II a) 400mwurden, wie wir sahen, 100 in Form von notwendigen Lebensmitteln ausgetauscht gegen gleichen Betragvon (II b)v, die <404> in Luxusmitteln existieren, und weitere 60 in notwendigen Lebensmitteln gegen (IIb) 60m in Luxusmitteln. Die Gesamtrechnung steht dann so:

II a: 400v + 400m; II b: 100v + 100m.

1. 400v (a) werden aufgegessen von den Arbeitern II a, von deren Produkt (notwendigen Lebensmitteln)sie einen Teil bilden; die Arbeiter kaufen sie von den kapitalistischen Produzenten ihrer eignen Abteilung.Diesen kehrt damit 400 Pfd.St. Geld zurück, ihr selbigen Arbeitern in Arbeitslohn gezahlter variablerKapitalwert von 400; womit sie Arbeitskraft von neuem kaufen können.

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2. Ein Teil der 400m (a), gleich den 100v (b), also 1/4 des Mehrwerts (a), wird realisiert in Luxusartikelnwie folgt: Die Arbeiter (b) erhielten von den Kapitalisten ihrer Abteilung (b) in Arbeitslohn 100 Pfd.St.;sie kaufen damit 1/4 von m (a), d.h. Waren, die in notwendigen Lebensmitteln bestehn; die Kapitalistenvon a kaufen mit diesem Geld zum selben Wertbelauf Luxusartikel = 100v (b), d.h. eine Hälfte der gan-zen Luxusproduktion. Damit kehrt den Kapitalisten b ihr variables Kapital in Geldform zurück, und siekönnen durch Erneuerung des Ankaufs der Arbeitskraft ihre Reproduktion von neuem beginnen, da dasganze konstante Kapital der Gesamtklasse II schon ersetzt ist durch den Austausch von I(v+m) gegen IIc.Die Arbeitskraft der Luxusarbeiter ist also nur dadurch neu verkäuflich, daß der als Äquivalent für ihrenArbeitslohn geschaffne Teil ihres eignen Produkts, von den Kapitalisten II a in ihren Konsumtionsfondsgezogen, vermöbelt wird. (Dasselbe gilt für den Verkauf der Arbeitskraft sub 1; da das IIc, wogegen sichI(v+m) austauscht, sowohl aus Luxusmitteln wie notwendigen Lebensmitteln besteht und was durchI(v+m) erneuert wird, sowohl die Produktionsmittel der Luxus- wie der notwendigen Lebensmittel aus-macht.)

3. Wir kommen zum Austausch zwischen a und b, soweit er nur Austausch der Kapitalisten der beidenUnterabteilungen. Durch das Bisherige ist erledigt das variable Kapital (400v) und ein Teil des Mehrwerts(100m) in a und das variable Kapital (100v) in b. Wir nahmen ferner an als Durchschnittsverhältnis derkapitalistischen Revenueausgabe in beiden Klassen 2/5 für Luxus und 3/5 für notwendige Lebensbedürf-nisse. Außer den bereits für Luxus ausgegebnen 100 entfällt daher auf die ganze Unterklasse a noch 60für Luxus und im selben Verhältnis, d.h. 40, auf b.

(II a)m wird also verteilt auf 240 für Lebensmittel und 160 für Luxusmittel = 240 + 160 = 400m (II a).

(II b)m verteilt sich in 60 für Lebensmittel und 40 für Luxus: 60 + 40 = 100m (II b). Die letzten 40 kon-sumiert diese Klasse aus ihrem eignen <405> Produkt (2/5 ihres Mehrwerts); die 60 für Lebensmittel er-hält sie dadurch, daß sie 60 ihres Mehrprodukts für 60m (a) austauscht.

Wir haben also für die ganze Kapitalistenklasse II (wobei v + m bei Unterabteilung a in notwendigenLebensmitteln existiert, bei b in Luxusmitteln):

II a (400v + 400m) + II b (100v + 100m) = 1.000; durch die Bewegung so realisiert: 500v (a + b) {reali-siert in 400v (a) und 100m (a)} + 500m (a + b) {realisiert in 300m (a) + 100v (b) + 100m (b)} = 1.000.

Für a und b, jedes für sich betrachtet, erhalten wir die Realisation:v m

a)(400v a)

+240m (a) + 100v (b) + 60m(b)

= 800

v m 200

b)100m(a)

+60m (a) + 40m(b)

.... =1.000

Halten wir der Einfachheit halber dasselbe Verhältnis zwischen variablem und konstantem Kapital fest(was beiläufig durchaus nicht nötig), so kommt auf 400v (a) ein konstantes Kapital = 1.600 und auf 100v(b) ein konstantes Kapital = 400, und wir haben für II folgende zwei Abteilungen a und b:

II a) 1.600c + 400v +400m =

2.400

II b) 400c + 100v + 100m=

600

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und zusammen:2.000c + 500v +500m =

3.000

Dementsprechend sind von den 2.000 IIc in Konsumtionsmitteln, die ausgetauscht werden gegen 2.000I(v+m), 1.600 umgesetzt in Produktionsmittel von notwendigen Lebensmitteln und 400 in Produktions-mittel von Luxusmitteln.

Die 2.000 I(v+m) würden also selbst zerfallen in (800v + 800m) I für a = 1.600 Produktionsmittel not-wendiger Lebensmittel und (200v + 200m)I für b = 400 Produktionsmittel für Luxusmittel.

Ein bedeutender Teil nicht nur der eigentlichen Arbeitsmittel, sondern auch der Roh- und Hilfsstoffe etc.für beide Abteilungen ist gleichartig. Was aber die Umsetzungen der verschiednen Wertteile des gesam-ten Produkts I(v+m) betrifft, so wäre diese Teilung ganz gleichgültig. Sowohl die obigen 800 Iv wie 200Iv werden dadurch realisiert, daß der Arbeitslohn in Konsumtionsmitteln 1.000 IIc verausgabt wird, alsodas für selben vorgeschoßne Geldkapital gleichmäßig sich bei der Rückkehr verteilt unter die <406> ka-pitalistischen Produzenten I, ihnen pro rata ihr vorgeschoßnes variables Kapital wieder in Geld ersetzt:andrerseits, was die Realisation der 1.000 Im betrifft, so werden auch hier die Kapitalisten gleichmäßig(proportionell zur Größe ihres m) aus der gesamten zweiten Hälfte von IIc = 1.000, 600 II a und 400 II bin Konsumtionsmitteln ziehn; also diejenigen, welche das konstante Kapital von II a ersetzen:480 (3/5) aus 600c (II a) und 320 (2/5) aus 400c (II b) = 800;

die das konstante Kapital von II b ersetzen:120 (3/5) aus 600c (II a) und 80(2/5) aus 400c (II b) = 200.

Summa =1.000.

Was hier willkürlich ist, sowohl für I wie für II, ist das Verhältnis des variablen Kapitals zum konstanten,wie die Dieselbigkeit dieses Verhältnisses für I und II und für ihre Unterabteilungen. Was diese Diesel-bigkeit angeht, so ist sie nur der Vereinfachung wegen hier angenommen, und die Annahme verschiednerVerhältnisse würde absolut nichts ändern an den Bedingungen des Problems und an seiner Lösung. Wassich aber als notwendiges Resultat ergibt, bei Voraussetzung einfacher Reproduktion, ist:

1. Daß das unter Naturalform von Produktionsmitteln geschaffne neue Wertprodukt der Jahresarbeit (zer-fällbar in v + m) gleich sei dem konstanten Kapitalwert c des durch den andern Teil der Jahresarbeit her-gestellten Produktenwerts, reproduziert in Form von Konsumtionsmitteln. Wäre es geringer als IIc, sokönnte II sein konstantes Kapital nicht ganz ersetzen; wäre es größer, so bliebe ein Überschuß unbenutztliegen. In beiden Fällen wäre die Voraussetzung: einfache Reproduktion, verletzt.

2. Daß bei dem unter Form von Konsumtionsmitteln reproduzierten Jahresprodukt das in Geldform vor-geschoßne variable Kapital v von dessen Empfängern, soweit sie Luxusarbeiter sind, nur realisierbar ist indem Teil der notwendigen Lebensmittel, der den kapitalistischen Produzenten derselben ihren Mehrwertprima facie <in erster Gestalt> verkörpert: daß also das v, ausgelegt in der Luxusproduktion, gleich isteinem seinem Wertumfang entsprechenden Teil von m, produziert unter der Form von notwendigen Le-bensmitteln, also kleiner sein muß als dieses gesamte m - nämlich (II a)m -, und daß nur durch die Reali-sierung jenes v in diesem Teil von m den kapitalistischen Produzenten der Luxusartikel ihr vorgeschoßnesvariables Kapital in Geldform zurückkehrt. Es ist dies ein ganz analoges Phänomen wie die Realisierungvon I(v+m) in IIc: nur daß im zweiten Fall (II b)v sich realisiert in einem ihm dem Wertumfang nachgleichen Teil von (II a)m. Diese Verhält- <407> nisse bleiben qualitativ maßgebend bei jeder Verteilungdes jährlichen Gesamtprodukts, soweit es in den Prozeß der jährlichen durch Zirkulation vermitteltenReproduktion wirklich eingeht. I(v+m) kann nur realisiert werden in IIc wie IIc in seiner Funktion alsBestandteil des produktiven Kapitals nur erneubar durch diese Realisation; ebenso ist (II b)v nur realisier-

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bar in einem Teil von (II a)m, und (II b)v nur so wieder rückverwandelbar in seine Form als Geldkapital.Selbstredend gilt dies nur, soweit alles dies wirklich ein Resultat des Reproduktionsprozesses selbst ist,also soweit nicht z.B. die Kapitalisten II b Geldkapital für v durch Kredit anderweitig aufnehmen. Quan-titativ dagegen können die Umsetzungen der verschiednen Teile des Jahresprodukts nur so proportionellstattfinden wie oben dargestellt, soweit Stufenleiter und Wertverhältnisse der Produktion stationär bleibenund soweit diese strengen Verhältnisse nicht alteriert werden durch den auswärtigen Handel.

Wenn man nun nach A. Smithscher Weise sagte, I(v+m) lösen sich auf in IIc und IIc löst sich auf inI(v+m), oder, wie er öfter und noch abgeschmackter zu sagen pflegt, I(v+m) bilden Bestandteile des Prei-ses (resp. Werts, er sagt value in exchange <Tauschwert>) von IIc, und IIc bildet den ganzen Bestandteildes Werts I(v+m), so könnte und müßte man ebenfalls sagen (II b)v löst sich auf in (II a)m, oder (II a)min (II b)v, oder (II b)v bildet einen Bestandteil des Mehrwerts II a, und vice versa: der Mehrwert löste sichso auf in Arbeitslohn, resp. variables Kapital, und das variable Kapital bildete einen "Bestandteil" desMehrwerts. Diese Abgeschmacktheit findet sich soweit in der Tat bei A. Smith, da bei ihm der Arbeits-lohn bestimmt ist durch den Wert der notwendigen Lebensmittel, diese Warenwerte dahingegen wiederdurch den Wert des in ihnen enthaltnen Arbeitslohns (variablen Kapitals) und Mehrwerts. Er ist so absor-biert durch die Bruchstücke, worin das Wertprodukt eines Arbeitstags auf kapitalistischer Basis zerfällbar- nämlich in v + m -, daß er ganz darüber vergißt, daß es beim einfachen Warenaustausch ganz gleichgül-tig, ob die in verschiedner Naturalform existierenden Äquivalente aus bezahlter oder unbezahlter Arbeitbestehn, da sie in beiden Fällen gleichviel Arbeit zu ihrer Produktion kosten; und daß es ebenso gleich-gültig ist, ob die Ware des A ein Produktionsmittel und die des B ein Komsumtionsmittel, ob nach demVerkauf die eine Ware als Kapitalbestandteil zu fungieren hat, die andre dagegen in den Konsumtions-fonds eingeht und secundum <gemäß> Adam als Revenue verzehrt wird. Der Gebrauch, den der indiv i-duelle Käufer von seiner Ware macht, fällt nicht in den Waren- <408> austausch, in die Zirkulationssphä-re, und berührt nicht den Wert der Ware. Dies wird in keiner Weise dadurch anders, daß bei Analyse derZirkulation des jährlichen gesellschaftlichen Gesamtprodukts die bestimmte Gebrauchsbestimmung, dasMoment der Konsumtion der verschiednen Bestandteile jenes Produkts in Betracht kommen muß.

Bei obig konstatierter Umsetzung von (II b)v gegen einen gleichwertigen Teil von (II a)m und bei denweitern Umsetzungen zwischen (IIa)m und (II b)m ist keineswegs vorausgesetzt, daß, seien es die einzel-nen Kapitalisten von II a und II b, seien es ihre respektiven Gesamtheiten, sie im selben Verhältnis ihrenMehrwert zwischen notwendigen Konsumtionsgegenständen und Luxusmitteln teilen. Einer mag mehr indieser Konsumtion, ein andrer mehr in jener verausgaben. Auf dem Boden der einfachen Reproduktion istnur vorausgesetzt, daß eine Wertsumme, gleich dem ganzen Mehrwert, in Konsumtionsfonds realisiertwird. Die Grenzen sind also gegeben. Innerhalb jeder Abteilung mag der eine mehr in a, der andre mehrin b leisten; dies kann sich aber wechselseitig kompensieren, so daß die Kapitalistenklassen a und b, alsganze genommen, sich je im selben Verhältnis an beiden beteiligen. Die Wertverhältnisse - der proportio-nelle Anteil am Gesamtwert des Produkts II für die zwei Sorten Produzenten a und b - also auch ein be-stimmtes quantitatives Verhältnis zwischen den Produktionszweigen, welche jene Produkte liefern - sindaber notwendig gegeben in jedem konkreten Fall; nur das Verhältnis, das beispielsweis figuriert, ist einhypothetisches; wird ein andres angenommen, so ändert dies nichts an den qualitativen Momenten; nurdie quantitativen Bestimmungen würden sich ändern. Tritt aber durch irgendwelche Umstände eine wirk-liche Verändrung in der proportionellen Größe von a und b ein, so würden sich auch die Bedingungen dereinfachen Reproduktion entsprechend ändern.

Aus dem Umstand, daß (II b)v realisiert wird in einem äquivalenten Teil von (II a)m, folgt, daß im Ver-hältnis, wie der Luxusteil des jährlichen Produkts wächst, wie also ein steigendes Quotum der Arbeits-kraft absorbiert wird in der Luxusproduktion - daß im selben Verhältnis die Rückverwandlung des in (IIb)v vorgeschoßnen variablen Kapitals in Geldkapital, das von neuem als Geldform des variablen Kapitalsfungiert, und damit die Existenz und Reproduktion des in II b beschäftigten Teils der Arbeiterklasse - ihreZufuhr notwendiger Konsumtionsmittel - bedingt wird durch die Verschwendung der Kapitalistenklasse,den Umsatz eines bedeutenden Teils ihres Mehrwerts in Luxusartikel.

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<409> Jede Krise vermindert die Luxuskonsumtion momentan; sie verlangsamt, verzögert die Rückver-wandlung des (II b)v in Geldkapital, läßt sie nur teilweis zu und wirft damit einen Teil der Luxusarbeiteraufs Pflaster, während sie andrerseits den Verkauf der notwendigen Konsumtionsmittel eben dadurchauch ins Stocken bringt und verringert. Ganz abgesehn von den gleichzeitig abgedankten, unproduktivenArbeitern, die für ihre Dienste einen Teil der Luxusausgabe der Kapitalisten empfangen (diese Arbeiterselbst sind pro tanto Luxusartikel) und die sich sehr stark beteiligen namentlich auch an der Konsumtionnotwendiger Lebensmittel etc. Umgekehrt in der Prosperitätsperiode, und namentlich während der Zeitihrer Schwindelblüte - wo schon aus andren Gründen der relative, in Waren ausgedrückte Wert des Gel-des fällt (ohne wirkliche sonstige Wertrevolution), also der Preis der Waren, unabhängig von ihrem eig-nen Wert, steigt. Nicht nur steigt die Konsumtion notwendiger Lebensmittel; die Arbeiterklasse (in dienun ihre ganze Reservearmee aktiv eingetreten) nimmt auch momentanen Anteil an der Konsumtion ihrsonst unzugänglicher Luxusartikel, außerdem auch an der Klasse der notwendigen Konsumtionsartikel,die sonst zum größten Teil "notwendige" Konsumtionsmittel nur für die Kapitalistenklasse bildet, wasseinerseits eine Steigerung der Preise hervorruft.

Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder anzahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistischeSystem nicht, ausgenommen die sub forma pauperis <Konsumart der Armen> oder die des "Spitzbuben".Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden,also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individuellerKonsumtion gekauft werden). Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begründung dadurchgeben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und demÜbelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglichwächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode,worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Kon-sumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müßte - von dem Gesichtspunktdieser Ritter vom gesunden und "einfachen" (!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen. Esscheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige <410> Bedin-gungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwarimmer nur als Sturmvogel einer Krise.

Man sah vorhin, wie das proportionelle Verhältnis zwischen der Produktion notwendiger Konsumtions-mittel und der Produktion von Luxus die Teilung von II(v+m) zwischen II a und II b bedingte - also auchdie von zwischen (II a)c und (II b)c. Sie greift also den Charakter und die quantitativen Verhältnisse derProduktion bis an die Wurzel an und ist ein wesentlich bestimmendes Moment ihrer Gesamtgestaltung.

Die einfache Reproduktion ist der Sache nach auf die Konsumtion als Zweck gerichtet, obgleich die Er-gatterung von Mehrwert als treibendes Motiv der individuellen Kapitalisten erscheint; aber der Mehrwert- welches immer seine proportionelle Größe - soll schließlich hier dienen nur für die individuelle Kon-sumtion des Kapitalisten.

Soweit die einfache Reproduktion Teil und bedeutendster Teil auch jeder jährlichen Reproduktion auferweiterter Stufenleiter, bleibt dies Motiv in Begleitung von und im Gegensatz zu dem Motiv der Berei-cherung als solcher. Die Sache erscheint in Wirklichkeit verwickelter, weil Teilnehmer (partners) an derBeute - dem Mehrwert des Kapitalisten - als von ihm unabhängige Konsumenten auftreten.

V. Die Vermittlung der Umsätze durch die Geldzirkulation

Soweit bisher entwickelt, verlief die Zirkulation zwischen den verschiednen Klassen von Produzentennach folgendem Schema.

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1. Zwischen Klasse I und Klasse II:2. 3. I. 4.000c + 1.000v + 1.000m

II. ................... 2.000c ......... + 500v + 500m.

Abgemacht ist also die Zirkulation von IIc = 2.000, das umgesetzt ist gegen I (1.000v + 1.000m).

Es bleibt - da wir 4.000 Ic einstweilen beiseite lassen - noch die Zirkulation von v + m innerhalb KlasseII. Nun teilen sich II(v+m) zwischen die Unterklassen II a und II b wie folgt:

2. II. 500v + 500m = a (400v + 400m) + b (100v + 100m).

Die 400v (a) zirkulieren innerhalb ihrer eignen Unterklasse; die damit bezahlten Arbeiter kaufen dafürvon ihnen selbst produzierte notwendige Lebensmittel von ihren Anwendern, den Kapitalisten II a.

<411> Da die Kapitalisten beider Unterklassen ihren Mehrwert je zu 3/5 in Produkten von II a (notwendi-gen Lebensmitteln) und zu 2/3 in Produkten von II b (Luxusmitteln) verausgaben, so werden 3/5 desMehrwerts a, also 240, innerhalb der Unterklasse II a selbst verzehrt; ebenso 2/5 des Mehrwerts b (der inLuxusmitteln produziert und vorhanden ist) innerhalb der Unterklasse II b.

Es bleiben zwischen II a und II b also noch auszutauschen:

auf Seite II a: 160m,auf Seite II b: 100v + 60m. Diese gehn ineinander auf. Die Arbeiter II b kaufen für ihre in Geldlohn er-haltnen 100 von II a notwendige Lebensmittel im Betrag von 100. Die Kapitalisten II b kaufen zum Be-trag von 3/5 ihres Mehrwerts = 60 ebenfalls ihre notwendigen Lebensmittel von II a. Die Kapitalisten II aerhalten damit das nötige Geld, um die, oben angenommenen, 2/5 ihres Mehrwerts = 160m in den von II bproduzierten Luxuswaren anzulegen (100v, die in den Händen der Kapitalisten II b als den gezahlten Ar-beitslohn ersetzendes Produkt lagern, und 60m). Das Schema hierfür ist also:

3. IIa

(400v) + (240m) + 160m

b .........................100v + 60m + (40m),

wo die eingeklammerten Posten diejenigen sind, die nur innerhalb ihrer eignen Unterklasse zirkulierenund verzehrt werden.

Der direkte Rückfluß des in variablem Kapital vorgeschoßnen Geldkapitals, der nur stattfindet für dieKapitalistenabteilung IIa, die notwendige Lebensmittel produziert, ist nur eine durch spezielle Bedingun-gen modifizierte Erscheinung des früher erwähnten allgemeinen Gesetzes, daß den Warenproduzenten,die der Zirkulation Geld vorschießen, selbes zurückkehrt bei normalem Verlauf der Warenzirkulation.Woraus beiläufig folgt, daß, wenn hinter dem Warenproduzenten überhaupt ein Geldkapitalist steht, derwieder dem industriellen Kapitalisten Geldkapital (in dem strengsten Sinne des Worts, also Kapitalwert inGeldform) vorschießt, der eigentliche Rückflußpunkt dieses Geldes die Tasche dieses Geldkapitalisten ist.In dieser Weise, obgleich das Geld durch alle Hände mehr oder weniger zirkuliert, gehört die Masse deszirkulierenden Geldes der in Form von Banken etc. organisierten und konzentrierten Abteilung des Geld-

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kapitals; die Art, wie diese ihr Kapital vorschießt, bedingt den beständigen finalen Rückfluß in Geldformzu ihr, obgleich dies wieder vermittelt ist durch die Rückverwandlung des industriellen Kapitals in Geld-kapital.

<412> Zur Warenzirkulation ist immer zweierlei nötig: Waren, die in Zirkulation geworfen werden, undGeld, das in Zirkulation geworfen wird. "Der Zirkulationsprozeß erlischt ... nicht, wie der unmittelbareProduktenaustausch, in dem Stellen- oder Händewechsel der Gebrauchswerte. Das Geld verschwindetnicht, weil es schließlich aus der Metamorphosenreihe einer Ware herausfällt. Es schlägt immer niederauf eine durch die Waren geräumte Zirkulationsstelle" etc. (Buch I. Kap. III, p. 92. <Siehe Band 23, S.126/127>)

Z.B. in der Zirkulation zwischen IIc und I(v+m) nahmen wir an, daß für diese Zirkulation 500 Pfd.St. inGeld von II vorgeschossen werden. Bei der unendlichen Zahl Zirkulationsprozesse, worin sich die Zirku-lation zwischen großen gesellschaftlichen Gruppen von Produzenten auflöst, wird bald einer aus dieser,bald einer aus jener Gruppe zuerst als Käufer auftreten - also Geld in Zirkulation werfen. Es ist das, ganzabgesehn von individuellen Umständen, schon bedingt durch die Verschiedenheit der Produktionsperi-oden und daher der Umschläge der verschiednen Warenkapitale. Also II kauft mit 500 Pfd.St. zum selbenWertbetrag Produktionsmittel von I, dieses aber kauft von II Konsumtionsmittel für 500 Pfd.St.; das Geldfließt also zurück zu II; letztres wird in keiner Weise bereichert durch diesen Rückfluß. Es warf erst für500 Pfd.St. Geld in Zirkulation und zog zum selben Wertbetrag Waren aus ihr heraus, es verkauft dannfür 500 Pfd.St. Waren und zieht zum selben Wertbetrag Geld aus ihr heraus; so fließen die 500 Pfd.St.zurück. In der Tat hat II so in Zirkulation geworfen für 500 Pfd.St. Geld und für 500 Pfd.St. Waren =1.000 Pfd.St.; es zieht aus der Zirkulation heraus für 500 Pfd.St. Waren und für 500 Pfd.St. Geld. DieZirkulation braucht für den Umsatz von 500 Pfd.St. Waren (I) und 500 Pfd.St. Waren (II) nur 500 Pfd.St.Geld; wer das Geld also vorgeschossen beim Kauf fremder Ware, erhält es wieder beim Verkauf eigner.Hätte daher I zuerst von II gekauft Ware für 500 Pfd.St., und später an II verkauft Ware für 500 Pfd.St.,so würden die 500 Pfd.St. zu I statt zu II zurückkehren.

In Klasse I kehrt das in Arbeitslohn angelegte Geld, d.h. das in Geldform vorgeschoßne variable Kapitalin dieser Form nicht direkt, sondern indirekt zurück, auf einem Umweg. In II dagegen kehren die 500Pfd.St. Arbeitslohn direkt von den Arbeitern an die Kapitalisten zurück, wie diese Rückkehr immer direktist, wo Kauf und Verkauf zwischen denselben Personen sich so wiederholt, daß sie abwechselnd einanderals Käufer und Verkäufer von Waren beständig gegenübertreten. Der Kapitalist II zahlt die <413> Ar-beitskraft in Geld; er verleibt dadurch die Arbeitskraft seinem Kapital ein und tritt nur durch diesen Zir-kulationsvorgang, der für ihn nur Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital ist, als industrie l-ler Kapitalist dem Arbeiter als seinem Lohnarbeiter gegenüber. Dann aber tritt der Arbeiter, der in ersterInstanz Verkäufer, Händler in eigner Arbeitskraft war, in zweiter Instanz als Käufer, als Geldbesitzer,dem Kapitalisten als dem Warenverkäufer gegenüber; damit fließt diesem das in Arbeitslohn ausgelegteGeld zurück. Soweit der Verkauf dieser Waren nicht Prellerei etc. einschließt, sondern Äquivalente inWare und Geld ausgetauscht werden, ist derselbe nicht ein Prozeß, wodurch der Kapitalist sich bereichert.Er zahlt den Arbeiter nicht zweimal, erst in Geld und dann in Ware; sein Geld kehrt zu ihm zurück, so-bald der Arbeiter es in Ware bei ihm auslöst.

Das in variables Kapital verwandelte Geldkapital - also das in Arbeitslohn vorgeschoßne Geld - spieltaber eine Hauptrolle in der Geldzirkulation selbst, weil - da die Arbeiterklasse von der Hand in den Mundleben muß, also den industriellen Kapitalisten keine langen Kredite geben kann - auf zahllosen örtlichverschiednen Punkten der Gesellschaft gleichzeitig variables Kapital in Geld vorgeschossen werden mußin gewissen kurzen Terminen, wie Woche etc. - in relativ rasch sich wiederholenden Zeitabschnitten (jekürzer diese Abschnitte, desto kleiner kann relativ die durch diesen Kanal auf einmal in Zirkulation ge-worfne gesamte Geldsumme sein) -, welches auch immer die verschiednen Umschlagsperioden der Ka-pitale in verschiednen Industriezweigen sein mögen. In jedem Land kapitalistischer Produktion bildet dasso vorgeschoßne Geldkapital einen proportionell entscheidenden Anteil an der Gesamtzirkulation, um so

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mehr, da dasselbe Geld - vor seinem Rückfluß zum Ausgangspunkt - in den mannigfachsten Kanälen sichumtreibt und als Zirkulationsmittel für eine Unzahl andrer Geschäfte fungiert.

Betrachten wir jetzt die Zirkulation zwischen I(v+m) und IIc von einem andern Gesichtspunkt aus.

Die Kapitalisten I schießen 1.000 Pfd.St. in Zahlung von Arbeitslohn vor, womit die Arbeiter für 1.000Pfd.St. Lebensmittel kaufen von den Kapitalisten II und diese wieder für dasselbe Geld Produktionsmittelvon den Kapitalisten I. Letztren ist ihr variables Kapital in Geldform nun zurückgekehrt, während dieKapitalisten II die Hälfte ihres konstanten Kapitals aus der Form von Warenkapital in produktives Kapitalrückverwandelt haben. Die Kapitalisten II schießen weitere 500 Pfd.St. Geld <414> vor, um Produkti-onsmittel bei I zu heben; die Kapitalisten I verausgaben das Geld in Konsumtionsmitteln von II; diese 500Pfd.St. fließen so den Kapitalisten II zurück; sie schießen sie von neuem vor, um das letzte Viertel ihresin Ware verwandelten konstanten Kapitals rückzuverwandeln in seine produktive Naturalform. Dies Geldströmt wieder zu I zurück und hebt von neuem bei II Konsumtionsmittel zu gleichem Betrage; damit flie-ßen die 500 Pfd.St. zurück an II; dessen Kapitalisten sind jetzt wie vorhin im Besitz von 500 Pfd.St. Geldund 2.000 Pfd.St. konstantem Kapital, das aber aus der Form von Warenkapital in produktives Kapitalneu umgesetzt worden ist. Mit 1.500 Pfd.St. Geld ist eine Warenmasse von 5.000 Pfd.St. zirkuliert wor-den; nämlich 1.I zahlt an die Arbeiter 1.000 Pfd.St. für Arbeitskraft zum gleichen Wertbelauf; 2. die Ar-beiter kaufen mit selben 1.000 Pfd.St. Lebensmittel von II; 3. II kauft mit demselben Geld Produktions-mittel von I, dem damit 1.000 Pfd.St. variables Kapital in Geldform wiederhergestellt ist; 4. II kauft mit500 Pfd.St. Produktionsmittel von I; 5.I kauft mit selben 500 Pfd.St. Konsumtionsmittel von II; 6. II kauftmit selben 500 Pfd.St. Produktionsmittel von I; 7. I kauft mit selben 500 Pfd.St. Lebensmittel von II. AnII sind 500 Pfd.St. zurückgeflossen, die es außer seinen 2.000 Pfd.St. in Ware in Zirkulation warf und fürdie es der Zirkulation kein Äquivalent in Ware entzogen.

Die Umsetzung verläuft also wie folgt:

1.I zahlt 1.000 Pfd.St. Geld für Arbeitskraft, also für Ware = 1.000 Pfd.St.

2. Die Arbeiter kaufen mit ihrem Arbeitslohn zum Geldbetrag von 1.000 Pfd.St. Konsumtionsmittel vonII; also Ware = 1.000 Pfd.St.

3. II kauft für die von den Arbeitern gelösten 1.000 Pfd.St. zum selben Wert Produktionsmittel von I; alsoWare = 1.000 Pfd.St.

Damit sind 1.000 Pfd.St. Geld als Geldform des variablen Kapitals an I zurückgeflossen.

4. II kauft für 500 Pfd.St. Produktionsmittel von I; also Ware = 500 Pfd.St.

5. I kauft für selbe 500 Pfd.St. Konsumtionsmittel von II; also Ware = 500 Pfd.St.

<415> 6. II kauft für selbe 500 Pfd.St. Produktionsmittel von 1; also Ware = 500 Pfd.St.

7. I kauft für selbe 500 Pfd.St. Konsumtionsmittel von 11; also Ware = 500 Pfd.St.

Summe des umgesetzten Warenwerts = 5.000 Pfd.St.

Die 500 Pfd.St., die II im Kauf vorgeschossen, sind zu ihm zurückgekehrt.

Resultat ist:

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1. I besitzt variables Kapital in Geldform zum Belauf von 1.000 Pfd.St., die es ursprünglich der Zirkulati-on vorschoß; es hat außerdem verausgabt für seine individuelle Konsumtion 1.000 Pfd.St. - in seinemeignen Warenprodukt; d.h. es hat das Geld verausgabt, das es für den Verkauf von Produktionsmittelnzum Wertbetrag von 1.000 Pfd.St. einnahm.

Andrerseits ist die Naturalform, worin sich das in Geldform existierende variable Kapital umsetzen muß -d.h. die Arbeitskraft -, durch den Konsum erhalten, reproduziert und wieder vorhanden als derjenige ein-zige Handelsartikel ihrer Besitzer, den diese verkaufen müssen, wenn sie leben wollen. Es ist also auchreproduziert das Verhältnis von Lohnarbeitern und Kapitalisten.

2. Das konstante Kapital von II ist in natura ersetzt, und die von selbem II der Zirkulation vorgeschoßnen500 Pfd.St. sind ihm zurückgekehrt.

Für die Arbeiter I ist die Zirkulation die einfache von W - G - W.

1) W (Arbeitskraft) - 2) G (1.000 Pfd.St., Geldform des variablen Kapitals I) - 3) W (notwendige Le-bensmittel zum Betrage von 1.000 Pfd.St.); diese 1.000 Pfd.St. versilbern bis zum selben Wertbetrag dasin Form von Ware - Lebensmitteln - existierende konstante Kapital II.

Für die Kapitalisten II ist der Prozeß: W - G, Verwandlung eines Teils ihres Warenprodukts in Geldform,woraus es rückverwandelt wird in Bestandteile des produktiven Kapitals - nämlich in einen Teil der ihnennotwendigen Produktionsmittel.

Bei dem Vorschuß von G (500 Pfd.St.), den die Kapitalisten II machen zum Ankauf der andren Teile derProduktionsmittel, ist die Geldform des noch in Warenform (Konsumtionsmitteln) existierenden Teilsvon IIc antizipiert; im Akt G - W, wo II mit G kauft und W von I verkauft wird, verwandelt sich das Geld(II) in einen Teil des produktiven Kapitals, während W (I) den Akt W - G durchmacht, sich in Geld ver-wandelt, das aber keinen Bestandteil des Kapitalwerts für I vorstellt, sondern versilberten Mehrwert, dernur in Konsumtionsmitteln verausgabt wird.

<416> In der Zirkulation G - W ... P ... W´- G´ ist der erste Akt G - W des einen Kapitalisten der letzteW´- G´ eines andern (oder Teil davon); ob dies W, wodurch G in produktives Kapital umgesetzt wird, fürden Verkäufer von W (der also dies W in Geld umsetzt) konstanten Kapitalbestandteil, variablen Kapital-bestandteil oder Mehrwert vorstellt, ist für die Warenzirkulation selbst durchaus gleichgültig.

Was die Klasse I in bezug auf den Bestandteil v + m ihres Warenprodukts angeht, so zieht sie mehr Geldaus der Zirkulation heraus, als sie hineingeworfen hat. Erstens kehren ihr die 1.000 Pfd.St. variables Ka-pital zurück; zweitens verkauft sie (siehe oben, Umsetzung Nr. 4) für 500 Pfd.St. Produktionsmittel: da-mit ist die Hälfte ihres Mehrwerts versilbert; dann (Umsetzung Nr. 6) verkauft sie wieder für 500 Pfd.St.Produktionsmittel, die zweite Hälfte ihres Mehrwerts, und damit ist der ganze Mehrwert in Geldform derZirkulation entzogen worden; also sukzessive 1. variables Kapital in Geld rückverwandelt = 1.000Pfd.St.; 2. die Hälfte des Mehrwerts versilbert = 500 Pfd.St.; 3. die andre Hälfte des Mehrwerts = 500Pfd.St.; also Summa: 1.000v +1.000m versilbert = 2.000 Pfd.St. Obgleich I (abgesehn von den später zubetrachtenden Umsätzen, die die Reproduktion von Ic vermitteln) nur 1.000 Pfd.St. in Zirkulation warf,hat es ihr doppelt soviel entzogen. Natürlich verschwindet das versilberte (in G verwandelte) m sofortwieder in andre Hand (II) dadurch, daß dies Geld in Konsumtionsmitteln vermöbelt wird. Die Kapitalistenvon I haben nur soviel in Geld entzogen, als sie an Wert in Ware hineinwarfen; daß dieser Wert Mehrwertist, d.h. den Kapitalisten nichts kostet, ändert absolut nichts am Wert dieser Waren selbst; ist also, soweites sich um Wertumsatz in der Warenzirkulation handelt, vollständig gleichgültig. Die Versilberung desMehrwerts ist natürlich verschwindend, wie alle andern Formen, die das vorgeschoßne Kapital in seinenUmsetzungen durchläuft. Sie dauert gerade nur solange wie der Zwischenraum zwischen Verwandlungder Ware I in Geld und der darauffolgenden Verwandlung des Geldes I in Ware II.

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Wären die Umschläge kürzer angenommen - oder, vom Standpunkt einfacher Warenzirkulation aus be-trachtet, die Anzahl der Umläufe des zirkulierenden Geldes rascher -, so wäre noch weniger Geld hinrei-chend, um die umgesetzten Warenwerte zu zirkulieren; die Summe ist stets bestimmt - wenn die Anzahlder sukzessiven Umsätze gegeben - durch die Preissumme, resp. Wertsumme, der zirkulierenden Waren.Welche Proportion dieser Wertsumme aus Mehrwert einerseits und Kapitalwert andrerseits besteht, istdabei durchaus gleichgültig.

Würde in unserm Beispiel der Arbeitslohn bei I viermal des Jahres aus- <417> gezahlt, so 4 * 250 =1.000. Es würden also 250 Pfd.St. in Geld hinreichen für die Zirkulation Iv - 1/2 IIc und für die Zirkulati-on zwischen dem variablen Kapital Iv und der Arbeitskraft I. Ebenso wären, wenn die Zirkulation zwi-schen Im und IIc in vier Umschlägen erfolgt, nur 250 Pfd.St. dazu nötig, also im ganzen eine Geldsumme,resp. ein Geldkapital von 500 Pfd.St. für Zirkulation von Waren zum Betrag von 5.000 Pfd.St. DerMehrwert würde dann, statt zweimal sukzessive zur Hälfte, jetzt viermal sukzessive zu 1/4 versilbert.

Wenn statt II, in Umsetzung Nr. 4, I als Käufer auftritt, also 500 Pfd.St. Geld in Konsumtionsmitteln vonselbem Wertumfang verausgabt, so kauft dann II in Umsetzung Nr. 5 Produktionsmittel mit denselben500 Pfd.St.; 6.I kauft Konsumtionsmittel mit selben 500 Pfd.St.; 7. II kauft mit selben 500 Pfd.St. Pro-duktionsmittel; die 500 Pfd.St. kehren also schließlich zu I, wie vorhin zu II, zurück. Der Mehrwert wirdhier versilbert durch von seinen kapitalistischen Produzenten selbst in ihrer Privatkonsumtion verausgab-tes Geld, das antizipierte Revenue vorstellt, antizipierte Einnahme aus dem in der noch zu verkaufendenWare steckenden Mehrwert. Die Versilberung des Mehrwerts findet nicht statt durch den Rückfluß der500 Pfd.St.; denn neben den 1.000 Pfd.St. in Ware Iv hat I, am Schluß von Umsetzung Nr. 4, 500 Pfd.St.in Geld in die Zirkulation geworfen, und dies war zuschüssig, nicht - soviel wir wissen - Erlös verkaufterWare. Fließt dies Geld an I zurück, so hat I damit nur sein zuschüssiges Geld zurückerhalten, nicht seinenMehrwert versilbert. Die Versilberung des Mehrwerts von I findet nur statt durch den Verkauf der WarenIm, worin er steckt, und dauert jedesmal nur so lang, als das durch Verkauf der Ware ein- Gelöste Geldnicht von neuem in Konsumtionsmitteln verausgabt ist.

I kauft mit zuschüssigem Geld (500 Pfd.St.) von II Konsumtionsmittel; dies Geld ist verausgabt von I, eshat dafür Äquivalent in Ware II; das Geld fließt zum ersten Mal zurück dadurch, daß II von I für 500Pfd.St. Ware kauft; es fließt also zurück als Äquivalent der von I verkauften Ware, aber diese Ware kostetI nichts, bildet also Mehrwert für I, und so versilbert das von ihm selbst in Zirkulation geworfne Geldseinen eignen Mehrwert; ebenso bei seinem zweiten Kauf (Nr. 6) hat I sein Äquivalent in Ware II erhal-ten. Gesetzt, II kaufe nun nicht (Nr. 7) Produktionsmittel von I, so hätte I in der Tat für 1.000 Pfd.St.Konsumtionsmittel gezahlt - seinen ganzen Mehrwert als Revenue verzehrt -, nämlich 500 in seinen Wa-ren I (Produktionsmitteln) und 500 in Geld; es hätte dagegen noch für 500 Pfd.St. in seinen Waren I (Pro-duktionsmitteln) auf Lager und wäre dagegen 500 Pfd.St. in Geld losgeworden.

<418> Dahingegen hätte II drei Viertel seines konstanten Kapitals aus der Form von Warenkapital inproduktives Kapital rückverwandelt; ein Viertel dagegen in der Form von Geldkapital (500 Pfd.St.), inder Tat von brachliegendem Geld oder seine Funktion unterbrechendem und abwartendem Geld. Dauertediese Situation länger, so müßte II die Stufenleiter der Reproduktion um ein Viertel reduzieren. - Die 500in Produktionsmitteln aber, die I auf dem Hals hat, sind nicht in Warenform existierender Mehrwert; siesind an der Stelle der vorgeschoßnen 500 Pfd.St. Geld da, die I besaß neben seinem Mehrwert von 1.000Pfd.St. in Warenform. Als Geld befinden sie sich in stets realisierbarer Form; als Ware sind sie momentanunverkäuflich. Soviel ist klar, daß einfache Reproduktion - wo jedes Element des produktiven Kapitals inII wie in I ersetzt werden muß - hier nur möglich bleibt, wenn die 500 Goldvögel zurückkehren zu I, dassie zuerst ausfliegen ließ.

Gibt ein Kapitalist (hier haben wir nur noch industrielle Kapitalisten vor uns, zugleich Repräsentantenaller andern) Geld aus in Konsumtionsmitteln, so ist es für ihn alle geworden, den Weg alles Fleischesgegangen. Fließt es wieder zu ihm zurück, so kann das nur geschehn, soweit er es für Waren - also durchsein Warenkapital - aus der Zirkulation herausfischt. Wie der Wert seines ganzen jährlichen Warenpro-

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dukts (das für ihn = Warenkapital), so ist der jedes Elements desselben, d.h. der Wert jeder einzelnenWare, für ihn zerfällbar in konstanten Kapitalwert, variablen Kapitalwert und Mehrwert. Die Versilbrungjeder einzelnen der Waren (die als Elemente das Warenprodukt bilden) ist also zugleich Versilbrung einesgewissen Quotums des im ganzen Warenprodukt steckenden Mehrwerts. Es ist also im gegebnen Fallwörtlich richtig, daß der Kapitalist selbst das Geld in die Zirkulation warf - und zwar bei Verausgabungdesselben in Konsumtionsmitteln -, womit sein Mehrwert versilbert, alias realisiert wird. Es handelt sichdabei natürlich nicht um identische Geldstücke, sondern um einen Betrag in klingendem Geld, gleich dem(oder gleicher Teil von dem), den er zur Bestreitung persönlicher Bedürfnisse in die Zirkulation gewor-fen.

In der Praxis geschieht dies in doppelter Weise: Ist das Geschäft erst innerhalb des laufenden Jahrs eröff-net worden, so dauert es gute Weile, im besten Fall einige Monate, bevor der Kapitalist aus der Geschäft-seinnahme selbst Geld für seinen persönlichen Konsum ausgeben kann. Er suspendiert deswegen keinenAugenblick seine Konsumtion. Er schießt sich selbst (ob aus eigner, oder per Kredit aus fremder Tasche,ist hier ganz gleichgültiger Umstand) Geld auf erst zu ergatternden Mehrwert vor; damit aber auch zirku-lierendes Medium zur Realisation später zu realisierenden Mehr- <419> werts. Ist das Geschäft dagegenschon länger im regelmäßigen Gang, so verteilen sich Zahlungen und Einnahmen auf verschiedne Termi-ne während des Jahrs. Eins aber geht ununterbrochen fort, die Konsumtion des Kapitalisten, die antiz i-piert und deren Umfang berechnet wird nach gewisser Proportion zu der gewohnten oder veranschlagtenEinnahme. Mit jeder Portion verkaufter Ware wird auch ein Teil des jährlich zu machenden Mehrwertsrealisiert. Würde aber während des ganzen Jahrs nur soviel der produzierten Ware verkauft, wie nötig, umdie in ihr enthaltnen konstanten und variablen Kapitalwerte zu ersetzen; oder fielen die Preise so, daßbeim Verkauf des ganzen jährlichen Warenprodukts nur der in ihm enthaltne vorgeschoßne Kapitalwertrealisiert würde, so träte der antizipatorische Charakter des auf künftigen Mehrwert hin verausgabtenGeldes klar hervor. Macht unser Kapitalist Fallite, so untersuchen seine Gläubiger und das Gericht, obseine antizipierten Privatausgaben in richtiger Proportion zum Umfang seines Geschäfts und der selbemgewöhnlich oder normal entsprechenden Mehrwerteinnahme stehn.

Mit Bezug auf die ganze Kapitalistenklasse erscheint aber der Satz, daß sie das Geld zur Realisation ihresMehrwerts (resp. auch zur Zirkulation ihres Kapitals, konstanten und variablen) selbst in die Zirkulationwerfen muß, nicht nur nicht paradox, sondern als notwendige Bedingung des ganzen Mechanismus: dennhier gibt es nur zwei Klassen: die Arbeiterklasse, die nur über ihre Arbeitskraft verfügt; die Kapitalisten-klasse, die im Monopolbesitz der gesellschaftlichen Produktionsmittel wie des Geldes ist. Das Paradoxeläge darin wenn die Arbeiterklasse in erster Instanz das zur Realisation des in den Waren steckendenMehrwerts notwendige Geld aus eignen Mitteln vorschösse. Der einzelne Kapitalist verrichtet diesenVorschuß aber immer nur in der Form, daß er als Käufer agiert, Geld verausgabt im Ankauf von Kon-sumtionsmitteln oder Geld vorschießt im Ankauf von Elementen seines produktiven Kapitals, sei es vonArbeitskraft, sei es von Produktionsmitteln. Er gibt das Geld immer nur weg gegen ein Äquivalent. Erschießt der Zirkulation nur Geld vor in derselben Art, wie er ihr Ware vorschießt. Er agiert beidemal alsAusgangspunkt ihrer Zirkulation.

Der wirkliche Hergang wird durch zwei Umstände verdunkelt.

1. Die Erscheinung des Handelskapitals (dessen erste Form immer Geld, da der Kaufmann als solcherkein "Produkt" oder "Ware" herstellt) und des Geldkapitals, als Gegenstandes der Manipulation einerbesondern Sorte von Kapitalisten, in dem Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals.

2. Die Spaltung des Mehrwerts - der in erster Hand immer in Hand des. industriellen Kapitalisten sichbefinden muß - in verschiedne Kategorien, <420> als deren Träger neben dem industriellen Kapitalistender Grundbesitzer (für Bodenrente), der Wucherer (für Zins) etc. erscheinen, ditto die Regierung und ihreBeamten, Rentiers etc. Diese Burschen erscheinen als Käufer gegenüber dem industriellen Kapitalistenund insoweit als Versilbrer seiner Waren; pro parte <anteilmäßig> werfen auch sie "Geld" in die Zirkula-

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tion, und er erhält es von ihnen. Wobei stets vergessen wird, aus welcher Quelle sie es ursprünglich er-hielten und stets wieder von neuem erhalten.

VI. Das konstante Kapital der Abteilung I

Es bleibt noch zu untersuchen das konstante Kapital der Abteilung I = 4.000 Ic. Dieser Wert ist gleichdem im Warenprodukt I wiedererscheinenden Wert der in der Produktion dieser Warenmasse verzehrtenProduktionsmittel. Dieser wiedererscheinende Wert, der nicht in dem Produktionsprozeß I produziert,sondern das Jahr vorher als konstanter Wert in ihn eintrat, als gegebner Wert seiner Produktionsmittel,existiert jetzt in dem ganzen Teil der Warenmasse I, die nicht von der Kategorie II absorbiert ist; undzwar ist der Wert dieser Warenmasse, die so in der Hand der Kapitalisten I bleibt, = 2/3 des Werts ihresganzen jährlichen Warenprodukts. Bei dem einzelnen Kapitalisten, der ein besondres Produktionsmittelproduziert, konnten wir sagen: Er verkauft sein Warenprodukt, er verwandelt es in Geld. Indem er es inGeld verwandelt, hat er auch den konstanten Wertteil seines Produkts in Geld rückverwandelt. Mit diesemin Geld verwandelten Wertteil kauft er dann von andren Warenverkäufern seine Produktionsmittel wiederein oder verwandelt den konstanten Wertteil seines Produkts in eine Naturalform, worin er von neuem alsproduktives konstantes Kapital fungieren kann. Jetzt dagegen wird diese Voraussetzung unmöglich. DieKapitalistenklasse I umschließt die Gesamtheit der Kapitalisten, die Produktionsmittel produzieren. Au-ßerdem ist das Warenprodukt von 4.000, das in ihrer Hand geblieben, ein Teil des gesellschaftlichen Pro-dukts, der gegen keinen andern auszutauschen ist, denn es existiert kein solcher andrer Teil des Jahre-sprodukts mehr. Mit Ausnahme dieser 4.000 ist bereits über den ganzen Rest disponiert; ein Teil ist durchden gesellschaftlichen Konsumtionsfonds absorbiert, und ein andrer Teil hat das <421> konstante Kapitalder Abteilung II zu ersetzen, die bereits alles ausgetauscht hat, worüber sie im Austausch mit Abteilung Iverfügen kann.

Die Schwierigkeit löst sich sehr einfach, wenn man erwägt, daß das ganze Warenprodukt I seiner Natural-form nach aus Produktionsmitteln besteht, d.h. aus den stofflichen Elementen des konstanten Kapitalsselbst. Es zeigt sich hier dasselbe Phänomen wie vorhin sub II, nur unter einem andern Aspekt. Sub IIbestand das ganze Warenprodukt in Konsumtionsmitteln; ein Teil desselben, gemessen durch den in die-sem Warenprodukt enthaltnen Arbeitslohn plus Mehrwert, konnte daher von seinen eignen Produzentenverzehrt werden. Hier sub I besteht das ganze Warenprodukt aus Produktionsmitteln, Baulichkeiten, Ma-schinerie, Gefäßen, Roh- und Hilfsstoffen etc. Ein Teil derselben, derjenige, welcher das in dieser Sphäreangewandte konstante Kapital ersetzt, kann daher in seiner Naturalform sofort von neuem als Bestandteildes produktiven Kapitals fungieren. Soweit er in Zirkulation tritt, zirkuliert er innerhalb der Klasse I. SubII wird ein Teil des Warenprodukts in natura von seinen eignen Produzenten individuell, sub I dagegenwird ein Teil des Produkts in natura von seinen kapitalistischen Produzenten produktiv konsumiert.

In dem Teil des Warenprodukts I = 4.000c erscheint der in dieser Kategorie konsumierte konstante Kapi-talwert wieder, und zwar in einer Naturalform, worin er sofort wieder als produktives konstantes Kapitalfungieren kann. Sub II geht der Teil des Warenprodukts von 3.000, dessen Wert gleich Arbeitslohn plusMehrwert (= 1.000), direkt in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten und Arbeiter von II ein, wäh-rend dagegen der konstante Kapitalwert dieses Warenprodukts (= 2.000) nicht wieder in die produktiveKonsumtion der Kapitalisten II eingehn kann, sondern durch Austausch mit I zu ersetzen ist.

Sub I dagegen geht der Teil seines Warenprodukts von 6.000, dessen Wert gleich Arbeitslohn plusMehrwert (= 2.000), nicht in die individuelle Konsumtion seiner Produzenten ein und kann es auch seinerNaturalform nach nicht. Er muß vielmehr erst mit II ausgetauscht werden. Der konstante Wertteil diesesProdukts = 4.000 befindet sich umgekehrt in einer Naturalform, worin er - die ganze Kapitalistenklasse Ibetrachtet - direkt wieder als deren konstantes Kapital fungieren kann. In andren Worten: Das ganze Pro-dukt der Abteilung I besteht aus Gebrauchswerten, die ihrer Naturalform nach - bei kapitalistischer Pro-duktionsweise - nur als Elemente des konstanten Kapitals dienen können. Von diesem Produkt zum Wert

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von 6.000 ersetzt also ein Drittel (2.000) das konstante Kapital der Abteilung II und die übrigen 2/3 daskonstante Kapital der Abteilung I.

<422> Das konstante Kapital I besteht in einer Masse verschiedner Kapitalgruppen, die in den verschied-nen Produktionszweigen von Produktionsmitteln angelegt sind, so viel in Eisenhütten, so viel in Kohlen-gruben etc. Jede dieser Kapitalgruppen oder jedes dieser gesellschaftlichen Gruppenkapitale setzt sichwieder zusammen aus einer größern oder geringern Masse selbständig fungierender Einzelkapitale. Er-stens zerfällt das Kapital der Gesellschaft, z.B. 7.500 (was Millionen usw. bedeuten kann) in verschiedneKapitalgruppen; das gesellschaftliche Kapital von 7.500 ist zerfällt in besondre Teile, wovon jeder ineinem besondren Produktionszweig angelegt; der in jedem besondren Produktionszweig angelegte Teildes gesellschaftlichen Kapitalwerts besteht der Naturalform nach teils in den Produktionsmitteln jederbesondren Produktionssphäre, teils aus der für ihren Betrieb nötigen und entsprechend qualifizierten Ar-beitskraft, verschieden modifiziert durch die Teilung der Arbeit, je nach der spezifischen Arbeitsart <2.Auflage: Arbeitskraft; geändert nach der 1. Auflage>, die sie in jeder einzelnen Produktionssphäre zuleisten hat. Der in jedem besondren Produktionszweig angelegte Teil des gesellschaftlichen Kapitals be-steht wieder aus der Summe der in ihm angelegten, selbständig fungierenden Einzelkapitale. Dies giltselbstredend für beide Abteilungen, für I wie für II.

Was nun sub I den in Form seines Warenprodukts wiedererscheinenden konstanten Kapitalwert angeht, sogeht er zum Teil in die besondre Produktionssphäre (oder selbst in den individuellen Geschäftsbetrieb),woraus er als Produkt herauskommt, auch wieder als Produktionsmittel ein; z.B. Korn in die Kornpro-duktion, Kohle in die Kohlenproduktion, Eisen in Form von Maschinen in die Eisenproduktion usw.

Soweit jedoch die Teilprodukte, woraus der konstante Kapitalwert von I besteht, nicht wieder direkt inihre besondre oder individuelle Produktionssphäre eingehn, wechseln sie nur den Platz. Sie gehn in Natu-ralform ein in eine andre Produktionssphäre der Abteilung I, während das Produkt andrer Produkti-onssphären der Abteilung I sie in natura ersetzt. Es ist bloßer Stellenwechsel dieser Produkte. Sie gehnalle wieder ein als Faktoren, die konstantes Kapital in I ersetzen, nur statt in einer Gruppe von I in einerandern. Soweit hier Austausch zwischen den einzelnen Kapitalisten von I stattfindet, ist es Austauscheiner Naturalform von konstantem Kapital gegen eine andre Naturalform von konstantem Kapital, einerSorte Produktionsmittel gegen andre Sorten Produktionsmittel. Es ist Austausch der verschiednen indiv i-duellen konstanten Kapitalteile von I untereinander. Die <423> Produkte werden, soweit sie nicht direktals Produktionsmittel in ihren eignen Produktionszweigen dienen, aus ihrer Produktionsstätte in eine and-re entfernt und ersetzen sich so wechselseitig. In andren Worten (ähnlich wie sub II für den Mehrwertgeschehn): jeder Kapitalist sub I zieht im Verhältnis, worin er Miteigentümer an diesem konstanten Ka-pital von 4.000, die ihm nötigen entsprechenden Produktionsmittel aus dieser Warenmasse heraus. Wäredie Produktion gesellschaftlich, statt kapitalistisch, so ist klar, daß diese Produkte der Abteilung I unterdie Produktionszweige dieser Abteilung, zum Behuf der Reproduktion, nicht minder beständig wieder alsProduktionsmittel verteilt würden, ein Teil direkt in der Produktionssphäre bliebe, wo er als Produkt her-auskam, ein andrer Teil dagegen nach andren Produktionsstätten entfernt würde, und so ein beständigesHin und Her zwischen den verschiednen Produktionsstätten dieser Abteilung stattfände.

VII. Variables Kapital und Mehrwert in beiden Abteilungen

Der Gesamtwert der jährlich produzierten Konsumtionsmittel ist also gleich dem während des Jahrs re-produzierten variablen Kapitalwert II plus dem neuproduzierten Mehrwert II (d.h. gleich dem sub II wäh-rend des Jahrs produzierten Wert) plus dem während des Jahrs reproduzierten variablen Kapitalwert I unddem neuproduzierten Mehrwert I (also plus dem sub I während des Jahrs produzierten Wert).

Unter Voraussetzung einfacher Reproduktion ist also der Gesamtwert der jährlich produzierten Konsum-tionsmittel gleich dem jährlichen Wertprodukt, d.h. gleich dem ganzen durch die gesellschaftliche Arbeit

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während des Jahrs produzierten Wert, und muß es sein, da bei einfacher Reproduktion dieser ganze Wertverzehrt wird.

Der totale gesellschaftliche Arbeitstag zerfällt in zwei Teile: 1. notwendige Arbeit; sie schafft im Lauf desJahrs einen Wert von 1.500v; 2. Mehrarbeit; sie schafft einen zuschüssigen Wert oder Mehrwert von1.500m. Die Summe dieser Werte = 3.000, ist gleich dem Wert der jährlich produzierten Konsumtions-mittel von 3.000. Der Totalwert der während des Jahrs produzierten Konsumtionsmittel ist also gleichdem Totalwert, den der totale gesellschaftliche Arbeitstag während des Jahrs produziert, gleich dem Wertdes gesellschaftlichen variablen Kapitals plus dem gesellschaftlichen Mehrwert, gleich dem totalen jährli-chen Neuprodukt.

Aber wir wissen, daß, obgleich diese beiden Wertgrößen sich decken, deswegen keineswegs der Total-wert der Waren II, der Konsumtionsmittel, <424> in dieser Abteilung der gesellschaftlichen Produktionproduziert worden ist. Sie decken sich, weil der sub II wiedererscheinende konstante Kapitalwert gleichist dem sub I neuproduzierten Wert (variablem Kapitalwert plus Mehrwert); daher I(v+m) den Teil desProdukts von II kaufen kann, der für seine Produzenten (in Abteilung II) konstanten Kapitalwert darstellt.Es zeigt sich daher, warum, obgleich für die Kapitalisten II der Wert ihres Produkts zerfällt in c + v + m,gesellschaftlich betrachtet der Wert dieses Produkts zerfällbar ist in v + m. Dies ist nämlich nur der Fall,weil IIc hier gleich I(v+m) und diese beiden Bestandteile des gesellschaftlichen Produkts durch ihrenAustausch ihre Naturalformen miteinander austauschen, daher nach diesem Umsatz IIc wieder in Produk-tionsmitteln, I(v+m) dagegen in Konsumtionsmitteln existiert.

Und es ist dieser Umstand, der A. Smith veranlaßt hat zu behaupten, der Wert des jährlichen Produktslöse sich in v + m auf. Es gilt dies 1. nur für den aus Konsumtionsmitteln bestehenden Teil des jährlichenProdukts, und 2. gilt es nicht in dem Sinn, daß dieser Totalwert in II produziert wird und sein Produkten-wert daher gleich ist dem sub II vorgeschoßnen variablen Kapitalwert plus dem sub II produziertenMehrwert. Sondern nur in dem Sinn, daß II(c+v+m) = II(v+m) + I(v+m) oder weil IIc = I(v+m).

Es folgt ferner:

Obgleich der gesellschaftliche Arbeitstag (d.h. die während des ganzen Jahrs von der gesamten Arbeiter-klasse verausgabte Arbeit), wie jeder individuelle Arbeitstag, nur in zwei Teile zerfällt, nämlich in not-wendige Arbeit plus Mehrarbeit, obgleich daher der von diesem Arbeitstag produzierte Wert ebenfalls nurin zwei Teile zerfällt, nämlich in den variablen Kapitalwert, d.h. den Wertteil, womit der Arbeiter seineeignen Reproduktionsmittel kauft, und den Mehrwert, den der Kapitalist zu seiner eignen individuellenKonsumtion verausgaben kann, - so wird dennoch, gesellschaftlich betrachtet, ein Teil des gesellschaftli-chen Arbeitstages ausschließlich verausgabt in Produktion von frischem konstantem Kapital, nämlich vonProdukten, die ausschließlich bestimmt sind, im Arbeitsprozeß als Produktionsmittel und daher in demihn begleitenden Verwertungsprozeß als konstantes Kapital zu fungieren. Nach unsrer Voraussetzungstellt sich der ganze gesellschaftliche Arbeitstag dar in einem Geldwert von 3.000, wovon nur 1/3 = 1.000in der Abteilung II produziert wird, welche Konsumtionsmittel produziert, d.h. die Waren, worin sich dergesamte variable Kapitalwert und der gesamte Mehrwert der Gesellschaft schließlich realisiert. Nachdieser Voraussetzung werden also 2/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags in der Produktion von neuemkonstantem Kapital verwandt. Obgleich vom <425> Standpunkt der individuellen Kapitalisten und Ar-beiter der Abteilung I diese 2/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags bloß zur Produktion von variablem Ka-pitalwert plus Mehrwert dienen, ganz wie das letzte Drittel des gesellschaftlichen Arbeitstags in Abtei-lung II, so produzieren dennoch diese 2/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags, gesellschaftlich betrachtet -und ebenso dem Gebrauchswert des Produkts nach betrachtet -, nur Ersatz von im Prozeß der produktivenKonsumtion begriffnem oder aufgezehrtem konstantem Kapital. Auch individuell betrachtet, produzierendiese 2/3 des Arbeitstags zwar einen Totalwert, der nur gleich dem variablen Kapitalwert plus dem Mehr-wert für seine Produzenten, aber sie produzieren keine Gebrauchswerte solcher Art, daß Arbeitslohn oderMehrwert darin verausgabt werden könnten; ihr Produkt ist ein Produktionsmittel.

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Zunächst ist zu bemerken, daß kein Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, sei es sub I oder sub II, dazudient, den Wert des in diesen zwei großen Produktionssphären angewandten, in ihnen fungierenden kon-stanten Kapitals zu produzieren. Sie produzieren nur zusätzlichen Wert, 2.000 I(v+m) + 1.000 II(v+m),zusätzlich zu dem konstanten Kapitalwert = 4.000 Ic + 2.000 IIc. Der Neuwert, der in der Form von Pro-duktionsmitteln produziert wurde, ist noch nicht konstantes Kapital. Er hat nur die Bestimmung, künftigals solches zu fungieren.

Das gesamte Produkt von II - die Konsumtionsmittel - ist seinem Gebrauchswert nach, konkret, in seinerNaturalform betrachtet, Produkt des von II geleisteten Drittels des gesellschaftlichen Arbeitstags, es istProdukt der Arbeiten in ihrer konkreten Form als Weberarbeit, Bäckerarbeit usw., die in dieser Abteilungverwandt worden, dieser Arbeit, soweit sie als das subjektive Element des Arbeitsprozesses fungiert. Wasdagegen den konstanten Wertteil dieses Produkts II angeht, so erscheint er nur wieder in einem neuenGebrauchswert, in einer neuen Naturalform, der Form von Konsumtionsmitteln, während er früher in derForm von Produktionsmitteln bestand. Sein Wert ist durch den Arbeitsprozeß von seiner alten Natural-form auf seine neue Naturalform übertragen worden. Aber der Wert dieser 2/3 des Produktenwerts = 2.000ist nicht in dem diesjährigen Verwertungsprozeß von II produziert worden.

Ganz wie vom Standpunkt des Arbeitsprozesses betrachtet, das Produkt II das Resultat neu fungierenderlebendiger Arbeit und ihr gegebner, vorausgesetzter Produktionsmittel ist, in denen sie sich als in ihrengegenständlichen Bedingungen verwirklicht, so ist vom Standpunkt des Verwertungsprozesses der Pro-duktenwert II = 3.000 zusammengesetzt aus dem durch das neu zugesetzte 1/3 des gesellschaftlichen Ar-beitstags produzierten <426> Neuwert (500v + 500m = 1.000) und aus einem konstanten Wert, worin 2/3eines vergangnen, vor dem hier betrachteten Produktionsprozeß II verfloßnen gesellschaftlichen Arbeits-tags vergegenständlicht sind. Dieser Wertteil des Produkts II stellt sich dar in einem Teil des Produktsselbst. Es existiert in einem Quantum Konsumtionsmittel zum Wert von 2.000 = 2/3 eines gesellschaftli-chen Arbeitstags. Es ist dies die neue Gebrauchsform, worin er wiedererscheint. Der Austausch von ei-nem Teil der Konsumtionsmittel = 2.000 IIc gegen Produktionsmittel I = I (1.000v + 1.000m), ist also inder Tat Austausch von 2/3 Gesamtarbeitstag, die keinen Teil der diesjährigen Arbeit bilden, sondern vordiesem Jahr verflossen sind, mit 2/3 des diesjährigen, in diesem Jahr neu zugesetzten Arbeitstags. 2/3 desgesellschaftlichen Arbeitstags dieses Jahrs könnten nicht in der Produktion von konstantem Kapital ver-wandt werden und doch zugleich variablen Kapitalwert plus Mehrwert für ihre eignen Produzenten bil-den, wenn sie sich nicht mit einem Wertteil der jährlich konsumierten Konsumtionsmittel auszutauschenhätten, worin 2/3 eines vor diesem Jahr, nicht innerhalb desselben verausgabten und realisierten Arbeits-tags steckten. Es ist Austausch von 2/3 Arbeitstag dieses Jahrs gegen 2/3 Arbeitstag, die vor diesem Jahrverausgabt worden, Austausch zwischen diesjähriger und vorjähriger Arbeitszeit. Dies also erklärt uns dasRätsel, warum das Wertprodukt des ganzen gesellschaftlichen Arbeitstags sich auflösen kann in variablenKapitalwert plus Mehrwert, obgleich 2/3 dieses Arbeitstags nicht verausgabt worden in der Produktionvon Gegenständen, worin variables Kapital oder Mehrwert sich realisieren können, sondern vielmehr inder Produktion von Produktionsmitteln zum Ersatz des während des Jahrs verbrauchten Kapitals. Es er-klärt sich einfach daraus, daß 2/3 des Produktenwerts II, worin Kapitalisten und Arbeiter I den von ihnenproduzierten variablen Kapitalwert plus Mehrwert realisieren (und die 2/3 des gesamten jährlichen Pro-duktenwerts ausmachen), dem Wert nach betrachtet, das Produkt von 2/3 eines vor diesem Jahr vergang-nen gesellschaftlichen Arbeitstags sind.

Die Summe des gesellschaftlichen Produkts I und II, Produktionsmittel und Konsumtionsmittel, sind zwarihrem Gebrauchswert nach konkret, in ihrer Naturalform betrachtet, das Produkt der diesjährigen Arbeit,aber nur soweit diese Arbeit selbst als nützliche, konkrete Arbeit, nicht soweit sie als Verausgabung vonArbeitskraft, als wertbildende Arbeit betrachtet wird. Und auch das erste nur in dem Sinn, daß die Pro-duktionsmittel nur durch die ihnen zugesetzte, mit ihnen hantierende lebendige Arbeit sich in neues Pro-dukt, in das diesjährige Produkt verwandelt haben. Dagegen hätte sich aber auch umgekehrt die diesjähri-ge Arbeit ohne von ihr unabhängige <427> Produktionsmittel, ohne Arbeitsmittel und Produktionsstoffe,nicht in Produkt verwandeln können.

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VIII. Das konstante Kapital in beiden Abteilungen

Was den Gesamtproduktenwert von 9.000 angeht und die Kategorien, worin er zerfällt wird, so bietetdessen Analyse keine größre Schwierigkeit als die des Produktenwerts eines Einzelkapitals, sie ist vie l-mehr identisch damit.

In dem ganzen gesellschaftlichen Jahresprodukt sind hier drei einjährige gesellschaftliche Arbeitstageenthalten. Der Wertausdruck jedes dieser Arbeitstage ist = 3.000; daher der Wertausdruck des Totalpro-dukts = 3 * 3.000 = 9.000.

Ferner ist von dieser Arbeitszeit vor dem einjährigen Produktionsprozeß, dessen Produkt wir analysieren,vorgegangen: In Abteilung I 4/3 Arbeitstag (Wertprodukt 4.000) und in Abteilung II 2/3 Arbeitstag (Wert-produkt 2.000). Zusammen 2 gesellschaftliche Arbeitstage, deren Wertprodukt 6.000. Daher figurieren4.000 Ic + 2.000 IIc = 6.000c als der im ganzen Produktenwert der Gesellschaft wiedererscheinende Wertder Produktionsmittel oder konstante Kapitalwert.

Ferner ist von dem neu zugesetzten gesellschaftlichen Jahresarbeitstag in Abteilung I 1/3 notwendige Ar-beit, oder Arbeit, die den Wert des variablen Kapitals 1.000 Iv ersetzt und den Preis der sub I angewand-ten Arbeit zahlt. Ebenso in II ist 1/6 des gesellschaftlichen Arbeitstags notwendige Arbeit mit einemWertbetrag von 500. Also 1.000 Iv + 500 IIv = 1.500v, der Wertausdruck des halben gesellschaftlichenArbeitstags, ist der Wertausdruck der aus notwendiger Arbeit bestehenden ersten Hälfte des in diesemJahre zugesetzten Gesamtarbeitstags.

Endlich sub I ist 1/3 Gesamtarbeitstag, Wertprodukt = 1.000, Mehrarbeit; sub II ist 1/6 Arbeitstag, Wert-produkt = 500, Mehrarbeit; sie machen zusammen die andre Hälfte des zugesetzten Gesamtarbeitstagsaus. Daher der produzierte Gesamtmehrwert = 1.000 Im +500 IIm = 1.500m.

Also:

Konstanter Kapitalteil des gesellschaftlichen Produktenwerts (c):

2 vor dem Produktionsprozeß verausgabte Arbeitstage, Wertausdruck = 6.000.

Während des Jahres verausgabte notwendige Arbeit (v):

Ein halber in der Jahresproduktion verausgabter Arbeitstag, Wertausdruck = 1.500.

<428> Während des Jahres verausgabte Mehrarbeit (m):

Ein halber in der Jahresproduktion verausgabter Arbeitstag, Wertausdruck 1.500.

Wertprodukt der Jahresarbeit (v + m) = 3.000.

Gesamtproduktenwert (c + v + m) = 9.000.

Die Schwierigkeit besteht also nicht in der Analyse des gesellschaftlichen Produktenwerts selbst. Sie ent-springt bei Vergleichung der Wertbestandteile des gesellschaftlichen Produkts mit seinen sachlichen Be-standteilen.

Der konstante, nur wiedererscheinende Wertteil ist gleich dem Wert des Teils dieses Produkts, der ausProduktionsmitteln besteht, und ist verkörpert in diesem Teil.

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Das neue Wertprodukt des Jahres = v + m ist gleich dem Wert des Teils dieses Produkts, das aus Kon-sumtionsmitteln besteht, und ist verkörpert in ihm.

Aber, mit hier gleichgültigen Ausnahmen, sind Produktionsmittel und Konsumtionsmittel total verschied-ne Sorten von Waren, Produkte von ganz verschiedner Natural- oder Gebrauchsform, also auch Produktetotal verschiedner konkreter Arbeitsarten. Die Arbeit, welche Maschinen zur Produktion von Lebensmit-teln anwendet, ist ganz verschieden von der Arbeit, welche Maschinen macht. Der ganze jährliche Ge-samtarbeitstag, dessen Wertausdruck = 3.000, scheint verausgabt in der Produktion von Konsumtions-mitteln = 3.000, in denen kein konstanter Wertteil wiedererscheint, da diese 3.000 = 1.500v + 1.500msich nur in variablen Kapitalwert + Mehrwert auflösen. Andrerseits erscheint der konstante Kapitalwert =6.000 wieder in einer von den Konsumtionsmitteln ganz verschiednen Produktenart, den Produktionsmit-teln, während doch kein Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags in der Produktion dieser neuen Produkteverausgabt scheint; dieser ganze Arbeitstag scheint vielmehr nur aus den Arbeitsweisen zu bestehn, dienicht in Produktionsmitteln, sondern in Konsumtionsmitteln resultieren. Das Geheimnis ist bereits gelöst.Das Wertprodukt der Jahresarbeit ist gleich dem Produktenwert der Abteilung II, dem Totalwert der neu-produzierten Konsumtionsmittel. Aber dieser Produktenwert ist größer um 2/3 als der innerhalb der Pro-duktion von Konsumtionsmitteln (Abteilung II) verausgabte Teil der Jahresarbeit. Nur 1/3 der Jahresarbeitist in ihrer Produktion verausgabt. 2/3 dieser Jahresarbeit sind in der Produktion von Produktionsmittelnverausgabt, also in Abteilung I. Das während dieser Zeit sub I erzeugte Wertprodukt, gleich dem sub Iproduzierten variablen Kapitalwert plus Mehrwert, ist gleich dem sub II in Konsumtionsmitteln wiederer-scheinenden konstanten Kapitalwert von II. Sie können sich daher <429> wechselseitig austauschen undin natura ersetzen. Der Totalwert der Konsumtionsmittel II ist daher gleich der Summe des neuen Wert-produkts sub I + II, oder II(c+v+m) = I(v+m) + II(v+m), also gleich der Summe des von der Jahresarbeitin Form von v + m produzierten Neuwerts.

Andrerseits ist der Totalwert der Produktionsmittel (I) gleich der Summe des in der Form von Produkti-onsmitteln (I) und des in der Form von Konsumtionsmitteln (II) wiedererscheinenden konstanten Kapi-talwerts, also gleich der Summe des im Totalprodukt der Gesellschaft wiedererscheinenden konstantenKapitalwerts. Dieser Totalwert ist gleich dem Wertausdruck von 4/3 vor dem Produktionsprozeß sub I,und 2/3 vor dem Produktionsprozeß sub II vergangnen Arbeitstagen, also zusammen von zwei Gesamtar-beitstagen.

Die Schwierigkeit kommt also bei dem gesellschaftlichen Jahresprodukt daher, daß der konstante Wertteilin einer ganz andren Produktenart - Produktionsmitteln - sich darstellt, als der diesem konstanten Wertteilzugesetzte Neuwert v + m, der sich in Konsumtionsmitteln darstellt. So hat es den Schein, als fänden sich- dem Wert nach betrachtet - 2/3 der aufgezehrten Produktenmasse in einer neuen Form wieder, als Neu-produkt, ohne daß irgendeine Arbeit von der Gesellschaft in ihrer Produktion verausgabt wäre. Dies findetbei dem Einzelkapital nicht statt. Jeder individuelle Kapitalist wendet eine bestimmte konkrete Arbeitsartan, welche die ihr eigentümlichen Produktionsmittel in ein Produkt verwandelt. Z.B. der Kapitalist seiMaschinenbauer, das während des Jahrs verausgabte konstante Kapital = 6.000c, das variable = 1.500v,der Mehrwert = 1.500m; das Produkt = 9.000, wir wollen sagen ein Produkt von 18 Maschinen, wovonjede = 500. Das ganze Produkt besteht hier in derselben Form, der von Maschinen. (Produziert er mehrereSorten, so wird jede für sich berechnet.) Das ganze Warenprodukt ist Produkt der während des Jahrs imMaschinenbau verausgabten Arbeit, Kombination derselben konkreten Arbeitsart mit denselben Produkti-onsmitteln. Die verschiednen Teile des Produktenwerts stellen sich daher in derselben Naturalform dar: in12 Maschinen stecken 6.000c, in 3 Maschinen 1.500v, in 3 Maschinen 1.500m. Es ist hier klar, daß derWert der 12 Maschinen = 6.000c ist, nicht weil in diesen 12 Maschinen bloß vor dem Maschinenbau ver-gangne und nicht in ihm verausgabte Arbeit verkörpert. Der Wert der Produktionsmittel für 18 Maschinenhat sich nicht von selbst in 12 Maschinen verwandelt, aber der Wert dieser 12 Maschinen (der selbst aus4.000c + 1.000v + 1.000m besteht) ist gleich dem Totalwert des in den 18 Maschinen enthaltnen kon-stanten Kapitalwerts. Der Maschinenbauer muß daher von den 18 Maschinen 12 <430> verkaufen, umsein verausgabtes konstantes Kapital, das er zur Reproduktion von 18 neuen Maschinen nötig hat, zu er-

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setzen. Dagegen wäre die Sache unerklärlich, wenn, obgleich die angewandte Arbeit bloß aus Maschi-nenbau besteht, als ihr Resultat sich ergäben: einerseits 6 Maschinen = 1.500v + 1.500m, andrerseits Ei-sen, Kupfer, Schrauben, Riemen etc. zum Wertbetrag von 6.000c, d.h. die Produktionsmittel der Maschi-nen in ihrer Naturalform, die der einzelne, Maschinen bauende Kapitalist bekanntlich nicht selbst produ-ziert, sondern sich durch den Zirkulationsprozeß ersetzen muß. Und dennoch scheint, auf den erstenBlick, sich die Reproduktion des gesellschaftlichen Jahresprodukts in so widersinniger Weise zu voll-ziehn.

Das Produkt des individuellen Kapitals, d.h. jedes selbständig fungierenden, mit eignem Leben begabtenBruchstücks des gesellschaftlichen Kapitals, hat irgendeine beliebige Naturalform. Die einzige Bedingungist, daß es wirklich eine Gebrauchsform hat, einen Gebrauchswert, der es zu einem zirkulationsfähigenGlied der Warenwelt stempelt. Es ist ganz gleichgültig und zufällig, ob es als Produktionsmittel wieder indenselben Produktionsprozeß eingehn kann, aus dem es als Produkt herauskommt, also ob der Teil seinesProduktenwerts, worin sich der konstante Kapitalteil darstellt, eine Naturalform besitzt, worin er tatsäch-lich wieder als konstantes Kapital fungieren kann. Wenn nicht, wird dieser Teil des Produktenwerts durchVerkauf und Einkauf wieder in die Form seiner sachlichen Produktionselemente verwandelt und dadurchdas konstante Kapital in seiner funktionsfähigen Naturalform reproduziert.

Anders verhält es sich mit dem Produkt des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Alle sachlichen Elementeder Reproduktion müssen in ihrer Naturalform Teile dieses Produkts selbst bilden. Der aufgezehrte kon-stante Kapitalteil kann durch die Gesamtproduktion nur ersetzt werden, soweit im Produkt der gesamtewiedererscheinende konstante Kapitalteil in der Naturalform neuer Produktionsmittel wiedererscheint, diewirklich als konstantes Kapital fungieren können. Einfache Reproduktion vorausgesetzt, muß daher derWert des Teils des Produkts, der aus Produktionsmitteln besteht, gleich dem konstanten Wertteil des ge-sellschaftlichen Kapitals sein.

Ferner: Individuell betrachtet, produziert der Kapitalist in seinem Produktenwert durch die neu zugesetzteArbeit nur sein variables Kapital plus Mehrwert, während der konstante Wertteil durch den konkretenCharakter der neu zugesetzten Arbeit auf das Produkt übertragen ist.

Gesellschaftlich betrachtet, produziert der Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, der Produktionsmittelproduziert, ihnen daher sowohl Neu- <431> wert zusetzt, als den Wert der in ihrer Produktion verzehrtenProduktionsmittel auf sie überträgt, nichts als neues konstantes Kapital, bestimmt, das in der Form deralten Produktionsmittel aufgezehrte zu ersetzen, sowohl das sub I wie sub II konsumierte konstante Ka-pital. Er produziert nur Produkt, bestimmt, der produktiven Konsumtion anheimzufallen. Der ganze Wertdieses Produkts ist also nur Wert, der als konstantes Kapital von neuem fungieren, der nur konstantesKapital in seiner Naturalform zurückkaufen kann, der sich daher, gesellschaftlich betrachtet, weder invariables Kapital noch in Mehrwert auflöst. - Andrerseits produziert der Teil des gesellschaftlichen Ar-beitstags, der Konsumtionsmittel produziert, keinen Teil des gesellschaftlichen Ersatzkapitals. Er produ-ziert nur Produkte, die in ihrer Naturalform bestimmt sind, den Wert des variablen Kapitals und denMehrwert sub I und sub II zu realisieren.

Wenn man von gesellschaftlicher Betrachtungsweise spricht, also das gesellschaftliche Gesamtproduktbetrachtet, welches sowohl die Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals wie die individuelle Kon-sumtion einschließt, so muß man nicht in die von Proudhon der bürgerlichen Ökonomie nachgemachteManier verfallen und die Sache so betrachten, als wenn eine Gesellschaft kapitalistischer Produktionswei-se, en bloc, als Totalität betrachtet, diesen ihren spezifischen, historisch ökonomischen Charakter verlöre.Umgekehrt. Man hat es dann mit dem Gesamtkapitalisten zu tun. Das Gesamtkapital erscheint als dasAktienkapital aller einzelnen Kapitalisten zusammen. Diese Aktiengesellschaft hat das mit vielen andernAktiengesellschaften gemein, daß jeder weiß, was er hineinsetzt, aber nicht, was er herauszieht.

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IX. Rückblick auf A. Smith, Storch und Ramsay

Der Gesamtwert des gesellschaftlichen Produkts beträgt 9.000 = 6.000c + 1.500v + 1.500m, mit andrenWorten 6.000 reproduzieren den Wert der Produktionsmittel und 3.000 den Wert der Konsumtionsmittel.Der Wert der gesellschaftlichen Revenue (v + m) beträgt also nur 1/3 des Gesamtproduktenwerts und nurzum Wertbetrag dieses Drittels kann die Gesamtheit der Konsumenten, Arbeiter wie Kapitalisten, Waren,Produkte, dem gesellschaftlichen Gesamtprodukt entziehn und ihrem Konsumtionsfonds einverleiben.Dagegen sind 6.000 = 2/3 des Produktenwerts Wert des konstanten Kapitals, das in natura ersetzt werdenmuß. Produktionsmittel zu diesem Betrag müssen also dem Produktionsfonds wieder einverleibt werden.Dies ist es, was Storch als notwendig einsieht, ohne es beweisen zu können:

<432> "Il est clair que la valeur du produit annuel se distribue partie en capitaux et partie en profits, etque chacune de ces parties de la valeur du produit annuel va régulièrement acheter les produits dont lanation a besoin, tant pour entretenir son capital que pour remplacer son fonds consommable ... les pro-duits qui constituent le capital d'une nation, ne sont point consommables." <"Es ist klar, daß der Wert desJahresprodukts teils in Kapitale, teils in Profite zerfällt und daß jeder dieser Teile vom Wert des Jahre-sprodukts regelmäßig die Produkte kauft, deren die Nation bedarf, sowohl um ihr Kapital zu erhalten, alsauch um ihren Konsumtionsfonds zu erneuern ... die Produkte, die das Kapital einer Nation bilden, sindüberhaupt nicht konsumierbar."> (Storch, "Considérations sur la nature du revenu national", Paris 1824,p. 134, 135, 150.)

A. Smith jedoch hat dieses fabelhafte Dogma aufgestellt, das ihm bis heute geglaubt wird, nicht nur in derbereits erwähnten Form, wonach der gesamte gesellschaftliche Produktenwert sich in Revenue auflöst, inArbeitslohn plus Mehrwert, oder wie er es ausdrückt, in Arbeitslohn plus Profit (Zins) plus Grundrente.Sondern auch in der noch populäreren Form, daß die Konsumenten in letzter Instanz (ultimately) den gan-zen Produktenwert den Produzenten zahlen müssen. Dies ist bis heute einer der bestbeglaubigten Ge-meinplätze oder vielmehr ewigen Wahrheiten der sogenannten Wissenschaft der politischen Ökonomie.Dies wird in folgender plausiblen Weise veranschaulicht. Nimm irgendeinen Artikel, z.B. leinene Hem-den. Erst hat der Spinner von Leinengarn dem Flachsbauer den ganzen Wert des Flachses zu zahlen, alsoFlachssamen, Düngmittel, Arbeitsviehfutter etc., nebst dem Wertteil, den das fixe Kapital des Flachsbau-ers, wie Baulichkeiten, Ackergeräte usw., an dies Produkt abgibt; den in der Produktion des Flachsesgezahlten Arbeitslohn; den Mehrwert (Profit, Grundrente), der im Flachs steckt; endlich die Frachtkostendes Flachses von seiner Produktionsstätte zur Spinnerei. Dann hat der Weber dem Spinner des Leinen-garns nicht nur diesen Preis des Flachses zurückzuerstatten, sondern auch den Wertteil der Maschinerie,Baulichkeiten etc., kurz des fixen Kapitals, der auf den Flachs übertragen wird, ferner alle während desSpinnprozesses verzehrten Hilfsstoffe, Arbeitslohn der Spinner, Mehrwert etc., und so gehts weiter mitdem Bleicher, den Transportkosten der fertigen Leinwand, endlich dem Hemdenfabrikanten, der den gan-zen Preis aller frühern Produzenten bezahlt hat, die ihm nur sein Rohmaterial geliefert haben. In seinerHand findet nun fernerer Wertzusatz statt, durch Wert teils des konstanten Kapitals, das in der Form vonArbeitsmitteln, Hilfsstoffen etc. in der Hemdenfabrikation verzehrt wird, teils durch die darin verausgabteArbeit, die den Wert des Arbeitslohns der Hemdenmacher plus dem Mehrwert des <433> Hemdenfabri-kanten zusetzt. Dies ganze Hemdenprodukt koste nun schließlich 100 Pf. St., und dies sei der Anteil amganzen jährlichen Produktenwert, den die Gesellschaft in Hemden verausgabt. Die Konsumenten derHemden zahlen die 100 Pfd.St., also den Wert aller in den Hemden enthaltnen Produktionsmittel wie denArbeitslohn plus Mehrwert des Flachsbauers, Spinners, Webers, Bleichers, Hemdenfabrikanten sowiesämtlicher Transporteure. Dies ist vollständig richtig. Es ist in der Tat das, was jedes Kind sieht. Aberdann heißt es weiter: So verhält es sich mit dem Wert aller andern Waren. Es sollte heißen: So verhält essich mit dem Wert aller Konsumtionsmittel, mit dem Wert des gesellschaftlichen Produktenteils, der inden Konsumtionsfonds eingeht, also mit dem Teil des gesellschaftlichen Produktenwerts, der als Revenueverausgabt werden kann. Die Wertsumme aller dieser Waren ist allerdings gleich dem Wert aller in ihnenaufgezehrten Produktionsmittel (konstanten Kapitalteile) plus dem Wert, den die letzt zugefügte Arbeitgeschaffen hat (Arbeitslohn plus Mehrwert). Die Gesamtheit der Konsumenten kann also diese ganze

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Wertsumme zahlen, weil zwar der Wert jeder einzelnen Ware aus c + v + m besteht, aber die Wertsummealler in den Konsumtionsfonds eingehenden Waren zusammengenommen, dem Maximum nach, nurgleich sein kann dem Teil des gesellschaftlichen Produktenwerts, der sich in v + m auflöst, d.h. gleichdem Wert, den die während des Jahrs verausgabte Arbeit den vorgefundnen Produktionsmitteln - demkonstanten Kapitalwert - zugesetzt hat. Was aber den konstanten Kapitalwert angeht, so haben wir ge-sehn, daß er aus der gesellschaftlichen Produktenmasse auf doppelte Weise ersetzt wird. Erstens durchAustausch der Kapitalisten II, die Konsumtionsmittel produzieren, mit den Kapitalisten I, welche die Pro-duktionsmittel dafür produzieren. Und hier ist die Quelle der Phrase, daß, was für den einen Kapital, fürden andern Revenue ist. Aber so verhält sich die Sache nicht. Die 2.000 IIc, die in Konsumtionsmittelnzum Wert von 2.000 existieren, bilden für die Kapitalistenklasse II konstanten Kapitalwert. Sie könnenihn also nicht selbst konsumieren, obgleich das Produkt nach seiner Naturalform konsumiert werden muß.Andrerseits sind 2.000 I(v+m) der von der Kapitalisten- und Arbeiterklasse I produzierte Arbeitslohn plusMehrwert. Sie existieren in der Naturalform von Produktionsmitteln, von Dingen, in denen ihr eignerWert nicht konsumiert werden kann. Wir haben hier also eine Wertsumme von 4.000, von denen vor wienach dem Austausch die Hälfte nur konstantes Kapital ersetzt und die Hälfte nur Revenue bildet. - Zwei-tens aber wird das konstante Kapital der Abteilung I in natura ersetzt, teils durch Austausch unter denKapitalisten I, teils durch Ersatz in natura in jedem einzelnen Geschäft.

<434> Die Phrase, daß der ganze jährliche Produktenwert schließlich von den Konsumenten bezahlt wer-den muß, wäre nur dann richtig, wenn man unter Konsumenten zwei ganz verschiedne Sorten einbegriffe,individuelle Konsumenten und produktive Konsumenten. Aber daß ein Teil des Produkts produktiv kon-sumiert werden muß, heißt ja weiter nichts, als daß er als Kapital fungieren muß und nicht als Revenueverzehrt werden kann.

Wenn wir den Wert des Gesamtprodukts = 9.000 einteilen in 6.000c + 1.500v + 1.500m und die3.000(v+m) nur in ihrer Eigenschaft als Revenue betrachten, so scheint umgekehrt das variable Kapital zuverschwinden und das Kapital, gesellschaftlich betrachtet, nur aus konstantem Kapital zu bestehn. Dennwas ursprünglich als 1.500v erschien, hat sich in einen Teil der gesellschaftlichen Revenue, in Arbeit s-lohn, Revenue der Arbeiterklasse, aufgelöst, und sein Kapitalcharakter ist damit verschwunden. In der Tatwird diese Folgerung von Ramsay gezogen. Nach ihm besteht, gesellschaftlich betrachtet, das Kapital nuraus fixem Kapital, aber unter fixem Kapital versteht er konstantes Kapital, die in Produktionsmitteln be-stehende Wertmasse, seien diese Produktionsmittel nun Arbeitsmittel oder Arbeitsmaterial, wie Rohstoff,Halbfabrikat, Hilfsstoff etc. Er nennt das variable Kapital zirkulierendes:

"Circulating capital consists only of subsistence and other necessaries advanced to the workman, previousto the completion of the produce of their labour ... Fixed capital alone, not circulating, is properly spea-king a source of national wealth ... Circulating capital is not an immediate agent in production, nor essen-tial to it at all, but merely a convenience rendered necessary by the deplorable poverty of the mass of thepeople ... Fixed capital alone constitutes an element of cost of production in a national point of view."<"Zirkulierendes Kapital besteht ausschließlich aus Subsistenzmitteln und anderen Bedarfsartikeln, dieden Arbeitern vorgestreckt werden, ehe sie das Produkt ihrer Arbeit fertig gestellt haben ... Nur fixes Ka-pital, nicht das zirkulierende, ist im eigentlichen Sinne eine Quelle des nationalen Reichtums ... Zirkulie-rendes Kapital wirkt nicht unmittelbar in der Produktion, noch ist es überhaupt für sie wesentlich, sondernnur eine Bedingung, die durch die beklagenswerte Armut der Masse des Volkes notwendig geworden ist... Fixes Kapital allein bildet vom nationalen Standpunkt ein Element der Produktionskosten."> (Ramsay,l.c.p. 23 - 26 passim.)

Ramsay erklärt fixes Kapital, worunter er konstantes versteht, näher wie folgt:

"The length of time during which any portion of the product of that labour" (nämlich labour bestowed onany commodity) "has existed as fixed capital, i.e. in a form in which, though assisting to raise the futurecommodity, it does not maintain labourers." <"Die Zeitdauer, während der irgendein Teil des Produktsdieser Arbeit" (nämlich Arbeit, die auf irgend eine Ware verwandt wird) "als fixes Kapital existiert hat,

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d.h. in einer Form, in der es, obwohl es dazu beiträgt, die künftige Ware zu erzeugen, keine Arbeiter un-terhält."> (p.59).

<435> Hier sieht man wieder das Unheil, das A. Smith angerichtet, indem der Unterschied von konstan-tem und variablem Kapital bei ihm ertränkt ist in dem Unterschied von fixem und zirkulierendem Kapital.Das konstante Kapital Ramsays besteht aus Arbeitsmitteln, sein zirkulierendes aus Lebensmitteln; beidesind Waren von gegebnem Wert; die einen können so wenig einen Mehrwert produzieren wie die andern.

X. Kapital und Revenue: Variables Kapital und Arbeitslohn

Die ganze jährliche Reproduktion, das ganze Produkt dieses Jahrs ist Produkt der diesjährigen nützlichenArbeit. Aber der Wert dieses Gesamtprodukts ist größer als der Wertteil desselben, worin sich die Jah-resarbeit, als während dieses Jahrs verausgabte Arbeitskraft, verkörpert. Das Wertprodukt dieses Jahrs,der während desselben in Warenform neugeschaffne Wert, ist kleiner als der Produktenwert, der Ge-samtwert der während des ganzen Jahres hergestellten Warenmasse. Die Differenz, die wir erhalten, wennwir vom Gesamtwert des jährlichen Produkts den Wert abziehn, der ihm durch die laufende Jahresarbeitzugesetzt wurde, ist nicht wirklich reproduzierter Wert, sondern nur in neuer Daseinsform wiedererschei-nender Wert; Wert, auf das Jahresprodukt übertragen von vor ihm existierendem Wert, der je nach derDauer der konstanten Kapitalbestandteile, die im diesjährigen gesellschaftlichen Arbeitsprozeß mitge-wirkt, von früherm oder späterm Datum sein kann, der von dem Wert eines Produktionsmittels herrührenkann, welches im vorigen Jahr oder in einer Reihe früherer Jahre zur Welt kam. Es ist unter allen Um-ständen Wert, übertragen von vorjährigen Produktionsmitteln auf das Produkt des laufenden Jahrs.

Nehmen wir unser Schema, so haben wir nach Umsatz der bisher betrachteten Elemente zwischen I und IIund innerhalb II:

I. 4.000c + 1.000v + 1.000m (letztre 2.000 realisiert in Konsumtionsmitteln IIc) = 6.000.

II. 2.000c (reproduziert durch Umsatz mit I(v+m)) + 500v + 500m = 3.000.

Wertsumme = 9.000.

<436> Während des Jahrs neuproduzierter Wert steckt nur in den v und m. Die Summe des Wertproduktsdieses Jahrs ist also gleich der Summe der v + m, = 2.000 I(v+m) + 1.000 II(v+m) = 3.000. Alle übrigenWertteile des Produktenwerts dieses Jahres sind nur übertragner Wert, vom Wert früherer, in der jährli-chen Produktion verzehrter Produktionsmittel. Außer dem Wert von 3.000 hat die laufende Jahresarbeitnichts an Wert produziert; es ist ihr ganzes jährliches Wertprodukt.

Nun aber ersetzen, wie wir sahn, die 2.000 I(v+m) der Klasse II ihre 2.000 IIc in Naturalform von Pro-duktionsmitteln. Zwei Drittel der Jahresarbeit, verausgabt in Kategorie I, haben also neu produziert daskonstante Kapital II, sowohl seinen ganzen Wert wie seine Naturalform. Gesellschaftlich betrachtet habenalso zwei Drittel der während des Jahrs verausgabten Arbeit neuen konstanten Kapitalwert geschaffen,realisiert in der der Abteilung II angemeßnen Naturalform. Der größre Teil der gesellschaftlichen Jah-resarbeit ist also verausgabt worden in Produktion von neuem konstantem Kapital (in Produktionsmittelnexistierendem Kapitalwert) zum Ersatz des in der Produktion von Konsumtionsmitteln verausgabten kon-stanten Kapitalwerts. Was hier die kapitalistische Gesellschaft vom Wilden unterscheidet, ist nicht, wieSenior meint, daß es das Privilegium und die Eigenheit des Wilden sei, seine Arbeit zu verausgaben ingewisser Zeit, die ihm keine in Revenue, d.h. in Konsumtionsmittel auflösbare (umsetzbare) Früchte ver-schafft, sondern der Unterschied besteht darin:

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a) Die kapitalistische Gesellschaft verwendet mehr ihrer disponiblen Jahresarbeit in Produktion von Pro-duktionsmitteln (ergo von konstantem Kapital), die weder unter der Form von Arbeitslohn noch vonMehrwert in Revenue auf lösbar sind, sondern nur als Kapital fungieren können.

b) Wenn der Wilde Bogen, Pfeile, Steinhämmer, Äxte, Körbe etc. macht, so weiß er ganz genau, daß erdie so verwandte Zeit nicht auf Herstellung von Konsumtionsmitteln verwendet hat, daß er also seinenBedarf an Produktionsmitteln gedeckt hat und weiter nichts. Außerdem begeht der Wilde eine schwereökonomische Sünde durch seine völlige Gleichgültigkeit <437> gegen Zeitaufwand, und verwendet z.B.manchmal, wie Tyler erzählt, einen ganzen Monat zur Verfertigung eines Pfeils.

Die laufende Vorstellung, wodurch ein Teil der politischen Ökonomen sich die theoretische Schwierig-keit, d.h. das Verständnis des realen Zusammenhangs, vom Hals zu schaffen sucht - daß, was für deneinen Kapital, für den andren Revenue ist, und umgekehrt -, ist teilweise richtig, und wird ganz falsch(enthält also ein völliges Mißverständnis des ganzen Umsetzungsprozesses, der mit der jährlichen Repro-duktion vorgeht, also auch ein Mißverständnis über die tatsächliche Grundlage des teilweis Richtigen),sobald sie allgemein aufgestellt wird.

Wir stellen jetzt die tatsächlichen Verhältnisse zusammen, worauf die teilweise Richtigkeit dieser Vor-stellung beruht, wobei sich zugleich die falsche Auffassung dieser Verhältnisse zeigen wird.

1. Das variable Kapital fungiert als Kapital in der Hand des Kapitalisten und fungiert als Revenue in derHand des Lohnarbeiters.

Das variable Kapital existiert zunächst in der Hand des Kapitalisten als Geldkapital; es fungiert als Geld-kapital, indem er damit Arbeitskraft kauft. Solange es in seiner Hand in Geldform verharrt, ist es nichtsals in Geldform existierender gegebner Wert, also eine konstante und keine variable Größe. Es ist nurpotentiell variables Kapital - eben durch seine Umsatzfähigkeit in Arbeitskraft. Wirkliches variables Ka-pital wird es nur nach Abstreifung seiner Geldform, nachdem es in Arbeitskraft umgesetzt worden unddiese als Bestandteil des produktiven Kapitals im kapitalistischen Prozeß fungiert.

Das Geld, das zuerst als Geldform des variablen Kapitals für den Kapitalisten fungierte, fungiert nun inder Hand des Arbeiters als Geldform seines Arbeitslohns, den er in Lebensmittel umsetzt; also als Geld-form der Revenue, die er aus dem stets wiederholten Verkauf seiner Arbeitskraft bezieht.

Hier haben wir nur die einfache Tatsache, daß das Geld des Käufers, hier des Kapitalisten, aus seinerHand in die Hand des Verkäufers, hier des Verkäufers der Arbeitskraft, des Arbeiters, geht. Es ist nichtdas variable Kapital, das doppelt fungiert, als Kapital für den Kapitalisten und als Revenue für den Ar-beiter, sondern es ist dasselbe Geld, das erst in der Hand des Kapitalisten als Geldform seines variablenKapitals, daher als potentielles variables Kapital existiert, und das, sobald der Kapitalist es um- <438>gesetzt in Arbeitskraft, in der Hand des Arbeiters als Äquivalent für verkaufte Arbeitskraft dient. Daßaber dasselbe Geld in der Hand des Verkäufers einer andren Nutzanwendung dient als in der Hand desKäufers, ist allem Kauf und Verkauf von Waren angehöriges Phänomen.

Apologetische Ökonomen stellen die Sache falsch dar, wie sich am besten zeigt, wenn wir nur den Zir-kulationsakt G - A (= G - W), Umsatz von Geld in Arbeitskraft auf Seite des kapitalistischen Käufers, A -G (= W - G), Umsatz der Ware Arbeitskraft in Geld auf Seite des Verkäufers, des Arbeiters, ausschließ-lich im Auge halten, ohne uns vorläufig um das weiter Folgende zu bekümmern. Sie sagen: dasselbe Geldrealisiert hier zwei Kapitale; der Käufer - Kapitalist - setzt sein Geldkapital in lebendige Arbeitskraft um,die er seinem produktiven Kapital einverleibt; andrerseits der Verkäufer - Arbeiter - setzt seine Ware - dieArbeitskraft - in Geld um, das er als Revenue verausgabt, wodurch er eben befähigt wird, seine Arbeits-kraft stets von neuem wieder zu verkaufen und so zu erhalten; seine Arbeitskraft ist also selbst sein Ka-pital in Warenform, woraus ihm beständig seine Revenue quillt. In der Tat ist die Arbeitskraft sein Ver-mögen (stets sich erneuerndes, reproduktives), nicht sein Kapital. Sie ist die einzige Ware, die er bestän-

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dig verkaufen kann und muß, um zu leben, und die als Kapital (variables) nur erst in der Hand des Käu-fers, des Kapitalisten, wirkt. Daß ein Mann beständig gezwungen ist, stets wieder von neuem seine Ar-beitskraft, d.h. sich selbst, an eine dritte Person zu verkaufen, beweist nach jenen Ökonomen, daß er einKapitalist ist, weil er beständig "Ware" (sich selbst) zu verkaufen hat. In diesem Sinn wird auch der Skla-ve Kapitalist, obgleich er von einer dritten Person ein für allemal als Ware verkauft wird; denn die Naturdieser Ware - des Arbeitssklaven - bringt es mit sich, daß ihr Käufer sie nicht nur jeden Tag von neuemarbeiten läßt, sondern ihr auch die Lebensmittel gibt, vermöge deren sie stets von neuem wieder arbeitenkann. - (Vergleiche hierüber Sismondi und Say in den Briefen an Malthus.)

2. In dem Umsatz von 1.000 Iv + 1.000 Im gegen 2.000 IIc wird also das, was konstantes Kapital für dieeinen (2.000 IIc), variables Kapital und Mehrwert, also überhaupt Revenue, für die andren; und das, wasvariables Kapital und Mehrwert (2.000 I(v+m), also überhaupt Revenue für die einen, wird konstantesKapital für die andren.

Betrachten wir zunächst den Umsatz von Iv gegen IIc, und zwar zuerst vom Standpunkt des Arbeiters.

Der Gesamtarbeiter von I hat seine Arbeitskraft verkauft an den Gesamtkapitalisten von I für 1.000; ererhält diesen Wert in Geld ausgezahlt <439> in der Form des Arbeitslohns. Mit diesem Geld kauft er vonII Konsumtionsmittel zum selben Wertbetrag. Der Kapitalist II steht ihm nur als Warenverkäufer und alsnichts andres gegenüber, auch wenn der Arbeiter von seinem eignen Kapitalisten kauft, wie z.B. oben (S.380 <Siehe vorl. Band, >) im Umsatz der 500 IIv. Die Zirkulationsform, die seine Ware, die Arbeitskraft,durchmacht, ist die der einfachen, auf bloße Befriedigung von Bedürfnissen, auf Konsumtion gerichteteWarenzirkulation W (Arbeitskraft) - G - W (Konsumtionsmittel, Ware II). Resultat dieses Zirkulations-vorgangs ist: daß der Arbeiter sich als Arbeitskraft für den Kapitalisten I erhalten hat, und um sich weiterals solche zu erhalten, muß er stets von neuem den Prozeß A(W) - G - W wiederholen. Sein Arbeitslohnrealisiert sich in Konsumtionsmitteln, er wird als Revenue verausgabt und, die Arbeiterklasse im ganzengenommen, wieder beständig als Revenue verausgabt.

Betrachten wir nun denselben Umsatz Iv gegen IIc vom Standpunkt des Kapitalisten. Das ganze Waren-produkt von II besteht aus Konsumtionsmitteln; also aus Dingen, bestimmt, in die jährliche Konsumtioneinzugehn, also zur Realisierung von Revenue zu dienen für irgend jemand, im hier betrachteten Fall fürden Gesamtarbeiter 1. Für den Gesamtkapitalisten II aber ist ein Teil seines Warenprodukts, = 2.000, jetztdie in Ware verwandelte Form des konstanten Kapitalwerts seines produktiven Kapitals, welches ausdieser Warenform wieder rückverwandelt werden muß in die Naturalform, worin es von neuem als kon-stanter Teil des produktiven Kapitals wirken kann. Was Kapitalist II bis jetzt erreicht hat ist, daß er dieHälfte (= 1.000) seines in Warenform (Konsumtionsmitteln) reproduzierten konstanten Kapitalwertsdurch den Verkauf an den Arbeiter I in Geldform rückverwandelt hat. Es ist also auch nicht das variableKapital Iv, das sich umgesetzt hat in diese erste Hälfte des konstanten Kapitalwerts IIc, sondern das Geld,das für I als Geldkapital fungierte im Umsatz gegen Arbeitskraft, war so in den Besitz des Verkäufers derArbeitskraft gekommen, für den es kein Kapital, sondern Revenue in Geldform darstellt, d.h. verausgabtwird als Kaufmittel von Konsumtionsmitteln. Das Geld = 1.000, das den Kapitalisten II von den Arbei-tern I zugeflossen, kann andrerseits nicht als konstantes Element des produktiven Kapitals II fungieren. Esist nur noch die Geldform seines Warenkapitals, noch umzusetzen in fixe oder zirkulierende Bestandteilevon konstantem Kapital. II kauft also mit dem von den Arbeitern I, den Käufern seiner Ware, gelöstenGeld für 1.000 Produktionsmittel von I. Damit ist der konstante Kapitalwert II zur Hälfte des <440> Ge-samtbetrags erneuert in der Naturalform, worin es wieder als Element des produktiven Kapitals II fungie-ren kann. Die Zirkulationsform war dabei W - G - W: Konsumtionsmittel zum Wert von 1.000 - Geld =1.000 - Produktionsmittel zum Wert von 1.000.

Aber W - G - W ist hier Kapitalbewegung. W, verkauft an die Arbeiter, verwandelt sich in G, und dies Gwird umgesetzt in Produktionsmittel; es ist Rückverwandlung aus Ware in die stofflichen Bildungsele-mente dieser Ware. Andrerseits, wie Kapitalist II gegen I nur als Warenkäufer, fungiert Kapitalist I gegenII hier nur als Warenverkäufer. I hat ursprünglich mit 1.000 Geld, bestimmt, als variables Kapital zu fun-

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gieren, Arbeitskraft zum Wert von 1.000 gekauft; er hat also ein Äquivalent für seine in Geldform weg-gegebnen 1.000v erhalten; das Geld gehört jetzt dem Arbeiter, der es verausgabt in Käufen von II; I kanndies Geld, das so in die Kasse von II geflossen, nur rückerhalten, indem er es durch Verkauf von Warenzum selben Wertbetrag wieder herausfischt.

Erst hatte I eine bestimmte Geldsumme 1.000, bestimmt, als variabler Kapitalteil zu fungieren; sie fun-giert als solcher durch ihren Umsatz in Arbeitskraft zum selben Wertbetrag. Der Arbeiter hat ihm aber alsResultat des Produktionsprozesses geliefert eine Warenmasse (Produktionsmittel) zum Wert von 6.000,wovon 1/6 oder 1.000 ihrem Wert nach ein Äquivalent des in Geld vorgeschoßnen variablen Kapitalteils.So wenig wie früher in seiner Geldform, fungiert der variable Kapitalwert jetzt in seiner Warenform alsvariables Kapital; dies kann er nur nach erfolgtem Umsatz in lebendige Arbeitskraft, und nur solangediese im Produktionsprozeß fungiert. Als Geld war der variable Kapitalwert nur potentielles variablesKapital. Aber er befand sich in einer Form, worin er direkt in Arbeitskraft umsetzbar. Als Ware ist dieserselbe variable Kapitalwert nur noch potentieller Geldwert; er wird erst wieder in der ursprünglichen Geld-form hergestellt durch den Verkauf der Ware, hier also dadurch, daß II für 1.000 Ware kauft von I. DieZirkulationsbewegung ist hier: 1.000v (Geld) - Arbeitskraft zum Wert von 1.000 - 1.000 in Ware (Äqui-valent des variablen Kapitals) - 1.000, (Geld); also G - W ... W - G (= G - A ... W - G). Der zwischen W... W fallende Produktionsprozeß selbst gehört der Zirkulationssphäre nicht an; er erscheint nicht im Um-satz der verschiednen Elemente der jährlichen Reproduktion gegeneinander, obgleich dieser Umsatz dieReproduktion aller Elemente des produktiven Kapitals einschließt, sowohl seiner konstanten wie des va-riablen Elements, der Arbeitskraft. Alle Träger dieses Umsatzes erscheinen nur als Käufer oder Verkäu-fer, oder als beides; die Arbeiter erscheinen darin nur als Warenkäufer; die Kapitalisten abwechselnd als<441> Käufer und Verkäufer; und innerhalb bestimmter Grenzen nur als einseitig Warenkäufer oder alseinseitig Warenverkäufer.

Resultat: Daß I den variablen Wertteil seines Kapitals wieder in der Geldform besitzt, woraus allein erdirekt in Arbeitskraft umsetzbar ist, d.h. ihn wieder besitzt in der einzigen Form, worin er wirklich alsvariables Element seines produktiven Kapitals vorgeschossen werden kann. Andrerseits, um wieder alsWarenkäufer auftreten zu können, muß der Arbeiter jetzt vorher wieder als Warenverkäufer, als Verkäu-fer seiner Arbeitskraft auftreten.

Mit Bezug auf das variable Kapital der Kategorie II (500 IIv) tritt der Zirkulationsprozeß zwischen Kapi-talisten und Arbeitern derselben Produktionsklasse in unvermittelter Form auf, sofern wir ihn betrachtenals vorgehend zwischen dem Gesamtkapitalisten II und dem Gesamtarbeiter II.

Der Gesamtkapitalist II schießt 500v vor im Ankauf von Arbeitskraft zum selben Wertbetrag; der Ge-samtkapitalist ist hier Käufer, der Gesamtarbeiter Verkäufer. Dann tritt der Arbeiter mit dem für seineArbeitskraft gelösten Geld als Käufer eines Teils der von ihm selbst produzierten Waren auf. Hier ist derKapitalist also Verkäufer. Der Arbeiter hat dem Kapitalisten das ihm im Ankauf seiner Arbeitskraft ge-zahlte Geld ersetzt durch einen Teil des produzierten Warenkapitals II, nämlich 500v in Ware; der Kapi-talist besitzt jetzt in Warenform dasselbe v, das er vor dem Umsatz in Arbeitskraft in Geldform besaß; derArbeiter andrerseits hat den Wert seiner Arbeitskraft in Geld realisiert und realisiert dies Geld jetzt wie-der, indem er es zur Bestreitung seiner Konsumtion als Revenue verausgabt in Ankauf eines Teils der vonihm selbst produzierten Konsumtionsmittel. Es ist dies Austausch der Revenue des Arbeiters in Geld ge-gen den von ihm selbst in Warenform reproduzierten Warenbestandteil 500v des Kapitalisten. So kehrtdies Geld zum Kapitalisten II als Geldform seines variablen Kapitals zurück. Äquivalenter Revenuewertin Geldform ersetzt hier variablen Kapitalwert in Warenform.

Der Kapitalist bereichert sich nicht dadurch, daß er das Geld, das er dem Arbeiter bei Ankauf der Ar-beitskraft zahlt, ihm wieder entzieht durch Verkauf einer äquivalenten Warenmasse an den Arbeiter. Erwürde den Arbeiter in der Tat zweimal zahlen, wenn er ihm erst 500 zahlte im Ankauf seiner Arbeitskraftund ihm außerdem noch die Warenmasse im Wert von 500 umsonst gäbe, die er den Arbeiter hat produ-zieren lassen. Umgekehrt, produzierte ihm der Arbeiter weiter nichts als ein Äquivalent in Ware von 500

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für den Preis seiner Arbeitskraft von 500, so wäre der Kapitalist nach der Operation gerade auf demselbenPunkt wie vor derselben. Aber der <442> Arbeiter hat ein Produkt von 3.000 reproduziert; er hat denkonstanten Wertteil des Produkts, d.h. den Wert der darin verbrauchten Produktionsmittel = 2.000 erhal-ten durch ihre Verwandlung in neues Produkt; er hat diesem gegebnen Wert außerdem einen Wert von1.000(v+m) zugefügt. (Die Vorstellung, als wenn der Kapitalist sich bereichre in dem Sinn, daß er Mehr-wert gewinne durch den Rückfluß der 500 in Geld, entwickelt Destutt de Tracy, worüber des breiternAbschnitt XIII dieses Kapitels.)

Durch den Kauf der Konsumtionsmittel zum Wert von 500 seitens des Arbeiters II kehrt dem KapitalistenII der Wert von 500 IIv, den er eben noch in Ware besaß, wieder zurück in Geld, in der Form, worin erihn ursprünglich vorschoß. Unmittelbares Resultat der Transaktion, wie bei jedem andern Warenverkauf,ist der Umsatz gegebnen Werts aus Warenform in Geldform. Auch der dadurch vermittelte Rückfluß desGeldes zu seinem Ausgangspunkt ist nichts Spezifisches. Hätte Kapitalist II für 500 in Geld Ware vonKapitalist I gekauft und dann seinerseits Ware zum Betrag von 500 an I verkauft, so wären ihm ebenfalls500 in Geld zurückgeströmt. Die 500 Geld hätten nur zum Umsatz einer Warenmasse von 1.000 gedientund wären nach dem frühern allgemeinen Gesetz an den zurückgeflossen, der das Geld zum Umsatz die-ser Warenmasse in Zirkulation geworfen.

Aber die 500 Geld, die zu Kapitalist II zurückgeflossen, sind zugleich erneutes potentielles variables Ka-pital in Geldform. Warum dies? Geld, also auch Geldkapital, ist potentielles variables Kapital nur, weilund sofern es umsetzbar in Arbeitskraft. Die Rückkehr der 500 Pfd.St. Geld zu Kapitalist II ist begleitetvon der Rückkehr der Arbeitskraft II auf den Markt. Die Rückkehr beider auf entgegengesetzten Polen -also auch die Wiedererscheinung der 500 Geld, nicht nur als Geld, sondern auch als variables Kapital inGeldform - ist bedingt durch eine und dieselbe Prozedur. Das Geld = 500 fließt an Kapitalist II zurück,weil er an Arbeiter II Konsumtionsmittel zum Betrag von 500 verkauft hat, also weil der Arbeiter seinenArbeitslohn verausgabt, dadurch sich nebst Familie und damit auch seine Arbeitskraft erhalten hat. Umweiterzuleben und weiter als Warenkäufer auftreten zu können, muß er von neuem seine Arbeitskraftverkaufen. Die Rückkehr der 500 in Geld zum Kapitalisten II ist also gleichzeitig Rückkehr, resp. Ver-bleiben, der Arbeitskraft als durch die 500 Geld kaufbare Ware und damit Rückkehr der 500 Geld alspotentielles variables Kapital.

Mit Bezug auf die Luxusmittel produzierende Kategorie II b verhält es sich mit ihrem v - (II b)v - dannwie mit Iv. Das Geld, das den Kapitalisten II b ihr variables Kapital in Geldform erneuert, strömt ihnen zuauf dem Umweg durch die Hand der Kapitalisten II a. Aber dennoch macht es einen <443> Unterschied,ob die Arbeiter ihre Lebensmittel direkt von den kapitalistischen Produzenten kaufen, denen sie ihre Ar-beitskraft verkaufen, oder ob sie von einer andren Kategorie Kapitalisten kaufen, vermittelst deren denerstren das Geld nur auf einem Umweg zurückströmt. Da die Arbeiterklasse von der Hand in den Mundlebt, kauft sie, solange sie kaufen kann. Anders beim Kapitalisten, z.B. bei dem Umsatz von 1.000 IIcgegen 1.000 Iv. Der Kapitalist lebt nicht von der Hand in den Mund. Möglichste Verwertung seines Ka-pitals ist sein treibendes Motiv. Treten daher Umstände irgendeiner Art ein, die es dem Kapitalisten IIvorteilhafter erscheinen lassen, statt unmittelbar sein konstantes Kapital zu erneuern, es teilweise wenig-stens in Geldform längre Zeit festzuhalten, so verzögert sich der Rückfluß der 1.000 IIc (in Geld) zu I;also auch die Wiederherstellung von 1.000v in Geldform, und Kapitalist I kann nur auf derselben Stufen-leiter fortarbeiten, wenn er Reservegeld zur Verfügung hat, wie überhaupt Reservekapital in Geld nötigist, um ununterbrochen, ohne Rücksicht auf raschern oder <1. und 2. Auflage: und; geändert nach derDruckvorlage von Engels> langsamern Rückfluß des variablen Kapitalwerts in Geld, fortarbeiten zu kön-nen.

Hat man den Umsatz der verschiednen Elemente der laufenden jährlichen Reproduktion zu untersuchen,so auch das Resultat der vergangnen Jahresarbeit, der Arbeit des bereits zum Abschluß gekommnen Jahrs.Der Produktionsprozeß, der in diesem jährlichen Produkt resultierte, liegt hinter uns, ist vergangen, auf-gegangen in seinem Produkt, um so mehr also auch der Zirkulationsprozeß, der dem Produktionsprozeßvorhergeht oder ihm parallel läuft, der Umsatz von potentiellem in wirkliches variables Kapital, d.h. der

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Kauf und Verkauf von Arbeitskraft. Der Arbeitsmarkt bildet keinen Teil mehr des Warenmarkts, den manhier vor sich hat. Der Arbeiter hat hier bereits nicht nur seine Arbeitskraft verkauft, sondern außer demMehrwert ein Äquivalent des Preises seiner Arbeitskraft in Ware geliefert; er hat andrerseits seinen Ar-beitslohn in der Tasche und figuriert während des Umsatzes nur als Käufer von Ware (Konsumtionsmit-teln). Andrerseits muß aber das jährliche Produkt alle Elemente der Reproduktion enthalten, alle Ele-mente des produktiven Kapitals wiederherstellen, vor allem also sein wichtigstes Element, das variableKapital. Und wir haben in der Tat gesehn, daß mit Bezug auf variables Kapital als Resultat des Umsatzessich darstellt: als Warenkäufer, durch Verausgabung seines Arbeitslohns und durch den Konsum der ge-kauften Ware erhält und reproduziert der Arbeiter seine Arbeitskraft als die einzige Ware, die er zu ver-kaufen hat: wie das in Ankauf dieser Arbeitskraft vom Kapitalisten vorgeschoßne Geld zu <444> diesemzurückkehrt, kehrt auch die Arbeitskraft, als gegen es umsetzbare Ware, auf den Arbeitsmarkt zurück; alsResultat, hier speziell bei 1.000 Iv, erhalten wir: 1.000v in Geld auf seiten der Kapitalisten I - demgegen-über: Arbeitskraft zum Wert von 1.000 auf seiten der Arbeiter I, so daß der ganze Reproduktionsprozeß Ivon neuem beginnen kann. Dies ist das eine Resultat des Umsatzprozesses.

Andrerseits hat die Verausgabung des Arbeitslohns der Arbeiter I Konsumtionsmittel zum Belauf von1.000c von II gehoben, diese somit aus Warenform in Geldform verwandelt; aus dieser Geldform hat IIsie rückverwandelt in die Naturalform seines konstanten Kapitals, durch Kauf von Waren = 1.000v von I,dem dadurch sein variabler Kapitalwert wieder in Geldform rückfließt.

Das variable Kapital I macht drei Verwandlungen durch, die im Umsatz des jährlichen Produkts gar nichtoder nur andeutungsweise erscheinen.

1. Die erste Form, 1.000 Iv in Geld, das in Arbeitskraft zum selben Wertbetrag umgesetzt wird. DieserUmsatz erscheint nicht selbst im Warenumsatz zwischen I und II, aber sein Resultat erscheint darin, daßdie Arbeiterklasse I mit 1.000 Geld dem Warenverkäufer II gegenübertritt, ganz wie die Arbeiterklasse IImit 500 Geld dem Warenverkäufer von 500 IIv in Warenform.

2. Die zweite Form, die einzige, worin das variable Kapital wirklich variiert, als variables fungiert, wowertschöpferische Kraft an Stelle von dafür eingetauschtem, gegebnem Wert erscheint, gehört aus-schließlich dem Produktionsprozeß an, der hinter uns liegt.

3. Die dritte Form, worin das variable Kapital sich als solches bewährt hat im Resultat des Produktions-prozesses, ist das jährliche Wertprodukt, also bei I = 1.000v + 1.000m = 2.000 I(v+m). An Stelle seinesursprünglichen Werts = 1.000 in Geld ist ein doppelt so großer Wert = 2.000 in Ware getreten. Der varia-ble Kapitalwert 1.000 in Ware bildet daher auch nur die Hälfte des durch das variable Kapital als Elementdes produktiven Kapitals geschaffnen Wertprodukts. Die 1.000 Iv in Ware sind exaktes Äquivalent des in1.000v Geld von I ursprünglich vorgeschoßnen, seiner Bestimmung nach variablen Teils des Gesamtka-pitals; in Warenform sind sie aber nur potentiell Geld (werden es wirklich erst durch ihren Verkauf), alsonoch weniger direkt variables Geldkapital. Schließlich werden sie dies durch den Verkauf der Ware 1.000Iv an IIc und durch das baldige Wiedererscheinen der Arbeitskraft als käuflicher Ware, als Material,worin sich 1.000v Geld umsetzen kann.

<445> Während aller dieser Wandlungen hält Kapitalist I beständig das variable Kapital in seiner Hand;1. anfänglich als Geldkapital; 2. sodann als Element seines produktiven Kapitals; 3. noch später alsWertteil seines Warenkapitals, also in Warenwert; 4. endlich wieder in Geld, dem die Arbeitskraft, worines umsetzbar, wieder gegenübersteht. Während des Arbeitsprozesses hat der Kapitalist das variable Ka-pital in seiner Hand als sich betätigende, Wert schaffende Arbeitskraft, aber nicht als Wert von gegebnerGröße; da er jedoch den Arbeiter stets nur zahlt, nachdem seine Kraft schon bestimmte kürzre oder längreZeit gewirkt hat, so hat er auch den von ihr geschaffnen Ersatzwert für sie selbst plus Mehrwert bereits inseiner Hand, bevor er zahlt.

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Da das variable Kapital stets in irgendeiner Form in der Hand des Kapitalisten bleibt, kann in keinerWeise gesagt werden, daß es sich in Revenue für irgend jemand umsetzt. 1.000 Iv in Ware setzt sich vie l-mehr um in Geld durch seinen Verkauf an II, dem es die Hälfte seines konstanten Kapitals in natura er-setzt.

Was sich in Revenue auflöst, ist nicht das variable Kapital I, 1.000v in Geld; dies Geld hat aufgehört, alsGeldform des variablen Kapitals I zu fungieren, sobald es in Arbeitskraft umgesetzt ist, wie das Geldjedes andern Warenverkäufers aufgehört hat, irgend ihm gehöriges zu repräsentieren, sobald er es in Wareeines Verkäufers umgesetzt hat. Die Umsätze, die das als Arbeitslohn bezogne Geld in der Hand der Ar-beiterklasse durchmacht, sind keine Umsätze des variablen Kapitals, sondern des in Geld verwandeltenWerts ihrer Arbeitskraft; ganz ebenso wie der Umsatz des vom Arbeiter geschaffnen Wertprodukts (2.000I(v+m)) nur der Umsatz einer den Kapitalisten gehörigen Ware ist, der den Arbeiter nichts angeht. DerKapitalist aber - und noch mehr sein theoretischer Dolmetscher, der politische Ökonom - kann sich nurschwer der Einbildung entschlagen, daß das dem Arbeiter ausgezahlte Geld immer noch sein, des Kapita-listen Geld ist. Ist der Kapitalist Goldproduzent, so erscheint direkt der variable Wertteil - d.h. das Äqui-valent in Ware, das ihm den Kaufpreis der Arbeit ersetzt - selbst in Geldform, kann also auch ohne denUmweg eines Rückflusses von neuem als variables Geldkapital fungieren. Was aber den Arbeiter in IIbetrifft - soweit wir absehn vom Luxusarbeiter -, so existiert 500v selbst in Waren, die für die Konsumti-on des Arbeiters bestimmt sind, die er, als Gesamtarbeiter betrachtet, direkt wieder kauft von demselbenGesamtkapitalisten, an den er seine Arbeitskraft verkauft hat. Der variable Wertteil des Kapitals II bestehtseiner Naturalform nach in Konsumtionsmitteln, größtenteils bestimmt für den Verzehr der Arbeiterklas-se. Aber es ist nicht das variable <446> Kapital, das in dieser Form vom Arbeiter verausgabt wird; es istder Arbeitslohn, das Geld des Arbeiters, das gerade durch seine Realisation in diesen Konsumtionsmittelndas variable Kapital 500 IIv für den Kapitalisten wieder in seiner Geldform herstellt. Das variable KapitalIIv ist reproduziert in Konsumtionsmitteln, wie das konstante Kapital 2.000 IIc; so wenig wie das einelöst sich das andre in Revenue auf. Was sich in Revenue auflöst, ist in beiden Fällen der Arbeitslohn.

Daß aber durch die Verausgabung des Arbeitslohns als Revenue im einen Fall 1.000 IIc, ebenso auf die-sem Umweg 1.000 Iv und ditto 500 IIv, also konstantes Kapital und variables (bei diesem teils durch di-rekten, teils durch indirekten Rückfluß) wieder als Geldkapital hergestellt wird, ist eine wichtige Tatsacheim Umsatz des jährlichen Produkts.

XI. Ersatz des fixen Kapitals

Eine große Schwierigkeit bei Darstellung der Umsätze der jährlichen Reproduktion ist die folgende.Nehmen wir die einfachste Form, worin sich die Sache darstellt, so haben wir:

(I.) 4.000c + 1.000v + 1.000m +(II.) 2.000c + 500v + 500m = 9.000,

was sich schließlich auflöst in:

4.000 Ic + 2.000 IIc + 1.000 Iv + 500 IIv + 1.000 Im + 500 IIm = 6.000c + 1.500v + 1.500m = 9.000. EinWertteil des konstanten Kapitals, soweit dies nämlich besteht aus eigentlichen Arbeitsmitteln (als di-stinkte Abteilung der Produktionsmittel), ist übertragen von den Arbeitsmitteln auf das Arbeitsprodukt(die Ware); diese Arbeitsmittel fahren fort, als Elemente des produktiven Kapitals zu fungieren, und zwarin ihrer alten Naturalform; es ist ihr Verschleiß, der Wertverlust, den sie nach und nach erleiden währendihrer in bestimmter Periode fortdauernden Funktion, der als Wertelement der vermittelst derselben produ-zierten Waren wiedererscheint, vom Arbeitsinstrument auf das Arbeitsprodukt übertragen wird. Mit Be-zug auf die jährliche Reproduktion kommen hier also von vornherein nur solche Bestandteile des fixenKapitals in Betracht, deren Leben länger als ein Jahr währt. Sterben sie ganz ab innerhalb des Jahrs, so

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sind sie auch ganz durch die jährliche Reproduktion zu ersetzen und zu erneuern, und der in Frage kom-mende Punkt betrifft sie daher von vornherein nicht. Bei Maschinen und andren länger währenden For-men des fixen Kapitals kann es vorkommen - und kommt häufiger vor -, daß gewisse Teilorgane dersel-ben inner- <447> halb des Jahres mit Haut und Haar zu ersetzen sind, obgleich der ganze Gebäude- oderMaschinenkörper langlebig. Diese Teilorgane fallen in dieselbe Kategorie der innerhalb des Jahres zuersetzenden Elemente des fixen Kapitals.

Dies Wertelement der Waren ist in keiner Weise zu verwechseln mit den Reparaturkosten. Wird die Wareverkauft, so wird dies Wertelement versilbert, in Geld verwandelt wie die andren; nach seiner Verwand-lung in Geld aber erscheint sein Unterschied von den andren Wertelementen. Die in der Produktion derWaren verzehrten Rohmaterialien und Hilfsstoffe müssen in natura ersetzt werden, damit die Reprodukti-on der Waren beginne (überhaupt der Produktionsprozeß der Waren ein kontinuierlicher sei); die in ihnenverausgabte Arbeitskraft muß ebenso durch frische Arbeitskraft ersetzt werden. Das aus der Ware gelösteGeld muß also beständig in diese Elemente des produktiven Kapitals wieder umgesetzt werden, aus Geld-form in Warenform. Es ändert nichts an der Sache, daß z.B. Rohmaterialien und Hilfsstoffe in gewissenTerminen in größrer Masse - so daß sie Produktionsvorräte bilden - gekauft werden, daß also währendgewisser Frist diese Produktionsmittel nicht neugekauft zu werden brauchen, also auch - solange sie vor-halten - das aus dem Warenverkauf eingehende Geld - soweit es für diesen Zweck dient - sich ansammelnkann, und dieser Teil des konstanten Kapitals daher zeitweilig als in seiner aktiven Funktion suspendier-tes Geldkapital erscheint. Es ist kein Revenuekapital; es ist produktives Kapital, das in Geldform suspen-diert ist. Die Erneuerung der Produktionsmittel muß beständig stattfinden, obgleich die Form dieser Er-neuerung - mit Bezug auf die Zirkulation - verschieden sein kann. Der Neukauf, die Zirkulationsoperati-on, wodurch sie erneuert, ersetzt werden, kann in längren Terminen vorgehn: dann große Geldanlage aufeinmal, kompensiert durch entsprechenden Produktionsvorrat; oder in kurz aufeinanderfolgenden Termi-nen: dann rasch aufeinanderfolgende kleinere Dosen von Geldausgabe, kleine Produktionsvorräte. Diesändert nichts an der Sache selbst. Ebenso mit der Arbeitskraft. Wo die Produktion kontinuierlich auf sel-ber Stufenleiter das Jahr durch ausgeführt: beständiger Ersatz der aufgezehrten Arbeitskraft durch neue;wo die Arbeit saisonmäßig oder verschiedne Portionen Arbeit in verschiednen Perioden, wie in der Agr i-kultur, angewandt werden: dementsprechender Ankauf bald kleinrer, bald größrer Masse Arbeitskraft.Dagegen wird das aus dem Warenverkauf gelöste Geld, soweit es den Warenwertteil vergoldet, der gleichist dem Verschleiß von fixem Kapital, nicht wieder rückverwandelt in den Bestandteil des produktivenKapitals, dessen Wertverlust es ersetzt. Es schlägt nieder neben dem produktiven <448> Kapital und ver-harrt in seiner Geldform. Dieser Geldniederschlag wiederholt sich, bis die aus einer größern oder gerin-gem Anzahl von Jahren bestehende Reproduktionsepoche abgelaufen ist, während deren das fixe Elementdes konstanten Kapitals unter seiner alten Naturalform fortfährt, im Produktionsprozeß zu fungieren. So-bald das fixe Element, Baulichkeiten, Maschinerie etc., ausgelebt hat, nicht länger im Produktionsprozeßfungieren kann, existiert sein Wert neben ihm, vollständig ersetzt in Geld - der Summe der Geldnieder-schläge, der Werte, die vom fixen Kapital allmählich übertragen worden auf die Waren, in deren Produk-tion es mitgewirkt, und die durch den Verkauf der Waren in Geldform übergegangen. Dies Geld dientdann dazu, das fixe Kapital (oder Elemente desselben, da die verschiednen Elemente desselben ver-schiedne Lebensdauer haben) in natura zu ersetzen und so diesen Bestandteil des produktiven Kapitalswirklich zu erneuern. Dies Geld ist also Geldform eines Teils des konstanten Kapitalwerts, des fixen Teilsdesselben. Diese Schatzbildung ist also selbst ein Element des kapitalistischen Reproduktionsprozesses,Reproduktion und Aufspeicherung - in Geldform - des Werts des fixen Kapitals oder seiner einzelnenElemente, bis zu der Zeit, wo das fixe Kapital ausgelebt und folglich seinen ganzen Wert an die produ-zierten Waren abgegeben hat und nun in natura ersetzt werden muß. Dies Geld verliert aber nur seineSchatzform und tritt daher erst aktiv wieder ein in den durch die Zirkulation vermittelten Reproduktions-prozeß des Kapitals, sobald es rückverwandelt wird in neue Elemente des fixen Kapitals, um die abge-storbnen zu ersetzen.

Sowenig wie die einfache Warenzirkulation identisch ist mit bloßem Produktenaustausch, sowenig kannsich der Umsatz des jährlichen Warenprodukts in bloßen, unvermittelten, gegenseitigen Austausch seinerverschiednen Bestandteile auflösen. Das Geld spielt eine spezifische Rolle darin, die namentlich auch in

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der Weise der Reproduktion des fixen Kapitalwerts sich ausdrückt. (Es ist nachher zu untersuchen, wiesich das anders darstellen würde, vorausgesetzt, die Produktion sei gemeinsam und besitze nicht die Formder Warenproduktion.)

Kehren wir nun zu dem Grundschema zurück, so hatten wir für Klasse II: 2.000 + 500v + 500m. Diesämtlichen im Lauf des Jahrs produzierten Konsumtionsmittel sind hier gleich Wert von 3.000; und jedesder verschiednen Warenelemente, woraus die Warensumme besteht, zerfällt seinem Wert nach in 2/3c +1/6v + 1/6m, oder prozentig in 662/3c + 162/3v + 162/3m. Die verschiednen Warensorten der Klasse IImögen konstantes Kapital in verschiedner Proportion enthalten; ebenso mag der fixe Teil des konstantenKapitals bei ihnen verschieden sein; ebenso die Lebensdauer der fixen Ka- <449> pitalteile, also auch derjährliche Verschleiß oder der Wertteil, den sie pro rata übertragen auf die Waren, in deren Produktion siebeteiligt sind. Dies ist hier gleichgültig. Mit Bezug auf den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß han-delt es sich nur um den Umsatz zwischen den Klassen II und I. II und I treten sich hier nur in ihren gesell-schaftlichen Massenverhältnissen gegenüber; die proportionelle Größe des Wertteils c des WarenproduktsII (in der jetzt behandelten Frage allein maßgebend) ist daher das Durchschnittsverhältnis, wenn alle Pro-duktionszweige, die unter II subsumiert sind, zusammengefaßt werden.

Jede der Warensorten (und es sind zum großen Teil dieselben Warensorten), deren Gesamtwert rubriziertist unter: 2.000c + 500v + 500m, ist so gleichmäßig dem Wert nach = 662/3%c + 162/3%v + 162/3%m.Dies gilt sowohl von je 100 der unter c, als unter v, als unter m figurierenden Waren.

Die Waren, worin die 2.000c verkörpert sind, sind dem Wert nach wieder zerfällbar in:

1.1.3331/3c + 3331/3v + 3331/3m = 2.000c,ebenso 500v in:

2. 3331/3c + 831/3v + 831/3m = 500v,endlich 500m in:

3. 3331/3c + 831/3v + 831/3m = 500m.

Addieren wir nun in 1 , 2 und 3 die c zusammen, so haben wir 1.3331/3c + 3331/3c + 3331/3c = 2.000.Ebenso 3331/3v + 831/3v + 831/3v = 500, und desgleichen unter m; die Gesamtaddition ergibt den Total-wert von 3.000 wie oben.

Der ganze in der Warenmasse II zum Wert von 3.000 enthaltne konstante Kapitalwert ist also enthalten in2.000c, und weder 500v noch 500m enthalten ein Atom davon. Dasselbe gilt für v und m ihrerseits.

In andren Worten: Das ganze Quotum der Warenmasse II, das konstanten Kapitalwert darstellt und daherwieder umsetzbar ist, sei es in dessen Natural-, sei es in dessen Geldform - existiert in 2.000c. Alles aufden Umsatz des konstanten Werts der Waren II Bezügliche ist also beschränkt auf die Bewegung von2.000 IIc; und dieser Umsatz kann nur vorgehn mit I (1.000v + 1.000m.)

Ebenso ist für Klasse I alles auf den Umsatz des ihr angehörigen konstanten Kapitalwerts Bezügliche zubeschränken auf die Betrachtung von 4.000 Ic.

1. Ersatz des Verschleiß-Wertteils in Geldform

<450> Nehmen wir nun zunächst:I. 4.000c + 1.000v + 1.000m

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II. ..................... 2.000c ...... + 500v + 500m,

so würde der Umsatz der Waren 2.000 IIc gegen Waren vom selben Wert I (1.000c + 1.000m) vorausset-zen, daß 2.000 IIc sich allzusamt in natura wieder umgesetzt in die von I produzierten Naturalbestandteiledes konstanten Kapitals II; aber der Warenwert von 2.000, worin letztres existiert, enthält ein Element fürWertverlust von fixem Kapital, das nicht sofort in natura zu ersetzen, sondern in Geld zu verwandeln, dasals Totalsumme nach und nach sich anhäuft, bis der Termin der Erneuerung des fixen Kapitals in seinerNaturalform fällig geworden. Jedes Jahr ist das Todesjahr für fixes Kapital, das in diesem oder jenemEinzelgeschäft oder auch diesem oder jenem Industriezweig zu ersetzen; im selben individuellen Kapitalist dieser oder jener Teil des fixen Kapitals (da dessen Teile von verschiedner Lebensdauer) zu ersetzen.Betrachten wir die jährliche Reproduktion - wenn auch auf einfacher Stufenleiter, d.h. abstrahierend vonaller Akkumulation -, so beginnen wir nicht ab ovo; es ist ein Jahr im Fluß vieler, es ist nicht das ersteGeburtsjahr der kapitalistischen Produktion. Die verschiednen Kapitale, die in den mannigfachen Pro-duktionszweigen der Klasse II angelegt, sind also von verschiednem Lebensalter, und wie jährlich in die-sen Produktionszweigen fungierende Personen sterben, so erreichen jährlich Massen fixer Kapitale indiesem Jahr ihr Lebensend und müssen aus akkumuliertem Geldfonds in natura erneuert werden. Sofernist im Umsatz 2.000 IIc gegen 2.000 I(v+m) der Umsatz von 2.000 IIc aus seiner Warenform (als Kon-sumtionsmittel) in Naturalelemente eingeschlossen, die nicht nur aus Roh- und Hilfsmaterialien, sondernebenso aus Naturalelementen des fixen Kapitals, Maschinen, Werkzeugen, Baulichkeiten etc. bestehn.Der Verschleiß, der im Wert von 2.000 IIc in Geld zu ersetzen, ist daher durchaus nicht entsprechend demUmfang des fungierenden fixen Kapitals, da jährlich ein Teil desselben in natura ersetzt werden muß;was aber voraussetzt, daß in frühern Jahren das zu diesem Umsatz nötige Geld sich aufgehäuft in denHänden von Kapitalisten der Klasse II. Eben diese Voraussetzung gilt aber für das laufende Jahr ebenso-wohl, wie sie für die frühern angenommen wird.

In dem Umsatz zwischen I (1.000v + 1.000m) und 2.000 IIc ist zunächst zu bemerken, daß die Wertsum-me I(v+m) kein konstantes Wertelement enthält, also auch kein Wertelement für zu ersetzenden Ver-schleiß, d.h. für <451> Wert, der von fixem Bestandteil des konstanten Kapitals auf die Waren übertragenworden, in deren Naturalform v + m existieren. Dies Element existiert dagegen in IIc, und es ist geradeein Teil dieses dem fixen Kapital geschuldeten Wertelements, der nicht unmittelbar aus Geldform in Na-turalform sich zu verwandeln, sondern zunächst in Geldform zu verharren hat. Es drängt sich daher sofortbei dem Umsatz von I (1.000v + 1.000m) gegen 2.000 IIc die Schwierigkeit auf, daß die Produktionsmit-tel I, in deren Naturalform die 2.000 (v+m) existieren, zu ihrem ganzen Wertbetrag von 2.000 gegenÄquivalent in Konsumtionsmitteln II umzusetzen sind, dahingegen andrerseits die Konsumtionsmittel2.000 IIc nicht zu ihrem vollen Wertbetrag in die Produktionsmittel I (1.000v + 1.000m) umgesetzt wer-den können, weil ein aliquoter Teil ihres Werts - gleich dem zu ersetzenden Verschleiß oder Wertverlustdes fixen Kapitals - sich zunächst in Geld niederschlagen muß, das innerhalb der laufenden jährlichenReproduktionsperiode, die allein betrachtet wird, nicht wieder als Zirkulationsmittel fungiert. Das Geldaber, wodurch das Verschleißelement versilbert wird, das im Warenwert 2.000 IIc steckt, dies Geld kannnur von I herkommen, da II sich nicht selbst zu bezahlen hat, sondern sich bezahlt eben durch Verkaufseiner Ware, und da der Voraussetzung nach I(v+m) die ganze Warensumme 2.000 IIc kauft; die Klasse Imuß also durch diesen Kauf jenen Verschleiß für II versilbern. Aber nach dem früher entwickelten Gesetzkehrt der Zirkulation vorgeschoßnes Geld an den kapitalistischen Produzenten zurück, der später gleichesQuantum in Ware in die Zirkulation wirft. I kann beim Ankauf von IIc offenbar nicht für 2.000 Warenund überdem noch eine überschüssige Geldsumme ein für allemal (ohne daß selbe durch die Operationdes Umsatzes zu ihm zurückkehrt) an II geben. Es würde sonst die Warenmasse IIc über ihrem Wert kau-fen. Wenn II in der Tat I (1.000v + 1.000m) im Umsatz für seine 2.000c eintauscht, so hat es weiter nichtsvon I zu fordern, und das während dieses Umsatzes zirkulierende Geld kehrt zurück zu I oder II, abhängigdavon, wer von beiden es in Zirkulation geworfen, d.h. wer von beiden zuerst als Käufer aufgetreten ist.Zugleich hätte in diesem Fall II sein Warenkapital dem ganzen Wertumfang nach in die Naturalform vonProduktionsmitteln rückverwandelt, während die Voraussetzung ist, daß es einen aliquoten Teil dessel-ben, nach ihrem Verkauf. nicht während der laufenden jährlichen Reproduktionsperiode aus Geld wieder

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rückverwandelt in die Naturalform fixer Bestandteile seines konstanten Kapitals. Es könnte also an II nurdann eine Bilanz in Geld zufließen, wenn II zwar für 2.000 an I verkaufte, aber für weniger als 2.000 vonI kaufte, z.B. nur 1.800; dann hätte I den Saldo gutzumachen durch 200 in <452> Geld, das nicht zu ihmzurückflösse, weil es dies der Zirkulation vorgeschoßne Geld ihr nicht wieder entzogen hätte durch Hin-einwurf von Waren = 200 in die Zirkulation. In diesem Fall hätten wir einen Geldfonds für II auf Rech-nung seines Verschleißes an fixem Kapital; wir hätten aber auf der andern Seite, auf I, eine Überprodukti-on von Produktionsmitteln zum Belauf von 200, und damit wäre die ganze Basis des Schemas zerronnen,nämlich Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter, wo also völlige Proportionalität zwischen denverschiednen Produktionssystemen vorausgesetzt ist. Die eine Schwierigkeit wäre nur beseitigt durch eineviel unangenehmere.

Da dies Problem eigne Schwierigkeiten bietet und bisher überhaupt nicht von den politischen Ökonomenbehandelt worden ist, so wollen wir der Reihe nach alle möglichen (wenigstens scheinbar möglichen)Lösungen oder vielmehr Stellungen des Problems selbst betrachten.

Zunächst hatten wir soeben unterstellt, daß II an I verkauft 2.000, aber nur kauft für 1.800 Waren von I. Indem Warenwert 2.000 IIc steckte 200 für Verschleißersatz, der in Geld aufzuschatzen; so zerfiele derWert 2.000 IIc in 1.800, die auszutauschen gegen Produktionsmittel I, und in 200 Verschleißersatz, die inGeld (nach dem Verkauf der 2.000c an I) festzuhalten. Oder mit Bezug auf seinen Wert wäre 2.000 IIc =1.800c + 200c (d), wo d = déchet {Verschleiß}.

Wir hätten dann zu betrachtenden Um-satz

I. 1.000v + 1.000m

II. 1.800c +200c (d).I kauft mit 1.000 Pfd.St., welche den Arbeitern in Zahlung ihrer Arbeitskraft in Arbeitslohn zugeflossen,für 1.000 IIc Konsumtionsmittel; II kauft mit selben 1.000 Pfd.St. für 1.000 Iv Produktionsmittel. DenKapitalisten I fließt damit ihr variables Kapital in Geldform zurück, und können sie damit nächstes JahrArbeitskraft zum selben Wertbetrag kaufen, d.h. den variablen Teil ihres produktiven Kapitals in naturaersetzen. - II kauft ferner mit vorgeschoßnen 400 Pfd.St. Produktionsmittel Im, und Im kauft mit densel-ben 400 Pfd.St. Konsumtionsmittel IIc. Die von II der Zirkulation vorgeschoßnen 400 Pfd.St. sind so andie Kapitalisten II zurückgekehrt, aber nur als Äquivalent für verkaufte Ware. I kauft für vorgeschoßne400 Pfd.St. Konsumtionsmittel; II kauft von I für 400 Pfd.St. Produktionsmittel, womit diese 400 Pfd.St.zu I zurückströmen. Die Rechnung bis dahin ist nun folgende:

I wirft in Zirkulation 1.000v + 800m in Ware; wirft ferner in Zirkulation in Geld: 1.000 Pfd.St. in Ar-beitslohn und 400 Pfd.St. zum Umsatz mit II. <453> Nach vollendetem Umsatz hat I: 1.000v in Geld,800m umgesetzt in 800 IIc (Konsumtionsmittel) und 400 Pfd.St. in Geld.

II wirft in Zirkulation 1.800c in Ware (Konsumtionsmittel) und 400 Pfd.St. in Geld; nach vollendetemUmsatz hat es: 1.800 in Ware I (Produktionsmittel) und 400 Pfd.St. in Geld.

Wir haben jetzt noch auf Seite I 200m (in Produktionsmitteln), auf Seite II 200c (d) (in Konsumtionsmit-teln).

Nach der Voraussetzung kauft I mit 200 Pfd.St. die Konsumtionsmittel c (d) zum Wertbetrag von 200;diese 200 Pfd.St. aber hält II fest, da 200c (d) Verschleiß repräsentiert, also nicht direkt wieder in Pro-duktionsmittel umzusetzen ist. Also 200 Im sind unverkaufbar; 1/5 <1. und 2. Auflage: 1/10> des zu erset-zenden Mehrwerts ist unrealisierbar, nicht aus seiner Naturalform von Produktionsmitteln umsetzbar indie von Konsumtionsmitteln.

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Dies widerspricht nicht nur der Voraussetzung der Reproduktion auf einfacher Stufenleiter; es ist an undfür sich keine Hypothese, um die Versilberung von 200c (d) zu erklären; es heißt vielmehr, daß sie nichterklärlich ist. Da nicht nachzuweisen, wie 200c (d) zu versilbern sei, wird unterstellt, daß I die Gefällig-keit hat, es zu versilbern, gerade weil I nicht im Stande, seinen eignen Rest von 200m zu versilbern. Diesals eine normale Operation des Umsatzmechanismus aufzufassen, ist ganz dasselbe, als unterstellte man,daß jährlich 200 Pfd.St. vom Himmel regnen, um regelmäßig die 200c (d) zu versilbern.

Die Abgeschmacktheit solcher Hypothese springt jedoch nicht unmittelbar ins Auge, wenn Im, statt wiehier in seiner primitiven Daseinsweise aufzutreten - nämlich als Bestandteil des Werts von Produktions-mitteln, also als Bestandteil des Werts von Waren, die ihre kapitalistischen Produzenten durch Verkauf inGeld realisieren müssen -, in der Hand der Anteilhaber der Kapitalisten erscheint, z.B. Als Grundrente inder Hand von Grundeigentümern oder als Zins in der Hand von Geldverleihern. Ist aber der Teil desMehrwerts der Waren, den der industrielle Kapitalist als Grundrente der Zins an andre Miteigentümer desMehrwerts abzutreten hat, auf die Dauer nicht realisierbar durch den Verkauf der Waren selbst, so hat esauch mit der Zahlung von Rente oder Zins ein Ende, und können daher Grundeigentümer oder Zinsbezie-her durch deren Verausgabung nicht als dei ex machina dienen zu beliebiger Versilberung bestimmterTeile der jährlichen Reproduktion. Ebenso verhält es sich mit den Ausgaben sämtlicher sog. unprodukti-ven Arbeiter, Staatsbeamte, Ärzte, Advokaten etc., und was <454> sonst in der Form des "großen Publi-kums" den politischen Ökonomen "Dienste" leistet, um von ihnen Unerklärtes zu erklären.

Ebensowenig ist damit geholfen, wenn statt des direkten Umsatzes zwischen I und II - zwischen den zweigroßen Abteilungen der kapitalistischen Produzenten selbst - der Kaufmann als Vermittler beigezogenwird und mit seinem "Geld" über alle Schwierigkeiten weghilft. Im gegebnen Fall z.B. muß 200 Imschließlich und endgültig abgesetzt werden an die industriellen Kapitalisten von II. Es mag durch dieHände einer Reihe von Kaufleuten laufen, der letzte befindet sich - gemäß der Hypothese - in demselbenFall gegenüber II, worin sich die kapitalistischen Produzenten von I bei Beginn befanden, d.h. sie könnendie 200 Im nicht verkaufen an II; und die festgerittne Kaufsumme kann denselben Prozeß mit I nicht er-neuern.

Man sieht hier, wie, abgesehn von unserm eigentlichen Zweck, die Betrachtung des Reproduktionspro-zesses in seiner Fundamentalform - worin alle verdunkelnden Zwischenschieber beseitigt - durchaus nötigist, um die falschen Ausflüchte loszuwerden, die den Schein "wissenschaftlicher" Erklärung liefern, wennder gesellschaftliche Reproduktionsprozeß sofort in seiner verwickelten konkreten Form zum Gegenstandder Analyse gemacht wird.

Das Gesetz, daß beim normalen Verlauf der Reproduktion (sei es auf einfacher, sei es auf erweiterterStufenleiter) das von dem kapitalistischen Produzenten der Zirkulation vorgeschoßne Geld zu seinemAusgangspunkt zurückkehren muß (wobei es gleichgültig, ob das Geld ihnen gehört oder gepumpt ist),schließt also ein für allemal die Hypothese aus, daß 200 IIc (d) versilbert werde durch von I vorgeschoß-nes Geld.

2. Ersatz des fixen Kapitals in natura

Nach Beseitigung der eben betrachteten Hypothese bleiben nur noch solche Möglichkeiten, die außer demErsatz des Verschleißteils in Geld auch noch die Vollziehung des Ersatzes des gänzlich abgestorbnenfixen Kapitals in natura einschließen.

Wir hatten vorhin vorausgesetzt:

a) daß 1.000 Pfd.St., gezahlt in Arbeitslohn von I, von den Arbeitern verausgabt werden in IIc zum selbenWertbetrag, d.h. daß sie damit Konsumtionsmittel kaufen.

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Daß hier die 1.000 Pfd.St. von I vorgeschossen werden in Geld, ist nur Konstatierung von Tatsache. DerArbeitslohn ist in Geld auszuzahlen von den respektiven kapitalistischen Produzenten; dies Geld wirddann von den Arbeitern in Lebensmitteln verausgabt und dient den Verkäufern der <455> Lebensmittelihrerseits wieder als Zirkulationsmittel bei Umsatz ihres konstanten Kapitals aus Warenkapital in produk-tives Kapital. Es läuft zwar durch viele Kanäle durch (Krämer, Hausbesitzer, Steuereinnehmer, unpro-duktive Arbeiter wie Ärzte etc., die der Arbeiter selbst braucht) und fließt daher nur zum Teil direkt ausden Händen der Arbeiter I in die der Kapitalistenklasse II. Der Fluß mag mehr oder minder stocken, daherneue Geldreserve nötig sein auf seiten der Kapitalisten. Alles dies kommt bei dieser Fundamentalformnicht in Betracht.

b) War vorausgesetzt, daß einmal I weitere 400 Pfd.St. in Geld vorschießt zum Ankauf von II, das ihmzurückfließt, wie ein andres Mal II 400 Pfd.St. vorschießt zum Ankauf von I, die ihm rückfließen. DieseVoraussetzung muß gemacht werden, da umgekehrt die Annahme willkürlich wäre, daß einseitig die Ka-pitalistenklasse I oder aber die Kapitalistenklasse II das zum Warenumsatz nötige Geld der Zirkulationvorschießt. Da nun im vorigen Unterabschnitt .gezeigt wurde, daß die Hypothese als abgeschmackt ver-werflich, wonach I zuschüssiges Geld in die Zirkulation würfe, um 200 IIc (d) zu versilbern, so bliebeoffenbar nur die scheinbar noch abgeschmacktere Hypothese übrig, daß II selbst das Geld in die Zirkula-tion wirft, womit der Wertbestandteil Ware versilbert wird, welcher den Verschleiß von fixem Kapital zuersetzen hat. Z.B. der Wertteil, den die Spinnmaschine des Herrn X in der Produktion verliert, erscheintals Wertteil des Nähgarns wieder; was seine Spinnmaschine auf der einen Seite an Wert oder Verschleißeinbüßt, soll sich auf der andren Seite als Geld bei ihm aufsammeln. X möge nun z.B. für 200 Pfd.St.Baumwolle kaufen von Y und so der Zirkulation 200 Pfd.St. in Geld vorschießen; Y kauft von ihm mitdenselben 200 Pfd.St. Garn, und diese 200 Pfd.St. dienen nun dem X als Fonds zum Ersatz von Ver-schleiß der Spinnmaschine. Dies käme nur darauf hinaus, daß X, abgesehn von seiner Produktion undderen Produkt und dessen Verkauf, 200 Pfd.St. in petto hält, um sich selbst für den Wertverlust derSpinnmaschine zu zahlen, d.h. daß er außer dem Wertverlust seiner Spinnmaschine von 200 Pfd.St. nochandre 200 Pfd.St. in Geld jährlich aus seiner Tasche zusetzen muß, um schließlich im Stand zu sein, eineneue Spinnmaschine zu kaufen.

Die Abgeschmacktheit ist aber nur scheinbar. Die Klasse II besteht aus Kapitalisten, deren fixes Kapitalsich in ganz verschiednen Terminen seiner Reproduktion befindet. Für die einen ist es bei dem Terminangelangt, wo es ganz in natura zu ersetzen ist. Für die andren befindet es sich mehr oder minder entferntvon diesem Stadium; allen Gliedern der letztren Abteilung ist das gemein, daß ihr fixes Kapital nichtwirklich reproduziert, <456> d.h. nicht in natura erneuert oder durch neues Exemplar derselben Art er-setzt wird, sondern daß sein Wert sukzessiv in Geld angesammelt wird. Der erstre Teil befindet sich ganz(resp. teilweise, was hier gleichgültig) in derselben Situation wie bei Errichtung seines Geschäfts, wo ermit einem Geldkapital auf den Markt trat, um dies einerseits in (fixes und zirkulierendes) konstantes Ka-pital zu verwandeln, andrerseits aber in Arbeitskraft, in variables Kapital. Wie damals hat er jetzt diesGeldkapital wieder der Zirkulation vorzuschießen, also den Wert des konstanten fixen Kapitals ebensogutwie den des zirkulierenden und des variablen Kapitals.

Wenn also vorausgesetzt wird, daß von den 400 Pfd.St., die die Kapitalistenklasse II zum Umsatz mit I inZirkulation wirft, die Hälfte von solchen Kapitalisten in II herrührt, die nicht nur durch ihre Waren ihrezum zirkulierenden Kapital gehörenden Produktionsmittel, sondern auch durch ihr Geld ihr fixes Kapitalin natura erneuern müssen, während die andre Hälfte der Kapitalisten II mit ihrem Geld nur den zirkulie-renden Teil ihres konstanten Kapitals in natura ersetzt, nicht aber ihr fixes Kapital in natura erneuert, soliegt durchaus nichts Widerspruchsvolles darin, daß die zurückfließenden 400 Pfd.St. (zurückfließend,sobald I dafür Konsumtionsmittel kauft) sich nun verschieden verteilen zwischen diesen zwei Abteilun-gen von II. Sie fließen zurück zur Klasse II, aber sie fließen nicht in dieselben Hände zurück, sondernverteilen sich verschieden innerhalb dieser Klasse, gehn von einem Teil derselben auf den andern über.

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Der eine Teil von II hat, außer dem durch seine Waren schließlich gedeckten Teil von Produktionsmitteln,200 Pfd.St. Geld umgesetzt in neue fixe Kapitalelemente in natura. Sein so verausgabtes Geld - wie beimAnfang des Geschäfts - fließt ihm erst sukzessive in Reihen von Jahren aus der Zirkulation zurück alsVerschleiß-Wertbestandteil der mit diesem fixen Kapital zu produzierenden Waren.

Der andre Teil von II hat dagegen für 200 Pfd.St. keine Waren von I bezogen, sondern dieser zahlt ihn mitdem Geld, womit der erste Teil von II fixe Kapitalelemente gekauft. Der eine Teil von II besitzt seinenfixen Kapitalwert wieder in erneuter Naturalform, der andre ist noch damit beschäftigt, ihn in Geldformanzusammeln, zum spätem Ersatz seines fixen Kapitals in natura.

Der Status, von dem wir auszugehn haben, nach den frühern Umsetzungen, ist der Rest der beiderseitsumzusetzenden Waren: bei I - 400m, bei II - 400c. Wir nehmen an, daß II 400 in Geld vorschießt zumUmsatz <457> dieser Waren zum Betrag von 800. Eine Hälfte der 400 (= 200 ) muß unter allen Umstän-den ausgelegt werden von dem Teil von IIc, der 200 in Geld als Verschleißwert aufgehäuft und der diesenjetzt wieder rückzuwandeln hat in die Naturalform seines fixen Kapitals.

Ganz wie konstanter Kapitalwert, variabler Kapitalwert und Mehrwert - worin der Wert des Warenkapi-tals von II wie von I zerfällbar - in besondren proportionellen Quoten der Waren II, resp. I, selbst dar-stellbar sind, so innerhalb des konstanten Kapitalwerts selbst wieder der Wertteil, der noch nicht in dieNaturalform des fixen Kapitals umzusetzen, sondern einstweilen noch in Geldform allmählich aufzu-schatzen ist. Ein bestimmtes Quantum Waren II (in unserm Fall also die Hälfte des Rests = 200) ist hiernur noch Träger dieses Verschleißwerts, der sich durch den Umsatz in Geld niederzuschlagen hat. (Dererste Teil der Kapitalisten II, der fixes Kapital in natura erneuert, mag mit dem Verschleißteil der Wa-renmasse, von der hier nur noch der Rest figuriert, einen Teil seines Verschleißwerts bereits so realisierthaben; bleibt aber 200 Geld so noch für ihn zu realisieren.)

Was nun die zweite Hälfte (= 200) der von II bei dieser Restoperation in Zirkulation geworfnen 400Pfd.St. betrifft, so kauft sie von I zirkulierende Bestandteile des konstanten Kapitals. Ein Teil dieser 200Pfd.St. mag von beiden Teilen von II oder nur von dem in Zirkulation geworfen werden, der den fixenWertbestandteil nicht in natura erneuert.

Mit den 400 Pfd.St. werden also von I herausgehoben 1. Waren zum Belauf von 200 Pfd.St., die nur ausElementen des fixen Kapitals bestehn, 2. Waren zum Belauf von 200 Pfd.St., die nur Naturalelemente deszirkulierenden Teils des konstanten Kapitals von II ersetzen. I hat nun sein ganzes jährliches Warenpro-dukt, soweit dies an II zu verkaufen ist, verkauft: der Wert eines Fünftels davon aber, 400 Pfd.St., exi-stiert jetzt in seiner Hand unter Geldform. Dies Geld ist aber versilberter Mehrwert, der als Revenue inKonsumtionsmitteln verausgabt werden muß. I kauft also mit den 400 den ganzen Warenwert von II =400. Das Geld fließt also zu II zurück, indem es dessen Ware hebt.

Wir wollen nun drei Fälle annehmen: Wir nennen dabei den Teil der Kapitalisten II, der fixes Kapital innatura ersetzt: "Teil 1 "und denjenigen, der Verschleißwert von fixem Kapital in Geldform aufspeichert:"Teil 2". Die drei Fälle sind folgende: a) daß von den 400, die in Waren sub II noch als Rest bestehn, einQuotum für Teil 1 und Teil 2 (sage je 1/2) gewisse Quota zirkulierender Teile des konstanten Kapitals zuersetzen hat; b) daß Teil 1 bereits seine ganze Ware verkauft, also Teil 2 noch 400 zu verkaufen hat; ) daßTeil 2 alles verkauft hat außer den 200, die Verschleißwert tragen.

<458> Wir erhalten dann folgende Teilungen:

a) Von dem Warenwert = 400c, den II noch in Händen hat, besitzt Teil 1 100 und Teil 2 300; von diesen300 repräsentieren 200 den Verschleiß. In diesem Fall hat von den 400 Pfd.St. Geld, die I jetzt zurück-schickt, um die Waren II zu heben, Teil 1 ursprünglich ausgelegt 300, nämlich 200 in Geld, wofür es fixeKapitalelemente in natura aus I gezogen, und 100 in Geld zur Vermittlung seines Warenaustauschs mit I;

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dagegen hat Teil 2 von den 400 nur 1/4, also 100, vorgeschossen, ebenfalls zur Vermittlung seines Wa-renumsatzes mit I.

Von den 400 Geld hat Teil 1 also 300 vorgeschossen und Teil 2 100.

Es fließen aber zurück von diesen 400:

An Teil 1: 100, also nur 1/3 des von ihm vorgeschoßnen Geldes. Er besitzt aber für die andern 2/3 erneu-ertes fixes Kapital zum Wert von 200. Für dieses fixe Kapitalelement zum Wert von 200 hat er Geld an Igegeben, aber keine nachträgliche Ware. Er tritt, mit Bezug auf sie, gegenüber I nur als Käufer auf, nichtnachträglich wieder als Verkäufer. Dies Geld kann daher nicht an Teil 1 zurückfließen; sonst hätte er diefixen Kapitalelemente von I geschenkt erhalten. - Mit Bezug auf das letzte Drittel des von ihm vorge-schoßnen Geldes trat Teil 1 erst als Käufer auf von zirkulierenden Bestandteilen seines konstanten Kapi-tals. Mit demselben Geld kauft I von ihm den Rest seiner Ware zum Wert von 100. Das Geld fließt alsozu ihm (Teil 1 von II) zurück, weil er als Warenverkäufer auftritt, gleich nachdem er vorher als Käuferaufgetreten. Flösse es nicht zurück, so hätte II (Teil 1) an I, für Waren zum Belauf von 100, erst 100 inGeld und dann noch obendrein 100 in Ware gegeben, ihm also seine Ware geschenkt.

Dagegen fließt an Teil 2, der 100 in Geld ausgelegt, 300 in Geld zurück; 100, weil er erst als Käufer 100Geld in Zirkulation warf und diese als Verkäufer zurückerhält; 200, weil er nur als Verkäufer von Warenzum Wertbetrag von 200 fungiert, nicht aber als Käufer. Das Geld kann also nicht an I zurückfließen. Derfixe Kapitalverschleiß ist also saldiert durch das von II (Teil 1) im Ankauf von fixen Kapitalelementen inZirkulation geworfne Geld; aber es kommt in die Hand von Teil 2 nicht als das Geld des Teil 1, sondernals der Klasse I gehörendes Geld.

b) Unter dieser Voraussetzung verteilt sich der Rest von IIc so, daß Teil 1 200 in Geld und Teil 2 400 inWaren besitzt.

Teil 1 hat seine Ware alle verkauft, aber 200 in Geld sind verwandelte Form des fixen Bestandteils seineskonstanten Kapitals, den er in natura zu erneuern hat. Er tritt also hier nur als Käufer auf und erhält stattseines Geldes Ware I in Naturalelementen des fixen Kapitals zum selben Wert- <459> betrag. Teil 2 hatals Maximum (wenn für den Warenumsatz zwischen I und II kein Geld von I vorgeschossen wird) nur200 Pfd.St. in Zirkulation zu werfen, da er für die Hälfte seines Warenwerts nur Verkäufer an I, nichtKäufer von I ist.

Es retournieren ihm aus der Zirkulation 400 Pfd.St.; 200, weil er sie vorgeschossen als Käufer und siezurückerhält als Verkäufer von 200 Ware; 200, weil er Ware zum Wert von 200 an I verkauft, ohne dafürWarenäquivalent von I wieder herauszuziehn. -

c) Teil 1 besitzt 200 in Geld und 200c in Ware; Teil 2 200c (d) in Waren.

Teil 2 hat unter dieser Voraussetzung nichts in Geld vorzuschießen, weil er, I gegenüber, überhaupt nichtmehr als Käufer, sondern nur noch als Verkäufer fungiert, also abzuwarten hat, bis von ihm gekauft wird.

Teil 1 schießt 400 Pfd.St. in Geld vor, 200 zum gegenseitigen Warenumsatz mit I, 200 als bloßer Käufervon I. Mit diesen letztern 200 Pfd.St. Geld kauft er die fixen Kapitalelemente.

I kauft mit 200 Pfd.St. Geld für 200 Ware von Teil 1, dem damit seine für diesen Warenumsatz vorge-schoßnen 200 Pfd.St. Geld zurückfließen; und I kauft mit den andren 200 Pfd.St. - die er ebenfalls vonTeil 1 erhalten - für 200 Waren von Teil 2, dem damit sein fixer Kapitalverschleiß in Geld niederschlägt.

Die Sache würde in keiner Weise verändert unter der Voraussetzung, daß im Fall c) statt II (Teil 1) KlasseI die 200 Geld zum Umsatz der existierenden Waren vorschießt. Kauft I dann zuerst für 200 Ware von II,

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Teil 2 - es ist vorausgesetzt, daß dieser nur noch diesen Warenrest zu verkaufen hat -, so kehren die 200Pfd.St. nicht an I zurück, da II, Teil 2, nicht wieder als Käufer auftritt; aber II, Teil 1, hat dann für 200Pfd.St. Geld, um zu kaufen, und ditto noch 200 Waren umzusetzen, also im ganzen 400 einzutauschenvon 1.200 Pfd.St. Geld kehren dann zu I zurück von II, Teil 1. Legt I sie wieder aus, um die 200 Ware zukaufen von II, Teil 1, so kehren sie ihm zurück, sobald II, Teil 1, die zweite Hälfte der 400 Ware von Ilöst. Teil 1(II) hat 200 Pfd.St. Geld als bloßer Käufer von Elementen des fixen Kapitals ausgelegt; siekehren ihm daher nicht zurück, sondern dienen dazu, die 200c Restwaren von II, Teil 2, zu versilbern,während an I das für Warenumsatz ausgelegte Geld, 200 Pfd.St., zurückgeflossen, nicht via II, Teil 2,sondern via II, Teil 1. Für seine Ware von 400 ist ihm Warenäquivalent zum Belauf von 400 zurückge-kehrt; die für den Umsatz der 800 Ware von ihm vorgeschoßnen 200 Pfd.St. Geld sind ihm ditto zurück-gekehrt - und so ist alles in Ordnung.

<460> Die Schwierigkeit, die sich ergab bei der Umsetzung:I. 1.000v +

1.000m

II. 2.000c

, wurde reduziert auf die Schwierig-keit bei

Umsetzung der Reste:

I. ..... 400mII. (1) 200 Geld + 200c Ware + (2) 200c Ware, oder, um die Sache noch klarer zu machen:

I. 200m + 200m.II. (1) 200 Geld + 200c Ware + (2) 200c Ware.

Da in II, Teil 1, 200c Ware sich umgesetzt gegen 200 Im (Ware), und da alles Geld, was bei diesem Um-satz von 400 Waren zwischen I und II zirkuliert, zurückfließt zu dem, der es vorgeschossen hat, I oder II,so ist dies Geld, als Element des Umsatzes zwischen I und II, in der Tat kein Element des Problems, dasuns hier beschäftigt. Oder anders dargestellt: Unterstellen wir, daß in dem Umsatz zwischen 200 Im (Wa-re) und 200 IIc (Ware von II, Teil 1) das Geld als Zahlungsmittel fungiert, nicht als Kaufmittel und daherauch nicht als "Zirkulationsmittel" im engsten Sinn, so ist klar, da die Waren 200 Im und 200 IIc (Teil 1)von gleichem Wertbetrag, daß Produktionsmittel vom Wert von 200 sich austauschen gegen Konsumti-onsmittel zum Wert von 200, daß das Geld hier nur ideell fungiert, und kein Geld zur Zahlung von Bilanzvon dieser oder jener Seite wirklich in Zirkulation zu werfen ist. Das Problem tritt also erst rein hervor,wenn wir die Ware 200 Im und ihr Äquivalent, die Ware 200 IIc (Teil 1), auf beiden Seiten I und II weg-streichen.

Nach Beseitigung dieser beiden Warenbeträge von gleichem Wert (I und II), die sich wechselseitig saldie-ren, bleibt also der Rest des Umsatzes, worin das Problem rein hervortritt, nämlich:

I. 200m Ware.II. (1) 200c Geld + (2) 200c Ware.

Hier ist klar: II, Teil 1, kauft mit 200 Geld die Bestandteile seines fixen Kapitals 200 Im; damit ist dasfixe Kapital von II, Teil 1, in natura erneuert und der Mehrwert von I, im Wert von 200, ist aus Waren-form (Produktionsmitteln, und zwar Elementen von fixem Kapital) in Geldform verwandelt. Mit diesemGeld kauft I Konsumtionsmittel von II, Teil 2, und das Resultat ist für II, daß für Teil 1 ein fixer Be-standteil seines konstanten Kapitals in natura erneuert ist; und daß für Teil 2 ein andrer Bestandteil (wel-cher Verschleiß von fixem Kapital ersetzt) in Geld niedergeschlagen; und dies dauert jährlich fort, bisauch dieser Bestandteil in natura zu erneuern.

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<461> Die Vorbedingung ist hier offenbar, daß dieser fixe Bestandteil des konstanten Kapitals II, derseinem ganzen Wert nach in Geld rückverwandelt und daher jedes Jahr in natura zu erneuern ist (Teil 1),gleich sei dem Jahresverschleiß des andern fixen Bestandteils des konstanten Kapitals II, der noch in sei-ner alten Naturalform fortfungiert, und dessen Verschleiß, der Wertverlust, den es auf die Waren über-trägt, in deren Produktion er wirkt, zunächst in Geld zu ersetzen ist. Ein solches Gleichgewicht erschienedanach als Gesetz der Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter; was in andren Worten heißt, daß inder die Produktionsmittel produzierenden Klasse I die proportionelle Teilung der Arbeit unverändert ble i-ben muß, soweit sie einerseits zirkulierende und andrerseits fixe Bestandteile des konstanten Kapitals derAbteilung II liefert.

Bevor wir dies näher untersuchen, ist erst zu sehn, wie die Sache sich stellt, wenn der Restbetrag von IIc(1) nicht gleich dem Rest von IIc (2); er kann größer sein oder kleiner. Setzen wir nacheinander beideFälle.

Erster Fall:

I. 200m.II. (1) 220c (in Geld) + (2) 200c (in Ware).

Hier kauft IIc (1) mit 200 Pfd.St. Geld die Waren 200 Im, und I kauft mit demselben Geld die Waren 200IIc (2), also den Bestandteil des fixen Kapitals, der in Geld niederzuschlagen ist; dieser ist damit versil-bert. Aber 20 IIc (1) in Geld ist nicht rückverwandelbar in fixes Kapital in natura.

Diesem Übelstand scheint abhelfbar, indem wir den Rest von Im statt auf 200 auf 220 setzen, so daß vonden 2.000 I statt 1.800 nur 1.780 durch frühern Umsatz erledigt sind. In diesem Fall also:

I. 220m.II. (1) 220c (in Geld) + (2) 200c (in Ware).

IIc, Teil 1, kauft mit 220 Pfd.St. Geld die 220 Im, und I kauft sodann mit 200 Pfd.St. die 200 IIc (2) inWare. Aber dann bleiben 20 Pfd.St. in Geld auf Seite von I, ein Stück Mehrwert, das es nur in Geld fest-halten, nicht in Konsumtionsmitteln verausgaben kann. Die Schwierigkeit ist damit nur verlegt, von IIc(Teil 1) auf Im.

Nehmen wir nun andrerseits an, IIc, Teil 1, sei kleiner als IIc (Teil 2), also:

Zweiter Fall:

I. 200m (in Ware).II. (1) 180c (in Geld) + (2) 200c (in Ware).

<462> II (Teil 1) kauft für 180 Pfd.St. Geld Waren 180 Im; I kauft mit diesem Geld Waren zum gleichenWert von II (Teil 2), also 180 IIc (2); es bleiben 20 Im unverkaufbar auf einer Seite und ebenso 20 IIc (2)auf der andern; Waren zum Wert von 40 unverwandelbar in Geld.

Es wurde uns nichts nutzen, den Rest I = 180 zu setzen; es wurde dann zwar kein Überschuß in I bleiben,aber nach wie vor ein Überschuß von 20 in IIc (Teil 2) unverkaufbar, nicht in Geld verwandelbar.

Im ersten Fall, wo II (1) größer als II (2), bleibt auf Seite von IIc (1) ein Überschuß in Geld, nicht rück-verwandelbar in fixes Kapital, oder wenn der Rest Im = IIc (1) gesetzt wird, derselbe Überschuß in Geldauf Seite von Im, nicht verwandelbar in Konsumtionsmittel.

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Im zweiten Fall, wo IIc (1) kleiner als IIc (2), bleibt ein Defizit in Geld auf Seite von 200 Im und IIc (2),und gleicher Überschuß von Ware auf beiden Seiten, oder wenn der Rest Im = IIc (1) <1. und 2. Auflage:IIc (2)> gesetzt wird, ein Defizit in Geld und Überschuß in Ware auf Seite von IIc (2).

Setzen wir die Reste Im stets gleich IIc (1) - da die Aufträge die Produktion bestimmen, und es an derReproduktion nichts ändert, wenn dies Jahr mehr fixe Kapitalbestandteile, nächstes mehr zirkulierendeKapitalbestandteile des konstanten Kapitals II von <1. und 2. Auflage: und; geändert nach der Druckvor-lage von Engels> I produziert werden -, so wäre im ersten Fall Im rückverwandelbar in Konsumtionsmit-tel, nur wenn I damit einen Teil des Mehrwerts von II kaufte, dieser also, statt verzehrt zu werden, von<1. und 2. Auflage; I> als Geld aufgehäuft würde; im zweiten Fall wäre nur abzuhelfen, wenn I selbst dasGeld ausgäbe, also die von uns verworfne Hypothese.

Ist IIc (1) größer als IIc (2), so ist Einfuhr fremder Ware nötig zur Realisierung des Geldüberschusses inIm. Ist IIc (1) kleiner als IIc (2), so umgekehrt Ausfuhr von Ware II (Konsumtionsmittel) zur Realisierungdes Verschleißteils IIc in Produktionsmitteln. In beiden Fällen ist also auswärtiger Handel nötig.

Gesetzt auch, es sei für Betrachtung der Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter anzunehmen, daßdie Produktivität aller Industriezweige, also auch die proportionellen Wertverhältnisse ihrer Warenpro-dukte konstant bleiben, so würden dennoch die beiden letzterwähnten Fälle, wo IIc (1) größer oder kleinerals IIc (2), immer Interesse bieten für die Produktion auf erweiterter Stufenleiter, wo sie unbedingt ein-treten können.

3. Resultate

<463> Mit Bezug auf den Ersatz des fixen Kapitals ist allgemein zu bemerken: Wenn - alle andren Um-stände, also nicht nur die Stufenleiter der Produktion, sondern namentlich auch die Produktivität der Ar-beit als gleichbleibend vorausgesetzt - ein größrer Teil des fixen Elements von IIc abstirbt als das Jahrvorher, also auch ein größrer Teil in natura zu erneuern ist, so muß der Teil des fixen Kapitals, der erstauf dem Weg seines Absterbens und bis zu seinem Todestermin einstweilen in Geld zu ersetzen ist, inderselben Proportion abnehmen, da nach der Voraussetzung die Summe (auch die Wertsumme) des in IIfungierenden fixen Kapitalteils dieselbe bleibt. Es führt dies aber folgende Umstände mit sich. Erstens:Besteht ein größrer Teil des Warenkapitals I aus Elementen des fixen Kapitals von IIc, so ein um sovielgeringrer Teil aus zirkulierenden Bestandteilen von IIc, da die Gesamtproduktion von I für IIc unverän-dert bleibt. Wächst ein Teil derselben, so nimmt der andre ab und umgekehrt. Andrerseits bleibt aber auchdie Gesamtproduktion der Klasse II von derselben Größe. Wie ist dies aber möglich bei Abnahme ihrerRohstoffe, Halbfabrikate, Hilfsstoffe? (d.h. der zirkulierenden Elemente des konstanten Kapitals II).Zweitens: Ein größrer Teil des unter Geldform wiederhergestellten fixen Kapitals IIc strömt zu I, um ausGeldform in Naturalform rückverwandelt zu werden. Es strömt also an I mehr Geld zu, außer dem zwi-schen I und II zum bloßen Warenumsatz zirkulierenden Geld; mehr Geld, das nicht wechselseitigen Wa-renumsatz vermittelt, sondern nur einseitig in Funktion von Kaufmittel auftritt. Zugleich aber hätte dieWarenmasse von IIc, die Träger des Wertersatzes von Verschleiß ist, proportionell abgenommen, also dieWarenmasse II, die nicht gegen Ware von I, sondern nur gegen Geld von I umgesetzt werden muß. Eswäre mehr Geld von II an I als bloßes Kaufmittel zugeströmt, und es wäre weniger Ware von II da, wel-cher gegenüber I als bloßer Käufer zu fungieren hätte. Ein größrer Teil von Im - denn Iv ist bereits inWare II umgesetzt - wäre also nicht in Ware II umsetzbar, sondern festhaftend in Geldform.

Der umgekehrte Fall, wo in einem Jahr die Reproduktion der Sterbefälle des fixen Kapitals II geringerund dagegen der Verschleißteil größer, braucht hiernach nicht weiter durchgegangen zu werden.

Und so wäre Krise da - Produktionskrise - trotz Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter.

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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Mit einem Wort: Wird bei einfacher Reproduktion und gleichbleibenden Umständen, also namentlichgleichbleibender Produktivkraft, Gesamt- <464> größe und Intensität der Arbeit - nicht eine konstanteProportion vorausgesetzt zwischen absterbendem (zu erneuerndem) und in alter Naturalform fortwirken-dem (bloß für Ersatz seines Verschleißes den Produkten Wert zusetzendem) fixem Kapital -, so bliebe ineinem Fall die Masse von zu reproduzierenden zirkulierenden Bestandteilen dieselbe, aber die Masse vonzu reproduzierenden fixen Bestandteilen wäre gewachsen; es müßte also die Gesamtproduktion I wach-sen, oder es wäre, selbst abgesehn von den Geldverhältnissen, Defizit der Reproduktion da.

Im andern Fall: Nähme die proportionelle Größe des in natura zu reproduzierenden fixen Kapitals II ab,also im selben Verhältnis der nur noch in Geld zu ersetzende Bestandteil des fixen Kapitals II zu, so blie-be die Masse der von I reproduzierten zirkulierenden Bestandteile des konstanten Kapitals II unverändert,die des zu reproduzierenden fixen dagegen hätte abgenommen. Also entweder Abnahme der Gesamtpro-duktion I oder aber Überschuß (wie vorher Defizit) und nicht zu versilbernder Überschuß.

Dieselbe Arbeit kann zwar im ersten Fall mit zunehmender Produktivität, Ausdehnung oder Intensität,größres Produkt liefern, und so wäre das Defizit im ersten Fall zu decken; solcher Wechsel würde abernicht ohne Deplacierung von Arbeit und Kapital aus einem Produktionszweig von I in den andern statt-greifen, und jede solche Deplacierung würde momentane Störungen hervorrufen. Zweitens aber würde(soweit Ausdehnung und Intensivierung der Arbeit zunehmen) I mehr Wert gegen weniger Wert von IIauszutauschen haben, also eine Depretiation des Produkts von I stattfinden.

Umgekehrt im zweiten Fall, wo I seine Produktion kontrahieren muß, was Krise für die darin beschäftig-ten Arbeiter und Kapitalisten bedeutet, oder Überschuß liefert, was wieder Krise. An und für sich sindsolche Überschüsse kein Übel, sondern ein Vorteil; sind aber Übel in der kapitalistischen Produktion.

Der auswärtige Handel könnte in beiden Fällen aushelfen, im ersten Fall, um die in Geldform festgehaltneWare I in Konsumtionsmittel umzusetzen, im zweiten Fall, um den Überschuß in Ware abzusetzen. Aberder auswärtige Handel, soweit er nicht bloß Elemente (auch dem Wert nach) ersetzt, verlegt nur die Wi-dersprüche auf ausgedehntere Sphäre, eröffnet ihnen größren Spielkreis.

Ist die kapitalistische Form der Reproduktion einmal beseitigt, so kommt die Sache darauf hinaus, daß dieGröße des absterbenden und daher in natura zu ersetzenden Teils des fixen Kapitals (hier des in der Er-zeugung der Konsumtionsmittel fungierenden) in verschiednen sukzessiven Jahren <465> wechselt. Ist erin einem Jahr sehr groß (über die Durchschnittssterblichkeit, wie bei den Menschen), so im folgendensicher um so geringer. Die zur jährlichen Produktion der Konsumtionsmittel nötige Masse von Rohstof-fen, Halbfabrikaten und Hilfsstoffen - sonst gleichbleibende Umstände vorausgesetzt - nimmt deswegennicht ab; die Gesamtproduktion der Produktionsmittel müßte also im einen Fall zunehmen, im andrenabnehmen. Diesem kann nur abgeholfen werden durch fortwährende relative Überproduktion; einerseitsein gewisses Quantum fixes Kapital, das mehr produziert wird, als direkt nötig ist; andrerseits und na-mentlich Vorrat von Rohstoff etc., der über die unmittelbaren jährlichen Bedürfnisse hinausgeht (dies giltganz besonders von Lebensmitteln). Solche Art Überproduktion ist gleich mit Kontrolle der Gesellschaftüber die gegenständlichen Mittel ihrer eignen Reproduktion. Innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftaber ist sie ein anarchisches Element.

Dies Beispiel vom fixen Kapital - bei gleichbleibender Stufenleiter der Reproduktion - ist schlagend.Mißverhältnis <2. Auflage: Mißverständnis; geändert nach der 1. Auflage> in der Produktion von fixemund zirkulierendem Kapital ist einer der Lieblingsgründe der Ökonomen, um die Krisen zu erklären. Daßsolches Mißverhältnis bei bloßer Erhaltung des fixen Kapitals entspringen kann und muß - ist ihnen etwasNeues; daß sie entspringen kann und muß bei Voraussetzung einer idealen Normalproduktion, bei einfa-cher Reproduktion des bereits fungierenden gesellschaftlichen Kapitals.

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XII. Die Reproduktion des Geldmaterials

Es ist bisher ein Moment ganz außer acht gelassen worden, nämlich die jährliche Reproduktion von Goldund Silber. Als bloßes Material zu Luxusartikeln, Vergoldung etc., wären sie hier ebensowenig speziell zuerwähnen, wie irgendwelche andren Produkte. Dagegen spielen sie wichtige Rolle als Geldmaterial unddaher potentialiter Geld. Als Geldmaterial nehmen wir hier der Vereinfachung wegen nur Gold.

Die gesamte jährliche Goldproduktion betrug nach ältren Angaben 800.000 - 900.000 Pfund = rund 1.100oder 1.250 Millionen Mark. Nach Soetbeer dagegen nur 170.675 Kilogramm im Wert von rund 476 Mil-lionen <466> Mark im Durchschnitt der Jahre 1871-75. Davon lieferten: Australien rund 167, VereinigteStaaten 166, Rußland 93 Millionen Mark. Der Rest verteilt sich auf verschiedne Länder in Beträgen vonweniger als je 10 Millionen Mark. Die jährliche Silberproduktion, während derselben Periode, betrugetwas unter 2 Millionen Kilogramm im Wert von 3541/2 Millionen Mark, davon lieferte in runder ZahlMexiko 108, die Vereinigten Staaten 102, Südamerika 67, Deutschland 26 Millionen usw.

Von Ländern vorherrschender kapitalistischer Produktion sind nur die Vereinigten Staaten Gold- undSilberproduzenten; die europäischen kapitalistischen Länder erhalten fast all ihr Gold und bei weitem dengrößten Teil ihres Silbers von Australien, Vereinigten Staaten, Mexiko, Südamerika und Rußland.

Wir verlegen aber die Goldminen in das Land der kapitalistischen Produktion, dessen jährliche Repro-duktion wir hier analysieren, und zwar aus folgendem Grund:

Kapitalistische Produktion existiert überhaupt nicht ohne auswärtigen Handel. Wird aber normale jährli-che Reproduktion auf einer gegebnen Stufenleiter unterstellt, so ist damit auch unterstellt, daß der aus-wärtige Handel nur durch Artikel von andrer Gebrauchs- oder Naturalform einheimische Artikel ersetzt,ohne die Wertverhältnisse zu affizieren, also auch nicht die Wertverhältnisse, worin die zwei Kategorien:Produktionsmittel und Konsumtionsmittel, sich gegeneinander umsetzen, und ebensowenig die Verhält-nisse von konstantem Kapital, variablem Kapital und Mehrwert, worin der Wert des Produkts jeder dieserKategorien zerfällbar. Die Hereinziehung des auswärtigen Handels bei Analyse des jährlich reproduzier-ten Produktenwerts kann also nur verwirren, ohne irgendein neues Moment, sei es des Problems, sei esseiner Lösung zu liefern. Es ist also ganz davon zu abstrahieren; also ist hier auch das Gold als direktesElement der jährlichen Reproduktion, nicht als von außen durch Austausch eingeführtes Warenelement zubehandeln.

Die Produktion von Gold gehört, wie die Metallproduktion überhaupt, zur Klasse I, der Kategorie, die dieProduktion von Produktionsmitteln umfaßt. Wir wollen annehmen, das jährliche Goldprodukt sei = 30(der Bequemlichkeit wegen, tatsächlich viel zu hoch gefaßt gegen die Zahlen unsres Schema); es sei die-ser Wert zerfällbar in 20c + 5v + 5m; 20c ist auszutauschen gegen andre Elemente von Ic und dies istspäter zu betrachten <Siehe vorl. Band, S. 469, >; aber die 5v + 5m (1) sind umzusetzen gegen Elementevon IIc, d.h. Konsumtionsmittel.

<467> Was die 5v betrifft, so beginnt zunächst jedes Gold produzierende Geschäft damit, die Arbeitskraftzu kaufen; nicht mit selbst produziertem Gold, sondern mit einem Quotum des im Lande vorrätigenGelds. Die Arbeiter beziehn für diese 5v Konsumtionsmittel aus II heraus, und dies kauft mit diesem GeldProduktionsmittel von I. Sage, II kaufe von I für 2 Gold als Warenmaterial etc. (Bestandteil seines kon-stanten Kapitals), so fließen 2v zurück zu den Goldproduzenten I in Geld, das der Zirkulation schon frü-her angehörte. Wenn II weiter nichts an Material von I kauft, so kauft I von II, indem es sein Gold alsGeld in die Zirkulation wirft, da Gold jede Ware kaufen kann. Der Unterschied ist nur, daß I hier nicht alsVerkäufer, sondern nur als Käufer auftritt. Die Goldgräber von I können ihre Ware stets absetzen, siebefindet sich stets in unmittelbar austauschbarer Form.

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Nehmen wir an, ein Garnspinner habe 5v an seine Arbeiter bezahlt, diese liefern ihm - abgesehn vomMehrwert - dafür ein Gespinst in Produkt = 5; die Arbeiter kaufen für 5 von II, dies kauft für 5 in GeldGarn von I, und so fließt 5v zurück in Geld an den Garnspinner. In dem supponierten Fall dagegen schießtI g (wie wir die Goldproduzenten bezeichnen wollen) 5v an seine Arbeiter in Geld vor, das schon früherder Zirkulation angehörte; diese geben das Geld aus in Lebensmitteln; es kehren aber von den 5 nur 2 ausII zu I g zurück. Aber I g kann ganz so gut wie der Garnspinner den Reproduktionsprozeß von neuembeginnen; denn seine Arbeiter haben ihm in Gold 5 geliefert, wovon es 2 verkauft hat, 3 in Gold besitzt,also nur zu münzen oder in Banknoten zu verwandeln hat, damit direkt, ohne weitre Vermittlung von II,sein ganzes variables Kapital wieder in Geldform in seiner Hand sei.

Schon bei diesem ersten Prozeß der jährlichen Reproduktion ist aber eine Veränderung in der Masse derwirklich oder virtuell der Zirkulation angehörigen Geldmasse vorgegangen. Wir haben angenommen, IIchabe 2v (I g) als Material gekauft, 3 sei von I g innerhalb II wieder ausgelegt als Geldform des variablenKapitals. Es sind also aus der mittelst der neuen Goldproduktion <1. und 2. Auflage: Geldproduktion;geändert nach der Druckvorlage von Engels> gelieferten Geldmasse 3 innerhalb II geblieben und nichtzurückgeströmt zu I. Nach der Voraussetzung hat II seinen Bedarf in Goldmaterial befriedigt. Die 3 ble i-ben als Goldschatz in seinen Händen. <468> Da sie keine Elemente seines konstanten Kapitals bildenkönnen, und da ferner II schon vorher hinreichendes Geldkapital zum Ankauf der Arbeitskraft hatte; daferner, mit Ausnahme des Verschleißelements, dies zuschüssige 3 g keine Funktion zu verrichten hat in-nerhalb IIc, gegen einen Teil, wovon es ausgetauscht (es könnte nur dazu dienen, das Verschleißelementpro tanto zu decken, wenn IIc (1) kleiner als IIc (2), was zufällig); andrerseits aber, eben mit Ausnahmedes Verschleißelements, das ganze Warenprodukt IIc gegen Produktionsmittel I(v+m) umzusetzen ist - somuß dies Geld ganz aus IIc übertragen werden in IIm, ob dies nun in notwendigen Lebensmitteln oder inLuxusmitteln existiere, und dagegen entsprechender Warenwert übertragen werden aus IIm in IIc. Resul-tat: Ein Teil des Mehrwerts wird als Geldschatz aufgespeichert.

Beim zweiten Reproduktionsjahr, wenn dieselbe Proportion des jährlich produzierten Golds fortfährt, alsMaterial vernutzt zu werden, wird wieder 2 an I g zurückfließen und 3 in natura ersetzt, d.h. wieder in IIals Schatz freigesetzt sein usw.

Mit Bezug auf das variable Kapital überhaupt: Der Kapitalist I g hat wie jeder andre dies Kapital bestän-dig in Geld zum Ankauf der Arbeit vorzuschießen. Mit Bezug auf dies v hat nicht er, sondern seine Ar-beiter zu kaufen von II; es kann also nie der Fall eintreten, daß er als Käufer auftritt, also Gold ohne dieInitiative des II in selbes wirft. Soweit aber II von ihm Material kauft, sein konstantes Kapital IIc inGoldmaterial umsetzen muß, fließt ihm Teil von (I g)v von II zurück auf dieselbe Weise wie den andrenKapitalisten von I; und soweit dies nicht der Fall, ersetzt er sein v in Gold direkt aus seinem Produkt. Indem Verhältnis aber, worin ihm das als Geld vorgeschoßne v nicht von II zurückfließt, wird in II ein Teilder schon vorhandnen Zirkulation (von I ihm zugefloßnes und nicht an I retourniertes Geld) in Schatzverwandelt und dafür ein Teil seines Mehrwerts nicht in Konsumtionsmitteln verausgabt. Da beständigneue Goldminen in Angriff genommen oder alte wieder eröffnet werden, so bildet eine bestimmte Pro-portion des von I g in v auszulegenden Geldes stets Teil der vor der neuen Goldproduktion vorhandnenGeldmasse, die von Ig vermittelst ihrer Arbeiter in II hineingeworfen wird, und, soweit sie nicht aus II zuI g zurückgekehrt, bildet sie dort Element der Schatzbildung.

Was aber (I g)m angeht, so kann I g hier stets als Käufer auftreten; es wirft sein m als Gold in die Zirku-lation und zieht dafür Konsumtionsmittel IIc heraus; hier wird das Gold zum Teil als Material vernutzt,fungiert daher als wirkliches Element des konstanten Bestandteils c des produktiven Kapitals II; und so-weit dies nicht der Fall, wird es wieder Element der Schatz- <469> bildung als in Geld verharrender Teilvon IIc. Es zeigt sich - auch abgesehn von dem später zu betrachtenden Ic -, wie selbst bei einfacher Re-produktion, wenn hier auch Akkumulation im eigentlichen Sinn des Worts, d.h. Reproduktion auf erwei-terter Stufenleiter, ausgeschlossen, dagegen Geldaufspeicherung oder Schatzbildung notwendig einge-schlossen ist. Und da sich dies jährlich neu wiederholt, so erklärt sich damit die Voraussetzung, von wel-cher bei Betrachtung der kapitalistischen Produktion ausgegangen wird: daß sich bei Beginn der Repro-

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duktion eine dem Warenumsatz entsprechende Masse von Geldmitteln in den Händen der Kapitalisten-klassen I und II befindet. Solche Aufspeicherung findet statt selbst nach Abzug des durch Verschleiß deszirkulierenden Geldes verlorengehenden Goldes.

Es versteht sich von selbst, daß je fortgeschrittner das Lebensalter der kapitalistischen Produktion, um sogrößer die allerseits aufgehäufte Geldmasse, um so kleiner also die Proportion, die die jährliche neueGoldproduktion dieser Masse zufügt, obgleich dieser Zuschuß seiner absoluten Quantität nach bedeutendsein kann. Im allgemeinen wollen wir nur noch einmal zurückkommen auf den gegen Tooke gemachtenEinwurf <Siehe vorl. Band, >: wie ist es möglich, daß jeder Kapitalist in Geld einen Mehrwert aus demjährlichen Produkt herauszieht, d.h. mehr Geld herauszieht aus der Zirkulation, als er hineinwirft, da inletzter Instanz die Kapitalistenklasse selbst als die Quelle betrachtet werden muß, die überhaupt das Geldin die Zirkulation wirft?

Wir bemerken hierauf, unter Zusammenfassung des schon früher (Kap. XVII) Entwickelten:

1. Die einzige hier erforderliche Voraussetzung: daß überhaupt Geld genug vorhanden sei, um die ver-schiednen Elemente der jährlichen Reproduktionsmasse umzusetzen -, wird in keiner Weise dadurch be-rührt, daß ein Teil des Warenwerts aus Mehrwert besteht. Gesetzt, die ganze Produktion gehöre den Ar-beitern selbst, ihre Mehrarbeit sei also nur Mehrarbeit für sie selbst, nicht für die Kapitalisten, so wäre dieMasse des zirkulierenden Warenwerts dieselbe und erheischte bei sonst gleichbleibenden Umständendieselbe Geldmasse zu ihrer Zirkulation. Es fragt sich also in beiden Fällen nur: Wo kommt das Geld her,um diesen Gesamtwarenwert umzusetzen? - Und in keiner Weise: Wo kommt das Geld zur Versilberungdes Mehrwerts her?

<470> Allerdings, um noch einmal darauf zurückzukommen, besteht jede einzelne Ware aus c + v + m,und es ist also zur Zirkulation der gesamten Warenmasse einerseits eine bestimmte Geldsumme nötig zurZirkulation des Kapitals c + v und andrerseits eine andre Geldsumme zur Zirkulation der Revenue derKapitalisten, des Mehrwerts m. Wie für die einzelnen Kapitalisten, so für die ganze Klasse ist das Geld,worin sie Kapital vorschießt, verschieden von dem Geld, worin sie Revenue verausgabt. Woher kommtdies letztre Geld? Einfach daher, daß von der in der Hand der Kapitalistenklasse befindlichen Geldmasse,also im ganzen und großen von der innerhalb der Gesellschaft befindlichen gesamten Geldmasse, ein Teildie Revenue der Kapitalisten zirkuliert. Man sah schon oben, wie jeder ein neues Geschäft einrichtendeKapitalist das Geld, das er zu seiner Erhaltung in Konsumtionsmitteln verausgabt, wieder zurückfischt alszur Versilberung seines Mehrwerts dienendes Geld, sobald das Geschäft einmal im Gang. Aber allgemeingesprochen kommt die ganze Schwierigkeit aus zwei Quellen her:

Erstens: Betrachten wir bloß die Zirkulation und den Umschlag des Kapitals, also auch den Kapitalistennur als Personifikation des Kapitals - nicht als kapitalistischen Konsumenten und Lebemann -, so sehnwir ihn zwar beständig Mehrwert in die Zirkulation werfen als Bestandteil seines Warenkapitals, aber wirsehn nie das Geld als Form der Revenue in seiner Hand; wir sehn ihn nie Geld zum Verzehr des Mehr-werts in die Zirkulation werfen.

Zweitens: Wirft die Kapitalistenklasse eine gewisse Geldsumme in Gestalt von Revenue in Zirkulation, soscheint es, als zahle sie ein Äquivalent für diesen Teil des jährlichen Gesamtprodukts und höre diesersomit auf, Mehrwert darzustellen. Das Mehrprodukt aber, worin sich der Mehrwert darstellt, kostet derKapitalistenklasse nichts. Als Klasse besitzt und genießt sie es umsonst, und daran kann die Geldzirkula-tion nichts ändern. Die Veränderung, die diese vermittelt, besteht einfach darin, daß jeder Kapitalist, stattsein Mehrprodukt in natura zu verzehren, was meist gar nicht angeht, Waren aller Art bis zum Belauf desvon ihm angeeigneten Mehrwerts aus dem Gesamtstock des jährlichen gesellschaftlichen Mehrproduktsherauszieht und sich aneignet. Aber der Mechanismus der Zirkulation hat gezeigt, daß wenn die Kapitali-stenklasse Geld zur Verausgabung von Revenue in die Zirkulation hineinwirft, sie selbiges Geld auchwieder der Zirkulation entzieht und also denselben Prozeß stets von neuem beginnen kann; daß sie alsoals Kapitalistenklasse betrachtet, nach wie vor im Besitz dieser zur Versilberung des Mehrwerts nötigen

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Geldsumme bleibt. Wenn also nicht nur <471> der Mehrwert, in Form von Waren, vom Kapitalisten fürseinen Konsumtionsfonds dem Warenmarkt entzogen wird, sondern zugleich das Geld, womit er dieseWaren kauft, an ihn zurückfließt, so hat er offenbar die Waren ohne Äquivalent der Zirkulation entzogen.Sie kosten ihm nichts, obgleich er sie mit Geld zahlt. Wenn ich mit einem Pfund Sterling Waren kaufeund mir der Verkäufer der Ware das Pfund zurückgibt für Mehrprodukt, das mich nichts gekostet hat,habe ich offenbar die Waren umsonst erhalten. Die beständige Wiederholung dieser Operation ändertnichts daran, daß ich beständig Waren entziehe und beständig im Besitz des Pfundes bleibe, obgleich ichmich desselben zum Bezug der Waren vorübergehend entäußere. Der Kapitalist erhält beständig dies Geldzurück als Versilberung von Mehrwert, der ihm nichts gekostet hat.

Wir sahn, daß bei A. Smith der gesamte gesellschaftliche Produktenwert sich auflöst in Revenue, in v +m, daß also der konstante Kapitalwert gleich Null gesetzt wird. Es folgt daher notwendig, daß das zurZirkulation der jährlichen Revenue erforderliche Geld auch hinreichend ist zur Zirkulation des gesamtenjährlichen Produkts; daß also, in unserm Fall, das zur Zirkulation der Konsumtionsmittel zum Wert von3.000 nötige Geld hinreicht zur Zirkulation des gesamten Jahresprodukts zum Wert von 9.000. Dies ist inder Tat A. Smiths Ansicht, und sie wird von Th. Tooke wiederholt. Diese falsche Vorstellung vom Ver-hältnis der zur Versilberung der Revenue erforderlichen Geldmasse zur Geldmasse, welche das gesamtegesellschaftliche Produkt zirkuliert, ist ein notwendiges Resultat der nicht begriffnen, gedankenlos vorge-stellten Art und Weise, wie die verschiednen stofflichen und Wertelemente des jährlichen Gesamtpro-dukts sich reproduzieren und jährlich ersetzt werden. Sie ist daher bereits widerlegt.

Hören wir Smith und Tooke selbst.

Smith sagt, Book II, ch. 2:

"Die Zirkulation jedes Landes kann in zwei Teile geschieden werden: die Zirkulation der Händler unter-einander und die Zirkulation zwischen Händlern und Konsumenten. Wenn auch dieselben Geldstücke,Papier oder Metall, bald in der einen, bald in der andern Zirkulation verwandt werden mögen, so gehndoch beide fortwährend gleichzeitig nebeneinander vor, und jede von beiden bedarf daher einer be-stimmten Geldmasse dieser oder jener Art, um in Gang zu bleiben. Der Wert der zwischen den verschied-nen Händlern zirkulierten Waren kann nie den Wert der zwischen den Händlern und den Konsumentenzirkulierten Waren übersteigen; denn was die Händler auch immer kaufen, muß doch schließlich an dieKonsumenten verkauft werden. Da die Zirkulation zwischen den Händlern en gros geschieht, erfordert sieim allgemeinen eine ziemlich große Summe für jeden einzelnen Umsatz. Die Zirkulation zwischen <472>Händlern und Konsumenten dagegen geschieht meist en détail und erfordert oft nur sehr kleine Geldbe-träge; ein Schilling oder selbst ein halber Penny genügt manchmal. Aber kleine Summen zirkulieren weitrascher als große ... Obgleich die jährlichen Käufe aller Konsumenten daher denen aller Händler an Wertmindestens" {dies "mindestens" ist gut!} "gleich sind, so können sie doch in der Regel mit einer weitgeringem Geldmasse erledigt werden" usw.

Zu dieser Stelle Adams bemerkt Th. Tooke ("An Inquiry into the Currency Principle", London 1844, p.34 - 36 passim):

"Es kann kein Zweifel bestehn, daß dieser hier gemachte Unterschied der Sache nach richtig ist ... DerAustausch zwischen Händlern und Konsumenten schließt auch die Zahlung des Arbeitslohns ein, der dieHaupteinnahme (the principal means) der Konsumenten ausmacht ... Alle Umsätze von Händler zuHändler, d.h. alle Verkäufe vom Produzenten oder Importeur an, durch alle Abstufungen von Zwischen-prozessen der Manufaktur usw. bis herab zum Detailhändler oder Exportkaufmann, sind auflösbar in Be-wegungen von Kapitalübertragung. Kapitalübertragungen setzen aber nicht notwendig voraus, und führenin der Tat auch nicht wirklich mit sich, in der großen Masse der Umsätze, eine wirkliche Abtretung vonBanknoten oder Münze - ich meine eine materielle, nicht fingierte Abtretung - zur Zeit der Übertragung ...Der Gesamtbetrag der Umsätze zwischen Händlern und Händlern muß in letzter Instanz bestimmt undbegrenzt sein durch den Betrag der Umsätze zwischen Händlern und Konsumenten."

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Stände der letzte Satz vereinzelt, so könnte man glauben, Tooke konstatiere bloß, daß ein Verhältnis statt-finde zwischen den Umsätzen von Händler zu Händler und denen von Händler zu Konsument, in andernWorten, zwischen dem Wert der jährlichen Gesamtrevenue und dem Wert des Kapitals, womit sie produ-ziert wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Er bekennt sich ausdrücklich zur Auffassung A. Smiths. Einebesondre Kritik seiner Zirkulationstheorie ist daher überflüssig.

2. Jedes industrielle Kapital wirft bei seinem Beginn auf einmal Geld in Zirkulation für seinen ganzenfixen Bestandteil, den es nur allmählich in einer Reihe von Jahren durch Verkauf seines jährlichen Pro-dukts wieder herauszieht. Es wirft also zunächst mehr Geld in die Zirkulation hinein, als es ihr entzieht.Dies wiederholt sich jedesmal bei Erneuerung des Gesamtkapitals in natura; es wiederholt sich jedes Jahrfür eine bestimmte Anzahl Geschäfte, deren fixes Kapital in natura zu erneuern; es wiederholt sich stück-weis bei jeder Reparatur, bei jeder nur bruchweisen Erneuerung des fixen Kapitals. Wird also von dereinen Seite der Zirkulation mehr Geld entzogen als hineingeworfen, so von der andern Seite umgekehrt.

In allen Industriezweigen, deren Produktionsperiode (als verschieden von der Arbeitsperiode) längre Zeitumfaßt, wird während derselben von <473> den kapitalistischen Produzenten beständig Geld in die Zir-kulation geworfen, teils in Zahlung der angewandten Arbeitskraft, teils in Ankauf der zu verbrauchendenProduktionsmittel; es werden so Produktionsmittel direkt, Konsumtionsmittel teils indirekt, durch dieihren Arbeitslohn verausgabenden Arbeiter, teils direkt durch die ihren Verzehr keineswegs suspendie-renden Kapitalisten selbst, dem Warenmarkt entzogen, ohne daß diese Kapitalisten zunächst gleichzeitigein Äquivalent in Waren in den Markt würfen. Während dieser Periode dient das von ihnen in Zirkulationgeworfne Geld zur Versilberung von Warenwert, inkl. des darin enthaltnen Mehrwerts. Sehr bedeutendwird dies Moment in entwickelter kapitalistischer Produktion bei langatmigen Unternehmungen, ausge-führt von Aktiengesellschaften etc., wie Anlage von Eisenbahnen, Kanälen, Docks, großen städtischenBauten, Eisenschiffsbau, Drainierung von Land auf großem Umfang etc.

3. Während die andern Kapitalisten, abgesehn von der Auslage in fixem Kapital, mehr Geld aus der Zir-kulation herausziehn, als sie beim Kauf der Arbeitskraft und der zirkulierenden Elemente hineingeworfen,wird von den Gold und Silber produzierenden Kapitalisten, abgesehn von dem Edelmetall, das als Roh-stoff dient, nur Geld in die Zirkulation geworfen, während ihr nur Waren entzogen werden. Das konstanteKapital, mit Ausnahme des Verschleißteils, der größre Teil des variablen und der ganze Mehrwert, mitAusnahme des etwa in ihren eignen Händen sich aufhäufenden Schatzes, wird als Geld in die Zirkulationgeworfen.

4. Einerseits zirkulieren zwar allerlei Dinge als Waren, die nicht innerhalb des Jahres produziert worden,Grundstücke, Häuser etc., ferner Produkte, deren Produktionsperiode sich über mehr als ein Jahr erstreckt,Vieh, Holz, Wein usw. Für diese und andre Phänomene ist es wichtig festzuhalten, daß außer der für dieunmittelbare Zirkulation erheischten Geldsumme, sich stets ein gewisses Quantum in latentem, nicht fun-gierendem Zustand vorfindet, das bei gegebnem Anstoß in Funktion treten kann. Auch zirkuliert der Wertsolcher Produkte oft stückweis und allmählich, wie der Wert von Häusern in der Miete einer Reihe vonJahren.

Andrerseits werden nicht alle Bewegungen des Reproduktionsprozesses durch Geldzirkulation vermittelt.Der gesamte Produktionsprozeß, sobald seine Elemente einmal angeschafft, ist davon ausgeschlossen.Ferner alles Produkt, das der Produzent direkt selbst wieder konsumiert - sei es individuell, sei es pro-duktiv, wozu auch Naturalverpflegung ländlicher Arbeiter gehört.

Die Geldmasse also, welche das jährliche Produkt zirkuliert, ist in der Gesellschaft vorhanden, nach undnach akkumuliert worden. Sie gehört <474> nicht zum Wertprodukt dieses Jahrs, mit Ausnahme etwa desErsatzgolds für verschlißne Münzen.

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Es ist bei dieser Darstellung vorausgesetzt exklusive Zirkulation von Edelmetallgeld, und bei dieser wie-der die einfachste Form barer Käufe und Verkäufe; obwohl auf Basis bloßer Metallzirkulation das Geldauch als Zahlungsmittel fungieren kann und historisch wirklich so fungiert hat, und auf dieser Basis einKreditwesen und bestimmte Seiten seines Mechanismus sich entwickelt haben.

Diese Voraussetzung wird gemacht nicht bloß aus methodischen Rücksichten, deren Gewicht sich schondarin zeigt, daß sowohl Tooke und seine Schule wie ihre Gegner in ihren Kontroversen beständig ge-zwungen waren, bei Erörterung der Banknotenzirkulation wieder rückzugreifen zur Hypothese rein me-tallischer Zirkulation. Sie waren gezwungen, dies post festum zu tun, taten es aber dann sehr oberfläch-lich, und zwar notwendig, weil der Ausgangspunkt so nur die Rolle eines Inzidentpunkts in der Analysespielt.

Aber die einfachste Betrachtung der in ihrer naturwüchsigen Form dargestellten Geldzirkulation - unddiese ist hier immanentes Moment des jährlichen Reproduktionsprozesses - zeigt:

a) Entwickelte kapitalistische Produktion vorausgesetzt, also Herrschaft des Lohnarbeitssystems, spieltoffenbar das Geldkapital eine Hauptrolle, soweit es die Form ist, in der das variable Kapital vorgeschos-sen wird. Im Maß, wie sich das Lohnarbeitssystem entwickelt, verwandelt sich alles Produkt in Ware,muß daher auch - mit einigen wichtigen Ausnahmen - allzusamt die Verwandlung in Geld als eine Phaseseiner Bewegung durchlaufen. Die Masse des zirkulierenden Geldes muß zu dieser Versilberung der Wa-ren hinreichen, und der größte Teil dieser Masse wird geliefert in Form des Arbeitslohns, des Geldes, dasals Geldform des variablen Kapitals in Zahlung der Arbeitskraft von industriellen Kapitalisten vorge-schossen, in den Händen der Arbeiter - seiner großen Masse nach - nur als Zirkulationsmittel (Kaufmittel)fungiert. Es ist dies ganz im Gegensatz zur Naturalwirtschaft, wie sie vorwiegt auf Basis jedes Hörig-keitssystems (Leibeigenschaft eingeschlossen) und noch mehr auf der mehr oder weniger primitiver Ge-meinwesen, ob diese nun mit Hörigkeits- oder Sklavereiverhältnissen versetzt seien oder nicht.

Im Sklavensystem spielt das Geldkapital, das im Ankauf der Arbeitskraft ausgelegt wird, die Rolle vonGeldform des fixen Kapitals, das nur allmählich ersetzt wird, nach Ablauf der aktiven Lebensperiode desSklaven. Bei den Athenern wird daher der Gewinn, den ein Sklavenbesitzer direkt <475> durch industri-elle Verwendung seines Sklaven oder indirekt durch Vermietung desselben an andre industrielle Verwen-der (z.B. für Bergwerksarbeit) zieht, auch nur betrachtet als Zins (nebst Amortisation) des vorgeschoßnenGeldkapitals, ganz wie in der kapitalistischen Produktion der industrielle Kapitalist ein Stück des Mehr-werts plus dem Verschleiß des fixen Kapitals als Zins und Ersatz seines fixen Kapitals in Rechnung setzt;wie dies auch Regel ist bei den fixes Kapital (Häuser, Maschinen etc.) vermietenden Kapitalisten. BloßeHaussklaven, sei es, daß sie zur Leistung notwendiger Dienste oder bloß zur Luxusparade dienen, kom-men hier nicht in Betracht, sie entsprechen unsrer dienenden Klasse. Aber auch das Sklavensystem - so-fern es in Agrikultur, Manufaktur, Schiffsbetrieb etc. die herrschende Form der produktiven Arbeit ist,wie in den entwickelten Staaten Griechenlands und in Rom - behält ein Element der Naturalwirtschaft bei.Der Sklavenmarkt selbst erhält beständig Zufuhr seiner Arbeitskraft-Ware durch Krieg, Seeraub etc., unddieser Raub ist seinerseits nicht durch einen Zirkulationsprozeß vermittelt, sondern Naturalaneignungfremder Arbeitskraft durch direkten physischen Zwang. Selbst in den Vereinigten Staaten, nachdem dasZwischengebiet zwischen den Lohnarbeitsstaaten des Nordens und den Sklavenstaaten des Südens sich inein Sklavenzuchtgebiet für den Süden verwandelt, wo also der auf den Sklavenmarkt geworfne Sklaveselbst ein Element der jährlichen Reproduktion geworden, genügte das für längre Zeit nicht, sondern wur-de noch möglichst lange afrikanischer Sklavenhandel zur Füllung des Markts fortgetrieben.

b) Die auf Basis der kapitalistischen Produktion sich naturwüchsig vollziehenden Ab- und Rückströmun-gen des Geldes bei Umsatz des jährlichen Produkts; die einmaligen Vorschüsse von fixen Kapitalen, ih-rem ganzen Wertumfang nach, und das sukzessive, über jahrelange Perioden sich verbreitende Heraus-ziehn ihres Werts aus der Zirkulation, also ihre allmähliche Rekonstitution in Geldform durch jährlicheSchatzbildung, eine Schatzbildung, ihrem Wesen nach total verschieden von der ihr parallel gehenden,auf jährlich neuer Goldproduktion beruhenden Schatzbildung; die verschiedne Länge der Zeit, worin je

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nach der Länge der Produktionsperioden der Waren Geld vorgeschossen, also auch vorher schon stets vonneuem aufgeschatzt werden muß, bevor es durch Verkauf der Ware aus der Zirkulation zurückgezogenwerden kann; die verschiedne Länge der Vorschußzeit, die schon allein aus der verschiednen Entfernungdes Produktionsorts vom Absatzmarkt entsteht; ebenso die Verschiedenheit in Größe und Periode desRückflusses je nach dem Stand, resp. der relativen Größe der Produktionsvorräte in verschiednen Ge-schäften und bei den verschiednen <476> einzelnen Kapitalisten desselben Geschäftszweigs, also dieTermine der Einkäufe von Elementen des konstanten Kapitals - alles das während des Reproduktions-jahrs: alle diese verschiednen Momente der naturwüchsigen Bewegung brauchen sich bloß durch Erfah-rung bemerklich und auffallend gemacht zu haben, um planmäßig sowohl zu den mechanischen Hilfs-mitteln des Kreditsystems den Anlaß zu geben, wie auch zu der wirklichen Auffischung der vorhandnenverleihbaren Kapitale.

Es kommt hierzu noch der Unterschied der Geschäfte, deren Produktion unter sonst normalen Verhältnis-sen kontinuierlich auf derselben Stufenleiter vor sich geht, und solcher, die in verschiednen Perioden desJahrs Arbeitskraft in verschiednem Umfang anwenden, wie die Landwirtschaft.

XIII. Destutt de Tracys Reproduktionstheorie

Als Beispiel der konfusen und zugleich renommistischen Gedankenlosigkeit politischer Ökonomen, beiBetrachtung der gesellschaftlichen Reproduktion, diene der große Logiker Destutt de Tracy (vergl. BuchI, p. 47, Note 301 <Siehe Band 23, S. 177>), den selbst Ricardo ernsthaft nahm und a very distinguishedwriter <einen ganz ausgezeichneten Schriftsteller> nennt. ("Principles", p. 333.)

Dieser distinguierte Schriftsteller gibt folgende Aufschlüsse über den gesamten gesellschaftlichen Repro-duktions- und Zirkulationsprozeß:

"Man wird mich fragen, wie diese Industrieunternehmer so große Profite machen und von wem sie sieziehn können. Ich antworte, daß sie dies tun, indem sie alles, was sie produzieren, teurer verkaufen, als esihnen zu produzieren gekostet; und daß sie es verkaufen

1. aneinander für den ganzen Teil ihrer Konsumtion, bestimmt zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse, welchesie bezahlen mit einem Teil ihrer Profite;

2. an die Lohnarbeiter, sowohl an die, welche sie besolden, wie die, welche die müßigen Kapitalistenbesolden; von welchen Lohnarbeitern sie auf diesem Wege ihren ganzen Lohn zurückerhalten, ausge-nommen etwa deren kleine Ersparnisse;

3. an die müßigen Kapitalisten, welche sie bezahlen mit dem Teil ihrer Revenue, den sie nicht schon ab-gegeben haben an die von ihnen direkt beschäftigten Lohnarbeiter; so daß die ganze Rente, welche sieihnen jährlich zahlen, ihnen auf dem einen oder andern dieser Wege wieder zurückfließt." (Destutt deTracy, "Traité de la volonté et de ses effets", Paris 1826, p. 239.)

<477> also die Kapitalisten bereichern sich erstens, indem sie im Umsatz des Teils des Mehrwerts, densie ihrer Privatkonsumtion widmen oder als Revenue verzehren, sich alle wechselseitig übervorteilen.Also, wenn dieser Teil ihres Mehrwerts, resp. ihrer Profite, = 400 Pfd.St. ist, so werden aus diesen 400Pfd.St. etwa 500 Pfd.St. dadurch, daß jeder Beteiligte der 400 Pfd.St. dem andern seinen Teil um 25% zuteuer verkauft. Da alle dasselbe tun, so ist das Resultat dasselbe, als hätten sie sich wechselseitig zumrichtigen Wert verkauft. Nur brauchen sie zur Zirkulation eines Warenwerts von 400 Pfd.St. eine Geld-masse von 500 Pfd.St., und dies scheint eher eine Methode, sich zu verarmen als sich zu bereichern, in-dem sie einen großen Teil ihres Gesamtvermögens in der nutzlosen Form von Zirkulationsmitteln unpro-duktiv aufbewahren müssen. Das Ganze kommt darauf hinaus, daß die Kapitalistenklasse trotz der allsei-

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tigen nominellen Preiserhöhung ihrer Waren nur einen Warenstock von 400 Pfd.St. Wert unter sich zuihrer Privatkonsumtion zu verteilen haben, daß sie aber sich das wechselseitige Vergnügen machen, 400Pfd.St. Warenwert zu zirkulieren mit einer Geldmasse, die für 500 Pfd.St. Warenwert erheischt ist.

Ganz abgesehn davon, daß hier "ein Teil ihrer Profite" und also überhaupt ein Warenvorrat, worin Profitsich darstellt, unterstellt ist. Destutt will uns aber gerade erklären, wo dieser Profit herkommt. Die Geld-masse, die nötig ist, um ihn zu zirkulieren, ist eine ganz untergeordnete Frage. Die Warenmasse, worinder Profit sich darstellt, scheint davon herzustammen, daß die Kapitalisten diese Warenmasse nicht nureinander verkaufen, was bereits sehr schön und tief ist, sondern sich alle einander zu teuer verkaufen. Wirkennen jetzt also eine Quelle der Bereicherung der Kapitalisten. Sie kommt hinaus auf das Geheimnis des"Entspektor Bräsig", daß die große Armut von der großen pauvreté <Armut> herkommt.

2. Dieselben Kapitalisten verkaufen ferner

"an die Lohnarbeiter, sowohl an die, welche sie selbst besolden, wie an die, welche die müßigen Kapitali-sten besolden; von welchen Lohnarbeitern sie auf diese Weise ihren ganzen Lohn zurückerhalten, ausge-nommen deren kleine Ersparnisse".

Der Rückfluß des Geldkapitals, in Form von welchem die Kapitalisten den Lohn dem Arbeiter vorge-schossen haben, zu den Kapitalisten, macht nach Herrn Destutt die zweite Quelle der Bereicherung sol-cher Kapitalisten aus.

Wenn also die Kapitalistenklasse z.B. 100 Pfd.St. den Arbeitern in Lohn gezahlt und dann dieselben Ar-beiter von derselben Kapitalistenklasse <478> Ware zum selben Wert von 100 Pfd.St. kaufen, und daherdie Summe von 100 Pfd.St., welche die Kapitalisten als Käufer von Arbeitskraft vorgeschossen, ihnenbeim Verkauf von Waren zu 100 Pfd.St. an die Arbeiter zurückfließt, so bereichern sich dadurch die Ka-pitalisten. Es scheint, vom Standpunkt des gewöhnlichen Menschenverstands, daß die Kapitalisten sichvermittelst dieser Prozedur wieder im Besitz von 100 Pfd.St. befinden, die sie vor der Prozedur besaßen.Bei Beginn der Prozedur besitzen sie 100 Pfd.St. Geld, sie kaufen für diese 100 Pfd.St. Arbeitskraft. Fürdiese 100 Pfd.St. Geld produziert die gekaufte Arbeit Waren von einem Wert, soviel wir bis jetzt wissen,von 100 Pfd.St. Durch Verkauf der 100 Pfd.St. Waren an die Arbeiter erhalten die Kapitalisten 100Pfd.St. Geld zurück. Die Kapitalisten besitzen also wieder 100 Pfd.St. Geld, die Arbeiter aber für 100Pfd.St. Ware, die sie selbst produziert haben. Wie sich die Kapitalisten dabei bereichern sollen, ist nichtabzusehn. Wenn die 100 Pfd.St. Geld ihnen nicht zurückflössen, so hätten sie den Arbeitern erstens 100Pfd.St. Geld für ihre Arbeit zahlen und zweitens ihnen das Produkt dieser Arbeit, für 100 Pfd.St. Kon-sumtionsmittel, umsonst geben müssen. Der Rückfluß könnte also höchstens erklären, warum die Kapita-listen durch die Operation nicht ärmer, keineswegs aber, warum sie dadurch reicher geworden.

Eine andre Frage ist allerdings, wie die Kapitalisten die 100 Pfd.St. Geld besitzen, und warum die Arbei-ter, statt selbst für eigne Rechnung Waren zu produzieren, gezwungen sind, ihre Arbeitskraft gegen diese100 Pfd.St. auszutauschen. Aber dies ist etwas, was sich für einen Denker vom Kaliber Destutts vonselbst versteht.

Destutt ist selbst nicht ganz befriedigt mit dieser Lösung. Er hatte uns ja nicht gesagt, daß man sich da-durch bereichert, daß man eine Geldsumme von 100 Pfd.St. ausgibt und dann eine Geldsumme von 100Pfd.St. wieder einnimmt, also nicht durch den Rückfluß von 100 Pfd.St. Geld, der ja nur zeigt, warum die100 Pfd.St. Geld nicht verlorengehn. Er hatte uns gesagt, daß die Kapitalisten sich bereichern,

"indem sie alles, was sie produzieren, teurer verkaufen, als es ihnen zu kaufen gekostet hat".

Also müssen sich auch die Kapitalisten in ihrer Transaktion mit den Arbeitern dadurch bereichern, daß siedenselben zu teuer verkaufen. Vortrefflich!

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"Sie zahlen Arbeitslohn ... und alles das fließt ihnen zurück durch die Ausgaben aller dieser Leute, dieihnen" {die Produkte} "teurer bezahlen als sie ihnen" {den Kapitalisten} "vermittelst dieses Arbeitslohnsgekostet haben." (p. 240.)

<479> also die Kapitalisten zahlen 100 Pfd.St. Lohn an die Arbeiter, und dann verkaufen sie den Arbei-tern ihr eignes Produkt zu 120 Pfd.St., so daß ihnen nicht nur die 100 Pfd.St. zurückfließen, sondern noch20 Pfd.St. gewonnen werden? Dies ist unmöglich. Die Arbeiter können nur mit dem Geld zahlen, das siein Form von Arbeitslohn erhalten haben. Wenn sie 100 Pfd.St. Lohn von den Kapitalisten erhalten, kön-nen sie nur für 100 Pfd.St. kaufen und nicht für 120 Pfd.St. Also auf diese Weise ginge die Sache nicht.Es gibt aber noch einen andern Weg. Die Arbeiter kaufen von den Kapitalisten Ware für 100 Pfd.St., er-halten aber in der Tat nur Ware zum Wert von 80 Pfd.St. Sie sind daher unbedingt um 20 Pfd.St. geprellt.Und der Kapitalist hat sich unbedingt um 20 Pfd.St. bereichert, weil er die Arbeitskraft tatsächlich 20%unter ihrem Wert gezahlt oder einen Abzug vom nominellen Arbeitslohn zum Belauf von 20% auf einemUmweg gemacht hat.

Die Kapitalistenklasse würde dasselbe Ziel erreichen, wenn sie von vornherein den Arbeitern nur 80Pfd.St. Lohn zahlte und ihnen hinterher für diese 80 Pfd.St. Geld in der Tat 80 Pfd.St. Warenwert lieferte.Dies scheint - die ganze Klasse betrachtet - der normale Weg, da nach Herrn Destutt selbst die Arbeiter-klasse "genügenden Lohn" (p. 219) erhalten muß, da dieser Lohn wenigstens hinreichen muß, um ihreExistenz und Werktätigkeit zu erhalten, "sich die genaueste Subsistenz zu verschaffen". (p. 180.) Erhaltendie Arbeiter nicht diese hinreichenden Löhne, so ist dies nach demselben Destutt "der Tod der Industrie"(p. 208), also wie es scheint, kein Bereicherungsmittel für die Kapitalisten. Welches aber immer die Höheder Löhne sei, welche die Kapitalistenklasse der Arbeiterklasse zahlt, so haben sie einen bestimmtenWert, z.B. 80 Pfd.St. Zahlt also die Kapitalistenklasse 80 Pfd.St. an die Arbeiter, so hat sie ihnen 80Pfd.St. Warenwert für diese 80 Pfd.St. zu liefern, und der Rückfluß der 80 Pfd.St. bereichert sie nicht.Zahlt sie ihnen in Geld 100 Pfd.St. und verkauft ihnen für 100 Pfd.St. einen Warenwert für 80 Pfd.St., sozahlte sie ihnen in Geld 25% mehr als ihren normalen Lohn und lieferte ihnen dafür in Waren 25% weni-ger.

Mit andern Worten: der Fonds, woher die Kapitalistenklasse überhaupt ihren Profit zieht, würde gebildetdurch Abzug vom normalen Arbeitslohn, durch Zahlung der Arbeitskraft unter ihrem Wert, d.h. unterdem Wert der Lebensmittel, die zu ihrer normalen Reproduktion als Lohnarbeiter notwendig sind. Würdealso der normale Arbeitslohn gezahlt, was nach Destutt geschehn soll, so existierte kein Fonds von Profit,weder für die Industriellen noch für die müßigen Kapitalisten.

Herr Destutt hätte also das ganze Geheimnis, wie sich die Kapitalistenklasse bereichert, darauf reduzierenmüssen: durch Abzug am Arbeitslohn. <480> Die andern Fonds des Mehrwerts, wovon er sub l und sub 3spricht, existierten dann nicht.

In allen Ländern also, wo der Geldlohn der Arbeiter reduziert ist auf den Wert der zu ihrer Subsistenz alsKlasse nötigen Konsumtionsmittel, existierte kein Konsumtionsfonds und kein Akkumulationsfonds fürdie Kapitalisten, also auch kein Existenzfonds der Kapitalistenklasse, also auch keine Kapitalistenklasse.Und zwar wäre dies nach Destutt der Fall in allen reichen entwickelten Ländern alter Zivilisation, dennhier

"in unsern altgewurzelten Gesellschaften ist der Fonds, aus dem der Lohn bestritten wird ... eine beinahekonstante Größe". (p. 202.)

Auch beim Abbruch am Lohn kommt die Bereicherung der Kapitalisten nicht daher, daß sie erst demArbeiter 100 Pfd.St. in Geld zahlen und ihm nachher 80 Pfd.St. in Waren für diese 100 Pfd.St. Geld lie-fern - also in der Tat 80 Pfd.St. Ware durch die um 25% zu große Geldsumme von 100 Pfd.St. zirkulieren,sondern daher, daß der Kapitalist vom Produkt des Arbeiters sich außer dem Mehrwert - dem Teil desProdukts, worin sich Mehrwert darstellt - auch noch 25% von dem Teil des Produkts aneignet, das dem

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Arbeiter in der Form von Arbeitslohn anheimfallen sollte. In der albernen Weise, wie Destutt die Sacheauffaßt, würde die Kapitalistenklasse absolut nichts gewinnen. Sie zahlt 100 Pfd.St. für Arbeitslohn undgibt dem Arbeiter für diese 100 Pfd.St. von seinem eignen Produkt 80 Pfd.St. Warenwert zurück. Aberbei der nächsten Operation muß sie wieder für dieselbe Prozedur 100 Pfd.St. vorschießen. Sie macht sichalso nur das nutzlose Vergnügen, 100 Pfd.St. Geld vorzuschießen und 80 Pfd.St. Ware dafür zu liefern,statt 80 Pfd.St. Geld vorzuschießen und 80 Pfd.St. Ware dafür zu liefern. D.h. sie schießt beständig nutz-los ein um 25% zu großes Geldkapital für die Zirkulation ihres variablen Kapitals vor, was eine ganz ei-gentümliche Methode der Bereicherung ist.

3. Die Kapitalistenklasse verkauft endlich

"an die müßigen Kapitalisten, welche sie bezahlen mit dem Teil ihrer Revenue, den sie nicht schon abge-geben haben an die von ihnen direkt beschäftigten Lohnarbeiter; so daß die ganze Rente, welche sie je-nen" (den Müßigen) "jährlich zahlt, ihr auf dem einen oder andern dieser Wege wieder zurückfließt".

Wir haben vorher gesehn, daß die industriellen Kapitalisten

"mit einem Teil ihrer Profite den ganzen Teil ihrer Konsumtion, bestimmt zur Befriedigung ihrer Bedürf-nisse, bezahlen".

<481> Gesetzt also, ihre Profite seien = 200 Pfd.St. 100 Pfd.St. z.B. verzehren sie für ihre individuelleKonsumtion. Aber die andre Hälfte = 100 Pfd.St. gehört nicht ihnen, sondern den müßigen Kapitalisten,d.h. den Grundrentlern und den auf Zins leihenden Kapitalisten. Sie haben also 100 Pfd.St. Geld an dieseGesellschaft zu zahlen. Wir wollen nun sagen, von diesem Geld brauchen diese letztren 80 Pfd.St. zuihrer eignen Konsumtion und 20 Pfd.St. zum Kauf von Bedienten etc. Sie kaufen also mit den 80 Pfd.St.Konsumtionsmittel von den industriellen Kapitalisten. Damit strömen diesen, während sich für 80 Pfd.St.Produkt von ihnen entfernt, 80 Pfd.St. Geld zurück oder 4/5 von den 100 Pfd.St., die sie an die müßigenKapitalisten unter den Namen Rente, Zins etc. gezahlt haben. Ferner die Bedientenklasse, die direktenLohnarbeiter der müßigen Kapitalisten, haben von ihren Herrschaften 20 Pfd.St. erhalten. Sie kaufen da-mit ebenfalls von den industriellen Kapitalisten für 20 Pfd.St. Konsumtionsmittel. Damit strömen diesen,während sich für 20 Pfd.St. Produkt von ihnen entfernt, 20 Pfd.St. Geld zurück oder das letzte Fünftel vonden 100 Pfd.St. Geld, die sie an die müßigen Kapitalisten als Rente, Zins etc. gezahlt haben.

Am Ende der Transaktion sind den industriellen Kapitalisten die 100 Pfd.St. Geld, die sie zur Zahlungvon Rente, Zins etc. an die müßigen Kapitalisten abgetreten, zurückgeströmt, während die Hälfte ihresMehrprodukts = 100 Pfd.St. aus ihren Händen in den Konsumtionsfonds der müßigen Kapitalisten über-gegangen ist.

Es ist also für die Frage, um die es sich hier handelt, offenbar ganz überflüssig, die Teilung der 100Pfd.St. zwischen den müßigen Kapitalisten und ihren direkten Lohnarbeitern irgendwie ins Spiel zu brin-gen. Die Sache ist einfach: Ihre Renten, Zinsen, kurz der Anteil, der ihnen vom Mehrwert = 200 Pfd.St.zukommt, wird ihnen von den industriellen Kapitalisten in Geld gezahlt, in 100 Pfd.St. Mit diesen 100Pfd.St. kaufen sie direkt oder in direkt Konsumtionsmittel von den industriellen Kapitalisten. Sie zahlenihnen also zurück 100 Pfd.St. Geld und entziehn ihnen für 100 Pfd.St. Konsumtionsmittel.

Damit hat der Rückfluß der von den industriellen Kapitalisten an die müßigen Kapitalisten gezahlten 100Pfd.St. Geld stattgefunden. Ist dieser Geldrückfluß, wie Destutt schwärmt, ein Mittel der Bereicherung fürdie industriellen Kapitalisten? Vor der Transaktion hatten sie eine Wertsumme von 200 Pfd.St.; 100Pfd.St. in Geld und 100 Pfd.St. in Konsumtionsmitteln. Nach der Transaktion besitzen sie nur die Hälfteder ursprünglichen Wertsumme. Sie haben wieder die 100 Pfd.St. in Geld, aber sie haben verloren die 100Pfd.St. in Konsumtionsmitteln, die in die Hände <482> der müßigen Kapitalisten übergegangen sind. Siesind also um 100 Pfd.St. ärmer, statt um 100 Pfd.St. reicher. Hätten sie statt des Umwegs, erst 100 Pfd.St.Geld zu zahlen und dann diese 100 Pfd.St. Geld zurückzuerhalten in Zahlung von 100 Pfd.St. Konsumti-

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onsmittel, direkt Rente, Zins etc. in der Naturalform ihres Produkts gezahlt, so strömten ihnen keine 100Pfd.St. Geld aus der Zirkulation zurück, weil sie keine 100 Pfd.St. Geld in sie hineingeworfen hätten. Aufdem Weg der Naturalzahlung hätte sich die Sache einfach so dargestellt, daß sie von dem Mehrproduktzum Wert von 200 Pfd.St. die Hälfte für sich behalten und die andre Hälfte ohne Äquivalent an die müßi-gen Kapitalisten weggegeben. Selbst Destutt hätte dies nicht für ein Mittel der Bereicherung zu erklärensich versucht fühlen können.

Das Land und das Kapital, das die industriellen Kapitalisten von den müßigen Kapitalisten geliehen undwofür sie ihnen einen Teil des Mehrwerts in Form von Grundrente, Zins etc. zu zahlen haben, war ihnennatürlich profitlich, denn es war eine der Bedingungen der Produktion sowohl des Produkts überhaupt,wie des Teils des Produkts, der Mehrprodukt bildet oder worin sich der Mehrwert darstellt. Dieser Profitfließt aus der Benutzung des geliehenen Landes und Kapitals, aber nicht aus dem Preis, der dafür bezahltwird. Dieser Preis konstituiert vielmehr einen Abzug davon. Oder es müßte behauptet werden, die indu-striellen Kapitalisten würden nicht reicher, sondern ärmer, wenn sie die andre Hälfte des Mehrwerts fürsich selber behalten könnten, statt sie wegzugehen. Aber zu solcher Konfusion führt es, wenn man Zirku-lationserscheinungen, wie Geldrückfluß, zusammenwirft mit der Verteilung des Produkts, welche durchsolche Zirkulationsphänomene nur vermittelt ist.

Und doch ist derselbe Destutt so pfiffig zu bemerken:

"Woher kommen die Revenuen dieser müßigen Leute? Kommen sie nicht aus der Rente, die ihnen ausihrem Profit diejenigen zahlen, die die Kapitale der erstern arbeiten machen, d.h. diejenigen, die mit denFonds der erstern eine Arbeit besolden, die mehr produziert als sie kostet, in einem Worte, die Industrie l-len? Auf diese muß man also immer zurückgehn, um die Quelle alles Reichtums zu finden. Sie sind es,die in Wirklichkeit die von den erstren beschäftigten Lohnarbeiter ernähren." (p. 246.)

Also jetzt ist die Zahlung dieser Rente etc. Abbruch an dem Profit der Industriellen. Vorhin war es Mittelfür sie, sich zu bereichern.

Aber ein Trost ist unserm Destutt doch geblieben. Diese braven Industriellen treiben es mit den müßigenIndustriellen wie sie es untereinander und gegen die Arbeiter getrieben haben. Sie verkaufen ihnen alleWaren zu <483> teuer, z.B. um 20%. Nun ist zweierlei möglich. Die Müßigen haben außer den 100Pfd.St., die sie jährlich von den Industriellen erhalten, noch andre Geldmittel, oder sie haben sie nicht. Imersten Fall verkaufen die Industriellen ihnen Ware und Werte von 100 Pfd.St. zum Preis sage von 120Pfd.St. Es strömen ihnen also beim Verkauf ihrer Waren nicht nur 100 Pfd.St. zurück, die sie an die Mü-ßigen gezahlt, sondern außerdem noch 20 Pfd.St., die wirklich Neuwert für sie bilden. Wie steht nun dieRechnung? Sie haben für 100 Pfd.St. Ware umsonst weggegeben, denn die 100 Pfd.St. Geld, womit siezum Teil bezahlt, waren ihr eignes Geld. Ihre eigne Ware ist ihnen also mit ihrem eignen Geld bezahltworden. Also 100 Pfd.St. Verlust. Aber sie haben außerdem 20 Pfd.St. für Überschuß des Preises überden Wert erhalten. Also 20 Pfd.St. Gewinn; dazu 100 Pfd.St. Verlust macht 80 Pfd.St. Verlust, wird nieein Plus, bleibt immer ein Minus. Die an den Müßigen verübte Prellerei hat den Verlust der Industriellenvermindert, aber deswegen nicht Verlust von Reichtum für sie in Bereicherungsmittel verwandelt. DieseMethode kann aber auf die Länge nicht gehn, da die Müßigen unmöglich jährlich 120 Pfd.St. Geld zahlenkönnen, wenn sie jährlich nur 100 Pfd.St. Geld einnehmen.

Also die andre Methode: Die Industriellen verkaufen Waren von 80 Pfd.St. Wert für die 100 Pfd.St. Geld,die sie den Müßigen bezahlt haben. In diesem Fall geben sie vor wie nach 80 Pfd.St. umsonst weg, in derForm von Rente, Zins etc. Durch diese Prellerei haben sie den Tribut an die Müßigen vermindert, aber erexistiert nach wie vor, und die Müßigen sind im Stand, nach derselben Theorie, wonach die Preise vondem guten Willen der Verkäufer abhängen, künftig 120 Pfd.St. Rente, Zins etc. für ihr Land und Kapitalzu verlangen, statt wie bisher 100 Pfd.St.

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Diese glänzende Entwicklung ist ganz des tiefen Denkers würdig, der auf der einen Seite dem A. Smithabschreibt, daß

"Arbeit die Quelle alles Reichtums ist" (p. 242),

daß die industriellen Kapitalisten

"ihr Kapital anwenden, um Arbeit zu bezahlen, die es mit Profit reproduziert" (p.246),

und auf der andern Seite schließt, daß diese industriellen Kapitalisten

"alle übrigen Menschen ernähren, allein das öffentliche Vermögen vermehren und alle unsre Mittel desGenusses schaffen" (p. 242),

daß nicht die Kapitalisten von den Arbeitern, sondern die Arbeiter von den Kapitalisten ernährt werden,und zwar aus dem brillanten Grund, weil das Geld, womit die Arbeiter gezahlt werden, nicht in ihrerHand bleibt, son- <484> dern beständig zu den Kapitalisten zurückkehrt in Zahlung der von den Arbei-tern produzierten Waren.

"Sie empfangen nur mit einer Hand und geben mit der andern zurück. Ihre Konsumtion muß also ange-sehn werden als erzeugt durch diejenigen, die sie besolden." (p. 235.)

Nach dieser erschöpfenden Darstellung der gesellschaftlichen Reproduktion und Konsumtion, wie sievermittelt ist durch die Geldzirkulation, fährt Destutt fort:

"Das ist es, was dies perpetuum mobile des Reichtums vervollständigt, eine Bewegung, die, obwohlschlecht verstanden" {mal connu <schlecht verstanden> - sicher!}, "mit Recht Zirkulation genannt wor-den ist; denn sie ist in der Tat ein Kreislauf und kommt immer zurück zu ihrem Ausgangspunkt. DieserPunkt ist derjenige, wo die Produktion sich vollzieht." (p. 239, 240.)

Destutt, that very distinguished writer, membre de l'Institut de France et de la Société Philosophique dePhiladelphie <dieser ganz ausgezeichnete Schriftsteller, Mitglied des Institut de France und der Philoso-phischen Gesellschaft von Philadelphia>, und in der Tat gewissermaßen ein Lumen unter den Vulgäröko-nomen, ersucht den Leser schließlich, die wundervolle Klarheit zu bewundern, womit er den Verlauf desgesellschaftlichen Prozesses dargestellt, den Lichtstrom, den er über den Gegenstand ausgegossen, und istsogar herablassend genug, dem Leser mitzuteilen, wo all dies Licht herkommt. Dies muß im Originalgegeben werden:

"On remarquera, j'espère, combien cette manière de considérer la consommation de nos richesses est con-cordante avec tout ce que nous avons dit à propos de leur production et de leur distribution, et en mêmetemps quelle clarté elle répand sur toute la marche de la société. D'où viennent cet accord et cette luci-dité? De ce que nous avons rencontré la vérité. Cela rappelle l'effet de ces miroirs où les objets se peig-nent nettement et dans leurs justes proportions, quand on est placé dans leur vrai point-de-vue, et où toutparaît confus et désuni, quand on en est trop près ou trop loin." <"Man wird, hoffe ich, bemerken, wiediese Art, die Konsumtion unsrer Reichtümer zu betrachten, mit allem übereinstimmt, was wir bezüglichihrer Produktion und ihrer Distribution gesagt haben, und, gleichzeitig, welche Klarheit sie über die ganzeBewegung der Gesellschaft verbreitet. Woher kommen diese Übereinstimmung und diese lichte Erkennt-nis? Daher, daß wir die Wahrheit getroffen haben. Das erinnert an die Wirkung jener Spiegel, in denensich die Gegenstände klar und in ihren richtigen Proportionen abzeichnen, wenn man den richtigenStandpunkt einnimmt, und in denen alles verworren und verzerrt erscheint, wenn man zu nahe oder zuweit entfernt steht.">(p. 242, 243.)

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Voilà le crétinisme bourgeois dans toute sa béatitude! <Da sieht man den bürgerlichen Stumpfsinn inseiner ganzen Glückseligkeit!>

Fußnoten

(42) Aus Manuskript II.

(43) Aus Manuskript VIII.

(44) Im wesentlichen aus Manuskript II. Das Schema aus Manuskript VIII.

(45) Von hier an wieder Manuskript VIII.

(46) Ad notam für etwaige Anhänger der Rodbertusschen Krisentheorie. F. E.

(47) Die Darstellung weicht hier etwas ab von der oben (S. 374 <Siehe vorl. Band >) gegebnen. Dort warfauch I eine unabhängige Summe von 500 in die Zirkulation. Hier liefert II allein das zuschüssige Geld-material für die Zirkulation. Dies ändert jedoch nichts am Schlußergebnis. - F. E.

(48) Von hier an aus Manuskript II.

(49) Von hier an Manuskript VIII.

(50) "Wenn der Wilde Bogen fabriziert, so übt er eine Industrie aus, aber er praktiziert nicht die Absti-nenz." (Senior, "Principes fondamentaux de l'Écon. Pol.", trad. Arrivabene, Paris 1836, p. 342, 343.) - "Jemehr die Gesellschaft fortschreitet, desto mehr Abstinenz erfordert sie. (Ibid., p. 342.) - Vergl. "Das Ka-pital", Buch I, Kap. XXII, 3, p. 619. <Siehe Band 23, S. 623>

(51) E. B. Tyler, "Forschungen über die Urgeschichte der Menschheit", übersetzt von H. Müller, Leipzig,ohne Datum, S. 240.

(52) Die Zahlen stimmen wieder nicht mit der frühern Annahme. Dies ist indes gleichgültig, da es nur aufdie Verhältnisse ankommt. - F. E.

(53) Ad. Soetbeer, "Edelmetall-Produktion", Gotha 1879, [S. 112]

(54) "Eine beträchtliche Menge von Naturgold (gold bullion) ... wird von den Goldgräbern direkt in dieMünze von San Francisco gebracht." - "Reports of H. M. Secretaries of Embassy and Legation", 1879,Part III, p.337.

(55) Die Untersuchung über den Austausch von neuproduziertem Gold innerhalb des konstanten Kapitalsder Abteilung I findet sich im Manuskript nicht. - F. E.

(56) Aus Manuskript II.

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Akkumulation und erweiterte Reproduktion

<485> Es wurde in Buch I gezeigt, wie die Akkumulation für den einzelnen Kapitalisten verläuft. Durchdie Versilberung des Warenkapitals wird auch das Mehrprodukt versilbert, in dem sich der Mehrwertdarstellt. Diesen so in Geld verwandelten Mehrwert rückverwandelt der Kapitalist in zuschüssige Natu-ralelemente seines produktiven Kapitals. Im nächsten Kreislauf der Produktion liefert das vergrößerteKapital ein vergrößertes Produkt. Was aber beim individuellen Kapital, muß auch erscheinen in der jähr-lichen Gesamtreproduktion, ganz wie wir gesehn bei Betrachtung der einfachen Reproduktion, daß dersukzessive Niederschlag - beim individuellen Kapital - seiner verbrauchten fixen Bestandteile in Geld,das aufgeschatzt wird, sich auch in der jährlichen gesellschaftlichen Reproduktion ausdrückt.

Wenn ein individuelles Kapital = 400c + 100v ist, der jährliche Mehrwert = 100, so ist das Warenprodukt= 400c + 100v + 100m. Diese 600 werden in Geld verwandelt. Von diesem Geld werden wieder 400cumgesetzt in Naturalform von konstantem Kapital, 100v in Arbeitskraft, und - falls der gesamte Mehrwertakkumuliert wird - außerdem 100m verwandelt in zuschüssiges konstantes Kapital, durch Umsatz in Na-turalelemente des produktiven Kapitals. Es ist dabei unterstellt: 1. daß diese Summe unter den gegebnentechnischen Bedingungen genügend ist, sei es zur Ausdehnung des fungierenden konstanten Kapitals, seies zur Anlage eines neuen industriellen Geschäfts. Es kann aber auch sein, daß die Verwandlung vonMehrwert in Geld und die Aufschatzung dieses Geldes für viel längre Zeit nötig ist, bevor dieser Prozeßstatthaben, also wirkliche Akkumulation, Erweitrung der Produktion eintreten kann. 2. Es ist vorausge-setzt, daß in der Tat schon vorher Produktion auf erweiterter Stufenleiter eingetreten; denn um das Geld(den in Geld aufgeschatzten Mehrwert) in Elemente des <486> produktiven Kapitals verwandeln zu kön-nen, müssen diese Elemente als Waren auf dem Markte kaufbar sein; es macht dabei auch keinen Unter-schied, wenn sie nicht als fertige Waren gekauft, sondern auf Bestellung angefertigt werden. Bezahlt wer-den sie erst, nachdem sie da sind, und jedenfalls nachdem mit Bezug auf sie wirkliche Reproduktion auferweiterter Stufenleiter, Ausdehnung der bisher normalen Produktion, bereits stattgefunden hat. Sie muß-ten potentiell, d.h. in ihren Elementen da sein, da es doch nur des Anstoßes der Bestellung, d.h. eines demDasein der Ware vorausgehenden Kaufs derselben und ihres antizipierten Verkaufs bedarf, damit ihreProduktion wirklich stattfinde. Das Geld auf der einen Seite ruft dann die erweiterte Reproduktion auf derandern ins Leben, weil deren Möglichkeit ohne das Geld da ist; denn Geld an sich selbst ist kein Elementder wirklichen Reproduktion.

Wenn Kapitalist A z.B. während eines Jahrs oder einer größren Anzahl von Jahren die sukzessive vonihm produzierten Mengen von Warenprodukt verkauft, so verwandelt er auch damit den Teil des Waren-produkts, der Träger des Mehrwerts ist - das Mehrprodukt -, also den von ihm in Warenform produziertenMehrwert selbst sukzessive in Geld, speichert dies nach und nach auf und bildet sich so potentielles neuesGeldkapital; potentiell wegen seiner Fähigkeit und Bestimmung, in Elemente von produktivem Kapitalumgesetzt zu werden. Tatsächlich aber vollzieht er nur einfache Schatzbildung, die kein Element derwirklichen Reproduktion ist. Seine Tätigkeit besteht dabei zunächst nur im sukzessiven Entziehn vonzirkulierendem Geld aus der Zirkulation, wobei natürlich nicht ausgeschlossen ist, daß das zirkulierendeGeld, das er so unter Schloß und Riegel sperrt, eben selbst noch - vor seinem Eintritt in die Zirkulation -Teil eines andern Schatzes war. Dieser Schatz des A, der potentiell neues Geldkapital ist, ist kein zusätz-licher gesellschaftlicher Reichtum, ebensowenig wie wenn es in Konsumtionsmitteln verausgabt würde.Aber Geld, das dem Umlauf entzogen, also vorher in ihm vorhanden war, mag vorher schon einmal alsSchatzbestandteil gelagert haben oder Geldform von Arbeitslohn gewesen sein, Produktionsmittel oderandre Ware versilbert, konstante Kapitalteile oder Revenue eines Kapitalisten zirkuliert haben. Es istebensowenig neuer Reichtum, als Geld, vom Standpunkt der einfachen Warenzirkulation aus betrachtet,Träger nicht nur seines vorhandnen, sondern seines zehnfachen Werts ist, weil es zehnmal im Tag umge-schlagen, zehn verschiedne Warenwerte realisiert hat. Die Waren sind ohne es da, und es selbst bleibt,was es ist (oder wird noch geringer durch Verschleiß) in einem Umschlag oder in zehn. Nur in der Gold-produktion - soweit das Goldprodukt Mehr- <487> produkt enthält, Träger von Mehrwert - ist neuerReichtum (potentielles Geld) geschaffen, und nur soweit das ganze neue Goldprodukt <1. und 2. Auflage.

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Geldprodukt; geändert nach der Druckvorlage von Engels> in Zirkulation tritt, vermehrt es das Geldmate-rial potentieller neuer Geldkapitale.

Obgleich kein zuschüssiger neuer gesellschaftlicher Reichtum, stellt dieser in Geldform aufgeschatzteMehrwert neues potentielles Geldkapital vor, wegen der Funktion, für die es aufgespeichert wird. (Wirwerden später sehn, daß neues Geldkapital auch auf andrem Weg, als durch allmähliche Vergoldung vonMehrwert entspringen kann.)

Geld wird der Zirkulation entzogen und als Schatz aufgespeichert durch Verkauf der Ware ohne nachfol-genden Kauf. Wird diese Operation also als allgemein vorsichgehend aufgefaßt, so scheint nicht abzu-sehn, wo die Käufer herkommen sollen, da in diesem Prozeß - und er muß allgemein aufgefaßt werden,indem jedes individuelle Kapital sich in Akkumulationsprozedur befinden kann - jeder verkaufen will, umaufzuschatzen, keiner kaufen.

Stellte man sich den Zirkulationsprozeß zwischen den verschiednen Teilen der jährlichen Reproduktionals in gerader Linie verlaufend vor - was falsch, da er mit wenigen Ausnahmen allzumal aus gegeneinan-der rückläufigen Bewegungen besteht -, so müßte man mit dem Gold- (resp. Silber-) Produzenten begin-nen, der kauft, ohne zu verkaufen, und voraussetzen, daß alle andren an ihn verkaufen. Dann ginge dasgesamte jährliche gesellschaftliche Mehrprodukt (der Träger des gesamten Mehrwerts) an ihn über, undsämtliche andre Kapitalisten verteilen pro rata unter sich sein von Natur in Geld existierendes Mehrpro-dukt, die Naturalvergoldung seines Mehrwerts; denn der Teil des Produkts des Goldproduzenten, der seinfungierendes Kapital zu ersetzen hat, ist schon gebunden und darüber verfügt. Der in Gold produzierteMehrwert des Goldproduzenten wäre dann der einzige Fonds, aus dem alle übrigen Kapitalisten die Mate-rie für Vergoldung ihres jährlichen Mehrprodukts ziehn. Er müßte also der Wertgröße nach gleich seindem ganzen gesellschaftlichen jährlichen Mehrwert, der erst in die Form von Schatz sich verpuppen muß.So abgeschmackt diese Voraussetzungen, so hülfen sie zu weiter nichts, als die Möglichkeit einer allge-meinen gleichzeitigen Schatzbildung zu erklären, womit die Reproduktion selbst, außer auf Seite derGoldproduzenten, um keinen Schritt weiter wäre.

Bevor wir diese scheinbare Schwierigkeit lösen, ist zu unterscheiden: Akkumulation in Abteilung I (Pro-duktion von Produktionsmitteln) und in Abteilung II (Produktion von Konsumtionsmitteln). Wir beginnenmit I.

1. Schatzbildung

<488> Es ist klar, daß sowohl die Kapitalanlagen in den zahlreichen Industriezweigen, woraus Klasse Ibesteht, wie die verschiednen individuellen Kapitalanlagen innerhalb jedes dieser Industriezweige, jenach ihrem Lebensalter, d.h. ihrer schon verfloßnen Funktionsdauer, ganz abgesehn von ihrem Umfang,technischen Bedingungen, Marktverhältnissen usw., sich auf verschiednen Stufen des Prozesses der suk-zessiven Verwandlung von Mehrwert in potentielles Geldkapital befinden, ob dies Geldkapital nun zurErweiterung ihres fungierenden Kapitals dienen soll oder zur Anlage neuer industrieller Geschäfte - denzwei Formen der Erweiterung der Produktion. Ein Teil der Kapitalisten verwandelt daher beständig seinzu entsprechender Größe angewachsnes potentielles Geldkapital in produktives Kapital, d.h. kauft mitdem durch Vergoldung von Mehrwert aufgeschatzten Geld Produktionsmittel, zuschüssige Elemente vonkonstantem Kapital; während ein andrer Teil noch beschäftigt ist mit der Aufschatzung seines potentiellenGeldkapitals. Kapitalisten, diesen beiden Kategorien angehörig, treten sich also gegenüber, die einen alsKäufer, die andern als Verkäufer, und jeder der beiden in dieser exklusiven Rolle.

A verkaufe z.B. 600 (= 400c + 100v + 100m) an B (der mehr als einen Käufer repräsentieren mag). Er hatfür 600 Waren verkauft, gegen 600 in Geld, wovon 100 Mehrwert darstellen, die er der Zirkulation ent-zieht, sie aufschatzt als Geld; aber diese 100 Geld sind nur die Geldform des Mehrprodukts, das der Trä-

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ger eines Werts von 100 war. Die Schatzbildung ist überhaupt keine Produktion, also von vornherein auchkein Inkrement der Produktion. Die Aktion des Kapitalisten dabei besteht nur darin, daß er das durchVerkauf des Mehrprodukts von 100 ergatterte Geld der Zirkulation entzieht, festhält und mit Beschlagbelegt. Diese Operation findet nicht nur statt auf seiten des A, sondern auf zahlreichen Punkten der Zir-kulationsperipherie von andren A´, A´´, A´´´, Kapitalisten, die alle ebenso emsig an dieser Sorte Schatz-bildung arbeiten. Diese zahlreichen Punkte, wo Geld der Zirkulation entzogen wird und sich in zahlrei-chen individuellen Schätzen, resp. potentiellen Geldkapitalen aufhäuft, scheinen ebenso viele Hindernisseder Zirkulation, weil sie das Geld immobilisieren und es seiner Zirkulationsfähigkeit für längre oder kürz-re Zeit berauben. Es ist aber zu erwägen, daß bei einfacher Warenzirkulation, lange bevor diese auf kapi-talistischer Warenproduktion begründet wird, Schatzbildung stattfindet; das in der <489> Gesellschaftvorhandne Geldquantum ist immer größer als der in aktiver Zirkulation befindliche Teil desselben, ob-gleich dieser je nach Umständen anschwillt oder abnimmt. Diese selben Schätze und dieselbe Schatzbil-dung finden wir hier wieder, aber jetzt als ein dem kapitalistischen Produktionsprozeß immanentes Mo-ment.

Man begreift das Vergnügen, wenn innerhalb des Kreditwesens alle diese potentiellen Kapitale durch ihreKonzentration in Händen von Banken usw. zu disponiblem Kapital, "loanable capital" <"verleihbaremKapital">, Geldkapital werden, und zwar nicht mehr zu passivem und als Zukunftsmusik, sondern zuaktivem, wucherndem (hier wuchern im Sinn des Wachsens).

A vollbringt diese Schatzbildung aber nur, sofern er - mit Bezug auf sein Mehrprodukt - nur als Verkäu-fer, nicht hintennach als Käufer auftritt. Seine sukzessive Produktion von Mehrprodukt - dem Träger sei-nes zu vergoldenden Mehrwerts - ist also die Voraussetzung seiner Schatzbildung. Im gegebnen Fall, wodie Zirkulation nur innerhalb Kategorie I betrachtet wird, ist die Naturalform des Mehrprodukts, wie diedes Gesamtprodukts, von dem es einen Teil bildet, Naturalform eines Elements des konstanten Kapitals I,d.h. gehört in die Kategorie der Produktionsmittel von Produktionsmitteln. Was daraus wird, d.h. zu wel-cher Funktion es dient, in der Hand der Käufer B, B´, B´´ etc., werden wir gleich sehn.

Was aber hier zunächst festzuhalten ist dies: Obgleich A Geld für seinen Mehrwert der Zirkulation ent-zieht und es aufschatzt, wirft er andrerseits Ware in sie hinein, ohne ihr <1. und 2. Auflage: ihre; geändertnach der Druckvorlage von Engels> andre Ware dafür zu entziehn, wodurch B, B´, B´´ etc. ihrerseits be-fähigt werden, Geld hineinzuwerfen und dafür nur Ware ihr zu entziehn. Im gegebnen Fall geht dieseWare, ihrer Naturalform wie ihrer Bestimmung nach, als fixes oder flüssiges Element in das konstanteKapital von B, B´ etc. ein. Über letztres mehr, sobald wir es mit dem Käufer des Mehrprodukts, dem B,B´ etc. zu schaffen haben werden.

Bemerken wir hier nebenbei: Wie vorher, bei Betrachtung der einfachen Reproduktion, finden wir hierwieder, daß der Umsatz der verschiednen Bestandteile des jährlichen Produkts, d.h. ihre Zirkulation (diezugleich Reproduktion des Kapitals, und zwar seine Wiederherstellung in seinen verschiednen Bestimmt-heiten, konstantes, variables, fixes, zirkulierendes, Geldkapital, Warenkapital umfassen muß) keineswegsbloßen Kauf von Ware voraussetzt, der sich durch nachfolgenden Verkauf, oder Verkauf, der <490> sichdurch nachfolgenden Kauf ergänzt, so daß tatsächlich nur Umsatz von Ware gegen Ware stattfände, wiedie politische Ökonomie, namentlich die Freihandelsschule seit den Physiokraten und Adam Smith, an-nimmt. Wir wissen, daß das fixe Kapital, nachdem die Auslage dafür einmal gemacht, während seinerganzen Funktionszeit nicht erneuert wird, sondern in der alten Form fortwirkt, während sein Wert sichallmählich in Geld niederschlägt. Wir sahen nun, daß die periodische Erneuerung des fixen Kapitals IIc(welcher gesamte Kapitalwert IIc sich umsetzt in Elemente zum Wert von I(v+m)) voraussetzt einerseitsbloßen Kauf des fixen Teils von IIc, der sich aus Geldform in Naturalform rückverwandelt, und welchementspricht bloßer Verkauf von Im; andrerseits voraussetzt bloßen Verkauf von seiten IIc, Verkauf desfixen (Verschleiß-) Wertteils desselben, der sich in Geld niederschlägt, und welchem entspricht bloßerKauf von Im. Damit sich hier der Umsatz normal vollziehe, ist vorauszusetzen, daß bloßer Kauf seitensIIc dem Wertumfang nach gleich sei dem bloßen Verkauf seitens IIc, und ebenso, daß der bloße Verkauf

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von Im an IIc, Teil 1, gleich sei seinem bloßen Kauf von IIc, Teil 2. (S. 440 <Siehe vorl. Band, >.) Sonstwird die einfache Reproduktion gestört; bloßer Kauf hier muß gedeckt werden durch bloßen Verkauf dort.Ebenso ist hier vorauszusetzen, daß der bloße Verkauf des schatzbildenden Teils A, A´, A´´ von Im imGleichgewicht stehe mit dem bloßen Kauf des Teils B, B´, B´´ in Im, der seinen Schatz in Elemente vonzusätzlichem produktivem Kapital verwandelt.

Soweit das Gleichgewicht dadurch hergestellt wird, daß der Käufer nachher und für den gleichen Wert-betrag als Verkäufer auftritt und umgekehrt, findet Rückfluß des Geldes statt an die Seite, die es beimKauf vorgeschossen, die zuerst verkauft hat, ehe sie wieder kaufte. Das wirkliche Gleichgewicht, mitBezug auf den Warenumsatz selbst, den Umsatz der verschiednen Teile des jährlichen Produkts, ist aberbedingt durch gleichen Wertbetrag der gegeneinander umgesetzten Waren.

Soweit aber bloß einseitige Umsätze stattfinden, Masse bloßer Käufe einerseits, Masse bloßer Verkäufeandrerseits - und wir haben gesehn, daß der normale Umsatz des jährlichen Produkts auf kapitalistischerGrundlage diese einseitigen Metamorphosen bedingt -, ist das Gleichgewicht nur vorhanden unter derAnnahme, daß der Wertbetrag der einseitigen Käufe und der Wertbetrag der einseitigen Verkäufe sichdecken. Die Tatsache, daß die Warenproduktion die allgemeine Form der kapitalistischen Produktion ist,schließt bereits die Rolle ein, die das Geld, nicht nur als Zirkulations- <491> mittel, sondern als Geldka-pital in derselben spielt, und erzeugt gewisse, dieser Produktionsweise eigentümliche Bedingungen desnormalen Umsatzes, also des normalen Verlaufs der Reproduktion, sei es auf einfacher, sei es auf erwei-terter Stufenleiter, die in ebenso viele Bedingungen des anormalen Verlaufs, Möglichkeiten von Krisenumschlagen, da das Gleichgewicht - bei der naturwüchsigen Gestaltung dieser Produktion - selbst einZufall ist.

Wir haben ebenso gesehn, daß bei dem Umsatz von Iv gegen entsprechen den Wertbetrag von IIc zwarfür IIc schließlich Ersatz von Ware II durch gleichen Wertbetrag von Ware I stattfindet, daß also seitensdes Gesamtkapitalisten II hier Verkauf der eignen Ware nachträglich sich ergänzt durch Kauf von Ware Izum selben Wertbetrag. Dieser Ersatz findet statt; es findet aber nicht statt ein Austausch seitens der Ka-pitalisten I und II in diesem Umsatz ihrer wechselseitigen Waren. IIc verkauft seine Ware an die Arbei-terklasse von I, diese tritt ihm einseitig als Warenkäufer, es tritt ihr einseitig als Warenverkäufer gegen-über; mit dem hierdurch gelösten Geld tritt, je einseitig als Warenkäufer dem Gesamtkapitalisten I gegen-über, dieser ihm bis zum Betrag von Iv einseitig als Warenverkäufer. Nur durch diesen Warenverkaufreproduziert I schließlich sein variables Kapital wieder in Form von Geldkapital. Tritt das Kapital von Idem von II einseitig als Warenverkäufer bis zum Betrag von Iv gegenüber, so seiner Arbeiterklasse ge-genüber als Warenkäufer im Ankauf ihrer Arbeitskraft; und tritt die Arbeiterklasse I dem Kapitalisten IIeinseitig als Warenkäufer gegenüber (nämlich als Käufer von Lebensmitteln), so dem Kapitalisten I ein-seitig als Warenverkäufer, nämlich als Verkäufer ihrer Arbeitskraft.

Das fortwährende Angebot der Arbeitskraft von seiten der Arbeiterklasse in I, die Rückverwandlung einesTeils des Warenkapitals I in Geldform des variablen Kapitals, der Ersatz eines Teils des Warenkapitals IIdurch Naturalelemente des konstanten Kapitals IIc - alle diese notwendigen Voraussetzungen bedingensich wechselseitig, werden aber vermittelt durch einen sehr komplizierten Prozeß, der drei unabhängigvoneinander vorgehende, aber sich miteinander verschlingende Zirkulationsprozesse einschließt. DieKompliziertheit des Prozesses selbst bietet ebensoviel Anlässe zu anormalem Verlauf.

2. Das zusätzliche konstante Kapital

Das Mehrprodukt, der Träger des Mehrwerts, kostet den Aneignern desselben, den Kapitalisten I nichts.Sie haben in keinerlei Art Geld oder <492> Waren vorzuschießen, um es zu erhalten. Vorschuß (avance)ist schon bei den Physiokraten die allgemeine Form von Wert, verwirklicht in Elementen von produkti-vem Kapital. Was sie also vorschießen, ist nichts als ihr konstantes und variables Kapital. Der Arbeiter

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erhält ihnen nicht nur durch seine Arbeit ihr konstantes Kapital; er ersetzt ihnen nicht nur den variablenKapitalwert durch einen entsprechenden neugeschaffnen Wertteil in Form von Ware; durch seine Mehr-arbeit liefert er ihnen außerdem einen in Form von Mehrprodukt existierenden Mehrwert. Durch den suk-zessiven Verkauf dieses Mehrprodukts bilden sie den Schatz, zuschüssiges potentielles Geldkapital. Imhier betrachteten Fall besteht dies Mehrprodukt von vornherein aus Produktionsmitteln von Produktions-mitteln. Erst in der Hand von B, B´, B´´ etc. (I) fungiert dies Mehrprodukt als zuschüssiges konstantesKapital; aber es ist dies virtualiter schon, bevor es verkauft wird, schon in der Hand der Schatzbildner A,A´, A´´ (I). Wenn wir bloß den Wertumfang der Reproduktion seitens I betrachten, so befinden wir unsnoch innerhalb der Grenzen der einfachen Reproduktion, denn kein zusätzliches Kapital ist in Bewegunggesetzt worden, um dies virtualiter zuschüssige konstante Kapital (das Mehrprodukt) zu schaffen, auchkeine größre Mehrarbeit, als die auf Grundlage der einfachen Reproduktion verausgabte. Der Unterschiedliegt hier nur in der Form der angewandten Mehrarbeit, der konkreten Natur ihrer besondren nützlichenWeise. Sie ist verausgabt worden in Produktionsmitteln für Ic statt für IIc, in Produktionsmitteln für Pro-duktionsmittel statt in Produktionsmitteln für Konsumtionsmittel. Bei der einfachen Reproduktion wurdevorausgesetzt, daß der ganze Mehrwert I verausgabt wird als Revenue, also in Waren II; er bestand alsonur aus solchen Produktionsmitteln, die das konstante Kapital IIc in seiner Naturalform wieder zu erset-zen haben. Damit also der Übergang von der einfachen zur erweiterten Reproduktion vor sich gehe, mußdie Produktion in Abteilung I im Stand sein, weniger Elemente des konstanten Kapitals für II, aber umebensoviel mehr für I herzustellen. Erleichtert wird dieser Übergang, der sich nicht immer ohne Schwie-rigkeit vollziehn wird, durch die Tatsache, daß eine Anzahl Produkte von I als Produktionsmittel in bei-den Abteilungen dienen können.

Es folgt also, daß - bloß dem Wertumfang nach betrachtet - innerhalb der einfachen Reproduktion dasmaterielle Substrat der erweiterten Reproduktion produziert wird. Es ist einfach direkt in Produktion vonProduktionsmitteln, in Schöpfung von virtuellem zuschüssigem Kapital I verausgabte Mehrarbeit derArbeiterklasse I. Die Bildung von virtuellem zusätzlichem Geldkapital seitens A, A´, A´´ (I) - durch suk-zessiven Verkauf ihres <493> Mehrprodukts, das ohne alle kapitalistische Geldausgabe gebildet - ist alsohier die bloße Geldform von zuschüssig produzierten Produktionsmitteln I.

Produktion von virtuellem zusätzlichem Kapital drückt also in unserm Fall (denn wie wir sehn werden,kann es sich auch ganz anders bilden) nichts aus als ein Phänomen des Produktionsprozesses selbst, Pro-duktion, in einer bestimmten Form, von Elementen des produktiven Kapitals.

Produktion auf großer Stufenleiter von zuschüssigem virtuellem Geldkapital - auf zahlreichen Punktender Zirkulationsperipherie - ist also nichts als Resultat und Ausdruck vielseitiger Produktion von virtuellzusätzlichem produktivem Kapital, dessen Entstehung selbst keine zusätzlichen Geldausgaben seitens derindustriellen Kapitalisten voraussetzt.

Die sukzessive Verwandlung dieses virtuell zusätzlichen produktiven Kapitals in virtuelles Geldkapital(Schatz) seitens A, A´, A´´ etc. (I), die durch den sukzessiven Verkauf ihres Mehrprodukts bedingt ist -also durch wiederholten einseitigen Warenverkauf ohne ergänzenden Kauf -, vollzieht sich in wiederhol-ter Entziehung von Geld aus der Zirkulation und ihr entsprechende Schatzbildung. Diese Schatzbildung -ausgenommen den Fall, wo der Goldproduzent der Käufer - unterstellt in keiner Weise zusätzlichenEdelmetallreichtum, sondern nur veränderte Funktion von bisher umlaufendem Geld. Eben fungierte esals Zirkulationsmittel, jetzt fungiert es als Schatz, als sich bildendes, virtuell neues Geldkapital. Bildungvon zusätzlichem Geldkapital und Masse des in einem Lande befindlichen edlen Metalls stehn also inkeiner ursächlichen Verbindung miteinander.

Es folgt daher ferner: Je größer das bereits in einem Lande fungierende produktive Kapital (eingerechnetdie ihm inkorporierte Arbeitskraft, die Erzeugerin des Mehrprodukts), je entwickelter die Produktivkraftder Arbeit und damit auch die technischen Mittel rascher Ausweitung der Produktion von Produktions-mitteln - je größer daher auch die Masse des Mehrprodukts nach seinem Wert wie nach der Masse derGebrauchswerte, worin er sich darstellt -, desto größer ist

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1. das virtuell zusätzliche produktive Kapital in der Form von Mehrprodukt in der Hand von A, A´, A´´etc. und

2. die Masse dieses in Geld verwandelten Mehrprodukts, also des virtuell zuschüssigen Geldkapitals inden Händen von A, A´, A´´. Wenn also Fullarton z.B. nichts von der Überproduktion im gewöhnlichenSinn wissen will, wohl aber von Überproduktion von Kapital, nämlich Geldkapital, so beweist dies wie-der, wie absolut wenig selbst die besten bürgerlichen Ökonomen vom Mechanismus ihres Systems ver-stehn.

<494> Wenn das Mehrprodukt, direkt produziert und angeeignet durch die Kapitalisten A, A´, A´´ (I), diereale Basis der Kapitalakkumulation, d.h. der erweiterten Reproduktion ist, obgleich es aktuell erst indieser Eigenschaft fungiert in den Händen von B, B´, B´´ etc. (I) - so ist es dagegen in seiner Geldverpup-pung - als Schatz und bloß sich nach und nach bildendes virtuelles Geldkapital - absolut unproduktiv,läuft dem Produktionsprozeß in dieser Form parallel, liegt aber außerhalb desselben. Es ist ein Bleige-wicht (dead weight) der kapitalistischen Produktion. Die Sucht, diesen als virtuelles Geldkapital sich auf-schatzenden Mehrwert sowohl zum Profit wie zur Revenue brauchbar zu machen, findet im Kreditsystemund in den "Papierchens" das Ziel ihres Strebens. Das Geldkapital erhält dadurch in einer andern Formden enormsten Einfluß auf den Verlauf und die gewaltige Entwicklung des kapitalistischen Produktions-systems.

Das in virtuelles Geldkapital umgesetzte Mehrprodukt wird seiner Masse nach um so größer sein, je grö-ßer die Gesamtsumme des bereits fungierenden Kapitals war, aus dessen Funktion es hervorgegangen.Bei der absoluten Vergrößerung des Umfangs des jährlich reproduzierten virtuellen Geldkapitals ist aberauch dessen Segmentation leichter, so daß es rascher in einem besondren Geschäft angelegt wird, sei es inder Hand desselben Kapitalisten, sei es in andern Händen (z.B. Familiengliedern, bei Erbteilungen etc.).Segmentation von Geldkapital meint hier, daß es ganz von Stammkapital losgetrennt wird, um als neuesGeldkapital in einem neuen selbständigen Geschäft angelegt zu werden.

Wenn die Verkäufer des Mehrprodukts A, A´, A´´ etc. (I) selbes erhalten haben als direktes Ergebnis desProduktionsprozesses, der, außer dem auch bei einfacher Reproduktion erheischten Vorschuß in konstan-tem und variablem Kapital, keine weitren Zirkulationsakte voraussetzt, wenn sie ferner damit die realeBasis der Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter liefern, in der Tat virtuell zusätzliches Kapital fabri-zieren, so verhalten sich dagegen die B, B´, B´´ etc. (I) verschieden. 1. Erst in ihrer Hand wird das Mehr-produkt der A, A´, A´´ etc. aktuell fungieren als zusätzliches konstantes Kapital (das andre Element desproduktiven Kapitals, die zusätzliche Arbeitskraft, also das zusätzliche variable Kapital, lassen wir einst-weilen außer acht); 2. damit es in ihre Hände komme, ist ein Zirkulationsakt erforderlich, sie haben dasMehrprodukt zu kaufen.

Ad 1. ist hier zu bemerken, daß ein großer Teil des Mehrprodukts (virtuell zusätzlichen konstanten Kapi-tals), produziert durch A, A´, A´´ (I), zwar in diesem Jahr produziert wird, aber erst im nächsten Jahr odernoch später aktuell in den Händen von B, B´, B´´ (I) als industrielles Kapital fun- <495> gieren kann; ad2. fragt sich, wo kommt das zu dem Zirkulationsprozeß nötige Geld her?

Soweit die Produkte, die B, B´, B´´ etc. (I) produzieren, selbst wieder in natura in ihren Prozeß eingehn,versteht es sich von selbst, daß pro tanto ein Teil ihres eignen Mehrprodukts direkt (ohne Zirkulations-vermittlung) übertragen wird in ihr produktives Kapital und hier eingeht als zuschüssiges Element deskonstanten Kapitals. Pro tanto sind sie aber auch keine Vergolder des Mehrprodukts von A, A´ etc. (I).Hiervon abgesehn, wo kommt das Geld her? Wir wissen, daß sie ihren Schatz gebildet wie A, A´ etc.,durch Verkauf ihrer respektiven Mehrprodukte, und nun ans Ziel gelangt sind, wo ihr als Schatz aufge-häuftes, nur virtuelles Geldkapital nun effektiv als zusätzliches Geldkapital fungieren soll. Aber damitdrehn wir uns nur im Zirkel. Die Frage ist immer noch, wo das Geld herkomme, das die B´s (I) früher derZirkulation entzogen und aufgehäuft?

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Wir wissen jedoch schon aus der Betrachtung der einfachen Reproduktion, daß sich eine gewisse Geld-masse in den Händen der Kapitalisten I und II befinden muß, um ihr Mehrprodukt umzusetzen. Dortkehrte das Geld, das nur zur Verausgabung als Revenue in Konsumtionsmitteln diente, zu den Kapitali-sten zurück, im Maß, wie sie es vorgeschossen zum Umsatz ihrer respektiven Waren; hier erscheint das-selbe Geld wieder, aber mit veränderter Funktion. Die A's und die B's (I) liefern sich abwechselnd dasGeld zur Verwandlung von Mehrprodukt in zusätzliches virtuelles Geldkapital und werfen abwechselnddas neugebildete Geldkapital als Kaufmittel in die Zirkulation zurück.

Das einzige, was hierbei vorausgesetzt, ist, daß die im Land befindliche Geldmasse (Umlaufsgeschwin-digkeit etc. als gleich gesetzt) hinreicht sowohl für aktive Zirkulation wie für Reserveschatz - also diesel-be Voraussetzung, die, wie wir sahn, auch bei einfacher Warenzirkulation erfüllt sein muß. Nur die Funk-tion der Schätze ist hier verschieden. Auch muß die vorhandne Geldmasse größer sein, 1. weil bei derkapitalistischen Produktion alles Produkt (mit Ausnahme des neuproduzierten Edelmetalls und der vomProduzenten selbst verbrauchten wenigen Produkte) als Ware produziert wird, also Geldverpuppungdurchmachen muß; 2. weil auf kapitalistischer Basis die Masse des Warenkapitals und dessen Wertum-fang nicht nur absolut größer ist, sondern mit ungleich größrer Geschwindigkeit wächst; 3. ein immerausgedehnteres variables Kapital sich stets in Geldkapital umsetzen muß; 4. weil mit der Erweiterung derProduktion die Bildung neuer Geldkapitale Schritt hält, also auch das Material ihrer Schatzform da seinmuß. - Gilt dies schlechthin für die erste Phase der kapitalisti- <496> schen Produktion, wo auch dasKreditsystem von vorzugsweis metallischer Zirkulation begleitet ist, so gilt es selbst soweit für die ent-wickeltste Phase des Kreditsystems, als dessen Basis die Metallzirkulation bleibt. Einerseits kann hier diezuschüssige Produktion der edlen Metalle, soweit sie abwechselnd reichlich oder spärlich, störende Ein-flüsse auf die Warenpreise ausüben, nicht nur in längren, sondern innerhalb sehr kurzer Perioden; andrer-seits ist der ganze Kreditmechanismus beständig damit beschäftigt, die wirkliche Metallzirkulation durchallerhand Operationen, Methoden, technische Einrichtungen, auf ein relativ stets abnehmendes Minimumzu beschränken - womit auch die Künstlichkeit der ganzen Maschinerie und die Chancen für Störungenihres normalen Ganges im selben Verhältnis zunehmen.

Es können die verschiednen B, B´, B´´ etc. (I), deren virtuelles neues Geldkapital als aktives in Operationtritt, wechselseitig ihre Produkte (Teile ihres Mehrprodukts) voneinander zu kaufen und aneinander zuverkaufen haben. Pro tanto fließt das der Zirkulation des Mehrprodukts vorgeschoßne Geld - bei norma-lem Verlauf - an die verschiednen B's zurück, in derselben Proportion, worin sie solches zur Zirkulationihrer respektiven Waren vorgeschossen haben. Zirkuliert das Geld als Zahlungsmittel, so sind hier nurBilanzen zu zahlen, soweit sich die wechselseitigen Käufe und Verkäufe nicht decken. Es ist aber wichtig,überall, wie es hier geschieht, zunächst die metallische Zirkulation in ihrer einfachsten, ursprünglichstenForm vorauszusetzen, weil sich damit Fluß und Rückfluß, Ausgleichung von Bilanzen, kurz alle Mo-mente, die im Kreditsystem als bewußt geregelte Verläufe erscheinen, als unabhängig vom Kreditsystemvorhanden darstellen, die Sache in naturwüchsiger Form erscheint, statt in der spätren reflektierten.

3. Das zusätzliche variable Kapital

Jetzt haben wir, da es sich bisher nur um zusätzliches konstantes Kapital gehandelt, uns zu wenden zurBetrachtung des zusätzlichen variablen Kapitals.

Es ist in Buch I weitläufig auseinandergesetzt, wie Arbeitskraft auf Basis der kapitalistischen Produktionimmer vorrätig ist und wie, wenn nötig, ohne Vergrößrung der beschäftigten Anzahl Arbeiter oder MasseArbeitskraft mehr Arbeit flüssig gemacht werden kann. Es ist daher vorderhand nicht nötig, weiter hieraufeinzugehn, vielmehr anzunehmen, daß der in variables Kapital verwandelbare Teil des neugebildetenGeldkapitals immer die Arbeitskraft vorfindet, worin es sich verwandeln soll. Es ist ebenfalls in <497>Buch I auseinandergesetzt worden, wie ein gegebnes Kapital, ohne Akkumulation, innerhalb gewisser

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Grenzen seinen Produktionsumfang erweitern kann. Hier aber handelt es sich um Kapitalakkumulation imspezifischen Sinn, so daß die Erweiterung der Produktion bedingt ist durch Verwandlung von Mehrwertin zuschüssiges Kapital, also auch durch erweiterte Kapitalbasis der Produktion.

Der Goldproduzent kann einen Teil seines goldnen Mehrwerts als virtuelles Geldkapital akkumulieren;sobald es den nötigen Umfang erreicht, kann er es direkt in neues variables Kapital umsetzen, ohne daß erdazu erst sein Mehrprodukt verkaufen muß; ebenso kann er es umsetzen in Elemente des konstanten Ka-pitals. Doch muß er im letztren Fall diese sachlichen Elemente seines konstanten Kapitals vorfinden; seies, wie bei der bisherigen Darstellung angenommen wurde, daß jeder Produzent auf Lager arbeitet unddann seine fertige Ware auf den Markt bringt, sei es, daß er auf Bestellung arbeitet. Die reale Erweiterungder Produktion, d.h. das Mehrprodukt, ist in beiden Fällen vorausgesetzt, das eine Mal als wirklich vor-handen, das andre Mal als virtuell vorhanden, lieferbar.

II. Akkumulation in Abteilung II

Wir haben bisher vorausgesetzt, daß die A, A´, A´´ (I) ihr Mehrprodukt verkaufen an die B, B´, B´´ etc.,die derselben Abteilung I angehören. Gesetzt aber, A (I) vergolde sein Mehrprodukt durch Verkauf aneinen B aus Abteilung II. Dies kann nur dadurch geschehn, daß, nachdem A (I) an B (II) Produktionsmit-tel verkauft, er nicht hinterher Konsumtionsmittel kauft; also nur durch einseitigen Verkauf seinerseits.Sofern nun IIc aus Form von Warenkapital in die Naturalform von produktivem konstantem Kapital nurumsetzbar dadurch, daß nicht nur Iv, sondern auch wenigstens ein Teil von Im sich umsetzt gegen einenTeil von IIc, welches IIc in Form von Konsumtionsmitteln existiert; nun aber A sein Im dadurch vergol-det, daß dieser Umsatz nicht vollzogen wird, unser A vielmehr das im Verkauf seines Im von II gelösteGeld der Zirkulation entzieht, statt es in Kauf von Konsumtionsmitteln IIc umzusetzen - so findet zwarauf Seite des A (I) Bildung von zusätzlichem virtuellem Geldkapital statt; aber auf der andren Seite liegtein dem Wertumfang nach gleicher Teil des konstanten Kapitals von B (II) fest in der Form von Waren-kapital, ohne sich in die Naturalform von produktivem, konstantem Kapital umsetzen zu können. In an-dern <498> Worten: Ein Teil der Waren des B (II), und zwar prima facie <auf den erten Blick> ein Teil,ohne dessen Verkauf er sein konstantes Kapital nicht ganz in produktive Form rückverwandeln kann, istunverkäuflich geworden; mit Bezug auf ihn findet daher Überproduktion statt, welche ebenfalls mit Be-zug auf ihn die Reproduktion - selbst auf gleichbleibender Stufenleiter - hemmt.

In diesem Fall ist also das zusätzliche virtuelle Geldkapital auf seiten von A (I) zwar vergoldete Form vonMehrprodukt (Mehrwert); aber Mehrprodukt (Mehrwert) als solches betrachtet ist hier Phänomen einfa-cher Reproduktion, noch nicht Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. I(v+m), wo dies jedenfalls voneinem Teil von m gilt, muß sich umsetzen schließlich gegen IIc, damit die Reproduktion von IIc aufgleichbleibender Stufenleiter vor sich gehe. A (I), durch den Verkauf seines Mehrprodukts an B (II), hatdiesem einen entsprechenden Wertteil konstanten Kapitals in Naturalform geliefert, aber zugleich durchEntziehung des Geldes aus der Zirkulation - durch unterlaßne Vervollständigung seines Verkaufs mittelstnachfolgendem Kauf - einen dem Wert nach gleichen Warenteil des B (II) unverkäuflich gemacht. Fassenwir also die gesamte gesellschaftliche Reproduktion ins Auge - die gleichmäßig die Kapitalisten I und IIumschließt -, so drückt die Verwandlung des Mehrprodukts von A (I) in virtuelles Geldkapital die Nicht-Rückverwandelbarkeit eines dem Wertumfang nach gleichen Warenkapitals von B (II) in produktives(konstantes) Kapital aus; also nicht virtuell Produktion auf erweiterter Stufenleiter, sondern Hemmungder einfachen Reproduktion, also Defizit in der einfachen Reproduktion. Da die Bildung und der Verkaufdes Mehrprodukts von A (I) selbst normale Phänomene der einfachen Reproduktion sind, so haben wirhier auf Grundlage schon der einfachen Reproduktion folgende einander bedingende Phänomene: Bildungvon virtuell zuschüssigem Geldkapital bei Klasse I (daher Unterkonsumtion vom Standpunkt von II);Festsetzung von Warenvorräten bei Klasse II, die nicht rückverwandelbar in produktives Kapital (alsorelative Überproduktion bei II); überschüssiges Geldkapital bei I und Defizit in der Reproduktion bei II.

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Ohne bei diesem Punkt länger zu verweilen, bemerken wir nur: Es ist bei Darstellung der einfachen Re-produktion vorausgesetzt worden, daß der ganze Mehrwert I und II als Revenue verausgabt wird. In derTat aber wird ein Teil des Mehrwerts als Revenue verausgabt, ein andrer Teil in Kapital verwandelt.Wirkliche Akkumulation findet nur unter dieser Voraussetzung statt. Daß die Akkumulation sich auf Ko-sten der Konsumtion vollziehe, ist - <499> so allgemein gefaßt - selbst eine Illusion, die dem Wesen derkapitalistischen Produktion widerspricht, indem sie voraussetzt, daß ihr Zweck und treibendes Motiv dieKonsumtion sei, nicht aber die Ergatterung von Mehrwert und seine Kapitalisation, d.h. Akkumulation.

Betrachten wir nun die Akkumulation in Abteilung II etwas näher.

Die erste Schwierigkeit mit Bezug auf IIc, d.h. seine Rückverwandlung aus einem Bestandteil des Wa-renkapitals II in die Naturalform von konstantem Kapital II, betrifft die einfache Reproduktion. Nehmenwir das frühere Schema:

(1.000v + 1.000m) I setzen sich um gegen:2.000 IIc.

Wird nun z.B. die Hälfte des Mehrprodukts I, also 1.000/2 m oder 500 Im wieder selbst als konstantes Ka-pital der Abteilung I einverleibt, so kann dieser in I rückbehaltne Teil des Mehrprodukts keinen Teil vonIIc ersetzen. Statt in Konsumtionsmittel umgesetzt zu werden (und hier in dieser Abteilung der Zirkulati-on zwischen I und II findet - im Unterschied von dem durch die Arbeiter I vermittelten Ersatz von 1.000IIc durch 1.000 Iv - wirklicher wechselseitiger Austausch, also doppelseitiger Stellenwechsel der Warenstatt), soll es als zusätzliches Produktionsmittel in I selbst dienen. Es kann diese Funktion nicht gleichzei-tig in I und II verrichten. Der Kapitalist kann den Wert seines Mehrprodukts nicht in Konsumtionsmittelnverausgaben und gleichzeitig das Mehrprodukt selbst produktiv konsumieren, d.h. seinem produktivenKapital einverleiben. Statt 2.000 I(v+m) sind also nur 1.500, nämlich (1.000v + 500m) I umsetzbar in2.000 IIc; es sind also 500 II aus ihrer Warenform nicht rückverwandelbar in produktives (konstantes)Kapital II. Es fände also in II eine Überproduktion statt, ihrem Umfang nach genau entsprechend demUmfang der in I vorgegangnen Erweiterung der Produktion. Die Überproduktion von II würde vielleichtso sehr auf I reagieren, daß selbst der Rückfluß der von den Arbeitern I in Konsumtionsmittel II veraus-gabten 1.000 nur teilweis stattfände, diese 1.000 also nicht in Form von variablem Geldkapital in dieHände der Kapitalisten I zurückkehrten. Diese letztren fänden sich so gehemmt selbst in der Reprodukti-on auf gleichbleibender Stufenleiter, und zwar durch den bloßen Versuch, sie zu erweitern. Und dabei istzu erwägen, daß in I tatsächlich nur einfache Reproduktion stattgefunden und daß nur die Elemente, wie<500> sie sich im Schema finden, zum Behuf einer Erweiterung in der Zukunft, sage im nächsten Jahr,verschieden gruppiert sind.

Man könnte diese Schwierigkeit zu umgehn versuchen - so: die 500 IIc, die auf Lager der Kapitalistenliegen und die nicht unmittelbar in produktives Kapital umsetzbar sind, sind so weit entfernt, Überpro-duktion zu sein, daß sie umgekehrt ein notwendiges Element der Reproduktion darstellen, welches wirbisher vernachlässigt haben. Man sah, daß Geldvorrat sich an vielen Punkten aufhäufen, also der Zirkula-tion entzogen werden muß, teils um die Bildung von neuem Geldkapital innerhalb I selbst zu ermögli-chen, teils um den Wert des sich allmählich verzehrenden fixen Kapitals transitorisch in Geldform festzu-halten. Da aber bei der Darstellung des Schemas alles Geld und alle Waren sich von vornherein aus-schließlich in den Händen der Kapitalisten I und II befinden, weder Kaufmann, noch Geldhändler, nochBankier, noch bloß konsumierende und nicht direkt in der Warenproduktion beteiligte Klassen hier exi-stieren - so ist ebenfalls die beständige Bildung von Warenlagern, hier in den Händen ihrer respektivenProduzenten selbst, unentbehrlich, um die Maschinerie der Reproduktion in Gang zu halten. Die 500 IIc,die auf Lager der Kapitalisten II liegen, stellen also den Warenvorrat an Konsumtionsmitteln dar, der dieKontinuität des in die Reproduktion eingeschloßnen Konsumtionsprozesses vermittelt, hier also denÜbergang eines Jahrs ins andre. Der Konsumtionsfonds, der hier noch in den Händen seiner Verkäuferund zugleich Produzenten befindlich ist, kann nicht dieses Jahr auf Null herabsinken, um nächstes Jahr

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mit Null zu beginnen, so wenig dies beim Übergang vom heutigen Tag zum folgenden der Fall sein kann.Da beständige Neubildung solcher Warenlager, wenn auch in wechselndem Umfang, statthaben muß, somüssen unsre kapitalistischen Produzenten II ein Geldreservekapital haben, das sie befähigt, mit ihremProduktionsprozeß fortzufahren, obgleich ein Teil ihres produktiven Kapitals vorübergehend festliegt inWarenform. Sie verbinden ja der Voraussetzung nach das ganze Kaufmannsgeschäft mit dem Produkti-onsgeschäft; sie müssen also auch über das zusätzliche Geldkapital verfügen, das, bei Verselbständigungder einzelnen Funktionen des Reproduktionsprozesses unter verschiedne Sorten von Kapitalisten, sich inden Händen der Kaufleute befindet.

Es ist hierauf zu erwidern: 1. solche Vorratbildung und ihre Notwendigkeit gilt für alle Kapitalisten, so-wohl I wie II. Als bloße Warenverkäufer betrachtet, unterscheiden sie sich nur dadurch, daß sie Warenverschiedner Sorten verkaufen. Der Vorrat in Waren II unterstellt einen frühern Vorrat in Waren I. Ver-nachlässigen wir diesen Vorrat auf der einen Seite, so <501> müssen wir es auch auf der andern. Ziehnwir ihn aber auf beiden Seiten in Betracht, so wird am Problem nichts geändert. - 2. Wie dies Jahr aufSeite II mit einem Warenvorrat für nächstes abschließt, so hat es begonnen mit einem Warenvorrat aufderselben Seite, überliefert vom vorigen Jahr. Bei Analyse der jährlichen Reproduktion - auf ihren ab-straktesten Ausdruck reduziert - müssen wir ihn also beidemal streichen. Indem wir diesem Jahr seineganze Produktion lassen, also auch das, was es als Warenvorrat an nächstes Jahr abgibt, nehmen wir ihmaber auch andrerseits den Warenvorrat, den es vom vorigen Jahr bekommen, und haben damit in der Tatdas Gesamtprodukt eines Durchschnittsjahrs als Gegenstand der Analyse vor uns. - 3. Der einfache Um-stand, daß die Schwierigkeit, die umgangen werden soll, uns nicht aufstieß bei Betrachtung der einfachenReproduktion, beweist, daß es sich um ein spezifisches Phänomen handelt, das nur der verschiednenGruppierung (mit Bezug auf Reproduktion) der Elemente I geschuldet ist, einer veränderten Gruppierung,ohne welche überhaupt keine Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter stattfinden könnte.

III. Schematische Darstellung der Akkumulation

Wir betrachten nun die Reproduktion nach folgendem Schema:

I. 4.000c +1.000v+

1.000m =6.000

Schemaa)

II. 1.500c +376v + 376m = 2.252} Summa = 8.252

Man bemerkt zunächst, daß die Gesamtsumme des jährlichen gesellschaftlichen Produkts = 8.252 kleinerist als im ersten Schema, wo sie = 9.000 war. Wir könnten ebensogut eine viel größre Summe nehmen, siemeinetwegen verzehnfachen. Eine kleinre Summe als in Schema I ist gewählt, gerade um augenfällig zumachen, daß die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter (die hier nur als mit größrer Kapitalanlagebetriebne Produktion gefaßt wird) mit der absoluten Größe des Produkts nichts zu tun hat, daß sie für einegegebne Warenmasse nur ein verschiednes Arrangement oder verschiedne Funktionsbestimmung derverschiednen Elemente des gegebnen Produkts voraussetzt, dem Wertumfang nach also zunächst nureinfache Reproduktion ist. Nicht die Quantität, sondern die qualitative Bestimmung der gegebnen Ele-mente der einfachen Reproduktion ändert sich, und diese Änderung ist die materielle Voraussetzung derspäter folgenden Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter.

<502> Wir könnten das Schema verschieden darstellen bei verschiednen Verhältnissen zwischen varia-blem und konstantem Kapital; z.B. so:

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I. 4.000c +875v + 875m =5.750Schema

b) II. 1.750c +376v + 376m =2.502

} Summa = 8.252

So erschiene es als arrangiert für Reproduktion auf einfacher Stufenleiter, so daß der Mehrwert ganz alsRevenue verausgabt und nicht akkumuliert würde. In beiden Fällen, unter a) wie unter b) haben wir einjährliches Produkt vom selben Wertumfang, nur das eine Mal sub b) mit solcher Funktionsgruppierungseiner Elemente, daß die Reproduktion auf derselben Stufenleiter wieder beginnt, während sie sub a) diematerielle Basis der Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter bildet. Sub b) nämlich setzen sich (875v +875m) I = 1.750 I(v+m) ohne Überschuß um gegen 1.750 IIc, während sub a) (1.000c + 1.000m) I =2.000 I(v+m) im Umsatz mit 1.500 IIc einen Überschuß von 500 Im für die Akkumulation bei Klasse Iübrig lassen.

Nun zur nähern Analyse des Schema a). Unterstellen wir, daß sowohl in I wie in II eine Hälfte des Mehr-werts, statt als Revenue ausgegeben zu werden, akkumuliert, d.h. in Element von zuschüssigem Kapitalverwandelt wird. Da die Hälfte von 1.000 Im = 500 in einer oder der andern Form akkumuliert, als zu-schüssiges Geldkapital angelegt, d.h. in zuschüssiges produktives Kapital verwandelt werden soll, sowerden nur (1.000v + 500m) I als Revenue verausgabt. Als normale Größe von IIc figuriert daher hierauch nur 1.500. Der Umsatz zwischen 1.500 I(v+m) und 1.500 IIc ist nicht weiter zu untersuchen, da erals Prozeß der einfachen Reproduktion bereits dargestellt; ebensowenig kommt 4000 Ic in Betracht, dasein Rearrangement für die neubeginnende Reproduktion (die diesmal auf erweiterter Stufenleiter statt-findet) ebenfalls als Prozeß der einfachen Reproduktion erörtert wurde.

Was also hier allein zu untersuchen bleibt, ist: 500 Im und (376v + 376m) II, soweit einerseits die innernVerhältnisse sowohl von I wie von II in Betracht kommen, andrerseits die Bewegung zwischen den bei-den. Da vorausgesetzt ist, daß in II ebenfalls die Hälfte des Mehrwerts akkumuliert werden soll, so sindhier in Kapital zu verwandeln 188, davon 1/4 in variables = 47, sage der rundren Zahl wegen 48; bleibt inkonstantes zu verwandeln 140.

<503> Wir stoßen hier auf ein neues Problem, dessen bloße Existenz der laufenden Einsicht, daß Wareneiner Art sich gegen Waren andrer Art, ditto Waren gegen Geld und dasselbige Geld wieder gegen Wareandrer Art auszutauschen pflegt, wunderlich erscheinen muß. Die 140 IIm können nur dadurch in pro-duktives Kapital verwandelt werden, daß sie ersetzt werden durch einen Teil der Waren Im zum selbenWertbetrag. Es versteht sich von selbst, daß der mit IIm umzusetzende Teil von Im aus Produktionsmit-teln bestehn muß, die entweder sowohl in die Produktion von I wie in die von II oder aber ausschließlichnur in die von II eingehn können. Dieser Ersatz kann nur geschehn durch einseitigen Kauf seitens II, dadas ganze noch zu betrachtende Mehrprodukt 500 Im zur Akkumulation innerhalb I dienen soll, also nichtausgetauscht werden kann gegen Waren II, in andern Worten, von I nicht gleichzeitig akkumuliert undaufgegessen werden kann. II muß 140 Im also mit barem Geld kaufen, ohne daß dies Geld zu ihm zurück-flösse durch nachfolgenden Verkauf seiner Ware an I. Und zwar ist dies ein beständig, bei jeder jährli-chen Neuproduktion, soweit sie Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter, sich wiederholender Prozeß.Wo springt dafür die Geldquelle in II?

II scheint im Gegenteil für die die wirkliche Akkumulation begleitende und bei kapitalistischer Produkti-on sie bedingende Bildung von neuem Geldkapital, die faktisch zunächst als einfache Schatzbildung sichdarstellt, ein durchaus unergiebiges Feld.

Zunächst haben wir 376 IIv; das Geldkapital von 376, vorgeschossen in Arbeitskraft, kehrt durch denAnkauf in Waren II beständig als variables Kapital in Geldform zu dem Kapitalisten II zurück. Diesebeständig sich wiederholende Entfernung vom und Rückkehr zum Ausgangspunkt - der Tasche des Ka-pitalisten - vermehrt das in diesem Kreislauf sich herumreibende Geld in keiner Weise. Dies also ist keine

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Quelle von Geldakkumulation; dies Geld kann dieser Zirkulation auch nicht entzogen werden, um aufge-schatztes, virtuell neues Geldkapital zu bilden.

Aber halt! ist hier nicht ein Profitchen zu machen?

Wir müssen nicht vergessen, daß die Klasse II den Vorzug vor Klasse I besitzt, daß die Arbeiter, die sieanwendet, die von ihnen selbst produzierten Waren von ihr wieder zu kaufen haben. Klasse II ist Käuferder Arbeitskraft und zugleich Verkäufer von Waren an die Besitzer der von ihr angewandten Arbeitskraft.Klasse II kann also:

1. und das hat sie mit den Kapitalisten der Klasse I gemein, einfach den Lohn unter seine normale Durch-schnittshöhe herabdrücken. Dadurch wird ein Teil des als Geldform des variablen Kapitals fungierendenGeldes frei- <504> gesetzt, und dies könnte bei beständiger Wiederholung desselben Prozesses eine nor-male Quelle der Schatzbildung, also auch der Bildung von virtuell zuschüssigem Geldkapital in Klasse IIwerden. Mit zufälligem Schwindelprofit haben wir es natürlich hier, wo es sich von normaler Kapitalbil-dung handelt, nicht zu schaffen. Es darf aber nicht vergessen werden, daß der wirklich gezahlte normaleArbeitslohn (der ceteris paribus die Größe des variablen Kapitals bestimmt) keineswegs aus Güte derKapitalisten gezahlt wird, sondern unter gegebnen Verhältnissen gezahlt werden muß. Damit ist dieseErklärungsweise beseitigt. Wenn wir 376v als das von Klasse II zu verausgabende variable Kapital vor-aussetzen, dürfen wir, um ein neu aufstoßendes Problem zu erklären, nicht plötzlich die Hypothese unter-schieben, daß sie etwa nur 350v vorschießt und nicht 376v.

2. Andrerseits aber hat die Klasse II, als Gesamtheit betrachtet, wie gesagt, den Vorzug vor Klasse I, daßsie zugleich Käufer der Arbeitskraft und ebenso Wiederverkäufer ihrer Ware an ihre eignen Arbeiter ist.Und wie dies ausgebeutet werden kann - wie nominell der normale Arbeitslohn gezahlt werden, in der Tataber ein Teil davon ohne entsprechendes Warenäquivalent wieder zurückgeschnappt, alias zurückgestoh-len werden kann; wie dies teils vermittelst des Trucksystems, teils vermittelst Fälschung (wenn auchvielleicht legal nicht faßbarer) des zirkulierenden Mediums fertig gebracht werden kann -, davon liegen injedem industriellen Land die handgreiflichsten Data vor. Z.B. in England und in den Vereinigten Staaten.(Bei dieser Gelegenheit dies an artigen Exempeln etwas auszuspinnen.) Es ist dies dieselbe Operation wiesub 1., nur verkleidet und auf einem Umweg exekutiert. Sie ist also hier ebensosehr zurückzuweisen wiejene. Es handelt sich hier um wirklich, nicht nominell gezahlten Arbeitslohn.

Man sieht, bei der objektiven Analyse des kapitalistischen Mechanismus sind gewisse, demselben nochextraordinär anklebende Schandflecken nicht als Ausflüchte zur Beseitigung theoretischer Schwierigkei-ten zu verwerten. Aber sonderbarerweise schreit die große Mehrzahl meiner bürgerlichen Kritiker, als obich z.B. in Buch I des "Kapital" durch die Annahme, daß der Kapitalist den wirklichen Wert der Arbeits-kraft zahlt, was er großenteils nicht tut, selbigen Kapitalisten ein Unrecht angetan hätte! (Hier kannSchäffle mit der mir beigelegten Großmut zitiert werden.)

Mit 376 IIv ist also zu dem erwähnten Zweck nichts anzustellen.

Aber noch bedenklicher scheint's mit dem 376 IIm zu stehn. Hier stehn sich nur Kapitalisten derselbenKlasse gegenüber, die die von ihnen produzierten Konsumtionsmittel wechselseitig aneinander verkaufenund voneinander kaufen. Das zu diesem Umsatz nötige Geld fungiert nur als Zir- <505> kulationsmittelund muß bei normalem Verlauf zu den Beteiligten zurückfließen, in dem Maß, wie sie es der Zirkulationvorgeschossen haben, um stets von neuem dieselbe Bahn zu durchlaufen.

Entziehung dieses Geldes aus der Zirkulation zur Bildung von virtuell zusätzlichem Geldkapital scheintnur auf zweierlei Weg möglich. Entweder ein Teil der Kapitalisten II beschwindelt den andern und bringtso Geldraub zu Weg. Zur Bildung von neuem Geldkapital ist, wie wir wissen, keine vorläufige Erweite-rung des umlaufenden Mediums nötig; es ist nichts nötig, als daß das Geld von gewissen Seiten her derZirkulation entzogen und als Schatz auf gespeichert wird. Daß das Geld gestohlen sein kann, und daher

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Bildung von zusätzlichem Geldkapital unter einem Teil der Kapitalisten II verbunden sein kann mit posi-tivem Geldverlust eines andern Teils, würde nichts zur Sache tun. Der beschwindelte Teil der KapitalistenII würde etwas weniger flott leben müssen, das wäre aber auch alles.

Oder aber, ein in notwendigen Lebensmitteln sich darstellender Teil von IIm wird direkt in neues varia-bles Kapital innerhalb Abteilung II verwandelt. Wie dies geschieht, wird am Schluß dieses Kapitels (unterNr. IV) untersucht werden.

1. Erstes Beispiel

A) Schema einfacher ReproduktionI. 4.000c + 1.000v + 1.000m

=6.000

II. 2.000c + 500v + 500m = 3.000} Summa = 9.000

B) Ausgangsschema für Reproduktion* auf erweiterter Stufenleiter

<* 1. und 2. Auflage: Akkumulation>

I. 4.000c + 1.000v + 1.000m=

6.000

II. 1.500c + 750v + 750m = 3.000} Summa = 9.000

Angenommen, daß in Schema B die Hälfte des Mehrwerts von I akkumuliert wird, also 500, so erhaltenwir zunächst (1.000v + 500m) I oder 1.500 I(v+m) zu ersetzen durch 1.500 IIc; es bleibt dann in I: 4.000c+ 500m, welche letztre zu akkumulieren. Die Ersetzung von (1.000v + 500m) I durch 1.500 IIc ist einProzeß der einfachen Reproduktion und schon bei letztrer erläutert.

Nehmen wir an, daß von den 500 Im 400 in konstantes Kapital zu verwandeln, 100 in variables. Der Um-satz innerhalb I der 400m, die so kapi- <506> talisiert werden sollen, ist bereits erörtert; sie können alsoohne weitres annexiert werden an Ic, und wir erhalten dann für I:

4.400c + 1.000v + 100m (die in 100v umzusetzen sind).

Seinerseits kauft II zum Zweck der Akkumulation von I die 100 Im (in Produktionsmitteln existierend),die nun zuschüssiges konstantes Kapital von II bilden, während die 100 Geld, die es dafür zahlt, in Geld-form des zuschüssigen variablen Kapitals von I verwandelt werden. Wir haben dann für I ein Kapital von4.400c + 1.100v (die letztren in Geld) =5.500.

II hat jetzt für konstantes Kapital 1.600c; es muß zu deren Bearbeitung weitre 50v in Geld für Ankaufneuer Arbeitskraft zuschießen, so daß sein variables Kapital von 750 auf 800 wächst. Diese Ausdehnungdes konstanten wie variablen Kapitals von II um zusammen 150 wird bestritten aus seinem Mehrwert;von den 750 IIm bleiben also nur 600m als Konsumtionsfonds der Kapitalisten II, deren Jahresproduktsich nun verteilt wie folgt:

II. 1.600c + 800v + 600m (Konsumtionsfonds) = 3.000.

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Die in Konsumtionsmitteln produzierten 150m, die hier in (100c + 50v) II umgesetzt, gehn in ihrer Natu-ralform ganz in die Konsumtion der Arbeiter ein: 100 werden verzehrt von den Arbeitern I (100 Iv) und50 von den Arbeitern II (50 IIv), wie oben auseinandergesetzt. In der Tat muß in II, wo sein Gesamtpro-dukt in einer für die Akkumulation nötigen Form zubereitet wird, ein um 100 größrer Teil des Mehrwertsin Form von notwendigen Konsumtionsmitteln reproduziert werden. Beginnt wirklich die Reproduktionauf erweiterter Stufenleiter, so fließen die 100 variables Geldkapital von I durch die Hände seiner Arbei-terklasse zurück an II; welches dagegen 100m in Warenvorrat an I überträgt und zugleich 50 in Waren-vorrat an seine eigne Arbeiterklasse.

Das zum Zweck der Akkumulation veränderte Arrangement steht nun wie folgt:

I. 4.400c+

1.100v+

500 Konsumtions-fonds =

6.000

II. 1.600c+

800v + 600 Konsumtions-fonds =

3.000

Summa 9.000 wie oben.

Davon sind Kapital:

I. 4.400c + 1.100v (Geld)=

5.500

II. 1.600c + 800v (Geld) = 2.400} = 7.900

während die Produktion begann mit:

I. 4.000c + 1.000v = 5.000II. 1.500c + 750v = 2.250

} = 7.250

<507> Geht die wirkliche Akkumulation nun auf dieser Basis vor sich, d.h., wird mit diesem vermehrtenKapital nun wirklich produziert, so erhalten wir am Ende des nächsten Jahres:

I. 4.400c + 1.100v + 1.100m=

6.600

II. 1.600c + 800v + 800m = 3.200} = 9.800

Es werde nun sub I in derselben Proportion fortakkumuliert; also 550m als Revenue verausgabt, 550makkumuliert. Zunächst werden dann 1.100 Iv ersetzt durch 1.100 IIc <1. und 2. Auflage: Ic, geändert nachder Druckvorlage von Engels>, ferner sind noch 550 Im zu realisieren in einem gleichen Betrag von Wa-ren II; also zusammen 1.650 I(v+m). Aber das zu ersetzende konstante Kapital von II ist nur = 1.600, dieübrigen 50 müssen also ergänzt werden aus 800 IIm. Wenn wir hier zunächst vom Geld absehn, so habenwir als Resultat dieser Transaktion:

I. 4.400c + 550m (welche zu kapitalisieren sind); daneben in Konsumtionsfonds der Kapitalisten undArbeiter 1.650(v+m), realisiert in Waren IIc.

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

330

II. 1.650c (nämlich 50 zugefügt nach Obigem aus IIm) + 800v + 750m (Konsumtionsfonds der Kapitali-sten).

Wenn aber das alte Verhältnis von v zu c in II bleibt, so müssen für 50c weitre 25v ausgelegt werden;diese sind zu nehmen von den 750m; wir erhalten also:

II. 1.650c + 825v + 725m.

Sub I ist zu kapitalisieren 550m; wenn das frühere Verhältnis bleibt, so bilden davon 440 konstantes Ka-pital und 110 variables Kapital. Diese 110 sind eventuell zu schöpfen aus 725 IIm, d.h. Konsumtionsmit-tel zum Wert von 110 werden von den Arbeitern I verzehrt statt von Kapitalisten II, diese letztren alsogezwungen, diese 110m, die sie nicht verzehren können, zu kapitalisieren. Dies läßt von den 725 IImübrig 615 IIm. Wenn aber so II diese 110 in zusätzliches konstantes Kapital verwandelt, so braucht es einferneres zusätzliches variables Kapital von 55; dies muß wieder von seinem Mehrwert gestellt werden;abgezogen von 615 IIm läßt es übrig 560 für Konsumtion der Kapitalisten II, und wir erhalten nun, nachVollziehung aller aktuellen und potentiellen Übertragungen, an Kapitalwert:

I. (4.400c + 440c) + (1.100v + 110v) = 4.840c + 1.210v= 6.050

II. (1.600c + 50c) + (800v + 25v + 55v)= 1.760c + 88v = 2.640

8.690.

<508> Soll die Sache normal abgehn, so muß die Akkumulation in II sich rascher vollziehn als in I, weilder Teil von I(v+m), der in Waren IIc umzusetzen ist, sonst rascher wächst als IIc, gegen das allein er sichumsetzen kann.

Wird die Reproduktion auf dieser Grundlage und bei sonst gleichbleibenden Umständen fortgesetzt, soerhalten wir am Schluß des folgenden Jahrs.

I. 4.840c + 1.210v+

1.210m=

7.260

II. 1.760c + 880v + 880m = 3.520} = 10.780.

Bei gleichbleibender Teilungsrate des Mehrwerts ist zunächst als Revenue zu verausgaben von I: 1.210vund die Hälfte von m = 605, zusammen = 1.815. Dieser Konsumtionsfonds ist wieder größer um 55 alsIIc. Die 55 sind abzuziehn von 880m, bleiben 825. 55 IIm in IIc verwandelt, setzt fernern Abzug von IImvoraus für entsprechendes variables Kapital = 271/2; bleibt zu verzehren 7971/2 IIm.

Es sind jetzt zu kapitalisieren in I: 605m; davon konstant 484, und variabel 121; letztre sind abzuziehnvon IIm, das jetzt noch = 7971/2, läßt 6761/2 IIm. II verwandelt also weitre 121 in konstantes Kapital undbraucht dafür weitres variables Kapital - 601/2; dies geht ebenfalls von 6761/2 ab; bleiben 616 zu verzeh-ren.

Wir haben dann an Kapital:

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331

I. Konstant 4.840 + 484 = 5.324Variabel 1.210 + 121 = 1.331.

II. Konstant 1.760 + 55 + 121 = 1.936.Variabel 880 + 271/2 + 601/2 = 968.

I. 5.324c+

1.331v=

6.655

Zusammen:II. 1.936c

+968v = 2.904

} = 9.559.

und am Ende des Jahres an Produkt:

I. 5.324c+

1.331v+

1.331v=

7.986

II. 1.936c+

968v + 968v = 3.872} = 11.858.

Mit Wiederholung derselben Rechnung und Abrundung der Brüche erhalten wir am Schluß des folgendenJahrs ein Produkt von:

I. 5.856c+

1.464v+

1.464m=

8.784

II. 2.129c+

1.065v+

1.065m=

4.259} = 13.043.

Und am Schlusse des nächstfolgenden Jahres:

I. 6.442c+

1.610v+

1.610m=

9.662

II. 2.342c+

1.172v+

1.172m=

4.686} = 14.384.

<509> Im Verlauf von fünfjähriger Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ist das Gesamtkapital von Iund II gestiegen von 5.500c + 1.750v = 7.250 auf 8.784v + 2.782v = 11.566, also im Verhältnis von 100 :160. Der Gesamtmehrwert war ursprünglich 1.750, er ist 2.782. Der verzehrte Mehrwert war anfangs 500für I und 600 für II, zusammen = 1.100; er war im letzten Jahr 732 für I und 745 für II, zusammen =1.477. Er ist also gewachsen im Verhältnis von 100 : 134.

2. Zweites Beispiel

Nehmen wir nun das jährliche Produkt von 9.000, das sich allzusamt als Warenkapital in der Hand derindustriellen Kapitalistenklasse befindet, in einer Form, wo das allgemeine Durchschnittsverhältnis des

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

332

variablen und konstanten Kapitals das von 1 : 5 ist. Es setzt dies voraus: schon bedeutende Entwicklungder kapitalistischen Produktion und, dementsprechend, der Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit;bedeutende, schon vorhergegangne Erweitrung der Produktionsleiter; endlich Entwicklung aller der Um-stände, die eine relative Übervölkerung in der Arbeiterklasse produzieren. Das Jahresprodukt wird sichdann, nach Abrundung der Brüche, erteilen wie folgt:

I. 5.000c+

1.000v+

1.000m=

7.000

II. 1.430c+

285v + 285m = 2.000} = 9.000.

Gesetzt jetzt, die Kapitalistenklasse I konsumiere den halben Mehrwert = 500, und akkumuliere die andreHälfte. Dann wären (1.000v + 500m) I = 1.500 umzusetzen in 1.500 IIc. Da hier IIc nur = 1.430, so istvom Mehrwert 70 zuzusetzen; dies von 285 IIm abgezogen läßt 215 IIm. Wir erhalten also:

I. 5.000c + 500m (zu kapitalisieren) + 1.500(v+m) in Konsumtionsfonds der Kapitalisten und Arbeiter.

II. 1.430c + 70m (zu kapitalisieren) + 285v + 215m.

Da hier 70 IIm direkt annexiert werden an IIc, so ist erheischt, um dies zuschüssige konstante Kapital inBewegung zu setzen, ein variables Kapital von 70/5 =14; diese 14 gehn also weiter ab von 215 IIm; bleibt201 IIm, und wir haben:

II. (1.430c + 70c) + (285v + 14v) + 201m.

Der Umsatz von 1.500 I(v+1/2m) gegen 1.500 IIc ist ein Prozeß der einfachen Reproduktion <1. und 2.Auflage: Akkumulation>, und sofern abgemacht. Indes sind hier noch einige Eigen- <510> tümlichkeitenzu bemerken, die daraus entstehn, daß bei der akkumulierenden Reproduktion I(v+1/2m) nicht durch IIcallein ersetzt wird, sondern durch IIc plus einem Teil von IIm.

Daß, Akkumulation vorausgesetzt, I(v+m) größer ist als IIc und nicht gleich IIc, wie in der einfachenReproduktion, versteht sich von selbst; denn 1. inkorporiert I einen Teil seines Mehrprodukts in sein eig-nes produktives Kapital und verwandelt davon 5/6 in konstantes Kapital, kann diese 5/6 also nicht gleich-zeitig ersetzen durch Konsumtionsmittel II; 2. I hat aus seinem Mehrprodukt für das zur Akkumulationinnerhalb II nötige konstante Kapital den Stoff zu liefern, ganz wie II an I den Stoff zu liefern hat für dasvariable Kapital, das den von I selbst als konstantes Mehrkapital angewandten Teil seines Mehrproduktsin Bewegung setzen soll. Wir wissen: das wirkliche variable Kapital besteht aus Arbeitskraft, also auchdas zusätzliche. Es ist nicht der Kapitalist I, der etwa von II notwendige Lebensmittel auf Vorrat kauftoder aufhäuft für die von ihm zu verwendende zusätzliche Arbeitskraft, wie es der Sklavenhalter tunmußte. Es sind die Arbeiter selbst, die mit II handeln. Dies verhindert aber nicht, daß vom Standpunkt desKapitalisten aus die Konsumtionsmittel zuschüssiger Arbeitskraft nur Produktions- und Erhaltungsmittelseiner eventuell zuschüssigen Arbeitskraft, also die Naturalform seines variablen Kapitals sind. Seineeigne nächste Operation, hier die von I, besteht nur darin, daß er das nötige neue Geldkapital aufspeichert,das zum Kauf zuschüssiger Arbeitskraft nötig. Sobald er diese inkorporiert, wird das Geld Kaufmittel derWaren II für diese Arbeitskraft, muß also ihre Konsumtionsmittel vorfinden.

Nebenbei. Der Herr Kapitalist, wie seine Presse, ist oft unzufrieden mit der Art, wie die Arbeitskraft ihrGeld verausgabt, und mit den Waren II, worin sie selbes realisiert. Bei dieser Gelegenheit philosophiert,kulturschwatzt und philanthropisiert er, wie z.B. Herr Drummond, englischer Gesandtschaftssekretär inWashington: "The Nation" {ein Blatt} habe letzten Oktober 1879 einen interessanten Artikel gebracht,worin es unter andrem heiße:

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

333

"Die Arbeiter haben in der Kultur nicht Schritt gehalten mit dem Fortschritt der Erfindungen; es sind ih-nen Massen von Gegenständen zugänglich geworden, die sie nicht zu gebrauchen wissen, und für die siealso keinen Markt schaffen." - {Jeder Kapitalist wünscht natürlich, daß der Arbeiter seine Ware kaufensoll.} "Es liegt kein Grund vor, warum der Arbeiter sich nicht ebensoviel Komforts wünschen sollte, wieder Geistliche, Advokat und Arzt, der denselben Betrag erwirbt wie er." {Diese Sorte Advokaten, Geistli-che und Ärzte müssen es in der Tat bei dem Wunsch vieler Komforts gewähren lassen!} "Aber er tut esnicht. Die Frage ist noch immer, wie er als <511> Konsument durch ein rationelles und gesundes Verfah-ren höher zu stellen ist; keine leichte Frage, da sein ganzer Ehrgeiz nicht über eine Verkürzung seinerArbeitsstunden hinausgeht, und der Demagog ihn hierzu viel mehr aufreizt als zur Erhebung seiner Lagedurch Verbeßrung seiner geistigen und moralischen Fähigkeiten." ("Reports of H. M.'s Secretaries ofEmbassy and Legation on the Manufactures, Commerce etc. of the Countries in which they reside", Lon-don 1879, p. 404.)

Lange Arbeitsstunden scheinen das Geheimnis des rationellen und gesunden Verfahrens, welches dieLage des Arbeiters durch Verbeßrung seiner geistigen und moralischen Fähigkeit heben und ihn zu einemrationellen Konsumenten machen soll. Um ein rationeller Konsument der Ware der Kapitalisten zu wer-den, muß er vor allem - aber der Demagog hindert ihn daran! - damit beginnen, seine eigne Arbeitskraftirrationell und gesundheitswidrig von seinem eignen Kapitalisten konsumieren zu lassen. Was der Kapi-talist unter rationellem Konsum versteht, zeigt sich dort, wo er so herablassend ist, sich direkt in denKonsumtionshandel seiner Arbeiter einzulassen - im Trucksystem. wovon auch das Wohnungsliefern andie Arbeiter, so daß sein Kapitalist zugleich sein Hausvermieter, ein Zweig unter vielen ist.

Derselbe Drummond, dessen schöne Seele für die kapitalistischen Hebungsversuche der Arbeiterklasseschwärmt, erzählt in demselben Bericht unter andrem über die Baumwollmusterfabriken der Lowell undLawrence Mills. Die Kost- und Logierhäuser für die Fabrikmädchen gehören der Aktiengesellschaft, diedie Fabrikbesitzerin ist; die Vorsteherinnen dieser Häuser stehn im Dienst dieser selben Gesellschaft, dieihnen Verhaltungsregeln vorschreibt; kein Mädchen darf nach 10 Uhr nachts nach Haus kommen. Abernun die Perle: Eine Spezialpolizei der Gesellschaft patrouilliert die Gegend ab, um die Übertretung dieserHausordnung zu verhindern. Nach 10 Uhr abends wird kein Mädchen weder aus- noch eingelassen. KeinMädchen darf anderswo logieren als auf dem der Gesellschaft gehörigen Terrain, auf dem jedes Haus ihrungefähr 10 Doll. Wochenmiete einbringt; und nun sehn wir in voller Glorie den rationellen Konsumen-ten:

"Da sich jedoch das allgegenwärtige Piano in vielen der besten Logierhäuser für Arbeiterinnen vorfindet,spielt Musik, Gesang und Tanz eine bedeutende Rolle wenigstens bei denen, die nach zehnstündiger steti-ger Arbeit am Webstuhl mehr Abwechslung nach der Monotonie nötig haben als wirkliches Ausruhn." (p.412.)

Das Hauptgeheimnis aber, wie aus dem Arbeiter ein rationeller Konsument zu machen, kommt erst. HerrDrummond besucht die Messerwarenfabrik von Turner´s Falls (Connecticut River), und Herr Oakman,der Schatzmeister der Aktiengesellschaft, nachdem er ihm erzählt, daß nament- <512> lich die amerikani-sche Tischmesserware die englische in der Qualität schlägt, fährt fort:

"Auch in den Preisen werden wir England schlagen; wir sind ihm voraus in der Qualität schon jetzt, dasist anerkannt; aber wir müssen niedrigere Preise haben, und die bekommen wir, sowie wir unsern Stahlwohlfeiler erhalten und unsre Arbeit heruntergebracht haben!" (p. 427.)

Herabsetzung des Arbeitslohns und lange Arbeitsstunden, das ist der Kern des rationellen und gesundenVerfahrens, das den Arbeiter erheben soll zur Würde eines rationellen Konsumenten, damit er einenMarkt schaffe für die Masse von Gegenständen, die die Kultur und der Fortschritt der Erfindung ihm zu-gänglich gemacht haben.

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

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Wie also I das zusätzliche konstante Kapital von II aus seinem Mehrprodukt zu liefern hat, so liefert II indiesem Sinn das zuschüssige variable Kapital für I. II akkumuliert für I und für sich selbst, soweit dasvariable Kapital in Betracht kommt, indem es einen größern Teil seiner Gesamtproduktion, also auchnamentlich seines Mehrprodukts, in Form von notwendigen Konsumtionsmitteln reproduziert.

I(v+m) muß bei Produktion auf wachsender Kapitalbasis sein = IIc plus dem Teil des Mehrprodukts, derals Kapital wieder inkorporiert wird, plus dem zuschüssigen Teil von konstantem Kapital, nötig zur Er-weiterung der Produktion in II; und das Minimum dieser Erweiterung ist das, ohne welches die wirklicheAkkumulation, d.h. die wirkliche Produktionsausdehnung in I selbst nicht ausführbar ist.

Kommen wir nun zu dem oben zuletzt betrachteten Fall zurück, so hat er die Eigentümlichkeit, daß IIckleiner als I(v+1/2m), als der in Konsumtionsmitteln als Revenue verausgabte Teil des Produkts von I, sodaß, um die 1.500 I(v+m) umzusetzen, sofort ein Teil des Mehrprodukts II = 70 dadurch realisiert wird.Was IIc = 1.430 betrifft, so muß es, bei sonst gleichbleibenden Umständen, ersetzt werden aus I(v+m)zum selben Wertbetrag, damit einfache Reproduktion in II stattfinden könne, und ist insoweit hier nichtweiter zu betrachten. Anders mit den ergänzenden 70 IIm. Was für I bloßer Ersatz von Revenue durchKonsumtionsmittel, bloß auf die Konsumtion gerichteter Warenaustausch, ist für II hier nicht - wie inner-halb der einfachen Reproduktion - bloße Rückverwandlung seines konstanten Kapitals aus der Form vonWarenkapital in seine Naturalform, sondern direkter Akkumulationsprozeß, Verwandlung eines Teilsseines Mehrpro- <513> dukts aus der Form von Konsumtionsmitteln in die von konstantem Kapital.Kauft I mit 70 Pfd.St. Geld (Geldreserve zum Umsatz von Mehrwert) die 70 IIm, und kauft II nicht dafür70 Im, sondern akkumuliert die 70 Pfd.St. als Geldkapital, so ist letztres zwar immer Ausdruck von zu-schüssigem Produkt (eben des Mehrprodukts von II, wovon es Aliquote), obgleich nicht von einem in dieProduktion wieder eingehenden Produkt; aber dann wäre diese Geldakkumulation auf Seite II zugleichAusdruck von unverkaufbaren 70 Im in Produktionsmitteln. Es fände also relative Überproduktion in Istatt, entsprechend dieser gleichzeitigen Nichterweiterung der Reproduktion auf Seite II.

Aber abgesehn hiervon: Während der Zeit, worin die 70 Geld, die von I kamen, noch nicht oder nur teil-weis durch Ankauf von 70 Im seitens II zu I zurückgekehrt, figuriert 70 in Geld ganz oder teilweis alszusätzliches virtuelles Geldkapital in der Hand von II. Dies gilt von jedem Umsatz zwischen I und II,bevor wechselseitige Ersetzung der beiderseitigen Waren den Rückfluß des Geldes zu seinem Ausgangs-punkt bewirkt hat. Aber das Geld, bei normalem Verlauf der Dinge, figuriert hier nur vorübergehend indieser Rolle. Im Kreditsystem nun, wo jedes momentan zusätzlich freigesetzte Geld sofort aktiv als zu-sätzliches Geldkapital fungieren soll, kann solches nur vorübergehend freie Geldkapital festgeritten wer-den, z.B. zu neuen Unternehmungen sub I dienen, während es daselbst noch festliegendes Zusatzproduktin andren Unternehmungen flüssig zu machen hätte. Es ist ferner zu bemerken, daß die Annexation von70 Im an das konstante Kapital II zugleich Erweiterung des variablen Kapitals II erheischt zum Betragvon 14. Dies setzt voraus - ähnlich wie in I bei direkter Inkorporation von Mehrprodukt Im in Kapital Ic -,daß die Reproduktion in II schon vor sich geht mit der Tendenz auf fernere Kapitalisation; daß sie alsoErweiterung des Teils des Mehrprodukts einschließt, der aus notwendigen Lebensmitteln besteht.

Das Produkt von 9.000 im zweiten Beispiel muß zum Zweck der Reproduktion, wie wir sahn, folgendeVerteilung annehmen, wenn 500 Im kapitalisiert werden sollen. Wir ziehn dabei bloß die Waren in Be-tracht und vernachlässigen die Geldzirkulation.

I. 5.000c + 500m (zu kapitalisieren) + 1.500(v+m) Konsumtionsfonds = 7.000 in Waren.

II. 1.500c + 299v + 201m = 2.000 in Waren. Gesamtsumme 9.000 in Warenprodukt.

<514> Die Kapitalisation geht nun vor sich wie folgt:

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

335

In I teilen sich die 500m, die kapitalisiert werden, in 5/6 = 417c + 1/6 = 83v. Die 83v entziehn einen gle i-chen Betrag von IIm, der Elemente des konstanten Kapitals kauft, also zu IIc geschlagen wird. Eine Ver-mehrung von IIc um 83 bedingt eine Vermehrung von IIv um 1/5 von 83 = 17. Wir haben also nach demUmsatz:

I. (5.000c + 417m)c+

(1.000v + 83m)v = 5.417c + 1.083v = 6.500

II. (1.500c + 83m)c + (299v + 17m)v = 1.583c + 316v = 1.899

8.399

Das Kapital in I ist gewachsen von 6.000 auf 6.500, also um 1/12. In II von 1.715 auf 1.899, also um nichtganz 1/9.

Die Reproduktion auf dieser Grundlage im zweiten Jahr ergibt am Jahresschluß an Kapital:

I. (5.417c + 452m)c + (1.083v + 90m)v = 5.869c + 1.173v = 7.042.II. (1.583c + 42m + 90m)c + (316v + 8m + 18m)v =1.715c + 342v = 2.057

und am Ende des dritten Jahres an Produkt:

I. 5.869c+

1.173v+

1.173m.

II. 1.715c+

342v + 342m.

Akkumuliert hier I wie bisher die Hälfte des Mehrwerts, so ergibt I(v+1/2m) 1.173v + 587(1/2m) = 1.760,ist also größer als das gesamte 1.715 IIc, und zwar um 45. Diese müssen also wieder durch Übernahmeeines gleichen Betrags von Produktionsmitteln auf IIc ausgeglichen werden. IIc wächst also um 45, waseinen Zuwachs von 1/5 = 9 in IIv bedingt. Ferner teilen sich die kapitalisierten 587 Im zu 5/6 und 1/6 in489c und 98v; diese 98 bedingen in II einen neuen Zuschlag zum konstanten Kapital von 98 und dieserwieder eine Vermehrung des variablen Kapitals von II um 1/5 = 20. Wir haben dann:

I. (5.869c + 489m)c + (1.173v + 98)m = 6.358c + 1.271v = 7.629II. (1.715c + 45m +98m)c + (342v + 9m + 20m)v = 1.858c +

371v= 2.229

Totalkapital = 9.858.

In drei Jahren wachsender Reproduktion ist also das Gesamtkapital von I gewachsen von 6.000 auf 7.629,das von II von 1.715 auf 2.229, das gesellschaftliche Gesamtkapital von 7.715 auf 9.858.

3. Umsatz von IIc bei Akkumulation

<515> Im Austausch von I(v+m) mit IIc finden also verschiedne Fälle statt.

DAS KAPITAL BAND 2Karl Marx, Friedrich Engels

336

Bei der einfachen Reproduktion müssen beide gleich sein und einander ersetzen, da sonst, wie oben ge-sehn, die einfache Reproduktion nicht ohne Störung vor sich gehn kann.

Bei der Akkumulation kommt vor allem die Akkumulationsrate in Betracht. In den bisherigen Fällennahmen wir an, daß die Akkumulationsrate in I = 1/2 m I war, und ebenfalls, daß sie in den verschiednenJahren konstant blieb. Wir ließen nur die Proportion wechseln, nach welcher dies akkumulierte Kapitalsich in variables und konstantes teilt. Dabei ergaben sich drei Fälle:

1. I(v+1/2m) = IIc, welches also kleiner ist als I(v+m) Dies muß es immer sein, sonst akkumulierte Inicht.

2. I(v+1/2m) ist größer als IIc. In diesem Fall wird der Ersatz dadurch bewirkt, daß zu IIc ein entspre-chender Teil von IIm hinzugefügt wird, so daß diese Summe = I(v+1/2m). Hier ist der Umsatz für II nichteinfache Reproduktion seines konstanten Kapitals, sondern schon Akkumulation, Vermehrung desselbenum den Teil seines Mehrprodukts, den es austauscht gegen Produktionsmittel I; diese Vermehrungschließt zugleich ein, daß II außerdem sein variables Kapital aus seinem eignen Mehrprodukt entspre-chend vergrößert.

3. I(v+1/2m) ist kleiner als IIc. In diesem Fall hat II durch den Umsatz sein konstantes Kapital nicht voll-ständig reproduziert, muß also das Defizit durch Kauf von I ersetzen. Dies ernötigt aber keine weitre Ak-kumulation von variablem Kapital II, da sein konstantes Kapital der Größe nach durch diese Operationerst vollständig reproduziert wird. Andrerseits hat durch diesen Umsatz der Teil der Kapitalisten von I,der nur zusätzliches Geldkapital aufhäuft, schon einen Teil dieser Sorte Akkumulation vollbracht.

Die Voraussetzung der einfachen Reproduktion, daß I(v+m) = IIc sei, ist nicht nur unverträglich mit derkapitalistischen Produktion, was übrigens nicht ausschließt, daß im industriellen Zyklus von 10 - 11 Jah-ren ein Jahr oft geringre Gesamtproduktion hat als das vorhergehende, also nicht einmal einfache Repro-duktion stattfindet im Verhältnis zum vorhergehenden Jahr. Sondern auch, bei dem natürlichen jährlichenWachstum der Bevölkerung könnte einfache Reproduktion nur insofern stattfinden, als von den 1.500, dieden Gesamtmehrwert repräsentieren, eine entsprechend größre Zahl unproduktiver Dienstleute mitzehr-ten. Akkumulation von Kapital, also wirkliche kapitalistische Produktion, wäre dagegen hierbei unmög-lich. Die <516> Tatsache der kapitalistischen Akkumulation schließt demnach aus, daß IIc = I(v+m).Dennoch könnte selbst bei kapitalistischer Akkumulation der Fall eintreten, daß, infolge des Gangs der inder frühern Reihe von Produktionsperioden vollzognen Akkumulationsprozesse, IIc nicht nur gleich, son-dern selbst größer würde als I(v+m). Dies wäre eine Überproduktion in II und nur auszugleichen durcheinen großen Krach, infolgedessen Kapital von II auf I sich übertrüge. - Es ändert auch nichts an demVerhältnis von I(v+m) zu IIc, wenn ein Teil des konstanten Kapitals von II sich selbst reproduziert, wiez.B. in der Agrikultur die Anwendung von selbst erzeugtem Samen. Dieser Teil von IIc kommt mit Bezugauf den Umsatz zwischen I und II ebensowenig in Betracht, wie Ic dabei in Betracht kommt. Es ändertauch nichts an der Sache, wenn ein Teil der Produkte von II seinerseits fähig ist, als Produktionsmittel in Ieinzugehn. Sie werden gedeckt durch einen Teil der von I gelieferten Produktionsmittel, und dieser Teilist von vornherein auf beiden Seiten in Abzug zu bringen, wenn wir den Austausch zwischen den beidengroßen Klassen der gesellschaftlichen Produktion, den Produzenten von Produktionsmitteln und den Pro-duzenten von Konsumtionsmitteln, rein und ungetrübt untersuchen wollen.

Also bei kapitalistischer Produktion kann I(v+m) nicht gleich IIc sein, oder beide können sich nicht imUmsatz gegeneinander decken. Dagegen kann, wenn Im/x der Teil von Im ist, der als Revenue von denKapitalisten I ausgegeben wird, I(v+m/x) gleich, größer oder kleiner sein als IIc; I(v+m/x) muß aber im-mer kleiner sein als II(c+m), und zwar um so viel kleiner als der Teil von IIm, den die KapitalistenklasseII unter allen Umständen selbst verzehren muß.

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Es ist zu bemerken, daß bei dieser Darstellung der Akkumulation der Wert des konstanten Kapitals, so-fern es Wertteil des Warenkapitals ist, zu dessen Produktion es mitwirkt, nicht exakt dargestellt ist. Derfixe Teil des neuakkumulierten konstanten Kapitals geht nur allmählich und periodisch, je nach der Naturdieser fixen Elemente verschieden, in das Warenkapital ein; dies besteht daher da, wo Rohstoff und Halb-fabrikat etc. massenhaft in die Warenproduktion eingeht, zum größren Teil aus Ersatz der zirkulierendenkonstanten Bestandteile und des variablen Kapitals. (Des Umschlags der zirkulierenden Bestandteile we-gen kann doch so verfahren werden; es ist damit angenommen, daß innerhalb des Jahres der zirkulierendeTeil zusammen mit dem an ihn abgegebnen Wertteil des fixen Kapitals so oft umschlägt, daß die Gesamt-summe der gelieferten Waren gleich dem Wert des gesamten in die jährliche Produktion eingehendenKapitals.) Wo <517> aber für den Maschinenbetrieb nur Hilfsstoffe eingehn, kein Rohmaterial, muß dasArbeitselement = v als größrer Bestandteil in Warenkapital wieder erscheinen. Während in der Profitrateder Mehrwert berechnet wird auf das Gesamtkapital, unabhängig davon, ob die fixen Bestandteile vieloder wenig Wert periodisch an das Produkt abgeben, ist für den Wert jedes periodisch erzeugten Waren-kapitals der fixe Teil des konstanten Kapitals nur soweit mit einzurechnen, als er durch Verbrauch imDurchschnitt Wert an das Produkt selbst abgibt.

IV. Nachträgliches

Die ursprüngliche Geldquelle für II ist v + m der Goldproduktion I, ausgetauscht gegen einen Teil vonIIc; nur soweit der Goldproduzent Mehrwert aufhäuft oder in Produktionsmittel I verwandelt, also seineProduktion ausdehnt, geht sein v + m nicht in II ein; andrerseits, soweit Akkumulation von Geld, seitensdes Goldproduzenten selbst, schließlich zur erweiterten Reproduktion führt, geht ein nicht als Revenueausgegebner Teil des Mehrwerts der Goldproduktion für zuschüssiges variables Kapital des Goldprodu-zenten in II ein, fördert hier neue Schatzbildung oder gibt neue Mittel von I zu kaufen, ohne direkt wiederan es zu verkaufen. Von dem aus diesem I(v+m) der Goldproduktion stammenden Geld geht der Teil desGoldes ab, den gewisse Produktionszweige von II als Rohmaterial etc., kurz als Ersatzelement ihres kon-stanten Kapitals brauchen. Element zur vorläufigen - zum Zweck künftiger erweiterter Reproduktion er-folgenden - Schatzbildung im Umsatz zwischen I und II ist: für I nur, wenn ein Teil von Im an II einseitig,ohne Gegenkauf verkauft wird und hier für zusätzliches konstantes Kapital II dient; für II, wenn dasselbeder Fall ist seitens I für zuschüssiges variables Kapital; ferner, wenn ein Teil des von I als Revenue aus-gegebnen Mehrwerts nicht gedeckt wird durch IIc, also damit ein Teil von IIm gekauft und dadurch inGeld verwandelt wird. Ist I(v+m/x) größer als IIc, so braucht IIc zu seiner einfachen Reproduktion nichtdurch Ware aus I zu ersetzen, was I von IIm weggezehrt hat. Es fragt sich, wieweit innerhalb des Austau-sches der Kapitalisten II unter sich - ein Austausch, der nur aus gegenseitigem Austausch von IIm bestehnkann -Schatzbildung stattfinden kann. Wir wissen, daß innerhalb II direkte Akkumulation dadurch statt-findet, daß ein Teil von IIm direkt in variables Kapital (gerade wie in I ein Teil von Im direkt in konstan-tes Kapital) ver- <518> wandelt wird. Bei den verschiednen Altersklassen der Akkumulation innerhalbder verschiednen Geschäftszweige von II, und innerhalb jedes einzelnen Geschäftszweigs für die einzel-nen Kapitalisten, erklärt sich die Sache, mutatis mutandis, ganz wie sub I. Die einen befinden sich nochim Stadium der Schatzbildung, verkaufen, ohne zu kaufen, die andern auf dem Punkt wirklicher Erweite-rung der Reproduktion, kaufen, ohne zu verkaufen. Das zuschüssige variable Geldkapital wird zwar zu-nächst ausgelegt in zuschüssiger Arbeitskraft; diese kauft aber Lebensmittel von den schatzbildendenInhabern der zuschüssigen, in den Arbeiterkonsum eingehenden Konsumtionsmittel. Von letztren kehrtpro rata ihrer Schatzbildung das Geld nicht an seinen Ausgangspunkt zurück, sie häufen es auf.

Fußnoten

(57) Von hier bis zum Schluß Manuskript VIII.

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(58) Dies macht ein für allemal ein Ende dem Zwist über die Akkumulation des Kapitals zwischen JamesMill und S. Bailey, der in Buch I (Kapitel XXII, 5, S. 634, Note 65 <Band 23, S. 637, Note 64>) von and-rem Standpunkt erörtert wurde, nämlich dem Streit über die Ausdehnbarkeit der Wirkung des industrie l-len Kapitals bei gleichbleibender Größe desselben. Hierauf später zurückzukommen.