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Das Magazin aus Berlin über die Europäischen Strukturfonds PUNKT März/April 2012 21. Jg. Die Berliner Industrie ist wieder da Seite 3–7 109 ESF: Lernfabrik NEUE TECHNOLOGIEN Berlin Seite 12 EFRE: Berlin sorgt für Fahrzeugsicherheit Seite 10

Das Ma ga zin aus Ber lin über die Europäischen Strukturfonds … · 2015. 1. 27. · Das Ma ga zin aus Ber lin über die Europäischen Strukturfonds PUNKT März/April 2012 21

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Das Ma ga zin aus Ber lin über die Europäischen Strukturfonds

PUNKTMär

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21.

Jg.

Die Berliner Industrie ist wieder daSeite 3–7

109 ESF: Lernfabrik NEUE TECHNOLOGIEN Berlin

Seite 12

EFRE: Berlin sorgt für Fahrzeugsicherheit

Seite 10

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E D I T O R I A L

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ZUr sache

Punkt erscheint 6 x jähr lichunent gelt lichISSN 1434-3991

He raus ge ber und Be zugs ad res seSe nats ver wal tung für Wirt schaft, Technologie und ForschungRe fe rat III C – Eu ro pä i sche Struk tur fonds för de rungMar tin-Lu ther-Stra ße 10510825 Ber lin

Re dak ti onConvis Consult und Marketing GmbH, Berlinwww.convismedia.eu

Ansprechpartnerin: Susanne LandgrenTe le fon 030 [email protected] lin.de/sen/strukturfonds/oeff_arbeit/punkt/punkt.html

LayoutSPREE-PR, Ber linwww.spree-pr.com

Die Re dak ti on behält sich vor, ein-ge reich te Bei trä ge zu kür zen. Na-ment lich gezeich ne te Bei trä ge und Le ser zu schrif ten ge ben nicht unbe-dingt die Mei nung der Re dak ti on wie der. Jeg li cher Nach druck von Bei trä gen (auch aus zugs wei se) ist nur mit Quel len an ga be gestat tet und bedarf der Zu stim mung des Au tors. Die Zu sen dung ei nes Be leg-exemp lars ist erfor der lich. Für ein-ge sand te Ma nu skrip te, Vor la gen, Car toons und Fo tos wird kei ne Ge-währ über nom men.

V.i.S.d.P. Mathias Kuhlmann,Se nats ver wal tung für Wirt schaft, Technologie und ForschungGe druckt auf chlor frei gebleich tem Pa pier

März/April 2012,21. Jahr gang, Aus ga be 109

Se nats ver wal tung fürWirt schaft, Technologie und Forschung

Impressum

Über Ihre Hinweise, Wünsche, Anregungen oder Kritik würden wir uns freuen. Bitte per E-Mail an: [email protected]

InhaltEUROPAINTERVIEW 3 Fragen an: Sybille von Obernitz 3

EUROPAREPORTAGE Die Berliner Industrie ist wieder da 4–7

EFRE-PROJEKTE IN BERLIN Pharma-Konzern erweitert

sein Werk in Rudow 8–9 Berlin sorgt für Fahrzeugsicherheit 10–11

ESF-PROJEKTE IN BERLIN Lernfabrik NEUE TECHNOLOGIEN Berlin 12–13 AUF DEN PUNKT KMU bleiben Jobmotor Neues Eurobarometer Der Europäische Berufsausweis 14–15

ScHLUSSPUNKT EuGH Wer in einem Mitgliedsstaat

beschäftigt ist, unterliegt auch dessen Rechtssprechung

Nanotechnologie in Venetien 16

Leitinitiativen für ein starkes Europa

Fo to nach weis ikv++technologies ag, B. Braun Melsungen AG, Berlin Partner, generaldi-rektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission, Sebastian Pripad, Patrick Schneider, zentrum GmbH

Die ehrgeizige Europa 2020-Strategie konzentriert sich auf fünf Kernziele in den Bereichen Beschäftigung, Innovation, Bildung, sozi-ale Integration sowie Klima bzw. Energie und zielt u. a. darauf ab, Ar-mut zu bekämpfen, Investitionen in Forschung und Entwicklung zu erhöhen, die Treibhausgasemissionen zu senken, den Übergang von der Schule in den Beruf zu verbessern und die Beschäftigungsquote zu steigern. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, hat die EU-Kommis-sion Leitinitiativen definiert, die wir in den kommenden Punkt-Aus-gaben genauer betrachten werden.

In der aktuellen Ausgabe beschäftigen wir uns im Rahmen des Masterplans Industriestadt Berlin 2010 - 2020 mit der Initiative „In-dustriepolitik im Zeitalter der Globalisierung“, die die Rahmenbedin-gungen insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen und somit der gesamten Industrielandschaft nachhaltig verbessern will. Auch mit Unterstützung des Masterplans konnte die aufgrund rasanten Strukturwandels ehemals schwächelnde Berliner Industrie wieder auf einen guten Weg gebracht werden und zählt bereits heute zu den bedeutendsten Standorten für optische Technologien sowie andere Zukunftsbranchen.

Über das gesamte Jahr 2012 wird der Punkt schwerpunktmäßig die Leitinitiativen, d.h. die „Flaggschiffe“, der Kommission behandeln und anhand anschaulicher Projekte verdeutlichen, welche unterstüt-zende Rolle die Europäischen Strukturfonds bei der Umsetzung der Europa 2020-Strategie spielen. So geht der Punkt im kommenden Ma-gazin vorerst darauf ein, wie mit der Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten das lebenslange Lernen ge-fördert und die Beschäftigungsquote erhöht wird, bevor sich die wei-teren Ausgaben den Leitinitiativen „Jugend in Bewegung“, „Ressour-censchonendes Europa“ und „Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut“ zuwenden.

Ihre Punkt-Redaktion

Das Magazin PUNKT wird aus Mitteln der Europäischen Union kofinanziert (EFRE und ESF).

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E U R O PA I N T E R V I E W

PUNKT H März/Apri l 2012 H 3

Berlin wird zunehmend Anziehungspunkt für internationale Unternehmen

Sybille von Obernitz

Senatorin für Wirtschaft, Technologie und ForschungSenatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und ForschungMartin-Luther-Straße 10510825 BerlinTel.: +49 30 9013-8100Fax: +49 30 [email protected]

Fragen an: Sybille von Obernitz

PUNKT: Die Zukunft Berlins liegt an einer lei-stungsfähigen Wirtschaft und somit auch an einer starken Industrie. Wie beurteilen Sie den derzei-tigen Zustand der Berliner Industrie?

Wenn wir uns das Wirtschaftswachstum seit 2006 ansehen, werden Berlins industrielle Potenziale deut-lich: Gab es bis zum Ende der letzten Dekade vor allem einen Beschäftigungszuwachs im Bereich der unter-nehmensnahen Dienstleistungen, so gab es 2008 und 2011 auch endlich wieder einen Beschäftigten-zuwachs in der Industrie selbst. Wir haben in der Stadt hervorragende Traditionsunternehmen, wie Siemens oder Bahlsen. So hat Siemens in 2011 ein neues Tech-nologiezentrum für Wäschepflege eingerichtet. Wir haben viele zudem junge Technologieunternehmen, zum Beispiel JPK Instruments, die sich mit Nischen-produkten erfolgreich im Wettbewerb behaupten. Ein Beleg für die Attraktivität der Industriestadt Berlin ist das zunehmende Interesse nationaler und internatio-naler Unternehmen. So hat der weltweit drittgrößte Hersteller von Werkzeugmaschinen, die chinesische Shenyang Machine Tool Group (SYMG) angekün-digt, über die deutsche Tochtergesellschaft Schiess GmbH in Berlin seine Europa-Zentrale einzurichten und Anfang 2012 zu eröffnen. Im Jahr 2011 wurden mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung, der Ber-lin Partner GmbH, in Berlin fast 7.000 neue Arbeits-plätze in Ansiedlungs- und Expansionsvorhaben ge-schaffen. Dies ist der höchste Zuwachs in der Bilanz der Wirtschaftsförderung seit 1999.

PUNKT: Bitte erklären Sie die erwarteten Wir-kungen des Masterplans Industriestadt Berlin?

Die Botschaft lautet: Wir wollen Industrie in Ber-lin und wir wollen industrielles Wachstum. Das ist ein gemeinsames Ziel von Wirtschaft und Politik. Dieses

Bekenntnis ist für Unternehmen, die über Verände-rungen nachdenken, und für Investoren sehr wich-tig. Wir haben im Masterplan 34 Projekte definiert und die konkrete Umsetzung verabredet. Alle Pro-jekte zielen darauf ab, die Standortbedingungen für die Unternehmen zu verbessern und sie bei der Be-wältigung von Zukunftsaufgaben zu unterstützen. Wenn wir mit der erstmals initiierten Langen Nacht der Industrie am 9. Mai 2012 bei Studierenden sowie Schülerinnen und Schülern Begeisterung für Indus-trie wecken, dann ist das ein Beitrag zur Fachkräfte-sicherung. Wesentlich ist, dass wir in den Projekten konkrete und für die Industrie sichtbare Ergebnisse erzielen. Das steht für mich bei der Umsetzung des Masterplans im Vordergrund.

PUNKT: Wie können Europäische Strukturfonds helfen, die Berliner Industrielandschaft zu stärken?

Die Europäischen Strukturfonds und hier insbeson-dere der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) leisten einen zentralen Beitrag zur Industriepo-litik des Landes. Fast alle unternehmensbezogenen Fördermaßnahmen des Landes werden mit EFRE-Mit-teln kofinanziert. Im Wesentlichen werden durch die EFRE-Förderung in der laufenden Förderperiode be-triebliche Investitionen sowie Forschung und Entwick-lung in Betrieben und Verbundprojekte zwischen Wirt-schaft und Wissenschaft unterstützt. So haben wir unter anderem den ProFIT-Zuschuss zur Förderung von Forschung, Innovationen und Technologie mit rund 51 Mio Euro verstärkt. Mit diesen Mitteln unter-stützen wir genau die Entwicklungen in Unternehmen, die für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunft des Industriestandortes Berlin von Bedeutung sind. Die-sen Kurs werden wir auch in der kommenden Förder-periode 2014 bis 2020 fortsetzen.

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E U R O PA R E P O R TA G E

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Berlin blickt auf eine bewegte industrielle Geschichte und Entwicklung zurück. So galt die deutsche Hauptstadt im 19. und frühen 20. Jahrhundert als florierende Industriemetropole und zählte 1936 rund 574.000 Beschäftigte im Produzierenden Gewerbe. Jedoch begann mit dem Ende des 2. Weltkriegs der abrupte Abstieg der Berliner Industrie. Ein Großteil der maschinellen Kapazitäten war zerstört oder de-montiert. Bis zum Jahr 1950 verlagerten etwa 320 Industrieunternehmen ihre Produktion in den Westteil Deutschlands.

Zwar konnten durch gezielte Subventionen vorerst weitere Abwanderungen verhindert und die Zahl der Industriebeschäftigten bis 1961 wieder auf 315.000 stabilisiert werden, jedoch bewirkte der Bau der Mauer einen erneuten Einbruch und weitere Groß-unternehmen kehrten Berlin den Rücken. Während die Verantwortlichen im Westteil der Stadt mit der so-genannten Berlinförderung versuchten, den Stand-ortnachteilen entgegenzuwirken und Anreize für arbeitsintensive Industriezweige zu schaffen, kon-zentrierte sich die Führung der DDR auf die teilweise Verlagerung ihrer Industrien in den Süden des Lan-des. Nach der Wiedervereinigung schließlich kam es zu einem rasanten Strukturwandel, der den Ver-lust der Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Industrie nochmals verdeutlichte. Die Berlinförderung und da-

mit überlebenswichtige Subventionen für Industrie-betriebe im Westteil wurden rasch abgebaut, Pro-duktionsstrukturen im Ostteil galten als nicht mehr konkurrenzfähig sowie veraltet und auch die Groß-kombinate brachen schnell zusammen. Waren 1989 noch etwa 300.000 Menschen in der Berliner Indus-trie beschäftigt, sollten es im Jahr 2007 nur noch rund 100.000 sein.

Aufschwung und StandortstärkenNichtsdestotrotz hat sich die Berliner Industrie seit dem neuen Jahrtausend wieder stabilisiert, verzeich-net eine gewachsene Bruttowertschöpfung und eine positive Entwicklung bei den Beschäftigtenzahlen. Besonders kleine und mittelständische Unterneh-men (KMU) – die die Berliner Industrie nach der Wiedervereinigung prägen und deren Beschäftig-tenzahlen laut Masterplan Industriestadt zwischen 2005 und 2008 bis zu 13,6 % jährlich gewachsen sind – haben dazu beigetragen, dass der Industrie-standort Berlin bundesweit wieder mehr in den Fo-kus rückt. Und auch darüber hinaus haben sich in Berlin in den vergangenen Jahren viele Standort-stärken entwickelt: So verfügt die deutsche Haupt-stadt aufgrund ihrer Dichte an renommierten Uni-versitäten, Fach- und Kunsthochschulen, privaten Hochschulen und einer großen Anzahl an außeruni-versitären Forschungseinrichtungen über ein hohes Wissens-, Technologie- und Fachkräftepotenzial. Eine

Die Berliner Industrie ist wieder daberLin entWickeLt sich Zu einer Modernen industriestadt

Innovative Branchen schaffen Arbeitsplätze in der deutschen Hauptstadt

http://www.berlin.de/sen/wirtschaft/industrie/

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E U R O PA R E P O R TA G E

PUNKT H März/Apri l 2012 H 5

starke Gründungsdynamik führt zu vermehrten Ge-werbeneuerrichtungen und günstige Gewerbeflä-chen, ein niedriger Gewerbesteuersatz sowie eine gute Verkehrsinfrastruktur locken immer mehr Un-ternehmen nach Berlin.

Der Masterplan Industriestadt Um das Wachstumspotenzial der Berliner Industrie zu nutzen und die Standortbedingungen zu opti-mieren, ist eine aktive Industriepolitik sehr wichtig. Eine breite Allianz aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik hat dazu den „Masterplan Industriestadt Berlin 2010 – 2020“ entwickelt. Dieser identifiziert verschiedene Aktionsfelder, dessen Leit- und Mas-terplanprojekte darauf abzielen, das Umsatz- und Be-schäftigungswachstum in der Berliner Industrie bis 2020 nachhaltig zu sichern. Im Aktionsfeld „Rahmen-bedingungen“ konzentrieren sich die Maßnahmen u. a. darauf, die Dienstleistungsorientierung von Ver-waltung und Servicepartnern gegenüber Industrie-unternehmen zu verbessern, letztere mittels eines „Unternehmensservice“ intensiver zu betreuen und mit dem „Steuerungskreis Industriepolitik“ bei der Vernetzung mit Verwaltung, Land und Bezirk zu un-terstützen. Darüber hinaus sollen expansionswillige Unternehmen und solche, die sich in Berlin neu an-siedeln wollen, stärker bei der Standortsuche unter-stützt werden, indem hochwertige Industrieflächen zur Verfügung gestellt werden und das Angebot an diesen Flächen transparenter gemacht wird. Zudem müsse der Zugang Berliner Industrieunternehmen zu individuellen Finanzierungs- sowie Förderinstru-menten verbessert und die Versorgung der KMUs mit Wagniskapital und Bürgschaften gewährleistet werden. Das Aktionsfeld „Innovationen“ zielt auf eine ver-stärkte Kooperation insbesondere kleiner und mitt-lerer Unternehmen mit Forschungs- und Wissen-schaftseinrichtungen ab, um beispielsweise den Wissens- und Technologietransfer über Personal-austausch zu stärken und gemeinsame Forschungs- sowie Investitionsvorhaben zu realisieren. Langfri-stig sollen hierbei Netzwerke entstehen, die dazu beitragen, die Weiterentwicklung von Produkten, Prozessen und Verfahren und letztlich die Entwick-lung der Unternehmen zu beschleunigen. Die Auf-gaben der TSB Innovationsagentur – zentrale An-laufstelle für KMUs im Bereich Innovationen sowie Wissens- und Technologietransfers – sollen hierbei erweitert werden durch z.B. transferspezifische Be-

ratungen zur Anbahnung und Durchführung von Kooperationsprojekten. Insbesondere KMUs haben es in Berlin oft schwer, Zugang zu Fachkräften insbesondere im Bereich der Mathematik, Informatik, Na-turwissenschaft, Technik (MINT) zu finden. Das Aktionsfeld „Fachkräfte“ setzt daher auf einen engeren Kontakt zwischen Industrie, Schule und Hochschule sowie auf eine ver-stärkte betriebliche Aus- und Weiterbildung. So gilt es zum einen, die mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu stärken und diesen durch einen ständigen Austausch zwi-schen Industrieunternehmen und Grund-, Se-kundarschulen sowie Gymnasien industrielle Themen und Berufe näher zu bringen. Zum anderen sei es von großer Bedeutung, Indus-trieunternehmen gegenüber MINT-Studie-renden bekannter zu machen und als geeig-neten Arbeitgeber zu positionieren. Hierbei soll der Austausch zwischen MINT-Lehrstüh-len und Unternehmen vorangetrieben und der Übergang der Studierenden in den Beruf erleichtert werden. Die Rolle der „Career Ser-vice Center“, welche mittels Praktika wichtige Fähigkeiten vermitteln und beim Einstieg ins Berufsleben helfen, müssten laut Masterplan wesentlich gestärkt und als allgemeine An-sprechpartner für Lehrstühle, Fachbereiche und KMUs anerkannt werden. Last but noch least gelte es, dem wachsenden Fachkräfte-bedarf mit betrieblicher Aus- und Weiterbil-dung zu begegnen, dabei auch Geringquali-fizierten eine Chance zu geben und attraktive Perspektiven für Frauen (z. B. durch eine fa-

Die Berliner IndustrielandschaftDie Berliner Industrie setzt sich aus einem Mix aus Zukunftstechnologien und Traditionsbranchen zusammen. Neben den relativ wenigen Großunternehmen wie Siemens oder Daimler, sind es vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die die Industrielandschaft der deutschen Hauptstadt prägen (einige der KMUs haben die Stellung eines Weltmarktführers inne). Im verarbeitenden Gewerbe verfügt Berlin über eine relativ gleichmäßige Branchenstruktur, bestehend aus Elektroindustrie, Chemischer Industrie, Metall-, Maschinen- und Fahrzeugbau sowie Ernährungsindustrie. Berlin wird zudem immer bekannter für die Entwicklung innovativer und forschungsintensiver Produkte. So zählen Mikro- und Nanotechnologien mittlerweile zu den Schlüsseltechnologien und die Hauptstadtregion entwickelt sich zu einem der bedeutendsten deutschen Standorte für Optische Technologien. Darüber hinaus sind u.a. Unternehmen aus den Technologiefeldern Solartronik, Mikrosystemtechnik, Mechatronik sowie der Energie- und Umwelttechnik auf dem Vormarsch.

Besonders im Bereich der Erneuerbaren Energien setzen Berliner Unternehmen Maßstäbe

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milienbewusste Personalpolitik) im Unternehmen zu schaffen.

Damit Berlin künftig wieder stärker als Industrie-standort wahrgenommen wird, konzentriert sich das Aktionsfeld „Standortkommunikation“ auf die Vermarktung Berlins als zukunftsfähige, moderne und saubere Industriestadt sowie auf die zielgerich-tete Ansiedlung von Industrieunternehmen. So hel-fen die Imagekampagne „beBerlin“ (2010 und 2011 unter dem Motto: „Berlin – the place to be for future industries“), eine begleitende PR-Strategie sowie ver-mehrte Teilnahmen auf internationalen Messen, den Industriestandort besser bekannt zu machen und ein ganz neues Bild einer modernen Berliner Industrie zu vermitteln. Darüber hinaus sollen nach einer Analyse der industriellen Wertschöpfungskette schließlich gezielt Unternehmen angesiedelt werden, die die re-gionale Wertschöpfungskette schließen und „weiße Flecken füllen“. So ist beispielsweise die regionale Nähe von Zulieferern, Produzenten und Kunden eine

wichtige Voraussetzung für die Entwicklung und Wahrnehmung eines starken Industriestandortes.

Erste konkrete ErrungenschaftenDer Umsetzungsbericht 2011 zieht eine erste positive Bilanz: Alle Projekte arbeiten sehr engagiert. Anhand ausgewählter Beispiele zeigt der Bericht erste Ergeb-nisse auf: Um die Rahmenbedingungen zu verbes-sern, wurde beispielsweise der „Steuerungskreis In-dustriepolitik“ beim Regierenden Bürgermeister ins Leben gerufen, der einen kontinuierlichen Dialog zwischen allen beteiligten Akteuren und die Schnitt-stelle in der Verwaltung und zu den Servicepartnern erleichtern soll. Auch im Bereich Flächenmanage-ment und -vermarktung wurden bereits Akzente ge-setzt: Mit dem neuen „Stadtentwicklungsplan Indus-trie und Gewerbe“ entstand ein zentrales Element zur Sicherung von Industrie- und Gewerbeflächen und somit eine gute Basis für die zukünftige Flächen-politik im Land Berlin (demnach verfügt Berlin über 1.168 Hektar Potenzialfläche). Die Industrie soll da-rüber hinaus ebenfalls von der Schließung des Flug-hafens Tegel profitieren, wo im Kernbereich um das Terminalgebäude etwa 200 Hektar zur Stärkung des Industrie- und Wissenschaftsstandorts zur Verfügung gestellt werden.

Im Aktionsfeld Innovationen wurde damit begon-nen, Instrumente zu bündeln, zu erweitern und die Rahmenbedingungen für den Wissens- und Techno-logietransfer zwischen KMU und Hochschulen sowie Forschungseinrichtungen zu verbessern. So entstand beispielsweise mit www.transfer-allianz.de eine In-formationsplattform, auf der sich ohne großen Auf-wand Kontakte und Kooperationen für die Entwick-lung und Realisierung von Projektideen herstellen lassen. Zudem erlaubt das geschaffene Programm „Transfer BONUS“ eine zeitnahe und praxisorien-tierte Förderung von Verbundprojekten zwischen Wissenschaft und innovativen KMUs. Um die Ver-bindung zwischen innovationsfreudigen KMUs so-wie der Wissenschafts- und Forschungslandschaft noch weiter zu vertiefen, wurde das „Institut für an-gewandte Forschung“ gegründet, der laut Umset-zungsbericht künftig als Anlaufstelle für Unterneh-men und andere Drittmittelgeber dienen soll, die an gemeinsamen Forschungsvorhaben interessiert sind. Um auch den Übergang von der Schule bzw. Hoch-schule in einen industriellen Beruf zu erleichtern und damit dem Fachkräftemangel entgegenzutre-ten, werden an Berliner Gymnasien Ergänzungs-

E U R O PA R E P O R TA G E

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Ansprechpartner Anja SabanovicSenatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und ForschungReferentin für Industrie- und Handwerkspolitik / Geschäftsstelle Masterplan Industrie Martin-Luther Str. 10510825 Berlin Tel: 030-90138457Fax: 030-90138050E-mail: [email protected]

Berlin wird immer bekannter für die Entwicklung forschungs-intensiver Produkte.

Beschäftigtenanteile nach Branchen im verarbeitenden Gewerbe Berlins. Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg. Die Daten beziehen sich auf Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten, nach fachlichen Betriebsteilen.

Beschäftigte der Industriezweige in Berlin(2009, Anteile an der Gesamtanzahl der Berliner Industrie in Prozent)

Sonstige*

Druck und Papier

Ernährungs-wirtschaft

chemische Industrie

Elektroindustrie

Metall, Maschinen- und Fahrzeugbau

*Sonstige beinhalten u.a.:- Sonstige Waren- Glas. Keramik, Verarb. v. Steinen und Erden- Reparatur u. Instandh. v. Maschinen und Ausrüstung- Textilien- bekleidung

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kurse zur Berufs- und Studienorientierung ange-boten; Lehrkräfte erhalten im Rahmen der Initiative „Partner:Schule-Wirtschaft“ Fortbildungen, um pra-xisorientierte Unterrichtsmodule anbieten zu kön-nen; der „Verein mathematisch-naturwissenschaft-licher Excellence-Center an Schulen“ hilft, den Nachwuchs stärker für die MINT-Fächer zu begeis-tern; und eine „Lange Nacht der Industrie“ (9. Mai 2012) – in der Berliner Industrieunternehmen ihre Tore öffnen – soll Jugendlichen die vielfältigen Kar-riere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in der In-dustrie veranschaulichen.

Rolle der StrukturfondsDer Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) leistet im Rahmen der Berliner Industrieförde-rung einen wichtigen Beitrag. Fast alle unternehmens-bezogenen wirtschaftspolitischen Fördermaßnahmen werden mit EFRE-Mitteln kofinanziert, wobei die ge-plante Mittelausstattung, die auf eine Förderung von Industrieunternehmen abzielt, etwa ein Drittel der gesamten EFRE-Mittel des Landes ausmacht und so-mit als zentrales Element in der gesamten Berliner Industriepolitik gilt. Besonders die für die Industrie relevanten Programme „ProFit“ und „Verbesserung der regionalen Infrastruktur“ (GRW), mit denen Inno-vationsprozesse gefördert und Unternehmen bezu-schusst werden, spielen hierbei eine große Rolle.

Der im Dezember 2011 veröf-fentlichte Bericht „Die industrie-politische Dimension des EFRE – Integrierte Strukturpolitik in Berlin“ betont nochmals, wie stark der Masterplan Industrie dazu beiträgt, die Bedeutung des industriellen Sektors Berlins wieder in den Fokus der wirt-schaftspolitischen Diskussion zu rücken. Der Bericht verdeutlicht, wie eng dieser mit den Zielen des Operationellen Programms des EFRE zusammenhängt und plädiert für eine künftig noch engere Verzahnung mit den wirtschaftspolitischen Leitlinien des Mas terplans, um Berlins In-dustrie nachhaltig wiederbele-ben und einen wichtigen Bei-trag zur Stärkung der Metropole leisten zu können.

E U R O PA R E P O R TA G E

PUNKT H März/Apri l 2012 H 7

Industriekampagne Die Wirtschaft der deutschen Hauptstadt besticht durch eine innovative, kreative sowie wissensbasierte Unternehmensland schaft. Besonders Zukunftsindustrien sind in Berlin auf dem Vormarsch. Um den Industriestandort künftig noch bekannter zu machen und weite-ren Unternehmen die Tür zu öffnen, hat der Berliner Senat in Kooperation mit der hiesigen Wirtschaft den Fokus der Hauptstadtkampagne „be berlin“ auf das Thema „Industriestandort Berlin“ gelegt. Unter dem Motto „Berlin – the place to be for future industries” wurde so bereits in den Jahren 2010 und 2011 mit verschiedenen Werbemitteln erfolgreich für den Standort geworben. Die Kampagne soll auch 2012 fortgesetzt werden. www.sei.berlin.de/ich-bin-ein-berliner

Investitionsförderung Gesamt Industrie

Bewilligte EFRE-Mittel 50,0 Mio. Euro 24,4 Mio. Euro

Anteil der Aktion am ge-samten OP/an der Indus-trieförderung im OP

9,1 % 42 %

Anzahl der Investitionsprojekte

124 58

Induzierte private Investitionen

706,1 Mio. Euro 436,2 Mio. Euro

Geschaffene Arbeitsplätze 3.780 940

davon: Arbeitsplätze für Frauen

1.456 227

Gesicherte Arbeitsplätze 7.174 3.756

davon: Arbeitsplätze für Frauen

2.554 918

Gesicherte Ausbildungsplätze

324 196

Gründungen 32 10

Outputs und Ergebnisse der Investitionsförderung

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Die Hauptstadtregion entwi-ckelt sich zu einem bedeu-

tenden Standort für Optische Technologien.

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Die regionale Innovationskraft stärkenpharmaKonZern erWeitert sein WerK in rUdoW Und schafft neUe arBeitsplätZe

P R O J E K T I N B E R L I N

Als Julius Wilhelm Braun im Juni 1839 seine kleine Apotheke im nordhessischen Melsungen erwarb, ahnte er wohl kaum, dass aus ihr einmal ein weltweit führendes Pharma-Unternehmen auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung werden würde. Heute, 173 Jahre später, ist B. Braun Melsungen in 56 Ländern, auf sechs Kontinenten vertreten. Es gibt Niederlassungen von Norwegen bis Südafrika und von Japan bis in die Vereinigten Staaten. Jährlich erwirtschaf-tet der Konzern annähernd 4,6 Milliarden Euro. Dabei befindet sich B. Braun nach wie vor in Familienbesitz.

Auch in Berlin ist das Unternehmen ansässig. Neben einer Produktionsanlage in Rudow, zählen zu den drei Hauptstadt-Standorten auch ein Werk für kardiologische Medizintechnik (dabei handelt es sich zum Beispiel um Herzkatheter, Stents sowie Gefäßimplantate) in Neukölln sowie die „Aesculap-Akademie“ zur Weiterbildung von Fachkräften in Berlin-Mitte. Rund 670 Angestellte – darunter 37 Auszubildende – sind in den Tochterunternehmen beschäftigt.

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Der erfolgreiche Pharmakonzern B. Braun Melsungen verfügt auch in Berlin über eine Produktionsstätte…

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Die regionale Innovationskraft stärken

P R O J E K T I N B E R L I N

PUNKT H März/Apri l 2012 H 9

Durch die Übernahme einer Pharmafirma sie-delte sich B. Braun 1978 in Rudow an. „Wir produ-zieren hier sterile Arzneimittel“, sagt Standortlei-ter Wilhelm Schlemermeyer. Dabei handelt es sich um Glas- und Kunststoff-ampullen, wie man sie aus Arztpraxen und Kranken-häusern kennt. Die klei-nen Gefäße, die etwa Anti-biotika, Narkosemittel oder Kochsalzlösung enthalten können, werden dort bei-spielsweise zum Aufziehen von Spritzen verwendet. Im Jahr stellt das Rudower Werk von diesen Ampul-len ca. 500 Millionen Stück her. Das macht Berlin zu einem zentralen Produktionsstandort für diese Produktgruppe.

Schlemermeyer kam vor sechs Jahren in die Hauptstadt: „Damals haben wir begonnen, einen Masterplan für das Werk zu erstellen.“ Was soll in Zu-kunft passieren? Wo wollen wir hin? Welche neuen Produkte können wir entwickeln? Das waren die zen-tralen Fragen, aus denen eine Strategie für die Zu-kunft entwickelt wurde.

Betriebsstätte muss weiter ausgebaut werden …

„Aufgrund des Plans wurden in den vergangen drei bis vier Jahren bereits 40 Millionen Euro in die Erweiterung der Abfüll- und Verpackungsanlagen in-vestiert“, erklärt Schlemermeyer. „Nun sind die vor-handenen Gebäude voll.“ Das machte den Ausbau der bestehenden Betriebsstätte unausweichlich, so-dass die anfänglichen Investitionen schnell weitere nach sich zogen.

Seit Ende Februar 2012 ist der Bau der neuen Produktionsanlagen in vollem Gange. Dabei legt der Konzern besonderen Wert darauf, dass die Neu-bauten nach den modernsten Kriterien der Gebäu-debautechnik errichtet werden. Durch die Erwei-terung erhöhen sich die Produktionsflächen des Rudower Werks um stattliche 65 Prozent. Mit ihrer Fertigstellung wird für 2014 gerechnet.

… und neue Arbeitsplätze entstehen

Danach soll die Produktion um 100 Millionen Glas- und Plastikampullen im Jahr gesteigert wer-den. Die bestehenden Arbeitsplätze werden nicht nur gesichert, sondern auch mindestens 25 zusätz-liche Stellen geschaffen. B. Braun nimmt dafür noch einmal rund 38,2 Millionen Euro in die Hand. Ziel ist

eine zeitgemäße Anlagenproduktivität und -quali-tät, die die Wettbewerbsfähigkeit des Werkes ge-genüber der Konkurrenz – sowohl innerbetrieblich als auch im Außenverhältnis – stärkt.

Das Investment wird durch den Europäischen Fond für regionale Entwick-lung finanziell gestützt. „Die unterstützenden Maßnah-men der EU-Förderung ha-

ben die Investitionsentscheidungen erleichtert“, so Wilhelm Schlemermeyer. Denn letztlich müsse man sich in einem so großen Unternehmen wie B. Braun stets auch gegen innerbetriebliche Konkurrenz durch-setzen. Es ist schwer, in einem Hochlohnstandort wie Deutschland ebenso günstig zu produzieren wie zum Beispiel in einem Werk in Spanien. Umso mehr freut sich der Werkleiter über den Zuschlag.

Während Rudow bisher ein reiner Produktions-standort war, bekommt die Niederlassung nun auch eine Entwicklungsabteilung, in der an neuen Pro-dukten gefeilt wird. Mit der neuen Abteilung wird das gesamte Werk attraktiver. Denn sie zieht junge, hochqualifizierte Fachkräfte an, was wiederum zur Standortsicherheit beiträgt und die regionale Inno-vationskraft stärkt. Hierin sieht Schlemermeyer den Vorteil der Hauptstadt gegenüber anderen deut-schen B. Braun Betriebsstätten. Berlin bietet durch seine kulturelle Vielfalt und sein Großstadtflair für viele junge Ingenieure und Ingenieurinnen eine hohe Lebensqualität. Sie bleiben der Stadt auch über Ausbildung und Studium hinaus treu.

Projekt:B. Braun MelsungenAnsprechpartner:Mechthild ClaesPress Relations ManagerB. Braun Melsungen AGNürnberger Str. 53-5534212 Melsungen [email protected]. (0 56 61) 71-16 35www.bbraun.de EFRE-Mittel: 701.975 EUR

„Die unterstützenden Maßnahmen der EU-Förderung haben die

Investitionsentscheidungen erleichtert.“ Wilhelm Schlemermeyer, Werkleiter

…und setzt hier auf die Entwicklung neuer

Produkte.

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E F R E - P R O J E K T I N B E R L I N

P R O J E K T I N B E R L I N

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Laut dem Deutschen Rat für Verkehrssicherheit ereigneten sich 2011 rund 290.000 Verkehrsunfälle, bei denen Menschen verletzt oder gar getötet wurden. Dank modernster Technik sank diese Zahl in den vergange-nen Jahren jedoch stetig. Weltweit arbeiten Sicherheitsingenieure unermüdlich daran, den Straßenverkehr noch sicherer zu machen. Auch in der deutschen Hauptstadt.

„Wir haben einen Fokus auf Produkte und Lö-sungen für die Sicherheit im Auto und ums Auto he-rum“, erklärt Dr. Olaf Kath, CEO von ikv++ technologies. Seit mittlerweile zehn Jahren ist das Unternehmen, das zur Pflege und Würdigung seiner japanischen Kunden auch eine kleine Tochterfirma im Fernen Osten besitzt, mit seinen Entwicklungen auf dem Markt. Rund 120 Kunden setzten sie weltweit ein – darunter branchen-führende Firmen wie General Motors und Toyota oder das Formel 1-Team von Ferrari.

Kaths Team setzt sich zusammen aus Sicherheits-ingenieuren und Softwareentwicklern. Hand in Hand haben sie das aktuelle Kernprodukt von ikv++ tech-nologies entwickelt: „medini analyze“. „Es geht dabei um das Thema Funktionssicherheit“, erklärt Kath „also nicht im Sinne von IT-Sicherheit – es geht nicht um Vi-ren oder so etwas. Sondern es geht darum, dass Leib und Leben von Personen im Auto und um das Auto herum nicht gefährdet werden.“

Damit greift das Berliner Unternehmen eine neue Norm auf, die im November 2011 international einge-führt wurde. ISO 26262 heißt die Vorschrift im Fach-jargon. Dr. Olaf Kath spricht etwas flapsig von „Si-cherheitszeugs“, handelt es sich doch um komplexe Prozesse, die zwar für jeden Menschen wichtig sind, aber dennoch vielen unklar bleiben.

Die ISO-Norm gibt Methoden zur Überprüfung der Fahrzeugsicherheit vor. Automobilhersteller und -zulieferer sind nunmehr verpflichtet, eine Ge-fahren- und Risikoeinschätzung durchzuführen, um

Berlin sorgt für Fahrzeugsicherheitdas Berliner Unternehmen iKv++ technoloGies hat eine innovative Und Bisher einZiGartiGe softWare entWicKelt

E F R E - P R O J E K T I N B E R L I N

Ein innovatives System setzt auf Fahrzeugsicherheit.

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Gefährdungssituationen zu vermeiden und heraus-zufinden, ob man etwaigen Risiken in der gesam-ten Fahrzeugarchitektur vernünftig entgegen tritt. Die Verfahren dazu sind äußerst vielfältig und detail-liert - beginnend mit dem Festlegen von Sicherheits-zielen bis hin zur Auswertung von Fehlerbaumanalysen, die angeben, wie hoch die Wahr-scheinlichkeit ist, dass eines dieser Ziele verletzt wird. In allen Schritten der Entwick-lung – von der Konzeptphase zu Produktion und Betrieb – müssen bestimmte Si-cherheitsüberlegungen durchgeführt und -aspekte nachgewiesen werden.

Bisher ließen sich die Ergebnisse mit den verschie-densten Einzellösungen erfassen, beispielsweise mit Hilfe von Excel-Tabellen. Medini analyze macht dies überflüssig. Denn es integriert alle Methoden in einer einzigen Anwendung und ist damit Vorreiter auf dem Markt. „Mit unserer Software kann man den ganzen Sicherheitszyklus in einer Applikation machen, ohne dass man ständig Brüche in den Softwarewerkzeugen hat“, sagt Kath. Das Interesse der Automobilbranche in Europa, Japan, Korea, China und den USA ist dem-entsprechend groß.

Die Gefährdungssituationen im Straßenverkehr sind vielfältig. Vorstellbar ist etwa, dass der Airbag im Falle eines Unfalls nicht auslöst oder, dass er sich während voller Fahrt aufbläst. In beiden Fällen kann anhand von bestimmten Kriterien das Risiko bewer-tet werden. „Bei den meisten Systemen kennt man mittlerweile die Sicherheitseinschätzungen. Bei vie-len neuen jedoch nicht“, so Kath. Stichwort E-Auto: „Gerade im Elektromobilitätsbereich benutzt man unsere Software viel stärker, weil man dort viel we-niger weiß und die Systeme ein viel höheres Sicher-heitsrisiko besitzen.“

Die Voraussetzung, um Medini Analyze realisie-ren zu können, war das Vorläufer-Projekt „CASCADE“. „Dabei ging es um Grundlagen zur Methodenintegra-tion“, führt CEO Kath aus. Mit der Entwicklung von medini analyze wurden CASCADEs Ergebnisse seit 2009 zur Produktreife gebracht.

Momentan ist die Software ausschließlich auf den Automobilbereich ausgelegt. Doch bei ikv++ tech-nologies arbeitet man bereits mit Partnern wie Air-bus, Philotech und EADS zusammen, um medini ana-lyze auch in Richtung Flugzeugbetrieb auszubauen, „weil die im Grunde das Gleiche machen“, wie der Ge-schäftsführer sagt. Statt von Fahrsituationen spricht

man in der Luftfahrt allerdings von Flight Modes. Um medini analyze entwickeln zu können, wurde

ikv++ technologies unter anderem durch ProFIT fi-nanziell unterstützt. Dabei handelt es sich um ein Förderprogramm der Investitionsbank Berlin (IBB),

das aus Mitteln des Europä-ischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gespeist wird. Durch die Förderung konnte auch die Vermark-tung der Software angesto-ßen werden. Denn häufig,

so gibt Dr. Kath zu bedenken, dauert es ein bis zwei Jahre vom Erstkontakt mit dem Kunden bis zum er-sten Lizenzkauf.

Projekte wie medini analyze stärken nicht nur den Technologiestandort Berlin, sondern festigen auch die Stellung der Hauptstadt als Ort der Innovationen und klugen Köpfe.

PUNKT H März/Apri l 2012 H 11

Projekt: ikv++ technologies agAnsprechpartner:Dr. Olaf Kathikv++ technologies agDessauer Strasse 28/2910963 [email protected]. +49-30-34 80 77 0Fax +49-30-34 80 78 0www.ikv.de

„Es geht darum, dass Leib und Leben von Personen im Auto und um das Auto herum

nicht gefährdet werden.“ Dr. Olaf Kath, CEO ikv++ technologies

Dr. Olaf Kath stimmt mit einer Mitarbeiterin eine neue Strategie ab.

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E S F - P R O J E K T I N B E R L I N

„Wir machen Bildung nicht von der Stange“mit der „lernfaBriK neUe technoloGien Berlin“ Wird in adlershof ein neUartiGes infrastrUKtUrelement fÜr die personalentWicKlUnG entstehen

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Es ist kein Geheimnis: Der Fachkräftemangel wächst stetig – auch in der Hauptstadt. Um den Wirtschaftsstandort Berlin nachhaltig zu sichern, bedarf es daher gut ausgebil-deter, hoch qualifizierter junger Menschen. Dies prognostizierten nicht zuletzt der Masterplan Industriestadt 2010-2020 sowie die erste gemeinsame Fachkräftestudie Berlin-Brandenburg. Vor dem Hintergrund dieser Ausgangssituation startete im Juli 2010 das Modellprojekt „Lernfabrik NEUE TECHNOLOGIEN Berlin“.

Die Lernfabrik ist ein Kooperationsprojekt von zwei Unternehmen, dem bbw Bildungswerk Frank-furt/Oder sowie der RKW Deutschland GmbH. Auslö-ser für die Projektidee waren fehlende bedarfsorien-tierte Bildungs- und Qualifizierungsangebote für die Wirtschaft sowie erste Erfahrungen aus der Lernfab-rik des bbw in Frankfurt/Oder.

„Zielstellung ist es, bedarfsorientierte Qualifizie-rung für die Berlin-brandenburgische Wirtschaft an-zubieten“, führt Projektleiterin Dr. Schmidt (RKW) aus. Dabei versteht sich die Lernfabrik vor allem als Unterstützungsstruktur für kleine und mittlere Un-ternehmen (KMU) in der Re-

gion, denn sie verfügen oft nicht über ausreichende Ressourcen für eine strategische Personalentwick-lung. „Wir wollen etwas strategisch Neues aufbauen, das seine Basis in der Wirtschaft hat“, sagt Michael Bose; Projektleiter vom bbw. Die positive Resonanz der Unternehmen unterstreicht die Richtig- und Wich-tigkeit der Projektidee.

Was die Lernfabrik künftig von anderen überbe-trieblichen Bildungsträgern unterscheidet, ist das kon-sequente Umsetzen des handlungs- und arbeitsprozes-sorientierten Lernens in der Fabrik. „Klar haben andere Träger Werkstätten, wo bestimmte Teile hergestellt werden“, erklärt Dr. Schmidt, „aber das sind immer nur ganz kurze, kleine Ausschnitte aus einem komplexen Prozess.“ In der Lernfabrik dagegen soll die gesamte Wertschöpfungskette, der ganze Lebenszyklus eines Produktes abgebildet werden – angefangen bei der Kundenanfrage über die Angebotserstellung bis hin zu Produktion und Vertrieb. Dabei sollen „Lernen“ und „Produzieren“ eng miteinander verzahnt werden. „In den Fertigungsablauf werden Lerninseln und Try-out-Bereiche integriert, in denen auftrags- und projektbe-zogen spezifische Lerninhalte vermittelt werden“, so

Michael Bose. Im Sinne lebenslangen Ler-nens rückt in der Lernfabrik aber

auch die gesamte „Bil-dungswert-

schöpfungskette“ in den Mittelpunkt. „Hauptsäch-

lich sind unsere Zielgruppe Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter in Unternehmen,

die Anpassungsqualifizierung oder Aufstiegsfortbil-dungen bekommen sollen – um up to date zu bleiben

In sogenannten Lerninseln soll die gesamte

Wertschöpfungskette dar-gestellt werden.

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und so nicht aufgrund mangelnder Qualifikation von Arbeitslosigkeit bedroht zu sein“, so Dr. Evelyn Sch-midt. Ebenso wird es Angebote für Schülerinnen und Schüler geben (Berufsorientierung, Praktika, Verbund-ausbildung). Hinzu kommen Inhouse-Schulungen für Unternehmen. „Die Angebote der Lernfabrik werden sich ähnlich strukturieren, wie man es jetzt vielleicht kennt. Es wird ebenso offene Seminare und modulare Lehrgänge geben, die mit Zertifikaten entsprechend EQR abschließen.

Das, was das Angebot von anderen unterscheidet, ist die konsequente Umsetzung des Systems „produ-zierend lernen – lernend produzieren“ orientiert am Kundenauftrag. Wissen wird nicht nur theoretisch an Musterbeispielen und starren Rahmenplänen, son-dern anwendungsorientiert an eigenen Produkten und Prozessen vermittelt. Hier kommt Bildung nicht von der Stange. Dieses Alleinstellungsmerkmal der Lernfabrik setzt aber auch Maßstäbe an das eigene Personal: „Sie brauchen die gleichen Fachleute wie in der Industrie - plus das Thema Methodik/Didak-tik“, sagt Bose. Die beiden Projektleiter sehen daher eine der ersten Aufgaben in der Qualifizierung der ei-genen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wollen dabei auf eine Mischung aus Erfahrungsträgern und jungen Leuten setzen. Sie können dabei auf die Un-terstützung durch zahlreiche Kooperationspartner aus anwendungsorientierter Wissenschaft und betrieb-licher Praxis zählen.

Momentan ist die Lernfabrik ein Projekt mit der Zielstellung, ein Umsetzungskonzept zu entwickeln.

Doch im Gegensatz zu anderen Projekten, deren Nach-haltigkeit nach Projektende oft nicht gewährleistet ist, soll die Lernfabrik ab 2013 tatsächlich gebaut werden. Wunschstandort: Berlin Adlershof.

Die Projektidee wurde von Anfang an intensiv durch den Berliner Senat sowie die Europäischen Strukturfonds gefördert. So wird auch der Bau der Lernfabrik zum großen Teil aus Fördermitteln finan-ziert werden. Das Verantwortungsbewusstsein der Projektverantwortlichen ist groß. Deshalb lautet eine ihrer Prämissen: Wie setzen wir die Mittel so ein, dass für den Wirtschaftsstandort der Hauptstadtregion der größte Nutzen erzielt werden kann? Es geht ihnen vor allem darum, bisher vorhandene weiße Flecken in der Bildungslandschaft zu identifizieren, mit dem neuen Infrastrukturelement „Lernfabrik“ bedarfsorientierte Angebote für die Wirtschaft zu entwickeln und da-mit einen Beitrag zur Fachkräfteentwicklung und -si-cherung zu leisten.

PUNKT H März/Apri l 2012 H 13

Zielgruppen sind auch Angestellte, die Aufstiegsfortbildungen bekommen sollen.

ProjektleiterinDr. Evelyn SchmidtLernfabrik NEUE TECHNOLOGIEN BerlinAlbert-Einstein-Str. 1412489 BerlinTel.: 030 - 63 92 97 21Fax: 030 - 63 92 97 19

E-Mail: [email protected]

Das Team der Lernfabrik auf der intec-Fachmesse.

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Eine Studie der Europäischen Kom-mission beweist erneut, welch wich-tige Rolle kleine und mittlere Un-ternehmen für den europäischen Arbeitsmarkt spielen. So wiesen KMUs zwischen 2008 und 2010 mit 85 % tatsächlich neu geschaffener Arbeitsplätze die größte Beschäf-tigungsquote auf. Besonders jün-gere Unternehmen aus der Dienst-leistungsbranche liegen bei der Arbeitsplatzschaffung vorne. Insge-samt entstanden im Durchschnitt jährlich 1,1 Millionen Stellen. „Der be-trächtliche Anteil bei der Entstehung

von Arbeitsplätzen zeigt, dass die Be-deutung von KMU größer als jemals zuvor ist. Sie müssen auf allen Ebe-nen gefördert werden. Die kleinen und neuen Unternehmen sind ganz eindeutig der Schlüssel für die Wie-derbelebung des Wirtschaftswachs-tums“, erläutert der für Unternehmen und Industrie zuständige Kommissi-onsvizepräsident Antonio Tajani.Hier finden Sie die englischspra-chige Studie: http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/facts-fi-gures-analysis/performance-review/index_en.htm

Um Hunger und Armut bis 2015 zu hal-bieren, eine Grundschulausbildung zu ga-rantieren und die Gleichstellung von Mann und Frau durchzusetzen, erhalten Staaten in Afrika, der Karibik und im Pazifik zusätz-liche 700 Millionen Euro Förderhilfe von der Europäischen Union. „Diese zusätzliche Hilfe ist ein wesentlicher Beitrag im Kampf gegen den Hunger. Entsprechend unserer jüngsten Vorschläge zur künftigen EU-Ent-wicklungshilfepolitik ‚Eine Agenda für den Wandel‘ werden wir das Geld dort einset-zen, wo es am meisten gebraucht wird und wo wir tatsächliche Ergebnisse erzie-len können“, erklärt Entwicklungskommis-sar Andris Piebalgs. Mit dem Geld sollen beispielsweise Projekte gefördert werden, die darauf abzielen, von Armut bedrohten Menschen in Haiti den Zugang zu Lebens-mitteln zu verbessern, Kinder in Ruanda im Kindergarten und der Vorschule mit Milch zu versorgen oder Menschen in Samoa mit sauberem Trinkwasser zu versorgen.http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/10378_de.htm

Vom 21. bis zum 23. Mai findet der 12. Bundeskongress Poltische Bildung unter dem Motto „Zeitalter der Partizi-pation – Paradigmenwechsel in Politik und politischer Bildung“ in Berlin statt.http://www.esf.de/portal/genera-

tor/17910/2012__05__21__kongress.

html

Zwischen dem 10.2. und 20.4. kön-nen sich Berliner Unternehmerinnen am Wettbewerb „Berliner Unterneh-merinnen des Jahres 2012 – 2013“ be-teiligen. Die Siegerin wird am 6. Ber-liner Unternehmerinnentag (9. Juni) ausgezeichnet.www.berliner-unternehmerinnentag.de

Kurz & knapp

KMU nach wie vor Jobmotor in der EU EU unterstützt die ärmsten Staaten der Welt mit zusätz-

lichen 700 Millionen Euro

Bereits seit der Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags ist Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch ein grundle-gendes Ziel der Europäischen Union. Über-legungen zur Nachhaltigkeit und diesbe-zügliche Ziele müssten laut Vertrag in alle europäischen Politiken einfließen, sodass sie auf integrierte Art zu wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zielen beitragen. Mit Zunahme der Weltbevölkerung – bis 2050 wird sie voraussichtlich auf neun Mil-liarden Menschen anwachsen – steigt auch der Bedarf an Nahrungs- und Futtermitteln sowie Fasern um etwa 70 %. Um auf diese Entwicklung reagieren zu können, strebt die Europäische Kommission eine Überarbei-tung der Verbrauchs- und Produktionspo-litiken der EU und fordert alle interessierten

Kreise dazu auf, bis zum 3. April im Rahmen einer öffentlichen Online-Konsultation Stel-lung dazu zu nehmen, wie die EU-Politiken für Nachhaltigkeit in Verbrauch und Produk-tion verbessert werden können.

Die Konsultation ist zugänglich un-ter: http://ec.europa.eu/environment/consultations_en.htmEU unterstützt die ärmsten Staaten der Welt mit zusätzlichen 700 Millionen Euro. Um Hunger und Armut bis 2015 zu halbie-ren, eine Grundschulausbildung zu garan-tieren und die Gleichstellung von Mann und Frau durchzusetzen, erhalten Staaten in Afrika, der Karibik und im Pazifik zusätz-liche 700 Millionen Euro Förderhilfe von der Europäischen Union. „Diese zusätz-liche Hilfe ist ein wesentlicher Beitrag im

Kampf gegen den Hunger. Entsprechend unserer jüngsten Vorschläge zur künftigen EU-Entwicklungshilfepolitik ‚Eine Agenda für den Wandel‘ werden wir das Geld dort einsetzen, wo es am meisten gebraucht wird und wo wir tatsächliche Ergebnisse erzielen können“, erklärt Entwicklungs-kommissar Andris Piebalgs. Mit dem Geld sollen beispielsweise Projekte gefördert werden, die darauf abzielen, von Armut bedrohten Menschen in Haiti den Zugang zu Lebensmitteln zu verbessern, Kinder in Ruanda im Kindergarten und der Vor-schule mit Milch zu versorgen oder Men-schen in Samoa mit sauberem Trinkwas-ser zu versorgen.http://ec.europa.eu/deutschland/press/ pr_releases/10378_de.htm

Kommission sammelt Meinungen zu mehr Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch

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A U F D E N P U N K T

PUNKT H März/Apri l 2012 H 15

Der Fachkräftemangel setzt Unter-nehmen zunehmend unter Druck und Experten prognostizieren bis 2020 einen Anstieg der Nachfrage nach hochqualifi-zierten Arbeitskräften auf über 16 Millio-nen. Die Europäische Kommission plant nun, die Lücken durch die Einführung eines Europäischen Berufsausweises zu schließen und damit die Regeln für die EU-weite Mobilität von Berufstätigen zu vereinfachen. Mit dem Berufsausweis sol-len Qualifikationen in der gesamten EU schnell, einfach und zuverlässig aner-kannt werden und gut ausgebil-dete Berufstätige die Möglich-keit erhalten, unkompliziert in anderen Mitgliedstaaten Arbeit zu finden. Europa stünde heute einer Vielzahl

von Herausforde-rungen gegen-über. Eine davon sei die wach-sende Nachfrage nach hochquali-fizierten Arbeits-kräften in ganz Europa. Durch den Vorschlag zu den Berufsquali-fikationen würde

ein reibungs-los funktio-

nierendes System für

die An-e r k e n -n u n g

von Qua-lifikationen geschaffen, um die EU-weite Mobilität von Berufstäti-gen zu fördern. Hochqualifizierten

Berufsangehörigen würde es erleich-tert, dorthin zu ge-hen, wo es freie

Stellen gebe. „Das wird sich wachstumsfördernd für die gesamte europäische Wirtschaft auswirken und mit Sicherheit das Wachstum der

gesamten europäischen Wirt-

schaft fördern. Ich bin davon überzeugt, dass der Europäische Berufsausweis – in Form einer elektronischen Bescheinigung – eine zukunftsweisende Idee ist, da durch ihn die Verfahren zur Anerkennung von Berufsqualifikationen beschleunigt wer-den“, sagt der für Binnenmarkt und Dienst-leistungen zuständige EU-Kommissar Mi-chel Barnier.

Mehr Informationen zum Thema er-halten Sie hier: http://ec.europa.eu/internal_market/qualifi-cations/policy_developments/index_de.htm

Der Europäische Berufsausweis soll die Stellensuche in ganz Europa erleichtern

Eine neue Eurobarometer-Umfrage hat ergeben, dass 71 % der in Europa le-benden Menschen sich darüber im Klaren sind, dass die Bevölkerung zunehmend älter wird. Im Gegensatz zur Wahrneh-mung politischer Entscheidungsträger, die die Entwicklung durchaus als proble-matisch einschätzen, betrachten jedoch nur 42 % der Befragten die demogra-fische Entwicklung als besorgniserre-gend. Demnach sind die meisten Bürge-

rinnen und Bürger Europas der Ansicht, dass Menschen ab 55 eine wichtige Rolle in den Schlüsselbereichen der Gesell-schaft spielen. Über 60 % meinen, dass man auch nach dem Eintritt ins Rente-nalter weiterarbeiten darf und ein Drit-tel der Befragten gab an, selbst gerne län-ger arbeiten zu wollen. Lázló Andor, der EU-Kommissar für Beschäftigung, Sozi-ales und Integration: „Die Eurobarome-ter-Umfrage zeigt, dass die Menschen be-

reit sind, im Alter aktiv zu bleiben. Ich bin zuversichtlich, dass das Europäische Jahr als Katalysator wirken wird, um Bürge-rinnen und Bürger, Interessen- und Ent-scheidungsträger zu mobilisieren, damit sie Maßnahmen zur Förderung der Akti-vität im Alter treffen und die Herausfor-derungen der Altersentwicklung auf po-sitive Weise angehen.“http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/eb_special_379_360_en.htm

Eurobarometer: Europa bereit zur „Aktivität im Alter“

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S c H L U S S P U N K T

Wie effektiv und nachhaltig Förderungen für die lokalen Industrien sowie den Standort sein können, beweist die Entwicklung einer Einrichtung für Nano-herstellung in der krisengeschüttelten italienischen Region Venetien. Als eines der ersten Labors in Eu-ropa, das die Nanotechnologie in der industriellen Produktion anwendet (ähnlich wie beim Blatt der

Lotuspflanze, haben Nanoprodukte eine so glatte Oberfläche, dass Flüssigkeiten wie Wasser gänzlich abperlen und dienen so beispielsweise der Oberflä-chenbehandlung), setzte das in der vergangenen Förderperiode durchgeführte Projekt von Beginn an starke Akzente. So entstanden infolgedessen starke Verbindungen zwischen Universitäten der Region, lokalen Unternehmen und der das Projekt verwal-tenden gemeinnützigen Organisation „NanoFab“, die wiederum das Interesse von zahlreichen Spit-zenunternehmen geweckt hat. Die geförderte Ein-richtung und die damit entstandene Infrastruktur (2.700 m² Labor- und Technikbüros, 80 Fachausrüs-tungen für die Produktion von Nanomaterial und für die Forschungskontrolle) haben dazu geführt, dass Venetien als ehemals rückläufige Industriere-gion wieder frischen Aufwind erhält und die lokale Industrie mit der Realisierung einer Zukunftsbran-che einen großen Schritt in Richtung wissensbasier-ter Produktion macht. Das Projekt wurde seitens der EU mit 4,6 Millionen Euro unterstützt.

Pr o j e k t e a u s a n d e r e n Lä n d e r n u n d re g i o n e n

Zu re c h t b e f r a g t

Urteil des Gerichtshofs der eUropäischen Union vom 17. JanUar 2012 in der rechtssache c-347/10

Mit Zukunftstechnologie den Standort stärken

Der niederländische Staatsangehörige Salemink ar-beitete seit 1996 als Krankenpfleger und Röntge-nassistent auf einer Gasplattform auf dem an die Niederlande angrenzenden Festlandsockel. 2004 verlegte Salemink seinen Wohnsitz von den Nie-derlanden nach Spanien, wo er fortan seine Frei-zeit neben der Arbeit auf der Bohrplattform ver-brachte. 2006 musste sich der Niederländer krank melden und beantragte schließlich 2007 eine Un-terstützung wegen Arbeitsunfähigkeit nach nieder-ländischem Recht. Jedoch lehnte das zuständige Institut für Arbeitnehmerversicherung den An-trag mit der Begründung ab, Herr Salemink habe in Folge seines Umzugs nach Spanien keinen An-spruch mehr auf eine solche Leistung. Das erstin-

stanzliche Gericht in Amsterdam fragte anschlie-ßend beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach, ob dieses denn mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Der EuGH urteilte nun, dass eine Person, die im Ge-biet eines Mitgliedstaates abhängig beschäftigt ist, auch den Rechtsvorschriften dieses Staates unter-liegt – „und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates liegt“. Die Richter verweisen darauf, dass nach internationalem See-recht der Küstenstaat über den angrenzenden Fest-landsockel souveräne Rechte ausübt. Daher sei die dort verrichtete Beschäftigung auch als eine im Ho-heitsgebiet dieses Staates verrichtete Arbeit anzu-sehen, die es mit dem jeweiligen nationalen sozia-len System abzusichern gilt.

Angestellte, die im Gebiet eines Mitglied-staates abhängig beschäftigt sind, unter- liegen den Rechtsvorschriften dieses Staates

Venetien ist berühmt für seine Weine und Glas. Die Touristen zieht es zu den Stränden und architekto-nischen Besonderheiten, wie in der Stadt Bassano del Grappa. Wird die Region bald auch für ihre Forschung berühmt?