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Das neue Zustellungsrecht Überblick und Hinweise zu den Neuerungen durch das ZustRG © Justizausbildungsstätte Brakel Dipl. Rpfl. Tobias Vahle Stand: Mai 2002

Das neue Zustellungsrecht - azj.nrw.de€¦ · Widerspruch zum Rest der ZPO stehen. So hat im Erkenntnisverfahren die Amtszustellung die Parteizustellung vollständig verdrängt,

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Das neue Zustellungsrecht

Überblick und Hinweise zu denNeuerungen durch das ZustRG

© Justizausbildungsstätte BrakelDipl. Rpfl. Tobias Vahle

Stand: Mai 2002

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InhaltsverzeichnisVorbemerkungen ........................................................................................................ 31. Einführung und Gesetzessystematik....................................................................... 42. Einzelne wichtige Neuregelungen........................................................................... 53. Aufgaben der Geschäftsstelle................................................................................. 64. Zustellungsadressaten............................................................................................ 85. Arten der Zustellung.............................................................................................. 116. Ersatzzustellung, §§ 177 – 181 ZPO n.F. ............................................................. 177. Heilung von Zustellungsmängeln, § 189 ZPO n.F................................................. 188. Fazit für die gerichtliche Praxis ............................................................................. 19Anhang ..................................................................................................................... 20 - Auszug aus der Geschäftsordnung (§§ 6, 11) - RV des JM bzgl. der Freimachung von EBs und Annahme unfrankierter Sendungen

Justizausbildungsstätte BrakelBrunnenallee 7133034 Brakel

Tel. 05272 / 37020Fax 05272 / 370277

Internet: http://www.jas-brakel.nrw.deE-Mail: [email protected]

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VorbemerkungenAm 01.07.2002 tritt das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen imgerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz – ZustRG – vom 25.06.2001,BGBl. I, 1206) in Kraft. Das neue Gesetz führt in vielerlei Hinsicht zu Erleichterungenund Vereinfachungen im Zustellungswesen, wirft aber auch einige neue Problemeauf.Das vorliegende Skriptum soll einen schnellen Überblick über die Neuerungen imVergleich zum bisher geltenden Recht ermöglichen, wobei es natürlich keinenKommentar ersetzen kann. Ziel ist es vielmehr, dem Praktiker, vornehmlich dem derGeschäftsstelle bzw. Serviceeinheit, eine zügige Orientierung im neuen Recht zuermöglichen. Zur Klärung von Detailfragen mögen die aktuellen Ausgaben des„Zöller“ oder des „Baumbach/Lauterbach“ herangezogen werden.Nach Hinweisen und Anregungen aus der Praxis wurde das Skriptum teilweiseerweitert und überarbeitet. Wichtige Passagen, die in der Fassung vom Februar d.J.noch nicht enthalten sind oder umformuliert wurden, sind durch einen Strich amSeitenrand kenntlich gemacht. Die jeweils aktuellste Fassung dieses Skriptums kannunter der Internetadresse http://www.jas-brakel.nrw.de abgerufen werden bzw. beider Justizausbildungsstätte schriftlich angefordert werden.Brakel, im Mai 2002Tobias Vahle

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1. Einführung und Gesetzessystematik

a) Bedeutung des Zustellungsverfahrens

Die förmliche Zustellung ist bislang in den §§ 166 – 213a ZPO geregelt. Um dasRecht auf rechtliches Gehör umzusetzen, muß garantiert sein, daß jedermann vonden für ihn bestimmten Schriftsätzen des Gerichts und der Gegenpartei Kenntniserlangen kann. Zweck der Vorschriften ist es, einen reibungslosen und fairenProzeßablauf zu sichern. Streitigkeiten über den Zeitpunkt des Zugangs werdenebenfalls vermieden.Mit Zustellungen hat der Geschäftsstellenbeamte täglich zu tun, unabhängig davon,auf welcher Abteilung er eingesetzt wird. Dabei erschöpft sich seine Tätigkeit nichtnur in der Abheftung der Zustellungsurkunde in der Akte, vielmehr ist selbige auchauf ihre Wirksamkeit hin überprüfen und im Falle einer unwirksamen Zustellung dasErforderliche veranlassen (vgl. § 6 III GO). Wegen der großen Bedeutung desZustellungswesens sollte dieses Thema auch bei der Ausbildung von Anwärtern undJustizfachangestellten eine wichtige Rolle spielen.

b) Gründe für die Reform

Während sich die ZPO seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 1879 um die Zustellungs-vorschriften herum deutlich geändert hat, sind diese selbst nahezu unverändertgeblieben; hingegen ist die Bedeutung moderner Kommunikationsmittel gerade inden letzten Jahren stark angestiegen. Viele Vorschriften, insbesondere bezüglich derErsatzzustellung, sind nicht mehr praktikabel. Daher soll das MassengeschäftZustellung vereinfacht werden. All dies hat eine umfassende Reform desZustellungsrechts erforderlich gemacht, die nunmehr am 01.07.2002 in Kraft tretenwird (Zustellungsreformgesetz – ZustRG – vom 25.6.2001, BGBl. I Seite 1206).

c) Gesetzessystematik

Im ZustRG wird im § 166 I ZPO n.F. nun erstmals der Begriff der Zustellung definiert,es handelt sich dabei um die „Bekanntgabe eines Schriftstückes an eine Personin der in diesem Titel bestimmten Form“.Bislang sah die ZPO die Parteizustellung als Regelfall an und hat diese rechtausführlich in den §§ 166 – 207 geregelt. Die nachfolgenden Vorschriften §§ 208 –213a sahen dann nur noch einige Besonderheiten für die Ausnahme, dieAmtszustellung vor. Der Grund für diese Gesetzessystematik ist in derursprünglichen Fassung der ZPO von 1879 zu sehen. Diese hat den Fortgang desProzesses nahezu ausschließlich in die Hand der Parteien gelegt, dementsprechendwaren Zustellungen nur im Parteibetrieb zu bewirken. Durch mehrere Reformen undNovellen der ZPO ist dieser Grundsatz zunächst aufgeweicht worden, so daß dieunveränderten Regelungen des Zustellungsverfahrens systematisch gesehen imWiderspruch zum Rest der ZPO stehen. So hat im Erkenntnisverfahren dieAmtszustellung die Parteizustellung vollständig verdrängt, vgl. § 270 I ZPO.Lediglich in der Zwangsvollstreckung (z.B. PfÜB, § 829 II 1 ZPO), im Arrest- undeinstweilige Verfügungsverfahren (vgl. §§ 936, 922 II ZPO; dies gilt jedoch nicht fürArresturteile!) und auf Antrag bei der Zustellung eines Vollstreckungsbescheides,§ 699 IV ZPO, sind noch Zustellungen im Parteibetrieb vorgesehen.Dem trägt § 166 II ZPO n.F. Rechnung, indem die Amtszustellung zum Grundsatzerklärt und in den §§ 166 – 190 ZPO n.F. geregelt wird. Vorschriften für die

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Zustellung im Parteibetrieb finden sich in den §§ 191 –195 ZPO n.F.; wobei§ 191 ZPO n.F. die Vorschriften über die Amtszustellung grds. für entsprechendanwendbar erklärt.

d) Gegenstand der Zustellungsvorschriften

Auch nach dem ZustRG bleibt es dabei, daß in den §§ 166 – 195 ZPO n.F. nur dasbei der Durchführung von Zustellungen zu beachtende Verfahren geregelt ist, nichtjedoch, welche Schriftstücke überhaupt zuzustellen sind. Dies erfolgt weiterhinan anderer Stelle in der ZPO, insbesondere im Bereich der jeweiligenVerfahrensvorschriften, vgl. z.B. § 270 II ZPO (= § 270 ZPO n.F.) oder § 329 II, IIIZPO. Es bleibt dabei, daß das Gericht in Fällen, in denen die Zustellung nichtgesetzlich vorgeschrieben ist, dies im Rahmen seines Ermessens anordnen kann,vgl. § 166 II ZPO n.F..

e) Geltung über die ZPO hinaus

Nach wie vor gelten die Zustellungsvorschriften der ZPO nicht nur für daszivilprozessuale Verfahren, sondern durch entsprechende Verweisungsvorschriftenz.B. auch für das Strafverfahren (§ 37 StPO), das Insolvenzverfahren (§ 4 InsO),das Zwangsversteigerungsverfahren (§§ 3 ff. ZVG) und für die Verfahren derfreiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 16 FGG). Aber auch über den Bereich derordentlichen Gerichtsbarkeit hinaus ist das Zustellungsverfahren nunmehr einheitlichund zentral in der ZPO geregelt. So stellen bislang nur die Arbeitsgerichte nach denVorschriften der ZPO zu, während für die Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtedas Verwaltungszustellungsgestz (VwZG) gilt. Diese Unterscheidung wird nicht mehrals sachlich gerechtfertigt angesehen, so daß nunmehr alle Fachgerichte dieZustellungsvorschriften der ZPO zu beachten haben.

2. Einzelne wichtige Neuregelungena) Erweiterung der Personen, an die per EB zugestellt werden kann

künftig möglich bei allen Personen, bei denen aufgrund ihres Berufes von einererhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann

b) Nutzung moderner Kommunikationsmittelz.B. Zustellung per Telefax oder E-Mail

c) Zustellung per EgRals Alternative zur kostspieligeren und aufwendigeren Zustellung perZustellungsurkunde

d) Vereinfachte ErsatzzustellungErsatzzustellung ist nicht mehr auf Familienangehörige beschränkt, sondern kannan jeden Mitbewohner erfolgen;die Ersatzzustellung kann durch Einlegen des Schriftstückes in den Briefkastenbewirkt werden

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e) Vereinfachte öffentliche ZustellungBeschränkung der Daten, die veröffentlicht werden; Anheftung an dieGerichtstafel reicht aus (keine Veröffentlichung im BAnz. mehr)

f) Heilung von Zustellungsmängelnauch möglich, wenn eine Notfrist in Gang gesetzt wird

g) Aufgehobene VorschriftenEinige Vorschriften, die nur noch wenig praxisrelevant sind, werden ersatzlosgestrichen:

- § 177 ZPO (unbekannter Aufenthalt des PBV)- § 188 ZPO (Zustellung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen)- § 195a ZPO (Verfahren bei Orten ohne Postdienst)- § 197 ZPO (Mehrkosten bei Zustellung durch Gvz.)- § 207 II ZPO (Rückwirkung der Zustellung im Parteibetrieb)

3. Aufgaben der Geschäftsstelle

a) Bewirkung der Zustellung

Wie bisher ist der Geschäftsstellenbeamte für die Bewirkung der Zustellungzuständig, d.h. er hat in eigener Verantwortung zu prüfen, ob eingehendeParteischriftsätze dem Richter (zur Bestimmung eines Termins) vorzulegen, odersogleich dem Gegner zuzustellen bzw. formlos bekanntzumachen ist1. Gleiches giltfür Beschlüsse und Verfügungen des Gerichts: Der UdG muß entscheiden, ob siezuzustellen sind und bei welchen eine formlose Bekanntmachung ausreichend ist. Sohat schon 1956 der BGH unter Bezugnahme auf § 209 ZPO a.F. entschieden, „daßder Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Initiative zur Vornahme der Zustellung zuergreifen hat, wo sie erforderlich ist2. Nach dem Zustellungsreformgesetz stellt dies§ 168 I ZPO n.F. klar, der insoweit dem § 209 ZPO a.F. entspricht. Die Zuständigkeitdes UdG beschränkt sich entgegen des Wortlauts des § 168 I ZPO n.F. nicht nur aufdie in den §§ 173 - 175 genannten Fälle, sondern gilt für alle Zustellungen von Amtswegen3.Gleichwohl sind anderslautende Anordnungen des Richters oder Rechtspflegers -auch wenn diese oftmals aus Unkenntnis der einschlägigen Vorschriften erfolgen -für den UdG bindend4. Im Hinblick auf § 8 GKG (Niederschlagung vonGerichtskosten wg. unrichtiger Sachbehandlung) erscheint die weitverbreitete Praxis,der Einfachheit halber und ohne Rücksicht auf rechtliche oder tatsächlicheErfordernisse nahezu alle Schriftstücke zuzustellen, bedenklich und sollte zuNachfragen seitens des UdG Anlaß geben.

1 Zöller/Stöber, ZPO 23. Aufl., § 168 RNr. 12 BGH, Urteil v. 16.10.1956, NJW 56, 18783 Baumbach/Lauterbach, ZPO 60. Aufl., § 168 RNr. 34 Nach Zöller/Stöber a.a.O. sollen solche Anweisungen nur in Sonder- und Zweifelsfällen erfolgen.

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Im Rahmen ihrer Zuständigkeit muß die Geschäftsstelle die zuzustellendenSchriftstücke auch beglaubigen, § 169 II ZPO, und kann Abschriften, die die Parteientgegen § 133 ZPO nicht beigefügt hat, anfordern bzw. auf Parteikosten (GKG KV9000) von der Kanzlei anfertigen lassen.Zu der „Bewirkung der Zustellung" gehört schließlich die Prüfung, ob die Zustellungordnungsgemäß und wirksam erfolgt ist, sowie ob eine Aktenvorlage an denSachbearbeiter angezeigt ist.Dies ist insbesondere in den im § 6 III GO5 genannten Fällen erforderlich:

- Zustellungsurkunden, die die Anordnung eines ZV - Termins oder einerGläubigerversammlung betreffen

- wenn die Zustellung durch Niederlegung erfolgt ist- wenn die Geschäftsstelle feststellt, daß nicht ordnungsgemäß zugestellt

wurde- wenn sonst zu einer Verfügung Anlaß besteht.

b) Form des zugestellten Schriftstücks

Grundsätzlich wird ein Schriftstück entweder in Urschrift, Ausfertigung oderbeglaubigter Abschrift zugestellt6.Leider fehlt im ZustRG eine Entsprechung zum § 170 ZPO a. F., der die Zustellungeiner beglaubigten Abschrift zum Regelfall erklärte und die Zustellung einerAusfertigung nur vorsah, wenn dies im Gesetz ausdrücklich verlangt wurde. So ist in§ 166 II ZPO n.F. auch nur neutral von einem „Schriftstück“ die Rede, eine Aussageüber dessen Form wird nicht gemacht. Nach der amtlichen Begründung soll dieEntscheidung dieser Frage „der jeweiligen materiell- oder prozeßrechtlichenVorschrift vorbehalten bleiben“.Es muß daher bei dem Grundsatz bleiben, daß grds. die Zustellung einerbeglaubigten Abschrift ausreichend ist7. Die in der Kommentierung zuweilen alsBeispiel für die Notwendigkeit der Zustellung einer Ausfertigung zitierten §§ 377, 402ZPO beruhen auf der mißverständlichen Formulierung des Gesetzgebers, der in dengenannten Vorschriften wohl keine Ausfertigung im Rechtssinne meinte8.

5 Vgl. Anlage6 Vgl. AVen des JM vom 19.11.1973 und 19.10.1993 über die unterschriftliche Vollziehung vonSchriftstücken, abgedruckt bei Jürgens/Bracker, MJD NW, O. Nr. 104-77 Baumbach/Lauterbach, a.a.O., § 169 RNr. 1, und Zöller/Stöber, a.a.O., § 166 RNr. 5, der zurBegründung auf § 169 II ZPO n.F. verweist8 Gem. § 377 I ZPO ist die Ladung des Zeugen durch die Geschäftsstelle zu veranlassen, und zwargem. § 329 II 2 ZPO durch Zustellung von Amts wegen. Dabei stellt der UdG i.d.R. nicht einebeglaubigte Abschrift oder Ausfertigung der in der Akte befindlichen richterlichen Terminsbestimmungher, sondern vielmehr ein gesondertes Ladungsschreiben, daß er eigenhändig zu unterzeichnen hat(vgl. II.1 der AV d. JM v. 19.10.1993, abgedruckt bei Jürgens/Bracker, MJD NW, O. – Nr. 104-7). DemZeugen wird also eine eigenhändig unterschriebene Urschrift zugestellt. § 377 I ZPO verlangt auchnicht, daß dem Zeugen eine Ausfertigung des Beweisbeschlusses zu übermitteln ist, vielmehr reichtdie Mitteilung des „Gegenstands der Vernehmung“ (§ 377 II ZPO).

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Ein Fall, in dem tatsächlich nur die Zustellung einer Ausfertigung sinnvoll ist, stellendie in § 775 ZPO genannten Entscheidungen dar.Zwar benötigt der Gläubiger für die Zwangsvollstreckung eine Ausfertigung desUrteils, jedoch ist diese Ausfertigung von der Partei zu beantragen und nicht vonAmts wegen durch das Gericht herzustellen.Die Zustellung einer einfachen Abschrift ist unwirksam und setzt keine Fristen inLauf.

c) Zustellungsbescheinigung

Der Nachweis über die Zustellung befindet sich bei der Zustellung von Amts wegenin Form der Zustellungsurkunde allein in der Gerichtsakte. Jedoch muß der Gläubigerbei der Zwangsvollstreckung nachweisen, daß die Zustellung ordnungsgemäßdurchgeführt wurde, vgl. § 750 I ZPO. Daher hat nach wie vor die Geschäftsstelle aufAntrag eine Zustellungsbescheinigung zu erteilen, § 169 I ZPO n.F..

d) Vermittlung der Zustellung

Erhalten geblieben ist auch die Möglichkeit, bei der Zustellung im Parteibetrieb dieGeschäftsstelle um die Vermittlung der Zustellung zu ersuchen, § 192 III ZPO n.F.(bisher im wesentlichen § 168 ZPO). In der Praxis wird dies insbesondere relevant,wenn z.B. ein PfÜB oder eine einstweilige Verfügung durch den Gerichtsvollzieherzuzustellen ist. Statt den Gerichtsvollzieher selbst zu beauftragen, kann sich diePartei zu diesem Zwecke an die Geschäftsstelle wenden, die dann in Vertretung derPartei den Gerichtsvollzieher beauftragt.Nach § 11 VI GO9 hat die Geschäftsstelle die Zustellung sogar in allen Verfahren, aufdie die ZPO (zumindest entsprechend) Anwendung findet, zu vermitteln, so daß eseines dahingehenden Antrages der Partei eigentlich gar nicht mehr bedarf.Dementsprechend fehlt auch eine dem § 167 I ZPO a.F. entsprechende Regelung,wonach für diesen Vermittlungsauftrag eine mündliche Erklärung der Partei genügt.Auch im Hinblick auf § 11 V GO10 dürfte dies nach wie vor zulässig sein.Die Vermittlung durch die Geschäftsstelle ist auf das amtsgerichtliche Verfahrenbeschränkt.

4. ZustellungsadressatenGrds. ist die prozeßfähige Partei selbst Zustellungsadressat. Daneben kommenjedoch noch weitere Personen in Betracht:

a) Der gesetzliche Vertreter, § 170 ZPO n.F.

Wie bisher erfolgt die Zustellung für nicht prozessfähige Personen an ihren

9 Vgl. Anlage10 Vgl. Anlage

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gesetzlichen Vertreter, also z.B. an die Eltern oder den Geschäftsführer derGmbH (Abs. 1). Nach Abs. 2 kann bei Zustellungsadressaten, die keine natürlichePerson sind, auch an deren Leiter, der nicht unbedingt identisch sein muß mitdem gesetzlichen Vertreter (gemeint ist derjenige, der die Behörde etc. nachaußen vertritt, zugestellt werden. Unter diese Regelung fallen sowohl juristischePersonen (z.B. AG und GmbH) als auch Personengesamtheiten (z.B. KG, oHG).

Der gesetzliche Vertreter ist also als Person, an die zugestellt werden soll,Zustellungsadressat i.S.d. § 182 II Nr. 1 ZPO n.F.11

Bei mehreren gesetzlichen Vertretern genügt die Zustellung an einen von ihnen(Abs. 3).

b) Der Bevollmächtigte einer Partei, § 171 ZPO n.F.

Bislang sah § 173 ZPO nur eine Zustellung an einen Generalbevollmächtigtenoder an einen Prokuristen vor, nicht jedoch an einen sonstigen Ersatzempfängerwie z.B. einen Nachbarn. Dies hatte zur Folge, daß der Postbote das Schriftstückniederlegen musste, obwohl der Nachbar eine gültige Vollmacht vorweisenkonnte. Gleichwohl konnte der Nachbar das Schriftstück aufgrund seinerVollmacht nach der Niederlegung vom Postamt abholen.Dieser Formalismus wurde als überholt angesehen; nunmehr kann an jedenrechtsgeschäftlich bestellten Vertreter mit gleicher Wirkung wie an die Parteiselbst zugestellt werden.Der Vertreter muß zum Zeitpunkt der Zustellung im Besitz einer schriftlichenVollmacht sein, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, diese im voraus demGericht vorzulegen. Es genügt z.B., wenn sich der Nachbar gegenüber demPostboten durch eine schriftliche Vollmacht ausweist. Inwiefern eine bloßeVollmacht zur Entgegennahme von Postsendungen, die nicht explizit gerichtlicheZustellungen umfaßt, ausreichend ist, ist streitig12.Ob das Erfordernis, dem Postboten etc. stets eine schriftliche Vollmachtvorzulegen, z.B. beim Prokuristen erfüllt werden kann, muß abgewartet werden.Wahrscheinlich wird eine Zustellung an den Prokuristen nur praktikabel sein,wenn die Prokura dem Gericht zuvor angezeigt wurde.Der Postbedienstete muss nicht selbstständig ermitteln, ob evtl. ein Nachbar zurEntgegennahme der Sendung bevollmächtigt ist. Es liegt auch im pflichtgemäßenErmessen des Zustellers, ob er von der Möglichkeit des § 171 ZPO n.F.überhaupt Gebrauch macht; er wird dies z.B. nicht tun, wenn er Zweifel an derEchtheit der Vollmacht hat.

Systematisch gesehen dürfte der rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter nichtZustellungsadressat im eigentlichen Sinne sein, das ist vielmehr nach wie vor derVertretene selbst. Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in denen die Vollmacht demGericht nicht im voraus angezeigt worden ist; § 171 ZPO könnte also eher als

11 Vgl. Zöller/Stöber a.a.O., § 170 RNr. 212 Verneinend Baumbach/Lauterbach, a.a.O., § 171 RNr. 4, bejahend zumindest für die Fälle, indenen die Zustellung durch ein Postunternehmen (und nicht durch einen Justizbediensteten)ausgeführt wird, Zöller/Stöber a.a.O., § 171 RNr. 3.

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eine Form der Ersatzzustellung eingeordnet werden13.

c) Der Prozeßbevollmächtigte, § 172 ZPO n.F.

§ 172 ZPO n.F. fasst die bisherigen §§ 176 (Zustellung an PBV), 178 (Umfangdes Rechtszuges) und 210a ZPO (Zustellung von Rechtsmittelschriften)zusammen und entspricht diesen weitgehend.

In einem anhängigen Rechtsstreit sind also alle Zustellungen14 an denProzeßbevollmächtigten zu bewirken. Die Bestellungsanzeige durch denProzeßgegner (z.B. in der Klageschrift) ist ausreichend und für das Gerichtbindend, das Risiko der tatsächlichen Vertretung hat insoweit der Kläger zutragen15. Erfährt das Gericht von einer Mandatsbeendigung, können imParteiprozeß alle weiteren Zustellungen wieder an die Partei selbst bewirktwerden. Im Anwaltsprozeß sind Zustellungen an den ehemaligen Anwalt weiter zubewirken, bis ein anderer Prozeßbevollmächtigter bestimmt wird (vgl. § 87 I Alt. 2ZPO).

An wen Rechtsmittelschriften zuzustellen sind, stellt § 172 II ZPO n.F. klar undunterscheidet 3 Fallgruppen:

• Grds. ist die Rechtsmittelschrift an den PBV des Rechtszuges, dessen Entscheidung angefochten wird, zuzustellen. • Ist für die Rechtsmittelinstanz bereits ein PBV bestellt, hat die Zustellung an diesen zu erfolgen. • Hat die Partei weder für die Rechtsmittelinstanz noch für die vorangegangene Instanz einen PBV bestellt, erfolgt die Zustellung an die Partei selbst.

d) Der Zustellungsbevollmächtigte, § 184 ZPO n.F.

§§ 174, 175 ZPO a.F. sehen die Pflicht einer Partei vor, einen Zustellungs-bevollmächtigten zu benennen. Dies ist dann der Fall, wenn die Partei

– weder am Ort noch im AG-Bezirk des Prozeßgerichtes wohnt,– keinen dort ansässigen PBV hat und– der Rpfl. auf Antrag des Gegners eine entsprechende Anordnung erläßt

Missachtet die Partei die Anordnung, kann die Zustellung durch Aufgabe zur Postdurchgeführt werden (§§ 174, 175 ZPO a.F.). Diese Regelung ist in der Praxissicherlich nicht oft zur Anwendung gekommen, hat aber zuweilen z.B. dieZustellung an Jahrmarkt-Schausteller erleichtert. Das ZustRG sieht dafür keinBedürfnis mehr, die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten durch im Inlandwohnhafte Personen (§ 174 I ZPO a.F.) ist also nicht mehr vorgesehen.

13 so auch Zöller/Stöber a.a.O., § 171 RNr. 2 a.E.14 Für formlose Mitteilungen ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden.15 Zöller/Stöber a.a.O., § 172 RNr. 7

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Sie kommt nur noch in Betracht bei Zustellungsadressaten, an die nicht zugestelltwerden kann, weil sie im Ausland wohnen.

Eine Verpflichtung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigtenbesteht nicht mehr schon von Gesetzes wegen, sondern allenfalls nach einerentsprechenden Anordnung des Prozeßgerichts. Eine solche Anordnung ist nurzulässig, wenn an den Adressaten nicht aufgrund völkerrechtlicherVereinbarungen Schriftstücke unmittelbar durch die Post übersandt werdenkönnen.

5. Arten der ZustellungWie schon erwähnt, ist die Zustellung ist von der Geschäftsstelle auszuführen(§§ 168 I, 176 I ZPO n.F.). Die Möglichkeiten der Zustellung sind erweitert wordenund in den §§ 173 – 176 ZPO n.F. niedergelegt. Für welche dieser Möglichkeiten sichdie Geschäftsstelle entscheidet, liegt grds. in ihrem Ermessen, sie muss dabeijedoch den einfachsten und kostengünstigsten Weg16 wählen. Auch dieErfolgsaussichten des Zustellungsversuchs sollten bei der Entscheidung eine Rollespielen.Die Geschäftsstelle ist selbst Zustellungsorgan bei der Aushändigung auf derAmtsstelle und der Zustellung per EgR. Ansonsten kann mit der Durchführung einJustizbediensteter (nicht wie bisher notwendigerweise einen Wachtmeister) oderein Postunternehmen beauftragt werden. Der Begriff „Postunternehmen“ wurde imHinblick auf die künftige Liberalisierung des Postmarktes bewußt neutral gewählt,möglicherweise kann man demnächst also auch die Fa. „UPS“ mit Zustellungenbeauftragen.In einigen AG-Bezirken, z.B. Mönchengladbach, ist schon jetzt ein privates Unternehmen beauftragtworden, das seit September 2001 die gerichtlichen Zustellungen zu einem Preis von 4,55 € durchführt,soweit sie innerhalb des jeweiligen AG - Bezirkes zu bewirken sind.

Nach § 168 II ZPO n.F. kann auch ein Gerichtsvollzieher oder eine andere Behördemit der Ausführung der Zustellung beauftragt werden; diese Regelung istinsbesondere für die Zustellung durch JVA – Bedienstete bedeutsam.

a) Aushändigung an der Amtsstelle, § 173 ZPO n.F.

Die Regelung entspricht weitgehend dem bisherigen § 212b ZPO. Der Begriff„Amtsstelle“ umfaßt alle Orte, an denen gerichtliche Tätigkeit ausgeübt wird,also jeden Dienstraum im Gericht, aber auch z.B. eine Behinderteneinrichtung,wenn dort das Vormundschaftsgericht im Rahmen einer Anhörung tätig wird17.Auf dem Schriftstück und in den Akten ist als Zustellungsnachweis zu vermerken,dass es zum Zwecke der Zustellung übergeben wurde und wann dies geschehen

16 Die Auslagen für eine Postzustellungsurkunde betragen seit dem 1.1.2002 5,62 €.17 So jedenfalls die amtl. Begründung des Gesetzes und Zöller/Stöber a.a.O., § 173 RNr. 4, a.M.Baumbach/Lauterbach, a.a.O., § 173 RNr. 3.

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ist; der Vermerk ist zu unterschreiben.Außer von dem UdG selbst kann die Aushändigung durch die von diesembeauftragten Bediensteten (z.B. ein Wachtmeister) und natürlich auch vomRichter oder Rechtspfleger selbst vorgenommen werden. Der Adressat kannsowohl hergebeten werden als auch zufällig anwesend sein, jedoch ist in jedemFall seine Annahmebereitschaft erforderlich.

b) Zustellung gegen Empfangsbekenntnis, § 174 ZPO n.F.

Schriftliche Übermittlung (Abs. 1)

Der Personenkreis, an den per Empfangsbekenntnis zugestellt werden kann, isterweitert worden. Neben Anwälten, Notaren, Gerichtsvollziehern, Behörden undKörperschaften öffentlichen Rechts ist diese Zustellungsart jetzt auch möglich bei„einer sonstigen Person, bei der aufgrund ihres Berufes von einer erhöhtenZuverlässigkeit ausgegangen werden kann“.

Welche das genau ist, soll der gerichtlichen Praxis und dem Ermessen derGeschäftsstelle überlassen bleiben. Bei einer wörtlichen Auslegung können vondieser Regelung tatsächlich nur natürliche Personen, die einen Beruf haben,profitieren. Dies könnten beispielsweise Personen sein, die einemStandesrecht18 unterliegen, z.B. Ärzte, Architekten, Sachverständige etc.

Entscheidend ist, ob davon ausgegangen werden kann, daß die Person das EBzurücksendet oder zu befürchten ist, daß sie dies aus Nachlässigkeit oderBöswilligkeit unterläßt. Insbesondere wenn die Zustellung für den Adressatenmit schwerwiegenden persönlichen Konsequenzen verbunden ist, sollte letzteresbesonders gründlich geprüft werden. Im Zweifelsfall sollte weiterhin perZustellungsurkunde (oder EgR) zugestellt werden.

Allerdings lässt sich das Ziel des Gesetzes, das Massengeschäft Zustellungmöglichst zu vereinfachen und von unnötigem Ballast zu befreien, nur erreichen,wenn man auch Unternehmen wie Banken und Versicherungen in dieseRegelung einbezieht. Schließlich sind gerade diese Adressat zahlreicherZustellungen. Sachliche Gründe, wegen derer man z.B. nicht an Banken per EBzustellen sollte, sind nicht ersichtlich.

Leider wird diese Frage – soweit ersichtlich – in den aktuellen ZPO–Kommentierungen noch nicht aufgegriffen.

Das EB hat stets der Anwalt bzw. die sonstige Person selbst zu unterzeichnen,die Unterschrift eines anderen Mitarbeiters oder des Bürovorstehers ist nichtausreichend. Bei Behörden hat der Leiter, sein Vertreter oder der nach derGeschäftsverteilung zuständige Mitarbeiter zu unterzeichnen. Letzteres könnteman entsprechend handhaben, falls per EB auch an Banken bzw. andereprivatwirtschaftlich organisierte Einrichtungen zugestellt werden sollte.

18 Dieses Abgrenzungskriterium verwendet auch Zöller/Stöber a.a.O., § 174 RNr. 3

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Freimachung des EB

Bisher wurden Empfangsbekenntnisse für auswärtige Anwälte etc. durch dasGericht vorfrankiert, der Zustellungsadressat mußte für die Rücksendung alsokeine Kosten tragen. Diese Vorgehensweise beruhte auf der Nr. 1.3 der RV desJM vom 16.03.198119 („Das Empfangsbekenntnis ist freizumachen“).

Auf Wunsch des Bundesrates ist § 174 Abs. I S. 2 ZPO n.F. dahingehend ergänztworden, daß das EB „an das Gericht zurückzusenden ist“, um den GerichtenArbeitsaufwand und Kosten zu ersparen. Die amtliche Begründung20 führt dazuaus, daß ein „subjektiv-öffentliches Recht auf Frankierung nicht besteht“21; dieKosten der Rücksendung seien nunmehr durch den in § 174 Abs. I ZPO n.F.genannten Personenkreis zu tragen.

Die Nr. 1.3 der vorgenannten RV dürfte damit gegenstandslos werden, so daß dieGerichte künftig unfrankierte Empfangsbekenntnisse versenden können22.Voraussichtlich wird diese Praxis auf mehr oder weniger große Widerständeseitens der Zustellungsadressaten stoßen, insbesondere ist denkbar, das diesedie Empfangsbekenntnisse ihrerseits unfrankiert zurücksenden. Nach Nr. 2.1 dero.g. RV müßte das Gericht „zur Verwaltungsvereinfachung und zur Vermeidungvon Unzuträglichkeiten“ gleichwohl diese nicht freigemachten Postsendungenunter Zahlung der Nachgebühr annehmen.

Übermittlung per Telefax

An die Stelle der Übermittlung des zuzustellenden Schriftstücks auf dem Postwegkann nunmehr die Übermittlung desselben per Telefax treten, § 174 Abs. 2 ZPOn. F. (jedoch nur an die Personen, an die überhaupt per Empfangsbekenntniszugestellt werden kann). Die Telekopie soll mit einem Vorblatt eingeleitet werden,auf dem deutlich das absendende Gericht, Name und Anschrift desZustellungsadressaten, der Name des Justizbediensteten, der das Schriftstückzur Übermittlung aufgegeben hat, und der Hinweis „Zustellung gegenEmpfangsbekenntnis“ abgedruckt ist. Letzteres soll sicherstellen, daß derEmpfänger die Bedeutung des Telefaxes unschwer erkennen und angemessenreagieren kann.In den Akten hat der UdG die korrekte Übermittlung des Faxes zu vermerken.

Die Zustellung gilt als bewirkt, wenn der Adressat die Entgegennahme bestätigt.Diese Bestätigung kann nach wie vor schriftlich oder auch als Telefax übermitteltwerden. Eine bestimmte Form bzw. ein Vordruck ist insoweit nichtvorgeschrieben. Sinnvoll wäre sicherlich, wenn das EB in das Vorblattaufgenommen würde und der Adressat dann lediglich das Vorblatt zurückfaxenmüßte. Es ist zu hoffen, dass die noch einzuführenden amtlichen VordruckeEntsprechendes vorsehen.

19 vgl. Anlage20 BT-Drucks. 14/4554 S. 30/3121 So bereits OLG Hamm, Beschluss vom 02.06.1997, NJW 98, 1228 und JurBüro 97, 60122 Dem Vernehmen nach wird dies bereits in Brandenburg praktiziert, was jedoch zu gewissenProblemen mit der Anwaltschaft geführt habe.

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Übermittlung per E-Mail

Schließlich eröffnet § 174 Abs. 3 ZPO n. F. die Möglichkeit der Zustellung eines„elektronischen Dokumentes“, und zwar nicht nur an die Personen, an die perEmpfangs-bekenntnis zugestellt werden kann, sondern darüber hinaus an alleVerfahrensbeteiligten, die dem zugestimmt haben.

Die Vorschrift stellt damit das Gegenstück zu § 130a ZPO dar, der bereits durchGesetz vom 13.07.2001 in die ZPO eingefügt wurde und den Parteien unterbestimmten Voraussetzungen die Übermittlung eines elektronischen Dokumentesan das Gericht gestattet23.

Nach dem Gesetzeswortlaut kann man also nur an besonders zuverlässigePersonen per Telefax, an alle anderen Personen, insbesondere eherunzuverlässige, auch per elektronischem Dokument zustellen. Ob es sich dabeium eine praktikable Regelung handelt, mag sich noch herausstellen.

Wie die amtliche Begründung zu § 174 III ZPO n.F. (BT-Drucks. 14/4554 S. 18,19) zeigt, erlaubt diese Vorschrift nicht nur den Datenträgeraustausch perDiskette, sondern auch eine Übersendung per E-Mail.

Wegen der dahingehenden Anforderungen in § 174 III ZPO n.F. bleibt freilichnoch die Schaffung der technischen Voraussetzungen (E-Mail-Zugang,Möglichkeit einer elektronischen Signatur und Einführung vonVerschlüsselungsverfahren) an den Behörden abzuwarten, bis tatsächlich dieerste Zustellung per E-Mail bewirkt werden kann.

c) Zustellung durch Einschreiben gegen Rückschein, § 175 ZPO n.F.

Anstatt ein Schriftstück per Zustellungsurkunde zuzustellen, kann nun auch eineZustellung per Einschreiben gegen Rückschein gewählt werden, wobei derRückschein als Zustellungsnachweis gilt. Diese Verfahrensart soll wenigeraufwendig und kostengünstiger24 als eine Zustellungsurkunde sein, wirftjedoch in anderer Hinsicht Probleme auf:

Kann die Deutsche Post AG den Adressaten eines Einschreibens nicht erreichen,übergibt sie selbiges u.U. an einen „Ersatzempfänger“. Dies berührt dieWirksamkeit der Zustellung jedoch nicht, soweit die Übergabe an denErsatzempfänger im Einklang mit den AGB des Postunternehmens steht25.

Weiterhin kann der Adressat oder der Ersatzempfänger – anders als bei derZustellungsurkunde - die Annahme verweigern, das Schriftstück wird dann als

23 Gem. § 130a Abs. 2 ZPO können die Landesregierungen bestimmen, von welchem Zeitpunkt anelektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden können.24 Die Kosten betragen für einen Standardbrief 0,56 € Porto, für das Einschreiben kommen 2,05 €hinzu, für den Rückschein weitere 1,79 €, insgesamt also 4,40 € (Stand 5/02).25 Zöller/Stöber, a.a.O., § 175 RNr. 3

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unzustellbar an das Gericht zurückgesandt. Dies hat Verfahrensverzögerungenund Mehrkosten zur Folge.Schließlich ist der Rückschein – wiederum im Gegensatz zur Zustellungsurkunde– keine öffentliche Urkunde, hat also einen geringeren Beweiswert.Es liegt im Ermessen der Geschäftsstelle, ob die Zustellung mittels Einschreibengegen Rückschein oder auf eine andere Art und Weise durchgeführt wird. DerKostenvorteil schrumpft auf ein Minimum, wenn künftig private Unternehmenförmliche Zustellungen zu einem Preis von 4,55 € ausführen.

d) Zustellungsurkunde, § 176 ZPO n.F.

Diese Vorschrift entspricht im wesentlichen dem bisherigen § 211 ZPO, jedoch istder Personenkreis, den die Geschäftsstelle mit der Ausführung der Zustellungbeauftragen kann, erweitert worden (Postunternehmen, Gerichtsvollzieher,Justizbediensteter, s.o.).Diese Zustellungsvariante bietet die größtmögliche Sicherheit und solltegewählt werden, wenn die vorangegangenen nicht möglich oder nicht angebrachtsind. Wie die Ausführung der Zustellung zu erfolgen hat, ist in den nachfolgenden§§ 177 – 181 ZPO n.F. geregelt (s. u.).Der Inhalt der Zustellungsurkunde ergibt sich aus § 182 ZPO n.F. und enthältgegenüber der bisherigen Regelung in § 195 II ZPO keine wesentlichenNeuerungen26.

e) Öffentliche Zustellung, §§ 185 – 188 ZPO n.F.

Auch das Verfahren bei einer öffentlichen Zustellung ist durch das Reformgesetzvereinfacht worden.Wann sie möglich ist, zählt § 185 ZPO n.F. auf; sie kommt insbesondere inBetracht, wenn eine Person unbekannten Aufenthalts ist oder eine Zustellungim Ausland nicht möglich ist. Nach wie vor muß die öffentliche Zustellung zuvordurch das Gericht bewilligt werden, § 186 I ZPO n.F., und zwar jede Zustellunggesondert (und nicht etwa für den gesamten Prozeß o.ä.).Schreibt die bisherige Gesetzeslage noch in bestimmten Fällen eine Veröffent-lichung im Bundesanzeiger vor, gilt das nach dem Reformgesetz nicht mehr. Esgenügt grds. ein Aushang an der Gerichtstafel. Jedoch bleibt dem Gericht dieMöglichkeit, eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder in anderen Blätternausdrücklich anzuordnen, § 187 ZPO n.F..Der Inhalt des Aushangs ergibt sich aus § 186 II ZPO n.F.; er ist aus Gründendes Persönlichkeits- und Datenschutzes stark verkürzt worden. Anstatt also daszuzustellende Schriftstück ganz oder auszugsweise in beglaubigter Abschrift oderAusfertigung an die Gerichtstafel zu heften bzw. im BAnz. zu veröffentlichen,reicht nunmehr der Aushang einer „Benachrichtigung“ aus. Das Anheftenganzer „Fahnen“ an die Gerichtstafel entfällt also künftig. Ein Unberechtigter sollnicht mehr über die Zustellung erfahren, als unumgänglich ist. In derBenachrichtigung sind anzugeben:

26 Inzwischen sind durch das BMJ mit Wirkung ab 1.7.2002 neue Vordrucke für diePostzustellungsurkunden eingeführt worden (Zustellungsvordruckverordnung vom 12.2.2002, BGBl. IS. 671, dort sind auch entsprechende Muster abgedruckt). Bis zum 31.12.2002 können die bisherigenVordrucke weiterverwendet werden.

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– die Person, für die zugestellt werden soll

– Name und letzte Anschrift des Adressaten

– Datum und Az. des Schriftstücks sowie Kurzangabe wie „Klageschrift vom...“ oder „Schriftsatz vom...“ sowie Kurzangabe des Gegenstandes („wegen Mietzahlung“ etc.)

– die Stelle, wo das Schriftstück eingesehen werden kann

Darüber hinaus sind bestimmte Belehrungen vorgesehen, insbesonderedahingehend, daß Fristen in Gang gesetzt werden und durch FristversäumungRechtsnachteile drohen können. Im Normalfall wird die Wiedergabe desGesetzestextes ausreichen.

Bisher bestimmte sich der Inhalt des Aushangs nach §§ 204 II, 205 ZPO a.F.,wonach insbesondere ein evtl. in dem Schriftstück enthaltener Antrag oder derTenor einer gerichtlichen Entscheidung wiederzugeben war.

Das Schriftstück gilt als zugestellt, wenn seit dem Aushang eine einheitlicheFrist von 1 Monat verstrichen ist, § 188 ZPO n.F. Eine Unterscheidung zwischenLadungen, Aufforderungen nach § 276 I ZPO und anderen Schriftstücken findetalso nicht mehr statt.

Eine dem § 206 III ZPO a.F. entsprechende Regelung, wonach eine frühereAbnahme von der Gerichtstafel unschädlich ist, findet sich nicht mehr.

Bislang war es üblich und auch erforderlich, den Bewilligungsbeschluß mit demAushang zu verbinden und so auch den Bewilligungsbeschluß selbstbekanntzumachen (vgl. Zöller, ZPO 20. Aufl. RNr. 5; Baumbach/Lauterbach, ZPO60. Aufl., RNr. 10; jeweils zu § 204 ZPO a.F.). Diese Ansicht vertreten dieaktuellen Auflagen ohne weitere Begründung auch in der Kommentierung zu§ 186 ZPO n.F.Folgt man dieser Meinung, wird das zuzustellende Schriftstück selbst – etwa einUrteil – durch Aushang einer sehr knapp gehaltenen Benachrichtigung zugestellt,während der Bewilligungsbeschluß als Nebenentscheidung vollständigveröffentlicht wird. Zu erwägen wäre daher, ob nicht auch die Aufnahme einesZusatzes wie z.B. „Diese öffentliche Zustellung wurde bewilligt durch Beschlußvom...“ in den Benachrichtigungstext als ausreichend anzusehen ist.

f) Zustellung durch Aufgabe zur Post, § 184 ZPO n.F.

Bestellt eine Partei trotz einer dahingehenden Anordnung des Gerichts keinenZustellungsbevollmächtigten, können alle folgenden Zustellungen durch Aufgabezur Post bewirkt werden. Anders als bisher ist die o.g. gerichtliche Anordnungalso Grundvoraussetzung dieser Zustellungsvariante.Das Schriftstück gilt erst 2 Wochen nach der Aufgabe zur Post als zugestellt,nicht schon – wie nach geltendem Recht – sofort am Tage der Aufgabe.Unbeachtlich ist hingegen, ob der Adressat tatsächlich von dem Schriftstück

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Kenntnis erlangt oder nicht; die Zustellung ist also auch wirksam, wenn dasSchriftstück als unzustellbar zurück kommt27.Der Aktenvermerk über die Aufgabe zur Post ersetzt die Zustellungsurkunde,§ 184 II 4 ZPO n.F.

6. Ersatzzustellung, §§ 177 – 181 ZPO n.F.Ebenso wie nach geltendem Recht (§ 180 ZPO a. F.) kann die Zustellung grds. anjedem Ort erfolgen, an dem die Person angetroffen wird, § 177 ZPO n.F.Die Ersatzzustellung an eine andere Person (bislang §§ 181, 183, 184 ZPO) wirdnunmehr einheitlich in § 178 ZPO n.F.. geregelt. Sie ist nur dann zulässig, wenn derAdressat selbst nicht angetroffen werden kann.Nach dessen Abs. I Nr. 1 kann das Schriftstück an eine zur Familie gehörendeerwachsene Person oder eine in der Familie beschäftigte Person übergeben werden.Nicht mehr notwendig ist, daß der Familienangehörige dauerhaft in der Wohnunglebt („Hausgenosse“). Neu ist die Möglichkeit der Ersatzzustellung an einen„erwachsenen ständigen Mitbewohner“.Nr. 2 erfasst pauschal die Ersatzzustellung in einem Geschäftsraum an eine dortbeschäftigte Person. Sie erfasst alle Fälle, in denen der Adressat ein Geschäftslokalunterhält und die Zustellung dort erfolgen soll. Eine Beschränkung auf die„gewöhnlichen Geschäftsstunden“ (§184 II ZPO) ist nicht mehr vorgesehen.Eine Neuerung stellt die Regelung in Nr. 3 dar, wonach in Gemeinschafts-einrichtungen (Altenheim, Krankenhaus, Obdachlosenunterkunft, Kaserne)ersatzweise an deren Leiter oder einen dazu ermächtigten Vertreter zugestelltwerden kann.Die Möglichkeit, nach § 181 II ZPO a. F. an einen Hauswirt oder Vermieterzuzustellen, entfällt.Ist eine Ersatzzustellung nach § 178 I Nr. 1 und 2 ZPO n.F. nicht durchführbar, solldas Schriftstück nach § 180 ZPO n.F. nur noch in den Briefkasten eingeworfenwerden (statt wie bisher das Schriftstück bei der Post niederzulegen, § 182 ZPO).Voraussetzung ist, daß der Briefkasten dem Adressaten eindeutig zugeordnetwerden kann, was durchaus auch bei dem Gemeinschaftsbriefkasten einer Familieder Fall sein kann. Zu beachten ist auch jedoch § 179 ZPO n. F. Sollte also derGegner des Adressaten den Briefkasten mitbenutzen, scheidet eine Ersatzzustellunggem. § 180 ZPO aus.Darüber hinaus muß der Briefkasten in ordnungsgemäßen Zustand sein, also z.B.eindeutig beschriftet und nicht überfüllt.Die bislang häufig praktizierte Ersatzzustellung durch Niederlegung gem. § 182ZPO kann nach § 181 ZPO n.F. nur in den Fällen erfolgen, in denen eine andereForm der Ersatzzustellung nicht möglich ist oder erfolglos war, also insbesonderedas Schriftstück nicht in den Briefkasten eingeworfen werden konnte oder eineErsatzzustellung nach § 178 I Nr. 3 ZPO n.F. fehlgeschlagen ist. Abweichend vomgeltenden Recht gilt die Zustellung mit der Abgabe der Benachrichtigung über dieNiederlegung als bewirkt.

27 Zöller/Stöber, a.a.O. § 184 RNr. 8

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Das niedergelegte Schriftstück ist von der Poststelle oder dem AG 3 Monate lang zurAbholung bereitzuhalten und danach an das die Zustellung veranlassende Gerichtzurückzusenden. Letzteres nimmt die nicht abgeholte Sendung zu denVerfahrensakten28.

7. Heilung von Zustellungsmängeln, § 189 ZPO n.F.Nach wie vor besteht die Möglichkeit der Heilung eines Zustellungsmangels, wenndas Schriftstück der Person, für die es bestimmt war, tatsächlich zugeht. Nachneuem Recht gilt das auch dann, wenn durch die Zustellung Notfristen in Ganggesetzt werden.

28 vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 181 RNr. 9

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8. Fazit für die gerichtliche PraxisDas ZustRG wird großen Einfluß nehmen auf die tägliche Arbeit der Geschäftsstelle.Einige Neuerungen werden zu einer Vereinfachung von Verfahrensabläufen führen,andere sind mit einer gewissen Skepsis zu betrachten, wieder andere führen zuZweifelsfragen, die wohl erst im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung geklärtwerden können.Gerade in den ersten Monaten sollte die Geschäftsstelle daher von ihrerVorlagepflicht – die auch als Vorlagerecht gesehen werden könnte – nach § 6 III GOverstärkt Gebrauch machen , um so Zweifelsfragen durch den Sachbearbeiterentscheiden zu lassen. Ansonsten wäre zu befürchten, daß Verfahren durchunwirksame Zustellungen (besser: durch Zustellungen, die vom Sachbearbeiter alsunwirksam angesehen werden, z.B. Versagung eines Versäumnisurteils nachunwirksamer Ladung) unnötig verzögert würden.

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Anhang

Auszug aus der Geschäftsordnung (GO)(AV d. JM vom 10. Mai 2000 (1463 - I D. 4), JMBl. NRW S. 133)

Hinweis: Die nachfolgend abgedruckten Vorschriften werden im Hinblick auf das ZustRG derzeit durchdas JM überarbeitet.

§ 6Vorlegung der Schriften

1.Anträge usw., die nach den Bestimmungen durch die Geschäftsstelle selbständig zu bearbeiten, aberan die Behörde gerichtet sind, sind gleichwohl unmittelbar von der Geschäftsstelle zu erledigen.

2.Eingänge, welche die Geschäftsstelle nicht selbständig zu erledigen hat, sind mit den Akten oder miteinem Vermerk über ihren Verbleib, gegebenenfalls mit dem Entwurf der Entscheidung oderVerfügung vorzulegen, und zwar Haft- und Eilsachen in einer von der Behördenleitung der Farbe nachzu bestimmenden Eilmappe. Die Akten bleiben stets beigefügt, wenn nicht besondere Gründe, z. B.ihr Umfang, die zeitweilige Ablegung notwendig machen oder die Trennung besonders angeordnetwird.

3.Belegblätter und Zustellungsurkunden betreffend die Anordnung des Zwangsversteigerungstermins,die Gläubigerversammlung in Konkurssachen und Insolvenzverfahren sowie den Vergleichstermin imVergleichsverfahren sind alsbald nach Eingang vorzulegen. Im Übrigen werden Zustellungsurkundennur dann vorgelegt, wenn die Zustellung durch Niederlegung erfolgt ist, wenn die Vorlage angeordnetist oder wenn die Geschäftsstelle bei ihrer Prüfung feststellt, dass nicht vorschriftsmäßig zugestelltworden ist, ferner, wenn die Urkunden sonst zu einer Verfügung Anlass geben (z. B. bei Zustellungenaußerhalb des Gerichtsbezirks, in dem der ursprüngliche Bestimmungsort liegt).

4.Schriftstücke, die eine Terminsbestimmung erfordern, eine terminierte Rechtssache betreffen odereine Ladung enthalten, ferner Rechtsmittelschriften sowie -begründungen sind sogleich nach ihremEingang vorzulegen.

5.Alle Eingänge, die bis zum Dienstschluss nicht vorgelegt oder untergebracht sind, müssen griffbereitauf dem Schreibtisch (Postmappe, Ablagekorb) oder in einem bestimmten unverschlossenem Fachaufbewahrt werden.

§ 11Gewöhnliche Zustellungen

1.Die Geschäftsstelle hat dafür zu sorgen, dass aus den zuzustellenden Schriftstücken zu ersehen ist, inwessen Auftrag und an wen zuzustellen ist, ob und gegebenenfalls welche Personen etwa bei einerErsatzzustellung auszuschließen sind (§ 185 ZPO, § 11 VwZG), ob und gegebenenfalls inwieweitweiterzusenden ist, ob eine Zustellung durch Niederlegung ausgeschlossen sein soll, ob ein Eilfallvorliegt und ob gegebenenfalls mit Angabe der Uhrzeit zuzustellen ist.

2.Eine Zustellung durch die Post kann nicht erfolgen:

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a)bei Zustellungen an den Gemeinschuldner im Konkursverfahren oder an die Schuldnerin oder denSchuldner im Insolvenzverfahren, wenn im Falle der Anordnung einer Postsperre (§ 121 KO, § 99InsO) Sendungen des Gerichts von der Postsperre nicht ausdrücklich ausgenommen worden sind,

b)bei Zustellungen von Willenserklärungen, bei denen eine Urkunde vorzulegen ist,

c)bei Zustellungen von Pfändungsbeschlüssen an Drittschuldner, falls die Gläubiger verlangen, dass anDrittschuldner die in § 840 ZPO bezeichnete Aufforderung gestellt werde.

3.Zustellungen an Ehegatten sind an jeden Ehegatten getrennt zu bewirken.

4.Für die Zustellung in der Bundeswehr, an Angehörige des Bundesgrenzschutzes und an nicht auffreiem Fuß befindliche Personen in Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten gelten diehierüber erlassenen besonderen Bestimmungen.

5.Der Auftrag an die Geschäftsstelle zur Vermittlung der Zustellung kann mündlich erteilt werden.

6.Soweit eine Zustellung nicht von Amts wegen vorzunehmen ist, hat die Geschäftsstelle die Zustellungzu vermitteln:

a) bei den Amtsgerichten in allen bei ihnen anhängigen oder durch das übergebene Schriftstückanhängig zu machenden Angelegenheiten, auf welche die ZPO Anwendung findet oder entsprechendanzuwenden ist,

b) in Anwaltsprozessen in Ansehung der Zustellungen, durch die eine Notfrist gewahrt werden soll,

es sei denn, dass Beteiligte erklärten, sie wollen selbst eine Gerichtsvollzieherin oder einenGerichtsvollzieher mit der erforderlichen Zustellung beauftragen; in Anwaltsprozessen ist dieseErklärung nur zu berücksichtigen, wenn sie in dem zuzustellenden Schriftsatz enthalten ist. Inamtsgerichtlichen Sachen ist als Auftrag zur Vermittlung der Zustellung im Zweifel auch schon derAntrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses anzusehen. Das an dieGeschäftsstelle gerichtete Ersuchen, die Zustellung eines Schriftstücks oder die Vornahme einerZwangsvollstreckung zu vermitteln, schließt, wenn die erforderlichen Ausfertigungen und Abschriftennicht gleichzeitig übergeben werden, den Antrag auf ihre Erteilung in sich ein. Bei Zustellungen durchKräfte des Gerichtsvollzieherdienstes bleibt es diesen überlassen, die erforderlichen Abschriften derzuzustellenden Schriftstücke zu fertigen.

7.In Sachen, in denen Prozesskostenhilfe bewilligt ist und in denen die Beteiligten nicht durch eineRechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt vertreten werden, hat bei den Amtsgerichten dieGeschäftsstelle für die Herstellung der erforderlichen Abschriften zu sorgen.

8.Die Geschäftsstelle soll bei den von ihr vermittelten Zustellungen unmittelbar die Post um Bewirkungder Zustellung ersuchen (§ 196 ZPO). Haben Beteiligte verlangt, dass die Zustellung nicht durch diePost, sondern durch Kräfte des Gerichtsvollzieherdienstes selbst erfolgen soll, so ist dies auf demjeweiligen Schriftstück zu vermerken.

9.Alle nach § 182 ZPO auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts niedergelegten Schriftstücke werden inder dafür von der Behördenleitung bestimmten Abteilung gesammelt und nach der Reihenfolge derNiederlegung geordnet aufbewahrt. Die Geschäftsstelle hat die bei ihr niedergelegten Sendungen, diebinnen drei Monaten nach der Niederlegung nicht abgeholt werden, an die Stelle zurückzugeben, vonder die Zustellung ausging. Die zurückgegebenen Sendungen können alsbald vernichtet werden,

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soweit es sich um Schriftstücke handelt, die nur ihrem Inhalt nach der Empfängerin oder demEmpfänger mitgeteilt werden sollen. Solche Teile der Sendung, die als Urkunden einen selbständigenWert haben, werden zu den zugehörigen Akten genommen.

Ihre Weiterbehandlung richtet sich nach den für die Aufbewahrung und Rückgabe von Urkundenallgemein gültigen Bestimmungen. Über die Niederlegung wird ein Verzeichnis in einfacher Formgeführt, in dem auch die Aushändigung oder die Rückgabe der Sendungen nachgewiesen werden.

10.Zustellungen - gegebenenfalls auch einfache Übersendung von Schriftgut - an die Dienststellen derStadt-, Finanz- und anderer Verwaltungen, die ihren Sitz innerhalb der politischen Gemeindegrenzendes Ursprungsortes haben und die ihre Postsendungen nicht selbst abholen, sind durch Angehörigedes Justizwachtmeisterdienstes vornehmen zu lassen, sofern dieser Weg wirtschaftlicher ist als dieInanspruchnahme der Post und der allgemeine Dienstbetrieb eine solche Möglichkeit zulässt. InEinzelfällen kann auch auf besondere Anordnung durch Angehörige des Justizwachtmeisterdiensteszugestellt werden.

11.Die aufzunehmenden Zustellungsurkunden sollen deutlich und bestimmt abgefasst und mitdokumentenechten Kugelschreibern leserlich geschrieben sein. Radierungen sind untersagt, beiDurchstreichungen muss das Durchstrichene noch leserlich sein. Die bei der Ausfüllung nichtbenutzten Teile des Vordrucks sind zu durchstreichen. Lücken dürfen nicht verbleiben. Der Tag derZustellung ist auf dem zu übergebenden Brief in folgender Fassung zu vermerken:

"Zugestellt am ... (Tag, Monat, Jahr, ggf. Uhrzeit)".

Die Zustellungsurkunden und Empfangsbescheinigungen sind alsbald nach Zustellung derGeschäftsstelle zurückzugeben.

12.In den Fällen des § 212 a ZPO und des § 5 Abs. 2 VwZG genügt zum Nachweis der Zustellung dasmit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis. Zur Einsparung von Zustellungskosten ist- vorbehaltlich anderer Anordnungen - regelmäßig von dieser Zustellungsform Gebrauch zu machen.Die zuzustellenden Sendungen können auch in den Abholfächern niedergelegt werden. Dervorbereitete Vordruck ist beizufügen. In allen Fällen, in denen eine Versendung durch Einschreibenvorgeschrieben oder angeordnet ist, ist grundsätzlich die kostengünstigere Form des "Einwurf-Einschreibens" zu wählen, es sei denn, bestehende Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oderbesondere Anordnungen schreiben eine andere Versendungsform vor.

13.Bei Zustellungen von Amts wegen, die durch Aufgabe zur Post vorgenommen werden (§§ 175, 213,244 Abs. 2 Satz 3 ZPO), ist der Sendung ein Merkblatt folgenden Inhalts beizufügen:

"Zustellung durch Aufgabe zur Post!Die Zustellung gilt mit der am ____________________________erfolgten Aufgabe der Sendung bei der Post in______________als bewirkt.

Das Datum der Aufgabe zur Post ist für etwaige Fristen maß-gebend, deren Beginn von der Zustellung abhängt. Daher kommtes für den Beginn dieser Fristen und für sonstige Wirkungender Zustellung nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs der Sen-dung bei Ihnen an."

Es ist dafür zu sorgen, dass die Sendung an dem im Merkblatt eingesetzten Datum zur Post gegebenwird. Das Merkblatt ist als Vordruck zu beschaffen.

14.Die Geschäftsstelle hat auf der letzten Seite der bei den Akten verbleibenden Urschrift deszuzustellenden Schriftstücks zu vermerken:

a) im Falle der Aushändigung an Angehörige des Justizwacht-

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meisterdienstes:"An die Gerichtswachtmeisterin / An den Gerichtswacht-meister ____________________________zur Zustellung am __________________ "

b) im Falle der Aushändigung an die Post:"Zur Post am ____________________",oder wenn hierbei die Hilfe eines Angehörigen des Justiz-wachtmeisterdienstes in Anspruch genommen worden ist:"Zur Post durch ___________________am __________________________".

Die Vermerke sind von dem oder der Bediensteten mit Namenszeichen zu versehen. Entsprechend istzu verfahren bei Zustellungen durch nicht beamtete Kräfte (Justizaushelfer, Justizangestellte), die mitden Aufgaben des Justizwachtmeisterdienstes betraut sind.

15.Die Akten, in denen eine Zustellung von Amts wegen veranlasst ist, sind bis zum Eingang derZustellungsnachweise in besonderen Fächern aufzubewahren; sie sind erst nach dem Eingang allerzur Sache gehörenden Zustellungsnachweise aus dem Fach zu entnehmen. Die Fächer sind täglichdurchzusehen; bleiben Zustellungsnachweise aus, so ist nach ihrem Verbleib zu forschen.

§ 12Öffentliche Zustellungen und Bekanntmachungen

1.Die öffentliche Zustellung durch Aushang nach § 204 Abs. 2 ZPO und nach § 56 Abs. 2 VwGO, § 53Abs. 2 FGO, jeweils i.V.m. § 15 Abs. 2 VwZG, hat die Geschäftsstelle zu besorgen; sie kann sichdabei der Hilfe von Angehörigen des Justizwachtmeisterdienstes bedienen. Wer den Aushanganheftet oder abnimmt, hat dies auf dem Aushang mit Ort, Datum und Unterschrift zu bescheinigen.Über die Anheftung ist eine mit dem Dienststempel zu versehende gleiche Bescheinigung alsbesondere Urkunde bei den Akten zu verwahren, bei der Abnahme zu vervollständigen und dann mitdem Schriftstück zu verbinden. Bei Zustellungen von Amts wegen genügt statt der besonderenBescheinigung ein auf die Urschrift gesetzter Vermerk.

2.Die Schriften, die dem Nachweis der Zustellung dienen, bei Ladungen auch die Belegblätter, werdenmit den Akten der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter vorgelegt. Sie verbleiben, auch wenndie öffentliche Zustellung nicht von Amts wegen erfolgt ist, in den Akten des Gerichts. Beteiligten,welche die Zustellung beantragt haben, ist eine Bescheinigung über die bewirkte Zustellung zuerteilen.

3.Die öffentlichen Bekanntmachungen werden nach den gesetzlichen Bestimmungen (vgl. z. B. § 22VglO, § 76 KO, § 9 InsO, §§ 39, 40 ZVG, §§ 948 bis 950 ZPO und § 15 VwZG) und den besonderenAnordnungen der Sachbearbeiterin oder des Sachbearbeiters durch die Geschäftsstelle veranlasst.Sie sind, unbeschadet der vorstehend erwähnten Bestimmungen und Anordnungen, nach Möglichkeitkurz zu fassen und schließen in allen Fällen mit dem Datum und der vollständigen Bezeichnung derJustizbehörde (z. B. Köln, den . . . Amtsgericht Köln). Der Entwurf der Bekanntmachung ist vor seinerAbsendung an die Veröffentlichungsblätter der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter zurGenehmigung vorzulegen.

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Durchführung förmlicher Zustellungen und Annahme nicht oder unzureichendfreigemachter PostsendungenRV d. JM vom 16. März 1981 (1420 - I B. 47)

1.1Nach § 11 Abs. 1 G KG in Verbindung mit Nr. 9002 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG,§ 137 Nr. 2 KostO, § 5 Abs. 1 JVKostO sind die Postgebühren für förmliche Zustellungen als Auslagenvon dem Kostenschuldner zu erheben. Der Kostenschuldner hat ein berechtigtes Interesse daran,dass Zustellungen durch die Post auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Eine solcheBeschränkung liegt auch im Interesse des Landes, da in zahlreichen Fällen aus rechtlichen odertatsächlichen Gründen die Postgebühren von dem Kostenschuldner nicht eingezogen werden können.

1.2Die zuständigen Beamten der Geschäftsstellen der Gerichte und Staatsanwaltschaften bitte ich daher,förmliche Zustellungen nur dann zu veranlassen, wenn solche durch Rechts- oderVerwaltungsvorschriften ausdrücklich vorgeschrieben sind oder wenn der Richter, Staatsanwalt,Rechtspfleger oder der sonst zuständige Beamte des gehobenen Dienstes sie besonders angeordnethat.

1.3Nach § 212 a ZPO genügt bei der Zustellung an einen Anwalt Notar oder Gerichtsvollzieher oder eineBehörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts zum Nachweis der Zustellung das mit Datumversehene schriftliche Empfangsbekenntnis des Anwalts oder eines nach der Rechtsanwaltsordnungbestellten Zustellungsbevollmächtigten, des Notars oder Gerichtsvollziehers oder der Behörde oderKörperschaft. Entsprechendes gilt nach § 5 Abs. 2 VwZG bei Zustellungen an Behörden,Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare,Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer,Steuerberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften.Soweit Zustellungen nach den Sätzen 1 und 2 zu veranlassen sind, ist im Interesse einerKostenersparnis möglichst nach den dort genannten Vorschriften der Zivilprozessordnung und desVerwaltungszustellungsgesetzes zu verfahren. Das Empfangsbekenntnis ist freizumachen, wenn(insbesondere bei auswärtigen Empfängern) für die Rücksendungen voraussichtlich der Postweg inAnspruch genommen werden muss. Im Verkehr mit Behörden kann auf die Freimachung verzichtetwerden, sofern die Rücksendung des Empfangsbekenntnisses im Wege des regelmässigenPostaustausches geschieht.

2. Annahme nicht oder unzureichend freigemachter Postsendungen

2.1Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Vermeidung von Unzuträglichkeiten sind bis aufweiteres nicht oder unzureichend freigemachte Postsendungen unter Zahlung der Nachgebühranzunehmen.

2.2In Verwaltungssachen gilt dies jedoch nicht, wenn Absender Ständig Sendungen nicht oderunzureichend freimachen.

3. InkrafttretenDiese RV tritt am 1. Juni 1981 in Kraft.