Das Rätsel der achten Farbe

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MARION ZIMMER BRADLEY

Das Rtsel der achten Farbe

(THE COLORS OF SPACE)

ERICH PABEL VERLAG RASTATT (BADEN)

PERSONEN:

Bart Steele, AstrogatorTommy Kendron, RaumfahrerEdmund Briscoe, RaumfahrerRaynor I, ManagerRaynor II, VerschwrerRaynor III, ArztMoittano, VerschwrerVorongil, CaptainRugel, KoordinatorRingg, Experte fr MaterialprfungMeta, MedizinerinBaldy, Arzt157

1. Kapitel

Der Raumflughafen der Lhari gehrte nicht den Menschen. Bart Steele hatte das schon im Alter von zwlf Jahren erfahren mssen, als er auf dem Ursprungsplaneten der Menschheit landete. Die Erde war vor dem Zeitalter des Raumfluges der einzige Wohnort der Menschen gewesen, die Heimat von Barts Vorfahren. Und doch hatte Bart nach der Landung zuerst den Flughafen Lhari gesehen.Das gehrt nicht hierher, hatte er damals gesagt.Sein Vater, Captain Rupert Steele hatte ernst genickt und geantwortet: Das denken viele Leute, mein Sohn. Aber wenn es diesen Flughafen nicht gbe, wren wir jetzt nicht hier.Bart erinnerte sich daran. Nun sah er den Flughafen wieder, volle fnf Jahre nach seiner Ankunft. Er trat von dem langsam gleitenden Transportband und wartete auf seinen Freund Tommy Kendron, der seine Koffer vom Band hob. Beide hatten die Raumfahrtakademie besucht und ihre Studien erfolgreich abgeschlossen. Tommy stammte vom neunten Planeten des Systems Capella und wollte nun dorthin zurck. Barts Vater wollte zur Erde kommen, um seinen Sohn abzuholen.Fnf Jahre sind eine lange Zeit, dachte Bart. Ob Vater mich erkennen wird?Ich werde dir helfen, sagte er zu seinem Freund, doch Tommy lehnte grinsend ab und hob seine leichten Koffer hoch.Die Lhari erlauben nicht viel Gepck, das weit du ja. Ich schaffe es schon allein.Die beiden Freunde blieben vor dem Eingang zum Flughafen stehen und betrachteten das hohe Tor. Es bestand aus einem farblosen, glashnlichen Material und wurde von einem gezackten Blitz gekrnt, dem Symbol der Heimat der Lhari. Die beiden Jungen gingen durch das Tor und blieben unwillkrlich stehen. Die riesige freie Flche beeindruckte sie sehr stark. Einst eine Wste, war sie mit einem eigenartigen, durchsichtigen Material bedeckt. Es war kein Glas, kein Metall und auch kein knstliches Gestein, sondern eine aus unzhligen reflektierenden Kristallen bestehende Masse, die unter den Fen nachgab. Im Schein der Mittagssonne wirkte die groe Flche ungeheuer beeindruckend, denn Millionen von kleinen Regenbogen flackerten unablssig auf. Tommy bedeckte schnell seine Augen und schttelte den Kopf.Die Lhari mssen eigenartige Augen haben, wenn sie das ertragen knnen, sagte er.Ein Uniformierter trat an die beiden Freunde heran und gab jedem eine dunkle Brille. Setzt die Brillen auf! Und schaut vor allem nicht auf das landende Schiff! sagte er warnend.Tommy setzte sich die Brille auf und wirkte erleichtert. Bart runzelte die Stirn und sah sich die Brille genauer an, ehe er sie aufsetzte. Er brauchte sie eigentlich nicht, denn seine Mutter stammte vom Planeten Mentor, dessen Sonne Deneb hundertmal heller schien als die irdische Sonne. Mentorianer waren auf der Erde aber nicht beliebt, und Bart hatte frhzeitig gelernt, seine Herkunft zu verschweigen. Durch die dunklen Brillen gesehen, war der Flugplatz gut zu erkennen. In der Mitte ragte ein glserner Wolkenkratzer in den Himmel und reflektierte das helle Sonnenlicht. Hubschrauber und kleine Robotcabs flitzten hin und her, brachten Passagiere oder holten sie ab. Die Gleitbnder waren mit Menschen beladen und befrderten ihre lebende Fracht in alle Richtungen. Hier und da standen Lhari. Sie fielen durch ihre Gre und Kleidung auf, denn sie trugen alle silbrige Umhnge, die bis zum Boden reichten.Das Schiff wird in einer halben Stunde landen, sagte Tommy nach einem Blick auf seine Uhr. Wir mssen uns beeilen.Bart machte sich nur zgernd auf den Weg zu einem zum Wolkenkratzer fhrenden Gleitband. Er folgte seinem Freund und sprang erst kurz vor dem hohen Gebude wieder ab. ber den Tren befanden sich berall die gezackten Blitze, die Zeichen der Lhari. Aber hier stand unter jedem Zeichen der Spruch:Durch die Gnade der Lhari befindet sich hier das Portal zu den Sternen.Bart erinnerte sich wieder an seine Ankunft auf der Erde. Sein Vater hatte damals zu dem Spruch aufgesehen und leise gesagt: Nicht fr immer, mein Sohn. Eines Tages werden die Lhari nicht mehr in der Tr stehen.Im Innern des Gebudes war es gleiend hell. Spiegel verstrkten das Licht, Rolltreppen, Gleitbnder, Wnde alles bestand aus einem glashnlichen Material. Die Vielzahl der Rolltreppen und Gleitbnder war verwirrend, doch die beiden Jungen fanden sich schnell zurecht.Ich werde mich um meine Platzbuchung kmmern, sagte Tommy.Bart nickte. Wir treffen uns spter. Ich fahre zur Informationsabteilung hinauf. Gleich darauf sprang er auf ein Band und glitt schnell nach oben. Durch die transparenten Wnde konnte er den Flughafen gut berblicken. Dicht vor ihm standen einige Lhari. Sie waren ungewhnlich gro und hager, sahen aber den Erdbewohnern sehr hnlich. Sie hatten einen Krper, zwei Arme, zwei Beine, Augen, Ohren, eine Nase und einen Mund. Trotzdem waren sie fremdartige Wesen, denn ihre Haut war silbergrau, ihre Haare waren wei und bildeten auf dem Kopf einen hohen Kamm. Sie hatten Schlitzaugen und schmale Nasen, mit weit auen angesetzten Lchern. Die Stirn war schmal, aber sehr hoch; die Ohren standen spitz in die Hhe und hatten keine Ohrlppchen. Der Mund war dem der Menschen hnlich, doch das Kinn lang und spitz. Auch die Hnde glichen Menschenhnden bis auf die dreieckigen, spitz zulaufenden und wie Krallen aussehenden Ngel. Alle Lhari trugen hautenge Anzge aus einem metallisch glnzenden Material und darber den langen, silbrig leuchtenden Umhang. Sie wirkten elfenhaft und durchaus nicht hlich.Die beiden vor Bart auf dem Band stehenden Lhari unterhielten sich leise. Ihre Stimmen klangen zwitschernd und hoch, so da die Worte nicht zu verstehen waren. Weiter oben wurde aber der allgemeine Lrm so gro, da die beiden lauter sprechen muten. Bart konnte nun jedes Wort verstehen. Es berraschte ihn, da er die Sprache der Lhari noch so gut beherrschte. Seit dem Tod seiner Mutter hatte er sich nicht mehr in dieser Sprache gebt. Die Lhari konnten nicht ahnen, da der junge Mann hinter ihnen ihre Worte verstand, denn von den Erdenbewohnern beherrschte bestenfalls einer unter Millionen ein paar Worte der fremden Sprache. Nur die Mentorianer kannten das Idiom der Lhari genau.Glaubst du wirklich, da dieser Mensch mit dem nchsten Schiff kommen wird? fragte der erste Lhari. Er sprach das Wort Mensch wie eine Beleidigung aus.Kein vernnftiges Wesen kann sagen, was so ein Mensch tun wird, antwortete der andere Lhari. Wenn wir die Nachricht frher bekommen htten, wren bessere Vorbereitungen mglich gewesen. Jetzt mssen wir die Kontrolle improvisieren.Der jngere Lhari machte ein wtendes Gesicht. Wir haben nur eine Beschreibung, nicht aber den Namen. Wie sollen wir ihn unter diesen Umstnden finden? Ich verstehe nicht, wie das berhaupt passieren konnte. Wie konnte der Mann nur entkommen? Stell dir vor, er hat sich inzwischen mit anderen verstndigt! Die Idioten, die ihn entkommen lieen, wissen auch nicht, ob er Kontakte aufnehmen konnte.Nicht so laut, mahnte der andere Lhari. Es gibt auch hier Mentorianer, die uns verstehen knnen. Er drehte sich um und starrte Bart an, der sich so harmlos wie mglich gab. Bart hatte den Eindruck, da der prfende Blick bis auf den Grund seiner Seele drang.Wer bist du? fragte der Lhari in der Universalsprache.Mein Vater kommt mit dem nchsten Schiff, antwortete Bart hflich. Ich will mich nur genau informieren.Weiter oben, sagte der Lhari und zeigte mit seiner Krallenhand aufwrts. Er drehte sich wieder um und kmmerte sich nicht mehr um den harmlosen Jungen. Ich habe nichts gegen die Menschen, sagte er in der Lhari-Sprache zu seinem Begleiter. Ich hasse solche Zwischenflle. Der Mann hat wahrscheinlich eine Frau und Kinder, die um ihn trauern werden.Er htte sich nicht um unsere Angelegenheiten kmmern drfen, sagte der jngere Lhari haerfllt. Sie htten ihn gleich an Ort und Stelle tten sollen.Die beiden Lhari sprangen eine Etage hher vom Band und verschwanden in der Menge. Bart sah ihnen noch eine Weile nach, erreichte dann sein Ziel und sprang ebenfalls ab. Sie suchten also einen armen Teufel. Wahrscheinlich wrden sie ihn erschlagen wie ein lstiges Ungeziefer. Sie waren eben keine Menschen. Bei allem Wohlwollen hatte Bart lngst erkannt, da die Lhari mit anderen Mastben zu messen waren.Auf der Erde lebten die Menschen relativ sicher. Bart kannte sich aus, denn er hatte auch Universelles Recht studiert. Die Lhari unterhielten berall Raumflughfen, auf denen sie die Macht ausbten. Vertrge sicherten ihnen die Exterritorialitt dieser Flughfen zu. Die Macht der lokalen Behrde endete vor dem groen Tor mit dem grellen Blitz. Hier auf dem Flughafen herrschten die Lhari wie auf ihrem eigenen Planeten, obwohl dieser unendlich weit entfernt war.Tommy kam auf einem anderen Gleitband heran und gesellte sich zu Bart. Das Schiff kommt pnktlich, sagte er.Luna City hat es eben gemeldet. Ich habe Durst. Wie wrs mit einem kleinen Drink, Bart?Die beiden jungen Mnner gingen zu einem Erfrischungsstand und sahen sich die Angebote an. Sie entschieden sich fr ein Getrnk mit einem eigenartig klingenden Lhari-Namen, der aber weiter nichts als khl und s bedeutete.Hoffentlich schadet es uns nicht, murmelte Tommy bedenklich. Es sieht wie eine synthetische Flssigkeit aus.Bart lachte. Wenn es schdlich wre, wrden sie es uns nicht geben. Ihre Krper sind im Grunde wie unsere. Sie atmen Sauerstoff und essen ungefhr die gleiche Nahrung. Der Krperhaushalt der Lhari hnelt dem unseren. Weit du, da sogar ihr Blut nicht anders ist? Bei dem Unglck auf dem Orion-Flughafen vor sechzig Jahren bekamen Lhari normale Blutkonserven und vertrugen sie. Wenn man bedenkt, da es bei uns verschiedene Blutgruppen gibt, ist das erstaunlich.Bart machte sich nichts vor. Die Lhari waren trotz allem anders als die Menschen. Das Getrnk schmeckte gut und wurde seinem Namen gerecht. Es war khl und s. Bart trank es langsam und vorsichtig. Er war siebzehn Jahre alt, hochgewachsen und schlank. In den vergangenen Jahren hatte er nicht nur studiert, sondern auch viel Sport getrieben. Sein rotes, lockiges Haar fiel auf, ebenso seine Gre, denn er war fast so hochgewachsen wie ein Lhari.Das bereitete ihm Sorgen, denn sein Vater konnte ihn unmglich wiedererkennen. Er war jetzt kein Kind mehr, sondern ein junger Mann.Tommy grinste ihn an. Was willst du anfangen, wenn wir unsere sogenannte Erziehung hinter uns haben, Bart? fragte er.Was ich schon immer vorhatte, erklrte Bart entschlossen. Mein Vater wird mich mitnehmen. Er leitet die Wega-Interplanet-Gesellschaft. Ich werde ihm dabei helfen. Nur deshalb habe ich mich schlielich mit Astrogation und Mathematik abgeqult.Du hast Glck, sagte Tommy. Dein Vater besitzt ein Dutzend Raumschiffe. Wahrscheinlich ist er fast so reich wie ein Lhari.Bart schttelte den Kopf. Er hat es nicht leicht. Der Verkehr innerhalb eines Systems bringt nicht viel ein. Das groe Geschft bleibt den Lhari vorbehalten.Er trank sein Glas leer und beobachtete einen Lhari, dem zwei Mentorianer folgten. Der Lhari drngte sich durch die immer dichter werdende Menge und hatte es offensichtlich eilig.Tommy stie seinen Freund an und sagte verbittert: Sieh dir das an, Bart! Diese lausigen Mentorianer benehmen sich wie Sklaven.Bart fhlte eine unbeschreibliche Wut in sich aufsteigen. Er beherrschte sich aber und lie sich nichts anmerken. Du siehst das falsch., sagte er gelassen. Meine Mutter war auch eine Mentorianerin. Als mein Vater sie heiratete, hatte sie schon fnf Reisen hinter sich gebracht.Vielleicht bin ich nur neidisch, murmelte Tommy und seufzte. Mentorianer knnen bei den Lhari anheuern und die wirklich weiten Reisen machen. Wir beide werden nie die Gelegenheit dazu bekommen. Welchen Beruf hatte deine Mutter, Bart, da sie mit den Lhari fliegen durfte?Sie war Mathematikerin, erklrte Bart stolz. Die Lhari hatten vor dem Zusammentreffen mit uns ein primitives mathematisches System. Es war so unbequem wie die rmischen Zahlen. Es ist erstaunlich und bewundernswert, da sie mit diesem System durch den Weltraum navigieren konnten. Jetzt haben sie sich lngst an unsere Mathematik gewhnt und sie voll bernommen. Sie sind aber auch aus anderen Grnden auf uns angewiesen. Die Lhari sind unter anderem farbenblind und sehen alles nur dunkel, hell und in grauen Schattierungen. Sie fanden schnell heraus, wie ntzlich es ist, Menschen an Bord zu haben. Sie benutzen die Mentorianer, um Farben zu erkennen. Mentor war der erste Planet, der engen Kontakt mit den Lhari aufnahm. Die enge Verbindung ist immer auf den Planeten Mentor beschrnkt geblieben.Tommy nickte. Ich wnschte, ich wre auch einer, sagte er seufzend. Mchtest du nicht auch fr die Lhari arbeiten und auf einem ihrer Schiffe anheuern?Bart lchelte grimmig. Nein, sagte er hart, obwohl ich es knnte. Meine Mutter war ja eine Mentorianerin und brachte mir die Sprache der Lhari bei.Und warum willst du nicht?Das weit du so gut wie ich, antwortete Bart. Das Mitrauen ist noch immer sehr stark. Frher versuchten die Mentorianer, das Geheimnis des Warp-Antriebs zu ergrnden. Sie spionierten unentwegt und fielen immer wieder auf. Der Erfolg blieb jedoch aus. Jetzt werden alle menschlichen Besatzungsmitglieder vor dem Start einer Gehirnwsche unterzogen. Kein Mensch ist in der Lage, das Geheimnis der Lhari zu erkennen. Selbst Wahrheitsdrogen knnen die hypnotische Blockierung nicht aufheben. Man mu schon sehr fanatisch sein, um das in Kauf zu nehmen. Von meiner Mutter habe ich viel erfahren. Die Lhari knnen keinen Diamanten von einem Rubin unterscheiden und sind dabei auf spektrographische Analysen angewiesen. Darum Irgendwo erklang eine Sirene. Gleich darauf ertnten berall Warnsignale.Bart stellte sein Glas ab. Das Schiff wird gleich landen, sagte er aufgeregt.Tommy streckte ihm die Hand entgegen. Wir mssen uns jetzt verabschieden, Bart, sagte er wehmtig.Die jungen Mnner schttelten sich die Hnde. Fr beide war dieser Abschied so etwas wie der Abschlu einer wichtigen Lebensperiode.Viel Glck, Tom! sagte Bart bewegt. Du wirst mir fehlen.Du mir auch. Tommy drehte sich um und betrat ein Transportband, das ihn zur Kontrolle brachte.Die Alarmglocken schrillten nun noch lauter. Gleiende Helligkeit strahlte durch die transparenten Wnde und wurde vom Belag des Flughafens reflektiert. Bart erinnerte sich an die Warnung, verlie sich aber auf den Schutz der Brille und blickte trotzdem nach oben, um sich das nahende Raumschiff anzusehen.Es war ein riesiges, bunt leuchtendes Gebilde. Bart erblickte Farben, die er vorher noch nie gesehen hatte. Das Raumschiff senkte sich langsam herab, das bunte Leuchten wurde einheitlich rot, dann blau, durchlief die ganze Farbskala und schlielich sah Bart nur das farblose Metall, aus dem die Lhari ihre Schiffe bauten. Hoch oben an dem Raumer wurde eine ffnung sichtbar. Gleich darauf eilten die Lhari und Menschen ber eine ausfahrbare Treppe nach unten.Bart rannte vorwrts und drngte sich durch die Menge. Er suchte die hohe Gestalt seines Vaters und stellte dabei berrascht fest, da die Treppe von vier Lhari bewacht wurde. Alle trugen Energonwaffen und hatten einen Mentorianer hinter sich. Die Lhari fragten alle aus dem Schiff kommenden Passagiere nach den Papieren und sahen diese sehr sorgfltig durch. Bart ahnte, was sich abspielte. Die Lhari suchten den Mann, von dem die beiden auf der Rolltreppe gesprochen hatten.Die Menge lste sich allmhlich auf. Robotcabs und Hubschrauber holten die Menschen ab und brachten sie schnell fort. Die ffnung im Raumschiff schlo sich wieder, doch Bart hatte keinen hochgewachsenen Mann mit flammendroten Haaren herabkommen sehen. Er ging langsam weiter und nherte sich den vier Lhari. Einer der Bewacher bemerkte ihn und musterte ihn kritisch, ehe er sich wieder seiner Arbeit zuwandte.Der junge Steele machte sich Sorgen. Sein Vater hatte noch nie eine Verabredung gebrochen. Bart sah aber nur einen Passagier, der nicht von lrmenden und frhlichen Angehrigen abgeholt wurde. Der Mann kam zweifellos vom Wega-System, war aber nicht Barts Vater. Er war klein, dick und glatzkpfig. Vielleicht konnte er Auskunft geben.Pltzlich bemerkte Bart den starren Blick des Mannes. Dieser Blick galt ihm. Bart Steele lchelte verlegen. Der Mann steuerte direkt auf ihn zu.Wie geht es dir mein Sohn? rief er frhlich und streckte die Hnde nach Bart aus. Du bist mchtig in die Hhe geschossen. Aber bist du auch schon so erwachsen, da du deinen Vater nicht mehr umarmen kannst? Der Mann zog Bart an sich und hielt ihn fest. Bart wollte sich aus der Umarmung lsen und den Irrtum aufklren, doch der Mann hielt ihn mit aller Kraft fest.Hr zu, Bart! flsterte der Dicke eindringlich. Du mut mitspielen, oder wir sind beide verloren! Die Lhari sind schon auf uns aufmerksam geworden. Du mut Vater zu mir sagen und mich umarmen. Aber laut. Wenn dir dein Leben lieb ist, mut du jetzt wie ein vollendeter Schauspieler agieren. Du bist in Gefahr, Bart!Der junge Steele war wie gelhmt. Er vermochte nicht so schnell zu reagieren, wie der Fremde es verlangte, und brachte den Dicken damit in arge Verlegenheit. Er sah Schweiperlen auf der Stirn des Mannes glnzen.Du bist mchtig gewachsen, mein Junge, sagte der Dicke laut. Und dann fgte er leise hinzu: Nun sag endlich was, Bart! Und starr mich nicht so stupide an!Bart blickte in die Augen des Fremden und erkannte darin die nackte Angst. Er erinnerte sich an das Gesprch der beiden Lhari und begriff endlich, was gespielt wurde. Er packte den Fremden an den Schultern und schttelte ihn gutmtig.Es ist nur die berraschung, Vater, stotterte er. Wir haben uns sehr lange nicht gesehen. Ich konnte mich kaum noch an dich erinnern. Wie war die Reise?Wie immer, mein Junge. Der Dicke keuchte schwer. Er hatte offensichtlich Mhe, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. Diese Schiffe sind natrlich nicht mit der alten ,Astorion zu vergleichen, mein Junge! Die Astorion war das Flaggschiff des alten Rupert Steele. Aber wie geht es dir?Bart sprte den harten Griff des Fremden, der dessen Todesangst offenbarte. Er mute etwas sagen und suchte verzweifelt nach Worten. Du httest die Abschlufeier mitmachen sollen, Vater, murmelte er. Ich war drittbester von vierhundert Studenten.Die Lhari kamen nher und bildeten einen Kreis um die beiden Mnner. Der Dicke atmete tief durch und drehte sich um. Ist etwas nicht in Ordnung? fragte er unbefangen.Der grte Lhari wandte sich an den Dicken. Seine Worte klangen zischend und fremdartig. Die Lhari beherrschten die Universalsprache, aber sie sprachen das S immer zischend und scharf.Darf ich Ihre Papiere sehen, Sir? fragte er.Selbstverstndlich! Der Dicke griff gelassen in seine Brusttasche und holte seine Reiseausweise hervor. Bart konnte darin den Namen seines Vaters lesen und wunderte sich darber.Der Lhari winkte einen Mentorianer heran und fragte nach der Haarfarbe des Dicken.Seine Haare sind grau, antwortete der Mentorianer. Er mute die Farbbezeichnung der Universalsprache whlen, denn die Lhari hatten keine Worte fr Farben.Wir suchen einen Rothaarigen, sagte der Lhari enttuscht. Auerdem ist dieser hier klein und fett.Der Junge ist aber gro und rothaarig, bemerkte ein Mentorianer diensteifrig.Der Lhari winkte ab. Der Mann, den wir suchen, ist mindestens zwanzig Jahre lter. Wir haben leider nur eine Beschreibung, keinen Namen, kein Bild.Er wandte sich wieder an seine Gefhrten und sagte in seiner Sprache: Der Mann war verdchtig, weil er allein kam.Pltzlich sah er Bart an und fragte scharf: Wer ist dieser Mann?Der junge Steele war betroffen. Er hatte die Energonwaffen an den Grteln der Lhari bemerkt, und er wute, da die Strahlen dieser Waffen betuben, aber auch tten konnten.Dieser Mann ist mein Vater, antwortete er stockend. Wollen Sie meinen Ausweis sehen? Ich bin Bart Steele.Der Lhari sah sich den Ausweis an und gab ihn zurck. Er entschuldigte sich hflich und ging mit den anderen davon.Gehen wir, mein Junge! sagte der Dicke.Hoffentlich kann er noch einen Fu vor den anderen setzen, dachte Bart besorgt. Der Fremde schien einer Ohnmacht nahe zu sein.Bart sttzte den Mann, fr den er ein gewisses Mitgefhl empfand. Gleichzeitig winkte er einen Hubschrauber heran. Warum hatte der Fremde die Papiere seines Vaters? Warum war sein Vater nicht, wie verabredet, selbst gekommen? Bart wre am liebsten davongerannt, aber der Mann zitterte jetzt so heftig, da er ihn nicht loslassen konnte.Ein Hubschrauber senkte sich herab, doch der Fremde wollte ein Robotcab. Der Pilot des Hubschraubers warf den beiden einen bsen Blick zu und zog die Maschine wieder hoch. Bart ging zu einer Whlersule und bestellte ein Robotcab. Eine Minute spter senkte sich eine Maschine bis wenige Zentimeter ber den glasartigen Bodenbelag herab. Bart half dem Dicken hinein und stieg dann ebenfalls ein.Whl den Kurs nach Denver, sagte der Mann atemlos und lie sich zurckfallen. Bart gehorchte und wartete ab. Aber schon nach einer Minute wurde er ungeduldig.Was soll das alles? fragte er den Fremden. Wo ist mein Vater?Der Mann hielt die Augen halb geschlossen. La mich fr ein paar Minuten in Ruhe, bat er erschpft. Mit zitternden Hnden ffnete er ein Tablettenrhrchen und schttete sich einige weie Pillen in den Mund. Danach wurde er schnell ruhiger.Wir sind im Augenblick sicher, murmelte er. Wenn die Lhari uns erkannt htten, wren wir jetzt nicht mehr am Leben.Sie vielleicht, knurrte Bart. Ich habe nichts ausgefressen. Sie schulden mir eine Erklrung. Vielleicht sind Sie ein Verbrecher, und die Lhari hatten gute Grnde, Sie zu jagen. Haben Sie die Papiere meines Vaters gestohlen, um den Lhari zu entgehen?Sie suchen deinen Vater, du Narr! erwiderte der Dicke wtend. Sie hatten zum Glck nur seine Beschreibung, nicht aber seinen Namen. Sie werden aber bald ein Bild von ihm haben. Wenn sie erst deinen Namen wissen Wo ist mein Vater? fragte Bart beharrlich.Ich wei es nicht, antwortete der Fremde mit einer mden Geste. Wenn er ist, wo ich ihn zurckgelassen habe, dann lebt er nicht mehr. Ich heie Edmund Briscoe, mein Junge. Dein Vater hat mir einmal das Leben gerettet. Aber ich will dir nicht alles erzhlen. Je weniger du weit, desto besser ist es fr dich. Dein Vater machte sich Sorgen um dich und schickte mich zu dir. Er frchtete, da du das nchste Schiff zum Wega-System nehmen wrdest. Aus diesem Grund gab er mir seine Papiere und schickte mich her.Bart blieb mitrauisch. Das kommt mir alles etwas eigenartig vor, sagte er zweifelnd. Warum soll ich Ihnen das alles glauben? Ich sollte gleich zur Polizei gehen und Sie dort abliefern. Wenn Sie nicht gesucht werden, haben Sie nichts zu befrchten.Dazu ist keine Zeit! rief der Dicke aufgebracht. Du kannst ja Fragen stellen, die nur ein Bekannter deines Vaters zu beantworten vermag.Wie war der Name meiner Mutter? fragte Bart.O Gott, woher soll ich das wissen? sthnte der Fremde. Ich habe deine Mutter nicht gekannt. Aber deinen Vater kannte ich schon lange vor deiner Geburt. Erst vor kurzem erfuhr ich, da es dich gibt. Er schttelte hilflos den Kopf. Du bist sein Ebenbild, mein Junge. Der Atem des Mannes ging keuchend. Ich bin krank, Bart, sagte der Fremde. Ich werde sterben, das wei ich. Aber ich will nicht vergeblich sterben, sondern mit meinem Tod eine alte Schuld abtragen. Als dein Vater mein Leben rettete, war ich jung und gesund. Er schenkte mir weitere zwanzig Jahre. Ich will ihm dafr danken, Bart. Du sollst nicht zu Tode gehetzt werden wie mein eigener Sohn. Wenn sie deine Identitt erfahren, werden sie dich aber hetzen.Warum denn? Bart empfand ein unheimliches Gefhl. Sie sind krank, sagte er. Ich werde Sie zu einem Arzt bringen.Briscoe hrte nicht auf ihn. Da ist noch etwas, mein Junge: Dein Vater sagte mir, er sei auf der Suche nach der achten Farbe. Er meinte, du wrdest verstehen, was damit gemeint ist.Das ist doch Irrsinn! Ich Der junge Steele sprach nicht weiter, denn pltzlich kamen ihm Erinnerungen. Er entsann sich seiner Mutter, einer schlanken, wunderschnen Frau. Er war hchstens sechs Jahre alt gewesen, kaum in der Lage, sie zu verstehen. Sie hatte ihm eine Zeichnung gezeigt und mit ihrer harmonisch klingenden Stimme gesagt: Das ist der Treibstoffkatalysator. Das ist eine Farbe, die es sonst nicht gibt, Bart. Es ist keine der im Spektrum erkennbaren Farben, sondern tatschlich eine achte Farbe.Barts Vater hatte diese Bezeichnung aufgenommen und immer wieder benutzt. Wenn wir diese Farbe kennen, dann knnen wir das Geheimnis des Treibstoffs lsen, hatte er oft gesagt. Dann werden wir wie die Lhari in die ungeheuren Tiefen des Alls vordringen knnen und nicht mehr von ihnen abhngig sein.Briscoe bemerkte den Wechsel in Barts Haltung und lchelte schwach. Es bedeutet dir also etwas, sagte er mde, aber zufrieden. Willst du jetzt tun, was ich dir sage? Wir haben nicht viel Zeit. Sie werden bald die Erde nach dir absuchen, Bart. Du darfst dann nicht mehr hiersein. Das Schiff bleibt nur eine Stunde, um Passagiere, Fracht und Post aufzunehmen. Die Behrden werden dich vielleicht schtzen knnen, aber wenn du auf der Erde bleibst, wirst du nie wieder ein Schiff der Lhari besteigen knnen. Du mut fort sein, bevor sie deine Identitt kennen. Nimm das hier!Der Dicke zog eine Sprhflasche mit einem Haarfrbemittel aus der Tasche und sprhte Barts Kopf damit ein. Bart sprte die Feuchtigkeit und fate sich an den Kopf. Dann sah er seine Hand an. Sie war schwarz.Halt still, Junge! sagte Briscoe nervs. Das ist leider notwendig. Er drckte Bart noch einige Papiere in die Hand und ri dann die Maschine herum. Bart wurde bei dem berraschenden Manver gegen den dicken Mann gedrckt.Sind Sie verrckt? fragte er aufgebracht. Wollen Sie uns umbringen?Briscoe starrte geradeaus. Keine Sorge, Bart, sagte er heiser. Ich habe meine Mission erfllt. Denk immer daran, da dein Vater an einer groen Aufgabe arbeitet. Wenn du viele Fragen stellst oder dich ungeschickt benimmst, wirst du mindestens hundert Menschen in ernste Gefahr bringen. Hr gut zu, mein Junge! Ich fliege jetzt zum Flughafen zurck. Du springst sofort aus der Maschine und gehst zur Passagierrampe. Dann zeigst du deine Flugkarte vor und besteigst das Schiff. Kmmere dich um nichts, was auch geschehen mag!Bart war noch nicht vllig damit einverstanden. Die Geschichte kam ihm unwirklich vor. Briscoes beschwrende Worte stimmten ihn aber nachdenklich.Wohin soll ich denn reisen? fragte er verstrt.Ich wei nur den Namen Raynor III, erklrte Briscoe. Er verstummte und zog eine schmerzliche Grimasse. Die Aufregungen machten ihm anscheinend sehr zu schaffen.Die Maschine sauste steil nach unten. Aber was dann? fragte Bart erregt. Werde ich meinen Vater treffen?Das wei ich nicht, antwortete Briscoe. Er landete, ffnete die Tr und schob Bart hinaus. Der junge Steele taumelte ein paar Schritte und drehte sich dann rasch um. Die kleine Maschine jagte schon wieder steil in den Himmel hinauf. Bart richtete sich nach den berall angebrachten Zeichen und ging benommen weiter. Ein Lhari fragte nach seiner Flugkarte, und Bart hielt sie hoch.Procyon Alpha, sagte der Lhari. Rampe B.Bart ging wie betubt weiter und bestieg eine Rolltreppe. Die Treppe fhrte direkt zum Einstieg des riesigen Raumschiffes hinauf. In wenigen Minuten wrde er sich auf dem Weg zu fernen Planeten befinden. Worauf hatte er sich da eingelassen? Bart wollte umkehren, aber die Treppe hinter ihm war berfllt.Pltzlich deutete ein Passagier nach oben und stie einen Schrei aus. Ein Robotcab kam in einer wilden Spirale herabgestrzt und scho genau auf eine Gruppe Lhari zu. Die Lhari erkannten die Gefahr und spritzten flink auseinander. Das Robotcab zog eine Kurve und stie einen Lhari nieder. Bart stand mit offenem Mund auf der nach oben gleitenden Rolltreppe und starrte auf die Szene.Das war Briscoe! Was hatte er vor?Der getroffene Lhari blieb reglos liegen. Das Robotcab stie wieder herab und suchte nach einem neuem Opfer.Aber dann scho ein greller Strahl himmelwrts. Ein Lhari hatte seine Waffe hochgerissen und abgedrckt. Das Robotcab glhte sofort auf, schmolz noch in der Luft und tropfte zu Boden. Die Menge sthnte laut auf.Bart wandte sich ab. Ihm wurde beinahe bel. Eben noch hatte er sein Erlebnis fr ein absurdes Abenteuer gehalten. Aber jetzt war Briscoe tot. Er hatte sich bewut geopfert, um die Lhari auf eine falsche Spur zu locken.Weiter! rief ein Mann ungeduldig. Das Schiff kann nicht warten, nur weil pltzlich einer verrckt geworden ist.Bart taumelte voran. Briscoe hatte sich geopfert, um ihm eine Chance zu geben. Jetzt konnte er nicht mehr umkehren.Der Lhari am Eingang warf nur einen flchtigen Blick auf Barts Papiere. Bart passierte die Luftschleuse und fand sich auf einem langen Gang. Er fhlte sich noch immer nicht recht wohl. Noch nie in seinem Leben hatte er einen Akt der Gewalt miterlebt. Er zwang sich zu anderen Gedanken, denn die Trnen saen ihm locker. Sein Ziel hie Procyon Alpha. Das Schiff gehrte also zur Linie Proxima. Centauri, Sirius, Pollux, Procyon, Capella, @Aldebaran.Eine Frau in Barts Nhe war sehr nervs. Werden wir sofort in den Kaltschlaf versetzt? fragte sie ngstlich.Bart schttelte den Kopf. Wir mssen erst aus dem System heraus sein, ehe das Schiff auf Hyperantrieb gehen kann, sagte er beruhigend. Das wird ein paar Tage dauern.Er erreichte eine Tr, an der ein Mentorianer stand und ihm die dunkle Brille abnahm. Das Licht war jetzt nicht mehr so gleiend hell und ohne Brille zu ertragen.Bitte legen Sie alle Gegenstnde aus Leder oder Metall ab, ehe Sie in die Desinfektionskammer treten! rief der Mann den Passagieren zu. Diese Gegenstnde erfahren eine Spezialbehandlung und werden Ihnen spter wieder zurckgegeben.Steele bekam Angst. Wrde der Mentorianer bemerken, da einer der Passagiere zwei Brieftaschen besa? Bart hatte ja noch seine eigenen Ausweise und Diplome bei sich.Der Mann achtete nicht auf die Gegenstnde und steckte sie achtlos in einen Sack. Bart hielt seine Hose fest und trat erleichtert in eine der Desinfektionszellen. Bluliches Licht strahlte von allen Seiten auf ihn ein. Es roch leicht nach Ozon, und die Haare strubten sich ein wenig. Strahlen tteten smtliche Mikroorganismen ab.Das Licht verlschte. Bart trat wieder auf den Gang, und der Mentorianer gab ihm seine Sachen zurck. Die Ausweise blieben zum Glck in dem kleinen Sack. Dann drckte der Mann jedem Passagier einen Becher mit einer grnen Flssigkeit in die Hand.Was ist das? fragte Bart.Die Strahlen haben alle Mikroorganismen gettet, erklrte der Mann geduldig. Der Krper braucht aber Darmbakterien, weil er sonst die Nahrung nicht verdauen kann. Die Bakterien sind in dieser Flssigkeit enthalten.Das Zeug schmeckte nicht gerade gut. Bei dem Gedanken, Bakterien zu trinken, war Bart nicht sehr wohl. Er sah aber die Notwendigkeit ein und schlrfte die grne Flssigkeit.Eine Stewarde, natrlich eine Mentorianerin, gab ihm einen Schlssel mit einem Nummernschild und ein kleines Bchlein mit der Aufschrift: Willkommen an Bord!Bart las die Nummer 246 B und pfiff leise durch die Zhne. Die B-Klasse war sehr teuer, wenn auch nicht ganz so teuer wie die den Diplomaten und Gouverneuren vorbehaltene A-Klasse. Jedenfalls wrde er sehr luxuris reisen.Das B-Deck war ein langer Gang, von dem viele ovale Tren abgingen. Bart lief zur Tr mit der Nummer 246 und ffnete sie. Er erblickte eine kleine, aber sehr bequem eingerichtete Kabine. Das Bett war lang genug fr ihn und auch recht breit. Die Lampen waren abschaltbar. Das war ein besonderer Luxus, denn die Kabinen der billigeren Klassen hatten einfache Leuchtwnde, die sich nicht abschalten lieen. Zur Kabine gehrten eine eigene Toilette und eine Dusche. Es gab sogar eine Anlage mit verschiedenen Whlerscheiben. Die Passagiere der B-Klasse konnten damit ihre Nahrung selber whlen und in der Kabine essen.Ein Summton ertnte, und gleich darauf klang die Stimme eines Mentorianers in die Kabine. Noch fnf Minuten bis zur Raumkontrolle, sagte der Mann. Bitte legen Sie alle Metallteile in den Bleibehlter! Legen Sie sich in die Kojen und ziehen Sie die Haltegurte fest an. Die Stewards werden noch einmal in alle Kabinen kommen und nach Ihnen sehen.Der junge Steele nahm seinen Grtel und seine Manschettenknpfe ab und steckte sie in den Bleibehlter. Er legte sich nieder, sprang aber gleich wieder auf. Seine eigenen Papiere befanden sich ja noch in dem Sack! Er entschlo sich, alle Brcken hinter sich abzubrechen und die Papiere zu vernichten. Vorher sah er sich aber die neuen Papiere an. Sie lauteten auf den Namen David Warren Briscoe vom Aldebaran IV. Nach der Beschreibung war er zwanzig Jahre alt, schwarzhaarig und einsneunzig gro. In der Brieftasche befand sich auch eine Lizenz als Astrogator fr die Aldebaran Intersatellite Cargo Company. In einer Seitentasche fand Bart noch ein Bndel Geldscheine.Er zerri seine eigenen Dokumente und warf sie in den Papierkorb, holte die Fetzen aber sofort wieder heraus, denn zerrissene Ausweispapiere muten auffallen. Aber wohin damit?Bart erinnerte sich an eine Vorlesung ber die Lhari-Raumschiffe. Die Schiffe hatten in sich geschlossene Systeme; Abflle wurden nicht ausgestoen, sondern chemisch abgebaut. Die Grundelemente konnten dann wieder zu anderen Stoffen aufgebaut werden.Steele zerri die Papiere in noch kleinere Teile, warf sie ins Toilettenbecken und splte sie hinunter. Er war gerade damit fertig, als ein Mentorianer die Kabine betrat und vorwurfsvoll den Kopf schttelte.Legen Sie sich bitte sofort hin! sagte der Mann verrgert. Ihr jungen Leute glaubt wohl, da ihr euch nicht an die Bestimmungen zu halten braucht, wie?Bart legte sich zgernd hin. Er war wtend, denn er rgerte sich ber das Verhalten des Mentorianers. Diese Burschen nahmen sieh berhaupt sehr viel heraus und bildeten sich etwas auf ihre Ttigkeit ein.Nachdem der Mann die Kabine verlassen hatte, kamen Bart Bedenken. Hatte er sich richtig entschieden? Wenn er Briscoe der Polizei ausgeliefert htte, lebte der Mann noch.Eine Warnsirene schreckte ihn aus seinen Gedanken. Bart hatte pltzlich den Eindruck, das alles nicht wirklich zu erleben, sondern zu trumen. Sein Vater sollte ein Verfolgter sein. Warum? Bart spannte alle Muskeln an und wartete auf den Start des Raumschiffes. Er wute, da der Schiffskrper bald vibrieren wrde. Er hatte viele Reisen unternommen, allerdings immer nur innerhalb des irdischen Sonnensystems. Die Erregung kurz vor dem Start war immer die gleiche. Bart war aufgeregt und auch etwas ngstlich. Er frchtete den pltzlichen Sto, die nachfolgende starke Beschleunigung und den schmerzhaften Andruck.Die Tr wurde noch einmal geffnet, und zwei Lhari traten ein. Bart umklammerte die Haltegurte und starrte die beiden an. Aus! dachte er. Jetzt haben sie mich.Der da ist ungefhr so alt, sagte der eine Lhari in seiner schrillen Sprache. Bart erstarrte. Der andere Lhari schttelte den Kopf. Du siehst schon berall Spione, Ransel, sagte er gleichgltig. Trotzdem fragte er Bart nach seinen Papieren.Steele war von dem Steward fest angeschnallt worden und konnte sich nicht rhren. Er deutete mit dem Kopf zum Schrank. Es fiel ihm nicht leicht, seine Angst zu verbergen.Der Lhari sah sich die Papiere an und fragte mitrauisch: Wie heit dein Heimatplanet?Bart mute erst berlegen. Aldebaran IV, sagte er dann.Der Lhari gab sich damit zufrieden. Schade, da Margil nicht hier ist. Er hat die beiden gesehen, sagte er.Ich habe mir die Maschine angesehen, erklrte der andere. Die Menge des Protoplasmas deutet auf zwei Personen hin.Der junge Steele konnte jedes Wort verstehen. Das machte es ihm noch bedeutend schwerer, unbeteiligt zu wirken.Ist etwas nicht in Ordnung? fragte er, um seine Unruhe zu verschleiern.Es ist vielleicht ein Blinder Passagier an Bord, erklrte einer der Lhari. Wir mssen den Mann natrlich schtzen. Wenn das Schiff durch den Hyperraum fliegt, mu er sonst sterben. Er warf einen mitrauischen Blick auf Bart und fragte: Ist Ihnen nicht gut, junger Mann?Es ist es ist nur das Zeug, das ich vorhin trinken mute, murmelte Steele. Ich fhle mich nicht wohl.Sie knnen nachher einen Arzt rufen, sagte der Lhari verstndnisvoll. Dazu brauchen Sie nur auf den Knopf am Bett zu drcken.Die beiden Lhari gingen hinaus und schlossen die Tr hinter sich. Bart atmete auf. Die Kontrollen wurden normalerweise von Mentorianern vorgenommen. Die Lhari schienen die Menschen nicht ernst zu nehmen und behandelten sie immer etwas von oben herab. Ihre Aktivitt lie darauf schlieen, da sie die Feindschaft eines Menschen aber sehr frchteten.Bart fhlte sich einsam und verlassen. Er hatte Angst. Das Vibrieren des Raumschiffes lenkte ihn ab. Er sprte den starken Druck; seine Trommelfelle schienen platzen zu wollen. Es war, als setze sich ein Elefant langsam auf seine Brust. Bart konnte sich bald nicht mehr rhren, so stark war der Druck. Die Lhari-Schiffe starteten mit einer Beschleunigung von zwlf g, was eine starke Belastung des menschlichen Krpers bedeutete. Bart hatte ein Gefhl, als werde er von einer Riesenfaust zerstampft. Dieses Gedankenbild erinnerte ihn an Briscoe, der sich fr ihn geopfert hatte.Der Druck lie pltzlich nach, das Blut begann wieder durch die Adern zu flieen. Bart lste die Gurte und stand auf. Er wischte sich den Schwei von der Stirn und atmete mehrmals tief durch. Eine Stimme klang aus dem Lautsprecher.Die Passagiere der Klassen A und B knnen in den Beobachtungsraum gehen und das Passieren der Satelliten beobachten.Steele ging in den Waschraum und wusch sich sein Gesicht. Er hatte kein Gepck mitgebracht, nicht einmal eine Zahnbrste. Er dachte immer wieder an seinen Vater und an Briscoe. Das Entsetzen ber den Tod des dicken Mannes und die Angst vor den Lhari lhmten ihn fast. Er war im Augenblick sicher, denn die Lhari suchten nach einem Bart Steele, nicht aber nach David Briscoe. Bart nahm sich vor, den Flug zu genieen und die Entwicklung der Dinge abzuwarten.Der Beobachtungsraum war verdunkelt. Eine Wand bestand aus einem klaren Quarz und ermglichte den freien Ausblick. Bart hielt den Atem an, so berwltigend war das Bild des Weltraumes.Das Schiff entfernte sich schnell von der Sonne. Kosmischer Staub flutete an der Wandung des Schiffes entlang und leuchtete im Schein der Sonne auf. Die Fixsterne schienen unbeweglich vor dem tiefschwarzen Hintergrund zu hngen, gleiende Scheiben von unwahrscheinlicher Pracht. Bart machte die Konstellationen aus. Aldebaran leuchtete wie ein Rubin, und in der Lyra glomm blau und klar die Wega. Die Farben waren berauschend. Von der Erde aus gesehen, waren die Sterne weie Punkte am Himmel, hier aber filterte keine Atmosphre die Farben heraus, hier leuchteten die Gestirne in allen Farben Antares blutrot, Capella wie geschmolzenes Gold. Bart hatte den Eindruck, ein Riese habe eine Handvoll Edelsteine wahllos verstreut. Die Farben des Kosmos waren berauschend. Bart starrte gebannt auf das Panorama und kam sich winzig vor.Hinter sich hrte er pltzlich eine Stimme. Und all das knnen die Lhari nicht sehen. Sie knnen nur die Helligkeitsgrade unterscheiden.Bart sah sich das wunderbare Bild an, bis ein Gong durch den Raum tnte.Das Abendessen, sagte eine Stimme, die Bart merkwrdig bekannt vorkam. Wahrscheinlich gibt es hier nur synthetische Nahrung.Auf dem Gang blieb Steele blinzelnd stehen, um sich an das Licht zu gewhnen. Bart! Das war wieder die bekannte Stimme. Bart, das kann doch nicht sein!Steele ri die Augen auf und erkannte Tommy Kendron. In der Aufregung hatte er vllig vergessen, da Tommy mit diesem Schiff reisen wollte.Warum hast du mir nichts davon gesagt, rief Tommy, da du im selben Raumer wie ich reisen wrdest? Hat sich dein Vater vielleicht im letzten Augenblick dazu entschlossen?Bart mute etwas tun. Wenn Tommy die gefrbten Haare bemerkte, wrde es aus sein. Tut mir leid, sagte er freundlich. Sie verwechseln mich offenbar mit einem anderen.Was soll der Unsinn, Bart? Ich Tommy verstummte pltzlich und schttelte den Kopf. Ich htte geschworen, da Sie ein Freund von mir sind.Ich habe Sie noch nie gesehen, sagte Steele khl.Tommy trat zurck und musterte Bart. Die hnlichkeit ist verblffend, sagte er kopfschttelnd. Sind Sie vom System Wega?Nein, ich komme vom Aldebaran. Mein Name ist David Briscoe, antwortete Bart.Freut mich, Dave. Tommy streckte ihm freundschaftlich die Hand entgegen. Wollen wir zusammen essen? Ich kenne hier niemanden. Eigentlich ist es doch ein Glck, da ich einen Mann gefunden habe, der meinem besten Freund so sehr hnelt. Sie knnten sein Zwillingsbruder sein, Dave.Bart war unentschlossen. Er wute, da sein Schwindel frher oder spter platzen mute. Tommy wrde ihn an einer typischen Redewendung oder Geste erkennen. Sollte er sich ihm besser gleich offenbaren? Er entschied sich dagegen, denn es handelte sich ja nicht um ein Spiel, sondern um tdlichen Ernst. Es gab nur einen Ausweg, und der mute beschritten werden.Ich habe zu tun, sagte er distanziert. Ich werde whrend der Reise nicht viel freie Zeit haben. Nach dieser Absage drehte er sich um und ging fort. Tommys Lcheln erstarrte. Er fhlte sich zurckgewiesen und verletzt.Steele kehrte in seine Kabine zurck und whlte mimutig einige synthetische Speisen. Im Speiseraum gab es besseres Essen, doch er mute darauf verzichten. Das Risiko einer erneuten Begegnung war ihm zu gro. Die Reise wrde langweilig und einsam verlaufen.

2. Kapitel

Bart blieb eine volle Woche in seiner Kabine. Er wagte sich weder in den Beobachtungsraum noch in den Speisesaal. Die synthetische Nahrung hing ihm schon zum Hals heraus; die Bnder, die ihm der Steward aus der Bibliothek brachte, waren ebenfalls nicht mehr interessant. Das Erscheinen des Arztes war eine willkommene Abwechslung. Der Mentorianer hatte die Aufgabe, die Passagiere in einen Kaltschlaf zu versetzen, weil sie nur so die Strapazen des Fluges durch den Hyperraum ertragen konnten.Steele hatte eine gute Ausbildung genossen. Trotzdem wute er kaum etwas ber den Warp-Antrieb. Er hatte gehrt, da nur wenige Lhari mit diesem Geheimnis vertraut waren. Bart wute nur, da ein Raumschiff, wenn es schneller als mit Lichtgeschwindigkeit flog, in die vierte Dimension eintauchte, um an anderer Stelle wieder in die dreidimensionale Welt zurckzukehren. Er wute auch, da Menschen die ungeheure Beschleunigung nur im Kaltschlaf berleben konnten.Er legte sich in seine Koje und lie sich vom Arzt festschnallen. Dabei dachte er an die Verwendungsmglichkeiten des Hyperantriebs. Konnten die Menschen ihn jemals ausnutzen? Wahrscheinlich wrden sie erst eine Automatik erfinden mssen.Der Mentorianer zog eine Flssigkeit in eine Injektionsspritze. Er stellte sich neben die Koje und fragte: Wollen Sie whrend der Pausen in den verschiedenen Systemen aufwachen oder durchschlafen? Wir steuern die Systeme Proxima, Sirius und Pollux an, Sir.Der junge Steele berlegte fieberhaft. Sicher hatte der Steward den Arzt ber den merkwrdigen Passagier informiert, der nicht einmal in den Beobachtungsraum ging. Der Dauerschlaf war eine Versuchung, denn er wrde ihn vor der Eintnigkeit der Kabine bewahren. Andererseits wollte Bart die verschiedenen Systeme sehen. Bei seiner ersten Reise zur Erde war er zu jung gewesen, um sie bewut zu erleben. Er entschlo sich aber zum Dauerschlaf, denn nur so konnte er das Zusammentreffen mit anderen Passagieren vermeiden.Gleich nach dem Einstich setzte die Mdigkeit ein. Bart hatte das Gefhl, in eine unermeliche Tiefe zu sinken. Es drngte ihn wieder zur Oberflche, denn eine entsetzliche Angst verdrngte alle anderen Gedanken. Er war jetzt hilflos dem Schicksal ausgeliefert. Die Lhari hatten inzwischen Zeit, sich eingehend zu informieren. Auf drei verschiedenen Systemen warteten sie vielleicht schon auf ihn. Sie wrden ihn aus dem Schiff schleppen und nie wieder erwachen lassen. Bart wollte aufbegehren, aber er konnte sich nicht mehr rhren. Eine Minute spter sprte er einen durch den Krper rasenden Schmerz. Die Klte verlangsamte alle Lebensprozesse auf ein Minimum und raubte Bart das Bewutsein. Er fiel in einen tiefen und traumlosen Schlaf.

*

Bart sprte die lhmende Klte. Er konnte sich aber bewegen. Im nchsten Augenblick kamen die Erinnerungen zurck und schreckten ihn hoch. Er wollte aufstehen und sich verteidigen. Er wollte es seinen Feinden so schwer wie mglich machen.Nicht so hastig! sagte ein Mentorianer. Es war ein anderer Arzt. Wir haben den Gravitationsbereich des Planeten Alpha erreicht und werden in vier Stunden landen, Mr. Briscoe. Wie fhlen Sie sich?Steele sprte das Blut durch die Glieder pulsen. Beine und Arme waren noch schwer wie Blei, aber das Gefhl kehrte schnell wieder zurck. Die Lebensprozesse waren whrend des langen Schlafes so verlangsamt worden, da Bart keinen Hunger empfand.Der Mentorianer ging in eine andere Kabine und empfahl Bart, sich krftig zu bewegen. Steele hatte auch ein starkes Verlangen nach Bewegung. Er wollte in den Beobachtungsraum gehen, um die Landung bewut zu erleben. Es bestand die Mglichkeit, Tommy zu begegnen. Kendron wrde nach der kalten Abfuhr aber kaum versuchen, einen neuen Annherungsversuch zu wagen.Der leuchtende kosmische Staub war jetzt dichter, die Konstellationen wirkten seltsam abgeflacht. Bart erinnerte sich an den Text eines Lehrbuches. Er war jetzt siebenundvierzig Lichtjahre von der Erde entfernt. Im Verhltnis zur Gre des Universums war das nur ein Katzensprung, aber er sah die Konstellationen jetzt aus einem anderen Blickwinkel.Das Schiff raste auf Procyon zu, eine Sonne, die der irdischen sehr hnelte. Die drei Planeten Alpha, Beta, Gamma waren wie der Saturn mit schimmernden Ringen umgeben. Im Hintergrund sah Bart grelle Riesensonnen, die unvorstellbar weit entfernt waren. Diese Gestirne waren unerreichbar, ferne Welten im unendlichen Raum.Hallo, Dave!Bart zuckte zusammen.Erinnerst du dich nicht an mich? Wir sprachen uns kurz nach dem Start. Warst du die ganze Zeit in deiner Kabine?Ich war im Kaltschlaf, antwortete Bart leise. Er konnte einfach nicht abweisend sein.Das ist auch eine Art, eine weite Reise zu machen, sagte Tommy frhlich. Ich habe jeden Augenblick genossen.Es war schwer zu begreifen, da seit dem Zusammentreffen im Beobachtungsraum volle sechs Wochen vergangen sein sollten. Die Vergangenheit war fr Bart wie ein Traum, an den er sich erst erinnern mute. Er begriff, da er in wenigen Stunden auf einem anderen Planeten landen wrde. Das Schlsselwort hie Raynor III. Das war der einzige Hinweis, den Briscoe ihm gegeben hatte. Bart fhlte sich allein. Tommy hatte keine Ahnung, wie sehr seine Nhe dem Freund half.Vielleicht htte ich mich doch wecken lassen sollen, murmelte Bart.Du hast viel versumt, antwortete Tommy begeistert. Wir blieben einen vollen Tag auf Sirius 18. Ich machte eine interessante Rundreise. Sonst habe ich mich fast immer hier aufgehalten. Die Welt sieht jetzt vllig anders aus. Kannst du die bekannten Konstellationen noch erkennen? Ich kann es nicht.Bart blickte durch die transparente Wand und deutete auf eine rote Sonne. Das mu Aldebaran sein, erklrte er. Antares liegt viel weiter zurck und leuchtet in einem tieferen Rot, fast wie eine glhende Kohle. Aldebaran leuchtet jedoch wie ein klarer Rubin und Steele verstummte. Er hatte sich verraten, denn bei einem Examen hatte er die beiden Sterne mit den gleichen Worten beschrieben. Er sah Tommys triumphierenden Blick und kam dem Freund zuvor.Leise! sagte er warnend.Tommy grinste. Ich wute es, flsterte er. Eine Verwechslung war unmglich. Warum machst du dieses Theater?Du darfst meinen Namen nicht erwhnen! flsterte Bart eindringlich. Ich bin in Gefahr.Warum hast du mir das nicht gleich gesagt? Wozu bin ich denn dein Freund?Wir knnen hier nicht offen miteinander reden, flsterte Bart. Die Kabinen haben Abhranlagen, fr den Fall, da einem die Luft wegbleibt oder einer Hilfe braucht.Die beiden Freunde traten dicht an die durchsichtige Wand heran. Die Nhe des gigantischen Abgrundes verursachte beiden Schwindelgefhle, aber sie berwanden die Angst und blieben stehen. Die Planeten Alpha, Beta und Gamma schienen bei der hohen Geschwindigkeit des Raumschiffes wie Ballone anzuschwellen.Bart erzhlt seine Geschichte und starrte in die Unendlichkeit.Tommy Kendron schttelte verwundert den Kopf. Und mit diesen mageren Informationen willst du deinen Vater finden? fragte er. Das Universum ist gro. Wir wissen, da die Lhari neunhundertzwanzig verschiedene Systeme anfliegen. Begleite mich, Bart. Meine Eltern werden dich gern aufnehmen. Sie werden die Interplanetarische Behrde mit der Suche nach deinem Vater beauftragen. Die Behrde wird ihn vor den Lhari schtzen. Du kannst doch nicht den intergalaktischen Spion spielen und von einem System zu anderen jagen.Steele dachte an Briscoe, der sich seinetwegen geopfert hatte. Er schttelte traurig den Kopf und antwortete: Vielen Dank, Tommy! Ich mu die Angelegenheit auf meine Weise erledigen.Na, schn! sagte Tommy entschlossen. Aber nicht ohne mich. Ich kann die Reise berall unterbrechen.Bart legte seinem Freund die Rechte auf die Schulter. Er war ihm dankbar, aber er dachte an Briscoes Schicksal. Er konnte seinen Freund unmglich in Gefahr bringen.Ich bin dir wirklich sehr dankbar, Tommy, murmelte er ergriffen. Die Gefahr ist aber zu gro.Tommy lie sich nicht abweisen. Ich bleibe bei dir, erklrte er ruhig. Du wirst mich jetzt nicht mehr los. Wenn du spurlos verschwindest, werde ich mir ewig Vorwrfe machen.Das brauchst du nicht, Tommy. Ich werde dich regelmig benachrichtigen. Wenn du mir helfen willst, mut du mich allein lassen.Ein Warnsignal schrillte durch den Beobachtungsraum. Bart drehte sich um und sagte noch einmal: Das ist alles, was du tun kannst, Tommy. Halte dich heraus, hrst du!Kendron hielt Steele fest. In Ordnung, sagte er widerwillig. Wenn ich nicht bald von dir hre, mach ich einen Krach, da es von hier bis zur Wega schallt.Bart ri sich los und eilte fort. Er hatte Angst, weich zu werden. In seiner Kabine legte er sich auf sein Bett, um sich zu beruhigen. Der Mentorianer, der bald kommen wrde, um ihn festzuschnallen, brauchte seine Erregung nicht zu erkennen.

*

Nach der Landung mute Bart wieder in die Desinfektionskammer. Danach folgte er den anderen Passagieren durch die Luftschleuse und dann in die Atmosphre eines fremden Planten. Der erste Anblick war enttuschend. Bart sah einen Flughafen der Lhari, der dem Platz auf der Erde in allen Einzelheiten glich. Der junge Steele erblickte den glnzenden Bodenbelag, die hohen Gebude aus farblosem Baumaterial, die Rampen, Gleitwege und Rolltreppen.Die hoch am Himmel stehende Sonne sah goldgelb aus, die Schatten der Gebude waren dunkelviolett. In der Ferne bemerkte Bart hohe Hgel mit merkwrdig gefrbten Bumen.An der Kontrolle mute er seine Papiere und seine Flugkarte vorzeigen. Ein Lhari sah sie sehr sorgfltig durch. Dann sagte er zu dem hinter ihm stehenden Mentorianer: Halten Sie ihn fest. Er braucht aber nicht zu wissen, warum wir ihn verhren.Bart bekam einen eisigen Schreck. Sollte seine Reise ein so unrhmliches Ende nehmen?Der Mentorianer nahm ihn mit und erklrte: Wir mssen uns erst berzeugen, ob Sie die richtigen Impfungen bekommen haben.Steele wurde in einen Warteraum gefhrt und allein gelassen. Er bemerkte einen Bildschirm und sah darauf fremdartige Tiere in einer noch fremdartigeren Umgebung. Der Film fesselte ihn aber nicht lange. Ungeduldig ging er auf und ab. Bald sollte sich entscheiden, ob er verloren war oder nicht. Der Raum hatte zwei Tren. Hinter der Glastr, durch die er gekommen war, sah er den Schatten eines Mentorianers. An der anderen Tr las er die Aufschrift:

GEFAHREintritt ohne Schutzbrille gesundheitsschdlich. Gewhnliche Schutzbrillen sind nicht ausreichend. Bitte nicht ohne Spezialbrille eintreten!

Bart fhlte sich geschlagen. Die Sonne der Lhari war fnfhundertmal heller als die irdische Sonne, die Warnung also durchaus berechtigt. Die Lhari erhellten die von ihnen benutzten Rume mit besonders starken Leuchtkrpern.Steele fate einen Plan. Er wute nicht, welchen Grad von Helligkeit seine Augen ertragen konnten, ohne Schaden zu nehmen. Er war nie auf dem Planeten Mentor gewesen, hatte aber die Augen seiner Mutter geerbt. Sie waren weitaus unempfindlicher als die der auf der Erde geborenen Menschen. Blindheit war besser als der Tod in einem Energonstrahl.Bart stie die Tr auf. Im nchsten Augenblick schien eine gleiende Helligkeit die Augen aus den Hhlen zu brennen. Er ri die Hnde hoch, um die Augen zu schtzen. Nie zuvor in seinem Leben hatte er eine so intensive Helligkeit gesehen. Obwohl er die Augen geschlossen hielt und sie mit den Hnden schtzte, fhlte er die Nachwirkungen der Helligkeit. Erst nach einigen Minuten lie er die Hnde sinken und wagte einen Versuch. Er ffnete die Augenlider einen kleinen Spalt und stellte zu seiner berraschung fest, da er sehen konnte. Bart erblickte eine Glasrampe und mehrere Tren. Am anderen Ende der Rampe sah er Lhari, die ihn aber noch nicht bemerkt hatten.Der junge Steele sah sich um. An einem Haken entdeckte er einen silbrigen Umhang. Es war einer der von den Mentorianern benutzten Kleidungsstcke. Bart zgerte keinen Augenblick und warf sich den Umhang ber die Schultern. Er fhlte sich gleich wohler, denn der metallische Umhang wirkte khlend, und die Kapuze schirmte das grelle Licht ein wenig ab.Bart ging ein paar Schritte weiter und entdeckte eine im steilen Winkel nach unten fhrende Rampe. Er kletterte ber den Rand und rutschte flach auf dem Rcken liegend mindestens drei Stockwerke tiefer. Trotz des schtzenden Umhangs sprte er die enorme Reibungshitze. Am Ende der rasenden Fahrt verstauchte er sich fast die Beine. Er durfte aber nicht aufgeben. Entschlossen schritt er auf eine Tr zu. Vielleicht fhrte diese Tr in die Freiheit.Pltzlich wurde er angerufen. Hallo, Sie da!Er drehte sich um und erblickte einen Lhari. Die Gestalt des anderen war in dem grellen Licht nur ein farbloser Umri.Ihr seid unvernnftig, brummte der Lhari. Immer wieder kommt einer ohne Schutzbrille herein. Sie wollen doch nicht blind werden, mein Freund? Die Worte des Lhari klangen besorgt und mitfhlend.Barts Herz schlug wie ein Dampfhammer. Was jetzt? Er hatte sich seit Jahren nicht mehr mit der Lhari-Sprache beschftigt. Allerdings hatte er sie bereits in frhester Kindheit erlernt und damals vllig akzentfrei gesprochen.Margil hat mich hergeschickt, log er. Da wurde ein Bursche zum Verhr festgehalten. Der Kerl hat sich aber aus dem Staub gemacht. Wir suchen ihn jetzt. Irgendwo mu er ja stecken.Das verstehe ich nicht, murmelte der Lhari. Wenn der Bursche von einem System mit einer kleinen Sonne stammt, kann er die Helligkeit nicht ertragen. Wenn er durch diese Rume kommt, werden wir ihn bestimmt erwischen. Aber Sie knnen es auch nicht lange aushalten. Holen Sie sich sofort eine Schutzbrille!Bart ri sich zusammen und ging sehr langsam auf die Tr zu. Er ffnete sie, ging durch die ffnung und schlug die Tr hinter sich zu. Er hatte den Eindruck, sich in tiefer Dunkelheit zu befinden, und mute sich erst an die normale Lichtstrke gewhnen. Aufatmend stellte er fest, da er auf einer Strae stand. Durch Zufall hatte er einen Ausweg gefunden und befand sich jetzt auerhalb des von den Lhari beherrschten Flughafens.Trotzdem mute er schnell fort. Er zog den Umhang aus, rollte im zusammen und steckte ihn unter den Arm. In der Zwischenzeit hatte Steele sich nun bereits an das milde Licht der Procyon-Sonne gewhnt und konnte alle Einzelheiten unterscheiden. Schon nach wenigen Schritten blieb er stehen und starrte auf ein ber einer Tr angebrachtes Firmenschild. Er glaubte zu trumen, denn die Aufschrift auf dem in allen Farben des Regenbogens gemalten Schild lautete:Acht Farben TransportgesellschaftFracht Passagiere PostManager: A. Raynor I

Bart wollte seinen Augen nicht trauen. Sollte er so schnell ans Ziel gekommen sein? Raynor I existierte also. Das gab berechtigten Anla zu der Hoffnung, da dieser Name in enger Beziehung zum Namen Raynor III stand. Das Gebude existierte offenbar schon sehr lange. Bart berquerte die Strae, ffnete die Tr und betrat den Bau.Das Innere des Gebudes war sehr hell. Alle Mbelstcke hatten leuchtende Neonkanten. Ein Mdchen sa an einem Schreibtisch aus Glas. Auch dieser Schreibtisch leuchtete in mehreren Farben. Die Platte war violett und gab dem Gesicht des Mdchens ein etwas gespenstisches Aussehen. Das Mdchen musterte den Mann sehr kritisch. Offenbar kamen Besucher wie Bart nur sehr selten.Ich mchte Raynor I sprechen, sagte Steele.Das Mdchen drckte mit einem Finger auf einen Leuchtknopf. Ihre lackierten Fingerngel glnzten dabei auf. In welcher Angelegenheit? fragte es khl.Es handelt sich um persnliche Dinge.Dann suchen Sie ihn besser in seinem Haus auf.Ich kann nicht warten, antwortete Bart ungeduldig.Das Mdchen musterte ihn noch einmal und drckte auf einen anderen Knopf. Wie ist Ihr Name? fragte es schnippisch.David Briscoe.Bart hatte nicht geglaubt, da das Gesicht des Mdchens etwas anderes als berheblichkeit ausdrcken knnte. Jetzt wute er es besser, denn das Mdchen starrte ihn konsterniert an. Er nennt sich David Briscoe, sagte sie. Ein unsichtbares Mikrophon nahm ihre Worte auf. Die Antwort empfing sie ber einen kleinen Ohrhrer.Nach kurzer Zeit zog sie die Augenbrauen hoch und sagte zu Bart: Raynor I will Sie empfangen. Gehen Sie bis zur Tr am Ende des Ganges!Bart passierte die Tr und stieg in einen kleinen Lift. Die Tr glitt hinter ihm zu, und das verursachte in ihm ein starkes Angstgefhl. War er in eine Falle getappt? Er beruhigte sich jedoch schnell. Der Lift sauste nach oben.Ruckartig hielt er, die Tr ffnete sich, und Bart erblickte ein gerumiges Bro. Hinter einem groen Schreibtisch sa ein Mann. Der Mann war gro und hager, seine grauen Augen leuchteten und verrieten seine Herkunft. Er stammte von Mentor.War dieser Mann Raynor I?Nagende Zweifel befielen Bart. Er vermochte dem prfenden Blick des Mannes nicht standzuhalten und sah zu Boden.Wer sind Sie? fragte der Mann hinter dem Schreibtisch. Seine Stimme klang hart und autoritr.David Briscoe.Der Mund des Mannes wurde zu einem dnnen Schlitz. David Briscoe ist tot! sagte er anklagend.Ich bringe eine Botschaft fr Raynor III, erklrte Bart entschlossen.Der Blick des Mannes blieb abweisend und hart.Wie lautet diese Botschaft?Bart lie sich von einer Inspiration leiten und antwortete: Das will ich Ihnen sagen, wenn Sie mir die Natur der achten Farbe nennen.Das kann ich nicht. Der Grnder unserer Gesellschaft wollte diese Bezeichnung fr die Firma.Hie dieser Grnder vielleicht Rupert Steele? fragte Bart hoffnungsvoll.Raynor I war sehr beherrscht, doch Bart glaubte, eine leichte Rte im Gesicht des Mannes zu erkennen. Wie kommen Sie darauf? fragte Raynor I. Sie sind doch gerade von der Erde gekommen. Die Firma ist erst vor wenigen Wochen umbenannt worden. Nur wenige Leute wissen das. Die Nachricht kann noch nicht zur Erde gelangt sein. Mir fllt auf, da Sie viele Namen nennen und nicht daran denken, den Grund Ihres Besuchs zu verraten.Ich suche Rupert Steele, erklrte Bart.Nicht Raynor III? Raynor I warf einen mitrauischen Blick auf den zusammengerollten Umhang. Viele Leute wollen herausfinden, wie ich auf die Nennung bestimmter Namen reagiere, sagte er abwartend. Es ist nicht gesund, die falschen Leute zu kennen.Wie kommen Sie darauf, da ich es ausgerechnet Ihnen gegenber zugeben wrde?Bart war verzweifelt. Er suchte Vertrauen. Das Gesprch wrde zu nichts fhren, wenn beide Partner immer nur auswichen und alle Fragen mit Gegenfragen beantworteten.Bart Steele warf den Umhang auf den Schreibtisch. Dieser Umhang war meine Rettung. Er gehrt mir nicht, und ich habe nicht die Absicht, ihn noch einmal zu tragen. Ich bin gekommen, um Rupert Steele zu finden. Er ist mein Vater.Raynor I blieb unbewegt. Und wie wollen Sie diese interessante Behauptung beweisen?Der junge Steele verlor die Geduld. Ich will es nicht beweisen, knurrte er wtend. Warum fangen Sie nicht an, Beweise zu liefern? Kennen Sie Rupert Steele berhaupt? Mu ich beweisen, wer ich bin? Sehen Sie mich doch an! Briscoe hat mir die Papiere gegeben und mich auf eine Reise geschickt, die ich nicht antreten wollte. Dieser Briscoe lebt nicht mehr.Weit beugte Bart sich vor, um besser in die Augen seines Gegenbers sehen zu knnen. Er gab mir den Auftrag, Raynor III zu suchen. Ich bin im Augenblick aber nur daran interessiert, meinen Vater zu finden.Raynor I sprang pltzlich auf. Sind Sie hier gesehen worden? fragte er heiser.Nur von dem Mdchen unten in der Halle.Und Sie sind den Lhari in dieser Verkleidung entkommen? Raynor I deutete auf den zusammengerollten Umhang.Ja. Bart gab einen kurzen Bericht.Raynor I schttelte staunend den Kopf. Sie hatten groes Glck, sagte er betroffen. Das grelle Licht htte jeden anderen blind gemacht. Sie mssen die Unempfindlichkeit von Ihrer Mutter geerbt haben, denn Ihr Vater hat sie nicht. Raynor I setzte sich wieder und sagte beilufig: brigens sind Sie mein Bo. Die Acht-Farben-Gesellschaft gehrte zur Firma Ihres Vaters.Sie spielt hier die Mittlerrolle zwischen den einzelnen Transportgesellschaften, die sich auf das System beschrnken mssen. Auerdem sind wir die Verbindungsstelle zwischen den Transportgesellschaften und den Lhari, die die Frachten fr intergalaktische Transporte bernehmen. Rupert war der Manager dieser Gesellschaft, bis er mir den Job bertrug.Raynor drckte auf einen Knopf, und das Mdchen in der Halle meldete sich. Violet, verbinden Sie mich mit drei! verlangte Raynor. Vielleicht mssen Sie eine Verbindung mit der Multiphase herstellen.Er wandte sich wieder Bart zu und sagte: Sie wollen sicher eine Menge erfahren, junger Mann. Von mir aber nicht. Ich habe mit den Lhari zu verhandeln und kann mich nur um die Geschfte kmmern. Je weniger ich mich in andere Dinge einmische, desto besser. Dann komm ich wenigstens nicht in die Lage, etwas auszuplaudern. Allerdings habe ich Raynor III versprochen, denjenigen zu ihm zu schicken, der ihn sehen will und nach der achten Farbe fragt.Jetzt erst bot er Bart einen Sessel an. Er machte aber den Eindruck, als ob er glaube, schon zuviel gesagt zu haben und seine Worte zu bereuen.Bart und Raynor I warteten schweigend, bis sie den Lift hrten. Gleich darauf ffnete sich die Tr, und ein Mann betrat das Bro. Es mute Raynor III sein; daran bestand fr Bart kein Zweifel. Der Mann war hager und gro wie Raynor I, wirkte grimmig und asketisch. Er trug die Uniform eines Raumfahrers: einen weien Umhang, einen blauen, metallischen Anzug und silbrige Sandalen. Das Abzeichen eines Arztes hob sich vom Blau der Uniform ab. Raynor III war wie der andere Mann im Bro Mentorianer. Er hatte aber die Lizenz, in den Raumschiffen der Lhari zu arbeiten.Was ist los? fragte er. Violet Erst in diesem Augenblick bemerkte er Bart und verstummte. Sein Gesichtsausdruck verriet sein starkes Erstaunen.Barts Anblick wirkte auf ihn wie ein Schock.Das mu Ruperts Sohn sein! rief er aus.Bart bemerkte den Unterschied zwischen den beiden Mnnern, die er fr Brder hielt. Raynor I war beherrscht und kalt, sein Bruder freundlich und aufgeschlossen. Er ist sein Ebenbild, sagte er anerkennend. Wie ist er hergekommen? Doch nicht mit seinen eigenen Papieren?Er kam mit David Briscoes Dokumenten.Der alte Knabe hat es also geschafft, sagte Raynor III bewundernd. Die Gefahr ist aber noch nicht vorbei. Gib mir die Papiere, Bart!Die Lhari haben sie mir abgenommen.Raynor I ging zum Fenster und sagte mit seiner beherrschten Stimme: Er mu fort, bevor sie herkommen.Der junge Steele trat ans Fenster und blickte auf die Strae hinunter. Unzhlige Mentorianer und Lhari sperrten sie ab und blockierten die Hauseingnge. Eigentlich ist es ein Wunder, da ich so weit gekommen bin, murmelte er.Raynor III lchelte. Wir sind Ihnen in mancher Beziehung berlegen, sagte er zuversichtlich. Die Lhari sind manchmal etwas umstndlich. Das gab uns die Mglichkeit, sie hinters Licht zu fhren. Sie hatten die Personenbeschreibung deines Vaters, nicht aber seinen Namen. Briscoe reiste mit den falschen Papieren und kam durch. Die Lhari erfuhren deinen Namen, aber du warst schon mit falschen Papieren unterwegs. Vielleicht haben sie dich nicht gleich verhaftet, weil sie dich fr einen unschuldigen Strohmann hielten. Sie wuten ja vom Tode Davids. Deine Verhaftung auf der Erde htte Kreise gezogen, und gerade das wollten sie vermeiden. Ist der alte Briscoe mit heiler Haut davongekommen?Nein, antwortete Bart rauh. Er ist tot.Raynor III machte ein trauriges Gesicht. Zwei tapfere Mnner, sagte er leise. Erst David und nun auch sein Vater. Behalte die Namen, Bart, denn ich werde sie bald vergessen.Warum denn das? fragte Bart verwirrt.Raynor III lchelte rtselhaft. Weil ich ein Mentorianer bin, mein Junge. Ich kann froh sein, da ich mich noch an Rupert Steele entsinne. Wrst du nur ein paar Tage spter gekommen, htte ich mich nicht mehr an deinen Namen erinnert, obwohl ich Rupert versprochen habe, hier auf dich zu warten.Ihr mt euch beeilen! sagte Raynor I warnend.Raynor III deutete auf den Umhang und sagte: Zieh ihn ber, Bart, und die Kapuze ber den Kopf. Wenn uns ein Lhari begegnet, grt du ihn hflich. Du kennst doch die Lhari-Sprache?Bart nickte.Er folgte Raynor III nach unten und dann auf die Strae. Die vielen Sucher flten ihm Angst ein, doch sein Fhrer gab sich sehr sicher und wirkte beruhigend auf ihn. Der Angriff ist die beste Verteidigung, flsterte Raynor III grinsend. Dann hielt er einen Lhari an und fragte nach dem Grund der Aufregung.Ein Passagier ist aus dem Flughafen gelangt, ohne durch die Desinfektion zu gehen, erklrte der Lhari. Es besteht die Gefahr, da er eine Seuche einschleppt.Als Bart und Raynor III weitergingen, murmelte der Mentorianer: Nicht dumm! Jetzt werden alle nach einem Fremden Ausschau halten. Wir mssen einen sicheren Ort aufsuchen. Mein Landhaus ist nicht weit entfernt. Mit einem Hubschrauber knnen wir es schnell erreichen.Bart folgte Raynor III zu einem Hubschrauber und kletterte hinter ihm in die Kabine. Bringen Sie mich zu meinem Vater? fragte er.Raynor III startete die Maschine und zog sie steil hoch. Abwarten, mein Junge, sagte er grinsend. Lehn dich zurck und geniee den Flug.Steele gehorchte. Ihm war aber nicht wohl zumute. Wo war sein Vater? Wenn er von den Lhari gehetzt wurde, konnte er sich auch am anderen Ende der Galaxis aufhalten. Bart trstete sich aber mit dem Gedanken, da sein Vater kein Lhari-Schiff betreten durfte. Wahrscheinlich befand er sich noch im Procyon-System.Sie flogen ber Hgel, Felder und Wlder hinweg. Stdte glitten vorbei und verschwanden im Dunst. Dann flog der Hubschrauber lange Zeit ber eine Wasserflche. Der Mentorianer verhielt sich schweigend, und Bart respektierte dieses Schweigen, das ja einen bestimmten Grund haben mute. Obwohl die Maschine eine automatische Steueranlage hatte, flog der Mentorianer mit Handsteuerung.Endlich tauchte wieder ein Landstreifen auf. Der Mentorianer flog einen Hgel an und steuerte dann auf ein rosafarbenes, domartiges Gebude zu. Die Maschine landete auf einer Plattform, die sich danach wie eine Muschel schlo. Raynor III und Bart stiegen aus.Bart wurde von seinem Begleiter in einen groen Aufenthaltsraum gebeten, der seit langem nicht mehr benutzt worden war. Auf allem lag eine Staubschicht. Raynor III drckte auf einen Knopf, worauf melodische Musik durch den Raum flutete. Die dicken Teppiche dmpften die Schritte.Raynor III bot Bart einen Sessel an und ging unruhig auf und ab. Hier wirst du vorlufig sicher sein, erklrte er freundlich.Steele lehnte sich zurck. Seine innere Unruhe wurde aber noch strker. Er sprte instinktiv, da Raynor III ihm etwas Wichtiges zu sagen hatte. Wo ist mein Vater? fragte er. Ich will es endlich wissen.Der andere nickte beklommen. Dann wandte er sich ab und schlug die Hnde vors Gesicht. Ich kann es dir nicht lnger verheimlichen, murmelte er und stammelte vor Erregung. Dein Vater ist tot, Bart! Ich ich habe ihn gettet.Bart wollte es nicht glauben. Er sa wie gelhmt da und starrte den Mentorianer an. War das ein Betrug, ein Verrat? Er sprang auf und sah sich um.Er hatte den Eindruck, in einer glsernen Falle zu hocken.Mrder! schrie er, halb wahnsinnig vor Schmerz, und strzte sich auf Raynor III. Er ri seine Fuste hoch und wollte den Mentorianer niederschlagen. Die aufgestaute Erregung machte sich nun Luft. Bart wollte sich jetzt von der drckenden Last befreien und dem Mentorianer alles heimzahlen, was er in den letzten Wochen erlebt hatte.Elender Mrder! brllte er noch einmal und strzte sich auf den Gegner, der keine Anstalten machte, sich zu verteidigen.Setz dich wieder und hr mir zu! bat Raynor III. Ich bin kein Mrder. Ich habe mich nur falsch ausgedrckt, Bart.Steele lie die Hnde sinken. Jetzt wollen Sie mir sicher sagen, da mein Vater ein Verrter war, da Sie ihn umbringen muten?Nein, Bart, antwortete Raynor III traurig. Ich habe alles Menschenmgliche unternommen, um deinen Vater zu retten. Trotzdem fhle ich mich schuldig. Ich werde mir dieses Versagen nie vergeben knnen.Bart starrte mit trnenden Augen auf den verzweifelten Mentorianer. Ich habe es geahnt, sagte er schluchzend. Ich wollte es nicht glauben, aber ich wute es von Anfang an.Ich schtzte und bewunderte deinen Vater, erklrte Raynor III. Er riskierte zuviel und kam dabei ums Leben. Ich htte ihn aufhalten knnen, aber dazu hatte ich kein Recht.Raynor III verstummte pltzlich. Bart bemerkte es nicht, denn sein Schmerz war zu gro. Er wandte sich ab und strmte durch das Zimmer. Er war am Ende seiner Kraft. Jahrelang hatte er an seinen Vater gedacht und sich auf das Wiedersehen gefreut. Nun wrde er ihn nie mehr sehen. Das war ein Schlag, den er nicht so schnell verwinden konnte. Bart bemerkte nicht, da Raynor III den Raum verlie. Er warf sich in einen Sessel und weinte hemmungslos.Aber auch das ging vorber. Nach zehn Minuten wischte er sich die Trnen vom Gesicht und richtete sich auf.Seine Zge waren pltzlich hrter geworden. Die Realitten waren bedenklich. Nach dem Fluchtabenteuer war er auf einem fremden Planeten gelandet, nur, um zu erfahren, da sein Vater nicht mehr lebte. Er war in Gefahr, das sprte er genau, und er sah pltzlich lter und mnnlicher aus.Raynor III kam wieder herein. Du mut etwas essen, Bart, sagte er sanft.Steele schttelte den Kopf. Ich habe keinen Hunger, antwortete er dumpf.Ich aber, entgegnete Raynor III. Und auch du solltest unbedingt etwas essen, Bart. Raynor III drckte auf verschiedene Knpfe, worauf ein Tisch und zwei Sitzbnke aus einer Wand kamen. Danach ffnete er einige sich selbst erhitzende Bchsen und schttete den Inhalt auf die Teller. Die Bchsen kommen per Rohrpost, erklrte er. Das ist sehr bequem.Bart wollte nichts essen, aber der Geruch der Speisen war zu verlockend, und er a schlielich doch eine groe Portion. Nach dem Essen warf Raynor III die Teller und leeren Bchsen in einen Abfallschlucker und go zwei Drinks ein.Trink das, Bart, sagte er freundlich.Steele lehnte ab. Ich trinke nicht, sagte er rauh.Betrachte das Zeug als Medizin. Du mut dich auf allerhand vorbereiten, mein Junge. Ich habe dir viel zu erzhlen. Wenn du willst, kann ich dir auch eine Beruhigungsspritze geben. Ich bin Arzt.Bart Steele schluckte das Getrnk schnell hinunter. Es brannte wie Feuer, aber es beruhigte ihn schlagartig. Vielen Dank! murmelte er. Warum machen Sie sich die Mhe?Du hast anscheinend keine Ahnung, was los ist, antwortete Raynor III. Deine Mutter hat sicher nie ber ihre Familie gesprochen. Sie war eine Mentorianerin. Raynor III lchelte aufmunternd. Ich mae mir deshalb keine Rechte an, Bart. Du sollst selber entscheiden, ob du mir vertrauen willst.Raynor III setzte sich in einen Sessel. Es ist eine sehr lange Geschichte, Bart. Ich kenne nur einen Teil davon, aber selbst das ist genug. Unsere Familie hat seit Generationen engen Kontakt zu den Lhari. Ich wurde Arzt und fliege in den Lhari-Schiffen durch das All. Viele Menschen bezeichnen uns als die Sklaven der Lhari. Das ist aber nur teilweise richtig. Ich wurde Raumfahrer, weil ich diesen Beruf liebe. Fr mich gibt es nichts anderes, und ich bin bereit, jeden Preis dafr zu zahlen. So war es wenigstens bis vor einigen Jahren. Ich habe nie gefragt, ob ich auch das Richtige tat, bis ich deinen Vater traf. Er lie mich erkennen, da wir Mentorianer immer blind und eigenntzig waren. Die Raumfahrt mu allen mglich, sie darf nicht das Privileg einer Gruppe sein. Ich gelangte mehr und mehr zu der Erkenntnis, da das Monopol der Lhari ein groes Unrecht ist. Meine Mglichkeiten, etwas dagegen zu tun, waren aber sehr begrenzt. Die Lhari sind ja in der Lage, jeden von uns vor Antritt einer Reise einer Gehirnwsche zu unterziehen.Wir fanden aber einen Ausweg. Durch Selbsthypnose und Selbstsuggestion gelang es mir, alle Erinnerungen einzuschlfern. Die Lhari erfuhren von mir nur das, was sie erfahren sollten. Dieses Verfahren bedeutete aber auch, da ich mich whrend der Reisen nicht an die vorangegangenen Ereignisse erinnern konnte. Wir bauten eine lose Organisation auf, fgten alle erreichbaren Informationen zusammen. Der Durchbruch gelang uns aber erst mit Hilfe eines jungen Mannes, nmlich David Briscoe. Er war Astrogator und mit der Erprobung neuer Schiffstypen beauftragt. Bei seinen Forschungen stie er auf Unterlagen aus den Jahren der ersten Kontakte zwischen uns und den Lhari. Dabei gewann er wichtige Erkenntnisse, die er uns unbedingt vermitteln wollte. Er warf alle seine Papiere weg und versteckte sich in einem Lhari-Schiff. Im Falle seines Todes sollten sie ihn nicht identifizieren knnen.Bart sah erstaunt auf. Er ist natrlich umgekommen. Eine Raumreise in einem Schiff mit Warp-Antrieb konnte er nicht lebend berstehen.Doch! Raynor III war sehr ernst geworden. Obwohl er keine Spezialbehandlung erfuhr, berlebte er den Flug. Das war der Beweis fr die Falschheit der Lhari, Bart. Sie belgen uns! Sie behaupten, wir knnten den Warp-Antrieb nur im Zustand des Kalt-Schlafs ertragen. Das ist aber eine Lge, mit der sie uns an der Nase herumfhren. Diese Lge dient ihnen als Entschuldigung, Bart. Sie wollten uns nicht mit ihren Geheimnissen vertraut machen. Und diesen Schwindel betreiben sie schon seit langen Jahren.Aber wie ging es weiter? fragte Bart erregt.David Briscoe wurde von einem Mentorianer entdeckt. Der Mann verriet ihn aber nicht und schmuggelte ihn aus dem Schiff. Der Mentorianer wurde vor dem nchsten Start der blichen Gehirnwsche unterzogen, und dabei erfuhren die Lhari alles. Sie quetschten den Armen aus, bis sie eine Personenbeschreibung hatten, Davids Namen allerdings konnte ihnen der Mentorianer nicht sagen, da er ihn selbst nicht kannte. Und dann begann das Morden. Zuerst kam David an die Reihe, dann zwei weitere Mnner und etwas spter dein Vater.Diese elenden Mrder! sthnte Bart.Raynor III seufzte und fuhr dann fort: Briscoes Vater und dein Vater waren alte Freunde. Briscoe litt an einer unheilbaren Herzkrankheit. Er erfuhr vom Tod seines Sohnes und wollte dafr sorgen, da David nicht vergeblich gestorben war. Er nahm die Papiere deines Vaters, flog zur Erde, tuschte die Lhari und erfllte seine Mission. Ist er an seiner Krankheit gestorben oder von den Lhari gettet worden?Bart erzhlte es. Wie ist mein Vater gestorben? fragte er danach.Dein Vater kam zu mir, weil er wiederholen wollte, was David Briscoe gelungen war. Er hatte sich einen verwegenen Plan ausgedacht, der ihm ein Davonkommen mit heiler Haut ermglichen sollte: Er war entschlossen, bei den Lhari anzuheuern.Als Mentorianer natrlich, sagte Bart. Aber wie htte er der Gehirnwsche entgehen knnen?Nicht als Mentorianer, widersprach Raynor III. Er wollte die Kontrollen und Untersuchungen umgehen und als Lhari anheuern.Bart blieb die Luft weg. Wie? fragte er schlielich.Die Unterschiede sind nicht allzu gro, antwortete Raynor III. Die Farbe der Haut, die Ohren und die Hnde lassen sich von einem geschickten Chirurgen leicht verndern.Die Lhari sind allesamt Teufel! knurrte Bart. Sie sind mrderische Bestien, weiter nichts!Raynor III schttelte ernst den Kopf. Sie sind keine Teufel, Bart, sagte er entschieden. Sie sind Humanoiden und wahrscheinlich menschenhnlicher als wir Mentorianer. Dein Vater bestimmte mich dazu, die notwendigen Operationen an ihm vorzunehmen.Und dabei brachten Sie ihn um?Das lt sich nicht so einfach beantworten, murmelte Raynor III schuldbewut. Ein Blutgerinnsel lste sich und gelangte ins Gehirn. Er starb sehr schnell. Es htte ihm schon frher passieren knnen, Bart. Ich fhle mich schuldig, obwohl ich es nicht bin. Ich will alles tun, um dir zu helfen. Die Lhari berwachen mich nicht allzu streng. Sie nehmen an, da die Gehirnwsche gengt. Ich bin ihnen aber einen Schritt voraus und kann meine Erinnerungen vor der Untersuchung lschen.Bart nahm alles in sich auf. Warum hat er das nur getan? fragte er schlielich. Was erhoffte er sich davon?Das ist schnell erklrt, Bart. Unsere Raumschiffe sind so gut wie die der Lhari. Uns fehlt lediglich der geheimnisvolle Treibstoffkatalysator, der den Lhari den Hyperantrieb ermglicht. Dein Vater wollte herausfinden, wo die Lhari diesen seltenen Katalysator finden.Wre es nicht einfacher gewesen, ein Lhari-Schiff zu verfolgen? Irgendwo mssen sie den Treibstoff ja aufnehmen.Wir knnen die Schiffe nur innerhalb der Systeme verfolgen, antwortete Raynor III. Auerhalb der Systeme verschwinden sie urpltzlich aus unserem Gesichtskreis. Wir haben alle erreichbaren Informationen gesammelt und dabei festgestellt, da alle Lhari-Schiffe in regelmigen Abstnden einen Abstecher in Richtung Antares machen. Ein Lhari-Schiff, die .Swifting, wird in zehn Tagen hier eintreffen und danach den geheimnisvollen Flug in Richtung Antares antreten. Dein Vater hat es irgendwie geschafft, eine Stelle in diesem Schiff freizumachen. Er hatte auch alle erforderlichen Papiere beisammen. Unser Spionagesystem funktioniert brigens sehr gut. Die Schwierigkeit besteht aber darin, da unsere Kuriere die Schiffe der Lhari benutzen mssen.Raynor III stand auf und lief unruhig hin und her. Der Fall ist jedenfalls erledigt, sagte er traurig. Dein Vater ist tot, Bart. Was willst du tun? Zum Wega-System reisen? Vielleicht knnen wir die Lhari von deiner Unschuld berzeugen. Sie sind nicht ungerecht oder schlecht, Bart. Sie sehen es nur als ihr Recht an, ihr Monopol zu schtzen. Es gibt eine sehr sichere Methode. Ich nehme dir alle Erinnerungen an unser Gesprch und spiele dich den Lhari in die Hnde. Sie werden dich prfen und dabei feststellen, da du unschuldig bist. Danach werden sie dich nach Hause schicken und dir die bernahme der Geschfte deines Vaters erlauben.Bart sprang wtend auf. Nein, das kommt nicht in Frage! rief er. Ich wei etwas Besseres. Ich werde anstelle meines Vaters mit der ,Swifting fliegen.Bart, du bist noch ein Junge, antwortete Raynor III mahnend.Und was war David Briscoe? Nein, Raynor, so einfach ist das nicht. Mein Vater hat mir mehr hinterlassen als eine interplanetarische Fluggesellschaft. Ich werde beenden, was er begonnen hat. Nur so verdiene ich mein Erbe wirklich.Raynor III griff bewegt nach Steeles rechter Hand. Du bist wie dein Vater, Bart, sagte er bewundernd. Ich habe wohl kein Recht, dich zurckzuhalten. Du sollst deinen Willen haben.

3. Kapitel

Heute kannst du dich endlich im Spiegel bewundern, Bart, sagte Raynor III lchelnd.Steele wollte ebenfalls lcheln, doch die Bandagen hinderten ihn daran. Sein Gesicht und seine Hnde waren dick vermummt. Nach den Operationen hatte er keine Schmerzen gesprt. Raynor III hatte ihn mit Drogen stndig in einer stabilen und zufriedenen Stimmung gehalten. Die Farbe der Haut war durch einfache Injektionen verndert worden, doch die Vernderungen des Gesichts, der Ohren und der Hnde hatten sehr schwierige Operationen erforderlich gemacht.Bart mute aufstehen und ein paar Schritte gehen.Hast du Schmerzen? fragte Raynor III.Nein. Aber ich kann nicht richtig laufen.Das war zu erwarten. Ich mute einige Sehnen verkrzen und Muskeln verndern. Bis sie sich den vernderten Anforderungen angepat haben, wirst du hinken mssen. Kannst du mich hren?Genau wie vorher. Ohne die dicken Bandagen wird es noch besser sein.Natrlich! Wie steht es mit der Atmung?Ich habe keine Mhe.Groartig, Bart. Ich mute deine Nasenlcher verndern. Zum Glck sind dadurch keine Behinderungen entstanden. Ich werde jetzt die Bandagen abnehmen. Du mut dich wieder hinsetzen.Steele setzte sich und streckte die Hnde vor. Schlie die Augen! sagte Raynor III.Bart gehorchte. Er sprte, wie die Bandagen von seinen Hnden abgewickelt wurden. Danach mute er jeden Finger einzeln bewegen, bis Raynor III zufrieden war und ihn aufforderte, die Augen zu ffnen.Der junge Steele hob die Lider. Er war gewarnt worden, aber der Schock war trotzdem tiefgreifend. Er sah Hnde, die nicht seine Hnde waren und doch seinen Befehlen gehorchten. Er erblickte schmalgliedrige perlgraue Finger mit scharfen Krallen. Er machte einen Versuch und stellte fest, da er sie wie die Krallen einer Katze einziehen und ausstrecken konnte.Mein Gott! murmelte er betroffen.Eine gute Arbeit, sagte Raynor III zufrieden. In der ersten Zeit mut du vorsichtig sein.Bart starrte auf seine pltzlich zitternden Hnde. Wie haben Sie das erreicht? fragte er fassungslos.Das war kein Problem, erklrte Raynor III. Ich habe einfach ein Wachstumshormon in die Fingerkuppen gespritzt und die schnell wachsenden Ngel geformt. Es war viel schwieriger, die Ngel mit den entsprechenden Muskeln zu verbinden.Steel berwand den ersten Schreck und stellte fest, da er seine Hnde recht gut gebrauchen konnte. Die Krallen strten erst ein wenig, doch mit etwas bung lie sich das berwinden. Bart nahm einen Schreibstift und schrieb Lhari-Worte auf.Raynor III gab ihm einen Plastikumschlag mit Lhari-Papieren. Es waren Papiere fr den Astrogator erster Klasse Bartol. Das ist jetzt dein Name, sagte Raynor III. Du mut dich an ihn erinnern und alle in den Papieren stehenden Einzelheiten studieren. ber die Stellung brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es ist der Posten eines Anfngers. Wir haben auch ein Trainingsband fr dich. Ich habe keine Ahnung, wie mein Bruder dazu gekommen ist, und will ihn auch nicht fragen.Wann werde ich mein Gesicht sehen? fragte Bart.Noch nicht, antwortete Raynor III. Der Schock wrde dich umwerfen. Schon der Anblick deiner Hnde hat dich sehr erschttert.Bart mute noch viele Gehbungen machen und sich an den Gebrauch der vernderten Hnde gewhnen, ehe ihm die Bandagen vom Gesicht genommen wurden. Raynor III hatte einen Handspiegel mitgebracht, den er Steele in die Hand drckte.Bart empfand keinen Schock, sondern Ekel vor sich selber. Seine Haare waren gebleicht und zu fedrigen Gebilden aufgespalten worden. Augen, Ohren, Haut alles war verndert, sogar die Zunge fhlte sich merkwrdig spitz und dnn an.Ich habe deine Zhne so wenig wie mglich verndert, erklrte Raynor III. Die Vorderzhne habe ich mit kleinen Kronen versehen. Hoffentlich bekommst du keine Zahnschmerzen. Wenn dieser Fall eintritt, darfst du auf keinen Fall zu einem Lhari-Zahnarzt gehen. Ich htte noch mehr tun knnen, aber das htte die Rckverwandlung erschwert. Ich nehme an, du willst nach diesem Abenteuer wieder wie ein normaler Mensch aussehen. Wenn du es berlebst, fgte er grimmig hinzu.Daran habe ich noch nicht gedacht, murmelte Bart entsetzt. Wenn Sie es aus irgendeinem Grunde nicht mehr knnen, wer soll es dann tun?Raynor III lchelte verstndnisvoll. Wir sind eine groe Organisation. Ich kann dir leider nicht alles sagen. Es ist sicherer. Dann betastete er Steeles Hnde. Deine Hnde werden immer etwas merkwrdig aussehen, Bart. Ich mute die Finger verlngern und bin froh, da es so gut geklappt hat. Die Lhari werden dich nur mit einem Rntgenbild entlarven knnen. Du mut vorsichtig sein und dir keine Knochen brechen.Er griff nach einem kleinen Pckchen und bergab es Bart. Das ist ein Ausbildungsband. Hr es dir so oft wie mglich an und vernichte es kurz vor dem Start! Die Swifting wird in drei Tagen landen und eine Woche spter wieder starten. Ich wei noch nicht, wie wir es bewerkstelligen, aber wir werden fr eine freie Stelle sorgen. Jetzt mu ich zurck und meine Erinnerungen auslschen, Bart. Das ist keine leichte Arbeit.Raynor III verabschiedete sich von Bart und sagte noch warnend: Wenn du mich siehst, darfst du mich nicht ansprechen! Ich werde dich nicht von den echten Lhari unterscheiden knnen. Von jetzt an bist du allein. Er gab Bart die Hand. Ich bin ein Rdchen in einer groen Organisation, Bart. Ich habe keine Ahnung, was ich schon getan habe und wie alles ausgehen wird. Es ist ein merkwrdiges Gefhl, vor dir zu stehen und genau zu wissen, da ich mich nicht an dich erinnern werde. Raynor III wandte sich schnell ab. Viel Glck, Junge! sagte er ergriffen. Im nchsten Augenblick schrie er leise auf. Vorsichtig mit den Krallen, Bart. Die Lhari geben sich nicht die Hnde.Bart sah Raynor III nach. Das Gefhl des Alleinseins senkte sich schwer auf ihn herab. Jetzt konnte er sich nur noch auf sich selber verlassen.

*

Bart Steele mute sechs lange Tage warten. Er spielte das Band immer wieder ab, bis er es fast auswendig kannte. Da er eine grndliche Ausbildung hatte, begriff er den Text schnell. Er beschftigte sich auch sehr lange mit seinen Papieren und lernte jede Einzelheit auswendig. Er war nun der Astrogator Erster Klasse Bartol. War dieser Name nun eine Erfindung, oder gab es diesen Lhari wirklich?In der letzten Nacht schlief Bart nicht gut. Nach dem Aufstehen a er schnell und beseitigte alle Spuren seines Aufenthalts. Er verbrannte das kostbare Trainingsband und warf die Asche in den Abfallschlucker. Danach zog er sich die Kleidung an, die Raynor III fr ihn besorgt hatte. An den Gebrauch seiner Hnde hatte er sich schon gewhnt und konnte sogar flssig schreiben.Nach Anbruch der Dunkelheit verlie er das Haus und schlich zum Rand einer nahe gelegenen Kleinstadt, wo er sich unauffllig unter die Menge mischte. Er winkte einen Hubschrauber heran und stieg ein. Der Pilot war erstaunt, denn die Lhari verlieen ihre Flughfen nur sehr selten.Haben Sie sich den Planeten angesehen? fragte er freundlich.Ja. Bart erinnerte sich an die Warnung, immer natrlich zu sprechen. Er sollte nicht versuchen, die scharfen Zischlaute zu imitieren, denn die Lhari sprachen verschiedene Akzente. Es war einfach nicht notwendig, sich durch riskante Versuche in Gefahr zu bringen.Nach der Landung des Hubschraubers am Rande des Flugfeldes stellte Bart fest, da ihm die Menschen auswichen, wenn er nahte. In einem groen Spiegel konnte er sich zum erstenmal in voller Grte sehen. Eine Art Heimweh setzte mit berraschender Intensitt ein. Jetzt sprte er auch starken Hunger. Fast wre er in das gewhnliche Restaurant gegangen. Bestimmte Gebude am Rande des Flughafens waren nur fr Lhari und Mentorianer bestimmt: Hotels und Restaurants. Da jeden Tag viele Raumschiffe landeten, wrde ein fremdes Gesicht kaum auffallen.Bart ffnete eine Tr, die mit einem groen Warnzeichen versehen war. Er ging durch einen langen Korridor und erreichte Warenlager und Geschfte. Das Licht war gleiend hell, doch Bart machte sich keine Sorgen. Raynor III hatte seine Augen geprft und ihre Unempfindlichkeit festgestellt, Bart konnte das grelle Licht ertragen, litt aber bald an Kopfschmerzen. Raynor III hatte ihm indessen versichert, da diese Kopfschmerzen nach einer kurzen Gewhnungsperiode nicht mehr auftreten wrden.Vor einem Restaurant mit pompsen Reklamezeichen blieb Steele zgernd stehen und las die Anpreisungen. Pltzlich hrte er hinter sich eine Stimme. Ist das nun wahr oder nur ein Trick, um einem Raumfahrer das Geld aus der Tasche zu ziehen? fragte ein Lhari.Bart drehte sich gelassen um. Das frag ich mich auch, sagte er so ruhig wie mglich. Jetzt mute es sich zeigen, ob seine Maske gut war. Bart erblickte einen jungen Lhari mit einem noch bltenweien Kamm und der schmucklosen Kleidung eines ranglosen Raumfahrers. Der junge Lhari streckte die Faust vor.Bart wute, da dies der Gru der Lhari war und streckte ebenfalls die Faust vor.Riskieren wirs? fragte der Lhari. Ich bin Ringg, Sohn des Rahan.Bartol, Sohn des Berihum, entgegnete Bart.Ich habe dich noch nie gesehen, Bartol.Ich bin fast immer die Polaris-Strecke geflogen, antwortete Bart.So weit weg! Ringg war stark beeindruckt. Du bist weit herumgekommen, sagte er bewundernd. Setzen wir uns.Sie nahmen auf dreieckigen Sthlen an einem dreieckigen Tisch Platz. Bart lie erst Ringg bestellen und verlangte dann das gleiche Essen. Es war eine aus Eiern und Fischen bestehende, sehr wohlschmeckende Mahlzeit. Die Tischsitten der Lhari unterschieden sich nicht wesentlich von denen der Menschen, so da Bart keine Schwierigkeiten hatte.Bist du schon lange hier? fragte er beilufig.Erst einen Tag, antwortete Ringg. Ich bin von der ,Swifting.Bart vertraute auf sein Glck und stie sofort nach. Ich habe gehrt, da ihr einen Astrogator braucht.Ringg warf ihm einen merkwrdigen Blick zu. Das stimmt, sagte er zgernd. Aber woher weit du das? Wir haben alle strengste Schweigepflicht. Der Kapitn will Jeden, der darber redet, fr drei Zyklen nach Kleeto schicken. Warum fragst du? Hast du dein Schiff verpat?Nein. Ich war eine Weile unterwegs, um mir den Planeten anzusehen, antwortete Bart. Ich habe das Herumtreiben satt und mchte jetzt wieder anheuern.Wir brauchen einen neuen Mann, sagte Ringg nachdenklich. Wir machen die lange Reise zum Antares-System und von dort aus nach Hause. Wenn jeder Extraschichten einlegen mu, ist das kein Vergngen. Was machen wir nur? Wenn Kapitn Vorongil erfhrt, da die Desertation unseres Klanerol bekannt ist, wird er in die Luft gehen.Bart entspannte sich allmhlich.Ringg schien ihn ohne weiteres als seinesgleichen zu akzeptieren. Aus der Nhe gesehen, war Ringg kein Monster, sondern ein gutmtiger, harmloser Bursche wie Tommy.Ob es Zweck hat, mit deinem Kapitn zu sprechen? fragte er.Ich werde dich als einen alten Freund von mir vorstellen, sagte Ringg. Ich habe keine Ahnung, wie der alte Vorongil darauf reagieren wird. Wir mssen es eben probieren. Aber woher weit du eigentlich, da wir einen Mann brauchen?Das war eine schwere Hrde, die Bart berspringen mute. Er suchte verzweifelt nach einer Ausrede. Bevor er noch eine plausible Erklrung gefunden hatte, sagte Ringg:Wahrscheinlich hat doch einer den Mund nicht halten knn