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63. Band. ] M~rz 1932.J J. Tillmans, P. Hirsch und H. Dick,Reversibilit~t der Oxydationen. 267 Unter Berg~cksichtigung dieser Fehlerquellen bei den Tierversuchen ergibt sich ftir die grol3e Mehrzahl unserer Untersuchungen auch zahlenmhi~ig eine befriedigende (~bereinstimmung zwischen dem Reduktionswert und den biologisch ermittelten Angaben iiber den Vitamin-C-Gehalt. Zusammenfassung, 1. In verschiedenen Lebensmitteln wurde die Titration mittels 2,6-Dichlorphenol- indophenol zur Bestimmung des reduzierenden Stoffes ausgefilhrt. Hierftir wurden Aus- ztige verwendet, die durch 24-stiindiges Macerieren mit kaltem Wasser und mit kalter Schwefels~ure sowie durctl Kochen mit W~sser und mit Schwefelsi~ure hergestetlt waren. Dutch wiederholte Extraktion wurde quantitatives Erfassen des Reduktionsverm(~gens angestrebt. Aus einem bestimmten Ausgangsmaterial geht auf diese Weise ein be- stimmter, begrenzter Betrag an reduzierender Substanz in L0sung, deren H6chstmenge im allgemeinen am besten durch Auskochen mit Schwefelsi~ure erhalten wird. Durch kaltes Wasser wird im allgemeinen nicht die ganze Menge an reduzierendem Stoff ausgezogen, in manchen Fiillen Bur sehr wenig oder auch fast nichts davon. 2. Die so bei der Titration erhaltenen H6chstwerte wurden nfit dem aus der Literatur bekannten, durch Tierversuche ermittelten C-Yitamingehalt verglichen. ES ergab sich dabei eine weitgehende ParallelRiit. 3. Unstimmigkeiten, die dieser Vergleich bei Konserven ergab, konnten durch gelSste Metallsalze erkl~rt werden. 4. Bei Blattgemtisen konnte kein Anhalt daftir gewonnen werden, dal~ an dem Reduktionsvermbgen gegenaber 2,6-Dichlorphenolindophenol auch andersartige redu- zierende Stoffe als der aus dem Citronensaft bekannte beteiligt sind. 5. Die Jodtitration ergab in den meisten frischen Pflanzenausztigen (Jberein- stimmung mit der Farbstofftitration. In manchen F~llen traten allerdings bei der Jod- titration erh6hte Werte auf, die offenb~r auf andersartigen Stoffen beruhten, welche nichts mit dem C-Vitamin zu tun haben. Insbesondere gab auch bei nicht mehr frischen kusztigen die Jodtitration h6herc Werte. Die Jodtitration ist nicht so spezi- fisch wie die Farbtitration ftir den reduzierenden Stoff. den wir als Triiger der C-Vi- taminwirkung ansehen. Das Reduktionsvermiigen pflanzlicher Lebensmittel und seine Beziehung zum Vitamin C. IV. (~ber die Reversibilititt der Oxydationen des reduzierenden Stoffes im Citronensaft. Vo~ J. Tillmans~ P. Hirsch und H. Dick1). Mitteilung aus dem Universi~/~tsinstitut ffir ~Nahrungsmittelchemie in Frankfurt a.M. Die ~uff~llendste Eigensch~ft des Stoffes, den wit ~Is Trigger der Vitamin-C- Wirkung ~nsehen~ ist sein lebhaftes Bestreben, sich zu oxydieren. In verschiedener Hinsicht ist es yon Bedeutung, zu wissen, ob die nnter verschiedenen Bedingungen 1) Aus der Dissertation yon H. Dick, Frankfurt ~. M. 1931.

Das Reduktionsvermögen pflanzlicher Lebensmittel und seine Beziehung zum Vitamin C. Über die Reversibilität der Oxydationen des reduzierenden Stoffes im Citronensaft

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Page 1: Das Reduktionsvermögen pflanzlicher Lebensmittel und seine Beziehung zum Vitamin C. Über die Reversibilität der Oxydationen des reduzierenden Stoffes im Citronensaft

63. Band. ] M~rz 1932.J J. T i l l m a n s , P. H i r s c h und H. Dick,Reversibi l i t~t der Oxydationen. 267

Unter Berg~cksichtigung dieser Fehlerquellen bei den Tierversuchen ergibt sich ftir die grol3e Mehrzahl unserer Untersuchungen auch zahlenmhi~ig eine befriedigende (~bereinstimmung zwischen dem Reduktionswert und den biologisch ermittelten Angaben iiber den Vitamin-C-Gehalt.

Zusammenfassung, 1. In verschiedenen Lebensmitteln wurde die Titration mittels 2,6-Dichlorphenol-

indophenol zur Bestimmung des reduzierenden Stoffes ausgefilhrt. Hierftir wurden Aus- ztige verwendet, die durch 24-stiindiges Macerieren mit kaltem Wasser und mit kal ter Schwefels~ure sowie durctl Kochen mit W~sser und mit Schwefelsi~ure hergestetlt waren. Dutch wiederholte Extraktion wurde quantitatives Erfassen des Reduktionsverm(~gens angestrebt. Aus einem bestimmten Ausgangsmaterial geht auf diese Weise ein be- stimmter, begrenzter Betrag an reduzierender Substanz in L0sung, deren H6chstmenge im allgemeinen am besten durch Auskochen mit Schwefelsi~ure erhalten wird. Durch kaltes Wasser wird im allgemeinen nicht die ganze Menge an reduzierendem Stoff ausgezogen, in manchen Fiillen Bur sehr wenig oder auch fast nichts davon.

2. Die so bei der Titration erhaltenen H6chstwerte wurden nfit dem aus der Literatur bekannten, durch Tierversuche ermittelten C-Yitamingehalt verglichen. ES ergab sich dabei eine weitgehende ParallelRiit.

3. Unstimmigkeiten, die dieser Vergleich bei Konserven ergab, konnten durch gelSste Metallsalze erkl~rt werden.

4. Bei Blattgemtisen konnte kein Anhalt daftir gewonnen werden, dal~ an dem Reduktionsvermbgen gegenaber 2,6-Dichlorphenolindophenol auch andersartige redu- zierende Stoffe als der aus dem Citronensaft bekannte beteiligt sind.

5. Die Jodtitration ergab in den meisten frischen Pflanzenausztigen (Jberein- stimmung mit der Farbstofftitration. In manchen F~llen traten allerdings bei der Jod- titration erh6hte Werte auf, die offenb~r auf andersartigen Stoffen beruhten, welche nichts m i t dem C-Vitamin zu tun haben. Insbesondere gab auch bei nicht mehr frischen kusztigen die Jodtitration h6herc Werte. Die Jodtitration ist nicht so spezi- fisch wie die Farbt i t rat ion ftir den reduzierenden Stoff. den wir als Triiger der C-Vi- taminwirkung ansehen.

Das Redukt ionsvermi igen pf lanzl icher Lebensmit te l und se ine B e z i e h u n g zum Vitamin C.

IV. (~ber die Reversibilititt der Oxydationen des reduzierenden Stoffes im Citronensaft.

Vo~

J. Tillmans~ P. Hirsch und H. Dick1).

M i t t e i l u n g aus dem U n i v e r s i ~ / ~ t s i n s t i t u t ff i r ~ N a h r u n g s m i t t e l c h e m i e in F r a n k f u r t a.M.

Die ~uff~llendste Eigensch~ft des Stoffes, den wit ~Is Trigger der Vitamin-C- Wirkung ~nsehen~ ist sein lebhaftes Bestreben, sich zu oxydieren. In verschiedener Hinsicht ist es yon Bedeutung, zu wissen, ob die nnter verschiedenen Bedingungen

1) Aus der Dissertation yon H. D i c k , Frankfurt ~. M. 1931.

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~ J. T i l l m a n s , P. H i r s c h und II. D i c k , [Zcitsehr. f. Untersuchung [ tier Lebensmittel.

stattgefundene Oxydation des reduzierenden Stoffes reversibel ist, sowohl im Hinbliek anf seine analytisehe Erfassung, als aueh auf seine ehemisehe Aufkl~rung und sehlieglieh aueh auf die zukanftige Erforsehung seiner physiologisehen Wirkungsweise.

Sehon mitgeteilte biologisehe Versuehe 1) hatten ergeben, dab mit der Oxydation des reduzierenden Stoffes nieht sogleieh aueh die antiskorbutisehe Wirksamkeit ver- loren geht. Aus jenen Versuehen war der theoretisehe Sehluf~ abgeleitet worden, dais eine erste reversible Strife der 0xydation existieren masse. In vorliegender Arbeit wird auf ehemisehem Wege gepraft, wie ~veit in versehiedener Weise erfolgte Oxy- dationen umkehrbar sind.

Wir bringen zun~.ehst einige Angaben tiber die versehiedenen angew~ndten Arten der 0xydation und dann die Versuehe zur Wiederreduktion des reduzierenden Stoffes. Es wurden Versuehe mit Citronensaft ausgefahrt, sowie mit einem aus Citronensaft hergestellten Konzentrat des reduzierenden Stoffes, das die in der ersten Mitteilnng besehriebenen Reinigungsoperationen durehgemaeht hatte und ein seheinbares Aqui- valentgewieht yon 500 aufwies.

1. Oxydationen. Fiir die Oxydation kommen zungehst die aueh als Titrationsreagenzien verwen-

deten 0xydationsmittel 2,6-Diehlorphenolindophenol und Jod in Frage, yon denen wir wissen, dab sie leieht quantitativ mit dem reduzierenden Stoff reagieren. Uber ihre Anwendung ist noeh einiges zu bemerken.

a) 2 , 6 - D i e h l o r p h e n o l i n d o p h e n o l . Die LOsung dieses Stoffes wird hier aueh kurz als FarbstoffliSsung, abgekarzt

FL, bezeiehnet. Sie wird hier sowohl zur Titration als aueh far 0xydationsversuehe verwendet.

Es wurde sehon an fraherer Stelle erwhhnt, daft in manehen Fallen die Titration ,,ziehend" verl~uft und dann die Titration mit der Farbstoffl/)sung nut schleeht aus- fiihrbar ist. Dies tritt aueh beim Citronensaft ein, wenn der Saft nieht ganz friseh, also dureh Lnfteinwirkung teilweise oxydiert ist. Die Entfarbung des Farbstoffes ist dann sehr verz/Sgert. Wie diese VerzOgerung zu erkl~tren ist, ist bis jetzt noeh nieht festgestellt. Wir wissen nur so viel, dag sie ebenfalls mit der Luftoxydation zusammen- h~mgt, yon der im folgenden noeh eingehender gesloroehen wird. Der Untersehied zwisehen einer normalen und der in Rede stehenden verz6gerten Titration besteht darin, dag bei der regulhren Titration die gerade austitrierte, also noeh kanm blau gefarbte LOsung naeh einigem Stehen dunkelblau wird, whhrend bei der ziehenden Titration trotz wiederholter Zugabe eines kleinen ~bersehusses an Farbstoffl6sung naeh einigen Minuten stets wieder Entfhrbung eintritt.

Bei Versuehen, bei denen die L/)snng naeh der 0xydation mittels 2,6-Diehlor- phenolindophenol mehrere Tage stehen sollte, war es stSrend, dal~ der dureh Luft- sauerstoff mehr oder weniger wieder oxydierte blaue Farbstoff sieh nnter Verfhrbung zersetzte. Dieser St6rung konnte z. T. dadureh begegnet werden, dal3 man die Flassig- keit mit 2~_ther t~bersehiehtete.

b) Jod. Die eben gesehilderte, dutch die ziehende Reduktion beim Arbeiten mit 2.6-Di-

ehlorphenolindophenol auftretende St6rung tritt nieht in Erseheinung bei der Jodtitration,

1) 1I. Mitteilung, diese Zeitsehrif t 1932, 63, 21.

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63. Band. ] Marz 1932.J ReversibilitS~t der Oxydationen. 0.69

bei der ein lJberschug yon 0,01 N.-Jodl/Ssung vorgelegt und sodann mit 0,01 N.-Thio- sulfatl0sung zurtiektitriert wird (I. Mitt.). Bei u yon Jod zu Oxydations- versuehen wurde zun~ehst der Reduktionswert der Lbsung gegentiber Jod dureh Titra- tion ermittelt und sodann die erforderliehe Menge 0,01 N.-Jodlbsung ohne die bei der Titration iibliehen Zus~tze zugegeben. Um gute and mit der Farbstofft i tration ver- gleiehbare Wer te zu erhalten, ist sorgfMtiges und gleiehm~l~iges Arbeiten erforderlieh (Verwendung yon Feinbaretten).

Es wurde bereits frtiher festgestellt , dag die Titration mit 2,6-Diehlorpheno|- indophenol nnd mit Jod bei frisehem Citronensaft sowie aueh sonst meistens bei den Pflanzenausztigen tibereinstimmende Werte liefert. Dies wurde erneut bei zahlreiehen frisehen Citronenshften beobaehtet, wenn es sieh um frisehe, eben erst gereifte Frtiehte handelte. Bei sehr reifen oder tiberreifen Frtiehten gab es dagegen oft. Differenzen, z. B. Titrationswert ftir 1 eem Salt in ecru 0,001 N. gegen Farbstoff: 5,2, gegen Jod: 7,0. Es ist anzunehmen, dal~ hierftir die Einwirkung des Luftsauerstoffs verant- wortlieh ist, d e r solehe Untersehiede entstehen l~[~t, wie aus dem folgenden ersieht- lieh ist.

e) S a u e r s t o f f .

Bei der sauren Reakt ion, wie sie im natarlichen Citronensaft vorliegt, reagiert der Luftsauerstoff nur sehr langsam mit dem reduzierenden KSrper~ Die Einwirkung ist jedoeh stark yon der Temperatur abhhngig. Dies trit t deutlieh an heigen Tagen in Erscheinung. Dann verlhuft die Autoxydation erheblich sehneller. Beim Dureh- leiten yon Luft durch sauren Citronensaft ist die Abnahme des Titrationswertes in den ersten Tagen im allgemeinen nur unbedeutend. Inzwisehen tri t t oft Sehimmelbildung ein, nnd etwa zur selben Zeit beginnen die unangenehmen u in der Titration mit dem Farbstoff, die eine genaue Feststellung des Titrationswertes nnd damit oinen Yergleieh mit dem Jodd~eduktionswert sehr erschweren. Es ist wahrscheinlich, dag bei diesem ,,Verderben" des Citronensaffes die oxydierende Einwirkung des Sauer- stoffes und das Waehstum yon Mikroorganismen Hand in Hand gehen. Dureh diese Umsthnde ist die Untersnehung der Autoxydation in dem sauren Salt sehr gestSrt. Wir benutzten deshalb far unsere Versuche vorzugsweise nentralisierten Citronensaft, in welehem die Autoxydation wesentlieh sehneller verl~uft.

Es stellte sieh heraus, dag sieh bei der 0xydation des Citronensaftes dureh Luft- sanerstoff versehiedene Titrationswerte mit Farbstoff und mit Jod ergaben. Wenn immer versehiedene Werte gefunden wurden, war stets der Jodwert der hbhere, der Farbstoff- wert der niedrigere.

Z.B. war fiir 1 ecru neutralisierten Citronensaft der Titrationswert in ecru 0,001 N.: Zu Beginn des Versuehs . . . . . 6,5 FL 6,5 Jod Nach 2 Stunden Sauerstoffdurchleitens 1,3 , :~,2 ,,

,, 3 ,, ,, 0,1 , 3,2 ,,

d) I t y d r o p e r o x y d .

Hydroperoxyd wirkt auch in erheblichem UberschuB nicht angenblicklich auf den reduzierenden K~)rper und auch nieht augenblicklieh auf die Leukoform des Farb- stoffes. Das starke 0xydationsmittel Hydroperoxyd und der reduzierende KSrper be- stehen eine Zeitlang nebeneinander, ohne aufeinander einzuwirken. Wenn man rasch und bei niedriger Temperatur arbeitet, kann man sogar den reduzierenden Stoff bei

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Gegenwart yon Hydroperoxyd, wena auch nicht mit grol~er GenauigkeiL mit 2,6-Di- chlorphenolindophenol titrieren. Die Einwirkung des Hydroperoxyds auf den redu- zierenden K6rper ist allerdings in ganz erheblichem Ma~e yon der Temperatur ab- hi~ngig. Die Gr6i~e des Oberschusses an Peroxyd ist dabei nicht -con allzu grol]em Einflu[~.

Bei Zugabe der ~quivalenten Menge Peroxyd wurden bei 250 imaerhalb einer Stunde 50 % des reduzierenden Stories oxydiert, w~hrend die Abnahme bei 0 ~ in der gleichen Zeit nur 5 % betrug. Durch kurzes Kochen mit der i~quivalenten Me2~ge Peroxyd wird der redu- zierende Stoff innerhalb eiuiger Minuten vollst~ndig oxydiert.

Beim Vermischen yon 1 ccm Citronensaft mit 15 ccm Wasser, 3 ccm 50 %-iger Natrium- acetatl5sung und 2 ccm 3 %-igem Wasserstoffsuperoxyd, also einem sehr grol~en (etwa 2000- fachen) l~'berschug, veriinderte sich der Titrationswert, wit folgt:

Anfangswert N~ach 15 30 90 Minuten 5,5 2,8 1,8 0,2 cem FL.

e) C h l o r .

In der ersten Mitteilung dieser Reihe 1) wurden Tierversuche mit chloroxydiertem Pri~parat und Citronensaft beschrieben, deren Verlauf damals noch nicht ganz versti~nd- lich war. Die damals angewandten 0xydationsbedingungen wurden ebenfalls in die jetzigen Untersuchungen einbezogen. Es wurde damals festgestellt~ dab man verschie- dene Mengen Chlor (in Form yon Chlorwasser) zum v011igen Oxydieren des redu- zierenden K0rpers braucht, wenn man in saurer Lbsung arbeitete oder wenn man zur 0xydation mit Chlor kurze Zeit schwach alkalisch machte. Die Werte bei Behandlung in saurer L0sung ]iegen ht~her als die Werte bei BehandIung in alkalischer L0sung; beide Werte liegen hbher als die Titrationswerte mit Jod oder mit Farbstoffl0sung.

Es zeigte sich, dal3 die Chlorbindnng sehr yon der angewandten Chlorkonzen- tration abhangig ist.

2. A n w e n d u n g yon Redukt ionsmit te ln . Bei Anwendung -con Schwefliger Si~ure als Reduktionsmittel wurde keine Riick-

verwandlung des reduzierenden Stoffes nach erfolgter 0xydation beobachtet.

a) P a l l a d i u m w a s s e r s t o f f .

5 ccm farbstoffoxydierter Citronensaft wurden mit oder ohne Natriumacetatzusatz mit 2 cem einer ]%-igen PalladiumehlortirlSsung versetzt. Ferner wurden 0,5 g As- bestpulver zugegeben, auf welches sich das bei nachfolgender Reduktion entstehende metallische Palladium niederschlug. Dadurch wurde es m0glich, nach beendigter Reduktionsoperati0n das Metall leicht abzufiltrieren und die Titration in klarer, farb- loser LSsung auszufiihren. Zur Ausftihrung der Reduktion selbst wurde bei 90 o Wasser- stoff dutch die unter Luftabschlul3 gehaltene Lbsung geleitet. Nach einigen Minuten war das Palladiumchlortir zu rein verteiltem metallischem Palladium reduziert, und der Wasserstoff konnte dann weiterhin als aktivierter Palladiumwasserstoff auf den Citronen- salt einwirken. Nach 48-stiindiger Reaktionsdauer wurde die LOsung gegen einen Stick- stoffstrom rasch abfiltriert und sogleich unter Stickstoff titriert.

Der Citronensaft, der mit 2,6-Dichlorphenolindophenol aufoxydiert worden war, zeigte nach dieser Behandlung wieder ein ReduktionsvermSgen yon 54 ccm FL ffir 2 ccm Citronensaft

1) Diese Zeitschrift 1932, 63, 1.

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gegentiber einem urspriinglichen Reduktionswert yon 17 ccm FL. Dieser Weft wurde bei l~ngerer als zweit~giger Einwirkung nicht fiberschritten. Der Endwert entsprach also 320 % des ursprfinglichen ReduktionsvermSgens. Bei einem in gleicher Weise ausgeftihrten Versuch mit dem gereinigten Pr~parat war der Endwert 127 % des Ausgangswertes.

Wir stellten daraufhin lest, dab bei dieser Yersuchsanordnung auch aus Citronen- s~ure und Saceharose gewisse Mengen farbstofffitrierbarer Substanz gebildet werden. Ftir die folgenden Versuche, bei denen es ja gerade auf die Feststel iung der Titra- tionswerte ankara, konnte deshalb die Palladiumwasserstoff-Reduktion nicht verwendet werden.

b) S c h w e f e l w a s s e r s t o f f .

In die neutralen oder schwach sauren LOsungen wurde, im allgemeinen bei Zimmer- temperatu L 5 Minuten lang Schwefelwasserstoff eingeleitet. Die benutzten E r l e n - m e y e r - K o l b e n wurden danach sofort mit Korkstopfen verschlossen. Die Dauer der Einwirkung des Sehwefelwasserstoffs betrug 24 Stunden. Zum Austreibe'n des iiber- schtissigen Schwefelwasserstoffs wurde ein Stickstoffstrom durch die L0sung geleitet. Wenn ein eingetauchtes Bleipapier sich nicht mehr dunkel fi~rbte, wurde der Stick- stoff noch weitere 5 Minuten lang hindurchgeleitet. Das Austreiben des Schwefel- wasserstoffes nahm auf diese Weise 2 0 - - 3 0 Minuten in Anspruch. Selbstverst~ndlich muBte dabei gegebenenfalls angesauert werden. Als Si~ure gentigte die Essigshure. Es stellte sich heraus, dal~ der Schwefelwasserstoff ganz besonders geeignet ist zur Re- generierung des reduzierenden Stoffes nach vorausgegangener Oxydation. Dieser Wirkung des Schwefelwasserstoffes sind die folgenden Versuehe gewidmet.

3. Versuche fiber die Umkehrbarkeit der Oxydationen. a) S c h w e f e l w a s s e r s t o f f - E i n w i r k u n g n a c h 0 x y d a t i o n d u r c h 2 , 6 - D i c h l o r -

p h e n o l i n d o p h e n o l .

Die Verwendung des Schwefelwasserstoffs als Reduktionsmittel hatte schon in einem frtiheren orientierenden Yersuche Erfolg versprochenl). Die jetzigen eingehenden Versuche zeigten, dab der Schwefelwasserstoff zur. Regenerierung des reduzierenden Kbrpers ideal geeignet ist. B e i s a u r e m u n d b e i d e c i t r i e r t e m C i t r o n e n s a f t b e w i r k t e S c h w e f e l w a s s e r s t o f f n a c b g e r a d e v o r a n g e g a n g e n e r F a r b s t o f f - o x y d a t i o n d i e v o l l s t i ~ n d i g e W i e d e r r e d u k t i o n d e s r e d u z i e r e n d e n K 0 r - p e r s .

Bei mehrtagigem Stehen ging die Reversibiliti~t der Oxydation z. T. verloren. Zu 5 ccm nattirlichem Citronensaft mit einem Gesamt-Reduktionsverm0gen yon 33,5 ccm

Farbstoffl0sung wurden 33,5 ccm Farbstoffl0sung gegeben. Dann wurde in der eben geschil- derten Weise mit Schwefelwasserstoff behandelt, mit N~triumacetat versetzt und mit Farbstoff- 15sung titriert. Das ReduktionsvermSgen betrug wieder 33,5 ccm.

Decitrierter Citronensaft wurde in gleicher Weise beh~ndelt. 5 ccm hatten urspriinglich ein Reduktionsverm5gen Yon 30,0 ccm FarbstofflSsung. N~ch der ]Zeduktion betrug das Reduk- tionsvermSgen 29,6 ccm.

Liel~ man den Schwefelwasserstoff wShrend der ganzen 24 Stunden bei 90 a anstatt bei gewOhn]icher Temper~tur einwirken, so war das Ergebnis das gleiche.

Das gleiche Ergebnis wurde an dem schon genannten Konzentrat des reduzierenden Stoffes (scheinbares Jkquivalentgewicht = 500) erzielt. Zu 5 ccm dieses essigsauren Pr~p~rates, deren ReduktionsvermSgen 15 ccm FL betrug, wurden 10 ccm Wasser und 15 ccm Farbstoff- 15sung gegeben. Nach Schwefelwasserstoffbehandlung wurde ein ReduktionsvermSgen yon

1) Diese Zeitschrift 1932, 63, 12.

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15,5 ccm FL festgestcllt. Eine gleichzeitige Zugabe yon Natriumacetat zur Ausgangsl6sung iinderte nichts an dem Ergebnis. Dag am Ende der Operation tin wenig mehr Ms 100 % des Ausgangswertes ~itriert wurde, mag an der Gegenwart geringer Mengen bereits oxydierten reduzierenden KSrpers im gereinigten Pr~parat gelegen haben.

Mit Farbstoff oxydiertcr Citronensaft blieb -- fiberscbichtet mit Ather -- 1, 2 und 3 Tage lang stehen, danach wurde die Schwefelwasserstoffbehandlung vorgcnommen. Die Titrations- werte ffir 5 ccm Salt waren anstatt ursprfinglich 27 ccm FL nut noch 17, 16 und 14 ccm FL.

Die Schwefelwasserstoff-Einwirkungszeit yon 24 Stunden ist lediglich der Einheit- lichkeit halber gewahlt. Die Reduktion geht in den vielen untersuchten Fi~llen ver- schieden schnell yon statten; die beanspruchte Zeit sehwankt zwischen wenigen Minuten und vielen Stunden. Die Reduktion verlii,uft raseh, wenn gerade vorher mit Farbstoff oxydiert wurde. Hier wird das Maximum des dureh die Reduktion geschaffenen farbstoff- titrierbaren Stoffes sehr bald erreicht. Dieses Maximum stimmt mit dem ursprang- lichen Farbstofftitrationswert tiberein.

Diese r des Reduktionswertes nach der Schwefelwasserstoffbehand- lung mit dem ursprtlnglichen Farbtitrationswert ist vorli~ufig in chemischer Hinsieht das einzige Kriterium far die Riehtigkeit unserer Annahme, es handele sich hier um die Wiederreduktion des soeben oxydierten reduzierenden Stoffes. Es w~re auch denkbar, dal3 irgendwelche anderen Stoffe des Citronensaftes reduziert und farbstoff- titrierbar gemacht warden. Dann wi~re aber sicher nieht die augenfi~llige 1)berein- stimmung der beiden Titrationswerte vorhanden, die sich auch durch Veri~nderung der Versuchsbedingungen in bezug auf die Zeitdauer der Schwefelwasserstoffeinwirkung (15 Minuten und 24 Stunden) und in bezug auf die Temperatur (etwa 200 und etwa 90 ~ nieht beeinflussen liel~.

In eiuer besonderen Versuehsreihe wurden zum Vergleich mit bereits mitgeteilten 1) Tierversuchen je 5 ccm decitrierter Citronensaft mit 30,5 cem Farbstofflbsung, die dem Titrationswert entspraehen, oxydiert und teils einen, teils acht Tage lang, tells unter Kohlensi~ure, teils an der Luft, diesmal ohne ~theraberschichtung, stehen gelassen uud dann mit Schwefelwasserstoff behandelt.

In dem untcr Kohlens~ure einen Tag lang aufbewahrten Pr/~parat betrug das Rcduktions- vermOgen nach dcr Reduktion wieder 27,5 ecru FL, also etwa 90 % des friiheren Wertes; w~hrend das acht Tage unter Kohlensi~ure anfbewahrte Pr/~parat nur noch ein ReduktionsvermSgen yon etwa 5 ccm FL hatte.

Dagcgen betrug das Reduktionsverm6gen des an der Luft aufbewahrten Saftes nach dcm Rcduktionsversuch nur 2 ccm FL nach einem Tag, bezw. 1 ccm FL nach acht Tagen. In beiden F~llen war, praktisch gesprochen, das ReduktionsvermSgen nicht zu regenieren.

Wenn wir daran erinnern, daft bei den entsprechenden Tierversuchen nur in einem einzigen Fall, in welchem der farbstoffoxydierte Citronensaft einen Tag ]ang unter Kohlenshure stehen blieb, die Tiere nicht an Skorbut erkrankten, in allen anderen Fi~llen aber an Skorbut starben - - der vierte Versuch er~brigte sieh dabei - - , so ergibt sich eine vollsti~ndige l)bereinstimmung. Wenn sich hier farbstoffoxydierter reduzierender KSrper mit Schwefelwasserstoff regenerieren lie6, hatte er dort seine antiskorbatische Eigenschaft nicht verloren. Wenn er hier nicht mehr regeneriert werden konnte, war dort keine antiskorbutisehe Eigenschaft mehr vorhanden.

Es besti~tigt sich die Annahme der stufenweisen 0xydation des reduzierenden K6rpers. Das erste 0xydationsprodukt ist nicht farbstofftitrierbar, li~l]t sich aber durch Schwefelwasserstoffbehandlung titrierbar maehen und ist noeh antiskorbutiseh wirksam.

1) II. Mitteilung, Diese Zeitschrift 1932, 63, 21.

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Die sich anschliefienden, weitergehenden Umwandlungen sind irreversibel und zerstOren die antiskorbutische Wirksamkeit. Als Mafistab fiir den C-Vitamingehalt haben wir demnach dasj enige ReduktionsvermOgen zu werten, welches n a c h S c h w e f e 1 w a s se r - s t o f f b e h a n d l u n g vorhanden ist.

b) S c h w e f e l w a s s e r s t o f f - E i n w i r k u n g n a c h J o d o x y d a t i o n .

Bei der Verwendung yon Jod als 0xydationsmittel konnte der reduzierende Kbrper in gleicher Weise vollstiindig regeneriert werden, wenn die Reduktionsoperation der 0xydation sofort folgte. Die Wiederreduktion war jedoeh nicht mehr vollsti~ndig, wenn nach der Jodoxydation li~ngere Zeit gewartet wurde.

5 ccm natiirlicher Citronensaft wurden mit 15 ccm Wasser versetzt, mit der ihnen ent- sprechenden Menge yon 2,9 ccm 0,0I N.-JodlOsung oxydiert und dann mit Schwefelwasserstoff in der iiblichen Weise behandelt. Die Endtitration ergab wieder das anf~ngliche Reduktions- vermSgen yon 2,9 ccm 0,01 N.-JodlOsung.

Ein Versuch am gereinigten Pri~parat besti~tigte das Ergebnis. Statt des ursprfinglichen Reduktionsverm5gens yon 15 ccm 0,01 N.-JodlSsung fanden wir nachher ein ReduktionsvermOgen yon 17,3 cem (berechnet auf die ganzen untersuchten 5 ccm des Pritparates). Auch hier dfirfte die MOglichkeit, dab etwas oxydierter reduzierender K5rper anwesend ist, den Uberwert er- kl~ren.

Frischer Citronensaft wurde mit der ~quivalenten Menge Jod oxydiert. Nach 1, 2 und 3 Tagen wurde die Schwefelwasserstoffbehandlung vorgenommen. Folgende Titrationszahlen wurden ftir je 5 ecru Citronensaft erhalten, in ccm 0,01 N.-JodlSsung:

Ursprtinglicher Titrtationswert: 2,75 ccm 1 Tag: 2,42 ,

Sehwefelwasserstoff-. 2 Tagen: 2,32 , behandlung nach | 3 ,, 2,08 ,,

c) S c h w e f e l w a s s e r s t o f f - E i n w i r k u n g n a c h 0 x y d a t i o n d u r c h S a u e r s t o f f .

Nach 0xydation durch Luffsauerstoff konnten darch Schwefelwasserstoffbehandlung die urspriingliehen Titrationswerte nieht mehr zurtickerhalten werden.

Ein natursaurer Citronensaft war durch dreit~giges Stehen an der Luft in seinem ReduktionsvermSgen je 1 ccm yon 6,7 auf 6,0 ccm FL zurtickgegangen. Nach Schwefelwasser- stoftbehandlung wurden 6,4 ccm FL verbraucht.

Die folgende Versuchsreihe wurde mit einem Citronensaft ausgeftihrt, der mittels Calcium- carbonats neutra]isiert und yon Citronens~ure befreit worden war. Vor und nach tier Sehwefel- wasserstoffbehandlung wurde in Parallelversuehen das RedukfionsvermSgen gegen 2,6oDiehlor-

Ver~nderung eines decitrierten Citronensaftes unter dem Einflul] des Luftsauerstoffs. (Titrationswerte in ecm 0,001 n ftir je 1 ccm Salt.)

Nach Sehwefelwasserstoff- Direkt

Zeit behandlung

Ursprfinglich :Nach 1 Tag

,, 11~ Tagen ,,2

FL J FL

5,3 5,4 5,4 2,9 3,1 3,8 2,2 2,4 3,2 0 0,5 0,8 0 0,5 0,6 0 0,5 0,6

5,4 5,4 5,1 2,5 6,4 6,8

b. 3s. 18

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274 J. T i l l m a n s , P. H i r s c h und H. D i c k fZeitschr, f. Uatersuchunz [ der Lebensmittel.

phenolindophenol und gegen Jod ermittelt. Vom ftinften Versuch an, zeitlich zugleich mit dem Eintritt einer bakteriellen Zersetzung des Citronensaftes, stieg der nach Schwefelwasser- stoffbehandlung gefundene Jodwert plStzlich fiber das ursprfingliche Reduktionsvermiigen hinaus an. Hier mfissen andere jodreduzierende Stoffe gebildet worden sein als der ,reduzierende KSrper".

Macht man natfirlichen Citronensaft durch Zugabe yon Natronlauge alkalisch, so ist der reduzierende KSrper binnen kurzem durch den Luftsauerstoff aufoxydiert. 10 ccm Citronensaft mit einem Gesamt-ReduktionsvermSgen Yon 56 ccm FarbstofflSsung wurden mit 30 ccm 0,5 N.- Natronlauge versetzt, unter 5fterem Umschwenken ~ Stunde stehen lassen, dann schwach essigsauer gemacht und in der fiblichen Weise mit Schwefelwasserstoff behandelt. Durch einen Parallelversach hatten wir uns davon fiberzeugt, dab vor der Schwefelwasserstoffbehand- luag kein farbstoffreduzierender KSrper mehr ~orhanden war. Nach der Schwefelwasserstoff- behandlung betrug das ReduktionsvermSgen 11 ccm FL, also etwa 20 % des Ausgangswertes. -- Der analoge Versuch an gereinigtem Priiparat ergab sogar einen Verlust yon fiber 90%; anstatt ursprfinglich 15 ccm wurden hier nur noch 1,2 ccm FarbstofflSsung reduziert.

d) S c h w e f e l w a s s e r s t o f f - E i n w i r k u n g n a c h H y d r o p e r o x y d - O x y d a t i o n .

10 ccm natfirlicher Citronensaft mit einem Gesamt-ReduktionsvermSgen yon 58 ccm FL wurden mit 5,8 ccm 0,01 N.-HydroperoxydlSsung versetzt und standen 2 Stunden lang bei einer Temperatur yon 22 ~ wodurch das Reduktionsverm(~gen auf 10 ccm FL sank; nachfolgende Schwefelwasserstoffbehandlung brachte den Titrationswert wieder auf 58 ccm FL. Hatte die HydroperoxydlSsung einen Tag lang gewirkt und dadurch allen reduzierenden Stoff oxydiert, so wurden nach Schwefelwasserstoffbehandlung 54 ccm FL titriert. Bei Versuchen, bei denen mit der Schwefelwasserstoffbehandlung erst nach 2 oder 3 Tagen begonnen wurde, traten Ver- luste bis zu 50 % auf, bei denen abet mSglicherweise gleichzeitige Luftsauerstoffwirkung mehr oder weniger beteiligt sein kann.

Wurden 10 ccm des gleichen nattirlichen Citronensaftes mit 5,8 ccm 0,1 N.-Hydroperoxyd- 15sung -- einem 10-fachen I)berschuB -- 5 Minuten lung gekocht, dann wurden nach erfolgter Schwefelwasserstoffbehandlung 47 ccm FL titriert. Hierbei fund also ein Rfickgang um 20% statt. Beim gereinigten Pr~parat wurden bei gleicher Behandlung statt ursprfinglich 15 ccm nur 7,5 ccm FL titriert.

Wenn der reduzierende K(~rper also durch Hydroperoxyd bei Zimmertemperatur langsam oxydiert wurde, liefi sich selbst nach 24-sttindiger Einwirkung das ursprfing- liche ReduktionsVermSgen weitgehend zuriickgewinnen. Der oxydierte reduzierende KOrper hat will,rend dieser Zeit im Gegensatz zu Luftsauerstoffoxydation fast keinen

weiteren Zerfall erlitten.

e) S c h w e f e l w a s s e r s t o f f e i n w i r k u n g n a c h C h l o r o x y d a t i o n . Es wurden 5 ccm eines natfirlichen Citronensaftes benutzt, dessen ReduktionsvermSgen

je 1 ccm gegen Farbstoff 5,6 ccm, gegen Jod 5,6 ccm und gegen Chlor in verdtinnter saurer LSsung 8,1 ccm 0,001 n betrug. Die Schwefelwasserstoffzufuhr erfolgte jeweils 1 Stunde nach dem Beginn der Chloroxydation, um die Werte mit den frfiher au~geffihrten Tierversuchen vergleichen zu k0nnen, bei denen chloroxydierte LSsungen verfiittert worden waren. Die Tiere haben damals die Pr~parate auch nicht sofort nach der Chlorbehandlung, sondern im all- gemeinen im Verlauf einer Stunde aufgenommen. Bei Chloroxydation in saurer LSsung wurden nach folgender Schwefelwasserstoffbehandlung 24,5 ccm FL (anstatt 28 ccm) titriert. War vor Zugabe des Chlors kurze Zeit schwach alkalisch gemacht worden, so wurden durch die Schwefelwasserstoffbehandlung 20,0 ccm FL (anstatt 28 ccm) -- das sind 75 % des Ausgangs- wertes -- regenericrt.

Im gereinigten Pr~parat konnte nach der in gleicher Weise ausgeffihrten alkalischen Chloroxydation nur ~ des reduzierenden Stories regeneriert werden.

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63. Band. M&rz 1932.J Reversibiliti~t der Oxydationen. 275

Dieser Versuch am gereinigten Prhparat steht mit dem erwi~hnten Tierversuch in Einklang. Die Versuchstiere sind damals bei Verfatterung des auf gleiche Weise mit Chlor behandelten Praparates an Skorbut gestorben, wenn auch erheblich spi~ter als die Kontrolltiere mit nur Grundkost. Wir kOnnen jetzt schliel~en, da~ die .dort angewandte Chlorbehandlung den reduzierenden Stoff zum Teil reversibel oxydiert, zum erhebliehen Teil aber auch irreversibel veri~ndert hat. Es war nicht ~ mehr gentigend Antiskorbutikum vorhanden, die Krankheit gi~nzlich zu verhindern; die geringen Mengen vorhandenen Antiskorbutikums vermochten aber den u der Krankheit zu verzSgern.

Die jetzt beobachtete weitgehende t~eversibilit~t der Oxydation im natiirlichen Citronen- salt, auch bei der alkalischen Chlorbehandlung, steht nicht im Einklang mit dem daraatigen Tierversuch. Die Ursache hierfiir vermuten wir in folgendem: Der Grad der stattfindenden irreversiblen Zersetzungen scheint stark yon Nebenumst~nden abzuhi~ngen, die wir noch'nicht kennen.

Zusammenfassung. Die erste Stufe der 0xydation des reduzierenden Stoffes im Citronensaf L von der

in der zweiten Mitteilung gezeigt wurde, dab sie die antiskorbutische Wirksamkeit noch nicht zerstOr Lis t reversibel. Sie lafit sich durch Schwefelwasserstoff riickgi~ngig machen.

Von den Reduktionsmitteln ist der Schwefelwasserstoff in besonderem Ma~e zu dieser Reaktion befi~higt. Er stellt in frisch oxydiertem Citronensaft schnell die ur- spranglichen Titrationswerte gegentiber 2,6-Dichlorphenolindophenol wieder her.

Reversible Oxydation des reduzierenden Stoffes wird bewirkt durch 2,6-Dichlor- pbenolindophenol, Jod und Wasserstoffsuperoxyd. Bei li~ngerem Stehen des oxydierten Saftes geht die Reversibilitht allmi~hlich verloren. Chlor bewirkt neben reversiblen teilweise auch irreversible Veri~nderungen.

Luftsauerstoff bewirkt irreversible Oxydation. Bei der Luftoxydation treten gleich- zeitig Unterschiede zwischen den nfit 2,6-Dichlorphenolindophenol und mit Jod erhal- tenen Titrationswerten auf.

N a c h s c h r i f t . Einige Zeit nach Ausfiihrung dieser Versuche finden wir jetzt die Arbeit yon

A. S z e n t - G y b r g y i (Biochem. Journ. 1928, 22, 1387), auf die wir gleicbzeitig auch gelegentlich der Korrektur der ersten Mitteilung dieser Reihe hingewiesen haben, Sz e n t - G y b r g y i beobachtete an seiner Hexurons i~u re , yon derer annimmt, da] sie in den 0xydationsmechanismus des Peroxydasesystems eingeschaltet ist, und die m0g- licherweise mit unserem reduzierenden Stoff iibereinstimmt, ebenfalls einen stufenweisen Verlauf der Oxydation. Er fand in v011iger Analogie zu unseren Versuchen, dal~ die 0xydation der Hexuronsi~ure durch Jod und Wasserstoffsuperoxyd reversibel ist, die durch Sauerstoff irreversibel. Er stellte weiterhin lest, dab bei der Sauerstoffoxydation neue Si~urei~quivalente entstehen, was er auf die Bildung einer neuen Carboxylgruppe zurilck- fahrt. ~Tber den Verlauf der 0xydation entwickelt er folgende Vorstellung: Er vermutet, dal~ seine Hexuronsi~ure sich in gleicher Weise v o n d e r Fructose herleitet~ wie die Glykuronsi~ure yon der Glykose. Weit bei der irreversiblen Oxydation eine COOH- Gruppe gebildet wird~ nimmt er an~ dal~ die labilen Wasserstoffatome, an denen die Oxydation ansetzt, endstimdig sind. Wegen ihrer grofien Labiliti~t wird ihre ~ach- barschaft zur Carbonylgruppe vermutet. Die reversible Oxydation hi~tte man sich dann wohl so vorzustellen, daft die endstimdige CHe0H-Gruppe; welche die labilen Wasserstoff- atome enthi~It, zur CHO-Gruppe oxydiert wird, die dann einerseits zuriick zur CH2OH- Gruppe reduziert, andererseits irreversibel zur C00H-Gruppe oxydiert werden kann.

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