Das Sonnen-Tabu

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Atlan - Die Abenteuer der SOLNr. 670Die Namenlose Zone

Das Sonnen-Tabuvon Peter Terrid

Der Befreiungskampf der Paudencer

Es geschah im April 3808. Die entscheidende Auseinandersetzung zwischen Atlan und seinen Helfern und Anti-ES ging berraschend aus. Die von den Kosmokraten veranlate Verbannung von Anti-ES wurde gegenstandslos, denn aus Wbbeking und Anti-ES entstand ein neues Superwesen, das hinfort auf der Seite des Positiven agiert.Die neue Sachlage gibt Anla zum Optimismus, zumal auch in der knstlichen Doppelgalaxis Bars-2-Bars endgltig der Friede einkehrt. Fr Atlan jedoch ist die Situation alles andere als rosig. Der Besitz der Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst, ohne die er nicht den Auftrag der Kosmokraten erfllen kann, wird ihm nun durch Chybrain vorenthalten. Ob er es will oder nicht, der Arkonide wird verpflichtet, die Namenlose Zone aufzusuchen.Inzwischen schreibt man den September des Jahres 3808. Trotz der Vernichtung des Junk-Nabels, des letzten bergangs zwischen Normaluniversum und Namenloser Zone, gibt es mit Hilfe der BRISBEE-Kinder die Mglichkeit, dennoch in dieses Raumgebiet zu gelangen.Dort so wei man inzwischen verkrpern die Zyrtonier die eigentliche Macht. Und gegen diese negativen Wesen tritt Atlan erneut an. Der Arkonide fhrt eine beachtliche Streitmacht heran, denn er ist entschlossen, eine Wende zum Positiven herbeizufhren.Ihm entgegen steht DAS SONNEN-TABU

Die Hauptpersonen des Romans:

Atlan - Der Arkonide durchlebt die Vision vom Ziel der SOL.Ziir-Tinc - Emulator der Walgonier.Raan-Mar und Ollon-Tur - Anhnger des Emulators.Daan-Bar - Mitglied des Herrschaftsrats der Walgonier.Daug-Enn-Daug und Borallu - Sie ben Einflu in der Namenlosen Zone aus.

1.

Der Tag wird kommen, beteuerte Ziir-Tinc. Ich schwre es euch.Der Emulator betrachtete die Gesichter seiner Zuhrer. Es waren Freunde, die ihn ansahen, Walgonier, die durch zwei Bande zusammengehalten wurden durch ihren unerschtterlichen Glauben an Paudenc und durch die Tatsache, da sie Freiheit und Leben verlieren konnten, wenn es jemals ruchbar werden sollte, da sie anderen Glaubens waren als ihre Mitbewohner des Systems der Doppelsonne.Der Emulator konnte sehen, da seine Zuhrer ihm nicht recht glauben wollten. Verwunderlich war es nicht.Viele Generationen waren auf den beiden Walgon-Planeten aufgewachsen, hatten gelebt und gearbeitet und waren gestorben, ohne da sich irgend etwas gendert htte. Und nun sollten ausgerechnet sie den Tag der Befreiung erleben?Ich wei, da es unglaublich klingt, sagte Ziir-Tinc. Aber bedenkt, der Tag, von dem ich spreche, kehrt nur in Abstnden von Jahrtausenden wieder. Was sich zugetragen hat in ferner Vergangenheit, wissen wir nicht mehr. Diese Geheimnisse werden vom Herrschaftsrat sorgsam gehtet, und selbst uns ist es nicht mglich gewesen, darber etwas Genaues zu erfahren. Aber eines wissen wir alle sehr genau bei der letzten Wiederkehr dieses Tages brach das Verhngnis ber unser Volk herein. Seither sind wir gefangen, eingesperrt und unterdrckt. In sehr kurzer Zeit wird sich das Ereignis wiederholen, das jenen Tag kennzeichnet und dieses Mal wird es das Ende unserer Sklaverei herbeifhren. Raan-Mar, eine Frau mittleren Alters, stand auf. Ich glaube dir, sagte sie mit lauter Stimme und sah sich dabei herausfordernd um. Einige Kpfe wurden zustimmend bewegt. Aber wenn jener Tag tatschlich kommt und eine Wende zum Guten bringt wofr sollen wir uns dann anstrengen? Wofr gehen wir die Gefahren ein, die mit unserem Glauben verbunden sind?Der Emulator breitet die Arme aus.Nichts geschieht von allein. Der Tag ist der Zeitpunkt, zu dem wir unsere Kraft zusammenfassen und handeln mssen. Tun wir es nicht, wird sich auch nichts ndern an unserem Elend. berlegt euch die Sache, wenn ihr in eure Unterknfte zurckkehrt. Wir treffen uns in einer Woche an der gleichen Stelle.Die Versammlung, einhundertsiebzig Kpfe stark, lste sich auf. Einzeln verlieen die Mitglieder den Raum, schlpften durch das System von Gngen und Rohren und tauchten an unterschiedlichen Stellen an der Oberflche des Planeten wieder auf. Niemand, der sie wenig spter ber die Straen gehen sah, konnte ahnen, da sie sich kurze Zeit vorher zu einer verbotenen Versammlung getroffen hatten.Raan-Mar war zurckgeblieben, sie wollte noch mit dem Emulator reden. Sie bot Ziir-Tinc von ihren Genu-Pastillen an, aber der Emulator lehnte freundlich ab.Ich mu einen klaren Kopf behalten, sagte er. Raan-Mar zuckte mit den Schultern und steckte die kleine Schachtel wieder weg. Die Wirkung des Euphorikums trat rasch ein, Raan-Mars Augen begannen leicht zu glnzen.Du sprichst immer wieder von diesem Tag, ohne uns zu sagen, wodurch er sich von den anderen Tagen unterscheiden wird, sagte sie dann.Es hat mit Sternenzauberei zu tun, weit du? antwortete Ziir-Tinc.Ich habe es mir gedacht, antwortete Raan-Mar. Unser ganzes Leben wird von Sternenzauberei beeinflut.Es ist so, wenn ich den Oberzauberer unserer Organisation richtig verstanden habe: Wir leben in einem Sonnensystem, das zwei Sonnen hat, die Groe Gaulat und Paudenc.Das wei jedes Kind, gab Raan-Mar zurck. Whrend der Herrschaftsrat behauptet, da die Groe Gaulat unser Leben beeinflut, behaupten wir, da es vor allem Paudenc ist. Und aus diesem Grund nennen wir uns Paudencer und die anderen Gaulater, obwohl wir alle Walgonier sind.Und auf zwei Planeten leben, die diese beiden Sonnen umkreisen. Und diese beiden Sonnen wiederum kreisen um einen Kraftpunkt zwischen ihnen. Wir stehen auf Walgon II, dem ueren Planeten, und der Herrschaftsrat hat seinen Sitz auf Walgon I. Auch das ist bekannt. Aber nur in den Schulen fr Sternenzauberei kann man erfahren, da die Bahnen dieser Planeten um die beiden Sonnen nicht immer gleich sind.Ziir-Tinc suchte nach Mglichkeiten, das bildlich auszudrcken, was er wute.Genaugenommen bewegen sich alle Himmelskrper in unserem System um den Kraftpunkt. Die beiden Sonnen tun es sehr nahe, die beiden Planeten weiter weg. Und ihre Umlaufbahnen drehen sich auch die von Walgon I in der einen Richtung, die von Walgon II in der anderen Richtung. Stell dir vor, du hast einen Reifen, wie ihn Kinder zum Spielen bentzen. Stell dir weiter vor, du hast einen zweiten, kleineren Reifen. Nun legst du beide Reifen auf den Tisch, den kleinen in den greren hinein, aber so, da der Abstand zwischen beiden Reifen berall gleich ist. Dann gehst du hin und spiet diese beiden Reifen auf einen langen dnnen Spie.An Raan-Mars linkem Gesicht konnte Ziir-Tinc ablesen, wie es der Frau schwerfiel, diese Vorstellung aufzufassen. Innerlich murmelte Ziir-Tinc eine Verwnschung.Wenn das verhate System des Herrschaftsrats erst beseitigt war, mute als erstes ein Gesetz erlassen werden, das die Trennung der Nervenverbindung zwischen den beiden Gehirnen eines Walgoniers unter Strafe stellt. Bei Raan-Mar waren die Folgen dieser Operation, die gewhnlich kurz nach der Geburt vorgenommen wurde, sehr deutlich zu sehen. Mit dem linken Gehirn konnte die Frau die Tatsachen, die Ziir-Tinc ihr vortrug, einwandfrei verarbeiten. Es war die Gehirnhlfte, die fr logisches Denken zustndig war, auch fr die Verbalisierungsfhigkeit und andere intellektuelle Aufgaben. Die rechte Hirnhlfte hingegen war fr bildliches, symbolisches Denken zustndig, fr Empfindungen und die Wahrnehmung von ganzheitlichen Gestalten. In diesem Schdel war jetzt das Bild von den Reifen angekommen und wurde dort verstanden aber wegen der Komissurotomie war sie nur mit Mhe imstande, von diesem Bild zu abstrahieren und die Regeln der Sternenzauberei hinter dem symbolisch Dargestellten zu erkennen.Ich glaube, ich begreife es allmhlich, sagte Raan-Mar.Nimm die beiden Reifen jetzt vom Tisch. Du kannst den inneren Reifen um die Achse des Spiees drehe, den ueren auch und zwar beide in unterschiedlicher Richtung.Wieder mute Ziir-Tinc seinem Gegenber Zeit lassen, das Bild zu verarbeiten.Ich habe es. Und auf die gleiche Weise bewegen sich auch Walgon I und II um den Kraftpunkt?Ihre Bahnen entsprechen den Kreisen. Kannst du dir zwei dicke Perlen vorstellen, die sich auf diesen beiden Reifen bewegen? Das sind die beiden Planeten. Manchmal sind sie sich sehr nah, manchmal sind sie sehr weit entfernt. Und einmal in vielen tausend Jahren passiert es, da nicht nur die beiden Planeten so nahe beieinanderstehen wie mglich, sondern da die Achse der Spie aus dem Bild auch durch beide Sonnen und den Kraftpunkt hindurchfhrt. Die Sternenzauberer nennen dieses Ereignis die Groe Magische Synopse.Es fllt mir schwer, aber ich glaube, ich habe es verstanden. Und was passiert dann?Beim letzten Mal hat die Reihenfolge der Himmelskrper so ausgesehen, von auen nach innen: Walgon II, dann Walgon I, dann Gaulat, dann der Kraftpunkt und dann erst Paudenc. An diesem schrecklichen Tag geschah es, da unser Volk von unbekannten Mchten eingesperrt wurde, in die Barriere der Ewigkeit, denn damals war am Himmel ber den Planeten nur eine Sonne zu sehen, die Groe Gaulat. Es ist ein Tag des Unheils gewesen.Raan-Mars Augen weiteten sich.Und beim nchsten Mal wird Paudenc vor Gaulat stehen, nicht wahr? Dann wird unsere Sonne den Haupteinflu auf unser Leben nehmen, und wir werden frei sein.So wird es sein, stimmte der Emulator zu. Aber sprich mit niemandem darber. Es gibt nur wenige, die die magischen Zusammenhnge dieses Tages kennen.Raan-Mar nickte eifrig mit beiden Kpfen.Der Emulator lchelte, obwohl ihm danach nicht zumute war. Seine Aufforderung, diese Geheimnisse nicht auszuplaudern, wrde ohnehin nur ein paar Tage wirksam sein. Danach wrde hchstwahrscheinlich passieren, was Ziir-Tinc schon Hunderte von Malen erlebt hatte.Das gerade Begriffene wrde sich in den Gehirnen von Raan-Mar wieder auflsen in einen analytisch-sternenzauberischen Teil und ein deutliches Bild von Reifen und Perlen, aber es wrde Raan-Mar unmglich sein, diese beiden unterschiedlichen Aspekte der Wirklichkeit wieder zusammenzusetzen. Selbst in den scheulichen Verhrkammern der Tabu-Jger wrde sie nichts ausplaudern knnen. Entweder wrde sie den Folterern etwas Wirres von Reifen und Perlen erzhlen, oder sie wrde schweigen, weil sie nicht in der Lage war, ihr Wissen um die Zusammenhnge so auszudrcken, da man sie verstehen konnte.beraus begeistert davon, da sie nun Geheimnistrgerin war, machte sich Raan-Mar auf den Heimweg. Sie hatte zwei Mnner und sieben Kinder zu versorgen und mute sich jede Stunde, die sie bei den Versammlungen der Paudencer verbrachte, von ihrer kargen Freizeit gleichsam absparen. Ihr Mann war ein sehr entschiedener Gaulater, obendrein im Staatsdienst angestellt und damit gleichsam von Amts wegen zu einer einzigen Betrachtungsweise der Wirklichkeit verurteilt.Auch Ziir-Tinc machte sich auf den Heimweg.Der Abend senkte sich ber Hulth, die grte Stadt des Planeten Walgon II. Auf den Straen waren viele Walgonier unterwegs, darunter viele Frauen, die alle vier Hnde voll Waren hatten.Das mute man dem Herrschaftsrat lassen, er sorgte dafr, da kein Walgonier darben mute. Das Zuteilungssystem war perfekt. Die Verkehrssysteme funktionierten, und der Pendeldienst der Fhr- und Transportschiffe von Walgon I nach Walgon II funktionierte sekundengenau.Sieben Milliarden Walgonier lebten auf den beiden Welten, drei Milliarden auf Walgon II, vier Milliarden auf dem inneren Planeten. Von den drei Milliarden Bewohnern von Walgon II tendierten inzwischen zwei Drittel zum Glauben der Paudencer, auf Walgon I, wo der Herrschaftsrat sa, waren die Verhltnisse nicht so gut, dort waren drei Viertel der Bevlkerung Gaulater, darunter natrlich der gesamte Behrdenapparat.Ziir-Tinc seufzte leise, als er an der Kreuzung stehenblieb. Neben ihm bauten sich andere Walgonier auf, die gleich ihm auf das Lichtsignal warteten, das den Weg fr die Fugnger freigab.Selbst Ziir-Tinc als Emulator fiel immer wieder darauf herein auch er reagierte beim Anblick eines Stoppsignals vllig automatisch. Das Signal war nicht ohne Grund fr das rechte Gehirn bestimmt, wurde dort wahrgenommen und befolgt, als handele es sich um ein eigenes, inneres Bedrfnis stehenzubleiben. Nur geschulte Zweidenker waren in der Lage, hinter dem Farbsymbol den abstrakten Befehl von oben zu sehen, den Zwang, der ausgebt wurde.Als das Signal umsprang, marschierte Ziir-Tinc ebenso automatisch los wie seine Nebenleute; jedes andere Verhalten wre sehr auffllig gewesen.Gewohnheitsmig sah sich Ziir-Tinc um. Er wute, da berall Tabu-Jger unterwegs waren, um Abtrnnige aufzuspren und festzunehmen. Wer es wagte, die offizielle Lehre vom Primat Gaulats anzutasten, das Sonnen-Tabu in Frage zu stellen, der riskierte Haft, Zwangsarbeit und im schlimmsten Fall den Tod. Ziir-Tinc machte sich keine Illusionen falls man ihn aufgreifen sollte, war er dem Tod verfallen.Ziir-Tinc sah hinauf zum Himmel, bevor er das Wohnhaus betrat, in dem er lebte.Beide Sonnen waren am Himmel zu sehen. Paudenc wirkte etwas grer, weil die Sonne nher stand. Ihr Licht war rein und wei. Hinter ihrem rechten Rand strahlte das unangenehme Grn von Gaulat. Es konnte nicht mehr lange dauern, dann wrde Paudenc Gaulat vllig verdecken. Dann war die Endzeit fr die Gaulater gekommen in einigen Tagen standen dann auch die beiden Planeten richtig.Ziir-Tinc versuchte sich den Augenblick vorzustellen.Am Himmel die strahlend weie Sonne Paudenc, die das grne Ungeheuer Gaulat vllig abdeckte. Und dann wrde der Schatten des inneren Planeten anfangen ber die Sonnenscheibe zu wandern. Beim bloen Gedanken an dieses Bild sprte Ziir-Tinc Schauer der Erregung ber seinen Krper laufen.Aber es wrde viel Arbeit und Mhe kosten, den Umsturz an diesem Tag durchzufhren. Die Tabu-Jger des Herrschaftsrats waren nicht zu unterschtzen, immer wieder gerieten ihnen Paudencer in die Finger und verschwanden auf Nimmerwiedersehen.Ziir-Tinc lie sich vom Antigravschacht hinauftragen in das siebenunddreiigste Stockwerk des Hauses. Er liebte es, abends von seiner Wohnung aus die Stadt zu berblicken und sich vorzustellen, wie man dieses Bild ndern knnte.Hulth war unter der Herrschaft der Gaulater kalt und hlich geworden. Ziir-Tinc hatte einige sprliche Unterlagen sehen knnen, die ihm gezeigt hatten, wie die Stadt vor vielen Jahrtausenden einmal ausgesehen haben mute.Damals hatte es kein Geradenmuster gegeben, das die Stadt in exakt gleiche Viertel und Wohnblocks zerschnitt. Auch die konsequente Aufgliederung der Riesenstadt hatte es damals noch nicht gegeben. Jetzt aber konnte Ziir-Tinc von seinem Fenster aus sehen, da im Arbeitsviertel fast alle Lichter gelscht worden waren. Das Einkaufsviertel war noch zur Hlfte beleuchtet, whrend im Amsierviertel die Lichter gerade angingen.In der Verwaltungssektion waren ebenfalls noch einige erleuchtete Fenster zu sehen, aber Ziir-Tinc wute, da es sich um Betrug handelte. Die Staatsbediensteten waren lngst in ihren Wohnungen. Die Lichter sollten der Bevlkerung lediglich vortuschen, da die Verwaltung selbst in den Abendstunden noch fr das Wohl der Walgonier arbeitete. Die einzige Behrde, in der um diese Zeit tatschlich noch gearbeitet wurde, war das Tabu-Silo, ein fensterloser Betonklotz. Dort wurde zu jeder Tages- und Nachtzeit gearbeitet, das hie: verhrt, gefoltert, ohne Urteil bestraft. Unablssig waren die Tabu-Jger auf Beutesuche. Sie wurden nach ihrem Erfolg bezahlt, infolgedessen schleppten sie immer neue Verdchtige in die Verhrmhlen des Tabu-Silos.Der Herrschaftsrat hatte sich eine ganz besondere Bosheit einfallen lassen, die im Tabu-Silo praktiziert wurde. Dank der ebenso barbarischen wie perfekten Verhrmethoden konnten Gaulater von Paudencern sehr zuverlssig unterschieden werden und die Tabu-Jger lieen Unschuldige in jedem Fall frei. Diese Tatsache beeindruckte viele Gaulater so sehr, da sie darber das Schicksal der Paudencer, die in keinem einzigen Fall freigelassen wurden, vllig vergaen. Systematisch trieb so die Staatsfhrung einen Keil in die Bevlkerung, und sie war erfolgreich damit.Es wurde rasch dunkel. Ziir-Tinc zog das Gewand aus und setzte sich auf das Bett. Er nahm eine Meditationshaltung ein und versenkte sich in die Innenschau.Nur durch hartnckiges und intensives Training war es mglich, die Folgen der Komissurotomie wenigstens teilweise zu beseitigen und die volle Denkkraft zurckzuerhalten.Ziir-Tinc sprte, wie sich seine Muskeln entkrampften und schlaff wurden. Seine Atemfrequenz senkte sich, der Atem wurde tiefer.Jeden Gedanken einfach verwehen lassend, ohne sich mit ihm zu beschftigen, versenkte sich Ziir-Tinc tiefer und tiefer.Maloser Schreck durchfuhr ihn, als er zu halluzinieren begann. Es war, als melde sich in ihm eine fremde Stimme.Zirr-Tinc holte tief Luft und brach die Meditation ab.Was hat das zu bedeuten? fragte er sich. Er trank etwas, ging unruhig in seiner Wohnung auf und ab.Versuchen wir es, stie er schlielich hervor und nahm wieder eine Meditationshaltung ein.Diesmal zgerte er den Entspannungsproze hinaus. Er wollte ganz genau herausspren, in welcher Phase sich diese unheimliche Stimme zu melden begann.Beim zweiten Versuch schien sie auszubleiben, und das beruhigte den Emulator sehr. Er meditierte intensiver, schaltete die uere Wahrnehmung vllig aus, lie sich vom Schlag seines Herzens treiben und sprte den Atem durch seinen Krper flieen.Abermals meldete sich die Stimme. Klar und deutlich waren ihre Worte zu verstehen.Diese Botschaft wirst du nur einmal hren, in diesem Augenblick. Wisse, da sich das Schicksal deines Volkes entscheiden wird in nchster Zukunft. Es kann sich zum Schlechten wenden, es kann sich aber auch verbessern. Wisse daher, da du in Blde Besuch bekommen wirst. Es wird in deinem Interesse und in dem deines Volkes sein, wenn du diese Fremden in ihren Bemhungen untersttzt.In Ziir-Tincs Denken formte sich das Bild eines Lebewesens, das wie ein seltsam unfertiger Walgonier aussah, mit nur einem Kopf, zwei Armen und zwei Beinen. Daneben tauchte kurz das Bild eines ganz anderen, vollkommen fremdartigen Geschpfs auf, das Ziir-Tinc groen Schrecken einflte.Ebenso rasch wie sie gekommen waren, verschwanden die Bilder wieder.Im Denken des walgonischen Emulators formte sich eine Frage.Ich bin die Emulator-Quelle, sagte die geheimnisvolle Stimme und verstummte dann.Ziir-Tinc stie einen tiefen Seufzer aus. Eine Weile lauschte er noch in sich hinein, dann tauchte er aus der inneren Versenkung wieder auf.Nachdenklich wiegte er die Kpfe.Ich werde mich entscheiden mssen, murmelte er.

2.

Daan-Bar, als Mitglied des Herrschaftsrats fr Fragen der Systemsicherheit zustndig, zog beide Stirnen kraus.Die Meldungen, die ihm auf den Tisch geflattert waren, behagten ihm berhaupt nicht.In seinem Auftrag waren in den letzten Wochen wieder einmal Tabu-Forscher unterwegs gewesen, um die Meinung in der Bevlkerung zu erkunden. Dabei wurden in eine Flle von Fragen, die nur fr die Verwaltung wichtig waren, auch ein paar Begriffe eingeschleust, die das Denken der Walgonier erkunden sollten. An den Gefhlsreaktionen auf den rechten Gesichtern lie sich sehr gut ablesen, wie die Befragten zu heiklen Problemen wirklich dachten. Dank dieses einfachen wie wirkungsvollen Mittels war der Herrschaftsrat jederzeit ber die Stimmung in der Bevlkerung informiert.Sieben Prozent Zuwachs allein im letzten Halbumlauf, stie Daan-Bar hervor. Das ist entschieden zuviel. Diese Paudencer werden noch zu einer echten Gefahr.Sind sie es nicht schon lngst? fragte der Abteilungsleiter, der die Organisation dieser Umfragen zu verantworten hatte. Die Werte sind doch schon seit etlichen Umlufen besorgniserregend.Daan-Bar winkte ab.Nicht fr uns, sagte er heftig. Es gengt uns zu wissen, wer die fhrenden Kpfe dieser Bewegung sind, damit wir sie beaufsichtigen knnen. Besser eine Untergrundbewegung, die wir bestens kennen, ohne etwas dagegen zu unternehmen, als eine Organisation, die wir nicht kennen und infolgedessen auch nicht bekmpfen knnen.Er tippte ein paar Befehle in die Tastatur des Rechners. Auf den Bildschirm waren wenig spter Listen zu sehen Namen mit vollstndiger Anschrift und einer neunstelligen Kennziffer.Wir haben die Sammlung komplett beieinander, verkndete Daan-Bar. Wenn es soweit ist, einen Tag vor dem groen Tag, auf den die Paudencer in ihrem Wahn verzweifelt warten, werden wir zuschlagen. Bis dahin sollen sie ruhig glauben, wir wten nicht viel ber ihre Umtriebe.Wenn das so ist, was bedeuten dann die sieben Prozent Zuwachs fr eine Bedrohung?Daan-Bar schaltete den Rechner wieder aus und verschrnkte die Arme.Nur eine Person aus dem Fhrungskreis der Paudencer kennen wir nicht. Sie nennen ihn den Emulator, und er gilt als ihr oberster Anfhrer. Dieser Zuwachs geht auf sein Konto und das bedeutet, da er sehr aktiv geworden ist. Httest du mir zusammen mit der Umfrage den Namen dieses Verrters gebracht, wrde ich mich nicht weiter aufregen. So aber bedeuten die sieben Prozent Zuwachs in einem Halbumlauf, da er es geschafft hat, unser berwachungssystem zu unterlaufen.Und wieso ist es nicht mglich, diesen Burschen zu fassen? Haben wir nicht genug Paudencer verhaften lassen?Daan-Bar schttelte die Kpfe.Dieser Emulator arbeitet vorwiegend rechtshirnig. Er spricht mehr das Gefhl der Walgonier an als ihren Verstand. In ihrem Rausch der Begeisterung nehmen seine Zuhrer ihn rational kaum mehr wahr. Wenn wir sie nach ihm befragen, hren wir etwas ber Gte, Freundlichkeit und tiefe Einsicht, aber nichts ber Krpermerkmale und andere Faktoren, mit denen wir etwas anfangen knnten.Der Abteilungsleiter rmpfte die linke Nase.Vielleicht gibt es doch eine Mglichkeit, sagte er nachdenklich.Und die wre?Daan-Bar sprte einen Anflug von rger. Was fiel diesem subalternen Stubenhocker ein, ihm gute Ratschlge zu geben? Seit drei Jahren arbeitete Daan-Bar hauptschlich an diesem Problem, und er hatte schon manchen Rffel der Kollegen einstecken mssen, weil er des Emulators immer noch nicht habhaft geworden war.Tabu-Raster, sagte der Abteilungsleiter.Haben wir schon versucht, sagte Daan-Bar geringschtzig. Es gibt keine aufflligen Merkmale bei diesem Walgonier, die wir durchmustern knnten.Wo treffen sich die Paudencer? Meines Wissens meist in unterirdischen Verstecken.Das ist richtig, wir haben bereits Dutzende dieser Verstecke gefunden und gespeichert.Und wie kommen die Besucher dorthin?Mit ganz gewhnlichen ffentlichen Verkehrsmitteln, antwortete Daan-Bar gereizt.Aber nicht genau bis ins Versteck. Den Rest der Strecke werden sie zu Fu zurcklegen, oder?Bei Gaulat, was soll der Unfug?Der Abteilungsleiter lie sich in seinem Eifer nicht bremsen. Er schien fest von der Durchfhrbarkeit seines Plans berzeugt zu sein.Auerdem sind die Zugnge zu diesen Verstecken wohl nicht das, was man als ffentliche Wege bezeichnen kann. Ich vermute, da es Gnge und Stollen sind, einige davon ziemlich feucht und dreckig. Die Besucher werden sich des fteren schmutziges Schuhwerk einhandeln.Schuhe kann man subern, sagte Daan-Bar wtend. Er war nahe daran, diesen Schwtzer hinauszuwerfen.Aber davon werden sie bestimmt nicht besser. Unser Mann wird daher, wenn er eine Versammlung nach der anderen besucht, einen sehr beachtlichen Verschlei an Schuhwerk haben.Daan-Bar wurde hellhrig.Erzhl weiter, sagte er und bestellte ber die Tastatur Erfrischungen.Es scheint mir weiterhin logisch zu sein, da er sich davor htet, mit Ordnungsorganen zusammenzustoen. Und da die Versammlungen berall im System stattfinden, wird er die ffentlichen Verbindungen in ganz besonderem Ma beanspruchen.Daan-Bar verzog die Mnder zu einem anerkennenden Grinsen.Raster eins, sagte der Abteilungsleiter, dem das Lcheln nicht entgangen war. Alle Personen, die auffllig viele Schuhe bestellt haben. Raster zwei: Personen, die in besonders starkem Ma ffentliche Verkehrsmittel benutzen. Raster drei: Personen, die sich betont unauffllig verhalten. Glcksspieler, Trinker, Verbrecher all diese Personen fallen aus dem Raster heraus. Ich schtze, da die Zahl der Personen, auf die alle diese Merkmale zutreffen, ausgesprochen gering ist.Daan-Bar nickte.Und dann noch etwas, fuhr der Abteilungsleiter fort und lchelte triumphierend. Ich habe davon gehrt, da dieser sogenannte Emulator unsterblich sein soll.Bldes Zeug, verwahrte sich Daan- Bar. Das gehrt zu seiner Fabel, aber es kann nicht Tatsache sein.Ob es wahr ist oder nicht, spielt gar keine Rolle. Um eine solche Legende untersttzen zu knnen, darf unser Mann keine lebenden Verwandten mehr haben. Immerhin sollen diese Emulatoren schon seit Jahrtausenden unter uns weilen.Du bist auffallend gut informiert, sagte Daan-Bar mit einem Unterton von Schrfe.Ich bin ehrgeizig, gab der Abteilungsleiter zu. Und wenn ich aufsteigen will, mu ich nachweisen, da ich etwas kann.Fahr fort, bestimmte Daan-Bar. Der Spender servierte die Getrnke, Daan-Bar gab einen Becher an den Abteilungsleiter weiter.Der Emulator hat keine Verwandten, jedenfalls keine, die noch leben. Hchstwahrscheinlich wird sich bei einer Nachforschung nach seinen Ahnen die Spur Jahre vor seiner Geburt verwischen entweder, weil er unsterblich ist und tatschlich vor Jahrhunderten geboren worden ist, oder weil er seine Dokumente geflscht hat. Wenn wir all das zusammennehmen, ist der Raster eng genug.Das knnen wir berprfen, murmelte Daan-Bar. Er schwang mit dem Sessel herum und griff zur Tastatur des Rechners. Langsam und grndlich begann er das Rasterprogramm einzugeben.Fangen wir an mit allen Personen, die keine lebenden Verwandten mehr haben, murmelte er.Der Rechner brauchte zehn Minuten, dann hatte er smtliche Dateien nach diesem Faktor durchgeprft.Zwlf Millionen, stie Daan-Bar hervor.Du kannst die Frauen herausnehmen, der Emulator ist nach allen Aussagen mnnlich.Bleiben sechs Millionen, immer noch zuviel, erklrte Daan-Bar, als der Rechner diese Arbeit erledigt hatte.Und als nchstes alle Personen herausfiltern, die besonders oft gereist sind mehr als zehn Mal pro Umlauf von einem Planeten zum anderen.Diesmal brauchte der Rechner eine knappe Minute.Siebzehntausend, las Daan-Bar vom Bildschirm ab.Als nchstes ein Vergleich mit der Ordnungswidrigkeitenkartei.Bleiben achthundertvierundsiebzig, las Daan-Bar ab. Es scheint zu funktionieren.Wie viele von diesen Personen haben sich in der Vergangenheit neue Identittspapiere ausstellen lassen?Daan-Bar schluckte.Sechzehn, las er ab. Das reicht vllig einer von diesen sechzehn mu der Emulator sein.Und als letztes versuchen wir es mit den Schuhen.Dieses Mal dauerte der Vorgang ziemlich lange. Die erforderlichen Daten muten erst aus dem Zentralspeicher des Herrschaftsrats abgerufen werden und lieen sich dann erst mit den bereits gefundenen Personeninformationen vergleichen.Daan-Bar stie einen Laut der Verblffung aus, als er das Ergebnis sah.briggeblieben waren nur zwei Namen.Einer davon mu unser Mann sein, stie Daan-Bar hervor. Er sprte, wie ihn eine Art Jagdfieber erfate. Er sah hinber zu dem Abteilungsleiter. Der wollte sich gerade mit verschrnkten Armen in einer Na-also-Geste genieerisch zurcklegen, sah dann aber Daan-Bars Blick und blieb aufrecht sitzen.Hm, machte Daan-Bar. Nur er konnte die beiden Namen auf dem Bildschirm lesen, und er hatte sich beide Informationen bereits eingeprgt, auch die zugehrigen Adressen.Wenn er den Emulator nun selbst stellte und verhaftete?In der letzten Zeit hatte er im Herrschaftsrat einiges einstecken mssen. Solch ein Erfolg htte nicht nur den Kritikern das Maul gestopft er konnte auch Daan-Bars Einflu im Herrschaftsrat strken. Vielleicht gelang es ihm dann auch, den Oberbefehl ber die Flotte zu bekommen.Daan-Bar ging die Mglichkeiten durch. Wer konnte, fr den Fall, da der Aufstieg klappte, sein Nachfolger, in seinem jetzigen Amt werden? Haan-Kur auf keinen Fall, und das war gut so, denn er verstand sich mit Daan-Bar alles andere als gut. Tool-Min, das wre der rechte Mann, gut, zuverlssig und gewissenhaft und privat mit Daan-Bar befreundet. Die Flotte und die gesamte Systemsicherheitsorganisation in der Hand zweier Freunde das htte den beiden im Herrschaftsrat eine Position eingebracht, die nicht mehr zu erschttern war. Und soweit Daan-Bar bekannt war, wute niemand etwas von seiner Freundschaft zu Tool-Min.Den Abteilungsleiter gedachte Daan-Bar ein paar Rangstufen hinauf und einige Machtstufen hinab zu befrdern auf irgendeinen klangvollen, gutbezahlten Posten, auf dem er wenig Schaden anrichten konnte.Langsam nahm der Plan in Daan-Bar Gestalt an. Ja, so wrde er vorgehen.Gute Arbeit, lobte er den Abteilungsleiter. Es wird sich fr dich lohnen, das verspreche ich dir.Soll ich unsere Jger informieren? fragte der Abteilungsleiter und konnte sich dabei ein feines Lcheln nicht verkneifen. Vermutlich hatte er in groben Zgen Daan-Bars Absicht durchschaut.Ich werde diesmal andere Methoden verwenden, bestimmte Daan-Bar. Er schaltete den Monitor ab. Das war wohl alles fr den Augenblick.Der Abteilungsleiter verstand und verschwand aus dem Zimmer.Daan-Bar leckte sich die Lippen. Einen Emulator mit eigener Hand verhaften, das war etwas. Natrlich durfte er die Sache nicht publik machen, das htte dem Ruf des Herrschaftsrats geschadet. Da es einen Emulator gab, war zwar ein offenes Geheimnis, aber in amtlichen Verlautbarungen war eine solche Person niemals erwhnt worden jedes andere Verhalten htte dem Emulator nur neue Kundschaft zugefhrt.Daan-Bar ffnete eine Schublade und nahm seine Waffe heraus. Er verlie sein Bro und lie sich vom Antigravlift hinuntertragen in die vierte Kelleretage zum Schiestand. Er hatte lange nicht mehr geschossen und wollte erst einmal berprfen, wie sicher seine Hand noch war.Mit dem Ergebnis konnte er zufrieden sein, fast alle Schsse lagen gut, einige sehr przise im Zentrum.Gutgelaunt verlie Daan-Bar das Gebude auf dem blichen Schleichweg.Das Wetter war ausgesprochen scheulich. ber Khadan fegte ein heftiger Schneesturm, der den ffentlichen Verkehr teilweise hatte zusammenbrechen lassen. Daan-Bar sah viele mrrische und verdrossene Gesichter, aber es strte ihn nicht. Solange die Walgonier ber das Wetter zu schimpfen hatten, lieen sie ihre Kritik nicht am Herrschaftsrat aus. Auerdem war das winterliche Wetter bestens dazu geeignet, alle optimistischen Erwartungen zu dmpfen, die mit dem groen Tag der Groen Magischen Synopse zusammenhingen. Darber wurde in letzter Zeit viel zuviel gemunkelt, fand Daan-Bar.Der erste Verdchtige, fr den er sich entschieden hatte, war ein gewisser Laar-Pan, ein Handelsvertreter fr Kruterprodukte, angestellt bei einem groen Staatsunternehmen, das im ganzen System Filialen hatte. Laar-Pan war schon ziemlich alt, hatte keine lebenden Angehrigen, war unverheiratet und lebte auch mit niemandem zusammen dies und einiges mehr hatte Daan-Bar den Akten des Mannes entnehmen knnen.Auerdem hatte die schnelle berprfung seiner Gleiterfahrten ergeben, da sein Fahrzeug auf dem Siloplatz seiner Firma abgestellt war, seit acht Stunden.Daan-Bar lchelte, als er daran dachte.Die automatische Wegberprfung hatte er durch erheblichen Widerstand gegen eine Mehrheit im Herrschaftsrat durchsetzen knnen. Schlielich war es mit immensen Kosten verbunden gewesen, jedes im System zugelassene Fahrzeug mit einem Kodegeber zu versehen und dessen Impulse von einem groen Rechner fortwhrend auswerten zu lassen. Erst als Daan-Bar eine Sonderliste von Fahrzeugen zugestanden hatte, die nicht auf diese Weise berwacht wurden, hatten sich die Mitglieder des Herrschaftsrats berzeugen lassen.Im Fall von Laar-Pan hatte die Auswertung ergeben, da der Gesuchte am Morgen pnktlich in seiner Firma erschienen war und seinen Gleiter im Silo abgestellt hatte.Die Auswertung frherer Fahrten hatte ergeben, da Laar-Pan blicherweise nach Dienstschlu ohne Umwege in seine Wohnung fuhr. Dorthin machte sich Daan-Bar auf den Weg.Laar-Pan schien nicht schlecht zu verdienen. Das Viertel, in dem er wohnte, gehrte zu den besseren Quartieren in dieser Wohnsektion. Von den Massenunterknften war es weit entfernt, und nur zwei Gebudezeilen trennten es von jenem Viertel, in dem auch Daan-Bar Quartier bezogen hatte.Als er den Bezirk erreichte, stellte Daan-Bar leicht gruselnd fest, da er den geheimnisvollen Emulator theoretisch von seinem eigenen Badezimmerfenster htte berwachen knnen. War es Zufall, da Laar-Pan ausgerechnet in der Nhe des Prominentenviertels eine Wohnung bezogen hatte?Bisher waren keinerlei Aktivitten des Emulators bekanntgeworden, aus denen man auf gewaltttige Umsturzversuche, Attentate oder dergleichen htte schlieen knnen. Die jngste Beobachtung lie Daan-Bar am Ergebnis solcher Auswertungen allerdings zweifeln.Daan-Bar zog die Jacke enger um die Schultern. Der Wind pfiff ber die Straen und lie den Schnee fast waagrecht durch die Luft fliegen. Es war schmerzhaft kalt, aber Daan-Bar drckte sich in der Nhe des Parkplatzes herum, auf dem Laar-Pan seinen Gleiter normalerweise abstellte.Er brauchte nicht lange zu warten. Daan-Bar hatte sich das amtliche Kennzeichen gemerkt. Es war Laar-Pans Gleiter, der sich durch den Schneesturm kmpfte und endlich auf dem blichen Platz zum Stillstand kam.Daan-Bar legte die Hand ber die Augen, um besser sehen zu knnen, aber es half nicht viel. Das Schneetreiben lie nur eine vermummte Gestalt erkennbar werden, die den Gleiter verlie und eilig den schmalen Weg zum Haus entlangtrabte.

3.

Was willst du? fragte Laar-Pan entsetzt und hielt alle Arme in die Hhe. Die Aktentaschen hatte er fallengelassen. Geld?Zwei Schritte zurck zur Wand, dann dreh dich um! stie Daan-Bar hervor.Er hatte Laar-Pan berrascht, als der Emulator gerade die Tr zu seiner Wohnung geffnet hatte. Mit einem Fu stie Daan-Bar die Tr zu, whrend er mit den unteren Armen dem Verhafteten die Handschellen anlegte, ihn mit der Waffe in der oberen Rechten bedrohte und die Linke dabei war, Laar-Pan nach Waffen zu durchsuchen.Ich habe keine Waffe, stie Laar-Pan hervor. Er hatte beide Kpfe gewendet. Der linke Kopf sah vllig verstndnislos drein, im rechten Gesicht spiegelte sich Panik beim Anblick der Waffe. Daan-Bar stie den Emulator in seine Wohnung hinein.Du hast jetzt zwei Mglichkeiten, sagte er scharf, whrend er die Waffe auf den Verhafteten gerichtet hielt. Entweder du redest jetzt und freiwillig, oder wir werden dir die Zungen mit unseren Methoden zu lsen wissen. Also, gibst du es zu?Was, beim Licht Gaulats, soll ich zugeben? Ich habe nicht einmal das kleinste Gebot bertreten.Ich wei, lchelte Daan-Bar. Das ist mit ein Grund, weshalb ich hier bin.Er hielt dem Gefangenen sein Dienstkennzeichen hin, das ihn als Mitglied der Tabu-Jger auswies, allerdings als rangniedriges.Weil ich nichts getan habe, verhaftest du mich?Laar-Pan begann am ganzen Leib zu zittern. Offensichtlich war er nicht nur emotionell am Ende seiner Krfte, sondern auch verstandesmig vllig berfordert.Auerdem hast du keine lebenden Angehrigen, hielt Daan-Bar dem Emulator vor.Wie sollte ich, stie Laar-Pan hervor. Ich wurde als einziger berlebender einer Raumschiffskatastrophe geborgen, ohne jedes Identittspapier. Meine Eltern mssen an Bord gewesen sein, aber es hat sich nicht feststellen lassen, wer sie gewesen sind. Das Schiff wurde durch eine Explosion vllig zerstrt. Meinen Namen habe ich von der Behrde bekommen.Wann ist das gewesen? fragte Daan-Bar.Ich war damals ein Sugling, antwortete Laar-Pan. Er sah, da es ihm nicht ans Leben ging, wenigstens nicht sofort, und beruhigte sich ein wenig.Daan-Bar stie eine Verwnschung aus.Das wird sich feststellen lassen, sagte er drohend. Arbeitest du auch zu Hause?Mein Anschlu steht dort drben. Du brauchst nur die Klappe zu ffnen.In dem Fach fand sich der Standardanschlu fr den Grorechner der Stadt. Daan-Bar schaltete das Gert ein und stellte ber den stdtischen Rechner eine Verbindung zum Rechner seines Amtes her. Der Kode, den er schnell eintippte, berechtigte ihn zum Zugriff auf allgemeine Daten mehr war in diesem Fall auch nicht ntig.Es dauerte zwei Minuten, dann rollte die Akte des Laar-Pan ber den Bildschirm. Er war tatschlich im Alter von sechs Monaten aufgefischt worden. Ein Rettungsschiff hatte als einziges berbleibsel des Fhrschiffs zwischen den beiden Planeten die Notboje gefunden. Das Kind wurde von Amts wegen mit dem Namen Laar-Pan ausgestattet und war in staatlichen Organisationen erzogen worden.Daan-Bar murmelte eine Verwnschung. In seinem Eifer hatte er vergessen, sich diese Daten schon vorher geben zu lassen. Er kam sich ziemlich lcherlich vor.Und was ist mit deinen Schuhen? fragte er, obwohl er mit keiner Antwort rechnete, die ihm in irgendeiner Form weiterhalf.Was soll damit sein? Es sind bequeme Schuhe. Ich bestelle schon seit Jahrzehnten immer dieses Modell, ich kann darin besonders gut laufen, weit du, und ich mu sehr viel laufen in meinem Beruf.Daan-Bar schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab.Du verbrauchst sehr viele Schuhe, stellte er fest.Und deswegen legst du mir Handschellen an? Weil ich ein paar Schuhe mehr brauche als andere? Wei dein Vorgesetzter davon, was du hier veranstaltest? Ich werde mich beschweren.In Daan-Bars Augen glomm ein gefhrliches Feuer auf.Wenn Laar-Pan sich tatschlich beschwerte, hatte er selbstverstndlich keine Aussicht auf Erfolg Daan-Bar wrde den Vorgang verschwinden lassen. Aber auf dem Weg zu seinem Bro wurde dieser Vorgang von einer Instanz nach der anderen zur Kenntnis genommen, und dann war es unausbleiblich, da der eine oder andere sich fragte, warum wohl der Leiter der Sicherheitsorganisation auf eigene Faust Verhaftungen vornahm. Das durfte unter keinen Umstnden geschehen.Das wirst du nicht tun, sagte Daan-Bar leise. Mit beiden Augenpaaren starrte er sein Gegenber an. Laar-Pan erbleichte.Ich werde schweigen, sagte er nach einigem Zgern.Daan-Bar lste seinem Gefangenen die Handfesseln. Er sah ein, da er einen Fehler gemacht hatte.Du solltest den Vorfall vergessen, sagte Daan-Bar. Um den Handelsvertreter fr den Schreck ein wenig zu entschdigen, legte Daan-Bar ihm ein paar Sonderbezugsscheine auf den Tisch. Der Alte sah es und lchelte.Von mir wird niemand etwas erfahren, sagte er.Daan-Bar lie seine Waffe wieder in der Kleidung verschwinden und verlie verdrossen die Wohnung. Auf der Strae schlug er sich den Kragen hoch, damit ihm der Schnee nicht in den Nacken rieseln konnte. Er murmelte eine Verwnschung.

*

Laar-Pan sphte aus dem Fenster. Er konnte den unfreundlichen Besucher im Schneetreiben verschwinden sehen. Laar-Pan nickte langsam.Also doch, sagte er leise.Dann ging er hinber zu seinem Rechneranschlu und whlte eine Nummer. Wenig spter tauchte auf dem Bildschirm das wohlvertraute Gesicht des Emulators auf.Ich gre dich, Laar-Pan, sagte Ziir-Tinc freundlich.Ich habe gerade Besuch bekommen, berichtete Laar-Pan sofort. Jemand von der Sicherheitsorganisation. Ich mte mich sehr tuschen, wenn es nicht Daan-Bar gewesen ist.Der Leiter der Behrde?Laar-Pan nickte.Ich habe sein Bild oft genug gesehen. Er kam allein und er hat nach den Schuhen gefragt.ber die Gesichter von Ziir-Tinc flog ein Lcheln. Auf dem Verstandeskopf wirkte es berlegen, auf dem Gefhlskopf ein wenig spttisch.Ich habe es geahnt, sagte Ziir-Tinc. Es hat lange gedauert, aber unser Trick hat funktioniert.Ein sehr gefhrlicher Trick, wie ich finde, antwortete Laar-Pan. Mir schlottern noch jetzt alle vier Knie. Als Daan-Bar bemerkte, da er bei mir nicht weiterkam, war ich so leichtsinnig, ihm mit einer Beschwerde zu drohen. Er hat mich angesehen, als wollte er mich gleich auf der Stelle ermorden.Er hat es nicht getan, sagte Ziir-Tinc gelassen. Und jetzt bist du auer Verdacht, ein fr allemal. Sollte jemals eine Spur zu dir fhren, solange Daan-Bar im Amt ist, wird er selbst dafr sorgen, da man dich in Ruhe lt.Wer hat eigentlich diese verrckte Idee ausgebrtet? ber Mittelsmnner in der Sicherheitsbehrde den Verdacht genau auf uns zu lenken?Das ist meine Idee gewesen, antwortete Ziir-Tinc zufrieden. Gerade in dieser Zeit mssen wir ungestrt arbeiten knnen, und was wre da hilfreicher als eine amtliche berprfung, die jeden Verdacht aus der Welt schafft.Ich bin nicht ganz sicher, ob dieser Plan auch wirklich funktioniert, sagte Laar-Pan. Dieser Daan-Bar scheint mir ein sehr gefhrlicher Mann zu sein, intelligent und ehrgeizig, das ist eine ble Kombination, wenigstens aus unserer Sicht.Vllig richtig, stimmte Ziir-Tinc zu. Aber er ist auch eitel, und wenn du von der Summe seiner Begabungen und Fhigkeiten die Eitelkeit abziehst, bleibt nicht mehr sehr viel brig.Du wirst es wissen. Laufen die Vorbereitungen plangem?Ziir-Tinc machte eine Geste der Zustimmung.Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, sagte er zufrieden. Im brigen ich brauche einen Satz neuer Schuhe. Hast du daran gedacht?Sie werden dir in der nchsten Zeit zugehen, versprach Laar-Pan, dann trennte er die Verbindung.Zur Gnze beruhigt hatte ihn Ziir-Tinc nicht. Es blieb ein Rest von Unsicherheit ein sehr bedrohlicher Rest.

*

Daan-Bar schlrfte langsam das heie Getrnk. Die Wrme, die sich in seinem Magen ausbreitete, trug etwas dazu bei, seinen Mimut zu dmpfen. Er empfand seinen Rckzug aus Laar-Pans Wohnung als demtigend. Eine solche Panne durfte ihm in seiner Stellung nicht unterlaufen.Daan-Bar sah auf die Uhr. Bis die nchst Fhre nach Walgon II startete, wrden noch sieben Stunden vergehen.Der Flug nach Walgon II wrde fast einen ganzen Tag in Anspruch nehmen, desgleichen der Rckflug falls Daan-Bar auch dann wieder eine Fhre benutzte. Er wrde drei bis vier Tage sein Bro nicht aufsuchen knnen. Schaffte er es, bei seiner Rckkehr einen verhafteten Emulator vorzuweisen, fiel das nicht weiter ins Gewicht. Kam er hingegen mit leeren Hnden zurck, wrde man ihm mit Sicherheit lstige Fragen stellen.Die anderen Gste nahm Daan-Bar nicht wahr. Er grbelte vor sich hin.Schlielich kam er zu einer Entscheidung. Er wollte alles auf eine Karte setzen.Von der Bedienung lie er sich eine Verbindung zu seinem Bro herstellen. Daan-Bars Stellvertreter, ein schweigsamer Walgonier, dessen Gesichter von einem nicht auskurierten Magenleiden deutlich geprgt waren, meldete sich nach kurzer Zeit. Daan-Bar kam sofort zur Sache.Ich brauche einen schnellen Raumjger, das schnellste Modell, das wir haben, ordnete er an.Einsitzer? fragte sein Stellvertreter knapp zurck, whrend er gleichzeitig auf der Rechnertastatur herumfingerte und die Bestellung eingab.Daan-Bar wollte mit dem Emulator als seinem Gefangenen zurckkehren, und wahrscheinlich war es dann auch besser, ein oder zwei Wachen mitzunehmen.Viersitzer, antwortete Daan-Bar. Wann kann der Jger startklar sein?In weniger als einer Stunde, wenn es sein mu. Wir mten die Flotte um Hilfe bitten, die sind in solchen Sachen sehr flink.Daan-Bar rmpfte die Nasen.Meinetwegen, sagte er schlielich. Ich bin in einer Stunde am Raumhafen.Ich bekomme gerade die Besttigung. Der Jger wird dann startklar sein.Daan-Bar nickte zufrieden und trennte die Verbindung. Anschlieend bezahlte er das Getrnk, obwohl er als Mitglied des Herrschaftsrats Waren und Dienstleistungen normaler Art jederzeit ohne Bezahlung anfordern konnte. Das war eines der Privilegien, das mit dem Aufstieg in den Herrschaftsrat verbunden war. In seiner jetzigen Lage erschien es Daan-Bar allerdings ratsam, sich nicht als Herrschaftsratmitglied erkennen zu lassen.Das Schneegestber hatte keineswegs nachgelassen. Es sah ganz danach aus, als wrde in absehbarer Zeit der innerstdtische Verkehr vllig zusammenbrechen.Daan-Bar hatte richtig kalkuliert. Bei diesem Chaos auf den Straen brauchte er fast eine Stunde, bis er den Raumhafen erreicht hatte. Whrend er den Gleiter abstellte, berflog er die Ansammlung von Schiffen auf dem Hafen.Wenn man die Tatsache bercksichtigte, da es auer den Walgoniern selbst kein Volk gab, gegen das man die Flotte htte einsetzen knnen, mute man die Raumflotte unter dem Oberbefehl des Herrschaftsrats geradezu als gigantisch bezeichnen siebenundvierzig kampftchtige Schiffe standen allein auf diesem Raumhafen und warteten auf einen Einsatz. Und es gab insgesamt siebzehn Raumhfen fr militrische Zwecke auf den beiden Planeten des Systems.Der flinke Jger, der auf Daan-Bar wartete, war in dieser Zahl noch nicht einmal enthalten, er wurde zu den Beibooten gerechnet. Immerhin war er schnell genug, die Distanz zwischen den beiden Planeten in zwei Stunden zu bewltigen im Extremfall wre die Reise noch schneller vonstatten gegangen, aber die berlichttriebwerke wurden innerhalb der Ewigen Barriere nur sehr selten eingesetzt.Daan-Bar lie den Jger starten und durchquerte die Atmosphre von Walgon I.Auf einem der Monitoren war eine Darstellung des gesamten Systems zu sehen deutlich war zu erkennen, da es nicht mehr lange dauern konnte, bis die beiden Planeten und die beiden Sonnen in einer geraden Linie standen.Daan-Bar konnte ein Schmunzeln nicht unterdrcken.Fr gewhnliche Walgonier war das Sternenzauberei und so sollte es auch bleiben, nach dem Willen des Herrschaftsrats.Hm, murmelte Daan-Bar. Warum eigentlich nicht?Er nderte den Kurs seines Jgers. Statt des krzesten Weges zwischen den beiden Planeten whlte er einen Kurs, bei dem nach einiger Zeit Walgon I vor den beiden Sonnen zu sehen sein wrde. Perfekt war die Konstellation zu dieser Zeit noch nicht, aber Daan-Bar wrde sich einen annhernden Eindruck von dem Schauspiel verschaffen knnen, auf das die mystischen Rebellen der Paudencer so sehnschtig warteten.Daan-Bar wute, da er nur einen Planeten und zwei Sonnen zu sehen bekommen wrde, alles andere, was die Paudencer behaupteten, war Aberglaube und Unfug.Daan-Bar stie ein unterdrcktes Lachen aus.Das Erwachen bei den Paudencern wrde schrecklich sein. Der groe Tag wrde kommen, nichts wrde geschehen, und die Paudencer wrden beraus enttuscht sein.Es hatte seine Grnde, da der Herrschaftsrat die Paudencer bisher auerordentlich gndig behandelt hatte. Diese Untergrundbewegung wurde gleichsam offiziell geduldet, alle anderen feindlichen Bestrebungen allerdings gnadenlos bekmpft. Nicht zuletzt dieser Strategie hatten es die Paudencer in den letzten Jahrzehnten zu verdanken gehabt, da ihre Zahl so angeschwollen war.Wenn in absehbarer Zeit der groe, geheimnisvolle Tag verstrich, ohne da sich etwas nderte, wrde die Untergrundbewegung der Paudencer mit einem Schlag in sich zusammenbrechen von dieser Niederlage wrden sie sich viele Generationen lang nicht erholen. Im Grunde wrden sich diese Narren mit ihrem eigenen mystischen Unfug das Grab schaufeln.Daan-Bars Jger nherte sich der vorausberechneten Position. Daan-Bar warf einen Blick auf den Panoramaschirm.Gaulat begann gerade hinter Paudenc zu verschwinden, und von links schien Walgon I auf dieses Gebilde zuzukriechen.Daan-Bar nderte den Kurs ein wenig.Das Licht von Paudenc war nun sehr grell und wei, an den Rndern von grnlichen Schleiern durchsetzt. Es war ein beeindruckendes Schauspiel, fand Daan-Bar.Walgon I stand erheblich nher am Jger als die beiden Sonnen und wirkte dadurch scheinbar, ebenso gro wie die Sonnen. Daan-Bar hatte den Kurs exakt berechnet.Als schwarze Scheibe begann sich Walgon I vor das Bild der Sonne zu schieben. Die Bewegung des Jgers lie diesen Vorgang erheblich schneller werden, als er sich am groen Tag vollziehen konnte.Mehr als ein Drittel der beiden Sonnen war nun vom Schatten des Planer ten bedeckt.Daan-Bar sprte, wie eine leise belkeit in ihm aufstieg. Ihm wurde unbehaglich zumute.Das grndliche Training, das er hatte absolvieren mssen, lie ihn die Gefhlsausbrche seines rechten Gehirns unterdrcken. Kalt und nchtern musterte er mit dem linken Kopf das Bild, whrend er rechts beide Augen geschlossen hielt.Von Paudenc war nur noch eine grell strahlende Sichel zu sehen, die sich immer mehr verkleinerte.Daan-Bar verzgerte den Jger. Er wollte die letzten Augenblicke des Schauspiels in die Lnge ziehen.Langsam wurde die Sichel schmaler und schmaler. An den Rndern des Walgon-Schattens lohte und waberte die Korona der beiden Sonnen, die nur unter diesen Bedingungen berhaupt zu sehen war.Dann war es soweit. Walgon I deckte scheinbar beide Sonnen ab.Daan-Bar sah das Bild, nickte und begann zu lachen. Ohne es zu wollen, ffnete er die Augen des rechten Kopfes.Das Bild traf ihn wie ein krperlicher Schlag.Er verstand nichts und begriff doch alles. Nur der rechte Kopf war in der Lage, den Inhalt dieses Bildes aufzunehmen, und er schickte Gefhlswelle auf Gefhlswelle durch Daan-Bar.Zuerst ergriff ihn frchterliche Angst, die ihm den Atem abschnrte. Die schwarze Scheibe von Walgon I vor dem lodernden Hintergrund der Sonnenkorona erschien ihm wie die Verkrperung des Todes.Daan-Bar sprte, wie er zu zittern begann, seine Hnde ballten sich zu Fusten, die Knchel verfrbten sich wei, die Ngel gruben sich tief ins Fleisch, und er sprte den Schmerz nicht.Nach der Angst kam die Trauer, der Schmerz einer vlligen, hoffnungslosen Einsamkeit, ein Strudel der Verzweiflung, der ihn nicht mehr loslassen wollte.Gleichzeitig wurden ihm die Zusammenhnge deutlich was es hie, in der Ewigen Barriere eingesperrt zu sein, ohne die geringste Hoffnung und Aussicht auf nderung.Malose Wut stieg in ihm auf. Das Zittern seines Krpers wurde immer heftiger. In seinen durcheinanderwirbelnden Gedanken ri er die Ewige Barriere ein, zertrmmerte und vernichtete sie.Unglaublicher Ha auf die Mchte, die die Walgonier in der Ewigen Barriere eingesperrt hatten, whlte ihn auf.Der Jger flog weiter, das Bild lste sich auf. Weischimmernd tauchte Paudenc auf, und Daan-Bar sprte, wie sich die Krmpfe in seinem Krper lsten. Sein Atem ging tiefer und ruhiger, seine Gesichtszge entspannten sich.Er kannte jetzt die Zusammenhnge, und er wute, da er sie niemals wrde vergessen knnen.Er wute jetzt, da die Walgonier ihre schreckliche Haft hinter der Ewigen Barriere nicht jahrtausendelang htten ertragen knnen, wre nicht kurz nach dem Beginn der Haft das Gesetz ber die Komissurotomie erlassen worden. Kein Walgonier htte ohne diesen Eingriff lange leben knnen, er wre wahnsinnig geworden.Tiefer Frieden breitete sich in Daan-Bar aus, er lchelte auf beiden Gesichtern.Er wute jetzt, da der groe Tag tatschlich die Wende bringen mute, auf die die Paudencer hofften. Der Anblick, der sich ihm geboten hatte, wrde die ganze Bevlkerung in hnlicher Weise aufwhlen wie ihn, vielleicht noch strker.Dieser Tag wrde das Ende des Herrschaftsrats bringen. Danach wrden sich die Walgonier niemals wieder einer rein logischen, vernunftmigen Gesellschaft unterordnen. Das herrschende System mute auseinanderbrechen.Und Daan-Bar freute sich darauf.

4.

Ziir-Tinc verlie die Wohnung seines Klienten mit einem Gefhl der Verbitterung. Wieder einmal waren seine Bemhungen vergeblich gewesen einem Walgonier, der im Zweifelsfall seinem Verstand mehr traute als seinen wachen Sinnen, war nicht zu helfen, auch wenn er sich noch so qulte.Der Antigravlift brachte Ziir-Tinc auf die Strae. Es war Mittagszeit, und die Straen waren fast leer. Nur ab und zu jagte ein Gleiter an Ziir-Tinc vorbei, als er langsam den Weg nach Hause antrat.Schlimm war, da er selbst es nur selten vermochte, die Impulse seiner beiden Gehirne zu koordinieren; wieviel schwerer mute das jemandem fallen, der es noch nie versucht hatte.Unwillkrlich sah Ziir-Tinc hinauf zum Himmel. Paudenc stand vor Gaulat, jeder konnte es sehen. Der entscheidende Tag kam immer nher.Was werden sie unternehmen? murmelte Ziir-Tinc.Er war nicht so dumm, seinem Gegner Tatenlosigkeit oder Mangel an Intelligenz zu unterstellen. Der Herrschaftsrat wute von der Existenz der Paudencer, und Ziir-Tinc kannte die Mittel der Gaulater gut genug sie htten den Paudencern auf ganz andere Art und Weise zusetzen knnen.Vor wenigen Wochen erst hatten die Ordnungskrfte eine Geheimorganisation ausgehoben, eine weitverzweigte Verbrecherbande, die zwei Jahrzehnte lang ihr Unwesen auf beiden Planeten getrieben hatte. Ziir-Tinc hatte die Berichte ber die Fahndung und Festnahme der Bande genau studiert und sich ber seine geheimen Kanle einige weitere Informationen besorgt. Daher wute er genau, da der Herrschaftsrat die Paudencer lngst htte nahezu verschwinden lassen knnen, wenn es dem Herrschaftsrat gepat htte.Sie haben etwas vor, ganz bestimmt. Aber was?Er benutzte einen der groen Personengleiter, die bis zu vierhundert Fahrgste schnell und bequem transportieren konnten. Auf dem Sektor erwies sich die sture Stdtearchitektur des Herrschaftsrats ausnahmsweise einmal als gnstig das ffentliche Netz von Gleitern war nahezu perfekt. Keine Einstiegsstation war von einer Wohnung weiter als dreihundert Meter entfernt, und die Gleiterbusse fuhren in Abstnden von drei bis vier Minuten. Mit nur einmaligem Umsteigen konnte man, eine gnstige Witterung vorausgesetzt, binnen einer halben Stunde von jedem Ort der Stadt an jeden anderen gelangen.Gewohnheitsmig wechselte Ziir-Tinc mehrfach den Gleiter; er hielt sorgfltig Ausschau, ob ihn jemand verfolgte. Wie er nicht anders erwartet hatte, lie man ihn in Ruhe.In der Nhe seiner Wohnung allerdings stie Ziir-Tinc auf eine unangenehme berraschung. Das Kennzeichen eines geparkten Privatgleiters kam ihm bekannt vor.Es war einer der Unterfhrer der Sektion sieben, die auf einem der anderen Kontinente von Walgon II arbeitete.Was fllt dem Burschen ein? murmelte Ziir-Tinc grimmig. Er hatte immer dafr gesorgt, da niemand seine Spuren verfolgen konnte und jetzt suchte ihn einer der Unterfhrer privat auf.Hastig sah sich Ziir-Tinc um. Von Spitzeln war nichts zu sehen, allerdings wute Ziir-Tinc, da es technische Gerte gab, die das Nachschnffeln zu einem Kinderspiel werden lieen. Winzige Kameras, mikroskopisch kleine Mikrophone und allerlei andere Dinge.Ziir-Tinc entschlo sich, seine Wohnung dennoch aufzusuchen.Der Unterfhrer der Sektion sieben war ein schlanker junger Mann, der nervs mit allen zwanzig Fingern spielte und einen gehetzten Eindruck machte. Er wartete vor der Wohnungstr auf Ziir-Tinc und ri alle vier Augen weit auf, als er den Emulator erkannte.Du? stammelte er.Wundert dich das? fragte Ziir-Tinc grimmig. Niemand war auf dem Gang. Er geleitete den jungen Mann in die Wohnung.Aber ja doch, stie Ollon-Tur hervor, sichtlich auer Fassung. Dich wollte ich gar nicht besuchen. Ich habe mir diese Adresse von Freunden geben lassen, weil ich einen guten Seelenheiler brauche.Das war natrlich ein unglaublicher Zufall, aber leider nicht mehr aus der Welt zu schaffen.Setz dich, sagte Ziir-Tinc, whrend er die Kleidung wechselte. Falls du Hunger hast oder Durst bediene dich.Ollon-Tur schttelte die Kpfe.Ich kann jetzt nichts essen, klagte er. Ich habe Probleme.Worum geht es? fragte Ziir-Tinc und nahm gegenber von Ollon-Tur Platz.Meine Frau, sagte Ollon-Tur klglich. Ich habe es bis jetzt vor ihr geheimgehalten, da ich zu euch gehre, denn ich wei, da sie berzeugte Gaulaterin ist. Nun hat sie es aber herausbekommen und setzt mich unter Druck. Entweder soll ich die Organisation verlassen, oder sie verlt mich.Und du willst beides nicht, vermutete Ziir-Tinc.Mit solchen Problemen wurde er des fteren konfrontiert. In der Regel schlug Ziir-Tinc dann vor, da der Bedrngte die Organisation verlie, jedenfalls nicht mehr mitarbeitete. Auf ein Mitglied mehr oder weniger kam es nicht mehr an.Richtig, besttigte Ollon-Tur. Sie hat mir eine frchterliche Szene gemacht. Aber das wre noch zu ertragen. Sie verlangt aber von mir als Beweis, da ich wirklich nicht mehr dazugehre da ich alles verrate, was ich ber die Paudencer wei. Und eines wei ich ganz sicher ich will mich nicht von meiner Frau trennen.Ziir-Tinc stie einen Seufzer aus.Das Problem war ohnehin gewichtig genug, aber jetzt konnte er zu einer echten Krise werden Ollon-Tur war das einzige nicht ranghohe Mitglied der Paudencer, das Ziir-Tincs offizielle Identitt kannte.Ziir-Tinc betrachtete sein Gegenber. Ollon-Turs rechter Kopf zeigte Verzweiflung und sehr viel Angst, das rationale Gesicht spiegelte Ratlosigkeit wider.Hltst du es fr mglich, Zeit zu gewinnen? fragte Ziir-Tinc.Ein paar Tage vielleicht, aber ganz bestimmt nicht mehr, antwortete Ollon-Tur. Ich glaube zu wissen, was dir durch den Kopf geht. Du rechnest auf die Groe Magische Synopse, darauf, da sie alles zum Guten wendet, auch die Einstellung meiner Frau, nicht wahr?Ziir-Tinc lchelte.Ich glaube fest daran, sagte er. Ollon-Tur beugte sich vor und sah Ziir-Tinc scharf an.Wie fest? fragte er leise. So fest, da du mir zumutest, meine Partnerschaft zu riskieren?Ziir-Tinc zog die Lippen zusammen.Wie fest war sein Glaube an Paudenc? Da der groe Tag kommen wrde, stand auer Zweifel. Nichts konnte die Sterne und Planeten aus ihren vorgezeichneten Bahnen werfen.Aber der gewaltige Eingriff in das Schicksal der Walgonier, der mit diesem Tag verbunden war war er ebenso sicher vorgezeichnet? Oder war er nur Schimre, eine geistige Ausgeburt der Hoffnungslosigkeit?Ziir-Tinc dachte an die geheimnisvolle Stimme der Emulatorquelle. Hatte er die Worte wirklich gehrt, oder hatte er halluziniert?Gewiheit, murmelte Ziir-Tinc. Absolute, unanfechtbare Gewiheit es gibt sie nicht.Ich verlange keine absolute Gewiheit, Ziir-Tinc. Ich wte nur gerne, wieviel du selbst aufs Spiel setzen wrdest.Ziir-Tinc lchelte.Ich wage mein Leben, sagte er einfach. Wenn die Gaulater mich zu fassen bekommen Er wute aus der berlieferung der Emulatoren, da ein Emulator nur sterben konnte, wenn ein neuer Emulator bereits geboren war aber in der Geschichte der Walgonier war diese Voraussage niemals exakt berprft worden. Gewi Ziir-Tinc hatte seinen Vorgnger gekannt und er wute auch, da er mehr als dreimal so alt war, wie ein Walgonier bei bester Pflege an Jahren berhaupt erreichen konnte. Rein krperlich fhlte sich Ziir-Tinc dem Tode nicht nahe.Aber was wurde aus dieser extremen Langlebigkeit oder Unsterblichkeit, wenn die Gaulater alles daransetzen, ihn zu tten?Das Entstehen eines Emulators, seine ganz besonderen Fhigkeiten und Wirkungsweisen waren schon absonderlich genug. In welcher Weise wirkte das Emulatorprinzip? Griff es gestaltend in das Wesen und den Charakter eines einzelnen Walgoniers ein? Oder erreichte es durch Manipulation allen Geschehens, da ein Emulator einfach nicht gefangengenommen und gettet werden konnte?Was wrde geschehen, wenn Ziir-Tinc sich den Sicherheitsbeamten stellte, von ihnen zum Tode verurteilt und hingerichtet werden sollte? Wrde dann in einem Augenblick ein neuer Emulator entstehen? Wrden die Schsse ihm nichts anhaben knnen? Oder griffen unbekannte Schicksalsmchte ein und lieen die Waffen unbrauchbar werden oder die Henker bewutlos umfallen?Es gab keine Antworten auf diese Fragen, und in diesem Augenblick empfand Ziir-Tinc seine Existenz als Emulator weniger als Auszeichnung, sondern vielmehr als schreckliche Brde.Ich werde dir sagen, was ich tun werde, sagte Ollon-Tur und stand auf. Ich werde meine Frau ein paar Tage lang hinzuhalten versuchen. Ich werde ihr Gewissensqualen zeigen, die ich gar nicht einmal zu spielen brauche, denn ich fhle mich innerlich wie zerrissen. Ich werde ihr versprechen, mich den Behrden zu stellen und ich werde sie ein paar Tage lang belgen. Sie wird frchterlich bse auf mich sein, aber damit werde ich fertig werden knnen.Ollon-Tur sah Ziir-Tinc scharf an.Am Morgen des groen Tages werde ich mich tatschlich stellen ich werde euch nicht verraten knnen, es wird fr die Gaulater zu spt sein, um noch etwas unternehmen zu knnen. Unser Programm wird ablaufen knnen wie geplant. Geht alles gut, knnt ihr mich spter befreien das Risiko nehme ich auf mich. Geht es daneben, werde ich alles erzhlen, was ich wei dann knnt ihr zusehen, wie ihr damit fertig werdet. Ist das ein anstndiger Vorschlag?Ziir-Tinc nickte.Ich kann ihn annehmen, sagte er langsam. Du nimmst eine groe Last von meinen Schultern.Ziir-Tinc schlo den jungen Paudencer in seine Arme.Wir werden es schaffen, sagte er zuversichtlich.Er geleitete Ollon-Tur zur Tr und ffnete sie.

*

Daan-Bar wute sofort, da er jetzt den Emulator gefunden hatte. Von Ziir-Tinc strahlte etwas aus, das Daan-Bar an das Erlebnis whrend seines Fluges erinnerte an die Freude, die er am Ende empfunden hatte, und an die Zuversicht.Neben Ziir-Tinc stand der junge Paudencer, den Daan-Bar fr sein Spiel herangezogen hatte.Ollon-Tur konnte natrlich nicht wissen, da seine Frau seit vielen Jahren auf der Gehaltsliste der Sicherheitsbehrden stand und alles, was sie von Ollon-Tur erfuhr, an die Dienststellen weitergab. Er wute auch nicht, da die Berichte seiner Frau immer sprlicher und gehaltloser geworden waren; in den Akten der Sicherheitsorgane wurde sie ungeachtet ihres offiziellen Status lngst als unbewute Paudencerin gefhrt. Und was Ollon-Tur ebenfalls nicht wissen konnte, war die Tatsache, da Daan-Bar die Frau nur mit einer Drohung dazu hatte verleiten knnen, Druck auf ihren Mann auszuben Daan-Bar hatte sie persnlich aufgesucht, sich zu erkennen gegeben, und ihr unmiverstndlich klargemacht, da Ollon-Tur fr immer verschwinden wrde, wenn sie Daan-Bars Befehl nicht ausfhrte.Es war gelaufen, wie Daan-Bar es geplant hatte. Ollon-Tur hatte sich in seiner Verzweiflung an seine Kameraden unter den Paudencern gewandt. Da Ollon-Tur beim ersten Versuch tatschlich bis zum Emulator vordringen wrde, hatte Daan-Bar allerdings nicht zu hoffen gewagt.Zurck, sagte Daan-Bar. Die beiden Paudencer hoben die Arme.Daan-Bar trat ein und schlo die Tr hinter sich.Ich kenne ihn, stie Ollon-Tur hervor. Seine Gesichter waren wei vor Schrecken. Ziir-Tincs Ratio-Gesicht zeigte Unverstndnis, der Gefhlskopf hatte einen Ausdruck der Neugierde.Es ist Daan-Bar, sagte der Emulator gelassen. Oberster Dienstherr aller Tabu-Jger.Daan-Bar lchelte, dann steckte er die Waffe weg.Ollon-Tur machte Anstalten, sich unverzglich auf Daan-Bar zu strzen, aber Ziir-Tinc hielt ihn mit einer energischen Armbewegung davon ab.Ich wittere eine berraschung, sagte Ziir-Tinc. Er beugte sich etwas vor und sah Daan-Bar sehr genau an.Daan-Bar lchelte noch immer.Es ist so, wie du vermutest, sagte er freundlich. Ich bin nicht gekommen, um euch zu verhaften. Ich will euch vielmehr helfen.Das glaube, wer will, stie Ollon-Tur heftig hervor.Daan-Bar berichtete kurz und knapp, was ihm bei seinem Flug nach Walgon II zugestoen war. ber die Gesichter von Ziir-Tinc flog ein triumphierendes Lcheln, whrend Ollon-Tur vor Staunen ganz starr stand.Es ist so, wie ich es sage, schlo Daan-Bar seine Erklrung ab. Dieser Tag wird das Schicksal unseres Volkes von Grund auf ndern.Hm, machte Ziir-Tinc. Wenn die Wirkung jetzt schon zu spren ist Der Kommunikator meldete sich mit einem hohen Piepston.Ziir-Tinc runzelte die Brauen, dann ging er zu dem Gert hinber. Das Gesicht einer Frau erschien auf dem Bildschirm. Sie sah an Ziir-Tinc vorbei, ihre Gesichter war von Ratlosigkeit und Schreck gezeichnet, der Gefhlskopf wies eine deutliche Schamrte auf.Loon-Ryt, rief Ollon-Tur aus und trat an das Gert. Weshalb rufst du mich hier an?Gerade waren vier Tabu-Jger hier, rief die Frau aufgeregt. Sie wollten wissen, wo du bist, und ich war so erschrocken, da ich es ihnen gesagt habe.Ollon-Tur und Ziir-Tinc wechselten rasche Blicke. Daan-Bar prete die Kiefer aufeinander.Er stie einen Fluch aus.Der oberste aller Spitzel wird selbst bespitzelt, murmelte er. Irgend jemand in seiner Dienststelle hatte sich vermutlich in smtliche Kommunikationsstrnge eingeschaltet und bekam jede Auskunft erteilt, die auch Daan-Bar angefordert hatte. Vermutlich der harmlos erscheinende Abteilungsleiter, der hoffte, durch diesen pfiffigen Trick seinen Vorgesetzten ausschalten und selbst dessen Amt bernehmen zu knnen.Sie mssen bald bei euch sein, sagte Loon-Ryt. Was machst du da eigentlich? Hat er dir helfen knnen?Ich hoffe es, stie Ollon-Tur hervor. Fragend wandte er sich an Ziir-Tinc, der wiederum sah Daan-Bar an.Daan-Bar zuckte die Achseln.Ich kann euch jetzt nicht mehr helfen, sagte er bitter. Meine Zeit ist abgelaufen, ich werde jetzt genauso gejagt wie ihr.Hast du Freunde, Loon-Ryt, bei denen du dich ein paar Tage lang verstecken kannst? fragte Ziir-Tinc die junge Frau.Sicher, aber was hilft das uns?Zeit gewinnen, antwortete Ziir-Tinc. Alles, was wir jetzt brauchen, ist Zeit. Die Umstnde arbeiten fr uns, aber wir mssen unbedingt verhindern, da die Tabu-Jger noch irgendwelche Gegenmanahmen treffen knnen.Vielleicht haben wir noch eine Chance, murmelte Daan-Bar. Er zog die Fernsteuerung des Raumjgers aus der Tasche. Mit ihrer Hilfe konnte Daan-Bar nicht nur das Fahrzeug an jeden beliebigen Ort lenken, er konnte auch eine allerdings etwas grobe Ferninspektion durchfhren. Die Leuchtdioden zeigten an, da der Jger noch intakt war.Ich bin sicher, du hast einen geheimen Fluchtweg aus deiner Wohnung, sagte Daan-Bar. Der Emulator nickte.Wir werden ihn benutzen, aber vorher trenne die Verbindung. Loon-Ryt braucht nichts zu erfahren, was man ihr mglicherweise entlocken knnte.Mit einem Handgriff schaltete Ziir-Tinc den Kommunikator aus, ohne sich um die Proteste des Paares zu kmmern.Gehen wir, sagte Daan-Bar. Wohin soll ich meinen Jger bestellen?Ziir-Tinc nannte einen Ort am Rand der Stadt, dessen Koordinaten Daan-Bar sich merkte. Als vorsichtiger Mann gab er sie noch nicht weiter, sondern lie den Jger nur aufsteigen und eine weite Runde ber die Stadt fliegen.Ziir-Tinc ffnete unterdessen einen Schrank und schob die Kleider zur Seite. Ein Knopfdruck lie die Rckseite des Schrankes verschwinden, die ffnung eines Schachtes wurde sichtbar.Wo fhrt das hin? fragte Ollon-Tur.Zur Energieversorgung des Hauses, antwortete Ziir-Tinc. Wir mssen aber sehr vorsichtig sein diesen Fluchtweg habe ich fr eine extrem gefhrliche Lage vorgesehen, und so ist er auch selbst ausgefallen.Daan-Bar, der als einziger eine Waffe besa, schwang sich als erster in den Schacht.Die Rhre war gerade gro genug, um einem Walgonier Platz zu bieten. Es gab kein Licht, und von einer glatten Verkleidung war nicht die Rede. Daan-Bar schrfte sich Hnde und Gesicht auf, als er in die Tiefe glitt.Du mut dich bcken! erklang von oben die Stimme von Ziir-Tinc. Du wirst eine Platte finden. Hebe sie an und schlpfe in das Loch, aber geh nicht weiter!Daan-Bar folgte der Anweisung. Er war froh, das Schachtende verlassen zu knnen, denn Ziir-Tinc hatte sich wahrhaftig einen lebensgefhrlichen Endpunkt ausgesucht unmittelbar neben dem Landeplatz, der auf drei Seiten von Mauerwerk begrenzt wurde, stand ein groer Energieerzeuger, dessen Kontakte frei lagen. Funkenbndel elektrischer Entladungen tanzten auf den Polen und lieen Daan-Bar die Haare zu Berge stehen.Er kroch in das Loch hinein es fhrte zu einem Abwasserschacht, der horizontal unter der Erde verlief. Wenig spter erschien Ollon-Tur, als letzter kam Ziir-Tinc.Der Emulator war ein wenig auer Atem.Von hier aus kann ich den Antigravschacht stillegen, sagte er keuchend. Und von oben kann man ihn nicht wieder einschalten und es werden Stunden vergehen, bis die Tabu-Jger diesen Ort erreicht haben knnen.Daan-Bar schttelte den Kopf.Sie werden die Plne des Hauses aus dem Rechner holen und sehr bald genau wissen, da der Schacht genau auf dem Abwasserkanal endet.Auch das wird Zeit kosten, stie Ziir-Tinc hervor. Kommt, ich werde euch den Weg zeigen.

5.

Selbst in seiner Zeit als junger Tabu-Jger, als er ausgebildet worden war, hatte Daan-Bar nicht soviel Schmutz und Unrat auf der Kleidung und am Krper gehabt. Durch die Abwsser einer Millionenstadt zu krabbeln, war eine Tortur fr Auge, Ohr und vor allem fr die Nase. Es stank bestialisch.Wir knnen ein wenig verschnaufen, stie Ziir-Tinc hervor. Wie sieht dein Plan aus, Daan-Bar?Wenn es gelingt, schnappen wir uns die Raumjger und starten damit.Man wird sofort die Verfolgung aufnehmen, und innerhalb der Ewigen Barriere gibt es nirgendwo einen Platz, an dem wir uns verstecken knnten.Es gibt einen, sagte Daan-Bar, und wir sind vllig sicher dort.Welchen Ort meinst du? fragte der Emulator.Die Verlngerung der Achse Gaulat-Paudenc-Walgon I, antwortete Daan-Bar. Wer uns dort zu nahe zu kommen versucht, wird das gleiche erleben wie ich.Hm, machte Ziir-Tinc. Kein schlechter Gedanke. Aber ich kann mich nicht tagelang dort verstecken. Ich werde hier gebraucht.Dann trennen sich jetzt unsere Wege, sagte Daan-Bar und drckte dem Emulator die Hnde. Wir werden uns wiedersehen in wenigen Tagen schon!Hoffentlich, sagte Ollon-Tur, dem ersichtlich nicht wohl war bei dem Gedanken, die Flucht an der Seite des obersten Tabu-Jgers weiterzufhren.Ich kenne einen Weg, der uns ins Freie fhrt, sagte Ziir-Tinc. Dort gehen wir auseinander.Der Ort war nach kurzer Zeit erreicht. Ziir-Tinc kehrte in das Abwssersystem zurck, um an einem anderen Ausgang das Tageslicht zu erreichen. Daan-Bar und Ollon-Tur krochen eine Leiter hoch, stemmten eine schwere Platte zur Seite und erreichten so die Oberflche.Jetzt wird es spannend, sagte Daan-Bar. Er bettigte die, Fernsteuerung.Der Raumjger mute bei seinem Rundkurs ber die Stadt ohnehin sehr bald an dieser Stelle vorbeikommen, und so dauerte es nicht lange, bis das Fahrzeug in Sicht kam.Wenn jemand an Bord ist, verschwindest du in den Kanlen, bestimmte Daan-Bar. Ich decke dir den Rckzug.Kein Waffengebrauch meinetwegen, stie Ollon-Tur hervor. Wir Paudencer arbeiten nicht mit solchen Mitteln.Nicht alle, einer tut es, sagte Daan-Bar.Er wute, da ein Kampf frher oder spter unausbleiblich wurde, wenn ihm die Tabu-Jger im Nacken saen.Erfuhr man im Herrschaftsrat von der Wirkung der Groen Magischen Synopse, dann wrde der Herrschaftsrat Mittel und Wege finden, die Wirkung dieses Schauspiels zu verhindern, und sei es dadurch, die ganze Bevlkerung fr einen Tag einzusperren. Die Paudenc-Katharsis, wie Daan-Bar fr sich die eigentmliche Wirkung der Konstellation genannt hatte, war offenbar nur dann wirksam, wenn das Bild vom rechten Schdel wahrgenommen und verarbeitet wurde, es wirkte nur auf die Emotionen der Walgonier, nicht auf ihren Verstand. Es war auch mglich, da der Herrschaftsrat fr diesen Tag das Tragen von Augenbinden vorschrieb ein einfaches, billiges, leicht zu kontrollierendes Hilfsmittel.Dazu durfte es nicht kommen, das war Daan-Bars Wille, und er war bereit, dafr zu kmpfen.Der Raumjger schwebte heran und setzte auf. Die Mannschleuse ffnete sich.Ich gehe hinber. Erst wenn ich dir ein Zeichen gebe, kommst du nach! bestimmte Daan-Bar.Der Raumjger war leer, Daan-Bar brauchte nur einige Augenblicke, um das festzustellen und Ollon-Tur heranzuwinken. Der junge Paudencer nahm auf dem Sitz des zweiten Piloten Platz, whrend Daan-Bar das Triebwerk hochfahren lie.Ein Knopfdruck setzte automatisch den Rettungsalarm in Kraft. Breite Gurte legten sich um die Krper der beiden Walgonier, auerdem schaltete sich die autarke Notversorgung fr den Vorderteil des kleinen Schiffes ein, der im Ernstfall zugleich als Rettungsboje fungierte.Sehr echt scho der Jger in den Himmel hinauf. Sobald er die Wolkendecke durchstoen hatte, erkannte Daan-Bar auf dem Bildschirm einen Pulk von greren Schiffen der Flotte.Man erwartet uns bereits, stie er grimmig hervor. Sein rechter Kopf hatte die Augen geschlossen. Es kam jetzt darauf an, alle Emotionen beiseite zu lassen und ganz rational und kaltbltig zu handeln.Die Verfolger beschleunigten, die Jagd hatte begonnen.Daan-Bar wute, da sein Schiff schneller war als die groen Einheiten, aber es gab auch Raumtorpedos, die erheblich schneller waren als der schnellste Jger.Ollon-Tur war ziemlich bleich.Jetzt brauchst du noch keine Angst zu haben, stie Daan-Bar hervor, whrend er das Triebwerk bis zum uersten beanspruchte. Ich bin vllig sicher, da sie wenigstens mich erst einmal lebend haben wollen.Und wenn nicht? fragte Ollon-Tur.Dann bekommen sie uns tot, antwortete Daan-Bar. Er war in diesem Augenblick froh, da er selbst in einer so kritischen Lage imstande war, seine Emotionen vllig zu unterdrcken. Ausnahmsweise machte sich die strenge Trennung von Verstand und Gefhl einmal bezahlt, keine Furcht, keine Panik lie ihn zittern.Ich mchte nur wissen, warum man dir nachspioniert hat, murmelte Ollon-Tur nervs.Daan-Bar zuckte mit den Schultern.Ich habe keine Ahnung, sagte er. Wir werden es spter erfahren!Er rechnete sich aus, da er etwas lnger als eine Stunde brauchen wrde, um die sichere Zone erreichen zu knnen viel Zeit fr eine lange, gefhrliche Verfolgungsjagd. Vom vordersten der Verfolger lste sich ein Energieschu, aber die Entfernung war entschieden zu gro. Der Treffer auf die Schutzschirme des Jgers hatte nur den einen, erfreulichen Effekt, das Schiff noch ein wenig schneller zu machen, als es ohnehin schon war.Daan-Bar lchelte, als er sah, wie heftig Ollon-Tur bei dem Treffer erschrak.Keine Panik, sagte er. Sie sind viel zu weit entfernt, und in ein paar Minuten werden sie uns berhaupt nicht mehr erreichen knnen.Eine Viertelstunde verging, ohne da sich etwas Besonderes ereignete. Der Jger raste durch den Raum, schnurgerade auf das ersehnte Ziel zu.Daan-Bar nderte den Kurs ein wenig.Er wollte so nahe wie mglich an die Ewige Barriere heran. Dort mute der kegelfrmige Wirkungsbereich der Paudenc-Katharsis besonders gro sein gro genug hoffentlich, um die ganze Verfolgerflotte auf einmal erfassen und ausschalten zu knnen.Abenteuerliche Spekulationen jagten durch Daan-Bars Hirn. Vielleicht war es nach diesem Coup mglich, auch andere Verbnde der Walgon-Flotte anzulocken. War die Raumflotte erst einmal fr die Sache der Paudencer gewonnen, hatte der Herrschaftsrat ausgespielt.Da wenig fr ihn zu tun war der Jger behielt seinen Kurs bei und raste rechnergesteuert durch das All , gab sich Daan-Bar seinen Trumen hin.Mit der Flotte hinter sich konnte er leicht den Herrschaftsrat absetzen und entmachten. Wer sollte danach aber ber die beiden Walgon-Planeten regieren? Paudencer waren in hohen Regierungsmtern wahrscheinlich nur in sehr geringer Zahl anzutreffen, auf der Ebene der obersten Entscheidungstrger gab es keinen einzigen, der dem Paudenc-Glauben anhing. Daan-Bar war der einzige.Daan-Bar begann breit zu grinsen, als ihm einfiel, da jedem im Herrschaftsrat das gleiche passieren konnte wie ihm. Wie Seifenblasen platzten seine Trume von der Herrschaft ber Walgon auseinander, und er war nicht einmal verrgert darber.H? machte Daan-Bar, als ihn ein Gerusch aus seinen Trumen aufweckte.Ich fragte, was das ist, wiederholte Ollon-Tur und zeigte auf den Bildschirm.Daan-Bar wandte den Kopf und erstarrte.Bei Paudenc! entfuhr es ihm. Raumminen!Er stie einen Fluch aus.Jemand wahrscheinlich die Flotte im Auftrag des Herrschaftsrats hatten den ganzen Bereich zwischen Walgon II und der Ewigen Barriere mit Treibminen vollgepackt und zwar boshaft genau im Wirkungsbereich der Paudenc-Katharsis.Daan-Bar sah auf den anderen Schirm.Die Verfolgerflotte war weit entfernt, aber wenn Daan-Bar den Flug jetzt abbremste, war sie im Handumdrehen nahe heran.Weiterfliegen war glatter Selbstmord.Deutlich konnte Daan-Bar auf den Orterschirmen die endlos langen Energiefden sehen, die von den Minen ausgingen und wie die Tentakel eines Ungeheuers sich durch den Raum schlngelten. Ein Schiff, das auch nur einen dieser Tentakel berhrte, war verloren der Tentakel zog die Mine in Blitzeseile an das Schiff heran, und dann ging eine atomare Ladung hoch, die ausreichend stark war, um auch das strkste Schiff der Walgonflotte in Atome zu zerblasen.Was machst du? schrie Ollon-Tur.Daan-Bar handelte wie in Trance.Er sprte bei klarem Verstand, da ihm die Kontrolle ber seinen Krper entglitt. Der rechte Kopf hatte den Krper bernommen, die emotionale Seite seines Ichs bewegte die Hnde, lie sie ber die Tastatur des Rechners huschen.Bei klarem Verstand sah Daan-Bar, wie seine durchgedrehten Gefhle einen Linearsprung einleiteten, eine winzige Strecke nur, aber dennoch viel zu lang.Das Schiff mute in der Ewigen Barriere zerschellen, unweigerlich. Auch im Linearflug war es nicht mglich, sie zu durchbrechen. In Daan-Bars Logikgehirn tauchten wie auf einem Leseschirm die Daten der letzten Fehlversuche auf. Auch stark modifizierte Aggregate hatten es nicht geschafft. Seit dem Tag, da das System der Doppelsonne eingekerkert worden war, hatten die walgonischen Wissenschaftler immer wieder versucht, ein Mittel zu finden, die Ewige Barriere zu durchbrechen oder zu berlisten. Keiner dieser Versuche war erfolgreich gewesen, nicht einmal Robotsonden hatten das System verlassen knnen. Gerade die Tatsache, da jahrhundertelang betriebene aufwendige Forschung vllig ohne brauchbares Ergebnis geblieben war, hatte der Barriere ihren entsetzlichen Beinamen eingetragen.Nein! schrie Ollon-Tur, als er erkannte, was Daan-Bar zu tun beabsichtigte.Auch bei ihm brachen die Emotionen durch grauenvolle Angst und eine unbezhmbare Wut auf Daan-Bar, der den Jger mit seinen beiden Insassen dem sicheren Untergang zusteuerte.Ollon-Tur spannte wutbrllend die Muskeln an. Schnalzend platzten die Gurte auseinander, dieser Kraftentfaltung waren sie nicht gewachsen.Daan-Bars Logik und Ratio lieen ihn an die Testwerte dieser Gurte denken, danach mute Ollon-Tur das Zehnfache normaler Krperkraft aufgeboten haben, um diesen Kraftakt vollbringen zu knnen.Ollon-Tur strzte auf Daan-Bar zu, versuchte, ihn an dem selbstmrderischen Vorhaben zu hindern, aber Daan-Bar packte zu und schleuderte den tobenden Ollon-Tur einfach zur Seite.Klargeistig kam Daan-Bar zu dem Ergebnis, da auch sein Krper emotional bis zum uersten aufgeputscht war. Ollon-Tur landete auf dem Boden und blieb dort liegen.Auf der Leuchtanzeige tickten die Sekunden herunter. Sie zeigte an, da nur noch sieben Sekunden vergehen muten, bis die Linearetappe eingeleitet wurde.Daan-Bar sah mit dem linken Kopf auf einen anderen Wert. Er zeigte an, da in acht Sekunden der Raumjger die erste der Raumminen erreichen wrde.Die sieben Sekunden verstrichen sehr langsam.Daan-Bar empfand keinerlei Furcht. Er registrierte vllig gefhlskalt, was um ihn herum vorging, wie die Leuchtfinger der Treibminen nher zu kommen schienen, wie die Verfolgerflotte verzgerte, um nicht selbst ins Verhngnis zu rasen.Dann war die Wartezeit vorbei.Im gleichen Augenblick, in dem der Jger in den Hyperraum vorstie, verlor Daan-Bar das Bewutsein.

*

Wo sind wir? fragte Ollon-Tur.Daan-Bar lchelte.Auf der Lebensseite der Wirklichkeit, sagte er sanft. Wir leben noch, aber frage mich nicht, warum.Ollon-Tur kam hoch. Er war vor einer halben Minute wieder zu sich gekommen. Daan-Bar hatte bereits vor fnf Minuten das Bewutsein wiedererlangt.Was ist das? fragte Ollon-Tur und deutete auf den Panoramaschirm.Das Nichts, antwortete Daan-Bar. Der freie Raum er ist vllig leer.Leer?Es ist nichts zu sehen, absolut nichts, antwortete Daan-Bar.Vllig verwirrt und erschttert sank Ollon-Tur auf den Sessel des Zweiten Piloten. Die Gurte, die er zerrissen hatte, baumelten seitlich daran herab.Daan-Bar konnte die Verwirrung seines Begleiters sehr gut begreifen, seine eigene Bestrzung war noch weit grer gewesen. Als Mitglied des Herrschaftsrats hatte er natrlich Kenntnisse ber die Geschichte der Walgonier gehabt, die ber den Wissensstand der einfachen Leute weit hinausgingen.So wute Daan-Bar, da die Walgon-Planeten vor Urzeiten einmal das Kerngebiet eines mchtigen Sternenimperiums gewesen waren, eines Machtbereichs, der sich nach Tausenden von besiedelten oder unterworfenen Sonnensystemen bema. Walgon war gefrchtet gewesen zu seiner Zeit, seine Raumflotten hatten jeden Gegner erbarmungslos niedergeworfen, und wegen der unerbittlichen Tyrannei der Walgonier in ihrem Sternenimperium hatte es Gegner genug gegeben. Und waren die inneren Rebellionen niedergeschlagen, beschftigte sich die Flotte damit, weitere Welten aufzustbern, mit Zwangskolonisten zu besiedeln, oder aber, wenn die Welten eigenes Intelligenzleben hervorgebracht hatten, diese Intelligenzen zu unterwerfen. In der Wahl der Mittel waren die Vorvter der heutigen Walgonier nicht zimperlich gewesen.Daan-Bar, der die Praktiken des Herrschaftsrats kannte, konnte mit dem verharmlosenden Ausdruck nicht zimperlich etwas anfangen wenn er sich die Szenen vorstellte, die damals zum Alltag der Walgon-Herrschaft gehrt hatten, wurde ihm schlecht, und er schmte sich Walgonier zu sein.Dann aber, an einem Tag der Groen Magischen Synopse, war es vorbei gewesen mit den groen Tagen Walgons. Von da an hatte es nur das System der Doppelsonne gegeben, und im Lauf vieler Jahrhunderte waren die glanzvollgrausamen Zeiten in Vergessenheit geraten.Das alles wute Daan-Bar.Nach diesem Wissen htte es dort drauen Sterne geben mssen nicht nur einen oder zwei. Er htte eine ganze Galaxis sehen mssen, Kugelsternhaufen, Dunkelwolken, Millionen von Einzelsternen. Mit vielen dieser Begriffe konnte Daan-Bar gar keine rechte Vorstellung verbinden unter dem Wort Galaxis stellte sich Daan-Bar etwas ungeheuer Groes vor.Es gab aber keine Sterne, keinen einzigen.Mten wir nicht Sterne sehen knnen? fragte Ollon-Tur. Ich habe davon reden hren, da es sie geben soll. Sehr viele sogar, mindestens zwanzig oder dreiig.Es gibt keinen einzigen, antwortete Daan-Bar rauh.Und wo ist Gaulat? Und Paudenc?Auch verschwunden, sagte Daan-Bar. Es gibt nichts auer uns.Nichts?berhaupt nichts.Es war unmglich, sich das vorzustellen. Ein vllig leeres Universum, in dem nichts existierte auer einem kleinen Raumschiff und seinen beiden Passagieren.Ollon-Tur schlug die Hnde vor das Emotionsgesicht und begann zu schluchzen. Sein Rationalkopf verdrehte die Augen und fiel nach hinten.Daan-Bar holte tief Luft.Er hatte es drei Minuten lang versucht, aber ohne Ergebnis. Auch von Walgon war nichts zu sehen. Die Ewige Barriere schien das Walgon-System von einem absolut leeren Universum abzutrennen.Da es nicht den geringsten Bezugspunkt fr irgend etwas gab, lie sich auch nicht mehr feststellen, wo der Raumjger in dieses Parallel- oder beruniversum oder was auch immer eingedrungen war.Was das hie, lag auf der Hand.Der Jger mit seinen Passagieren war abgeschnitten fr alle Ewigkeit. Irgendwann in den nchsten Wochen wrde der Sauerstoff ausgehen, und dann muten die beiden Insassen sterben.Danach wrde ein Totenschiff durch ein leeres Universum gleiten. Es gab nichts, was diesen Flug htte aufhalten oder hindern knnen. Es gab keinen kosmischen Staub, der das Schiff im Lauf von Jahrmillionen htte abbremsen oder zerschmirgeln knnen. Es gab keine Sonne, in der es htte verglhen knnen. Bis zum Ende aller Zeiten falls es in diesem absonderlichen Universum berhaupt eine Zeit gab wrde das Schiff weitertreiben, und kein Wesen wrde die Leichen von Daan-Bar und Ollon-Tur jemals zu Gesicht bekommen.Daan-Bar begann zu lachen. Er lachte, bis ihm ber beide Gesichter die Trnen liefen.Ich mchte wissen, was daran so erheiternd ist, fragte Ollon-Tur und sah Daan-Bar boshaft an.Daan-Bar wischte sich die Trnen ab.Entschuldige, sagte er. Mir wurde gerade bewut, wie ehrgeizig ich bin. Und mir wurde bewut, da ich zur Krnung dieses Ehrgeizes etwas bekommen werde, was auer mir und dir wahrscheinlich keinem anderen Lebewesen jemals beschieden sein wird. Dagegen verblat alles, was es berhaupt gegeben hat.Und was wre das?Unser Grabmal, sagte Daan-Bar und deutete auf den Panoramaschirm, der nichts anderes zeigte als Schwrze. Das grte Grabmal aller Zeiten ein ganzes Universum, ganz fr uns.

6.

Daug-Enn-Daug begrte mich berschwenglich. Er schien auerordentlich erleichtert zu sein, mir zu begegnen. Er war auch der erste, der zur allgemeinen Lagekonferenz an Bord der Futurboje erschien.Gefllt es dir bei uns? fragte ich den Vulnurer.Daug-Enn-Daug gab einen verhaltenen Laut von sich.Ich kann nicht klagen, sagte er dann. Und doch habe ich Probleme.Schildere sie, vielleicht kann ich fr Abhilfe sorgen.Welches sein vordringliches Problem sein wrde, wute ich bereits. Ich war auerordentlich berrascht gewesen, als mich ein Funkspruch von den Vulnurer-Schiffen erreicht hatte, des Inhalts, da dort der Emulator der Vulnurer, eben Daug-Enn-Daug, mich erwartete.Ich wei nicht, wie ich berhaupt hierhin gekommen bin, sagte der Vulnurer. Pltzlich war ich an Bord der MORGEN, und ich habe keine Erklrung dafr, noch weniger fr den Umstand, da ich damit die Namenlose Zone verlassen habe.Wir werden dieses Problem klren, versprach ich. Im Augenblick allerdings sehe ich auch nicht den Ansatz zu einer Lsung. Wie kommst du mit den anderen Vulnurern aus?Daug-Enn-Daug machte eine Geste, die ich als Ausdruck von Verlegenheit deutete.Man behandelt mich sehr freundlich, fast ehrerbietig. Ja, man scheint mich sogar fr eine Art Anfhrer zu halten. Man hat mir den Titel eines Vul-Mono verliehen.Strt es dich?Ich kenne mich bei meinen eigenen Artgenossen nicht aus, gestand Daug. Ich kenne die Regeln ihrer Gesellschaft zu wenig, auch wenn mir Borallu in jeder Hinsicht behilflich ist. Ich bin zu lange von meinem Volk getrennt gewesen.Ich wei, antwortete ich nachdenklich.Knnen wir dich sprechen? fragte eine helle Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Es war eine kleine Abordnung der BRISBEE-Kinder, die aufgetaucht war Lara, Menizza und Jauter.Was kann ich fr euch tun? fragte ich.Jauter lchelte verhalten.Vielleicht knnen wir etwas fr dich tun, sagte er freundlich. Und fr uns, zur gleichen Zeit.Das hrt sich geheimnisvoll an, sagte ich. Setzt euch und erzhlt.Es ist so, sagte die vierzehnjhrige Lara. Wir haben Heimweh.Nach der Namenlosen Zone?Mehr nach der Welt, auf der wir aufgewachsen sind. Dies alles hier ist sehr fremd fr uns, wir fhlen uns hier nicht richtig wohl.Das kann ich verstehen, aber wie kann ich euch dabei helfen?Lara lchelte verschmitzt.Es sieht so aus, als htten wir schon versucht, uns selbst zu helfen, sagte sie. Wir saen neulich zusammen und plauderten, und wir waren sehr traurig vor Heimweh. Und irgendwie ist es dann passiert. Wir bekamen Kontakt zur Namenlosen Zone.Ihr knnt ganz allein Kontakt aufnehmen? fragte ich.Wenn wir uns zusammentun, jederzeit, antwortete Menizza. Damals hatten wir Kontakt zu einem Wesen, und wir haben dieses Wesen hierher geholt.Daug-Enn-Daug sprang auf.Ihr meint mich, stie er hervor.Vermutlich, antwortete Jauter. Ganz genau wissen wir das nicht, denn es ist nebenbei passiert. Aber inzwischen haben wir nachgedacht und ein wenig nachgeprft, was wir knnen.Und zu welchem Ergebnis seid ihr gekommen?Jauter holte tief Luft.Wenn du willst, knnen wir die ganze SOL hinbertransportieren, sagte er laut.Die SOL?Die Krfte dieser Kinder waren unsagbar gro. Bei der SOL handelte es sich schlielich um ein Raumschiff von geradezu gigantischen Abmessungen.Wir knnten es, sagte Lara zuversichtlich. Aber es wird wohl nicht gehen.Ich ahnte, worauf sie anspielten.Schnell stellte ich eine Funkverbindung zur SOL her. Breckcrown Hayes erschien auf dem Bildschirm, er sah mde aus.Neuigkeiten? fragte er nach einer knappen Begrung.Ich deutete auf die Kinder.Unsere freundlichen Helfer haben mir gerade anvertraut, da sie sich zutrauen, die ganze SOL in die Namenlose Zone zu befrdern. Frag mich nicht, wie sie das machen es gengt mir, da sie es knnen.Mir auch, antwortete Hayes. Erzhle das niemandem, die Stimmung ist nicht danach.Widerstand?Ganz erheblich, erklrte er. Es gibt ein paar an Bord, die euch nicht einmal Wasser und Brot hinberschicken wrden, wenn es ntig wre. Viele Solaner sind die ganze Sache grndlich leid zu einem neuen Vorsto in die Namenlose Zone wirst du hier kaum jemanden verlocken knnen. Ich halte entsprechende Versuche fr vllig sinnlos.Ich danke dir fr den Rat, antwortete ich.Aber unsere Schiffe, stie der Emulator der Vulnurer hervor. Ist es mglich ?Jauter nickte.Wenn wir uns auf die Schiffe verteilen, wird es mglich sein, sagte er.Auch die MJAILAM und die FARTULOON knnen wir noch mitnehmen, erklrte Menizza. Wir mssen uns nur gut koordinieren.Hayes sah von dem Bildschirm auf mich herab.Wenn du es willst so kannst du es machen. An Bord der beiden Schiffe sind nur Freiwillige. Wenn sie zustimmen, kannst du losfliegen. Den Vulnurern haben wir nichts zu befehlen oder zu verbieten, und was die Kinder angeht Wir wollen zurck , sagten sie alle drei zur gleichen Zeit.Du hrst es, Atlan. Meinen Segen hast du. Aber, wie bereits gesagt, rechne nicht mit Hilfe von der SOL. Mir sind die Hnde gebunden, die Stimmung ist eindeutig gegen jede weitere Eskapade, wie es hier genannt wird.Ich wlbte die Brauen.Ich kann es nicht ndern, sagte Hayes. Jedenfalls nicht sehr schnell. In der letzten Zeit hat es entschieden zuviel Durcheinander gegeben.Er lchelte.Vergi nicht, da nicht alle Solaner so abenteuerlustig und nervenstark sind wie du.Ich nickte.Dann werden wir es so machen, entschied ich. Wir verteilen die Kinder auf die fnf Schiffe, ich bleibe an Bord der Futurboje, die den Wechsel ohne Hilfe der Kinder bewerkstelligen kann. Ich nehme an, da es auf dem gleichen Weg mglich sein wird, der SOL Nachrichten zukommen zu lassen?Die Kinder besttigten meine Vermutung mit einem Nicken.Einverstanden, sagte Breckcrown Hayes. Ich wnsche euch viel Glck, und ich hoffe, ihr werdet es nicht brauchen.Er lchelte schwach und schaltete ab.Ich sah die BRISBEE-Kinder an. Die drei strahlten. Was den Solanern offenbar zu gefhrlich und wagemutig erschien, war fr diese Kinder wohl die Erfllung eines Herzenswunsches.

*

Die Namenlose Zone, stellte ich fest. Das Experiment hat funktioniert.Da die Futurboje in die Namenlose Zone vordringen wrde, stand fr mich fest, ein wenig aber hatte ich daran gezweifelt, ob es den BRISBEE-Kindern tatschlich mglich sein wrde, fnf Schiffe hinberzutransportieren.Sie waren dazu fhig. Eines nach dem anderen tauchte auf, erst die drei Vulnurer-Schiffe, dann die MJAILAM und die FARTULOON. Ich stie einen Seufzer der Erleichterung aus.Schnell war eine Sprechfunkverbindung zwischen den einzelnen Schiffen hergestellt. Auf einem separaten Bildschirm waren die Gesichter von Borallu, Daug-Enn-Daug und Hage Nockemann zu sehen. Diese drei hatten sich zusammengefunden, um die anstehenden wissenschaftlichen Probleme zu errtern und mglicherweise zu lsen. Wenn ich Nockemanns Gesichtsausdruck richtig interpretierte, schienen die drei gut zu harmonieren.Da wren wir, sagte ich zufrieden. Nun mssen wir entscheiden, was wir unternehmen sollen.Daug-Enn-Daug zuckte zusammen.Kontakt! stie er hervor.Womit? fragte ich sofort.Der Emulator der Vulnurer schwankte ein wenig.Die Lichtquelle, sagte er leise. Sie hat mit mir Kontakt aufgenommen.Wo ist sie? Wir brauchen den genauen Standort!Sie hlt sich verborgen, verkndete Daug-Enn-Daug mit einer seltsam verfrbten Stimme. Man ist ihr auf der Spur.Wer ist man! Die Zyrtonier?Daug-Enn-Daug machte eine Geste der Zustimmung.Sie wird sich zur gegebenen Zeit bei un