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Das soziale Bewusstsein von Konsumenten: Skalenentwicklung und –validierung Ingo Balderjahn Mathias Peyer Universität Potsdam Vortrag auf der 73. Wissenschaftliche Jahrestagung des Verbandes der Hochschullehrer für 73. Wissenschaftliche Jahrestagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. 17. Juni 2011 | TU Kaiserslautern

Das soziale Bewusstsein von Konsumenten: Skalenentwicklung ... und Projekte... · Diese Skala haben wir einer stringenten Validitätsprüfung unterworfen. Die Die Ergebnisse weisen

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Das soziale Bewusstsein von Konsumenten:Skalenentwicklung und –validierung

Ingo BalderjahnMathias Peyer

Universität Potsdam

Vortrag auf der 73. Wissenschaftliche Jahrestagung des Verbandes der Hochschullehrer für73. Wissenschaftliche Jahrestagung des Verbandes der Hochschullehrer für 

Betriebswirtschaft e.V.17. Juni 2011 | TU Kaiserslautern

Balderjahn / Peyer 2011

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Nachhaltige Konsumstile und Consumer Social Responsibilityg p y

Leitbild/Norm der Nachhaltigkeit: Profit, Planet und People

SoSo

Leitbild/Norm der Corporate Social Responsibility (CSR)

Leitbild/Norm der Consumer Social Responsibility (ConSR)

C S d ü k i ll h f li hConSR drückt eine gesellschaftliche Erwartung an Konsumenten aus, verantwortungsbewusst zum Schutze von Umwelt und Gesellschaft zu konsumieren. 

Balderjahn / Peyer 20112

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Problemstellung ConSR

SociallyEcologicallyDominanz ökologischer Aspekteu a Anderson/Cunningham 1972;

g

Socially Concerned Consumer

Ecologically Concerned Consumer

u.a. Anderson/Cunningham 1972; Antil/Bennett 1979; Balderjahn 1985; Bruhn 1978; Webster 1975

Klassisches Paradigma Ökologische und soziale Aspekte (unsystematisch) vermischt(unsystematisch) vermischt. u.a. Cowe and Williams 2001; Mohr und Webb 2005; Roberts 1995; Webb et al 2008Consumer Social 

Ecologically  Socially 

Roberts 1995; Webb et al. 2008  

Ökologische und soziale Aspekte

Responsibility

Concerned Consumer

Concerned Consumer

Ökologische und soziale Aspekte des Konsums eigenständig:u.a. Maignan 2001; Pomering/Dolnicar 2006;

Balderjahn / Peyer 2011

Neues ParadigmaPomering/Dolnicar 2006;Balderjahn/Peyer 2011

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Soziales Bewusstsein von Konsumenten

Das Sozialbewusstsein von Menschen kann als Einsicht und Bereitschaft definiert werden, etwas zum Wohle anderer zu tun. Es ist Teil einer umfassenden ethischen Verantwortung.

Konsum

Sozialbewusste Konsumenten erkennen die Zusammenhänge zwischen dem i K d d d it b d i l K füeigenen Konsum und den damit verbundenen sozialen Konsequenzen für andere (Einsicht). Sie beabsichtigen so zu konsumieren, dass positive soziale Effekte gefördert und negative reduziert bzw. vermieden werden (Motivation).

Soziale Konsequenzen des Konsums?

Balderjahn / Peyer 20114

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Soziale Konsumkonsequenzen:SchlagzeilenSoziale Konsumkonsequenzen:(Un)Faire Arbeitsbedingungen!?

Schlagzeilen

250 indische Arbeiter müssen ins KrankenhausElfter Selbstmord bei iPhone‐Hersteller Nike der Ausbeutung verdächtigt:Todesfall nach wochenlanger Nachtschicht Wegen unmenschlicher 

Arbeitsbedingungen in Nike‐Produktionsstätten hat eine 

Menschenrechtsgruppe alle von Kik‐Beschäftigte klagen über katastrophale Zustände

Nike ausgerüsteten Sportler dazu aufgerufen, über eine Trennung 

von ihrem Sponsor nachzudenken.

N

Juristen reichen Hungerlohn‐Klage gegen Lidl ein

Kinder mussten Gap‐Mode herstellenVerkauft, ausgebeutet, geschlagen: In einer indischen Textilfabrik haben Kinder unter unwürdigsten Bedingungen Kleidung 

Nike

Vorwürfe gegen Zulieferer von Adidas und Puma

Balderjahn / Peyer 2011

produziert, die bei der Modekette Gap verkauft wurde, berichtet der britische "Observer". Der Konzern hat versprochen, den Fall aufzuklären.

e

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Definition „Bewusstsein für fairen Konsum“„

S i l K b iSoziales Konsumbewusstsein

Fokussierung

Personen mit fairem Konsumbewusstsein entwickeln Vorstellungen über die sozialen Zusammenhänge von Produktion und Konsum (Überzeugungen) und beabsichtigen, bevorzugt solche Produkte zu konsumieren, die unter fairen Bedingungen produziert und gehandelt werden (Motivation).

Balderjahn / Peyer 20116

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Modellansatz zur Operationalisierung

Ad I t M d ll

p g

Adequacy‐Importance‐Modell: 

Belief‐Komponente:  Überzeugung, dass bei der Herstellung eines gekauften Produkts faire Arbeits‐ und Geschäftspraktiken eingehalten wurden.

Importance Komponente: Persönliche Bedeutung fairer Arbeits undImportance‐Komponente: Persönliche Bedeutung fairer Arbeits‐ und Geschäftspraktiken für den Konsumenten.

Balderjahn / Peyer 20117

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Modell zum „Bewusstsein für fairen Konsum“„

Bij sind die Überzeugungen von Konsument i hinsichtlich der für faire Produkte herangezogenen j (j=1…J) Kriterien. Iij messen die jeweiligen Bedeutungen dieser Kriterien für den Konsumentendieser Kriterien für den Konsumenten.

Kriterien fairer Produkte:

Einhaltung der Rechte der Arbeitnehmer Keine Zwangsarbeit Keine verbotene Kinderarbeit Keine Diskriminierung von Arbeitnehmern Einhaltung gesetzlicher Arbeitsstandards Faire Entlohnung der Arbeitnehmer

Balderjahn / Peyer 20118

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Validierungsprozess und Dateng p

I h lt lidität Di It d i ll f di Ei h lt i lInhaltsvalidität: Die Items adressieren alle auf die Einhaltung sozialer Arbeitsnormen und korrespondieren direkt mit dem phänomenologischen Inhalt des Konstrukts (Selektion aus Itempool).

Reliabilität: Eindimensionalität, Interne Konsistenz 

Konstruktvalidität: Konvergenzvalidität und Diskriminanzvalidität 

Nomologische ValiditätNomologische Validität  

Daten: Befragung von 368 Studierenden im Bachelorstudiengang BWL an einer deutschen Universität im Herbst 2010 54% warenBWL an einer deutschen Universität im Herbst 2010. 54% waren weiblich und entsprechend 46% männlich. Das Durchschnittsalter lag bei ca. 22 Jahren. 

Balderjahn / Peyer 20119

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Reliabilität: Eindimensionalität und interne Konsistenz (EFA)( )

Items i (f1) ALPHA ITT

CFC‐Skala

Produkt aus:

B: Ich kaufe ein Produkt nur dann, wenn ich überzeugt bin, dass bei der Herstellung…

(5 Items)

I: Wie wichtig ist es Ihnen persönlich, dass in Unternehmen…

(BI)1… die Rechte der Arbeitnehmer eingehalten wurden. 0.88 0.82

(BI)23 kein Arbeitnehmer zur Zwangsarbeit verpflichtet

0.93

( )23 … kein Arbeitnehmer zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde und keine Kinder beteiligt gewesen sind.

0.86 0.78

(BI)4 … Arbeitnehmer nicht diskriminiert wurden. 0.92 0.87(BI)5 … die Arbeitsbedingungen den internationalen( )5 … die Arbeitsbedingungen den internationalen 

gesetzlichen Standards entsprachen.0.88 0.81

(BI)6… die Arbeitnehmer gerecht bzw. fair entlohnt wurden. 0.90 0.83

Balderjahn / Peyer 201110

Eigenwert des Faktors 3.94 78,8%

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Analyse zur Konvergenzvalidität (CFA)y g ( )

l ( ) (BI)10,268 0,856

Rel (xi) > 0.67 = 0.93Rel (ij)  = 0.93DEV ( ) 0 74

0.4 0.8 0.6 0 5

(BI)2,30,326

CFC

0,821

0 904

DEV (ij)  = 0.74 0.5

(BI)40,182CFC0,904

0,842 Reliable Messungen

(BI)50,291 0,866

Reflective Measurement Model

Simple Structure Fit

(BI)60,2502/df = 68/5 = 13.6 

SRMR  = 0.029 3.00 0.08 

Balderjahn / Peyer 2011

CFI  = 0.955 0.90

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Diskriminanzvalidität:Umweltbewusstsein und Moralisches Denken

UmweltbewusstseinSk l U l b i Di k /P i dö f (2003)Skala zum Umweltbewusstsein von Diekmann/Preisendörfer (2003):Skala umfasst 9 Items (allerdings recht geringe Reliabilität bei unseren Daten)Reduktion auf 7 Items (verkürzte Skala: Eindimensionalität sowie eine Verbesserung der 

li bili ä k i h d )Reliabilität konnten erreicht werden) 

Beispiel: „Zugunsten der Umwelt sollten wir alle bereit sein, unseren derzeitigen Lebensstandard einzuschränken.“

Prosoziales VerhaltenDie Prosocial Personality Battery von Penner (2002)(30 Items, 4 Teilskalen):

Teilskala Moral and Other Oriented Reasoning“ (MR) umfasst 6 ItemsTeilskala „Moral and Other Oriented Reasoning (MR) umfasst 6 Items. 

Beispiel: „Bei meinen Entscheidungen bin ich normalerweise auch um andere Menschen besorgt.“

Balderjahn / Peyer 201112

g

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Analyse zur Diskriminanzvalidität (CFA)

Umwelt‐

Analyse zur Diskriminanzvalidität (CFA)

Rel (xi)  = 0.22‐0.43Umwelt‐bewusst‐

sein0.377***

= 0.78Rel (jj)  = 0.78DEV(jj)  = 0.34

Rel (xi)  > 0.67 = 0.93Rel (jj) = 0 93

CFC0.385***

Rel (jj)   0.93DEV(jj)  = 0.74

CFC

0.216*** Rel (xi)  = 0.31‐0.56

Mora‐lischesDenken

= 0.81Rel (jj)  = 0.82DEV(jj)  = 0.43

Fornell/Larcker‐Kriterium: DEV  (ij)2

2/df = 281/132 = 2.13 

SRMR = 0 044

/ (ij)

DEV (CFC) = 0.737 > (CFC,UB)2 = 0.142 DEV (CFC) = 0.737 > (CFC,MR)2 = 0.047 

3.00 0 08

Balderjahn / Peyer 2011

SRMR  = 0.044CFI  = 0.941***  p < 0.001 13

0.08 0.90

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Nomologische Validität: Kauf von Produkten mit Fairtrade‐SiegelKauf von Produkten mit Fairtrade Siegel

Nomologische Validität gilt dann als gegeben wenn sich die theoretischNomologische Validität gilt dann als gegeben, wenn sich die theoretisch postulierten Zusammenhänge empirisch bestätigen lassen.

Kaufintention von Fairtrade‐Produkten (INT „Fair“)

(3 Items; 7er Rating‐Skala)(3 Items; 7er Rating Skala)

Beispiel: „Wenn ich die Alternative habe, kaufe ich Produkte mit einem Fairtrade‐Siegel.“g

Kauf von Fairtrade‐Produkten (KAUF „Fair“)

In den folgenden Produktkategorien habe ich in der Vergangenheit Produkte 

mit einem Fair Trade‐Siegel gekauft: Getränke, Süßwaren, Textilien und Obst.

Balderjahn / Peyer 201114

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Analyse zur nomologischen Validität (SEM)Analyse zur nomologischen Validität (SEM)

(B  I)1

(B  I)2,3

0.264

0.331

0.858

0.818 INT „Fair“ 1 0.2780.850

0.788

(B  I)40.193 CFC0.898

0.844

INTFair

INT „Fair“ 2 0.5280.461*** 0.687

(B  I)5

(B  I)6

0.287

0.241

0.871 INT  „Fair“ 3 0.489

0.507***

0.715

( )60.133***

1 0

0.663

KAUFFair

Kauf „Fair“ 0.0

1.0χ2/df = 121/25 = 4.84SRMR  = 0.041CFI  = 0,949

3.00 0.08 0.90

Balderjahn / Peyer 2011

***  p < 0.001

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Fazit

Ergebnisse der Studie

Eigene Skala zum sozialen Konsumbewusstsein konzeptualisiert, die auf den Bereich des fairen Konsums ausgerichtet ist. 

Diese Skala haben wir einer stringenten Validitätsprüfung unterworfen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die CFC‐Skala reliabel und valide ist. 

Begrenzungen der Studie

Unser Sample ist nicht repräsentativ für die deutsche Bevölkerung. Die CFC‐Skala ist zwar an einem Datensatz validiert worden. Dennoch müssen weitere 

Anwendungen und Prüfungen in möglichst unterschiedlichen Settings (Produkten, g g g g ( ,Populationen) erfolgen, um das Instrument weiter zu bewähren. 

Die Erklärungen setzen in unserer Arbeit bei Verhaltensabsichten und abgefragtem Verhalten zu fairen Produkten an. Tatsächliches Kaufverhalten liegt den Analysen nicht zugrunde („Value‐Behavior‐Gap“ ).

Balderjahn / Peyer 201116

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H li h D k!Herzlichen Dank!

Balderjahn / Peyer 201117