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Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprfung
fr das Lehramt an Gymnasien im Fach Chemie,
eingereicht dem Amt fr Lehrerbildung Prfungsstelle Marburg.
Thema:
Das Thema LUFT im
Chemieunterricht
Verfasserin: Christina Maria Erbar, Manuelstrae 9,
56218 Mlheim-Krlich
Gutachter: Prof. Dr. B. Neumller
Hinweis
Bei dieser Datei handelt es sich um eine Wissenschaftliche Hausarbeit, die imBereich Lehramt am Fachbereich Chemie der Uni Marburg verfasst wurde.Weitere Hausarbeiten knnen auf der Seite www.chids.de unterhttp://www.chids.de/veranstaltungen/wiss_hausarbeit.htmleingesehen und heruntergeladen werden.Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel undExperimentalvortrge bereit.
Dr. Ph. Rei, im Januar 2007
Inhaltsverzeichnis Seite
1. Einleitung und Zielsetzung 1
2. Das Thema Luft und Luftbestandteile im 4
hessischen Lehrplan Chemie
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch 8 3.1 Aus lebensfeindlich wird lebensfreundlich Die Evolution 8
der Erdatmosphre
3.2 Die Zusammensetzung der Luft 12
3.3 Der Aufbau der Atmosphre 13
3.4 Technische Gewinnung der Hauptinhaltsstoffe 15
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft 19 4.1 Woher kommt der Name Distickstoff? 19
4.2 Physikalische Eigenschaften 19
4.3 Chemische Eigenschaften 22
4.4 Ein Gas geht um die Welt Der Distickstoffkreislauf 27
4.4.1 Fixierung des molekularen Luftstickstoffs 27
a) Atmosphrische Fixierung 27
b) Biologische Fixierung 29
c) Technische Fixierung 30
4.4.2 Freisetzung von molekularem Stickstoff 31
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff 33 5.1 Feuerluft Lebensluft Oxygen 33
5.2 Physikalische Eigenschaften 36
5.3 Chemische Eigenschaften 37
5.4 Atmung und Photosynthese Ein Disauerstoffkreislauf 41
EXKURS: Was passiert in unserer Lunge 43
6. Edler Duft liegt in der Luft Die Edelgase 47 6.1 Das Argon Mehr drin als man denkt! 48
6.2 Das Helium Ein leichtes Gas zum Fliegen! 49
EXKURS: Die Luftschiffe von heute: Heiluftballons 50
6.3 Leuchtstoffrhren 52
7. Das Kohlenstoffdioxid 53 7.1 Natrliche Entstehung und Technische Gewinnung von 53
gasfrmigem CO2
7.2 Chemische und physikalische Eigenschaften 54
7.3 Der natrliche Treibhauseffekt 56
7.4 Ferien am Lake Nyos Besser nicht! 61
8. Natrliches Ozon Schutzschicht der Erde und Lebewesen 64 8.1 Eigenschaften 64
8.2 Darstellungsarten 66
8.2.1 Chemische Darstellung 67
8.2.2 Photochemische Darstellung 68
8.2.3 Elektrische Darstellung 68
a) Siemensscher Ozonisator 68
b) Elektrolyse 69
8.3 Ozon Ein starkes Oxidationsmittel 70
8.4 Was passiert in der Stratosphre? 70
8.5 Technische Verwendung von Ozon 72
9. Spuren von Gasen 74
10. Wasser in der Luft 77 10.1 Ein kurzer Steckbrief von Wasser 78
10.2 Der Wasserkreislauf 78
10.3 Warum trocknet unsere Wsche Das Verdampfen 80
EXKURS: Drei-Minuten-Ei oder Fnf-Minuten-Ei? 83
10.4 Die Luftfeuchtigkeit 85
10.5 Die Kondensation von Wasser: Niederschlge 87
11. Der Luftdruck und verschiedene Gasgesetze 90 11.1 Der Luftdruck Ein Exkurs in die Physik der Mittelstufe 90
11.2 Das Guericke Experiment und wie messe ich den Luftdruck 92
11.3 Der Druck in geschlossenen Gefen 95
11.4 Reaktionen von Gasen 98
12. Schadstoffbelastung der Luft 100 12.1 Was ist Smog? 100
12.1 Oben hui unten pfui Bodennahes Ozon und das Ozonloch 102
12.2 Regnet es wirklich Sure? 106
12.3 Der anthropogene Treibhauseffekt 107
13. Versuchsprotokolle und Arbeitsbltter 109
Arbeitsblatt 1: Die Entstehung der heutigen Atmosphre 110
Versuch 1: Die Hauptbestandteile der Luft 112
1.1 Eine Kerze er Stick(stoff)t!
1.2 Wie viel Luft bleibt brig?
Arbeitsblatt 2: Hausaufgabenversuche zur Zusammensetzung der Luft 114
Versuch 2: Dichte und molare Masse von Gasen schnell 115
und unkompliziert
Arbeitsblatt 3: Ein Modell fr ein Modell 116
Versuch 3: Aus der Luft in den Boden Blitze fixieren N2 117
Versuch 4: Disauerstoff aus Kupfer(II)-oxid 118
4.1 Darstellung von molekularem Sauerstoff
4.2 Die Glimmspanprobe
Versuch 5: Eine sehr kalte, hellblaue Flssigkeit 120
5.1 Darstellung von flssigem, molekularem 3O2
5.2 Sinkende blaue Blasen
5.3 Achtung: Explosiv!
5.4 Zum Paramagnetismus des 3O2
Versuch 6: Vergleich von Helium und molekularem Wasserstoff 124
6.1 Aufstieg in schwindelerregende Hhen
6.2 Backdraft!
Demonstration 1: Der fliegende Teebeutel 126
Versuch 7: Gute Luft schlechte Luft 127
7.1 Qualitativer CO2 Nachweis
7.2 Quantitativer CO2 Nachweis
Versuch 8: Modellversuch zum Unglck am Lake Nyos 130
Arbeitsblatt 4: Zusammenhang zwischen der Temperatur eines Planeten 133
und der Zusammensetzung seiner Atmosphre
Demonstration 2: Der natrliche Treibhauseffekt 134
Versuch 9: Entzndung von Ethanol durch Ozon 136
Versuch 10: Ozon Lebenswichtiger Schutzschild 138
10.1 Elektrolyse Gase aus einer Flssigkeit
10.2 Reaktionen mit Ozon
10.2.1 Geschwrzte Kartoffeln
10.2.2 Eine Farbtonleiter
10.2.3 Raus mit dem Eisen!
10.2.4 Abbau von Ozon durch CFKWs
Arbeitsblatt 5: Woher kommt der spezielle Geruch auf 143
der Sonnenbank und am Kopierer?
Versuch 11: Qualitativer Wassernachweis: Es ist feucht in unserer Luft 144
Versuch 12: Luftfeuchtigkeit 145
12.1 Wie viel Wasserdampf ist in der Luft?
12.2 Wie viel Wasserdampf kann die Luft aufnehmen?
Arbeitsblatt 6: Der Wasserkreislauf Mit Hazweioh auf Reisen 148
Versuch 13: Der Druck der Luft 150
13.1 Ein starkes Blatt Papier
13.2 Mini (Dick-)mann ganz gro!
13.3 Eine Hand zum Greifen
Demonstration 3: Die Smog-Wetterlage 152
Versuch 14: Warm oder kalt Schadstoffe im Temperaturverlauf 153
Domino-Spiel zum Thema Luft 154
Tabelle der Richtlinien und Sicherheitsstze der verwendeten Chemikalien 156
14. Literaturangaben 160 14.1 Literaturverzeichnis 160
14.2 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 167
Versicherung zur selbstndigen Anfertigung der Arbeit
1. Einleitung und Zielsetzung
1. Einleitung und Zielsetzung
Das Thema Luft wird laut Lehrplan direkt oder indirekt in fast allen Jahrgangsstufen
behandelt (vgl. Kap. 2). Deshalb ist aber die Frage nach dem Bildungsgehalt im
Bildungsinhalt (Klafki) [1] noch nicht geklrt, heit Warum wird der Lerninhalt
berhaupt vermittelt, ist er fr die Schler wichtig?
Genau diese Frage, hat mich bei der Auswahl des Themas der vorliegenden Arbeit
beschftigt.
Dass das Thema Luft fr die Schler bedeutsam ist, sieht man an einigen Punkten in
der vorliegenden Arbeit sehr deutlich: die Luftfeuchtigkeit bestimmt das aktuelle
Wettergeschehen, wie die Bildung von Regen, Schnee und Hagel, mit dem die Schler
tglich konfrontiert sind, (Regenjacke oder kurze Hose?!?). Weiterhin wird in Kapitel
12 Die Schadstoffbelastung unserer Luft sichtbar, dass auch die Luftverschmutzung
eine starke Gegenwartsbedeutung fr die Schler hat, wie die Diskussion um die
Ozonbelastung im Sommer 2006 zeigt.
Die Bedeutung fr die Zukunft der Schler ist dadurch gegeben, da die Sptfolgen
heute noch nicht abzusehen sind. Sie lernen daran das Prinzip, nicht immer alles Neue
auszuprobieren, ohne zu wissen, was es fr Folgen haben kann.
Ein weiteres Beispiel, das verdeutlicht, wie nah die Inhalte der vorliegenden Arbeit an
der Lebenswelt der Schler sind, ist ein Exkurs, der den chemischen Ablauf in der
menschlichen Lunge bei der Atmung thematisiert.
Die im obigen Abschnitt kurz skizzierten, ausgewhlten Beispiele zeigen, dass die
Auswahl des Themas Luft durch seinen Allgemeinbildungsgehalt gerechtfertigt ist.
Das erste Ziel der Arbeit ist somit die didaktische Begrndung der ausge-
arbeiteten Themen. Diese ist schon durch die Auswahl der Themen gegeben.
Um dies in der Schule umzusetzen, werden im Laufe der Arbeit verschiedene
Methoden vorgeschlagen, von denen im Folgenden einige beispielhaft aufgefhrt sind.
Ein historisch orientierter Unterricht ist an manchen Stellen der Arbeit
erstrebenswert. Dadurch, dass die Schler dieselben Gedankengnge vollziehen wie
z.B. Carl Scheele, der den molekularen Stickstoff und den molekularen Sauerstoff
entdeckt hat, haben sie den Lerninhalt selbst gefunden und mssen ihn nicht im
klassischen Sinne lernen.
1
1. Einleitung und Zielsetzung
Einige Themen, z.B. der Kreislauf, den der molekulare Stickstoff in der Atmosphre
durchluft, sind sehr komplex und wrden im Unterricht zu viel Zeit beanspruchen, um
sie vollstndig zu erarbeiten. Deshalb kann hier, und an einigen anderen Stellen, der
Unterrichtsstoff in Form von Schlerreferaten vorgetragen werden.
Die der Literatur entnommenen Versuche wurden mglichst so ausgewhlt oder ver-
ndert, dass sie von Schlern durchgefhrt werden knnen. Sie sind dem Wissens-
stand der verschiedenen Jahrgangsstufen angepasst. Dadurch wird die Aktivitt der
Schler gefordert und gefrdert, weshalb meistens die Lerninhalte besser behalten
werden (Pestalozzi: Lernen mit Kopf, Herz und Hand).
Weiterhin knnen einige Versuche in Form von Hausaufgabenversuchen durch-
gefhrt werden. Dadurch knnen die Schler in einer ihnen vertrauten Umgebung
arbeiten und so eventuell einen eigenen Zugang zur Chemie finden.
Da es, durch die Auswahl des Themas bedingt, schwierig ist, den Gegenstand Luft
direkt zu greifen, wurden einige realittsnahe Modelle erdacht: Die Zusammen-
setzung der Luft wird beispielsweise durch Legosteine veranschaulicht, da die Form
eines dreidimensionalen Modells die Realitt wesentlich strker verdeutlicht, als eine
zweidimensionale Graphik.
Zwei weitere Modelle werden aus einfachen Alltagsgegenstnden, wie z. B. Bro-
klammern, Holzkugeln und Gummibndern, hergestellt. Diese sind weder teuer, noch
aufwndig herzustellen und deshalb sehr gut fr den Schulalltag geeignet.
Das erste Modell aus Broklammern soll den Schlern die Dreifachbindung im
molekularen Stickstoff nher bringen. Da sie es sich selbst ausdenken mssen, immer
wieder probieren und berlegen, verwerfen, neu ersinnen usw. bleibt die Genese und
das Modell als solches wesentlich besser in den Kpfen der Schler haften.
Das zweite Modell besteht aus drei Holzkugeln, die ber Gummi-Bnder miteinander
verbunden sind. Es stellt das Kohlenstoffdioxidmolekl dar. Hieran werden, durch
einfaches Ausprobieren, die drei verschiedenen Schwingungstypen anschaulich ver-
deutlicht.
Insgesamt strken die Modelle die Vorstellungswelt der Schler und sollen, ebenso wie
erstellte Arbeitsbltter, den Unterricht abwechslungsreicher gestalten und die von den
Schlern als kompliziert empfundenen Inhalte anschaulicher machen.
2
1. Einleitung und Zielsetzung
3
Es wurden sowohl ltere als auch aktuelle Schulbcher verwendet, da sie verschieden
Anregungen, z.B. einen Steckbrief ber ein Element zu erstellen, und unvernderliche
Prinzipien der Chemie beinhalten, die der Schler darin nachlesen kann.
Das entwickelte Domino-Spiel, welches am Ende einer Unterrichtseinheit dazu dienen
kann, die gelernten Inhalte zu wiederholen, ist eine andere Art der Zusammenfassung
eines Themas.
Auch Artikel aus populrwissenschaftliche Zeitschriften wie dem National Geo-
graphic, werden verwendet, da deren Inhalte in Alltagssprache beschrieben sind. Sie
bieten den Schlern eine andere Mglichkeit des Zugangs zur Chemie und knnen
Interesse wecken.
Die methodische Umsetzung der ausgearbeiteten Themen ist somit das zweite Ziel,
welches in der vorliegenden Arbeit umgesetzt werden soll.
Ein drittes Ziel der Arbeit ist es, das Thema Luft umfassend zu behandeln.
Deshalb werden auch nicht-chemische Themen, z.B. der physikalische Aspekt des
Luftdrucks und die Strahlungsbilanz des Systems Erde/Atmosphre, die normalerweise
im Fach Geographie bearbeitet wird, thematisiert. Um diese mglichst schulnah
darzustellen, wurden Schulbcher der Fcher Physik und Geographie konsultiert.
Auch das Thema Ozon, seine Darstellung, Verwendung und Eigenschaften steht nicht
im Lehrplan Chemie (G9). Da es aber alltagsrelevant fr die Schler ist, wie die
Diskussion im Sommer 2006 zeigt, wird es im Rahmen dieser Arbeit erlutert.
Alle drei so formulierten Ziele entsprechen denen, die in der Schule vor jeder
Unterrichtseinheit berdacht werden mssen. Deshalb wurden sie mglichst in jedem
Kapitel der vorliegenden Arbeit umgesetzt.
2. Das Thema Luft und Luftbestandteile im hessischen Lehrplan Chemie
2. Das Thema Luft und Luftbestandteile im hessischen Lehrplan
Chemie [2]
In diesem Kapitel wird eine Gesamtbersicht darber gegeben, wo das Thema Luft im
Lehrplan Chemie (Gymnasialer Bildungsgang, Jahrgangsstufe 8 bis 13 (G9)), Teil B:
Unterrichtspraktischer Teil als eigenstndiges Thema formuliert und wo die
verschiedenen Luftbestandteile in unterschiedlichen Unterrichtseinheiten direkt und
indirekt auftauchen und verwendet werden knnen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird
in den verschiedenen Kapiteln an passender Stelle darauf verwiesen, wo der gerade
besprochene Lerninhalt im Lehrplan steht.
Hierbei zeigt die Laufende Nummer (Lfd. Nr.) in der ersten Ziffer immer die Jahrgangs-
stufe, in der zweiten die Grokapitel an. So ist z. B. die Lfd. Nr. 8.2 das zweite groe
Kapitel der Jahrgangsstufe 8.
Diese Grokapitel unterteilen sich in verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben, die
wiederum in Unterkapitel unterteilt sind. Hier orientiert sich die erste Ziffer am
Grokapitel, die zweite an der Reihenfolge der Unterkapitel. Somit ist z.B. 8.1.2 die
Lfd. Nr. 8.1 und das Unterkapitel 1.2. In diesen Unterkapiteln werden die konkreten
Lerninhalte aufgelistet. Sie werden durch Stichworte in einer nebenstehenden Spalte
aufgeschlsselt und konkretisiert. Zuletzt beinhaltet der Lehrplan fakultative
Unterrichtsinhalte/Aufgaben. Diese stehen im Verlauf des Lehrplans nach den
verbindlichen Unterrichtsinhalten erhalten, da sie als Ergnzung dienen, dieselbe
Nummer. Am Ende jeder Lfd. Nr. werden Querverweise auf die Lehrplne anderer
Fcher sowie der Hinweis zur Bercksichtigung von Aufgabengebieten gegeben.
Betrachtet man den Lehrplan, sieht man, dass das Thema Luft im Rahmen der Lfd. Nr.
8.2 Die chemische Reaktion - Stoffumsatz und Energieumsatz erstmals benannt wird.
Hier soll unter 2.1 Einfhrung in die Chemische Reaktion die quantitative
Zusammensetzung der Luft besprochen werden.
Dazu gehren das experimentelle Erarbeiten des Sauerstoffanteils der Luft, die
natrlichen Luftbestandteile, Eigenschaften von (molekularem) Sauerstoff und
Stickstoff, Spurengase und die Gefhrdung der Umwelt durch Nichtmetalloxide in
der Atmosphre. Fakultativ knnen hier historische Aspekte (Lavoisier, Scheele),
Sauerstoff und Oxidation sowie der Kreislauf des Sauerstoffes und die
Luftverflssigung besprochen werden.
4
2. Das Thema Luft und Luftbestandteile im hessischen Lehrplan Chemie
Ebenfalls sind experimentelle Hausaufgaben und ein Projektunterricht zum Thema
Luft an dieser Stelle im Unterricht laut Lehrplan denkbar und erwnscht.
Weiterhin sollen die Aufgabengebiete kologische Bildung und Umwelterziehung:
Luftschadstoffe durch Nutzung fossiler Brennstoffe und Mglichkeiten ihrer
Verminderung/Wirkung auf Mensch und Umwelt; kritische Betrachtung des
Treibhauseffektes bercksichtigt werden.
Die in der Luft vorhandenen Gase knnen vorher im Unterricht verwendet werden, z.B.
in Lfd. Nr. 8.1 Stoffe Strukturen Eigenschaften, indem man unter 1.2 Stoffe und
ihre Eigenschaften und 1.3 Teilchenmodell der Materie die Dichte der Stoffe und im
fakultativen Lerninhalt 1.2 auch die Dichte von Gasen bespricht.
Hier kann man z.B. Wasserstoff und Helium miteinander vergleichen und mit Hilfe der
Gasmolwaage schon die Dichte von Distickstoff und Disauerstoff bestimmen, bevor ihr
genauer Anteil in der Atmosphre geklrt wird.
Die Luftfeuchtigkeit, also das Vorhandensein von Wasser in allen Aggregatzustnden
in der Luft, kann unter 2.2 Wasser und Wasserstoff der Lfd. Nr. 8.2 Die chemische
Reaktion Stoffumsatz und Energieumsatz behandelt werden.
In der Lfd. Nr. 9.1 Einfhrung in die chemische Symbolsprache und ihre Anwendung
wird in 1.1 Bausteine der Materie das Gesetz der konstanten Massenverhltnisse
erklrt, das anhand der Zerlegung von Oxiden, also z.B. die Darstellung von
Disauerstoff aus Kupferoxid, erarbeitet werden kann.
Bei der Einfhrung der Chemischen Symbole und ihre Bedeutung, ebenfalls unter 1.1,
werden die Elementsymbole und molaren Massen besprochen. Es folgt unter 1.2
Chemische Formeln und Reaktionsgleichungen das Verhalten von Gasen und somit
u. a. die These von Avogadro, das molare Volumen, die molare Masse von Gasen
und schlielich die Zweiatomigkeit gasfrmiger Elementmolekle.
Im fakultativen Lerninhalt 1.2 knnen die Volumenverhltnisse bei Gasreaktionen
(Gesetz von Gay-Lussac) besprochen werden.
Auf die bisher gewonnenen Kenntnisse, z.B. die Zweiatomigkeit, kann man dann in der
Jahrgangsstufe 10 Lfd. Nr 10.2 Elektronenpaarbindungen/Atombindung zum Thema
2.2 Lewis-Formeln zurckgreifen und u. a. die Dreifachbindung des Distickstoffs und
weitere Strukturen der bisher bekannten Luftbestandteile erklren.
5
2. Das Thema Luft und Luftbestandteile im hessischen Lehrplan Chemie
Ebenfalls kann im Zusammenhang der Struktur-Eigenschafts-Beziehung die
Anomalie des Wassers besprochen werden.
In Lfd. Nr. 10.3 Suren, Laugen, Salze und Protolysereaktionen werden unter 3.2
Herstellung und Eigenschaften von Suren, also u. a. das Thema Emissionen von
Stickstoffoxiden (saure Niederschlge) und unter 3.4 Anwendung der Sure-Base-
Theorie nach Broensted, also Nitrate und Dngemittel behandelt. Unter Berck-
sichtigung von Aufgabengebieten sind in dieser Jahrgangsstufe Stoffkreislufe
aufgefhrt.
In der Jahrgangsstufe 11, Lfd. Nr. 11.1 Redoxreaktionen, unter 1.2 Ausgewhlte
Redoxreaktionen kann z.B. die Darstellung von Ozon durch Elektrolyse von
Schwefelsure besprochen werden.
Die Umweltprobleme, die durch Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoffe entstehen, werden
unter Lfd. Nr. 11.2 Einfhrung in die Kohlenstoffchemie, 2.3 Halogenkohlen-
wasserstoffe besprochen.
In der Jahrgangsstufe 13, sowohl im Leistungskurs (LK) als auch im Grundkurs (GK),
werden die Luftbestandteile indirekt z.B. bei der Fixierung von Stickstoff bei der
Ammoniaksynthese in Lfd. Nr. 13.1 Das chemische Gleichgewicht, Kapitel 3 (GK)
bzw. Kapitel 5 (LK) Prinzip vom Zwang, welches in den Lehrbchern als Prinzip
vom kleinsten Zwang bzw. Flucht vor dem Zwang beschrieben wird, erwhnt. Bei der
Bercksichtigung von Aufgabengebieten werden explizit die kologische Bildung
und Umwelterziehung: Saurer Regen, Waldsterben (LK) und im GK zustzlich die
Untersuchung von Boden, Luft und Wasser beschrieben.
Im Rahmen der Umweltchemie/Umweltanalytik als eines der Themen in Lfd. Nr. 13.2
Wahlthema Angewandte Chemie wird sowohl im LK als auch im GK das Thema Luft
konkret aufgegriffen. Hierbei werden die Chemische Untersuchung von Luft,
Manahmen zur Reinhaltung von Luft, Nachweisgrenzen/Grenzwerte: Festlegung,
Einhaltung, berwachung, z.B. von Ozon, neben Boden- und Wasseruntersuchungen
durchgefhrt.
6
2. Das Thema Luft und Luftbestandteile im hessischen Lehrplan Chemie
7
Das im Rahmen dieser Arbeit behandelte Kapitel zum Thema Luftdruck findet man
nicht im Lehrplan Chemie, sondern im Lehrplan (G9) fr das Fach Physik. [3] In der
Klassenstufe 8 stehen im Lehrplan drei fakultative Themen, 8.3 a) Von Druck und
Auftrieb, 8.3 b) Akustik und 8.3 c) Farben, zur Auswahl..
Verbindliche Unterrichtsinhalte in 8.3 a) Von Druck und Auftrieb sind Erfahrungen
mit Druck und darunter Schweredruck, Druck von Flssigkeiten und Gasen sowie
Luftdruck. Weiterhin sollen Drucknderung und Wrme besprochen werden. Das
dritte Unterkapitel zum Thema Von Druck und Auftrieb ist der Auftrieb in Wasser
und Luft. Hierbei werden das Archimedische Gesetz und die Funktionsweise von
Ballons diskutiert [3].
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Luft ist berall. Wir sind von ihr umgeben und baden in ihr [4]. Fr uns ist es
selbstverstndlich, dass sie da ist, denn ohne Luft knnen wir Menschen nicht atmen,
nicht berleben.
Aber war sie denn schon immer da? Oder hat sie sich im Laufe der Entstehung der
Erde verndert? Ein Zitat aus Hoimar von Ditfurths bekanntem Buch Am Anfang war
der Wasserstoff gibt ber diese Frage Aufschluss:
[] wurde vor einigen Jahren die gnzlich
unerwartete Tatsache entdeckt, dass die
heutige Atmosphre unserer Erde gar nicht
die ursprngliche ist. [5]
Abb. 2: Hoimar von Ditfurth
Wie diese Entwicklung abgelaufen ist, klrt das folgende Kapitel.
3.1 Aus lebensfeindlich wird lebensfreundlich Die Evolution der Erd-
atmosphre
Die Evolution der Erdatmosphre ist eng an die Entstehung des Lebens geknpft.
Hierzu gibt es drei wissenschaftlich fundierte Theorien.
Eine davon ist die von William Martin und Michael Russel vertretene Theorie, dass
das Leben an den sogenannten Schwarzen Rauchern entstanden ist. Diese Tiefsee-
Vulkane, die erst 1977 vor den Ksten der Galapagos Inseln entdeckt wurden, speien
heies Magma aus, weshalb es um sie herum bis zu 300 C hei ist [6].
Sie liefert gengend Energie, um die Polymerisation von Biomoleklen einzuleiten
[7]. An den Schwarzen Rauchern leben noch heute riesige Rhrenwrmer, die weder
Magen noch Darm besitzen und sich eigentlich im klassischen Sinne nicht
ernhren knnten. Ihr Inneres ist von Bakterien besiedelt, die das schwefelhaltige
Wasser in Nhrstoffe umwandeln und diese an die Wrmer weitergeben.
8
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Im Gegenzug dazu helfen die Wrmer den Bakterien, durch Stoffwechselreaktionen
die Schwefelverbindungen umzusetzen [6]. Dies spricht dafr, dass sich hier das
Leben entwickelt haben knnte.
Eine zweite Theorie besagt, dass das Leben aus dem Weltall stammen knnte.
Da in einigen Meteoriten organische Molekle, u. a. Aminosuren, nachgewiesen
werden konnten, ist es denkbar, dass diese zunchst dort entstanden und in der Zeit,
als noch viele Meteoriteneinschlge auf der Erde erfolgten, hier gelandet sind [7].
Aus diesen Aminosuren kann sich dann auf der Erde Leben entwickelt haben.
Die dritte Theorie besagt, dass das Leben aus der Ursuppe entstanden ist. Hierzu
wurde in den 1950er Jahren von Miller und Urey ein Experiment durchgefhrt, das
zeigte, dass durch Zufuhr von Energie aus Blitzen aus anorganischen Moleklen wie
Ammoniak, Methan, Wasser und Diwasserstoff organische Molekle wie z.B.
Aminosuren und niedere Carbon- und Fettsuren gebildet werden knnen.
Um die dritte Theorie genauer zu erklren, wird zunchst die Evolution der
Atmosphre besprochen.
Vereinfacht kann man sich diesen Prozess so vorstellen: Man beginnt bei der Ur-
Atmosphre, die auch Methanatmosphre genannt wird und hauptschlich aus
Methan, Diwasserstoff, Ammoniak und Wasserdampf [8] besteht. Da die
Temperaturen der Erdoberflche nach deren Entstehung mehr als 100 C betragen,
gleicht das System Erde/Atmosphre dem inneren eines Teekessels [7].
Der hohe Wasserdampfgehalt in der Atmosphre sorgt dafr, dass kein Sonnenlicht
auf die Planetenoberflche dringen kann. Ein wenig Helligkeit liefern Blitze der un-
unterbrochenen Gewitter, der entstehende Regen kommt aber nie auf dem Boden an,
da er auf Grund der hohen Temperaturen direkt wieder verdampft.
Ein Astronaut, der jemals auf einen solchen Planeten stiee, auf dem solche
Bedingungen herrschen, wrde wohlweislich einen groen Bogen machen. [5]
Die Erde beginnt auszukhlen, die Kruste wird fest und es bilden sich riesige
Vulkane, die immer wieder die in der Kruste gebundenen leichtflchtigen
Bestandteile bei ihren Ausbrchen zu Tage frdern [7].
9
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Die Erde khlt weiter ab, so dass der Regen den Boden erreichen kann ohne sofort
wieder zu verdampfen und dort riesige Ur-Ozeane bildet [7].
Durch Blitze und Strahlenttigkeit werden Methan, Ammoniak und Wasser zu
Kohlenstoffdioxid, Distickstoff und Diwasserstoff umgesetzt. Der spezifisch
leichtere, molekulare Wasserstoff geht durch Diffusion in den Weltraum verloren [8].
CH4 (g) + 2 NH3(g) + 2 H2O(g) + h CO2(g) + N2(g) + 7 H2(g)
Kohlenstoffdioxid wird im Wasser gelst und bildet mit Magnesium- bzw.
Calciumkationen die entsprechenden Carbonate [7].
CO2(g) + 3 H2O + Ca2+/Mg2+(aq) Ca/MgCO3(s) + 2 H3O+(aq)
So entsteht die zweite Atmosphre unseres Planeten. Sie besteht hauptschlich aus
Stickstoffmoleklen und wird deshalb Stickstoffatmosphre genannt.
In ihr enthalten sind immer noch Spuren von Diwasserstoff, Wasserdampf, gas-
frmigem Kohlenstoffdioxid und Kohlenstoffmonoxid [8].
Da bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Disauerstoff vorhanden ist und das Leben in
der Form, wie wir es kennen ohne ihn nicht existieren kann, muss als nchstes
geklrt werden, woher dieser stammt.
Sehr stark vereinfacht stellt man sich dies wie folgt vor:
Der erste freie Disauerstoff stammt aus dem Wasser. Er entsteht durch Photo-
dissoziation, der Zerlegung des Wassers durch UV-Licht.
UV-Licht
2 H2O(g) 2 H2(g) + O2(g)
Gleichzeitig dringt diese Strahlung, die Energiequelle zum Aufbau erster organischer
Lebensbausteine, in die obersten Schichten der Ur-Ozeane ein und bildet dort grere
Molekle. Sind sie gebildet, wrden sie von der aggressiven UV-Strahlung sofort
wieder zerstrt, wre nicht der Disauerstoff vorhanden, der die Strahlung abfngt [5].
10
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
UV-Strahlung
- Gromolekle entstehen
- 2 H2O + h 2 H2(g) + 3O2(g) 3O2 fngt UV-Strahlung ab,
weder neue Gromolekle noch
Disauerstoff entstehen
Mehr 3O2, immer weniger UV-Strahlen dringen durch
3O2 wird abgebaut
Abb. 3: Kreislauf des entstehenden Lebens [5]
Dieser Kreislauf wiederholt sich so lange, bis sich aus den Gromoleklen in den
Tiefen des Meeres, in die keine UV-Strahlung eindringt, primitive Einzeller gebildet
haben. Nach und nach entwickelt sich die Photosynthese und es entsteht mehr
Disauerstoff. Dieser wird zunchst bei der Bildung von Eisen(III)-oxid aus Eisen(II)-
kationen gebunden.
4 Fe2+(aq) + O2(g) + 12 H2O 2 Fe2O3(s) + 8 H3O+(aq)
Danach steigt der Gehalt an Sauerstoffmoleklen stetig an und dadurch, dass sie die
UV-Strahlung absorbieren, kann sich schlielich das Leben an Land entwickeln [8].
Diese dritte, noch heute bestehende Atmosphre wird als Sauerstoffatmosphre
bezeichnet.
Der heutige Disauerstoff, der sich in der Atmosphre befindet, entsteht durch die
Photosynthese der Pflanzen. Dies wird in Kapitel 5.4 Atmung und Photosynthese
Ein Disauerstoffkreislauf genauer erklrt.
11
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Diese Theorie kann man den Schlern in vereinfachter Form zum Beispiel im
Leistungskurs als Einfhrung in das Wahlthema Umweltchemie/Umweltanalytik in
der Jahrgangsstufe 13 verdeutlichen.
Hierzu gibt es z.B. einen Exkurs [9], den man als Arbeitsblatt verwenden kann. Die
Schler knnen die ntigen Eigenschaften und Reaktionen selbst erarbeiten (vgl.
Arbeitsblatt 1 Die Entstehung der heutigen Atmosphre).
Im nachfolgenden Kapitel wird die genaue Zusammensetzung der heutigen
Atmosphre besprochen.
3.2 Die Zusammensetzung der Luft
Unsere Luft ist ein Gasgemisch. In Tabelle 1 sind die wichtigsten, natrlichen
Bestandteile der Luft, die im Rahmen dieser Arbeit besprochen werden, verndert
nach [8] aufgelistet.
Art Volumenprozent
molekularer Stickstoff, N2 78,085
molekularer Sauerstoff, O2 20,948
Argon, Ar 0,934
Kohlenstoffdioxid, CO2 ~ 0,03
Ozon, O3 variabel
Wasser variabel
Helium, He 5,2410-4
molekularer Wasserstoff, H2 ~ 510-5
Distickstoffmonoxid, N2O ~ 310-5
Stickoxide: NO, NO2 ~ 110-7
Tabelle 1: Zusammensetzung der Luft an der Erdoberflche [8]
Die ersten fnf Bestandteile werden im Rahmen dieser Arbeit jeweils in einzelnen
Kapiteln genauer besprochen. Weitere in der Luft enthaltene Edelgase sowie
Spurengase werden in Kapitel 6 Edler Duft liegt in der Luft Die Edelgase bzw.
Kapitel 9 Spuren von Gasen besprochen.
12
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Bei der Einfhrung in das Thema Luft kann man
den Schlern an einem Modell1 zeigen, dass sich
fast 100 % der Luft aus den vier erstgenannten
Gasen zusammensetzt, indem man ihnen
Legosteine in unterschiedlichen Farben gibt, die
sie so zusammensetzen sollen, dass man die
Zusammensetzung der Luft erkennen kann. Blau
soll hier den Distickstoff, gelb den molekularen
Sauerstoff und rot das Argon darstellen, das weie
Plttchen schlielich steht fr Kohlenstoffdioxid.
Durch die ausgewhlte Schichtung erhlt man ein
Abb. 4: Legosteine verdeutlichen dreidimensionales Balkendiagramm. die Zusammensetzung der Luft
Wichtig ist zu beachten, dass Tabelle 1 die Zusammensetzung der Luft an der
Erdoberflche wiedergibt; sie ist allerdings variabel.
Dies hngt von vielen Bedingungen ab, z.B. von der Temperatur der Luft. Zur
Erluterung wird im Folgenden der Aufbau der Atmosphre betrachtet.
3.3 Der Aufbau der Atmosphre [10, 11]
Man kann die Atmosphre auf drei Arten unterteilen: nach der Temperatur-
schichtung, nach der chemischen Zusammensetzung und nach ihrem Ionisierungs-
grad.
Teilt man die Atmosphre nach der Temperaturschichtung, von Meereshhe aus
gesehen, ein, erhlt man folgende Bereiche:
Troposphre 0 8 / 18 km, Tropopause 8 - 18 km
Stratosphre 8 / 18 - 50 km, Stratopause,
Mesosphre 50 - 80 km, Mesopause,
Thermosphre 85 - 500 km und
Exosphre > 500 km.
1 Das entwickelte Modell ist dreidimensional, da die Luft, die uns umgibt, Raum einnimmt und deshalb durch die blichen zweidimensionalen Graphiken nicht der Realitt entsprechend beschrieben ist.
13
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Abb. 5: Aufbau der Atmosphre
Es ist zu erkennen, dass die Temperatur zu verfolgen an der eingezeichneten roten
Kurve in der Troposphre durchschnittlich um etwa 6,5 C pro 1000 m abnimmt,
weshalb es z.B. auf dem Mount Everest sehr viel klter ist als z.B. in Kairo, obwohl
sie auf demselben Breitengrad liegen. Dies hat natrlich auch noch etwas mit dem
Klima, auf das im Rahmen dieser Arbeit nicht nher eingegangen wird, zu tun.
Die Troposphre enthlt rund 80 % der Masse der Atmosphre und nahezu den
gesamten Wasserdampf. Deshalb spielen sich in ihr nahezu alle Wetterprozesse ab.
Die Tropopause befindet sich im Mittel ber den Polen in etwa 8 km, ber den
gemigten Breiten etwa in 12 km und ber dem quator etwa in 18 km Hhe. Die
jeweiligen Pausen sind die sogenannten Wendepunkte (in der Geographie) des
vertikalen Temperaturverlaufes.
So sinkt z.B. die Temperatur in der Troposphre ab, erreicht in der Tropopause ein
Minimum und steigt dann in der Stratosphre wieder an. Solche Wendepunkte findet
man auch in der Stratopause und in der Mesopause.
14
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Die Stratosphre ist im unteren Bereich isotherm, d.h. ihre Temperatur liegt nahezu
konstant bei -56 C. Erst ab 20 km steigt sie wieder an. Dies geschieht auf Grund von
Strahlungsabsorption, z.B. durch Ozon.
Weiterhin kann man die Atmosphre nach der Zusammensetzung der Luft einteilen
in: Homosphre 0 - 80 km
Heterosphre > 80 km
Hierbei ist es so, dass die Homosphre auf Grund der horizontalen und vertikalen
Luftbewegungen nahezu gleichfrmig durchmischt wird und somit homogen vorliegt.
In der Heterosphre teilen sich dann die Gase, z.B. auf Grund der unterschiedlichen
Dichten, so dass sich die spezifisch leichteren Gase wie Wasserstoff und Helium mit
steigender Hhe anreichern.
Der Vollstndigkeit halber wird hier noch eine dritte Art der Einteilung erwhnt: Man
kann die Atmosphre auch nach dem Ionisierungsgrad der Gasteilchen in
Neutrosphre und Ionosphre einteilen. Darauf wird in dieser Arbeit allerdings
nicht nher eingegangen.
3.4 Technische Gewinnung der Hauptinhaltsstoffe
Unter der Annahme, dass die Troposphre 80 % der Masse der Atmosphre enthlt,
durchschnittlich 12 km hoch ist und die Erde eine ideale Kugel mit mittlerem
Erdradius von 6370 km darstellt, erhlt man einen Mantel um die Erde, der
6,131021 L Luft enthlt. Auf Grund dieses riesigen Vorkommens ist es sinnvoll, die
Hauptbestandteile 3O2, N2 sowie Argon aus der Luft nutzbar zu machen.
Jedes der drei Gase wird hauptschlich durch fraktionierte Destillation flssiger
Luft gewonnen [12].
Die Luftverflssigung kann ber drei Methoden [13]
erfolgen: Nach dem Linde-Verfahren, nach dem Claude-
Verfahren und nach dem Claude-Heyland-Verfahren.
Technisch von Bedeutung ist aber hauptschlich das Linde-
Verfahren [12].
Diese Methode wurde 1895 von Carl von Linde erfunden. Abb. 6: Carl von Linde
15
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Das Verfahren wird in der Schule nicht besprochen, soll aber, um die Gewinnung der
Hauptinhaltsstoffe aufzuzeigen, im Rahmen dieser Arbeit erlutert werden.
Abb. 7: Schematischer Aufbau der Apparatur zum Linde-Verfahren
Die Luft wird hierbei zunchst auf etwa 200 bar verdichtet. Die komprimierte Luft
wird anschlieend vorgekhlt. Am Drosselventil wird sie wieder entspannt und khlt
sich dabei ab.
Dies nennt man Joule-Thompson Effekt, bei dem Folgendes passiert: Beim
Wiederausdehnen eines komprimierten Gases muss Arbeit geleistet werden, damit die
Anziehung, die zwischen den Gasteilchen herrscht, berwunden werden kann. Die
Energie dazu wird aus der inneren Energie des Gases selbst genommen. Deshalb
nehmen die Moleklbewegungen und damit verbunden die Temperatur des Gases ab
[14]. Dies geschieht erst unterhalb einer bestimmten Temperatur, der sogenannten
Joule-Thompson-Inversionstemperatur.
Den Joule-Thompson Effekt und somit die Abkhlung der Luft kann man anhand
folgender Rechnung aufzeigen: Fr komprimierte reale Gase gilt folgende Gleichung
[12], auf deren Herleitung hier verzichtet wird:
( )2
273273
+=
AnfangEndeAnfangEndeAnfang T
ppTT
Hierbei ist der Joule-Thompson Faktor. Es handelt sich hierbei um eine
dimensionslose Gre, deren Wert bei ~ 1/4 liegt.
16
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Linde-verfahren.png
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
Whlt man beispielsweise TAnfang = 0 K und pAnfang - pEnde = 1 bar, nimmt die
Temperatur der Luft um K pro bar Druckdifferenz ab.
Geht man von pAnfang = 200 bar und TAnfang 1 = 298 K aus, erhlt man, bei der An-
nahme, dass pEnde = 1 bar betrgt (also unter Standardbedingungen), fr
TEnde 1 = 256,25 K. Dies ist die Temperatur, die am Drosselventil herrscht, wenn das
eingebrachte Luftvolumen einmal durch die Anlage gestrmt ist.
Die durch Ausdehnen abgekhlte Luft wird in einen Gegenstrom-Wrmeaustauscher
geleitet, der die nachfolgend ankommende komprimierte Luft weiter abkhlt.
Geht man von gleich bleibender Komprimierung, d.h. pAnfang = 200 bar aus, sieht man,
dass bei neuer Anfangstemperatur TAnfang 2 = 256,25 K die Temperaturen immer
weiter sinken. Fr die nchste Stufe erhlt man TEnde 2 = 201,79 K.
In diesem Kreislauf khlt sich die Luft nun immer weiter ,von selbst ab, bis am
Drosselventil bei der Entspannung flssige Luft mit einer Temperatur von -194,5 C
(am Siedepunkt) entsteht [12].
Bei den anderen beiden Verfahren, dem Claude-Verfahren, dass G. Claude 1905
erfand, erfolgt der Entspannungsprozess adiabatisch ber eine Expansionsmaschine.
Durch Kombination von Drosselventil und der Expansionsmaschine wurde dieses
Verfahren zum Claude-Heylandt-Verfahren weiter entwickelt [13].
Die flssige Luft kann anschlieend
fraktioniert destilliert werden. Dabei
entsteht molekularer, gasfrmiger Stick-
stoff (Sdp. -196 C) im flchtigen
Destillat. Der flssige, molekulare
Sauerstoff (Sdp. -183 C) bleibt in der
Kolonne zurck. Beginnt man in Abb. 8
bei der Zusammensetzung der
undestillierten, flssigen Luft, also bei
78 % N2 und 21 % O2, siedet das
Gemisch bei -194 C. Der Dampf enthlt
dann nur noch etwa 9 % molekularen
Sauerstoff und 91 % des leichter flchtigen, Abb. 8: Siedediagramm des Gemisches aus
molekularen Stickstoffs. flssigem Disauerstoff und Distickstoff
17
3. Unsere Luft Ein lebensnotwendiges Gasgemisch
18
Somit ist die verbleibende Flssigkeit im Gegensatz zum Beginn reicher an
molekularem Sauerstoff und siedet erst spter, also bei einem hheren Siedepunkt.
Auf der Siedekurve luft man somit weiter nach rechts. Unterbricht man die
Destillation, erhlt man einen Dampf der Zusammensetzung von etwa 12 %
molekularem Sauerstoff und 88 % molekularem Stickstoff. Dies ist die
Dampfzusammensetzung, aus der sich der neue Siedepunkt ergibt.
Durch hufiges Wiederholen dieses Prozesses bekommt man am Ende einen Dampf
aus reinem, molekularem Stickstoff und im Destillationsrckstand bleibt der
molekulare Sauerstoff zurck.
Da der Siedepunkt von Argon mit -186 C zwischen molekularem Stickstoff und
Sauerstoff liegt, entsteht bei der fraktionierten Destillation der flssigen Luft
entweder argonhaltiger Distickstoff oder argonhaltiger Disauerstoff. Sie sind das
Ausgangsmaterial, aus dem durch nachfolgende chemische und physikalische
Trennmethoden reines Argon gewonnen wird [15].
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Etwa 78 % der Luft bestehen aus Distickstoff. Dies ist das Hauptvorkommen des
Elementes Stickstoff. In Mineralien liegt es in gebundener Form meist als Nitrat vor,
z.B. im Chilesalpeter als Natriumnitrat [16].
Stickstoff ist fr den Menschen essentiell, da er z.B. sowohl in Aminosuren, in den
Proteinen als auch in den Pyrimidin- und Purinbasen der DNA/RNA enthalten ist [17].
Gewonnen wird molekularer Stickstoff hauptschlich durch Destillation flssiger Luft
(vgl. Kap. 3.4 Technische Gewinnung der Hauptinhaltsstoffe).
4.1 Woher kommt der Name Distickstoff?
Molekularer Stickstoff wurde 1772 u.a. von Scheele
entdeckt, der ihn als verdorbene Luft bezeichnet [16].
Abb. 9: Carl Scheele
Um zu demonstrieren, wie Scheele den Distickstoff entdeckte, kann man die Schler
im zweiten Halbjahr der Klassenstufe 8 zum Thema Quantitative Zusammensetzung
der Luft folgenden Versuch, verndert nach [18] in Kleingruppen bzw. als
experimentelle Hausaufgabe (vgl. Arbeitsblatt 2 Hausaufgabenversuche zur
Zusammensetzung der Luft) durchfhren lassen: Eine brennende Kerze, die auf
Wasser schwimmt und sich unter einem Erlenmeyerkolben befindet, erstickt nach
einiger Zeit (vgl. Versuch 1.1 Eine Kerze erStick(stoff)t!).
Das Gas hat also wegen seiner erstickenden Wirkung auf eine Flamme bzw.
Lebewesen seinen Namen bekommen.
Weiterhin wird ein wenig Wasser in den Erlenmeyerkolben gesogen und der grte
Teil der vorhandenen Luft nicht verbraucht. Dies gibt den Schlern einen ersten
Hinweis auf die genauere Zusammensetzung der Luft.
4.2 Physikalische Eigenschaften
Molekularer Stickstoff ist bei Standardbedingungen ein farb-, geschmack- und
geruchloses Gas, dessen Dichte 1,25 g/L (bei 0 C, 1,013 bar und 45 geo-
graphischer Breite) betrgt.
19
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Der Siedepunkt liegt bei -195,82 C, der Schmelzpunkt bei -209,99 C [16].
Um diese Zahlen nicht zusammenhangslos in den Raum zu stellen, kann man die
Schler der 8. Klassenstufe z.B. einen Steckbrief zum molekularen Stickstoff
verfassen lassen. Dieser knnte, verndert nach [19], wie folgt aussehen:
Vorkommen zu 78 % Bestandteil der Luft
Entdeckung 1772 u. a. durch Scheele
Physikalische Eigenschaften Farb-, geruch- und geschmackloses Gas,
Dichte = 1,25 g/L,
Schmelzpunkt = -209,99 C
Siedepunkt = -195,82 C
Chemische Eigenschaften Erstickt die Flamme, reagiert nur unwillig mit
anderen Stoffen
Verwendung Herstellung von Mineraldnger
Tabelle 2: Steckbrief des (molekularen) Stickstoffs [19]
Spter, d.h. z.B. in Klassenstufe 9.1, wenn den Schlern die molare Masse und
weitere Eigenschaften bekannt sind, kann man den Steckbrief erneut aufgreifen und
erweitern. Dies wird in Kapitel 5.2 Physikalische Eigenschaften am Beispiel des
Disauerstoffs gezeigt.
Bei der Aufstellung der Tabelle sollte man darauf achten, dass die Schler im
Anfangsunterricht Chemie nicht wissen, dass der Stickstoff der Luft als Dimer vor-
liegt und dass sich alle angegebenen Werte auf denselben Stoff, hier molekularen
Stickstoff, beziehen. Deshalb wird beim Vorkommen z.B. nicht der Chilesalpeter
oder Harnstoff erwhnt, da dort Stickstoff elementar enthalten ist.
Die molare Masse des Elementes betrgt gerundet 14 g/mol, also betrgt die
Moleklmasse M(N2) = 28 g/mol.
Dichte und Moleklmasse kann man im Schulunterricht sehr anschaulich mit Hilfe
der Gasmolwaage erarbeiten (vgl. Versuch 2 Dichte und molare Masse von Gasen
schnell und unkompliziert). Die Dichte, die im fakultativen Lerninhalt in
Klassenstufe 8 besprochen wird, kann man direkt an der Skala der Waage ablesen.
20
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
In der neunten Klasse kann beim Thema Verhalten von Gasen Zweiatomigkeit
gasfrmiger Elementmolekle gezeigt werden, dass (Di-)Stickstoff nicht einatomig,
sondern als zweiatomig vorkommt. Die Moleklmasse, die man an der Gasmolwaage
ablesen kann, betrgt 28 g/mol. Da die Schler sich im Periodensystem ein wenig
auskennen, wissen sie, dass die molare Masse 14 g/mol betrgt. Also mssen es zwei
Stickstoffatome sein, die hier verbunden sind.
In beiden oben genannten Schulstufen sollte die Gasmolwaage als
Messgert verwendet werden, ohne ihr genaues Prinzip zu erklren.
Es beruht auf der Messung des Auftriebes (ARCHIMEDES), den
eine geschlossene Glaskugel in einem Gase erfhrt, mittels einer
Federwaage, die mit einer empfindlichen kleinen
Balkenwaagegekoppelt ist.[20] Abb. 10: Gasmolwaage
GW 61 Plexi
Der Satz von Archimedes besagt:
Der Auftrieb ist so gro wie die Gewichtskraft
des verdrngten Gases. [21]
Der Auftrieb A kann mittels folgender Gleichung [21] berechnet werden:
A = gVgmG ==
Hierbei ist G die Gewichtskraft und g der Ortsfaktor in Mitteleuropa.
Da die Glaskugel ein konstantes Volumen besitzt, verdrngt sie bei gleicher
Temperatur und gleichem Druck jeweils das gleiche Gasvolumen und damit die
gleiche Anzahl von Gasmoleklen (AVOGADRO)[20] des Gases, das in die Gas-
molwaage eingefllt wird (vgl. Kapitel 11.3 Der Druck in geschlossenen Gefen).
Somit ist die Differenz im Auftrieb gleich der Differenz der Massen der beiden
verdrngten Gasvolumina [20].
D.h., misst man zunchst den Auftrieb der Luft, die sich in der Glaskugel befindet, im
Referenzgas Luft, steht die Balkenwaage auf Null, da die Gasmolwaage auf Luft
kalibriert wird.
21
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Fllt man anschlieend z.B. Distickstoff in den Gasraum um die Glaskugel, in
welcher sich immer noch Luft befindet, erfhrt sie einen Auftrieb. Stellt man die
Balkenwaage wieder auf Null, kann man direkt an der Skala der Gasmolwaage die
Dichte und die molare Masse ablesen.
4.3 Chemische Eigenschaften
Das Element Stickstoff steht in der 5. Hauptgruppe des Periodensystems. Es ist ein
Nichtmetall mit der Elektronenkonfiguration 1s22s2p3 [22], dem drei Elektronen zur
Edelgaskonfiguration des Neons fehlen. Deshalb bildet es Dimere.
Nach der Einfhrung der molaren Masse in Klassenstufe 9 wird zunchst die
Abkrzung N2 verwendet. Betrachtet man in der zweiten Unterrichtseinheit der
Klassenstufe 10 Elektronenpaarbindung/Atombindung, ergibt sich fr ein Stick-
stoffmolekl folgende Lewis-Schreibweise:
N N
Abb. 11: Lewis-Schreibweise des molekularen Stickstoffs
Die Dreifachbindung ist sehr stabil und zeigt auf, warum der Stickstoff z.B. als
Inertgas verwendet wird. Die Dissoziationsenergie, die man bentigt um sie zu
spalten, liegt bei 946,04 kJ [16] pro Mol Stickstoffmolekle.
N2(g) + 946,04 kJ 2 N
Im Vergleich dazu betrgt die Dissoziationsenergie von einem Mol Chlormoleklen
nur 243,52 kJ [23].
Dies wird den Schlern sehr schnell einleuchten, wenn sie die Lewis-Schreibweise
von Chlor daneben zeichnen und feststellen, dass hier nur eine Einfachbindung
vorliegt.
Die Reaktionen von Distickstoff z.B. mit Alkali- und Erdalkalielementen sind hier
auer Acht gelassen. Der Einfachheit halber werden in der Schule keine Ver-
bindungen des Elementes Stickstoff besprochen, da die Schler in diesem
Zusammenhang lernen und verstehen sollen, dass ein hoher Bindungsgrad eine hohe
Dissoziationsenergie hervorruft und somit eine starke Bindung im Stickstoffmolekl
herrscht.
22
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Betrachtet man zustzlich in einem guten Leistungskurs das Moleklorbitalmodell
[24] des Dinitrogens, stellt man eine -Bindung und zwei -Bindungen fest.
Abb. 12: Energieniveauschema des molekularen Stickstoffs
Die Bindungsordnung BO = (b-b*) betrgt BO (N2) = 3, wobei b die Anzahl der
Elektronen in bindenden Moleklorbitalen, b* die Anzahl der Elektronen in nicht
bindenden Moleklorbitalen ist [24].
In molekularem Stickstoff treten die 2s- und 2p-Orbitalen auf Grund der geringen
Energiedifferenz miteinander in Wechselwirkung.
Es geschieht folgendes: Die bindenden und antibindenden -Moleklorbitale besitzen
einen s-p-Hybridorbitalcharakter, keinen reinen s- oder p-Charakter mehr. Damit
werden die s-Moleklorbitale stabilisiert, die x- Orbitale aber destabilisiert. Somit
sind die bindenden -Orbitale, im vorliegenden Beispiel y und z, stabiler und
deshalb energetisch gnstiger [24].
Diese Erklrung, warum die Energieniveaus vertauscht werden, wird in der Schule
nicht gegeben.
23
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Man kann in der Schule den Schlern an einem einfachen Modell2 erklren, wie aus
den Atomorbitalen die Moleklorbitale, also beispielhaft die drei Bindungen des
Distickstoffs, entstehen.
Um dies zu veranschaulichen, betrachtet man zunchst die Bildung der Molekl-
orbitale aus den vorhandenen Atomorbitalen. Hierzu geht man von folgendem
Achsenkreuz aus:
z
y
x
Abb. 13: Achsenkreuz nach [24]
Die -Bindung wird durch die berlappung zweier px-Orbitale gebildet, die beiden
-Bindungen durch Addition der Elektronenwolke zweier py- bzw. pz-Molekl-
orbitale. Die jeweiligen antibindenden Orbitale ergeben sich entsprechend.
Nachdem die Schler wissen, dass die Atomorbitale den Raum mit der grten
Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons darstellen und diese unterschiedliche
Formen haben, z.B. das s-Orbital kugelfrmig, das p-Orbital hantelfrmig ist, knnen
sie diese miteinander kombinieren. Hierbei entstehen die Moleklorbitale [24].
2 Nach dem bisherigen Literaturstudium hat noch niemand ein solches Modell vorgeschlagen.
24
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Abb. 14: Bildung von bindenden und antibindenden Moleklorbitalen
aus den Atomorbitalen px und pz
Beschrnkt man sich auf die drei p-Orbitale und will anhand eines Modells die Drei-
fachbindung des Distickstoffs erklren, kann man den Schlern Arbeitsblatt 3 Ein
Modell fr ein Modell geben. Hierbei sollen sie selbstndig aus verschiedenfarbigen
Broklammern ein Modell anfertigen, aus dem ersichtlich wird, wie die ver-
schiedenen Orbitale, also die Broklammern, miteinander kombiniert werden knnen.
Jede Broklammer soll fr einen positiven oder negativen Orbitallappen stehen.
Nimmt man z.B. eine blaue und eine gelbe
Broklammer, kann man sie zunchst einmal mit-
einander verbinden. Dies ergibt ein Modell eines
px-Orbitals Abb. 15: Broklammermodell eines
. px-Orbitals
Wiederholt man dies, hat man zwei Modelle der Stickstoff-Atomorbitale hergestellt.
Abb. 16: Broklammermodell zweier px-Orbitale
Diese kann man, um ein Modell fr eine -Bindung zu erhalten, noch einmal
miteinander verbinden. Hierbei entsteht ein bindendes Moleklorbital, wenn gleiche
Vorzeichen der p-Orbitale (der -Funktion), im vorliegenden Modell gleiche Farben,
miteinander verbunden werden. Ein antibindendes Moleklorbital wird symbolisiert
durch Zusammenstecken von blau und gelb.
Abb. 17: Broklammermodell des bindenden Moleklorbitals x
25
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Will man nun eine Bindung darstellen, werden die beiden Atomorbitale, z.B. in
wei und schwarz, in y-Richtung oder in grn und rot in z-Richtung ausgerichtet.
Abb. 18 (1) und (2): Broklammermodell zweier py- bzw. zweier pz-Orbitale des Distickstoffs
Hier kann eine doppelte berlappung stattfinden: es knnen rot-rot und grn-grn
miteinander verbunden werden. Die antibindenden Orbitale ergeben sich jeweils aus
der umgekehrten Kombination.
Abb. 19 (1) und (2): Broklammermodell der y-Bindung und z-Bindung im Distickstoff
Da die Schler anhand dieses Modells die Ausbildung der Moleklorbitale selbst
hergeleitet haben, ist es fr sie einfacher, dies zu verstehen und zu behalten.
Daraus kann ein einfacheres Moleklorbitalmodell als in Abb. 9 erstellt werden, in
dem nur die p-Orbitale miteinander kombiniert werden, damit die Dreifachbindung
erkennbar wird. __x*
__ __ y*, z*
__ __ __ __ __ __
2 px,y,z __ xb 2 px,y,z
Atomorbitale __ __ yb, zb Atomorbitale
N N
Moleklorbital N2
Abb. 20: Vereinfachtes Moleklorbitalmodell des N2 zur Demonstration der Dreifachbindung
26
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
4.4 Ein Gas geht um die Welt Der Distickstoffkreislauf
Technisch wird molekularer Stickstoff hauptschlich mit Hilfe des Linde-Verfahrens,
das ausfhrlich in Kapitel 3.4 Technische Gewinnung der Hauptinhaltsstoffe (der
Luft) besprochen wurde, hergestellt. Danach, so wie nach der Atmung, liegt er aber
immer noch molekular vor.
Im Nachfolgenden wird besprochen, wie die Stickstoffmolekle der Luft in unter-
schiedlicher Form und auf verschiedenen Wegen gebunden werden knnen.
Dazu wird der Kreislauf betrachtet, den der Distickstoff in Atmo-, Hydro- und Litho-
sphre (bis zu 16 km Tiefe) durchluft [25].
Dieser Kreislauf kann grtenteils in der Klassenstufe 10 besprochen werden.
Hier lernen die Schler laut Lehrplan z.B. die Theorie zur atmosphrischen Fixierung
im Thema Sure-Base Theorie nach Broensted. Im fakultativen Lerninhalt wird die
Herstellung von Ammoniak, also die technische Fixierung im Haber-Bosch-
Verfahren, besprochen.
Das Prinzip von Zwang, also der Einfluss auf die Lage des Gleichgewichtes wird
erst in Jahrgangsstufe 13 beim Thema Das chemische Gleichgewicht besprochen.
Einige der zugehrigen Reaktionsgleichungen, z.B. die Umwandlung von Nitrit in
Nitrat, sind in der 10 Klasse allerdings noch zu kompliziert und knnen z.B. erst in
Jahrgangsstufe 11 im Anschluss an das Thema Redoxreaktionen erklrt werden.
Der in Kap. 4.4.1 Fixierung des molekularen Stickstoffs und 4.4.2 Freisetzung von
molekularem Stickstoff beschriebene Kreislauf ist aus verschiedenen Quellen,
hauptschlich aus [26], ergnzt durch [16, 25, 27, 28], neu zusammengestellt.
4.4.1 Fixierung des molekularen Luftstickstoffs
a) Atmosphrische Fixierung
Durch elektrische Entladung, z.B. durch Blitze entstehen
Stickstoffoxide.
)(2
0
gN + O + 180,62 kJ 2 )(20
g )(
22
gON+
2 (g) + O 2 + 114,2 kJ Abb. 21: Gewitterblitz 22 +
ON )(20
g )(2
24
gON+
27
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Da Stickstoffmonoxid eine stark endotherme Verbindung ist, lsst es sich nur durch
Zufuhr einer hohen Aktivierungsenergie und bei hohen Temperaturen, beides entsteht
bei einer Blitzentladung, aus den Elementen erzeugen. Das Temperaturoptimum liegt
bei etwa 2000 C. Da diese hohen Temperaturen nur kurze Zeit vorhanden sind, setzt
sich das Stickstoffmonoxid rasch mit dem vorhandenen Luftsauerstoff zu
Stickstoffdioxid um. Dies ist eine exotherme Verbindung und wrde bei
Temperaturen ber 650 C nicht entstehen.
Den in dieser Weise natrlich ablaufenden Prozess kann man in der Schule sehr
einfach mit Hilfe von Versuch 3 Aus der Luft in den Boden Blitze fixieren N2 [29]
nachvollziehen. Hierbei wird Luft im Lichtbogen bei 8000 V verbrannt und es
entstehen die beiden oben genannten Stickstoffoxide NO und NO2. Sie sind beide
sehr giftig und auch auf Grund der Hochspannung sollte dieser Versuch
ausschlielich als Lehrerversuch durchgefhrt werden.
Dass dieser Prozess der Stickstoffoxidbildung in der Natur nicht selten ist, sieht man
daran, dass es pro Sekunde auf der Welt etwa 200-mal blitzt und in manchen
Gebieten der Tropen bis zu 200-mal im Jahr gewittert [30].
In der Natur werden die Oxide des Stickstoffs durch Regen aus der Atmosphre in
Form von Salpetersure ausgewaschen und liegen als Nitrationen im Boden vor.
3 + OH 2 ONH + )(224
gON+
2 )(3
5
aq
+
)(
22
gON+
Zusammengefasst luft also in Versuch 3 Aus der Luft in den Boden Blitze
fixieren N2 folgende Reaktion ab:
2 + 5 O + 2 4 + 60,6 kJ )(20
gN )(20
g OH 2 )(35
aqONH+
Das Vorhandensein von Sure im Wasser, in das die Stickstoffoxide beim Versuch
eingeleitet wurden, kann mit Hilfe des pH-Wertes nachgewiesen werden.
Hierbei sollte man die Schler erneut auf die starke Bindung im Stickstoffmolekl
und somit auf die Reaktionstrgheit des molekularen Stickstoffes hinweisen, da sonst,
unter Annahme der obigen exothermen Reaktionen, der gesamte Disauerstoff unserer
Atmosphre zur Bildung von Salpetersure in den Ozeanen verbraucht wrde.
Die entstandenen Nitrationen werden von Pflanzen, den Produzenten, aus dem
Boden aufgenommen und ber verschiedene Schritte zu Proteinen umgewandelt.
28
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Diese werden von den Konsumenten, z.B. Menschen und Tieren, direkt oder indirekt
als Nahrung aufgenommen. Sie bilden daraus als Stoffwechselendprodukt unter
anderem Harnstoff. Wird dieser durch die Destruenten, z.B. Pilze und Bakterien,
zersetzt, entsteht Ammoniak, der erneut zu Ammoniumionen umgewandelt werden
kann oder in die Atmosphre entweicht.
(NH2)2CO(aq) + H2O 2 NH3(g/aq) + CO2(g)
Bei der Verwesung abgestorbenen, organischen Materials, tierischen oder
pflanzlichen Ursprungs, kann auerdem ber einen langwierigen Prozess je nach
ueren Gegebenheiten Erdl, Erdgas oder Kohle entstehen.
b) Biologische Fixierung
Es gibt drei Gruppen stickstofffixierender Mikroorganismen. Diese sind alle
prokaryotisch, also noch ohne Zellkern, und man kann sie nach ihrem
Sauerstoffbedrfnis in drei Gruppen einteilen: die obligat anaerob lebenden, die
fakultativ anaerob und die obligat aerob lebenden Organismen.
Die beiden ersten Gruppen sind zwar weit verbreitet, ihre Bedeutung ist aber gering.
In diesem Zusammenhang am wichtigsten sind die obligat aerob lebenden
Mikroorganismen wie z.B. Azotobacter. Es tritt in gut durchlftetem Boden, aber
auch in Meer- und Swasser mit gengend Sauerstoffgehalt auf und ist in der Lage,
aus molekularem Luftstickstoff unter Reduktion Ammoniak und schlielich
Ammoniumionen zu bilden.
0
2N (g) + 6 e- + 6 2 (g) + 6 )(3 aqOH
+3
3HN
OH 2
)(3 gNH + H + OH O2 )(4 aqNH+
)(aq
Da die Dissoziationsenergie des molekularen Stickstoffs 946,04 kJ/mol betrgt, ist die
Umwandlung endergonisch, bringt den Bakterien also keinen energetischen Nutzen.
Die Prokaryoten knnen den Vorgang allerdings durch die Bildung eines speziellen
Nitrogenase-Enzymkomplexes katalysieren.
Sie sind die einzigen Lebewesen, die den Distickstoff fixieren knnen. Alle brigen
Lebewesen mssen ihn, da er essentiell ist, ber die Nahrung zu sich nehmen.
29
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
Die bekanntesten distickstofffixierenden Bakterien sind
die Knllchenbakterien (Gruppe Bakterium radicicola),
die ihre Stickstoffbindung nur in Verbindung mit hheren
Pflanzen durchfhren. Sie sind am aktivsten in Verbindung
mit Leguminosen (Schmetterlingsbltler/Hlsenfrchte),
also z.B. Erbsen. Es ist eine Symbiose, da die hheren
Pflanzen Kohlenhydrate bereitstellen und das Bakterium Abb. 22: Knllchenbakterien
im Gegenzug nahezu den gesamten Bedarf der Pflanze
an reduziertem Stickstoff deckt.
Da Pflanzen zwar Ammoniumionen aufnehmen knnen, aber Nitrate bevorzugen,
werden die Ammoniumionen von den Bakterien in Nitrate umgewandelt.
Diese Nitrifikation, eine oxidative Veratmung mit Sauerstoff, also aerob, verluft
ber zwei Stufen.
Zunchst wandeln Nitritbakterien wie z.B.
Nitrosomonas die Ammoniumionen in Nitrit um. Abb. 23: Nitrosomonas
2 + 3 + 2 2 ON + 4 )(4 aqNH+
)(2
0
gO OH 2 )(223
aq
+
)(3 aqOH+
Das entstandene Nitrit wird von Nitratbakterien,
z.B. Nitrobacter, aerob zu Nitrat oxidiert.
Abb. 24: Nitrobacter
2 + 2 ON )(223
aqON +
)(2
0
aqO 325 +
)(aq
Die biologische Fixierung kann z.B. fcherbergreifend zusammen mit einem
Biologie Leistungskurs behandelt werden. Hier knnten Versuche zum Thema Boden
und Bakterien durchgefhrt werden.
c) Technische Fixierung
Industriell wird Distickstoff mit Hilfe
des Haber-Bosch Verfahrens in Form
von Ammoniak fixiert. Abb. 25: Fritz Haber Abb. 26: Carl Bosch
)(2
0
gN + 3 H 2 3HN + 92,28 kJ )(20
g )(
13
g
+
30
4. Der molekulare Stickstoff Verdorbene Luft
31
Unabhngig vom Distickstoffkreislauf ist das Haber-Bosch Verfahren eines der
grotechnischen Verfahren, das in der Schule besprochen werden sollte.
An ihm kann man in der Jahrgangsstufe 13 sowohl im Leistungs- als auch im
Grundkurs Das chemische Gleichgewicht, Prinzip von Zwang und die
Wirkungsweise eines Katalysators besprechen.
4.4.2 Freisetzung von molekularem Stickstoff
Wie aerobe Bedingungen bei der Nitrifikation die Oxidation begnstigen, be-
gnstigen anaerobe Bedingungen die Denitrifikation.
Hierbei entsteht ber mehrere Schritte durch enzymatische Stoffwechselvorgnge,
z.B. des Flavobakteriums, elementarer Stickstoff und bis zu 10 % Distick-
stoffmonoxid, das zum natrlichen Abbau von Ozon beitrgt (vgl. Kapitel 8.4 Was
passiert in der Stratosphre?).
2 NO3-(aq) + 2 C N2O(g) + CO32-(aq) + CO2(g)
N2O(g) + C 2 N2(g) + CO2(g)
Zur Vereinfachung kann folgende Reduktion formuliert werden:
2 NO3-(aq) + 12 H3O+(aq) +10 e- N2(g) + 18 H2O
Insgesamt kann der auf der nchsten Seite folgende Kreislauf als Arbeitsblatt oder
Hefteintrag entwickelt werden.
Wenn in der Schule keine Zeit ist, den gesamten Kreislauf zu erarbeiten oder er nur
punktuell erarbeitet werden kann, sind auf dem Arbeitsblatt alle wichtigen Reaktions-
gleichungen und Ablufe detailliert enthalten, damit es ohne weitere Erklrungen an
die Schler ausgegeben werden kann.
Der Stickstoffkreislauf kann, ebenso wie der Treibhauseffekt (vgl. Kap. 7.3. Der
natrliche Treibhauseffekt) in der Schule in Form eines Schlerreferats besprochen
werden. Als Arbeitsgrundlage kann hier das nachfolgende Arbeitsblatt dienen.
Abbildung auf der nachfolgenden Seite:
Abb. 27: Der Stickstoffkreislauf Selbstangefertigtes Arbeitsblatt
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
5. Luft zum Atmen - Der molekulare Sauerstoff
Etwa 21 % der Luft bestehen aus molekularem Sauerstoff.
Sauerstoff ist das in der Erdrinde, dem Meer, der Biosphre und der Luft mit einer
Gewichtsmenge von 48,9 % am meisten vorkommende Element. Er kommt in
gebundener Form u. a. als Oxide, in Form von Carbonaten, Silikaten sowie molekular
in der Luft oder gelst im Wasser vor [31].
Weshalb Sauerstoff fr den Menschen wichtig ist, sieht man gut an der sogenannten
Dreierregel, eine Faustregel, die besagt, dass der Mensch nicht drei Minuten ohne
Luft, drei Tage ohne Wasser und drei Wochen ohne Nahrung berleben kann [32].
Mit Luft ist dabei der in der Luft vorhandene und zur Atmung bentigte
Disauerstoff gemeint.
Gewonnen wird er fast ausschlielich durch fraktionierte Destillation flssiger Luft
(vgl. Kap. 3.4 Technische Gewinnung der Hauptinhaltsstoffe).
5.1 Feuerluft Lebensluft Oxygen
Erneut war es u. a. Carl Scheele, der den Disauerstoff 1772 als Feuerluft erstmals
beschrieb. Er gewann ihn zum Beispiel durch Erhitzen von Quecksilber(II)-oxid [31].
Unabhngig von Scheele entdeckte ihn 1774 der
britische Naturforscher Joseph Priestley, der ihn
nach der herrschenden Theorie als dephlogistierte
Luft bezeichnete. Erst 1777 erkannte Antoine de
Lavoisier, nachdem er Priestleys Bezeichnung
Feuerluft kannte, dass er ein gasfrmiges Element
vor sich hatte und nannte es Lebensluft (vgl. Kap.
5.4 Dissimilation und Assimilation Ein Disauer- Abb. 28: Antoine de Lavoisier
stoffkreislauf).
Spter bezeichnete er das gefundene Gas als Oxygen (griech). = Surebildner, woher
das Elementsymbol O kommt. Er ging davon aus, dass der neu entdeckte Stoff
elementarer Bestandteil aller Suren sei [31].
In der Schule kann man den Versuch 1.1 Eine Kerze erStick(stoff)t weiterfhren
(vgl. Kap. 4.1 Woher kommt der Name Distickstoff?).
33
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Bisher haben die Schler erkannt, dass, wenn man ber eine auf Wasser
schwimmende, brennende Kerze einen Erlenmeyerkolben stlpt, die Kerze ausgeht
und Wasser in den Erlenmeyerkolben gesogen wird. Lsst man sie den Versuch mit
einem vollstndig graduierten Erlenmeyerkolben erneut durchfhren, erkennen sie,
dass etwa 1/5 der Luft durch Wasser ersetzt, also von der Kerze verbraucht wird (vgl.
Versuch 1.2 Wie viel ,Luft bleibt brig?, Arbeitsblatt 2 Hausaufgabenversuche
zur Zusammensetzung der Luft).
Hierbei wird im Sinne einer didaktischen Reduktion vernachlssigt, dass beim
Verbrennen von Paraffin, welches aus ungesttigten Kohlenwasserstoffen [33] der
Formel CnH2n+1 besteht, CO2 entsteht.
CnH2n+1(l) + (3/2n+1/4) O2(g) n CO2(aq) + ( 212 +n ) H2O
Dieses lst sich im Wasser und vergrert somit das Volumen nicht (vgl. Kap. 7.4
Ferien am Lake Nyos Besser nicht!). Ein weiterer Effekt, der die Durchfhrung
des Versuches mglich macht, ist, dass sich Gase beim Abkhlen zusammenziehen
und deshalb das Wasser in den Erlenmeyerkolben gesogen wird.
Was das fr ein Gas ist, das die Verbrennung unterhlt, kann man ihnen dann durch
die Darstellung von Disauerstoff zeigen. Hier kann man z.B. den Weg gehen, den
auch Carl Scheele bei der Entdeckung des Disauerstoffs genommen hat. Da aber aus
Quecksilber(II)-oxid beim Erhitzen neben dem Disauerstoff elementares Quecksilber
entsteht, darf der Versuch in der Schule nicht mehr durchgefhrt werden.
Mchte man dennoch einen historisch orientierten Weg whlen, kann stattdessen
Kupfer(II)-oxid verwendet und in einem Reagenzglas mit dem Bunsenbrenner erhitzt
werden (vgl. Versuch 4.1 Darstellung von molekularem Sauerstoff). Hierbei
entsteht bei 900 C Kupfer(I)-oxid und molekularer Sauerstoff [34].
4 Cu (s) 2 OCu (s) + O (g) 22 +
O21
2
+
2
0
Da in diesem Zusammenhang in der Schule aber Begriffe wie Oxid, Oxidation als
Verbrennung von Metallen mit Sauerstoff erklrt werden sollen, wird meistens im
Sinne einer didaktischen Reduktion die Reaktion von Kupferoxid zu reinem Kupfer
und Disauerstoff formuliert [18].
34
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Der entstehende Disauerstoff wird in einer pneumatischen Wanne aufgefangen und
mit der Glimmspanprobe nachgewiesen (vgl. Versuch 4.2 Die Glimmspanprobe) [18].
Der Vorteil dieser Sauerstoffbildung ist, dass das Gas, um das es geht, direkt her-
gestellt wird und die Schler es beim Aufsteigen in den Standzylinder beobachten
knnen. Auerdem kann man die Glimmspanprobe als einen Nachweis fr den
Disauerstoff anschlieen und hier den Schlern zeigen, dass er die Verbrennung
unterhlt und in reiner Form vorliegend einen glimmenden Span wieder
entzndet.
Will man Disauerstoff darstellen, ist diese Methode in der Jahrgangsstufe 8
sinnvoller, als z.B. die Darstellung von Disauerstoff durch katalytische Zersetzung
von Wasserstoffperoxid mit Braunstein, da die Schler in diesem Fall keine fr sie
verstndliche Reaktionsgleichung (Wortgleichung) aufstellen knnen.
Man kann aber auch indirekt die Existenz des Disauerstoffes nachweisen, indem man
zeigt, dass das Luftvolumen geringer wird, wenn man in einem vorher genau
abgemessenen Volumen etwas verbrennt, das den Disauerstoff an sich bindet. Dies
wurde in Versuch 1.2 Wie viel Luft bleibt brig? schon angedeutet.
Um genauer zu zeigen, dass etwa 21 % Disauerstoff in der Luft enthalten sind, kann
man einen Versuch zur Bestimmung des Gehaltes an molekularem Sauerstoff [29] in
der Luft durchfhren. Dazu verwendet man ein geschlossenes System, wie z.B. ein
Quarzglhrohr zwischen zwei Kolbenprobern. Elementares Kupfer, z.B. in Form von
Kupferpulver, wird auf Glaswolle im Quarzglhrohr gegeben. Unter Erhitzen mit
dem Bunsenbrenner wird das Kupferpulver mit 100 mL Luft, die sich in einem der
beiden Kolbenprober befindet, zu Kupfer(II)-oxid umgesetzt.
0Cu (s) + O (g) Cu (s) 2
0 22 +O
Da von den 100 mL Luft nach der Verbrennung nur etwa 78 mL brig bleiben,
knnen die Schler daraus schlieen, dass 21 % der Luft aus Disauerstoff besteht, der
an das Kupfer gebunden wird. Der Rest ist hauptschlich der nicht reaktive
Distickstoff.
Der Vorteil ist, dass die Schler aus ihnen bekannten Stoffen, nmlich dem
Kupferpulver und dem Disauerstoff der Luft, im Versuch ein neues Produkt, das
schwarze Kupfer(II)-oxid, bilden.
35
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Der Begriff Oxidation, als die Verbrennung eines Stoffes mit Luft-Sauerstoff und
der Begriff des Oxides als Produkt einer solchen Verbrennung, kann auch an
diesem Beispiel eingefhrt werden [18].
5.2 Physikalische Eigenschaften
Molekularer Sauerstoff ist bei Standardbedingungen gasfrmig, geschmack- und
farblos und in sehr dicken Schichten blulich. Sein Siedepunkt liegt bei -182,9 C,
der Schmelzpunkt bei -218,4 C [31]. Die Dichte (bei 0 C, 1,013 bar und 45 geo-
graphischer Breite) liegt bei 1,429 g/L und die molare Masse betrgt 32 g/mol. Die
Dichte von flssigem Disauerstoff liegt am Siedepunkt bei 1,140 g/cm3. Er ist
hellblau und hochreaktiv [31].
In Kapitel 4.2 Physikalische Eigenschaften befindet sich der Steckbrief des
Distickstoffs, wie er in Klassenstufe 8 aussehen kann. bertrgt man diesen auf den
molekularen Sauerstoff und den erweiterten Kenntnisstand der Schler in
Klassenstufe 9, knnte der Steckbrief, verndert nach [19] und ergnzt durch [31], fr
den molekularen Sauerstoff wie folgt aussehen.
Vorkommen Bestandteil der Luft (21 %)
Entdeckung 1772 u. a. durch Scheele
Physikalische Eigenschaften Farb-, geruch- und geschmackloses Gas,
Dichte (g) = 1,429 g/L, Dichte (fl.) = 1,140 g/cm3
Schmelzpunkt = -218,4 C
Siedepunkt = -182,9 C
Chemische Eigenschaften Unterhlt die Verbrennung, reagiert mit fast allen
Elementen zu Oxiden
Verwendung Schweien, Atemgerte, als Treibstoff
Moleklsymbol O2
Molare Masse 32 g/mol
Tabelle 3: Steckbrief des (molekularen) Sauerstoffs [19, 31]
Wie in Kapitel 4.2 Physikalische Eigenschaften des Distickstoffs beschrieben, kann
man auch beim Disauerstoff die Dichte und die molare Masse mit Hilfe der
Gasmolwaage in der Schule einfhren (vgl. Versuch 2 Dichte und molare Masse
von Gasen schnell und unkompliziert).
36
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
5.3 Chemische Eigenschaften
Das Element Sauerstoff gehrt zu den Chalkogenen. Es ist ein Nichtmetall mit der
Elektronenkonfiguration 1s22s2p4, dem zwei Elektronen zur Edelgaskonfiguration
des Neons fehlen. Deshalb bildet es Dimere [14].
Abb. 29 - 31: Bildung von molekularem Sauerstoff: Annherung der
Atome, berlappung der Orbitale, gebildetes Dimer
In der Mittelstufe, genauer in Klassenstufe 10 beim Thema Elektronenpaar-
bindung/Atombindung, 2.2 Lewis-Formeln, werden Doppelbindungen, z.B. des
Disauerstoffmolekls eingefhrt. Man schreibt die Formel der Einfachheit halber wie
folgt:
O O
Abb. 32: Lewis-Formel des Sauerstoffmolekls
Der Vergleich der Bindungslngen und strken zwischen z.B. der Dreifachbindung
des Distickstoffs (110 pm), der Doppelbindung des Disauerstoffs (120 pm) und den
Einfachbindungen von molekularem Fluor (144 pm) und molekularem Chlor (198
pm) zeigt den Schlern, dass die Bindungsstrke grer wird, je krzer die Bindung
ist.
Somit ist die obige Form des Disauerstoffmolekls in diesem Zusammenhang
sinnvoll und erfllt ihren Zweck [35], da sie den Doppelbindungscharakter aufzeigt
und die Oktettregel erfllt ist, die die Schler in Jahrgangsstufe 10 gerade neu gelernt
haben. Auerdem wird gewhrleistet, dass die Elektronen der einzelnen Atome zu
Paaren zusammengefasst werden und jeder Strich ein Elektronenpaar darstellt.
Das Disauerstoffmolekl ist paramagnetisch, also ein Diradikal. Dies kann man durch
folgende Strukturformel aufzeigen.
Abb. 33: Lewis-Schreibweise des Sauerstoffmolekls als Diradikal
37
http://www.uni-koeln.de/ew-fak/Chemie/uvm_projekt/modul_2/bigpic_o2_1.htmhttp://www.uni-koeln.de/ew-fak/Chemie/uvm_projekt/modul_2/bigpic_o2_2.htmhttp://www.uni-koeln.de/ew-fak/Chemie/uvm_projekt/modul_2/bigpic_o2_4.htm
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Nachteilig ist hierbei, dass die Doppelbindung nicht erkennbar ist und die Oktettregel
nicht erfllt ist. Weiterhin haben die Schler gerade gelernt, dass zwei Elektronen
zusammen ein Elektronenpaar in Form eines Striches darstellen. Dies ist in der
Diradikal-Schreibweise nicht gewhrleistet.
Insgesamt wird also in der Mittelstufe die Schreibweise, die in der Abb. 32 gewhlt
wurde, in Form einer didaktischen Reduktion, verwendet.
Will man in der Schule die genauen Bindungsverhltnisse des Sauerstoffmolekls
erklren, so kann dies in der Oberstufe in einem guten Leistungskurs mit Hilfe eines
vereinfachten Moleklorbitalmodells erfolgen.
__x*
__ __ y*, z*
__ __ __ __ __ __
2 px,y,z __ __ yb, zb 2 px,y,z
Atomorbitale __ xb Atomorbitale
O O
Moleklorbital 3O2
Abb. 34: Lokales Moleklorbitalmodell des Sauerstoffmolekls
Hier erkennen die Schler, dass die beiden brigen Elektronen nach der Besetzung
der bindenden Orbitale auf Grund der ihnen bekannten Hundschen Regel [36] nicht in
ein Orbital gesetzt werden knnen. Hieraus erklren sich der Paramagnetismus des
Disauerstoffs und die verschiedenen elektronischen Zustnde, auf die hier nicht nher
eingegangen wird.
Einige der bis jetzt genannten Eigenschaften kann man in der Schule zusammen-
fassend in einem Lehrerversuch, verndert nach [37], demonstrieren (vgl. Versuch 5
Eine sehr kalte, hellblaue Flssigkeit).
Hierbei wird mit Hilfe einer Khlfalle flssiger Disauerstoff (vgl. Versuch 5.1
Darstellung von flssigem, molekularem Sauerstoff) hergestellt.
Die blaue Flssigkeit kann man in einen mit Wasser gefllten Standzylinder geben
(vgl. Versuch 5.2 Sinkende blaue Blasen).
38
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Hierbei beobachten die Schler, dass die blauen Blasen nach unten sinken, aber direkt
wieder aufsteigen, da sich um sie eine Dampfhaut gasfrmigen Disauerstoffs bildet.
Weiterhin entstehen weie Nebel an der Wasseroberflche.
Fhrt man im Vergleich dazu denselben Versuch mit flssigem, molekularem
Stickstoff durch, erkennt man, dass dieser, im Gegensatz zum flssigen Disauerstoff,
auf der Wasseroberflche schwimmt. Es bildet sich ebenfalls Nebel aus. Zustzlich
entsteht noch Eis an der Wasseroberflche.
Das Absinken zeigt, dass der flssige Disauerstoff eine hhere Dichte, nmlich
1,140 g/cm3 (Siedepunkt), besitzt als Wasser, dessen Dichte bei 1 g/cm3 liegt.
Die Ausbildung der Dampfhaut sorgt allerdings fr Auftrieb, weshalb die blauen
Blasen direkt wieder nach oben sprudeln.
Der flssige Distickstoff hingegen besitzt eine geringere Dichte von 0,8076 g/cm3,
[16] weshalb er auf dem Wasser schwimmt.
Weiterhin zeigt der Versuch den Schlern, dass Stoffe beim Verdampfen Energie
bentigen und diese ihrer Umgebung entziehen (vgl. Exkurs in Kap. 10. Drei-
Minuten-Ei oder Fnf-Minuten-Ei?).
Beim Verdampfen des molekularen Stickstoffs wird deshalb an der Wasseroberflche
Eis gebildet. Beim Verdampfen des Disauerstoffs entsteht allerdings im Gegensatz
zur Beschreibung in [37] kein Eis.
Erklren kann man dies dadurch, dass der Disauerstoff im Standzylinder immer
wieder seine Position wechselt. Da er abwechselnd absinkt und aufsteigt, entzieht er
nicht an einer festen Stelle dem Wasser so viel Energie, dass es dort zu Eis erstarren
knnte.
Der gebildete Nebel ist fein verteiltes Eis in der Luft, wie es z.B. auch beim
Kondensstreifen von Flugzeugen am Himmel zu beobachten ist.
Mit dem im Versuch 5 hergestellten flssigen Disauerstoff kann man weiterhin
zeigen, dass die Oxidationskraft von molekularem, flssigem Sauerstoff (vgl.
Versuch 5.3 Achtung: Explosiv!) die des gasfrmigen Disauerstoffes, welche in
Versuch 4.2 Die Glimmspanprobe demonstriert wird, noch deutlich bersteigt.
Hierzu wird ein wenig flssiger Disauerstoff auf ein Stck Watte gegeben und
entzndet. In Abwandlung der Versuchsvorschrift [12] wird kein Kohlepulver dazu
gegeben, da die Reaktion auch ohne dieses sehr heftig abluft.
39
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Weiterhin kann man den Paramagnetismus von Disauerstoff, in Abwandlung von
[38], mit Hilfe des flssigen molekularen Sauerstoffs demonstrieren.
Dies kann in der Schule z.B. im Rahmen der Modellvorstellung zur chemischen
Bindung bei der Stabilitt von Komplexen im Leistungskurs der Jahrgangsstufe 13
im Wahlthema Komplexchemie geschehen. Der Versuch soll dann aufzeigen, dass
es auch einfache anorganische Molekle gibt, die paramagnetisch sind.
Bei der Durchfhrung des Versuches wird ein NMR-Rhrchen mit flssigem Di-
sauerstoff befllt. Das NMR-Rhrchen hngt man frei schwebend in eine Vorrichtung
direkt neben einen sehr starken Magneten. Auf Grund des Paramagnetismus wird der
Disauerstoff in das Magnetfeld hinein gezogen (vgl. Versuch 5.4 Ein Schuss in den
Magneten!).
In der Schule wird der Magnetismus im Sinne einer didaktischen Reduktion
dadurch erklrt, dass ungepaarte Elektronen vorhanden sind, die einen positiven Spin
haben und keinen Gegenpartner, der diesen kompensiert.
Die unterschiedlichen Arten von Magnetismus [39] werden hier der Vollstndigkeit
halber erwhnt, in der Schule aber nicht erlutert.
Man unterscheidet diamagnetische und paramagnetische Stoffe.
Diamagnetismus ist eine Eigenschaft der gesamten Materie, d.h. alle Verbindungen
mit besonderen magnetischen Eigenschaften sind auch diamagnetisch. Bringt man
einen diamagnetischen Stoff in ein inhomogenes Magnetfeld, wird dieses durch das
induzierte Gegenfeld geschwcht und dieser Stoff wird hinausgedrckt.
In paramagnetischen Stoffen sind die ungepaarten Elektronen so die Modell-
vorstellung kleine Elementarmagneten, die sich nach dem Magnetfeld ausrichten.
Bringt man einen paramagnetischen Stoff in ein inhomogenes Magnetfeld, wird das
Feld gestrkt und der Stoff wird, bis zu 103-mal strker als beim Diamagnetismus,
hineingezogen.
Abb. 35: diamagnetischer Stoff im Abb. 36: paramagnetischer Stoff im
inhomogenen Magnetfeld inhomogenen Magnetfeld
40
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Anti-ferromagnetismus, Ferrimagnetismus und Ferromagnetismus sind
Ordnungsphnomene des Paramagnetismus.
Anti ferromagnetische Stoffe sind im Normalzustand diamagnetisch, da sich die
Spins ihrer Elektronen kompensieren. Werden sie erwrmt, geraten diese in
Unordnung und erzeugen somit ein Magnetfeld. Beim Ferromagnetismus ergibt sich
das resultierende magnetische Moment daraus, dass die vorher in Domnen
geordneten Elementarmagneten durch Anlegen eines ueren Magnetfeldes
ausgerichtet werden. Betrachtet man ferrimagnetische Materie, ergibt sich der
Gesamtspin daraus, dass die Spins der Elektronen zwar gegeneinander ausgerichtet
sind, aber keine vollstndige Kompensation stattfindet.
Die beiden zuletzt genannten Ordnungsphnomene knnen durch Erhitzen wieder
zerstrt werden.
Nach der Erluterung der verschiedenen Eigenschaften des molekularen Sauerstoffes
wird im folgenden Kapitel der Kreislauf des Disauerstoffs beschrieben.
5.4 Atmung und Photosynthese Ein Disauerstoffkreislauf
Sauerstoff ist das hufigste Element der Erdrinde, des Meeres, der Biosphre und der
Luft. Er spielt neben dem im Folgenden erluterten Kreislauf in vielen Kreislufen
eine bedeutende Rolle, wie z.B. im Auf- und Abbau von Ozon nach dem Chapman-
Mechanismus, der in Kap. 8.4 Was passiert in der Stratosphre? besprochen wird.
Weiterhin durchluft er in gebundener Form den Carbonat- und den Wasserkreislauf
(vgl. Kap. 10.2 Der Wasserkreislauf).
Um zu beschreiben, welchen Kreislauf der
molekulare Sauerstoff durchluft, wird zunchst
die linke Abbildung betrachtet. Die Maus alleine
wrde wie die Kerze in Versuch 1.1 Eine Kerze
unter einer Glasglocke ersticken, da irgendwann
kein molekularer Sauerstoff mehr vorhanden ist. Er
wird nmlich bei der Atmung verbraucht. Abb. 37: Maus und Pflanze unter einer Glasglocke
41
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Dies fand Joseph Priestley gegen Ende des 18. Jahrhunderts heraus, indem er genau
solche Tierversuche durchfhrte. Die Tiere erstickten alleine durch die Tatsache,
dass sie atmeten. Durch Hinzugeben von grnen Pflanzen Priestley nahm
angeblich Minze wurde die Luft fr die Tiere wieder atembar [40].
Die Maus in der Glasglocke berlebt also nur, weil die Pflanze aus dem von der Maus
ausgeatmeten Kohlendioxid neuen Disauerstoff produziert. Diesen Vorgang gehrt
zur Photosynthese [31].
Den Zusammenhang zwischen der Atmung der Maus und der Photosynthese der
Pflanze kann man fr die Schler der Jahrgangsstufe 8 beim Thema Die chemische
Reaktion Stoffumsatz und Energieumsatz im fakultativen Unterrichtsinhalt
Einfhrung in die chemische Reaktion sehr vereinfacht in einem Kreislauf
darstellen [31].
Atmung
C6H12O6 + 6 O2(g)
Kohlenhydrate + Disauerstoff
(z.B. Glucose) 6 CO2(g) + 6 H2O + E
Kohlendioxid + Wasser + Energie
Photosynthese
Abb. 38: Darstellung und Verbrauch von Disauerstoff: Atmung und Photosynthese
In der Jahrgangsstufe 8 msste man im obigen Kreislauf zunchst auf die
Summenformel verzichten, da sie erst in Jahrgangsstufe 9 eingefhrt wird. Dort
verwendet man bei der Formulierung der Reaktionsgleichung, damit sie nicht zu
kompliziert wird, die Glucose als einfaches Kohlenhydrat.
42
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Da der Anteil an molekularem Sauerstoff in der Atmosphre, wie zu Anfang des
Kapitels besprochen, konstant bei 21 % liegt, mssen gleich viele Assimilations- wie
Dissimilationsvorgnge ablaufen. Neben der Atmung wird der Disauerstoff weiterhin
beim Verwesen [31] und ebenso bei groen Waldbrnden, wie sie im Sommer 2006
z.B. in Spanien gewtet haben, verbraucht, da die Verbrennung, wie in Kapitel 5.1
,Feuerluft ,Lebensluft ,Oxygen diskutiert, eine Oxidation unter Sauerstoff-
verbrauch darstellt. Gebildet wird molekularer Sauerstoff in der Natur hauptschlich
durch die schon erwhnte Photosynthese in Pflanzen, z.B. in immensem Mae in den
Regenwldern, die deshalb informell als Grne Lunge der Erde bezeichnet werden.
Was passiert, wenn dieses Gleichgewicht gestrt wird, d.h. zu wenig Sauerstoff
produziert bzw. zu viel verbraucht wird, wird in Kapitel 12.4 Der anthropogene
Treibhauseffekt erlutert.
In der Oberstufe, am besten in Zusammen-
arbeit mit einem Biologie-Leistungskurs,
kann man fcherbergreifend die
tiefergehenden chemischen und bio-
logischen Zusammenhnge der Photo-
synthese besprechen. Darauf wird aber
hier nicht nher eingegangen. Abb. 39: Chlorophyll a und b
Mchte man das Thema Atmung im Schulunterricht genauer besprechen, kann dies
z.B. durch die folgende aktuelle Meldung spannend gestaltet werden.
30. Juli. 2006: Der Deutsche Astronaut [Thomas] Reiter kommt zu seinem Aueneinsatz im
All. [] Bevor die beiden [er und sein Kollege Williams] kurz vor 16.00 Uhr MESZ aus der
Druckkammer schweben, gibt es eine geballte Ladung Hochprozentiges. 40 Minuten atmen
Reiter und sein Kollege Williams puren Sauerstoff ein, um Stickstoff aus dem Blutkreislauf zu
splen. `Das verhindert die so genannte Taucherkrankheit. [41]
EXKURS: Was passiert in unserer Lunge?
In der Luft sind 21 % Disauerstoff enthalten. Misst man seinen Gehalt in der ausge-
atmeten Luft, kann man feststellen, dass noch rund 16 % molekularer Sauerstoff
enthalten sind [32].
43
5. Luft zum Atmen Der molekulare Sauerstoff
Also wird in unserem Krper nur ein Teil des eingeatmeten Disauerstoffes
verbraucht, z.B. bei einem Atemzugvolumen im Ruhezustand von 0,5 L Luft [32] nur
25 mL Disauerstoff. Dies ist z.B. der Grund, weshalb eine Mund-zu-Mund Beatmung
in der Medizin mglich ist: Es ist noch gengend Disauerstoff in der ausgeatmeten
Luft vorhanden, den der Patient aufnehmen kann.
Bei der Atmung geschieht Folgendes:
Die Luft wird durch die Nase oder den Mund aufge-
nommen. Sie strmt ber den Rachen, durch den
geffneten Kehldeckel und die Luftrhre in die Lunge.
ber d