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Solidarität mit Chile und Lateinamerika 15. Mai – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung Rundbrief der War Resisters’ International Nr 61 Mai 2003 Spende willkommen Der überdimensionale Einfluß des Militaris- mus in Chile kann nicht ganz und alleinig der Militärdiktatur Pinochets (1973-1990) zugeschrieben werden, sondern er ist ein his- torischer Entwurf, der dem Staat/der Nation Chile Character und Form gegeben hat. Der Einfluß des Militärs, der Militärkultur, manifestiert sich schon seit frühen Zeiten (ein- schließlich der Herrschaft Portalianos - ab 1830) in einer hierarchischen Gesellschaft, die vom Staat gesteuert wird, der somit die sozialen Funktionen der Gemeinden und der Zivilgesellschaft in der Stadt und auf dem Land übernimmt. Dadurch entsteht eine nationale, expansionistische und gleichzeitig zentralistis- che Politik, die sich vom Norden an der Küste Boliviens und Perus bis zum Süden an die Küste des Mapuche-Volkes und der patagonis- chen Völker, ja sogar bis Polynesien ausdehnt. In diesen Vorstoß wird die Gesellschaft mil- itärisch einbezogen, indem man sie zum Teil der Nationalgarde und der Besiedlung der gewonnenen Gebiete macht. Das Heer, das Militär, wird als höchster Bezug zum Chilenen- Sein dargestellt. Diese Denkweise erlaubt es, jegliche politis- che oder soziale Opposition - sei sie antimili- taristisch oder pazifistisch - als nicht chilenisch zu verklagen. In diese Kategorie fallen Gew- erkschafter, Anarchisten, Sozialisten, Kommu- nisten, die seit dem 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts verfolgt, ausge- grenzt und vernichtet wurden oder - als Kom- promißlösung - in die institutionalisierte Politik aufgenommen wurden, was letztendlich soziale Zustimmung fand. Dieser Kompromiß läßt ideologisch die militärischen Sektionen außen vor, die aus germanisch-preussischer Sichtweise durch die Zivilregierungen dem Ein- fluß der EU-Militär- und Sicherheitsdoktrin geopfert wurden, besonders nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Einfluß verschlimmerte sich und führte - zusammen mit dem nationalistis- chen südamerikanischen Denken nach faschistisch-hierarchischem Muster - dazu, daß in den chilenischen Streitkräften die Vorhut der reaktionären und Anti-Allende- Bewegung entstand, die schon seit vor der Machtergreifung der Regierung der Unidad Popular (Volkspartei) im Jahre 1970 wirkte. Nachdem von ihm in Auftrag gegebenen Mord an Allende und der Zerstörung der Volkspartei, verwirklicht das Militär eine vor Editorial Der Schwerpunkt des dies- jährigen internationalen Tages zur Kriegsdienstver- weigerung ist ein Land - Chile - aber auch ein gesamter Kontinent - Latein- amerika. Wie Javier Garate und P. Carvallo in ihrem Leitartikel beschreiben, ist Militarismus tief in der chilenischen Gesellschaft verwurzelt. Selbst nach der Rückkehr zu einer zivilen Regierung spielt das Militär in der chile- nischen Gesellschaft eine wichtige Rolle. Da ist es nicht überraschend, dass das Recht auf Kriegsdien- stverweigerung in Chile noch in weiter Ferne scheint. Auch wenn sich derzeit keine Kriegsdienst- verweigerer im Gefängnis befinden, so weigern sich doch erklärte Kriegsdienst- verweigerer sich für die Wehrpflicht zu registrieren, und brechen daher das Gesetz - sie hängen von der Willkür der Herrschenden ab, die sich leicht entschei- den könnten, sie zu bestra- fen. Chile ist nur ein Land. Auch wenn die Situation in den verschiedenen Ländern Lateinamerikas sich unter- scheidet, so ist die Kriegsdi- enstverweigerung dich nur in wenigen anerkannt. In einigen Ländern - z.B. in Kolumbien, wo ein Krieg geführt wird - kann KDV viele Formen der Weigerung, sich am Krieg zu beteiligen, annehmen. Mehr als Genug Gründe für einen Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika. Andreas Speck CO Campaign Worker im WRI-Büro, London Ni Casco Ni Uniforme in Aktion Photo: Boris Schoppner Fortsetzung auf Seite 2

Das zerbrochene Gewehr, 61

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15. Mai – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

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Solidarität mit Chile und Lateinamerika15. Mai – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Rundbrief der War Resisters’ InternationalNr 61 Mai 2003 Spende willkommen

Der überdimensionale Einfluß des Militaris-mus in Chile kann nicht ganz und alleinig derMilitärdiktatur Pinochets (1973-1990)zugeschrieben werden, sondern er ist ein his-torischer Entwurf, der dem Staat/der NationChile Character und Form gegeben hat.

Der Einfluß des Militärs, der Militärkultur,manifestiert sich schon seit frühen Zeiten (ein-schließlich der Herrschaft Portalianos - ab1830) in einer hierarchischen Gesellschaft, dievom Staat gesteuert wird, der somit diesozialen Funktionen der Gemeinden und derZivilgesellschaft in der Stadt und auf dem Landübernimmt. Dadurch entsteht eine nationale,expansionistische und gleichzeitig zentralistis-che Politik, die sich vom Norden an der KüsteBoliviens und Perus bis zum Süden an dieKüste des Mapuche-Volkes und der patagonis-chen Völker, ja sogar bis Polynesien ausdehnt.In diesen Vorstoß wird die Gesellschaft mil-itärisch einbezogen, indem man sie zum Teilder Nationalgarde und der Besiedlung dergewonnenen Gebiete macht. Das Heer, dasMilitär, wird als höchster Bezug zum Chilenen-Sein dargestellt.

Diese Denkweise erlaubt es, jegliche politis-che oder soziale Opposition - sei sie antimili-

taristisch oder pazifistisch - als nicht chilenischzu verklagen. In diese Kategorie fallen Gew-erkschafter, Anarchisten, Sozialisten, Kommu-nisten, die seit dem 19. Jahrhundert undAnfang des 20. Jahrhunderts verfolgt, ausge-grenzt und vernichtet wurden oder - als Kom-promißlösung - in die institutionalisierte Politikaufgenommen wurden, was letztendlichsoziale Zustimmung fand. Dieser Kompromißläßt ideologisch die militärischen Sektionenaußen vor, die aus germanisch-preussischerSichtweise durch die Zivilregierungen dem Ein-fluß der EU-Militär- und Sicherheitsdoktringeopfert wurden, besonders nach dem ZweitenWeltkrieg. Dieser Einfluß verschlimmerte sichund führte - zusammen mit dem nationalistis-chen südamerikanischen Denken nachfaschistisch-hierarchischem Muster - dazu,daß in den chilenischen Streitkräften dieVorhut der reaktionären und Anti-Allende-Bewegung entstand, die schon seit vor derMachtergreifung der Regierung der UnidadPopular (Volkspartei) im Jahre 1970 wirkte.

Nachdem von ihm in Auftrag gegebenenMord an Allende und der Zerstörung derVolkspartei, verwirklicht das Militär eine vor

EditorialDer Schwerpunkt des dies-jährigen internationalenTages zur Kriegsdienstver-weigerung ist ein Land -Chile - aber auch eingesamter Kontinent - Latein-amerika.Wie Javier Garate und P.Carvallo in ihrem Leitartikelbeschreiben, ist Militarismustief in der chilenischenGesellschaft verwurzelt.Selbst nach der Rückkehrzu einer zivilen Regierungspielt das Militär in der chile-nischen Gesellschaft einewichtige Rolle. Da ist esnicht überraschend, dassdas Recht auf Kriegsdien-stverweigerung in Chilenoch in weiter Fernescheint. Auch wenn sichderzeit keine Kriegsdienst-verweigerer im Gefängnisbefinden, so weigern sichdoch erklärte Kriegsdienst-verweigerer sich für dieWehrpflicht zu registrieren,und brechen daher dasGesetz - sie hängen von derWillkür der Herrschendenab, die sich leicht entschei-den könnten, sie zu bestra-fen.Chile ist nur ein Land. Auchwenn die Situation in denverschiedenen LändernLateinamerikas sich unter-scheidet, so ist die Kriegsdi-enstverweigerung dich nurin wenigen anerkannt. Ineinigen Ländern - z.B. inKolumbien, wo ein Krieggeführt wird - kann KDVviele Formen derWeigerung, sich am Kriegzu beteiligen, annehmen.Mehr als Genug Gründe füreinen Schwerpunkt zu Chileund Lateinamerika.

Andreas SpeckCO Campaign Worker imWRI-Büro, London

Ni Casco Ni Uniforme in Aktion Photo: Boris Schoppner

Fortsetzung auf Seite 2

2 Das Zerbrochene Gewehr Nr. 61 Mai 2004 – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – 15 Mai

Internationaler Tagzur Kriegsdienstver-weigerung

Der Internationale Tag zurKriegsdienstverweigerungwird seit den frühen 80erJahren am 15. Mai begangen.Es ist ein Tag, den Kampf vonKriegsdienstverweigerern fürdas Recht auf Kriegsdienst-verweigerung und gegenKrieg und Militarismus globalin die Öffentlichkeit zu brin-gen.Als Teil des WRI-ProgrammsDas Recht, das Töten zu ver-weigern, hat sich die WRIzum Ziel gesetzt, für den 15.Mai eine Tradition einer inter-nationalen gewaltfreien Aktionzur Unterstützung eines bes-timmten KDV-Kampfes,begleitet von dezentralenAktivitäten überall in der Welt,zu etablieren. Im Jahr 2002 hat die WRIeine internationale direktegewaltfreie Aktion am NATO-Hauptquartier in Brüsselorganisiert, zur Unterstützungder KDV-Bewegungen aufdem Balkan. 2003 haben dieWRI und New Profile gemein-sam ein internationales Train-ing in Tel Aviv in Israel organ-isiert. Dieses Jahr wird dieinternationale Aktion in Chilestattfinden, organisiert von NiCasco Ni Uniforme.Die War Resisters’ Interna-tional hofft, dass am 15. Maiauch zahlreiche lokale Aktio-nen stattfinden werden. Einkurzer Überblick findet sichauf Seite 7, doch wir hoffen,dass das nur die ‘Spitze desEisbergs’ ist. Schreibt bitte andie WRI, was Du/Sie am 15.Mai unternommenhast/haben, und spende zurUnterstützung der Arbeit derWar Resisters’ International(Informationen über Spendenauf den Seiten 7&8).

War Resisters’ International5 Caledonian RdLondon N1 9DXGrossbritannientel +44-20-7278 4040fax +44-20-7278 0444email [email protected]://wri-irg.org/de

allem kulturelle und ökonomische Umstruk-turierung des Landes, die die Streitkräfte zumoralischen und politischen Verwaltern desLandes macht. Das nimmt Gestalt an in derVerfassung von 1980, die der politischenOpposition auferlegt wird, und es ist diese mili-taristische, autoritäre Verfassung, die bis heutedie im Staate Chile lebenden Personen regiert.Diese Verfassung gewährt den Streitkräfteneine Teilnahme an Senatsentscheidungendurch ernannte Senatoren (der Senat ist diestärkste der beiden Kammern des Kongress-es). Die Streitkräfte haben ökonomischeAutonomie, auch was das Renten- und Pen-sionssystem angeht, sowie Bildungsau-tonomie, kulturelle Autonomie, usw., und dür-fen sich in viele Bereiche des zivilen Lebenseinmischen. Die demokratischen Regierungenhaben nicht viel getan, um diesen Einfluß zueliminieren. Ein Beweis dafür ist die Situationder Kriegsdienstverweigerer in Chile.

Die Kriegsdienstverweigerung in Chilekommt auf mit der Rückkehr der Demokratie inden Neunziger Jahren, aber - bevor die KDV-Bewegung "Ni casco Ni Uniforme" (MOCNCNU- Weder Helm Noch Uniform) 1996 ent-stand - war sie ohne bedeutenden sozialenEinfluß. Als Ergebnis der Aktionen der MOCNCNU ist Kriegsdienstverweigerung nun einauf nationaler Ebene debattiertes Thema undauch eine eigene besonders von denJugendlichen aus den Volks- und Randgrup-pen angenommene Bewegung. Vielleicht sindes letztere, die weniger Mittel haben, sichgegen eine Wehrpflicht zu stellen, die in derPraxis nur für die Volksklassen eine Pflicht ist.

Jahr für Jahr verweigern mehr Jugendlicheden Wehrdienst und begeben sich dafür ineine legal ungeschützte Situation, da derchilenische Staat, seine Regierung, unter mil-itärischem Druck die Kriegsdienstverweigerung

nicht legalisiert hat, obwohl er sie mittels inter-nationaler Schriftstücke anerkannt hat. ImGegenteil er verstrickt sich immer tiefer in eineEskalation der Kosten für die Streitkräfte, diemit den Nachbarländern Streitereien verur-sachen und im Inland gleichzeitig dieMapuche-Bewegung und Volksorganisationenunterdrücken, die sich nur für eine Beendigungder Bevormundung durch das Pentagon ein-setzen, das Chile als einen ihrer Trabantenhält, um dadurch die militärische Kontrolle indieser Region zu behalten.

Die Arbeit von MOC NCNU ist es, die KDVund den Antimilitarismus in Chile durch direktegewaltfreie Aktionen und zivilen Ungehorsamgegen eine gesetzliche Ungerechtigkeit, wie esdie Wehrpflicht ist, zu fördern und bekanntzu-machen. Dafür gibt es den sozialen, politis-chen und gesetzlichen Widerstand gegen dieWehrpflicht, obwohl man in Chile - will mansich zum Verweigerer aus Gewissensgründenerklären - sich nicht in die Armeeregister ein-schreibt, was ein Bruch eines nationalenGesetzes ist und wofür sich die Verweigererwirklich einen legalen Konflikt einhandeln. Wirleisten auch Bildungs- und Untersuchungsar-beit, die sich kontinuierlich entwickelt, inKursen, in Workshops, Seminaren, nationalenund internationalen Begegnungen und in demProjekt des Centro de Estudios Sociales enOC y Antimilitarismo, CESOCAM (Zentrum fürsoziale Studien zu KDV und Antimilitarismus).

P. Carvallo, Javier Gárate

Ni Casco Ni UniformeRoberto Espinoza 1839SantiagoTel.: +56-2-556 6066email [email protected]://www.objecion.cl

Keine Armee verteidigt den FriedenMedellin ist eine Stadt der Kontraste, in derman viele Lebensweisen finden kann. Dochdaneben leben in verschiedenenStadtvierteln Menschen und führen einenKrieg der nicht nur zu Tot und langer Abwe-senheit führt, sondern auch ein merkwürdi-ges Gefühl der Normalität hinterlässt – alswenn hier nicht passieren könnte. Doch espassiert, und mehr und mehr findenVorschläge, dass die Menschen sichbewaffnen sollen um sich selbst und dieverfassungsmässige Ordnung zu verteidi-gen Unterstützung. Das sind Vorschläge,die die Welt in „die Guten“ und „die Bösen“unterteilen.

Jugendliche finden sich mittendrin in einemKonflikt, der zu groß ist, um ihn zu begreifen.Tote in ihrer Nachbarschaft: Familien und Fre-undInnen von Kugeln durchlöchert in demFeuer, dass die Träume von hundertenJugendlichen zerstört. Es ist ein Konflikt, derArmeen fördert, und wegführt von alternativen

Möglichkeiten, von Möglichkeiten eineranderen Welt und einer anderen Gesellschaft,in der Träume Wirklichkeit werden können.Manchmal reichen die Träume von jungenFrauen und Männern nicht weiter als amLeben zu bleiben und hart zu arbeiten, manch-mal um die Familie zu ernähren, oder für denZugang zu Bildung. Junge Menschen erträu-men nicht ihr eigenes Leben, sondern einaufgedrücktes Modell des Lebens als Kon-sumentIn.

AkteurInnen der GewaltHeute macht die Situation des bewaffnetenKonflikts in der Stadt Medellin Jugendliche zuAkteurInnen, die sich an den verschiedenenbewaffneten Gruppen beteiligen – und das istauch, wie die Menschen Jugendlichewahrnehmen. Ein paar Zahlen mögen dabeihelfen, die Bedeutung von Jugendlichen in derStadt zu verdeutlichen: ca. ein Viertel der

Fortsetzung von Seite 1

Fortsetzung auf Seite 3

Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – Das Zerbrochene Gewehr Nr. 61 Mai 2004 3

Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – 15 Mai Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika

KDV-Kontake undWRI in Lateinamerika

Dies ist eine unvollständi-ge Liste von Gruppen, die zuKDV arbeiten.

BrasilienServiço Paz e Justiça (Ser-paj-Brasil) SdS-Ed VenâncioV, Bloco R - Sala 313,70393.900 Brasilia DF; tel+55 61 225 8738; fax 3216533

Associaçao do JovemAprendiz; [email protected]

ChileGrupo de Objeción de Con-ciencia Ni Casco Ni Uni-forme; Roberto Espinoza1839, Santiago; tel +56 2556 6066; email [email protected]; websitewww.objecion.cl/

EcuadorServicio Paz y Justicia delEcuador (Serpaj-Ecuador)Apdo postal 17-03-1567,Quito; tel /fax +593 22571521; [email protected];website www.serpaj.org.ec/

KolumbienRedes Juveniles; A.A.52-215, or Calle 47 N 40 53,Medellín; tel +57 4 2923234;[email protected];website www.redjuvenil.org/

Colectivo Objeción deConciencia; email [email protected]

MexikoPaz y justicia para Mexico;Calle Totolin, Nº 38, ColoniaSanto Domingo, DelegaciónCoyoacan, Mexico, Df

PeruGrupo Impulsor contra elRacismo y otras formas deDiscriminación; email [email protected]

UruguayComunidad del Sul; Avda.Millán 4113. 12999 Montev-ideo, Uruguay; Tel (598-2)305 6265; Fax: 308 16 40;[email protected];website www.ecocomunidad.org.uy

Bevölkerung Medellins sind Jugendliche, unge-fähr eine halbe Million Menschen, undJugendliche stellen die Mehrheit der auf 9.000Mitglieder geschätzten 200 bewaffneten Ban-den in der Stadt (einschließlich der Guerilla,Paramilitärs, und organisierter Kriminalität).Die sozialen Probleme, die sich aufJugendliche auswirken, werden zunehmendschärfer: Arbeitslosigkeit und Unterbeschäfti-gung, Zugang zu einer annehmbaren Ausbil-dung, das Stigma der Erwachsenenwelt undder Institutionen, die vorgeben, Gewalt durchdie Einschränkung von Freiheit zu reduzieren –z.B. durch die Verhängung eines Aus-gangsverbot für Minderjährige. Das fördert undverselbstständigt das Image von Jugendlichenals AkteurInnen der Gewalt – sowohl tatsäch-lich als auch potentiell.Die Maßnahmen des Bürgermeisters, Freiheiteinzuschränken, berühren das Problem nicht.Zwischen dem 1. Januar und 15. Juni diesenJahres gab es 1.690 Morde – davon 873 (49%)an Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren(817 Männer und 56 Frauen).

Die Erzeugung von AngstDieser Konflikt erzeugt Brüche, zementiertAngst, und stärkt Gleichgültigkeit. Er führt zu

Abstand und Misstrauen zwischen Menschen,entzieht Beziehungen den Boden, undreduziert die Werte von Freundschaft undLiebe. Eine Strategie ist die Erzeugung von Panik, sodass den bewaffneten Gruppen Gehorsamgeleistet wird. Eine der Drohungen, die anHauswände gemalt wird, ist z.B. „gehorsameKinder werden von ihren Eltern zu Bettgebracht; ungehorsame von uns“ („uns“ stehthier für Paramilitärs); „wir töten alle Kröten“(als Hinweis auf KollaborateurInnen).Ein Aktivist des Red Juvenil (Jugendnetzwerk),der sich selbst in 1998 als Kriegsdienstver-weigerer erklärt hat, schreibt über sein Viertel,dass „wir üblicherweise zu einer Däm-merungsmelodie aufwachen, in der der Lärmder Autos sich mit den Schritten der StudentIn-nen mischt, die nicht zu spät zum Collegekommen wollen, und mit den Schüssen,Schreien und Sirenen der Polizeipatroullen,und mit dem Klatsch der NachbarInnen, werdenn der tote Mann war, und warum erermordert wurde.“Die Situation in den Stadtvierteln erscheintmanchmal als so normal, dass es Angst aus-löst; wir sind im wesentlichen passive Empfän-

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Praktischer Antimili-tarismus...

Photo: Red Juvenil

Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – 15 Mai

4 Das Zerbrochene Gewehr Nr. 61 Mai 2004 – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Kriegsdienstverweigerung in Lateinamerika(1) MexikoWehrpflicht besteht für Männer von 18-40. Einberufung erfolgt per Los, da auseinem Pool von 975.000 Männern, diedas Wehrpflichtalter erreichen, lediglich60.000 einberufen werden. KDV ist nichtanerkannt.

(2) BelizeSeit der Unabhängigkeit des Landes1981 hat es nie eine Wehrpflichtgegeben. Das Recht auf KDV ist nichtanerkannt.

(3) GuatemalaEin neues Gesetz für einen allgemeinenBürgerInnendienst wurde im Mai 2003verabschiedet. Es erlaubt einen freiwilli-gen Dienst in der Armee oder sozialenEinrichtungen für Männer und Frauen von18-24. Sollte der Bedarf durch Freiwilligenicht gedeckt werden können, werdenzusätzliche Personen per Los bestimmt.Auch diese können die Art des Diensteswählen.Ein Recht auf KDV existiert nicht, was nurfür diejenigen ein Problem ist, die erstfreiwillig der Armee beitreten, und sichdann für KDV entscheiden.

(4) El SalvadorDie Wehrpflicht wurde seit demFriedensvertrag von 1992 nicht umgeset-zt. Das Recht auf KDV ist nicht aner-kannt.

(5) HondurasDie Wehrpflicht wird derzeit nicht umge-setzt. Artikel 276 der Verfassung von1982 wurde 1995 vom Kongress geän-dert; er etabliert einen freiwilligen Militär-dienst für über 18-jährige in Friedenszeit-en und fordert die Anpassung des Militär-dienstgesetzes von 1985. Die Regierungbehauptet, das der „Militärdienst jetzt frei-willig und ausbildungsorientiert ist“, unddass es „keine allgemeine Wehrpgflichtgibt“. Das Militärdienstgesetz von 1985 istjedoch noch nicht geändert worden, undseit 1994 ist auch kein anderes Gesetzverabschiedet worden. Das Recht auf KDV ist nicht anerkannt.

(6) NicaraguaDie Wehrpflicht wurde 1990, nach denFriedensvereinbarungen und der Wahleiner neuen Regierung, abgeschafft. Esgibt jedoch kein Recht auf KDV für pro-

fessionelle Soldaten.Das Armee hat ca. 17.000 Mitglieder.

(7) Costa RicaDas Land hat keine Armee, aber es gibteine paramilitärische Polizei. Die GuardiaCivil wurde von MilitärexpertInnen als aufdie niedrigste Ebene umstrukturierteArmee bezeichnet, und gilt als eine deram besten trainierten EinheitenLateinamerikas. Zusätzlich hat sie einSystem militärischer Ränge und high-tech-Waffen. Die Veröffentlichung einesgeheimen Waffendeals der Guardia Civilführte 1997 zu einer breiteren öffentlichenDiskussion.

(8) PanamaDie Wehrpflicht ist in der Verfassungenthalten, wird aber nicht umgesetzt.Nach der US-Invasion 1989 wurde dieArmee des Landes aufgelöst. Die Rekru-tierung zu paramilitärischen Einheitenund zur Polizei beruht auf Freiwilligkeit.

(9) KubaWehrpflicht besteht theoretisch für alleBürgerInnen von 18-50, doch in der Prax-is nur für Männer. Der Wehrdienst wird inder kubanischen Armee oder in dernationalen revolutionären Polizeiabgeleistet, die dem Innenministeriumuntersteht. Der Wehrdienst dauert 3Jahre, gefolgt von Reservedienst, der 45Tage militärisches Training pro Jahr bein-haltet. Das Recht auf KDV ist nicht anerkannt.Es gibt wenig Informationen zur Praxis.Nach Angaben von Zeugen Jehovahswerden nur wenige Zeugen Jehovahs let-ztlich inhaftiert.

(10) EcuadorWehrpflicht besteht. Alle Männer über 18unterliegen der Wehrpflicht. Auch Frauenkönnen wehrpflichtig sein, wenn die Lan-desverteidigung dies erfordert. Aufgrundder Grenzstreitigkeiten zwischen Peruund Ecuador wurde 1997 die Einberufungvon Frauen erwogen.Der Wehrdienst dauert 1 Jahr. Alle Män-ner von 18-55 werden als Angehörige derArmeereserve betrachtet, selbst wenn sienie Wehrdienst geleistet haben. Alle mil-itärischen Pflichten enden mit 55.Jungen und Mädchen im 5. Jahr derSekundarschule müssen einen vormil-itärischen Kurs absolvieren, wenn sieeinen Abschluss machen wollen. Er

dauert ein Jahr und beinhaltet, an Sam-stagen in Kasernen zu helfen, sowie mil-itärische Ausbildung.Nach Artikel 108 des Militärdienstgeset-zes können KDVer anerkannt werden.Die ecuadorischen KDV-Gruppen ratenjedoch nicht dazu, Artikel 108 zu nutzen,da er KDV nicht wirklich anerkennt und eskeinen wirklich zivilen Ersatzdienst außer-halb der Armee gibt.

(11) KolumbienWehrpflicht besteht. Alle Männer von 16-28 unterliegen der Wehrpflicht. Der Wehr-dienst dauert für die, die eine sekundäreSchule absolviert haben, ein Jahr, sonst 2Jahre.Diejenigen, die keine sekundäre Schulebesuchen, unterliegen der Gefahr derZwangsrekrutierung. An Bushaltestellen,auf Marktplätzen und in Straßen sammeltdas Militär Jugendliche auf. Diejenigen,die nicht nachweisen können, dass sieeine Militärakte haben, oder einenBefreiungsgrund, werden zum Einberu-fungsbüro gebracht. KDV ist nicht anerkannt, auch wenn dieVerfassung die Gewissenfreiheit anerken-nt. KDVer haben keine eindeutigeGarantie, dass sie nicht einberufen wer-den. Sie müssen ihren Dienst entweder inder Polizei oder als Gefängniswachenableisten, oder sie müssen desertierenund sich verstecken. Wenn sie sichweigern Militärdienst zu leisten, dannkönnen sie wegen Desertion angeklagtund eingesperrt werden.

(12) VenezuelaWehrpflicht besteht. Alle Männer von 18-50 müssen einen zweijährigen Militärdi-enst ableisten. Alle Männer sind geset-zlich verpflichtet, sich bei Erreichen des18. Lebensjahres für den Militärdienst zuregistrieren. In der Praxis registrieren sichviele nicht. Von denen, die sich registe-rien, werden nur 20% einberufen.Rekrutierung findet in der Öffentlichkeitan Plätzen statt, wo sich viele Menschenversammeln, wie Kinoeingängen,Schulen, und auf Märkten. Rekrutierung-soffiziere, manchmal in zivil, und unter-stützt von Polizei, 'überprüfen diePapiere' und zwingen dann Rekrutenwillkürlich in Busse zu den Kasernen. Das Recht auf KDV ist nicht anerkannt.

(13) GuyanaWehrpflicht besteht nicht. Es wirdangenommen, dass das Recht auf KDVin der Verfassung von 1980 enthalten ist,

Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – 15 Mai Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika

Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – Das Zerbrochene Gewehr Nr. 61 Mai 2004 5

Ein kurzer Überblick

Mexiko (1)

Belize (2)

Guatemala (3)

El Salvador (4)

Honduras (5)

Nicaragua (6)

Costa Rica (7)

Panama (8)

Kuba (9)

10

Kolumbien(11)

Venezuela(12) 13

14 15

Peru(16)

Brasilien (17)

Bolivien(18)

19Chile (20)

Argentinien (21)

Uruguay (22)

doch es ist nicht bekannt, ob es ein entsprechendes Gesetz gibt.

(14) SurinameSeit der Unabhängigkeit 1972 hat es nieeine Wehrpflicht gegeben. Die Rekru-tierung ist freiwillig, doch es gibt keineInformationen zur Praxis.

(15) Französisch-GuyanaFranzösisches Überseedepartment. Keineigenes Militär.

(16) PeruWehrpflicht besteht. Alle 17-jährigen,Frauen und Männer, müssen sich reg-istrieren, um eine Militärdienstkarte zuerhalten. Nach der Registrierunguntergehen Wehrpflichtige einer einge-henden medizinischen Untersuchung.Danach wird in einer Lotterie entsch-ieden, welche Wehrpflichtigen werdenoder werden nicht 'ausgewählt'. Der Mil-itärdienst dauert 2 Jahre.Das Recht auf KDV ist nicht anerkannt.

(17) BrasilienWehrpflicht besteht für Männer ab 19,doch werden in der Praxis nur 10% ein-berufen.Entsprechend der Verfassung muss dasMilitär einen Ersatzdienst für KDVer anbi-eten. Ein solcher Dienst ist jedoch wederwirklich zivil, noch für KDVer akzeptabel,der er von der Armee verwaltet wird.

(18) BolivienWehrpflicht besteht. Alle Männer ab 19Jahren müssen Militärdienst leisten, derein Jahr dauert. Männliche Studenten,die in der Stadt leben und sich im 4.Jahrgang befinden, müssen einenvormilitärischen Dienst ableisten, der mil-itärisches und ziviles Training an Woch-

oder 8-18 Monaten in der Marine, ableis-ten.Es gibt keine rechtliche Prozedur fürKriegsdienstverweigerer. Am 28. August1997 haben 14 KDVer bei einem Notareine Erklärung zur KDV unterzeichnet,verbunden mit einer offiziellen Anfragean den Generalsekretär für Mobil-isierung, ihnen das Recht auf KDVzuzusprechen. Auch wenn die chilenis-che Regierung Anfragen von BürgerIn-nen theoretisch innerhalb von 15 Tagenbeantworten muss, so gab es dochkeine Antwort. Auf eine Beschwerdebeim Verteidigungsministerium hinerhielten sie die Antwort, dass dies nichtinnerhalb der Kompetenzen des Minis-teriums liegen würde.Derzeit ist auch eine Petition von 3 chi-

lenischen KDVern bei der Inter-Amerikanischen Men-schenrechtskomission

anhängig (Petition 12.219).

(21) ArgentinienAuch wenn die Verfassung

die Wehrpflicht beinhaltet, so wurde sie doch seit 1994 nicht

umgesetzt. Der Militärdienst beruht auf Freiwilligen. Wenn es nicht

genug Freiwillige gibt, so erlaubt dasGesetz jedoch der Regierung, die Wehr-pflicht einzuführen.Sollte die Regierung die Einführung derWehrpflicht beschließen, so besteht dasRecht auf KDV, mit zivilem Ersatzdienst.Derzeit ist das Theorie.

(22) UruguayEs gibt keine Wehrpflicht. Auch wenn dasminimale Rekrutierungsalter bei 18 Jah-ren liegt, akzeptieren doch 3 militärischeSchulen 15-jährige Jungen und Mädchen,und bereiten sie auf eine militärische Kar-riere vor. Sie bieten Kurse für PilotInnenund für Steuermänner bei der Marine an.Es gibt keine anderen Schulen in Urugu-ay, die Kurse für (nicht-militärische) Pilo-ten oder Steuermänner anbieten.Das Recht auf KDV ist nicht anerkannt.

enende beinhaltet. 1998 wurde vormilitärisches Training für Frauen inGrenzregionen einge-führt.

(19) ParaguayWehrpflicht besteht. AlleMänner von 18-50müssen einen Wehrdi-enst ableisten, der einJahr dauert (2 Jahre inder Marine). In Kriegs-zeiten müssen Frauendas Militär unterstü-tzen.Artikel 37 und 129 der Verfassung von1992 erkennen dasRecht auf KDV an. Alle Wehrpflichtigen können erklären, dass sie KDVer sind, doch da das verfassungmässigeRecht durch kein Gesetz umgesetzt wird,

gibt es kein Anerkennungsverfahren.

(20) ChileWehrpflicht besteht. Alle Männer von 18-45 unterliegen der Wehrpflicht, undmüssen einen Wehrdienst von 8-12Monaten in der Armee oder Luftwaffe,

6 Das Zerbrochene Gewehr Nr. 61 Mai 2004 – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – 15 Mai

WRI-Mitgliedsorgani-sationen in der BRD:

Anti-Kriegs-MuseumBruesseler Strasse 21,13353 Berlin; Tel +49 304549 0110; Fax 417 29868;Email [email protected]; Websitewww.anti-kriegs-museum.de/

Archiv Aktiv für gewalt-freie Bewegungen Sternschanze 1, 20357Hamburg; Tel +49 40 4302046; Email [email protected]; Websitewww.archiv-aktiv.org/

Deutsche Friedensgesell-schaft - Internationale derKriegsdienstgegner (DFG-IdK) Jungfrauenthal 37, 20149Hamburg; Tel +49 40453433; Email [email protected]; Website www.dfg-idk.de/

Deutsche Friedensgesell-schaft - Vereinigte Kriegs-dienstgegnerInnen (DFG-VK)Schwanenstrasse 16, 42551Velbert; Tel +49 2051 4217;Fax 2051 4210; [email protected]; Websitewww.dfg-vk.de/

Graswurzelrevolution Breul 43, 48143 Münster; Tel+49 251 4829057; Fax 4829032; [email protected];Websitewww.graswurzel.net/

Institut für Friedensarbeitund Gewaltfreie Konflik-taustragung (IFGK)Hauptstr 35, 55491 Wahle-nau/Hunsrueck; Tel +496543 980096; Fax 500636;[email protected];Website www.ifgk.de/

Internationale der Kriegs-dienstgegnerInnen - Berlin(IdK-Berlin)Gneisenaustrasse 2 a,Mehringhof, 10961 Berlin;Tel +49 30 693 8021; Fax785 7803; Email [email protected]; Websitewww.denk-stein.com/tilt/gruppen/idk/

gerInnen von Informationen, die wir nicht ver-arbeiten können, da unsere kritischen Sinneschlafen.

Jugendorganisationen im KonfliktBasisorientierte Jugendarbeit ist schwer, dadie bewaffneten AkteurInnen Jugendlichezwingen, sich zu ihren Waffen zu verhalten.Ein Aktivist hat das wie folgt beschrieben: „Indiesem Abschnitt gibt es das Sprichwort‘entweder schicke einen jungen Mann in denKrieg, oder verlasse diesen Abschnitt’ ...Tausende von Jugendlichen sind gezwungen,sich an dem Netzwerk paramilitärischer Kon-trolle, das in der Stadt aufgebaut wird, zubeteiligen“. In Abschnitt 13 musste eine derJugendgruppen erste Hilfe lernen, da Verlet-zungen als Folge der Konfrontationen nicht imGesundheitszentrum behandelt werden kön-nen. Andere Jugendgruppen mussten denWünschen der Paramilitärs folgen, dievorschreiben, was getan werden kann, wie esgetan werden muss, und die manchmal auchRessourcen bereitstellen.Andere Jugendliche leben mit dem Zweifel,wie sie das werden können, was sie wollen.Wenn sie in einem Viertel leben, in dem dieMilitia mit der Guerilla verbunden ist, dannhaben sie keine grosse Chance, da die Sicher-heitskräfte alle Jugendlichen des Viertels alsmit der Militia verbunden ansehen, und damitals militärisches Ziel und als Feind im Kampf.Der bewaffnete Konflikt berührt uns in vielenBereichen, vom Verlust uns nahestehenderPersonen bis zur Gefahr für unser eigenesLeben. Er begrenzt unsere Erfül-lungsmöglichkeiten und unsere Freiheit, dahinzu gehen, wohin wir wollen. Er begrenzt denStudenten, der von jemanden in einemanderen Abschnitt eingeschüchtert wird,öffentlichen Raum zu nutzen; er wirkt sich aufdie Autonomie von Jugendgruppen aus, freiihre lokalen Aktivitäten durchzuführen. Dochüber all dem schiebt er den Traum zu Leben –und tatsächlich zu Leben – in Würde zu Lebenan die Seite.

Was entwickelt Red Juvenil?In den letzten 12 Jahren hat Red Juvenil seineArbeit mit Vorschlägen für Leben und Wider-stand in einer Gesellschaft mit militaristischenund patriarchalen Traditionen entwickelt, diewir nicht fortschreiben wollen, und an denenwir nicht teilhaben wollen. Wir verweigern die Teilnahme an jeglicherArmee aus unserer Überzeugung heraus, dasskeine Armee den Frieden verteidigen kann.Wir verweigern die Beteiligung an diesemKrieg, diejenigen zu sein, die sich einreihenund ihr Leben geben für ein gesellschaftlichesProjekt, das nicht dem entspricht, was wir füruns selbst erträumen. Wir haben daher zahlreiche Aktionen unter-nommen, um Alternativen zum Militär und denWerten, die eine militaristische Kultur fördert –Patriarchat, Konkurrenz und Ausschluss – zu

propagieren. Am 20. Juli, während einerParade zum Unabhängigkeitstag, haben sich30 von uns Zugang zum Stadion verschafft, indem die Parade endete, und als gewaltfreieAktionen einen Raum für kooperative Spielegeschaffen, und die Menschen eingeladen,teilzunehmen und zu spielen, zu spielen zurEntspannung, zu spielen um zu widerstehen.Viele Kinder fanden das viel attraktiver als dasoffizielle Programm. Wir entwickeln derzeitStrategien, um Jugendliche zu befördern, sichder Beteiligung am Krieg zu verweigern, ohnezu schweigen, sondern im Gegenteil, an ihreneigenen Alternativen zu arbeiten. Zum Beispielbemühen wir uns ständig einen Eindruckdavon zu erhalten, wie Jugendliche, die inVierteln leben, in denen die Konfrontation amsichtbarsten ist, den Konflikt in ihrem Alltagleben. Durch diese Information erwarten wir,dass viele Jugendliche sich wiedererkennen,und begreifen, dass es viele Menschen gibt,die wie sie selbst sich nicht an diesem Kriegbeteiligen wollen. Ausserdem wollen wir dieAufmerksamkeit darüber, was in Kolumbiengeschieht, in andere Teile der Welt tragen,denn die Massenmedien verschweigen das.

Aktive GewaltfreiheitWir koordinieren uns mit anderen Jugend- undNachbarschaftsgruppen, um Widerstandgegen Krieg zu stärken und sichtbarer zumachen. Derzeit arbeiten wir gemeinsam mitOrganisationen aus Cali, Puebla Nueva undVilla Rica (Cauca), Bogota und Medellin aneiner Kampagne. Das sind nicht nur Jugendgruppen, sondernauch Frauen-, Indigena- und Nachbarschaft-sorganisationen. Neben der Propagierung derWerte aktiver Gewaltfreiheit und direkterAktion gegen Krieg ist unser Ziel, dass mehrjunge Menschen das „warum?“ dieses Krieges,der abseits der Massenmedien geführt wird,verstehen – wer profitiert? Wer stirbt? - und dieWerte des Widerstandes gegen die Teilnahmeam Krieg.Die Jugendlichen, die sich weigern an einemKrieg teilzunehmen, der im Namen allergeführt wird, vertreten auch Interessen einigeranderer Menschen an, derjenigen, die gegeneinen Krieg sind, der Blut, Körper und Tränenfordert, derjenigen, die sich weigern die Situa-tion von Tod, Ungerechtigkeit, Diskriminierungund Verzweiflung, einer Welt, die auf Leichenaufgebaut ist, zu akzeptieren. Wir widerstehendem Glauben, dass, wenn Du Träume hast,Du Waffen brauchst, um diese zu verwirk-lichen.Doch wir widerstehen nicht, der Vorstellungeiner Gesellschaft ohne Armeen und Waffenzu folgen, in der Träume schaffen, doch nichthinrichten. Wir widerstehen nicht dem Bedürf-nis zu leben und zu tanzen. Daher sagen wir,dass wir alles geben, um zu leben und dieWelt zu schaffen, die wir wollen.

Adriana Castaño koordiniert das Menschen-rechtsprogramm des Red Juvenil in Medellin.

Fortsetzung auf Seite 3

Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – Das Zerbrochene Gewehr Nr. 61 Mai 2004 7

Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – 15 Mai Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika

Das Zerbroch-ene GewehrDas Zerbrochene Gewehr istder Rundbrief der War Re-sisters’ International, undwird normalerweise inEnglisch, Spanisch, Franzö-sisch und Deutsch veröf-fentlicht. Dies ist AusgabeNr. 61, Mai 2004. Diese Ausgabe des Zerbro-chenen Gewehrs wurde pro-duziert von Andreas Speck,unter Mithilfe von Ni CascoNi Uniforme, Red Juvenil,und vielen anderen, die Infor-mationen beigesteuerthaben.Diese Ausgabe wurde durchdie finanzielle Unterstützungdes DFG-VK BildungswerkHessen , Stiftung Umver-teilen , X min Y und TheJoseph Rowntree CharitableTrust ermöglicht.Für weitere Exemplare die-ses Zerbrochenen Gewehrswende Dich bitte an das Büroder WRI, oder downloade sievon unserer Website.

War Resisters’ International,5 Caledonian Road, LondonN1 9DX, Grossbritannientel +44-20-7278 4040fax +44-20-7278 [email protected]://wri-irg.org/

Das ZerbrocheneGewehr in anderenSprachenDas Zerbrochene Gewehrwird normalerweise in Eng-lisch, Spanisch, Französischund Deutsch veröffentlicht. Papierausgaben in der vonDir bevorzugten Sprachekannst Du beim WRI-Büro inLondon bestellen. Eine PDF-Datei kann von der WRI-Website heruntergeladenwerden. Du kannst gerneselbst Kopien machen.Die WRI ist von Freiwilligenabhängig, um Das Zerbroch-ene Gewehr und andereMaterialien zu übersetzen.ÜbersetzerInnen werdenimmer gebraucht. Danke!

Spende an die War Resisters’ International

15. Mai - weltweitEin unvollständiger Überblick über

weltweite Aktivitäten zum 15. Mai.

GrossbritannienAm 15. Mai gibt es eine Gedenkveranstal-

tung für KDVer am Tavistock Square im Zen-trum Londons. Die Veranstaltung beginnt um12 Uhr.

Kontakt: Conscience, Archway ResourceCentre, 1b Waterlow Rd, London N19 5NJ; tel+44 20 7561 1061; fax +44 20 7281 6508;email [email protected]

KolumbienRed Juvenil organisiert ein landesweites

KDV-Treffen in Medellin vom 14.-16. Mai.Kontakt: Redes Juveniles A.A.52-215, or

Calle 47 N 40 53, Medellín; tel +57 4 2923234;email [email protected]; websitewww.redjuvenil.org/

Bundesrepublik DeutschlandAm 15. Mai wird es in Münster eine

Demonstration geben, bei der türkisch-kurdis-che KDVer in Deutschland ihre KDV erklärenwerden. Die Demo beginnt um 11 Uhr amPrinzipalmarkt in Münster, und geht zumtürkischen Konsulat.

Am Abend vorher gibt es eine Diskus-sionsveranstalung in der ESG, Breul 43 inMünster, Beginn 19:30 Uhr.

Kontakt: Redaktion Graswurzelrevolution,Breul 43, 48143 Münster; tel. +49-251-48290-

57; fax +49-251-48290-32; [email protected]; websitewww.graswurzel.net

TürkeiDas “erste traditionelle Militourism Festival”

findet am 15. Mai in Istanbul statt. Das Festivalbeinhaltet eine Tour, ein Konzert, und eineAusstellung, alles zu Symbolen des Militaris-mus in Istanbul, und Symbolen des Wider-stands - KDVer. Die Tour beginnt um 11 Uhram Bahnhof Haydarpasa.

Kontakt: Istanbul Antimilitarist Initiative, tel+90-546-7127931, email [email protected]; website www.savaskarsitlari.org

USADas Center on Conscience and War organ-

isiert am 15. Mai einen Tag mit Workshops zuKDV, Antimilitarismus, Anti-Rekrutierung undKriegssteuerverweigerung, der in der Churchof the Brethren in Washington DC, stattfindenwird. Am 14. Mai gibt es einen Lobby-Tag mitSchwerpunkt auf Aufklärung des Kongressesüber KDV und Wehrpflicht.

Kontakt: Center on Conscience and War,1830 Connecticut Avenue NW, Washington,DC 20009, tel +1-202-483-2220, fax +1-202-483-1246, email [email protected]; websitewww.nisbco.org

Wo ist Deine Aktion? Was hast Du am 15.Mai gemacht? Schreib uns!

Wie kann an die WRI gespendetwerden?

- per Dauerauftrag, was es für uns einfach-er macht, zu planen - wenn wir davon wis-sen. (bitte umseitig ankreuzen). Es besteht die Möglichkeit einer steuer-abzugsfähigen Spende oder einer Spendedirekt an die WRI.

- per Kreditkarte - bitte nebenstehendesFormular ausfüllen oder per Zahlung aufunserer Internetseite unter http://wri-irg.org/de .

- per Überweisung in Euros - steuer-abzugsfähig innerhalb der BRD - an denFörderverein War Resisters’ Internationale.V., Konto-Nr. 11787613, KasselerSparkasse, BLZ 520 503 53

- per Überweisung in Euros direkt an dieWRI: War Resisters’ International, Bank ofIreland, IBAN IE91 BOFI 9000 924741 35 47

- per Scheck, Geldanweisung oderBankanweisung in britischen Pfund,zahlbar an die War Resisters’ Internation-al.

Zahlung per Kreditkarte

Bitte belastet meine Kreditkarte mit demBetrag von £/US$/EUR ......... (bitte Währungdeutlich markieren).

Kreditkarte Visa/Access/Mastercard/American Express(unzutreffendes streichen)

Kartennummer_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _

Gültig bis: ___ / ___

KarteninhaberIn ...........................................

Unterschrift ...........................................

Rechnungsanschrift (falls verschieden):

.........................................................................

.........................................................................

Vielen Dank fuer die Unterstützung!

War Resisters’ InternationalUnterstützung und Vernetzung von Widerstand gegen

Krieg weltweit������������������������������������ ����������������������������������������������������������������

Danke für Deine Unterstützung!8 Das Zerbrochene Gewehr Nr. 61 Mai 2004 – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Schwerpunkt zu Chile und Lateinamerika Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung – 15 Mai

Mitmachen!Unterstützung vonKDVern im GefängnisIn vielen Ländern ist Gefäng-nis noch immer das Schick-sal für Kriegsdienstverwei-gerer. Tausende von KDVernbefinden sich im Gefängnis –in Südkorea, Israel, Finnlandund vielen anderen Ländern.Obwohl viele Länder Geset-ze zur KDV eingeführt ha-ben, sehen sich viele KDVerdem Gefängnis gegenüber,da sie entweder nicht denKriterien der Behörden ent-sprechen, oder sich weigern,jegliche Art von Ersatzdienstzu leisten.Die War Resisters' Interna-tional unterstützt Kriegsdien-stverweigerer, die aufgrundihrer KDV inhaftiert sind odersich Repressionen von Seit-en des Staates oder staats-ähnlicher Gebilde ausgesetztsehen. Co-alerts, verschicktper email (in Englisch) so-bald das WRI-Büro Informa-tionen über die Inhaftierungoder Gerichtsverhandlungeines Kriegsdienstverweiger-ers erhält, sind ein machtvol-les Mittel, um Unterstützungund Protest zu organisieren.Co-alerts gibt es per email(abonnieren unter http://wri-irg.org/mailman/listinfo/co-alert) oder iminternet unter http://www.wri-irg.irg/cgi/news.cgi.Das WRI-Büro braucht auchmehr Informationen über dieInhaftierung von KDVern inaller Welt.Wende Dich an:

War Resisters’ International5 Caledonian Rd, London N19DX, Grossbritannientel +44-20-7278 4040fax: +44-20-7278 0444email [email protected]://wri-irg.org/cgi/news.cgi

Ich möchte die WRI unterstützen:(bitte mindestens eine Option ankreuzen)

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[ ] Ich benötige eine Spendenbescheini-gung.

[ ] Ich habe einen Dauerauftrag auf dasKonto der WRI bei der Bank of Irelandüber monatlich/vierteljährlich/jährlich EUR ..... eingerichtet.

Meine Anschrift:

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Wohin soll die Spende geschickt werden?

Nur in der BRD:Förderverein War Resisters’ Internationale.V., c/o Helga Weber, Steinbruchweg 14,34123 Kassel (für Spendenbescheinigung)

Rest der Welt:War Resisters’ International, 5 CaledonianRd, London N1 9DX, Grossbritannien

War Resisters' International– eine gewaltfreie Bewegung für die Abschaffung des Krieges

Die War Resisters' International (Internationaleder Kriegs-dienstgegner/innen) wurde 1921unter dem Namen "Paco" gegründet. Grund-lage war und ist die WRI-Erklärung:

"Krieg ist ein Verbrechen gegen dieMenschheit, Ich bin daherentschlossen, keine Art von Krieg zuunterstützen und für die Beseitigungaller seiner Ursachen zu kämpfen."

Die War Resisters' International besteht, umgewaltfreie Aktionen gegen Kriegsursachen zupropagieren, und um Menschen auf der gan-zen Welt zu unterstützen und zu-sammen zubringen, die sich der Beteiligung an Krieg oderder Vorbereitung von Krieg verweigern. Aufdieser Basis arbeitet die WRI für eine Weltohne Krieg.

GewaltfreiheitDie WRI bekennt sich zur Gewaltfreiheit. Füreinige ist Gewaltfreiheit eine Lebensweise. Füruns alle ist sie eine Aktionsform, die das Lebenbejaht, sich gegen Unterdrückung aussprichtund den Wert einer jeden Person anerkennt. Gewaltfreiheit kann aktiven Widerstand, ein-schließlich Zivilen Ungehorsams, mit Dialog

verbinden; sie kann Nicht-zusammenarbeit -den Entzug der Unterstützung für ein unter-drückerisches System - mit der konstruktivenArbeit des Aufbaus von Alternativen verbinden. Als eine Art sich in einem Konflikt zuengagieren stellt Gewaltfreiheit manchmal denVersuch dar, auch Versöhnung zu bringen:Stärkung der sozialen Strukturen, Stärkungderjenigen am Boden der Gesellschaft, undEinbeziehung von Menschen verschiedenerSeiten in die Suche nach einer Lösung.

Nein zu KriegDie WRI wird niemals irgendeinen Krieg billi-gen, egal ob dieser Krieg durch einen Staat,durch eine "Befreiungsarmee" oder unter derSchirmherrschaft der Vereinten Nationengeführt wird, oder ob er "humanitäre mil-itärische Intervention" genannt wird. Kriege,wie nobel die Rhetorik auch immer sei, dienenimmer machtpolitischen oder öko-nomischenInteressen. Wir wissen, wozu Krieg führt - zuLeiden und Zerstörung, zu Vergewaltigung undorganisiertem Verbrechen, zu Verrat anWerten und neuen Strukturen der Herrschaft.