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Demographie – Daseinsvorsorge – Kommunalwirtschaft. Anmerkungen zu bis dato eher unterschätzten Wechselwirkungen. Vortrag im Rahmen des wissenschaftlichen Festkolloquiums anlässlich des 20jährigen Bestehens des Instituts für angewandte Demographie, Berlin Referent: Prof. Dr. Michael Schäfer Professor für Kommunalwirtschaft an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNE), Herausgeber und Chefredakteur UNTERNEHMERIN KOMMUNE

Demographie – Daseinsvorsorge – Kommunalwirtschaft. Anmerkungen zu bis dato eher unterschätzten Wechselwirkungen. Vortrag im Rahmen des wissenschaftlichen

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Demographie – Daseinsvorsorge – Kommunalwirtschaft. Anmerkungen zu bis

dato eher unterschätzten Wechselwirkungen.

Vortrag im Rahmen des wissenschaftlichen Festkolloquiums anlässlich des 20jährigen Bestehens des Instituts für angewandte Demographie, Berlin

Referent:Prof. Dr. Michael SchäferProfessor für Kommunalwirtschaft an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNE), Herausgeber und Chefredakteur UNTERNEHMERIN KOMMUNE

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20 Jahre IFAD

Inhaltsverzeichnis:1. Friedrich Nietzsche: Statt einer Einleitung2. Tradierte Strukturen und ihre Wirkungen auf Denk- und

Erkenntnisprozesse3. Rückbesinnung auf die Hegelsche Dialektik als Lehre vom

Gesamtzusammenhang4. Demographie – Überwissenschaft oder integrierende Klammer?5. Die integrative Funktion der Demographie als Leitwissenschaft am

Beispiel der Prognose-Studie „Kommunalwirtschaft 2025 Ostdeutschland“

6. „Angewandte Demographie“ – eine semantische Abwägung für den Bereich der kommunalwirtschaftlichen Betätigung

7. Zwanzig Jahre IFAD – Gelebtes Leibnitzwort: Theoria cum praxi

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1. Statt einer Einleitung

„Wer fliegen lernen will, muss zuerst mit beiden Beinen auf dem Boden stehen“Friedrich Nietzsche (1844 – 1900)

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2. Tradierte Strukturen und ihre Wirkungen auf Denk- und Erkenntnisprozesse

Die Lebenszyklen gesellschaftlicher Epochen:

Phase I: Aufbau- und GestaltungsphasePhase II: Verwaltungs- und BewahrungsphasePhase III: Demontage- und Zerstörungsphase

Deutschland 2012: Existenz zwischen Phasen II und III

Was heißt das für objektive Wissenschaft, die Interesse daran hat, dass ihre Erkenntnisse produktiv werden?

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a.) Ungehemmtes Wirken der „Dithmarschen Verfassung“§ 1: Das haben wir noch nie gemacht!§ 2: Das haben wir schon immer so gemacht!§ 3: Da könnte ja jeder kommen!

b.) ausgeprägter Trend zur Negierung von Erkenntnis mit Veränderungspotenzialc.) Mit dem Euphemismus „political Correctness“ verbrämte Denk- und Redeverbote

(Enzensberger: Semantischer Palimpsest)d.) Zunehmende Versuche der Politik, wissenschaftliche Ergebnisse unter Ausnutzung

ökonomischer Abhängigkeiten zu präjudizieren.e.) Existenz einer „gesetzten“ Amada von „Sachverständigen“ zu allen gesellschaftlich

relevanten Themen, deren vorauseilender Gehorsam zunehmend die direkte politische Einflussnahme sogar ersetzt.

f.) Zunehmende intellektuelle Verarmung in allen politik-relevanten Bereichen der Geisteswissenschaften

g.) Kompetenzansiedlung in Nischenmillieus mit geringsten Chancen zur gesellschaftlichen Artikulation

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3. Wir brauchen eine Rückbesinnung auf die Hegelsche Dialektik als Lehre vom Gesamtzusammenhang

Was ist die Realität?a.) Singularität von Forschung als Reflex aus Singularität in der Politikb.) aktionistischer Ruf nach Generalisten als Obersortierer

Was wird gebraucht? a.) Weniger Sloterdijkb.) Dafür mehr Hegel: erstens als Verständnisprinzip, zweitens als wissenschaftliche

Methodec.) Abstrakter Einzelfall – maximal zulässig für Grundlagenforschung (mathematische

Axiomatik)d.) Angewandte Gesellschaftsforschung ist objektiv interdisziplinär (die Missachtung

dieser Tatsache ist eine zentrale Ursache für die zunehmende Dürftigkeit von Erkenntnis – Beispiel kommunalwirtschaftliche Forschung)

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4. Demographie – Überwissenschaft oder integrierende Klammer (Schlussfolgerungen aus der grundsätzlichen Analyse eines Kooperationsprozesses)

a.) „Verbundnetz für kommunale Energie“ – Kernkompetenz bei Formulierung Politik-unabhängiger Fragestellungen (Diskussionsforum seit 2003, Koordinierungsgruppe, Jahresthemen)

b.) Das Beispiel 2006: „Kommunalwirtschaft im gesamtwirtschaftlichen Kontext“ (quantitative Einordnung der Kommunalwirtschaft in die Volkswirtschaft anhand der Parameter „Arbeitgeber“, „Lohnzahler“, „Wertschöpfer“, „Investor“

c.) Die Aufgabenstellung für 2010:„Kommunalwirtschaft 2025 Ostdeutschland“ – Analyse und PrognoseHypothese: Demographie ist Überwissenschaft als „Lieferantin“ objektiver und stabiler Erkenntnisse mit großer PrognosensicherheitErkenntnis (im Prozess der inhaltlich-methodischen Annäherung an das Arbeitsthema):Demographie ist die bekannte Größe in einer Gleichung mit mehreren Unbekannten und insofern in erster Linie Anker und integrierende Klammer im Erkenntnisprozess

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5. Die integrative Funktion der Demographie als Leitwissenschaft am Beispiel der Prognose-Studie „Kommunalwirtschaft Ostdeutschland 2025“

Zentrale Fragestellungen:• Welche Rahmenbedingungen haben für eine Prognose überhaupt

Relevanz?• Wie müssen diese gewichtet werden?• Welche Interdependenzen zwischen den als relevant identifizierten

Rahmenbedingungen müssen untersucht werden?

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Stadtwerk A

Herausforderungen:

Demografie:Überalterung & Rückgang der Bevölkerung insbesondere in ländlichen Räumen

Ressourcen/ Klimaschutz: Ressourcenknappheit & steigende Energiepreise / Anforderung Klimaschutz

Finanzausstattung: Wegfall von EU-Förderung & aus-laufender Solidarpakt II in den neuen Bundesländern

Ausgangslage 2010:etablierte Netze,

bestehende Geschäftsstrukturen,

gewachsene Kundenbeziehungen

Ausgangslage 2025:geändertes Verbraucherverhalten?

reduzierte Nutzerzahlen?

steigende Netzkosten?

Stadtwerk A

2015

2020

2025

2010

1.

2.

3.

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Erstens:Identifizierung von Rahmenbedingungen mit annähernd gleicher Gewichtung: Demographie / Finanzausstattung / Energiepolitik

Zweitens:Evaluierung dieser Rahmenbedingungen hinsichtlich der Prognosesicherheit

Demographie Finanzausstattung Energiepolitik_______________________________________________________________________Objektivität der sehr hoch hoch geringAnalyse

Möglichkeiten der zu vernachlässigen gering großpolitischen Einflussnahme auf Prozessverlauf

Wahrscheinlichkeit pol. zu vernachlässigen gering großEinflussnahme aufProzessverlauf

Belastbarkeit der sehr hoch hoch geringErgebnisse über Prognosezeitraum

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Schlussfolgerungen:

• Unter den identifizierten Rahmenbedingungen ist die Demographie die Konstante

• Die Untersuchung der Interdependenzen zwischen allen drei Rahmenbedingungen muss demzufolge von einem Primat der Demographie ausgehen

• Die Demographie erweist sich also als Anker und integrierender Faktor innerhalb der Gesamtprognose

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Versuch einer Bewertung zur Rolle der Demographie im Prognose-Projekt „Kommunalwirtschaft Ostdeutschland 2025“

• Erstmals u m f a s s e n d e Verknüpfung demographischer Befunde mit kommunalwirtschaftlichen Fragestellungen

• Nachweis, dass die verkürzte Kernaussage „immer weniger/immer älter“ für eine wissenschaftliche Prognose ungeeignet ist

• Ableitung neuer Korrelationen zwischen den einzelnen Rahmenbedingungen mit neuen Fragestellungen an die Demographiez.B. Prognosen zur Struktur der Bevölkerung in strukturschwachen Regionen Ost (Aspekte: unterbrochene Erwerbsbiographien, Anteil Transferempfänger, Bildungsniveau usw.)

• Demographische Analyse zeigt, dass nicht nur die Zahl der Bezieher von Daseinsvorsorgeleistungen zurückgeht, sondern vor allem auch die zahlungsfähige Nachfrage

• Gleichzeitig: steigende Preise (weniger Abnehmer/Konstante Fixkosten) mit dem Erfordernis existentielle Leistungen zu alimentieren, dies aber bei Verschärfung der strukturellen Krise der öffentlichen Haushalte

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Exemplarische Befunde:

• Ein Drittel der öffentlichen Ausgaben in Ostdeutschland durch Primäreinnahmen gedeckt (Berechnung Bundesfinanzministerium März 2012) / Kompensation derzeit via Finanzausgleich und Solidarpakt II, der bis 2019 ausläuft

• 39 % der ostdeutschen Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich (Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation, Universität Duisburg-Essen)

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Statistik der Bildungsabsteiger

Land Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss

________________________________________________________________Baden-Württemberg 5,7%Bayern 6,0%Niedersachsen 6,2%Saarland 6,6%NRW 6,9%Rheinland-Pfalz 6,9%Schleswig-Holstein 7,1%Hessen 7,2%Bremen 7,4%Hamburg 8,2%

__________________________________________________________________Thüringen 9,4%Berlin 10,4%Brandenburg 11,0%Sachsen 11,2%Sachsen-Anhalt 12,3%Mecklenburg-Vorpommern 14,1%

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Schlussfolgerungen I:

•Das Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in allen Landesteilen ist neu zu bestimmen.

•Dabei kann Gleichheit nicht länger im Sinne von regionalen Ausstattungsmerkmalen verstanden werden, sondern muss vielmehr als Herstellung von sozialer Chancengleichheit definiert werden. •Einheitliche Standards kann es angesichts der unterschiedlichen Entwicklung nicht mehr geben.

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Schlussfolgerungen II

• Bereitstellung regional differenzierter Informationen und Daten, die für ein regionales Benchmarking genutzt werden können.

• Es ist notwendig, eine nach wie vor einseitige Orientierung von Regionen und Kommunen auf Wachstum zu überprüfen.

• Zusammenarbeit und Kooperation müssen somit vor allem inhaltlich bestimmt und nicht an den politisch definierten regionalen Abgrenzungen und Zuständigkeiten ausgerichtet werden

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6. Angewandte Demographie – eine semantische Abwägung für den Bereich der kommunalwirtschaftlichen Betätigung

Die Demographen haben die Welt bisher nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.

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Die Philosophen haben die Welt bisher nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern. (Karl Marx: Thesen über Feuerbach, These 11, 1845)

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Wie weit soll und darf „angewandte Wissenschaft“ gehen?Die zentrale Prämisse für eine Antwort heißt:Zwischen Demographie und Daseinsvorsorge besteht eine existentielle Korrelation!

Aus der Differenziertheit der Entwicklung sind zwei grundlegende Prozessmuster denkbar:

• Entweder:Solidarisierung im Sinne eines neuen, regionalen Verständnisses von solidarischer Daseinsvorsorge

• Oder:Separierung / Entsolidarisierung / Konkurrenz von Kommunen und Regionen

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Die wissenschaftliche Antwort (und das ist eine auch eine sehr politische Aussage) – basierend auf den Prognosen zu „Kommunalwirtschaft Ostdeutschland 2025“ lautete:

Unproduktive Konkurrenz zwischen den Kommunen bei Nichtbeachtung von struktur- und ressortübergreifenden Handlungserfordernissen muss ausgeschlossen werdenDie Alternative:

• ressort- und strukturübergreifende Zusammenarbeit mit der Bereitschaft, tradierte Strukturen (z. B. Länder, Kreise) in Frage zu stellen

• Interkommunale Kooperation

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20 Jahre IFADBundesländer Flächenregion, definiert

durch Landkreise (Kreisname/ Bundesland)

MittelzentrenStadtname / Einwohnerzahl / Bundesland

SA / ST / TH Mitteldeutschland-MitteLeipzig Land (SN), Burgenlandkreis(ST), Altenburg (TH)

Altenburg (35.000) – TH, Schmölln (12.000) – TH, Naumburg(34.000) – ST, Weißenfels (42.000) – ST, Zeitz (32.000) – ST,Borna (21.000) – SN, Grimma (28.000) – SN, Markleeberg(24.000) – SN, Wurzen – (17.000) – SN

MV / NS / BRB Ludwigslust (MV), Lüchow-Dannenberg (NS)Prignitz (BRB)

Hagenow (12.000) – MV, Ludwigslust (12.000) – MV,Lüchow (10.000) – NS, Perleberg (12.000) – BRB,Wittenberge (19.000) – BRB, Pritzwalk (13.000) – BRB

Abkürzungen: BRB = Brandenburg, MV = Mecklenburg-Vorpommern, SA = Sachsen, ST = Sachsen-Anhalt, TH = Thüringen

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7. Zwanzig Jahre IFAD – Gelebtes Leibnitzwort: theoria cum praxi

Die „Ehe“ von angewandter Demographie und Kommunalwirtschaftlicher Forschung ist im Leibnitzschen Sinne eine Verantwortungs- und Einmischungsallianz!

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Das Potenzial dieser Allianz ist wie folgt zu charakterisieren:

1. Aus der Daseinsvorsorgerealität und –prognose können und müssen spezifische Fragen an die Demographie abgeleitet werden, z.B. zur Nachfragestruktur nach Daseinsvorsorgeleistungen.

2. Die demographischen Antworten objektivieren die Bewertung der künftigen Daseinsvorsorgerealitäten im Wechselspiel von ökonomischen und demographischen Realitäten.

3. Die komplexe und vor allem objektive Bewertung aus demographisch-ökonomischer Sicht zwingt Politik zu ebenso unbequemen wie notwendigen Einsichten und Schlussfolgerungen, unter anderem:

• Das Gros der ostdeutschen Kommunen wird in Zukunft Daseinsvorsorgeleistungen wie Energie an Transferempfänger ebenso zuteilen und limitieren müssen wie jetzt schon den Wohnraum

• Die Trias von zunehmendem Finanzbedarf für Daseinsvorsorge, der gleichzeitigen Reduzierung der Zuführungen an die Kommunen und den parallel zunehmenden investiven Erfordernissen im Kontext mit der Energiewende ist komplett inkongruent zur derzeitigen öffentlichen Einnahme- und Ausgabestrukturen.

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Wie man das Veränderungspotenzial der Allianz gegenüber die Politik produktiv machen kann, dafür hat Karl Paul Reinhold Niebuhr, 1892 – 1972, US-amerikanischer Theologe und Philosoph, den folgenden Rat:

• Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

• God, grant me the serenity to accept the things I cannot change,Courage to change the things I can, and wisdom to know the difference.

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Das Theologenwort passt zum Michelschen Veränderungswillen. Und weil dieser wiederum regelmäßig konfrontiert wird mit politischer Ignoranz, könnte der Aufschrei des Institutsjubilars lauten:

Wer wird nicht einen Michel loben?Doch wird ihn jeder lesen? - Nein.Wir wollen weniger erhoben,Und fleißiger gelesen sein.

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Natürlich zitieren w i r auch und erst recht in einem IFAD‘schen Jubiläums-Kontext korrekt, und nennen final den Vater dieses leicht für IFAD 2012 modifizierten Ausspruchs:

Wer wird nicht einen Kloppstock loben?Doch wird ihn jeder lesen? - Nein.Wir wollen weniger erhoben,Und fleißiger gelesen sein.

(Gotthold Ephraim Lessing 1729 – 1781)