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Demographie I ROLAND RAU Universität Rostock, Wintersemester 2013/2014 23. Oktober 2013 c Roland Rau Demographie I 1 / 46

Demographie I - Universität Rostock · Vergangene Veranstaltung Kernfrage: P1)? P 2 Die Struktur einer Bevölkerung und deren Veränderung wird durch drei Parameter geprägt, die

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Page 1: Demographie I - Universität Rostock · Vergangene Veranstaltung Kernfrage: P1)? P 2 Die Struktur einer Bevölkerung und deren Veränderung wird durch drei Parameter geprägt, die

Demographie I

ROLAND RAU

Universität Rostock, Wintersemester 2013/2014

23. Oktober 2013

c© Roland Rau Demographie I 1 / 46

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Vergangene Veranstaltung

Kernfrage:

P1?⇒ P2

Die Struktur einer Bevölkerung und deren Veränderung wirddurch drei Parameter geprägt, die die zentralen Elementedemographischer Analyse bilden:

Geburten (→ Fertilität)Sterbefälle (→ Mortalität)Wanderungen (→ Migration)

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Vergangene Veranstaltung

Verortung der demographischen Ereignissenach Alter, Periode und Kohorteim Lexis-Diagramm.

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Vergangene Veranstaltung

Die Position der Demographie im Vergleich zu weiterenwissenschaftlichen Disziplinen:

Demography

Population Family Dynamics Population Aging Migration, etc. Forecasting

Formal StatisticalDemography Demography

Population Economics

Social Demography

Population Geography

Population History

Population Genetics

Evolutionary Biology

Epidemiology

Mathematics & Statistics

Public Policy

So

cia

l Sc

ien

ce

s

Bio

sc

ien

ce

s

Quelle: nach Vaupel/Kohler (2000), S. 20

Das Verhältnis der Demographie zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen

Kohler and Vaupel (2000, S. 20)

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Heutiges Thema: Mortalität

Basis jeglicher quantitativer Analysen sind gemessene Daten.Die Messung der Sterblichkeit beginnt daher mit dem Zählenvon Todesfällen.

Doch wie ist ein Todesfall definiert?

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Todesfälle, die keine Transplantationen betreffen, regeln inDeutschland die jeweiligen Bestattungsgesetze(Landesgesetze).Beispielsweise § 3 des “Gesetzes über das Leichen-,Bestattungs- und Friedhofswesen im LandMecklenburg-Vorpommern”:

(1) Jede Leiche ist zur Feststellung des Todes,des Todeszeitpunktes, der Todesart und derTodesursache von einem Arzt zu untersuchen(Leichenschau).

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Den Tod stellt der Arzt im sogenannten Totenschein (auchTodesbescheinigung genannt) fest. Im nicht-vertraulichen Teil (für dasStandesamt) notiert der Arzt:

Personenangaben (Name, Geschlecht, Adresse, Geburtstag, . . . )

Sterbezeitpunkt und Ort

Warnhinweise (Infektionsgefahr & Herzschrittmacher, “Sonstiges”)

Todesart (natürlich, nicht-natürlich)

Im vertraulichen Teil (für das Gesundheitsamt & Stat. Landesamt) notiert derArzt zusätzlich:

Sichere Zeichen des Todes

Todesursache

Klassifikation der Todesursache

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Die statistische Erfassung von Sterbefällen ist keine neueErfindung.Üblicherweise werden die Londoner Bills of Mortality alserste systematische Sammlung von Sterbefällen bewertet.Eingeführt 1592Ziel: Überwachung von Peststerbefällen (“the plague”)

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Bill of Mortality aus dem Jahre 1665(Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2f/Bill_of_Mortality.jpg)

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(Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/12/Great_Plague_of_London_

table_of_funerals.png)

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Die Sammlung dieser Daten warauch die Geburtsstunde derDemographie

John Graunt (1620–1674)

Natural and PoliticalObservations Made upon theBills of Mortality (1662)

Quellen: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ed/Graunt2.gif,

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/Graunt_Observations.jpg

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Messung der Sterblichkeit

In aller Regel kommen drei verschiedene Messkonzepte zumEinsatz:

Sterberaten (death rates, heutige Sitzung)Sterbewahrscheinlichkeiten (probabilities of dying, heutigeSitzung)Sterbetafeln (Life Tables, nächste Sitzung)

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Messung der Sterblichkeit

Basiseinheit in der Mortalitätsanalyse: ein TodesfallMessung von Prozessen typischerweise mittelsRaten oder WahrscheinlichkeitenWir konzentrieren uns zuerst auf Raten.

Klassische Raten:

Herzfrequenz (engl. “heart rate”): Anzahl der Herzschlägepro Minute (der “Puls”)Radioaktiver Zerfall, 1 Becquerel, Anzahl der Atomkerne,die in einer Sekunde zerfallen

⇒ Messung von Ereignissen pro Zeiteinheit.Ist dies sinnvoll in der Demographie?

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Jahr

Tode

sfäl

le

1750 1800 1850 1900 1950 2000

025

000

5000

075

000

1000

0012

5000

1500

0017

5000

2000

00

Sterbefälle in Schweden, 1751−2011

Datenquelle: Human Mortality Database (2013),

eigene Darstellung

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Sterberaten

Anzahl der Sterbefälleim Jahr

2008 2009 2010 2011 2012in Deutschland: 844,439 854,544 858,768 852,328 869,582in Österreich: 75,083 77,381 77,199 76,479 79, 436in der Schweiz: 61,233 62,476 62,649 62,091 64,173

Quelle: eigene Zusammenstellung nach Angaben der Statistischen Ämter der jeweiligen Länder

daher in der Demographie:

nicht :Anzahl der Ereignisse

Zeiteinheit

sondern :Anzahl der Ereignisse

Gelebte Personenjahre unter Risiko des Ereignisses

Doch was sind gelebte Personen-Jahre?!?

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Gelebte Personen-Jahre

Jahr

Per

son

A−

F

2005 2006 2007 2008

AB

CD

EF

Hypothetisches Beispiel: Gelebte Personenjahre im Jahr 2006

Wir haben vier Sterbefälle beobachtet, aber nur dreidavon im Jahr 2006. Damit haben wir D2006 = 3.

Person Beitrag im Jahr 2006einzeln kumuliert

• A 1.00 1.00• B 0.25 1.25• C 1.00 2.25• D 0.75 3.00• E 1.00 4.00• F 0.70 4.70∑

4.70

Die Anzahl der gelebten Personenjahre (number ofperson-years lived) wird häufig mit N abgekürzt, inunserem hypothetischen Fall: N2006 = 4.70

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Sterberate

Jahr

Per

son

A−

F

2005 2006 2007 2008

AB

CD

EF

Hypothetisches Beispiel: Gelebte Personenjahre im Jahr 2006

Die Sterberate für ein Zeitintervall t ist definiert alsein Bruch mit der Anzahl der Sterbefälle (Dt) in t imZähler und der Anzahl der gelebten Personenjahre(Nt) in t im Nenner. Bezieht sich diese Sterberateauf alle Altersstufen, so spricht man von der rohenSterberate (engl.: crude death rate):

CDRt =Dt

Nt

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Sterberate

Jahr

Per

son

A−

F

2005 2006 2007 2008

AB

CD

EF

Hypothetisches Beispiel: Gelebte Personenjahre im Jahr 2006

CDR2006 =D2006

N2006=

34.70

= 0.638

Leider weiss man häufig nicht exakt, wievielePersonenjahre in einem Intervall (z.B. einem Jahrgelebt haben. Daher approximiert mantypischerweise Nt mit dem arithmetischen Mittel derAusgangs- und der Endbevölkerung

CDR2006 =3

6+32

=3

4.5=

23= 0.6666

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Sterberate

Beispiel, Deutschland, Jahr 2012 (Angaben des StatistischenBundesamtes):

Gestorbene im Jahr 2012: 869,582Bevölkerung am 31.12.2011: 80,327,900Bevölkerung am 31.12.2012: 80,523,700

CDRDeutschland,2012 =869, 582

80,327,900+80,523,7002

=869, 582

80, 425, 800= 0.01081223

Die CDR wird normalerweise in pro 1,000 angegeben:0.01081223× 1, 000 = 10.81223 ≈ 10.8 Sterbefälle pro 1,000

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Jahr

CD

R

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

67

89

1011

1213

14 FRAFRGGDRITAJPNSWEUSA

Rohe Sterberate ('CDR') in ausgewählten Ländern, 1950−2011

Datenquelle: Human Mortality Database (2013),

eigene Darstellung

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Sterberaten

Die rohe Sterberate (CDR) in einigen Ländern im Jahr 2011:(Angaben pro 1,000)

Ranking Land CDR1 Lesotho 21.52 Afghanistan 18.223 Russia 13.524 Lithuania 13.525 Cameroon 13.243 Ethiopia 10.745 Germany 10.452 Japan 9.967 Denmark 9.477 North Korea 9.088 France 8.6— World 8.3104 United States 8.1233 Bahrain 2.0234 Kuwait 1.8235 Qatar 1.1236 United Arab Emirates 0.9

Quelle: OECD nach http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_death_rate

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Sterberaten

Die rohe Sterberate — Ein zweites Beispiel:

Swedische Frauen, 1956:

D (t = 1956)N (t = 1956)

=D (t = 1956)

P(t=1956)+P(t=1957)2

=33, 522

3,651,034+3,673,9602

=33, 522

3, 662, 497= 0.00915; oder 91.53 per 10, 000

Swedische Frauen, 2006:

D (t = 2006)N (t = 2006)

=D (t = 2006)

P(t=2006)+P(t=2007)2

=47, 000

4,561,160+4,589,7322

=47, 000

4, 575, 446= 0.01027; oder 102.72 per 10, 000

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Problem: Die rohe Sterberate wird stark von der Altersstruktur beeinflusst(Und diese hat sich seit 1960 stark verändert).

http://demo07.wiwi.uni-rostock.de/apps/PopulationSweden/

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Sterberaten

Problem der CDR: Mortalität sank zwischen 1956 und2006→ CDR nahm zu!Geänderte Altersstruktur: Weitaus mehr ältere Personenin Schweden im Jahr 2006 als im Jahr 1956 (nicht nur inSchweden)“Lösung” I: Altersspezifische Sterberaten m (x, y)

m (x = 70, y = 1956) =D (x = 70, y = 1956)N (x = 70, y = 1956)

=

=905

27,561+28,6332

=905

28, 097= 0.0322; oder 322.1 per 10, 000

m (x = 70, y = 2006) =529

38, 728= 0.0137; oder 136.6 per 10, 000

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Sterberaten

“Lösung” II: Berücksichtigung der geändertenAltersstruktur

Alte

r

010

2030

4050

6070

8090

100

010

2030

4050

6070

8090

100

60000 0 60000

Männer Frauen

1956

Alte

r

010

2030

4050

6070

8090

100

010

2030

4050

6070

8090

100

60000 0 60000

Männer Frauen

2006

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Sterberaten

“Lösung” II: Berücksichtigung der geändertenAltersstruktur: Altersstandardisierte Sterberaten(Age-Standardized Death Rates)Grundidee: Multipliziere die altersspezifischen Sterberatenin beiden Bevölkerungen (z.B. Schweden 1956 und 2006,aber auch zwischen zwei Ländern) jeweils mit denaltersspezifischen Bevölkerungsgewichten einer(beliebigen) Referenzbevölkerung.

ASCDRi =∑

x

m (x)i · c (x)

mit der altersstandardisierten Sterberate ASCDR, denaltersspezifischen Sterberaten in Bevölkerung i, m (x)isowie c (x), den Anteilen der Altersgruppe x in derReferenzbevölkerung

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Sterberaten

Beispiel: Japan, 1980 (1) und 2009 (2)Referenzbevölkerung: Gesamtbevölkerung 1980 und 2009

(gemeinsam)

Alter Dx,1 Nx,1 mx,1 Dx,2 Nx,2 mx,2 cx m∗x,1 m∗

x,20-19 24,753 35,566,863 0.0007 5,952 2,2930,513 0.0003 0.242 0.0002 0.0001

20-39 31,373 36,676,749 0.0009 19,250 32,015,723 0.0006 0.284 0.0002 0.000240-59 114,481 29,005,479 0.0039 89,638 33,014,235 0.0027 0.256 0.0010 0.000760-79 342,079 13,332,972 0.0257 412,922 30,125,528 0.0137 0.180 0.0046 0.002580-99 209,617 1,586,400 0.1321 599,150 7,736,847 0.0774 0.039 0.0051 0.0030∑

722,304 116,168,463 1,126,912 125,822,846 1.000 0.0111 0.0064

CDR1980 =722, 304

116, 168, 463= 0.006212; CDR2009 =

1, 126, 912125, 822, 846

= 0.00896

ASCDR1980 = 0.0111209375; ASCDR2009 = 0.0063744

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“Lösung” III: Dekomposition der rohen Sterberate

“A closely related question is, “How much of thedifference between death rates in A and B isattributable to differences in their age distributions?”This latter question is addressed through a techniqueknown as decomposition (Kitagawa, 1955).”

Preston et al. (2001, S. 28)

Idee:

∆ = CDR2009 − CDR1980[= CDRB − CDRA

]kann ausgedrückt werden als:

∆ = Beitrag der Altersstruktur zu ∆ + Beitrag der Mortalitatsentwicklung zu ∆

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“Lösung” III: Dekomposition der rohen Sterberate

∆ = Beitrag der Altersstruktur zu ∆ + Beitrag der Mortalitatsentwicklung zu ∆

Formel von Preston et al. (2001, S. 28):

∆ =∑

x

(cB

x − cAx

)(mBx + mA

x

2

)+∑

x

(mB

x − mAx

)( cAx + cB

x

2

)

Alter x cx,1980 mx,1980 cx,2009 mx,2009

(cB

x − cAx

)(mB

x +mAx

2

) (mB

x − mAx

)(cAx +cB

x2

)0–19 0.306 0.00070 0.182 0.00026 -0.0000592 -0.0001066

20–39 0.316 0.00086 0.254 0.00060 -0.0000446 -0.000072440–59 0.250 0.00395 0.262 0.00272 0.0000423 -0.000315460–79 0.115 0.02566 0.239 0.01371 0.0024534 -0.002116380–99 0.014 0.13213 0.061 0.07744 0.0050124 -0.0020550∑

1.000 1.000 0.0074043 -0.0046657

∆ = CDR2009 − CDR1980 = 0.00896 − 0.006212 = 0.002748

= 0.0074043 + (−0.0046657) = 0.0027386

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Und Sterbewahrscheinlichkeiten?

Was ist eine Wahrscheinlichkeit?Es gibt verschiedene Definitionen. Wir sagen einfacherweise:

Eine Wahrscheinlichkeit ist die relative Häufigkeiteines Ereignisses bei einem Zufallsexperiment.

(Diese Definition wurde von Richard von Mises geprägt.)

BeispieleMünzwurfWerfen eines WürfelsRoulette-Scheibe. . .

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Und Sterbewahrscheinlichkeiten?

Was ist eine Wahrscheinlichkeit?Aber nicht jedes Ereignis muss die gleiche Wahrscheinlichkeithaben. Beispiel: Augenzahl von zwei Würfeln.

Wahrscheinlichkeitsverteilungder Summe von zwei Würfeln

Summe von zwei Würfeln

Rel

ativ

e H

äufig

keit

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

0.00

0.02

0.04

0.06

0.08

0.10

0.12

0.14

0.16

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Und Sterbewahrscheinlichkeiten?

Jahr

Per

son

A−

F

2005 2006 2007 2008

AB

CD

EF

Hypothetisches Beispiel:

In der Mortalitätsanalyse gibt es nur zweiEreignisse:

die Person lebt am Ende desBemessungszeitraums oder

die Person ist währenddessengestorben.

Die Sterbewahrscheinlichkeit q ist definiert alsein Bruch mit der Anzahl der Sterbefälle (Dt)in t im Zähler und im Nenner der Anzahl derPersonen, die dem Risiko vor Beginn desZufallsexperiments ausgesetzt waren (Pt).In unserem Beispiel:

qt =Dt

Pt=

36= 0.5

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Sterbewahrscheinlichkeiten vs. Sterberaten

Sterberate =Anzahl der Ereignisse(= Gestorbene)

Anzahl der gelebten Personenjahre

Sterbewahrscheinlichkeit =Anzahl der Ereignisse(= Gestorbene)

Anzahl der Personen, denen das Ereignis (= Tod) ereilen kann

Trotz der unterschiedlichen Definitionen und der unterschiedlichen Werte in unseremhypothetischen Beispiel sind altersspezifische Sterberaten undSterbewahrscheinlichkeiten relativ ähnlich (siehe nächste Folie).

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Sterbewahrscheinlichkeiten vs. Sterberaten

Alter x

q(x)

bzw

. m(x

)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

0.00

0.05

0.10

0.15

0.20

0.25

0.30

0.35

0.40

0.45

0.50

Sterberaten, m(x), und Sterbewahrscheinlichkeiten, q(x), für Frauen und Männer

in den Neuen Bundesländern im Jahr 2008

Sterberate m(x), FrauenSterbewahrscheinlichkeit q(x), FrauenSterberate m(x), MännerSterbewahrscheinlichkeit q(x), Männer

Alter x

q(x)

bzw

. m(x

)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000.00

001

0.00

010.

001

0.01

0.1

0.2

0.5

Logarithmierte Skala!

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Literatur:Kitagawa, E. M. (1955). Components of a Difference Between Two Rates. Journal of

the American Statistical Association 50, 1168–1194.

Kohler, H.-P. and J. Vaupel (2000). Demography and its Relation to Other Disciplines.In Z. Pavlík (Ed.), Position of Demography Among Other Disciplines, pp. 19–26.Prague, CZ: Department of Demography and Geodemography, Charles Universityin Prague, Faculty of Science.

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