10
Landschaftsverband Rheinland LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland 31. Jahrgang Nr. 1 – 1. Vierteljahr 2014 Denkmalpflege im Rheinland 0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 1 27.02.2014 10:26:02

Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

Landschaftsverband Rheinland

LVR-Amt für Denkmalp�ege im Rheinland 31. Jahrgang Nr. 1 – 1. Vierteljahr 2014

Denkmalp�ege im Rheinland

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 1 27.02.2014 10:26:02

Page 2: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

Eine Verö�entlichung des

LANDSCHAFTSVERBANDES RHEINLAND

Impressum

Erscheinungsdatum: 1. Vierteljahr 2014

Klartext Verlag Heßlerstraße 37 45329 Essen Tel.: +49 (0)201 86 206–33 Fax: +49 (0)201 86 206–22 [email protected] – www.klartext-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten

Eine Verö�entlichung des LANDSCHAFTSVERBANDES RHEINLAND LVR-Amt für Denkmalp�ege im Rheinland Dr. Andrea Pufke, Landeskonservatorin Abtei Brauweiler 50259 Pulheim

Redaktion: Thomas Goege, Marco Kieser, Gundula Lang, Marc Peez, Christoph Schaab E-Mail: redaktion-dir.denkmalp�[email protected]

Fotogra nnen: Jessica Blank, Viola Blumreich, Vanessa Lange, Silvia-Margrit Wolf

Digitale Bildbearbeitung im LVR-ADR: Viola Blumrich, Silvia-Margrit Wolf

Satz, Gestaltung und Lithographie: Klartext Medienwerkstatt GmbH, Essen (www.k-mw.de) Druck: Druckerei Nolte Iserlohn

Erscheinungsweise: vierteljährlich Jahresabonnement: 13,00 € (zzgl. Versandkosten) Einzelheft: 4,00 € (zzgl. Versandkosten) Abo-Bestellung beim Verlag

ISSN 0177–2619

Auswärtige Autorinnen und Autoren:

Dipl.-Ing. Jutta Curtius Landschaftsarchitektin AKNW [email protected]

Dr. Bärbel Schallow-Gröne [email protected]

Dipl.-Ing. Katja Schlisio [email protected]

Dipl.-Ing. Moritz Wild [email protected]

Autorinnen und Autoren aus dem LVR-Amt für Denkmalp ege im Rheinland: Eva-Maria Beckmann M. A., Sabine Cornelius M. A., Gisela Hauck, Dr. Elke Janßen-Schnabel, Dr. Marco Kieser, Dr. Helmtrud Köhren-Jansen

Titelbild: Heimbach-Vlatten, St. Dionysius, Ornat des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Clemens August I (1700–1761). Nachbildung des Rapports des �oral gemusterten Gewebes (Gros de Tours). Vgl. Beitrag von Gisela Hauck. Foto und Bildmontage: Viola Blumrich, LVR-ADR, 2013

Inhalt

Bärbel Schallow-Gröne

Sakrale Würde in profanen Bauformen –

Die Heilig-Geist-Kirche in Essen-Katernberg

von Gottfried Böhm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Jutta Curtius

1000 Rosen für Schloss Birlinghoven –

Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Katja Schlisio

Die Geschichte des Barmer Rathauses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Gisela Hauck

Ein Ornat von Clemens August

aus St. Dionysius in Heimbach-Vlatten:

Material und Herstellungstechniken –

Konservierung/ Restaurierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Elke Janßen-Schnabel

Erhaltenswerte Bausubstanz in der

Städtebaulichen Denkmalp�ege auf der Grundlage

des Denkmalschutzgesetzes von Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . 33

Marco Kieser

„Hollywood hat auch einmal so angefangen“.

Der Architekt Carlos Dudek – eine Skizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Nachrichten und Notizen

Tagungsbericht: Kongress „Aggression und Avantgarde“ . . . . . . . . 37

Deutscher Preis für Denkmalschutz 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

17. Kölner Gespräch zu Architektur

und Denkmalp�ege: Perspektiven der Denkmalförderung . . . . . . 44

Neue Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Nachrichten/ Personalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 2 27.02.2014 10:26:02

Page 3: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

6

1000 Rosen für Schloss Birlinghoven:

Fritz Enckes Planungen für den SchlossparkJutta Curtius

Schloss Birlinghoven liegt mit seiner Parkanlage idyllisch auf einer Bergkuppe im Siegerland, etwa 11 km

östlich von Bonn. Die Landschaft ist von kleinen, doch deutlich eingeschnittenen Bachtälern geprägt. Die

Parkanlage des Schlosses ist nach Südosten ausgerichtet. Hier be�nden sich die landschaftlich gestalteten

Teile des Parks, die sowohl von Gisbert Knopp1 als auch von Rita Hombach2 eingehend rezensiert sind.

Nicht bekannt war bisher die Tätigkeit von Fritz Encke in dieser Anlage.

Fritz Encke (1861–1931) hat neben seiner umfang-

reichen Aufgabe als Gartendirektor in Köln weitere

private Gestaltungen übernommen. So gehen zahl-

reiche Planungen in Köln, im Bergischen Land, aber

auch in der Lüneburger Heide oder im Rheingau auf

seine Urheberschaft zurück. Seine fundierten gärtne-

rischen Kenntnisse, seine städteplanerische Weisheit

und nicht zuletzt seine menschlichen Züge lassen

Fritz Encke als eine herausragende Persönlichkeit und

als einen der wichtigsten Gartenkünstler seiner Zeit

erscheinen.

Encke als Lehrmeister

Fritz Encke verstand es, junge Gartenkünstler zu för-

dern, was er schon in seiner Zeit als Lehrer in Wild-

park begann. Arthur Glogau beschreibt es in seinem

unverö�entlichten Manuskript so: „Er verstand es

mit Begeisterung seine innere Begabung für unsere

Kunst, die er später hervorragend unter Beweis stellte,

auch in uns zu wecken. Es leben nicht mehr viele aus

jener Zeit, aber wir werden uns bis zum Lebensende

stolz ‚Enckeschüler‘ nennen.“3 So sind viele erfolgrei-

che Schüler seiner Schule in der Gartenkunst hervor-

getreten.

Ein Schüler, den er besonders förderte, war Gus-

tav Allinger, der eigentlich Hochbauarchitekt werden

wollte. Er erhielt bei seiner Prüfung zum Bautechni-

ker den 1. Staatspreis der königlichen Zentralstelle

für Handel und Gewerbe in Stuttgart4 und vervoll-

kommnete sein bauliches Wissen bei einer Bau�rma

in Heilbronn mit Natursteinarbeiten. Fritz Encke lernte

Gustav Allinger kennen, als dieser für das Baugeschäft

Joh. Zick in Heidelberg den Auftrag hatte, als Bau-

führer Encke’s Entwurf für den Villengarten von Prof.

Schmeil am Wolfsbrunnenweg umzusetzen.

Diese Zusammenarbeit war so fruchtbar, dass

Allinger bei Encke vom August 1911 bis August 1913

eine Gärtnerlehre absolvierte und darauf ein Jahr

bei ihm als Techniker angestellt war. Er wechselte im

September 1914 in die Friedhofsverwaltung der Stadt

Köln, musste diese Tätigkeit aber wegen des Heeres-

dienstes unterbrechen. Nach dem Krieg war er von

Anfang Januar 1919 bis Ende Januar 1920 wieder bei

Fritz Encke als Gartentechniker angestellt. Wie einer

Zeugnisabschrift zu entnehmen ist, lagen die Aufga-

ben Allingers in folgenden Bereichen: „Die Durchar-

5. Schloss Birlinghoven. Die Rosenfotos zeigen die von Fritz Encke eingesetzten Rosensorten. Die Aufnahmen wurden von Christian Schultheis, Besitzer der ältesten Rosen-

schule (seit 1868) in Deutschland zur Verfügung gestellt. Zahlreiche alte Rosensorten werden hier noch heute kultiviert

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 6 27.02.2014 10:26:07

Page 4: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

7

beitung erstreckte sich unter meiner Leitung auf das

Entwerfen der geplanten Anlagen, auf deren Darstel-

lung in Grundplänen, Schnitten und Ansichten, auf

deren Veranschlagung und auf die Beaufsichtigung

der Bauarbeiten.“5

Allinger bezeichnete sich selbst als Meisterschüler

im Hause Encke, wo er im Verwaltungsgebäude der

Gartendirektion des Volksgartens in Köln ein Büro im

ersten Stock hatte. Er war in fast 30 Projekte invol-

viert, darunter Villengärten, Gut Birlinghoven und Gut

Schelploh, Friedhöfe, Siedlungsprojekte und seinen

eigenen Worten nach in die geheimen Pläne Enckes

zum innerstädtischen Grüngürtel Kölns.6 So ist es

nicht verwunderlich, dass sich sowohl die Grundriss-

pläne und Schnitte, als auch die Kostenvoranschläge

für Schloss Birlinghoven im Nachlass von Gustav Allin-

ger be�nden.

Planungen für Schloss Birlinghoven

Es war Louis Hagen, der im Jahr 1916 das Schloss

Birlinghoven von den Erben des Erbauers Theodor

Damian Rautenstrauch kaufte. Louis Hagen, eigent-

lich Levy, nahm im Jahre 1893 den Namen seines

Schwiegervaters an. Er zählte zu den großen Unter-

nehmern der Industrie und der Finanzen im Westen

von Deutschland. Neben seiner Tätigkeit als Gesell-

schafter von Sal. Oppenheimer jr.  & Cie, Köln, war er

Mitglied in 64 Aufsichtsräten, gründete die Kölner

Industrie- und Handelskammer und stellte eine zen-

trale Figur im wirtschaftlichen Leben des Rheinlands

dar.7

Encke wurde beauftragt, die direkt am Schloss

liegenden, nach Westen ausgerichteten Flächen zu

überarbeiten. Er fand einen Garten mit einem Wege-

kreuz vor, in dessen Mitte sich ein steinernes Becken

befand. Der Garten liegt vertieft mit Mauern einge-

fasst, markant ist die halbrunde Aufmauerung mit der

im Mittelpunkt gep®anzten Eiche. Der Garten wird

nach Westen durch einen hölzernen Laubengang

abgeschlossen, der Sichtö�nungen in den Garten hat.

Genau mit dieser Situation befasst sich auch der

erste datierte Plan vom Januar 1919, der von Allinger

unterzeichnet ist. Der Laubengang wird durch eine

Pergola ersetzt, die in einen kreisförmigen Platz mit

einer Vogeltränke mündet. Von diesem Platz aus führt

ein weiterer Weg zu einem Treppenabgang in den

Rosengarten. Der zweite Weg führt in den Stauden-

garten. Der Treppenaufgang zur Pergola wurde noch-

mals überplant.

Am 15.3.1919 wurde ein Kostenanschlag für den

Rosen- und Blumengarten auf Schloss Birlinghoven

erarbeitet. Die darin enthaltenen Kosten sind unter-

teilt in Arbeiten, die im Frühjahr oder im Herbst zu

tätigen sind: Maurerarbeiten, Schreinerarbeiten, Kos-

ten für die Vogeltränke und Kosten für eine Wasser-

leitung. Es folgt ein ausführliches Leistungsverzeich-

nis mit Kostenangaben zu den einzelnen Positionen.

Insgesamt ist eine Summe von 51.700 M veranschlagt.

6. Schloss Birlinghoven, Garten westlich des Schlosses um 1904. Aus: Kiehl, Architektonisches in der Gartenkunst (Blumengarten und Laubengang der Burg Birlinghoven).

In: Der Städtebau 2.2, 1905, S. 15–18; Tf. 11–12

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 7 27.02.2014 10:26:08

Page 5: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

8

Die Grundrisszeichnung ist auf den 24.3.1919 datiert

und auch mit Allinger bezeichnet. Der Grundriss zeigt

direkt am Schloss den Rosengarten mit seiner klar

strukturierten Aufteilung der P®anzbeete. Westlich

des Rosengartens, etwa 1,20 m höher, schließt sich

ein Staudengarten an, der durch einen dritten Gar-

ten, den Pergolagarten, an diese Fläche ca. 135° ange-

winkelt zum Rosengarten angeschlossen wird. Sehr

geschickt werden vier Wege an eine Kreis®äche ange-

bunden und führen zum Rosengarten, zum Stauden-

garten, zum Karto�el- oder Eiskeller und zu dem Weg,

der sich entlang der Böschungsmauer nach Süd-Osten

be�ndet. Es entstehen drei Gartenräume von unter-

schiedlicher Intention und gleichfalls hoher Qualität.

Im März folgt der Entwurf für Eisengestelle der

Rosenpyramiden, die im Kostenanschlag mit 480,-

M pro Stück bezi�ert sind. Im April erfolgen weitere

Kostenanschläge für die Maurerarbeiten, wobei 21,5

laufende Meter der vorhandenen Bruchsteinmauer

abgetragen werden und über 90 m³ Bruchsteinmauer-

werk hergestellt wird. Dabei werden 230 m² Ansichts-

®ächen verfugt und 75 m Trittstufen aus Bruchsteinen

aufgebaut.

Die Detailplanungen werden Anfang April fertig

gestellt. Neue Terrassenmauern geben der Böschung

Halt und den Gärten einen Rahmen.

Rosengarten

Die Pläne für den Rosen- und Staudengarten mit

den detaillierten Bep®anzungsangaben datieren auf

August 1919. Der Plan für den Rosengarten ist etwas

abgewandelt zum Entwurfsplan, zeigt aber im Großen

und Ganzen die gleiche Aufteilung der Beet®ächen.

Die Beete werden durch schmale Wege unterteilt, so

dass der Besucher des Gartens zu allen Rosensorten

gelangen kann. Die Flächigkeit in der P®anzung wird

aber durch diese Wege nicht aufgehoben. Die Beete

sind nummeriert und die vorhandenen Bep®anzungs-

listen8 geben Auskunft zu den in diesen Beeten zu

verwendenden Rosensorten und deren Stückzahlen.

1906 beschreibt Encke in seinem Erläuterungsbe-

richt zum Rosengartenwettbewerb in Worms, was aus

seiner Sicht bei der Gestaltung eines Rosengartens zu

beachten ist. So �ndet er auch in Birlinghoven einen

Baumsitz wie in Worms vor, von welchem man auf

den Rosengarten herunterschauen kann. Auch seine

Forderungen nach einer „sonnigen Stelle“ und nach

„hochstämmigen Rosen in Sorten, wie sie der Liebha-

ber sucht“9 werden in Birlinghoven eingehalten. Für

die ®ächige Gestaltung werden 1050 Polyantharosen

in 9 Sorten, 405 niedrige Rosen in 6 Sorten, 20 Rosa

rugosa und 70 Rosa multi®ora eingesetzt, dazu 20

Schlingrosen an den Pyramiden in fünf Sorten und

108 hochstämmige Rosen in 69 Sorten.

Gustav Allinger schreibt anlässlich der Jubiläums-

Gartenbau-Ausstellung in Dresden 1926, dessen

künstlerischer Leiter er war, wie ein Rosengarten zu

gestalten ist. Dieser Gestaltungsansatz wurde bereits

sieben Jahre früher in Birlinghoven unter der Leitung

von Fritz Encke umgesetzt. „Der Versuch, den Rosen-

garten so anspruchslos wie möglich zu machen,

um nur die Rosen selbst zur Gestaltung kommen

zu lassen, wird und muss immer fehl schlagen. Man

bedenke wohl, daß die Rose eine Königin ist, auch ihr

7. Garten Hagen, Pergola zwischen Rosen- und Staudengarten. Grundriss, Ansicht, Schnitt 1:50, Lichtpause auf Papier 43,6 x 86,1 cm; Inv.-Nr. GA 040,006, Technische

Universität Berlin, Architekturmuseum in der Universitätsbibliothek

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 8 27.02.2014 10:26:09

Page 6: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

9

Reich, in dem sie herrschen soll, ihre Gemächer und

Räume, sollen königlich sein. Der Rosengarten ist also

keine billige Angelegenheit, und nicht jeder kann ihn

als Privateigentum besitzen. Für die Gestaltung des

Rosengartens ist die Verwendung von echtem und

edlem Material für die umschließende Architektur

Grundbedingung. Die Forderungen an die ästhetische

Gestaltung des Rosengartens sind nicht hoch genug

zu stellen. Die Rose fordert, denn sie ist die Königin

der Blumen. Sie will repräsentieren, also zeige man

die Summe ihrer Schönheit durch ®ache Beete nied-

riger Rosen, deren Saum die Polyantharosen bilden.

Aber sie will auch von der Erde weg, um ihr Antlitz

mit Stolz zu erheben, also ordnen wir Mittel- und

Hochstämme in Reihenordnung in der Höhe und

der Farbe ist die erste Voraussetzung  – aber so, daß

ihre Freundin an jeden einzelnen Stamm herantreten

kann, am taufrischen Morgen und zu jeder anderen

Stunde des langen Tages.“10

Staudengarten

Ein ähnlich strukturierter Plan �ndet sich für den

Staudengarten, mit einer ebenfalls sehr umfangrei-

chen Staudenliste. Auch hier herrscht eine formale

Aufteilung der Beete, die durchnummeriert sind. Die

dazugehörigen Listen geben die in diesen Beeten

zu verwendenden Stauden mit den vorgegebenen

Stückzahlen an (siehe Anhang).

In der Mitte des Staudengartens be�nden sich

vier Beete mit einer bunten Polsterstaudenbep®an-

zung. Diese werden eingerahmt von weiteren vier

Beeten, die mit blauen und weißen Veilchen einge-

fasst sind, in deren Mitte zahlreiche mittelhohe und

hohe Beetstauden ihren Platz �nden. Die südlichen

schmalen Beete werden von gelben Schlüsselblu-

men gefasst. Lilien, Glockenblumen, Mohn u. a. ver-

mischen sich dahinter. Nach Norden �nden sich zwei

schmale Beete mit einer Einfassung aus niedriger

Iris und einem deutschen Schwertirissortiment. Der

äußere Rahmen wird im Westen von Schleifenblumen

und Dahlien, im Osten von Federnelken und unter-

schiedlichen Flammenblumen gescha�en. Im Norden

be�ndet sich ein Asternsortiment. Ein dritter Plan mit

Bep®anzungsangaben für die angrenzenden Flächen

und einer Gehölzliste komplementiert die Situation.

Heutige Situation

In der Gegenwart sind von diesen Bep®anzungen nur

rudimentäre Reste vorhanden. Die Baulichkeiten nach

umfangreichen Arbeiten an Mauern, Treppen und Per-

golenpfeilern �ndet man heute in gutem Zustand vor.

Der Staudengarten war nach dem Krieg mit Baracken

8. Garten Hagen, Lageplan Blumen- und Staudengarten, Lichtpause auf Papier, 48,2 x 69,9 cm; Inv.-Nr. GA 040,001

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 9 27.02.2014 10:26:10

Page 7: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

10

bestanden. Diese wurden beseitigt und Obstbäume

gep®anzt. Im Rosengarten �nden sich Reste von Rosen

und eine Rasen®äche.

Mit dem Au¹nden der vorgestellten Pläne ergibt

sich ein sehr detailliertes Bild einer Stauden- und

Rosengartenp®anzung aus der Zeit und mit der Hand-

schrift Fritz Enckes. Dieses Bild reicht von der Form

und Farbgebung bis hin zur Verwendung einzelner

P®anzensorten und ihrer mengenmäßigen Gewich-

tung. Die wohldurchdachten und handwerklich sauber

ausgeführten baulichen Anlagen zeigen auch Allingers

Handschrift, der durch seine vorangegangenen Tätig-

keiten im Baufach und mit Natursteinarbeiten die bes-

ten Voraussetzungen für Bauwerksarbeiten mitbrachte.

Anhang:

Von den Staudenlisten des Staudengartens Schloss

Birlinghoven wird hier beispielhaft die Aufstellung für

Beet 1–4 gezeigt. Die der Verfasserin vollständig vor-

liegenden Listen sind unterteilt nach nummerierten

Beeten. Übertragung der handschriftlichen Aufzeich-

nungen (vermutlich) von Allinger in Sütterlin. Deut-

sche Staudennamen in Klammern stellen die heute

gebräuchlichen Namen dar.

10. Garten Hagen, Rosengarten,

Grundriss 1:100, Lichtpause auf

Papier, 44 × 54,7 cm; Inv.-Nr.

GA 040,004. Der Plan wurde von

der Verfasserin bearbeitet und gibt

die Farbkombination der �ächigen

Rosenp�anzung in Originalfarbe der

jeweiligen Rosensorte wieder

9. Garten Hagen, Terrassen und

Treppen, Grundriss, Ansicht, Schnitt

1:100, Blaupause auf Papier,

40 × 63,7 cm; Inv.-Nr. GA 040,003

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 10 27.02.2014 10:26:12

Page 8: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

11

St. Botanischer Name Deutscher Name

Beet 1–4, erforderlich 68 qm 25 Stück, 1.700 Stück niedrige St.

keine Einfassung

30 Alyssum saxatile Steinkraut

30 Arabis albida Gänsekresse

30 Arabis alpina Mauerkresse

20 Antennaria tomentosa Katzenpfötchen

120 Aubrietia hybrida Blütenpolster

20 Bulbodicum vernum,

Synonym Colchicum bulbodium

Lichtblume

60 Campanula Sortiment Glockenblume

30 Epimedium niveum Sockenblume

30 Galanthus nivalis Schneeglöckchen

10 Cyclamen europaeum Alpenveilchen

10 Cyclamen coum Alpenveilchen

10 Erysimum Schotendotter

30 Gentiana acaulis Enzian

60 Helianthemum mutabile Sonnenröschen

120 Hepatica triloba Sortiment Leberblümchen

30 Iberis sempervirens Schleifenblume

120 Iris pumila i. Sorten Zwerg- Schwertlilien

30 Leucojum vernum Märzbecher

St. Botanischer Name Deutscher Name

30 Mysotis palustris Vergissmeinnicht

30 Omphalodes verna Frühlingsvergissmeinnicht

30 Platycodon grandi¦orum

Mariesii

120 Primula denticulata,

cashmeriana, rosea, auriculata

Schlüsselblumen

150 Phlox amoena, divaricata,

ovata, pilosa

60 Saxifraga caespitosa

20 Leontopodium sibiricum Edelweiß

30 Sedum acre, album,Fabaria Fetthenne

10 Teucrium chamaedrys Gamander

30 Thymus Serphyllum Thymian

30 Valeriana montana Baldrian

60 Veronica i. S. Ehrenpreis

50 Viola cucullata P©ngstveilchen

Viola odorata Waldveilchen

60 Sempervivum Sortiment Hauslauch

200 Verschiedene andere Fels-

p¦anzen

11. Garten Hagen, Staudengarten, Grundriss 1:100, Lichtpause auf Papier, 44,3 x 53,7 cm; Inv.-Nr. GA 040,005

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 11 27.02.2014 10:26:14

Page 9: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

12

12. Pergolapfeiler mit Eisenkonstruktionen, aktueller Zustand. Foto: Jutta Curtius, 2013

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 12 27.02.2014 10:26:17

Page 10: Denkmalpege im Rheinland - jutta- · PDF file6 ˜˚˚˚ Rosen für Schloss Birlinghoven: Fritz Enckes Planungen für den Schlosspark Jutta Curtius Schloss Birlinghoven liegt mit seiner

13

Anmerkungen

1 Gisbert Knopp: Der Parkplan von Schloß Birlinghoven. In: Denkmalp¦ege

im Rheinland, Jg. 17, 2000, Heft 2, S. 66–73

2 Rita Hombach: Landschaftsgärten im Rheinland. Beiträge zu den Bau-

und Kunstdenkmälern im Rheinland, Band  37. Worms 2010, S.  194–198,

222–249

3 Arthur Glogau: Man sollte es nicht vergessen: Erinnerungen und Betrach-

tungen. Die Entwicklung der Gartengestaltung um die Jahrhundertwende

Unverö²entlichtl. Ms., Hennebosammlung Sign. Hennebo 1641, 1957

4 Reinhard Besserer: Gustav Allinger zu seinem 50.  Geburtstag. In: Die Gar-

tenkunst, Jg. 54, Heft 12B, 1941, S. 3

5 Universitätsarchiv der Technischen Universität Berlin, Bestand Allinger, Sign

AL 805

6 Universitätsarchiv der Technischen Universität Berlin, Bestand Allinger, Sign

AL 783: „Besprechung mit Herrn Wiegand am 20.10.1968 in meinem Stu-

dio von 10–12 Uhr betre²end Dr. h.c. Fritz Encke – Köln“

7 Wilhelm Treue: Neue Deutsche Biographie. Hrsg. Historische Kommission

bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften, Siebenter Band, Berlin

1966, S. 479–480

8 Schloss Birlinghoven, Kostenanschläge. Universitätsarchiv der Technischen

Universität Berlin, Bestand Nachlass Allinger Sign. AL 796, 1919

9 Fritz Encke: Turnierplatz, Erläuterungsbericht zum Rosengartenwettbewerb

in Worms. In: Die Gartenkunst, Jahrgang 8, Heft 4, 1906, S. 59–61

10 Gustav Allinger: Der deutsche Garten. München 1950, S. 222

Dipl.-Ing. Jutta Curtius ist Landschaftsarchitektin

AKNW, von der Landwirtschaftskammer NRW ö�ent-

lich bestellt und vereidigt für den Garten und Land-

schaftsbau  – Herstellung und Unterhaltung  – und

dem Zusatzgebiet: Gartendenkmalp®ege.

13. Heutige Situation des Rosengartens. Foto: Jutta Curtius, 2013

0177-2619_denkmalpflege_1-2014__2.indd 13 27.02.2014 10:26:19