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Jutta Thinesse-Demel (Hrsg.) Erwachsenenbildung und Museum Ein Projektbericht Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Online im Internet: URL: http://www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-1999/thinesse-demel99_01.pdf Dokument aus dem Internetservice texte.online des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung http://www.die-bonn.de/publikationen/online-texte/index.asp

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Jutta Thinesse-Demel (Hrsg.) Erwachsenenbildung und Museum Ein Projektbericht

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung

Online im Internet:

URL: http://www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-1999/thinesse-demel99_01.pdf

Dokument aus dem Internetservice texte.online des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung

http://www.die-bonn.de/publikationen/online-texte/index.asp

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Abstract Jutta Thinesse-Demel (Hrsg.) (1999): Erwachsenenbildung und Museum Museen sind Aufbewahrungsorte und Fundgruben für die materielle Kultur von Ländern, Schichten und Zeiten. Sie sind Orte gemeinsamer Erinnerung und Vergangenheit, die heute mehr denn je den Anspruch erheben, nicht nur Orte zu sein, in denen man seine Freizeit verbringt, sondern Stätten für Begegnung und kommunikative Auseinandersetzung. Andererseits sind Museen zunehmend in der Krise: Sinkende Besucherzahlen und Budgetkürzungen zeigen, daß sie sich ebenso wie etwa die Einrichtungen der Erwachsenenbildung den wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen stellen müssen. Die Bildungspotentiale von Museen auszuschöpfen und die Erfahrungen der Erwachsenenbildung zu nutzen bedeutet, die Vorzüge beider zu verbinden. Das Projekt „AEM - Adult Education and the Museum“ - begonnen 1996 im Europäischen Jahr des lebenslangen Lernens und gefördert im Rahmen von SOKRATES/Erwachsenenbildung - war der Versuch, die Synergieeffekte der Kooperation von Museen und Erwachsenenbildung aufzuzeigen. Es spürte innerhalb der 15 Staaten der Europäischen Union verschiedenartige Projekte auf, die über freizeitorientierte kulturelle Aktivitäten der Erwachsenenbildung in Museen hinausführen. Es zeigte sich dabei, daß Museen auch in der Berufsbildung und bei Gesundheits-, Therapie- sowie (Re)Integrationsprogrammen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das Buch „Erwachsenenbildung und Museum“ macht mit den Erkenntnissen aus den Recherchen und Fallstudien ebenso vertraut wie mit den einzelnen Projekten, die von Sprach- und Lehrlingsprogrammen über Seniorenprojekte und Angebote für Arbeitslose, AusländerInnen und Straffällige eine Fülle origineller Erwachsenenbildungskonzepte beinhalten. Kontaktadressen sollen den Transfer dieser Beispiele guter Praxis erleichtern, deren Kurzdarstellungen innovative Aspekte und Kooperationen betonen und mit einer Evaluation enden. Mit ihrem Brückenschlag zwischen Museumspädagogik und allgemeiner Erwachsenenbildung richtet sich die Dokumentation an Erwachsenenbildner/innen und Museumsvertreter/innen gleichermaßen.

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Jutta Thinesse-Demel (Hrsg.)

Erwachsenenbildungund Museum

Ein Projektbericht

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung

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Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Erwachsenenbildung und Museum : ein Projektbericht / DeutschesInstitut für Erwachsenenbildung. Jutta Thinesse-Demel (Hrsg.). –Frankfurt /M. : DIE, 1999 (Perspektive Praxis) ISBN 3-933222-22-2

© 1999 DIE Deutsches Institut für Erwachsenenbildung e.V.Hansaallee 150, 60320 Frankfurt/M.Layout/Satz/Umschlag: Grafisches Büro Horst Engels, Bad VilbelDruck: Druckerei Lokay(Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier)Nachdruck nur mit Erlaubnis des DIE

Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung e.V. (DIE) ist ein Serviceinstitut derWissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL), der gemeinsamenForschungsförderung von Bund und Ländern.Als wissenschaftliches Serviceinstitut vermittelt es zwischen Forschung und Pra-xis der Erwachsenenbildung. Seine Tätigkeit besteht vor allem darin,– für Wissenschaft und Praxis Informationen, Dokumente und Materialien zur

Verfügung zu stellen,– in Konferenzen, Arbeitsgruppen und Projekten die Erwachsenenbildung/Wei-

terbildung wissenschaftlich und praktisch zu entwickeln,– Publikationen zu wissenschaftlichen und praktischen Fragen der Erwachsenen-

bildung/Weiterbildung herauszugeben,– Forschungsarbeiten zu initiieren und Forschungen durchzuführen,– Forschungsergebnisse in Fortbildung und Beratung zu vermitteln.

Die Veröffentlichung dieses Buches war möglich durch Kooperation mit derSchweizerischen Vereinigung für Erwachsenenbildung (SVEB).

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Wenn Du ein Schiff bauen willst,so trommle nicht Männer zusammen,um Holz zu beschaffen,Werkzeuge vorzubereiten,Aufgaben zu vergebenund die Arbeit einzuteilen.Sondern wecke in ihnen die Sehnsuchtnach dem weiten, endlosen Meer.

Antoine de Saint-Exupéry

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Inhalt

VorbemerkungenEkkehard Nuissl .................................................................................... 7

Zum GeleitHans-Georg Lößl und Peter Krug .......................................................... 8

VorwortJakob Horn ......................................................................................... 10

VorgeschichteJutta Thinesse-Demel .......................................................................... 13

I. DAS PROJEKT „AEM“ (ADULT EDUCATION AND THE MUSEUM)– EINE HERAUSFORDERUNG FÜR DIE ERWACHSENENBILDUNG

ÜberblickAEM-Koordinatoren ............................................................................ 17

AEM und EAEAWolfgang Leumer ............................................................................... 19

AEM und CECANicole Gesché-Koning/Alison Heath .................................................. 21

AEM im Kontext regionaler/nationaler KulturpolitikBrian Martin/Peter Cudmore ............................................................... 23

AEM – Innovationen im MuseumJutta Thinesse-Demel .......................................................................... 28

II. MUSEUM UND ERWACHSENENBILDUNG – PRO UND CONTRA

Museum und Erwachsenenbildung – Partner oder Konkurrenten?Alan Chadwick ................................................................................... 39

Beteiligung der Schweiz an dem Projekt AEMAndré Schläfli ..................................................................................... 43

Die Bedeutung der kulturellen Bildung für ErwachseneRalf Keller ........................................................................................... 45

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Das Museum als kollektives GedächtnisJean-Christophe Ammann ................................................................... 50

Die Rolle des Museums im Zusammenhang neuer Fortbildungs-notwendigkeitenPaolo Federighi ................................................................................... 54

Kulturvermittlung – Berufsbild und TätigkeitsfelderLaurence Tardy ................................................................................... 59

Erwachsenenbildung und MuseenGerhard Bisovsky ............................................................................... 62

Erwachsenenbildung im MuseumEkkehard Nuissl .................................................................................. 66

III. DIE PROJEKTE

ÜberblickPeter Cudmore/Gabriele Stöger .......................................................... 79

Fallstudien aus den 15 europäischen Mitgliedsstaatenund der SchweizAEM-Koordinatoren/Joint-Venture-Partner .......................................... 831. Aspekt „Zielgruppe“ ....................................................................... 832. Aspekt „Methodik“ ....................................................................... 1033. Aspekt „Politik“ ............................................................................ 1174. Aspekt „Rolle des Kulturvermittlers“ ............................................. 137

IV. RESULTATE UND PERSPEKTIVEN

Erkenntnisse und EmpfehlungenBrian Martin ..................................................................................... 187

V. ANHANG

AEM-Teilnehmerliste ........................................................................ 205Abkürzungsverzeichnis .................................................................... 211Autorinnen und Autoren .................................................................. 212

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Vorbemerkungen

Bildungs- und Kulturaktivitäten sowie ihre Einrichtungen haben eines ge-meinsam: Sie zählen zu den „weichen“ gesellschaftlichen Teilbereichen,die mit den Bedürfnissen und Interessen der Menschen auch dann zu tunhaben, wenn sie nicht unmittelbar in technische und ökonomische Erfol-ge eingehen. Sie sind aber auch voneinander getrennt: Personell, struk-turell, institutionell und ideell verfügen sie nur über begrenzte Schnitt-mengen. Auch didaktisch läßt sich ein wesentlicher Unterschied feststel-len: Kulturelle Felder lassen Mehrdeutigkeiten zu, während Bildungsak-tivitäten zu zielgerichteten Eindeutigkeiten tendieren.Die Kooperation zwischen Bildung und Kultur liegt von daher nahe, istaber nicht einfach und immer mit Überraschungen verbunden. Dies giltauch und gerade dann, wenn es sich um die Erwachsenenbildung han-delt, die sich mit den Personen beschäftigt, die die Museen bevölkern,kenntnisreiche, interessierte, selbstbewußte Menschen mit eigenen Wahr-nehmungskompetenzen – in Zeiten konstruktivistischer Individualisierungmehr denn je eine Herausforderung für Bildung und Kultur.In dem hier vorliegenden Buch werden unterschiedliche Ansätze beschrie-ben, diskutiert und reflektiert, in denen sich Erwachsenenbildung undMuseum berühren. Deutlich werden innovative Ansätze, die aus eben die-ser Berührung entstehen. Vielfach ist nicht genau zu erkennen, ob dasAnregungspotential auf dem interkulturellen Hintergrund unterschiedli-cher nationaler Strukturen entsteht oder in der Verbindung von Bildungs-und Kulturdiskussionen. Der Transfer von Beobachtungen und Erfahrun-gen kooperativer Verbünde ist eine weitergehende Diskussionsaufgabe.Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung hat gerne die Gelegenheitgenutzt, den hier vorliegenden Schlußbericht eines europäischen Projek-tes in deutscher Sprache und in Kooperation mit der SchweizerischenVereinigung für Erwachsenenbildung herauszubringen. Der Brücken-schlag zu anderen institutionellen und sozialen Feldern, die interdiszi-plinäre Diskussion und die Anregung weiterer Entwicklungen gehören zuden Aufgaben des DIE. Mit der Publikation des Bandes „Erwachsenenbil-dung und Museum“ setzt es seine Tradition fort, mit Blick auf internatio-nale Entwicklungen auch im Interesse der deutschen Erwachsenenbildungweiterreichende Bezüge herzustellen und Anstöße zu vermitteln.

Ekkehard NuisslDeutsches Institut für Erwachsenenbildung

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Zum Geleit

Viele Aspekte unseres Lebens wechseln gegenwärtig schnell und umfas-send. Aktuelle Kenntnisse und Berufsbilder sind oftmals nicht mehr an-gemessen angesichts der weitreichenden Veränderungen, in denen wirgegenwärtig stehen. Lebenslanges Lernen in vielerlei Bezügen und Zu-sammenhängen bildet eine notwendige Voraussetzung für den erfolgrei-chen Umgang mit den Veränderungen. Erwachsenenbildung übernimmtim Komplex des lebenslangen Lernens eine signifikante Rolle. In Mün-chen haben wir dafür seit längerem herausragende Beispiele. Viele unse-rer Museen arbeiten in Partnerschaft mit der Erwachsenenbildung undgehen damit über die traditionellen Funktionen des Sammelns, Bewah-rens und Ausstellens von Museumsobjekten hinaus. Ich bin erfreut, daßdiese Voraussetzungen Dr. Jutta Thinesse-Demel zu der Entwicklung desKonzeptes für das Projekt AEM (Adult Education and the Museum) stimu-liert haben, das bei der Europäischen Kommission angeboten und ange-nommen wurde.Das Projekt ist vorausschauend im Kontext einer zukunftsorientierten Er-wachsenenbildung in Europa. Es wird von einer effektiven Partnerschaftauf lokalem, regionalem und nationalem Level abhängen. Mit diesemProjekt soll ein transnationales Netzwerk beginnen, in dem Erfahrungenausgetauscht und fortschreitend in gemeinsame Zielsetzungen umgesetztwerden. Der vorliegende Report will einen signifikanten Beitrag hierzuleisten.

Hans Georg LößlVorsitzender des Bayerischen Volkshochschulverbandes

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Die 5. UNESCO-Weltkonferenz für Erwachsenenbildung „Confintea“ (14.– 18.7.1998 in Hamburg) formulierte die Notwendigkeit kultureller Wei-terbildung in einem speziellen Kapitel der Deklaration. Kulturinstitutio-nen wie Museen wurden dabei als Orte der Erwachsenenbildung entdecktund unser kulturelles Erbe als Quelle des lebenslangen Lernens betrach-tet. Umgekehrt konnte festgehalten werden, daß die Entwicklung vonMethoden und Erfahrungen der Erwachsenenbildung die kulturelle Bil-dung fördern und intensivieren hilft.Das EU-Sokrates-Projekt AEM, das in einem Workshop innerhalb derConfintea-Konferenz vorgestellt wurde, bietet einen Rahmen, in dem Er-wachsenenbildung im Museum zukünftig auf der Basis aller EU-Mitglieds-staaten gefördert werden könnte.Der vorliegende Bericht verweist auf Synergie-Effekte, die erzielt werdenkönnen, wenn das Bildungspotential des Museums sinnvoll verbundenwird mit Erfahrungen aus der Erwachsenenbildung. Ich wünsche diesemneuen Ansatz eine aussichtsreiche Weiterentwicklung.

Peter KrugMinisterialdirigent des Ministeriums

für (Weiter-)Bildung in Nordrhein-WestfalenNationalagentur für Sokrates/Erwachsenenbildung

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Vorwort

Das Institut für Internationale Zusammenarbeit des DVV hat die von Dr.Jutta Thinesse-Demel herangetragene Projektidee, Erwachsenenbildungs-projekte in den europäischen Museen aufzuspüren, interessiert aufgegrif-fen. Gerade in Deutschland unterhalten viele Volkshochschulen einenguten Kontakt zur Museumsszene. Daher erschien es sinnvoll, einen in-ternationalen Vergleich anzustellen, der näheren Einblick bietet, welcheArt von Angeboten für welche Zielgruppen mit welchem Erfolg die jeweilsanderen Länder anbieten. Wie ist die kulturpolitische Landschaft beschaf-fen, und auf welche Weise ermöglicht sie die stattfindenden Projekte?Lassen sich vergleichende Kriterien finden, die ein gutes Projekt ausma-chen? Diese und ähnliche Fragen bewogen eine Ausschreibung in derSokrates-Budgetlinie DG XXII/Erwachsenenbildung. Wir fanden potentePartner – nicht alle aus dem Feld der Erwachsenenbildung, sondern auchaus verwandten Bereichen. Wir luden sie ein, mit uns gemeinsam dieerste, ein Jahr dauernde Projektphase durchzuführen. Alle Co-Finanzie-rungsmittel stammten damals aus deutschen Quellen. Wir danken an die-ser Stelle den Partnern aus Nordrhein-Westfalen – vertreten durch diestellvertretende Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Volkshochschul-verbands, Ingrid Pieper-Sentürk –, die insbesondere bei der ersten Studi-enreise einige interessante Projekte in ihrer Region gezeigt haben, die imInterim-Report aufgeführt sind. Sehr bald wurde erweitertes internationa-les Interesse an diesem Projekt wach. Insbesondere Magda Trantallidi vomgriechischen Ministerium für Nationale Erziehung und Religion fragtebereits im Frühsommer 1996 nach einer Möglichkeit der Teilnahme. Dassehr erfolgreiche erste Jahr sowie das offenkundige Interesse boten Gele-genheit, eine Erweiterung der Idee für das zweite Jahr zu verwirklichen,nämlich die Suche nach vergleichbaren Projekten in allen 15 Mitglieds-staaten der EU.Jeweils eine Region repräsentierte ein Land und war gleichzeitig zustän-dig für die Einbindung von je zwei weiteren Regionen anderer Länder.Diese fünf Partnerorganisationen, bei denen Nordrhein-Westfalen durchAttika in Griechenland ersetzt wurde, bildeten die „core-group“ des Pro-jektvorhabens. Diese entschied über die Auswahl, die Kriterien und dieZusammenstellung des final report und war auch für die Co-Finanzierungverantwortlich, die im zweiten Jahr auch von den Partnern mit zu erfol-gen hatte. Dank ihres Engagements weit über den festgelegten Zeitraum

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hinaus konnte das Projekt so erfolgreich durchgeführt und der englisch-sprachige Abschlußreport so umfangreich zusammengestellt werden. Erwird gerade vom schottischen Partner redaktionell überarbeitet und solldemnächst ebenfalls erscheinen. Die hier vorliegende deutsche Überset-zung stellt eine gekürzte und leicht modifizierte Fassung dar. Wir möch-ten herzlich dafür Edi Fanti (Italien), Dr.Gabriele Stöger (Österreich) undMagda Trantallidi (Griechenland) und für die besondere Mühe der Edi-tierung der englischsprachigen Ausgabe Brian Martin sowie Peter Cud-more (UK) danken.Die „Joint-Venture“-Partner waren hilfreiche Berater und effektive Beglei-ter des Projekts, wofür wir uns an dieser Stelle bedanken möchten beiNicole Gesché-Koning (Belgien), Finn Andersen (Dänemark), Ditte Stür-mer (Finnland), Christine Mirgalet (Frankreich), Helen O’Donoghue (Ir-land), Bettina Heldenstein (Luxemburg), Nico Halbertsma (Niederlande),Ana Flores (Portugal), Peter Almerud (Schweden), Antoni Nicolau i Marti(Spanien).Eine ganze Reihe von internationalen Experten hat das Projekt begleitetund an der Hauptkonferenz in München im Juni 1997 teilgenommen.Insbesondere der Round-Table und die Podiumsdiskussion haben gezeigt,daß die Ergebnisse unseres Projekts internationales Interesse und Anklanggefunden haben. Weiterführende Kooperationen wurden geplant undgemeinsame Ideen angedacht – die Basis für ein Netzwerk konnte hier-durch geschaffen werden. Wir verweisen in diesem Zusammenhang aufdie Liste im Anhang, die alle beteiligten Vertreter aufführt, und möchtennur zwei Repräsentanten besonders herausgreifen, nämlich Laurence Tar-dy von der Louvre-Schule sowie David Anderson, Leiter der Bildungsab-teilung des Victoria and Albert Museum – beide Vertreter bedeutendereuropäischer Museen, wodurch das Projekt weit über die ursprünglichenDimensionen hinaus Beachtung fand.Bei der Weltkonferenz des Museumspädagogenverbands CECA in Rio(Oktober 1997) gelang es, mit Hilfe des Projekts AEM einen Beschlußherbeizuführen, der der Erwachsenenbildung den gleichen Stellenwert imMuseum einräumt, wie ihn die Museumspädagogik genießt. Hierfür v.a.Dank an die damalige Weltpräsidentin, Frau Nicole Gesché-Koning.Die verantwortlichen Leiter der Sokrates-Budgetlinie in der EU habensich ebenfalls über den gesamten Zeitraum dem Projekt gegenüber in-teressiert und aufgeschlossen gezeigt. Joachim Fronia, Henri Monceausowie insbesondere Angela Vegliante standen immer mit Rat und Tatzur Verfügung.

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Hätten nicht so viele Co-Finanziers dafür Sorge getragen, daß dieses Pro-jekt auch mit der notwendigen in-kind- und in-cash-Basis versehen wor-den wäre, hätte trotz allen guten Willens kein positives Ergebnis erzieltwerden können. Besonders herausgehoben seien von deutscher Seite derBayerische Volkshochschulverband, die Münchner Volkshochschule unddas Referat für Arbeit und Wirtschaft (München) sowie unsere Kontrakt-partnerorganisationen SEA (Italien), USCA an der Heriot-Watt-Universi-tät (UK), VÖV (Österreich), Ministerium für (Erwachsenen-)Bildung (Grie-chenland). Gegen Ende des Projekts hat sich unserem Projekt auch nochdie Schweiz mit der Vereinigung für Erwachsenenbildung angeschlossen.Sie ermöglichte v.a. die Übersetzung der englischsprachigen Publikationins Deutsche. Dafür herzlichen Dank an André Schläfli.Frau Dr. Thinesse-Demel war mit großem Engagement und Sachverstandals Projektkoordinatorin dafür verantwortlich, die zahlreichen Projektver-bindungen mit den vielen ebenfalls engagierten, aber auch sehr unter-schiedlichen Partnern in der Hand zu behalten und zu bündeln, damitdas „Werk“ seinen einheitlichen Charakter nie verlor und zum vorläufi-gen Abschluß gebracht werden konnte. Insbesondere war sie eine uner-müdliche Verfechterin des Projekts gegenüber allen Instanzen, insbeson-dere auch in Brüssel, und konnte damit seine Realisierung über die er-wähnten beiden Projektphasen absichern. Daß Sie heute diesen Doku-mentationsband in Händen halten können, ist ganz wesentlich ihr Ver-dienst.Wir hoffen, daß dieses Projekt die begonnenen Sensibilisierungen undFlexibilitäten in der gemeinsamen Arbeit zwischen Erwachsenenbildungund Museum weiterführen kann und sich die gewünschten Synergieef-fekte einstellen können. Nicht zuletzt dazu möchte dieser Abschlußre-port anregen und beitragen.

Jakob HornDirektor des Instituts

für Internationale Zusammenarbeitdes DVV

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Vorgeschichte

Bereits in der großen Münchener Konferenz (1997) wurde der Wunschdeutlich, daß es neben dem englischsprachigen Abschlußreport auch einedeutsche Übersetzung geben sollte. Die finanzielle Ausstattung des EU-Projektes erlaubte es jedoch nicht, Komplettübersetzungen in die Spra-chen der anderen beteiligten core-group-Länder vorzunehmen.Wir waren daher sehr dankbar, daß der erst relativ spät hinzustoßendeSchweizer Partner – ein „stiller Partner“ im Zusammenhang der Europäi-schen Union – sich bereit erklärte, nicht nur eine Evaluationskonferenzzum Projekt zu organisieren, sondern auch die Kosten für die deutscheÜbersetzung zu übernehmen.Aufgrund der guten Beziehungen zwischen der SVEB (SchweizerischeVereinigung für Erwachsenenbildung) und dem DIE (Deutsches Institut fürErwachsenenbildung) einerseits und des Interesses von Professor Nuisslan dem Projekt und der Thematik andererseits war es möglich, das DIEzu gewinnen, die deutsche Übersetzung im Rahmen der dort herausge-gebenen Publikationen erscheinen zu lassen.Was nun die Übersetzung selbst anbelangt, so mußte sie leicht gekürztwerden, da die englischsprachige Fassung, die voraussichtlich ab Mitte1999 über das Institut für Internationale Zusammenarbeit (IIZ) zu bezie-hen ist, etwa 170 Seiten umfassen wird und dies den Rahmen der deut-schen Publikation deutlich gesprengt hätte. Dadurch war eine sehr präzi-se inhaltliche Zusammenführung von Gedankengängen ohne Verände-rungen oder Entstellungen des Inhalts erforderlich, was die genaue Kennt-nis der Projekte sowie der Artikel und der dahinterstehenden Expertenerforderlich machte. Die etwas detailliertere Ausdifferenzierung der Fall-studien wurde nicht vollständig durchgehalten. Ich entschied mich für eindurchgängiges Prinzip, das ganz bestimmte Kriterien umfaßte und bei fastallen Fallstudien mit Inhalten gefüllt werden konnte, während bei der eng-lischsprachigen Fassung nicht für alle erwünschten Kriterien textlichesMaterial vorhanden war. Die Auswertung stattgefundener Projektarbeiterfolgt in den einzelnen europäischen Ländern eben auf äußerst unter-schiedliche Weise und läßt sich daher nicht so differenziert betrachten,wie dies von den Koordinatoren anfänglich intendiert war. Leider muß-ten auch die Artikel Brian Martins gekürzt und auf zusätzliche Aspekte,die sich eher generell mit der Kulturpolitik der EU auseinandersetztenbzw. weiter ausgriffen in die allgemeine Diskussion um lebenslanges Ler-

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nen, verzichtet werden. Da dies nicht den unmittelbaren Aspekt unseresProjekts betraf, entschloß ich mich, sowohl den kulturpolitischen Artikelwie auch die zusammenfassenden Bemerkungen am Schluß nur in denAspekten wiederzugeben, die direkten Bezug zu unserem EU-Projekthaben. Auf diese Weise ergab sich eine stringente Form, die auch einemnicht beteiligten Leser die Kontexte, in denen dieses Projekt stand, leich-ter erschließen soll. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank dem IIZ,das zu allen Zeiten eine verläßliche leitende Organisation darstellte undgenerell die Erlaubnis für die vorliegende deutschsprachige Übersetzungerteilte. Demnächst wird zudem im Rahmen von Con-Nexus, der Evalua-tionszeitschrift der Unesco mit Ergebnisberichten der Confintea-Konfe-renz, ein Kurzbericht von AEM erscheinen, der weltweit an die daranbeteiligten Organisationen gesandt wird.Es erfüllt mich mit Freude und Stolz, daß ich den Lesern einen intensive-ren Einblick in den Kontext Erwachsenenbildung und Museum in Europabieten kann – ein Gebiet, um dessen Intensivierung und Verbesserung esmir im lokalen, regionalen, nationalen und nun internationalen Zusam-menhang seit 20 Jahren zu tun ist. Der Anfang für ein Netzwerk ist ge-macht – hoffen wir, daß wir in unseren Bemühungen fortschreiten kön-nen – nicht zuletzt durch die Gewinnung weiterer Interessenten.

Jutta Thinesse-Demel(Projektleiterin von AEM)

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I.DAS PROJEKT AEM (ADULTEDUCATION AND THE MUSEUM) –EINE HERAUSFORDERUNG FÜRDIE ERWACHSENENBILDUNG

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AEM-Koordinatoren

Überblick

„AEM – Adult Education and the Museum“ (Erwachsenenbildung und dasMuseum) basiert auf der professionellen Praxis von Erwachsenenbildungin Zusammenarbeit mit den Museen in den 15 EU-Mitgliedsstaaten.Aufgrund eines Vorschlages von Dr. Jutta Thinesse-Demel startete dastransnationale Projekt 1995 in fünf Regionen vierer EU-Mitgliedsstaaten.Das Institut für Internationale Zusammenarbeit (IIZ) übernahm die Rolleder verantwortlichen Institution.Bei dem Projekt ging es v.a. um folgende Grundkriterien:• Viele erwachsenenbildnerische Chancen wurden bisher im Museum

nicht genutzt und sollten als neue Möglichkeiten verstärkt wahrgenom-men werden.

• Interessante und ergebnisorientierte neue Projekte geschehen verein-zelt, sind normalerweise unbekannt und sollten endlich einmal veröf-fentlicht werden.

• Um die guten Erfahrungen professionell zu verbreiten, braucht es op-timale Konditionen; hierzu ist es notwendig, Kulturpolitiker mit denErgebnissen fruchtbarer Zusammenarbeit zu konfrontieren.

• Zur gezielten und kontinuierlichen Anwendung benötigt man verstärktTrainingsprogramme, auf die in diesem Projekt ebenfalls hingearbeitetwerden sollte.

Vorgeschlagen wurde das Projekt innerhalb der Sokrates-Budgetlinie derDG XXII der EU-Kommission. Dieses spezielle Unterprogramm unterstütztdie europäische Dimension von Erwachsenenbildung in Form von inter-regionalen Kooperationen, hilft der Verbreitung guter Praxis und versuchthierdurch die Strategie des lebenslangen Lernens auf europäischer, na-tionaler, regionaler und lokaler Ebene zu stärken.1995 beantragt, wurde es 1996 für ein erstes Jahr und 1997 bis Februar1998 für die Fortführung in einem zweiten Jahr genehmigt.

Ausgangspunkt war folgender Hintergrund: Museen sind als Depots unse-rer vergangenen Lebensstationen eo ipso hervorragende Zentren für er-wachsenenbildnerische Arbeit. Sie stellen die Dinge in neue Zusammen-hänge, verdeutlichen die Auswirkungen auf unser alltägliches Leben undreflektieren die multikulturellen gesellschaftlichen Verbindungen. Wie die

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Ursprünge der Erwachsenenbildung haben unsere Museen ihre Wurzeln inder Bestrebung nach persönlicher Entwicklung und sozialem Fortschritt,z.B. in der Erziehung. Diese Potenz in den Museen kann nur durch denUmgang damit wachgerufen werden, wie dies z.B. durch die Nutzung ge-schieht.

1. Phase (Januar bis Dezember 1996):• Formierung einer Gruppe von Koordinatoren der beteiligten Regionen

Nordrhein-Westfalen, Bayern, Wien, Schottland, Toskana• Rekrutierung von 30 Spezialisten aus den fünf Regionen, tätig in den

Bereichen Erwachsenenbildung, Museum und Universitäten• Durchführung zweier Studientouren mit Koordinatoren und Speziali-

sten durch die fünf Regionen mit Besichtigung einschlägiger Erwach-senenbildungsprojekte im Museum, Fachvorträgen, Workshops und Se-minaren

• Kritische Übersicht über die bestehende Literatur zu Erwachsenenbil-dungsprojekten in den beteiligten Regionen; Dokumentation von ein-schlägigen Projekten, durchgeführt in diesen Regionen (veröffentlichtim Interim-Report).

Im Sommer 1996 stieß Griechenland (repräsentiert durch das Generalse-kretariat für Erwachsenenbildung des Ministeriums für Nationale Erzie-hung und Religion) in der Position eines „Beobachters“ hinzu und ersetztein der 2. Phase Nordrhein-Westfalen als Koordinationspartner.

2. Phase (Januar 1997 bis Februar 1998):Ausdehnung der Beteiligung auf alle 15 Mitgliedsstaaten. Die fünf verant-wortlichen Koordinatoren der Länder Griechenland, England, Italien,Österreich und Deutschland wählten je einen Vertreter aus zwei andereneuropäischen Mitgliedsstaaten zu „Joint-Venture-Partnern“, wodurch dieBeteiligung aller 15 Mitgliedsstaaten ermöglicht wurde. Alle verantwortli-chen Koordinatoren suchten interessante Projekte in ihren Regionen undLändern.Gegen Projektende stieß noch die Schweiz als Partner hinzu. Die SVEB,die dortige Erwachsenenbildungsorganisation, veranstaltete in Basel einEvaluationsseminar im September 1998.In Ergänzung zu den eher konventionellen Methoden von Treffen, Semina-ren, Studienreisen und Konferenzen benutzte das Projekt die vom schotti-schen Partner angebotene Möglichkeit einer E-Mail-Konferenz, an der allefünf verantwortlichen Koordinatoren teilnahmen. Dadurch wurde die Zu-

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sammenstellung der Berichte aus allen 15 Ländern erleichtert und be-schleunigt.Demnächst werden der englischsprachige Abschlußreport sowie – für einJahr – eine Homepage mit Kurzberichten der Fallstudien im Internet (http://www.mhie.ac.uk/~aem/Home.html) vorliegen.

Wolfgang Leumer

AEM und die Europäische Gemeinschaft fürErwachsenenbildung (EAEA )

Die EAEA vertritt mehr als 140 Organisationen in 24 europäischen Län-dern. Sie versucht die Erwachsenenbildung verstärkt ins Zentrum derKultur- und Bildungspolitik zu rücken und dem Lernen eine größere ge-sellschaftspolitische Relevanz zu öffnen und zu sichern.Das „Europäische Jahr des lebenslangen Lernens 1996“ war daher einVersuch, das Bewußtsein für lebenslange Fortbildung und Trainings zuschärfen, um besser mit den ökonomischen und sozialen Veränderungenumgehen zu können. Neben der wirtschaftlichen Förderung entwickeltedie EU-Kommission auch soziale und kulturelle Dimensionen durch ei-nige speziell dafür eingerichtete Budgetlinien, wie das Sokrates-Pro-gramm, das in seinem Unterprogramm Erwachsenenbildung das vorlie-gende Projekt AEM unterstützte.Der wirtschaftliche Kontext dahinter ist leicht zu definieren: Die hoheArbeitslosigkeit in ganz Europa fordert gemeinsame Anstrengungen vonallen politischen, öffentlichen, sozialen und kulturellen Einrichtungen. Siebedarf der Kreativität einer lernenden Gesellschaft. Deren Hauptrichtli-nien bestehen aus folgenden Kriterien:• Förderung einer aktiven politischen Beteiligung aller Bürger in einem

demokratischen Europa• Förderung eines maßvollen ökonomischen Wachstums und Wiederher-

stellung der Umwelt• Gestaltung von geeigneten Arbeitskapazitäten im Zusammenhang mit

den neuen Technologien• Kampf gegen Arbeitslosigkeit durch die Eröffnung alternativer Möglich-

keiten zur Vollbeschäftigung in Gestalt neuer Arbeitsformen• Stärkung kultureller Identität

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• Verkörperung eines demokratischen Europas im Zusammenhang mitden sich entwickelnden globalen Beziehungen.

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Ausgrenzung in allen Formen undLebensbereichen sowie den unterschiedlichen Entwicklungen in Stadtund Land gewidmet werden.Die Demokratisierung der Erziehung erfordert gut organisierte und moder-ne lokale und regionale Lernzentren als wichtige Infrastruktur für erfolgrei-ches Lernen. Eine solche Infrastruktur wurzelt in demokratischen Struktu-ren, die eine aktive Beteiligung und kulturelles Verständnis fördern. DieseLernzentren sollen mit lokalen Gemeinschaften kooperieren, um festzule-gen, was gebraucht wird. Sie entwickeln Strategien, die eine Förderungund Stärkung der (kulturellen) Entwicklung unterstützen. Sie empfehlenSysteme für individuell Ratsuchende und halten Unterstützung für Lernen-de bereit. Sie stellen Beziehungen her zwischen den Lernphasen und de-ren Integration in berufs- und lebensweltorientierte Lernprozesse, um einKonzept des lebenslangen Lernens zu realisieren. Der Europarat begrüßteim „Europäischen Jahr des lebenslangen Lernens“ die Entwicklung von„Produkten zur Anregung von Debatten und Aktionen“. Es ist unsere Inten-tion, daß der vorliegende AEM-Report eines dieser Produkte darstellt.Das Weißbuch der Kommission für Erziehung und Bildung benennt den„Kampf gegen Ausgrenzung“ als einen Schwerpunkt ihrer Aktion. Es ar-gumentiert, daß Bildung und Training wachsende Bedeutung, ja eineSchlüsselfunktion erhalten im Hinblick auf Förderung des Selbstbewußt-seins, des Fortschritts und der Selbsterfüllung. Bei der „Weckung ihresAppetits auf Lernen“ und Training sollen die Menschen zunehmend mit„einer wachsenden Vielfalt an sichtbaren Objekten, sozialen Situationenund geographischen wie kulturellen Kontexten“ konfrontiert werden. Indiesem Zusammenhang können Museen eine Schlüsselrolle spielen, nichtnur im Aufzeigen sozialer und kultureller Identität, sondern auch im Auf-bauen und Entwickeln eines solchen Umgangs mit der präsentierten Ver-gangenheit, die nicht als fix konstruierte Welt gezeigt wird, sondern alsetwas, das flexibilisiert werden kann.Darauf verweist auch das Weißbuch, was bedeutet, daß dies z.B. durchdie Erwachsenenbildung in, mit und durch die Museen mit ihren multi-kulturellen Ansätzen geschehen kann. Es war daher durchaus angemes-sen, daß das Projekt AEM 1996 im „Euopäischen Jahr des lebenslangenLernens“ angenommen und 1997 im „Europäischen Jahr gegen Rassismusund Fremdenfeindlichkeit“ fortgesetzt wurde.Es war evident für alle am Projekt Beteiligten, daß Museen Orte des le-

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benslangen Lernens sind und durch ihre soziokulturelle Erziehung undKommunikation zur (inter-)kulturellen Identitätsbildung beitragen, daß sieLaboratorien für neue Ideen sind, kreatives Potential entwickeln und ver-schiedene soziale Zielgruppen (z.B. Jugendliche, Arbeitslose, Kranke,Benachteiligte, Senioren) integrieren. Sie eröffnen reichhaltige Koopera-tionsmöglichkeiten mit anderen Bildungsbereichen, wie z.B. durch das„edutainment“ (education und entertainment) – was bedeutet: das Muse-um als Abenteuer.Die Zielsetzung von AEM war es, diese Rollen und Orientierungen zuerforschen und zu entwickeln, um durch die Information hierüber Politi-ker und Praktiker zu informieren, damit die Partnerschaft Erwachsenen-bildung – Museum unterstützt, gefördert und entwickelt werden konnte.Insbesondere bei der Münchener Tagung wurde deutlich, daß erste An-sätze hierzu verwirklicht wurden. Weiterführende Anstrengungen in die-ser Richtung werden von der EAEA begrüßt und unterstützt werden.

Nicole Gesché-Koning/Alison Heath

AEM und das Komitee für Bildung und kulturelle Ak-tion (CECA1)

Museumsvermittlung ist nicht mehr beschränkt auf einfache Führungenfür Schulklassen oder museumspädagogische Workshops in finsterenMuseumsecken. Oft gehen Bildungsangebote weit über die Grenzen desMuseums hinaus und beweisen dadurch, daß Museen einen bemerkens-werten Stellenwert in bezug auf die Aus- und Weiterbildung der Öffent-lichkeit und für jede Altersgruppe haben. Die Angebote müssen allerdingsBezüge zum eigenen Lebenskontext der Beteiligten aufweisen.Einige Zielsetzungen sind mehr auf Forschung und Theorie ausgerichtet,aber alle sind notwendig zur Unterstützung unserer alltäglichen Arbeit.Die Bewahrung unseres kulturellen Erbes, die Motivation der Museums-besucher, Verhaltensstudien, neue Weiterbildungszielsetzungen, Evalua-tionskriterien, Nutzungen und Zielsetzungen von Museumsworkshops –dies alles bedingt die Notwendigkeit eines adäquaten Trainings für diePädagogen/innen.Im Zeitalter des Computers muß der Museumspädagoge kritisch sein undein Gefühl für die Botschaft besitzen. Keine noch so raffinierte neue Techno-

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logie – wenngleich sie auch eine wichtige Rolle spielt – wird jemals in derLage sein, das Museum bzw. seine Besonderheit zu ersetzen: an einem Ortin direktem Kontakt mit dem Objekt zu sein. Erwachsenenbildung wird im-mer populärer in der Angebotspalette vieler europäischer Museen. Tradi-tionellerweise handelt es sich um Führungen durch die Sammlungen, the-matische Rundgänge und Museumsgespräche, Seminare und praktischeWorkshops, Felderkundungen, soziale und kulturelle Events wie Konzerte,Seminare oder Kurse. Daneben entstehen mehr und mehr Angebote im Zu-sammenhang mit den Bedürfnissen der Gesellschaft unter Mitwirkung bzw.mit Unterstützung der Erwachsenenbildner außerhalb des Museums. Die-sen Trend verfolgte – stark begrüßt durch CECA – das Sokrates-Projekt AEM.Als Komitee für Bildung und kulturelle Aktion des Internationalen Muse-umsbundes (CECA/ICOM2) erkennen wir einen öffentlichen Bildungsauf-trag der Museen an. Seit seiner Installierung 1948 fördert ICOM beglei-tend diese Rolle. Erwachsenenbildung ist ein integraler Bestandteil die-ser Aufgabe von CECA/ICOM, die folgende Zielsetzungen umfaßt:• Austausch von Informationen und Ideen zur Museumserziehung auf

internationaler Ebene• Eintreten für den weltweiten Bildungsanspruch der Museen• Förderung von hochqualifizierten Standards der Erziehung im Museum.Als Teil unseres Konferenz- und Ausbildungsprogramms haben wir alsLeitungsgremium von CECA/ICOM in der auslaufenden 3-Jahres-Periodeneue Schwerpunkte gesetzt und z.B. die Publikation eines Internationa-len Handbuchs für Museumserziehung geplant, das auch einen Berichtdes Sokrates-Projekts AEM enthalten soll.Während der letztjährigen Jahreskonferenz in Rio de Janeiro (6.-11.10.1997) beschloß CECA/ICOM die Gründung einer neuen Arbeits-gruppe „Erwachsenenbildung und Museum“, um auf der Basis der wach-senden Bedeutung der Erwachsenenbildung in Museen – nicht nur aufeuropäischer Ebene, sondern weltweit – den professionellen Austauschanzuregen und zu entwickeln. CECA/ICOM beauftragte Dr. Jutta Thines-se-Demel, die Projektleiterin des Sokrates-Projektes AEM, mit der Leitungdieser Arbeitsgruppe.Wir sind optimistisch, daß diese Arbeitsgruppe in der Lage ist, aus denErgebnissen des AEM-Projekts weiteren Nutzen zu ziehen.

Anmerkungen

1) CECA = Committee for Education and Cultural Action

2) ICOM = International Committee of Museums

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Brian Martin/Peter Cudmore

AEM im Kontext regionaler/nationaler Kulturpolitik

Auf der Suche nach einer theoretischen Perspektive

Die Projekte mußten berücksichtigen, daß jedes Gebiet und Land seineeigene Geschichte, seine eigenen Werte und Prinzipien sowie seine ei-genen Methoden hat. Die gemeinsame Basis bestand in der bilateralenForm der Kooperation zwischen Erwachsenenbildung und Museum, ver-standen als öffentlicher Auftrag.Nichtsdestotrotz mußten neue Formen der Annäherung für eine klaremultilaterale Partnerschaft entwickelt werden. Hierzu wurde der Versuchunternommen, eine gültige und dauerhafte Arbeitsmethode zu finden alsVoraussetzung für die innovative transnationale Beschaffenheit der Pro-jekte. Dies war mit den beteiligten Experten angestrebt.Sie kamen nicht nur aus 15 verschiedenen Ländern, sie kamen auch ausunterschiedlichen Berufs- und Beschäftigungsfeldern: Museumskuratoren(z.B. Bildende Kunst, Kultur- und Sozialgeschichte, Naturwissenschaften),Erwachsenenbildner (vom freiberuflichen Dozenten über Fachgebietslei-ter bis zum Direktor), Tutoren, Lehrer, akademische Forscher, (Kultur-)Po-litiker und bedeutende Vertreter anderer öffentlicher Einrichtungen.Ihnen allen gemeinsam war eine starke Überzeugung, daß sich die Erwar-tungen und Forderungen an die Institutionen Museum und Erwachsenen-bildung angesichts der fundamentalen gesamtgesellschaftlichen Wand-lungen verändern. Sie werden als „öffentliche Güter“ betrachtet, die dasLos des öffentlichen Dienstes teilen und in der Regel in den etabliertenFormen eine bilaterale Form der Kooperation finden.Die hier vorgestellten Projekte spiegeln die „neuen europäischen Identi-täten“ wider, die durch einen Komplex diverser Faktoren gekennzeich-net sind. Höhere Lebenserwartungen führen zu einer „ergrauenden“ Be-völkerung, die Balance zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatzändert sich parallel zu den verschiedenen Ebenen der Beschäftigung bzw.Veränderungen des Arbeitsmarktes. Konsumverhalten, soziale Befindlich-keit und Lebensstil beginnen sich zu wandeln, beeinflußt durch wirt-schaftliche Kräfte sowie durch die multikulturelle, pluralistische und im-mer mehr zusammenwachsende globale Gesellschaft. Museen spieleneine zunehmende Rolle im Prozeß des lebenslangen Lernens, da sie nicht

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nur soziale und kulturelle Identitäten verbreiten, sondern solche auchaufbauen und entwickeln.Das Problem dabei ist, daß zu viele Museen Bildungsaktivitäten auf ei-ner ad-hoc-Basis entwickeln, ohne Bezug zu den Erwachsenenbildungs-Bausteinen „Ziele, Vorgehensweisen, Inhalte, Methoden etc.“. Zu oft gibtes keine Evaluation. Hierzu bemerkte David Anderson während des Mün-chener Seminars: „Es ist inakzeptabel für die Museen, ihre Existenz zwarvon einer signifikanten Bildungsrolle her zu definieren, aber gleichzeitigunfähig zu sein, zu wissen, was diese Bewertung praktisch und konkretbedeutet – ja nicht einmal allgemein akzeptierte Qualitätsdefinitionennennen zu können. Kein Museum sollte mehr finanziell unterstützt wer-den in einer Zeit der knappen Geldressourcen, wenn der Direktor nichtin der Lage ist, den Hauptzweck, nämlich die öffentlichen Bildungsauf-gaben, zu erklären und zu zeigen, daß er auch so arbeitet. Wir können esuns nicht mehr leisten, schlechte Museen zu unterstützen“. Natürlich istes üblich, das Argument anzuführen, daß Museen Symbole ihrer Gemein-schaften sind und als solche Promotoren des kulturellen Lernens, kultu-reller Kreativität und kultureller, sozialer sowie ökonomischer Regenera-tion. „Museen sind nicht nur deshalb wichtig, weil sie uns einen verständ-nisvollen Zugang zur Vergangenheit erschließen, unsere eigene Welt bes-ser erklären helfen und uns eine Aufschlüsselung für die Zukunft vermit-teln; sie müssen auch verbunden sein mit Kreativität, Innovationen undOrientierungen hin zu vielen Dingen, die die lebensweltlichen Bezügeder Leute von heute berühren“ (British Museums Journal). Museen sindServicezentren, die ihr Potential nur dann voll entfalten können, wennsie sich mit den Hauptproblemen der gegenwärtigen Gesellschaft be-schäftigen. Gegenwärtig ist die entscheidende Frage, was Museen wie fürwen tun (nach Hudson 1987).

Kulturpolitische Beobachtungen in den einzelnen Ländern

Zur besseren Einbindung der Projekte erschien es daher notwendig, diepolitischen Kontexte in den 15 Mitgliedsstaaten nachzuzeichnen, in de-nen sich die einzelnen Projekte entwickelt haben.Core-Group- und Joint-Venture-Partner sammelten Material, das auch diepolitischen Bezugsfelder aufzeigen sollte, in denen Erwachsenenbildungund Museen als Beispiele gemeinsamer Synergieeffekte stehen. Man woll-te dabei nicht nur Ähnlichkeiten und Unterschiede feststellen, sondern

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auch politische Bedingungen aufzeigen, die optimale Projekte ermögli-chen. Im folgenden wird aus Papieren berichtet, die von den Core-Group-und Joint-Venture-Partnern zur (Kultur-)Politik ihrer Länder zusammenge-stellt worden sind.Viele Mitgliedsstaaten haben keine explizite politische Struktur, weder aufnationaler noch auf regionaler oder lokaler Ebene, die Erwachsenenbil-dung und Museen koordiniert. In einem Fall wurde sogar berichtet, daßdie Regierung über keine genauen Zahlen verfüge, was die tatsächlicheAnzahl der Museen in ihrem Lande angehe, und bis 1996 keine offizielleVorgehensweise für die Koordination des Museumssektors auf nationalerBasis besessen habe, mit Ausnahme des Einverständnisses bezüglich des„Zugangs zu und der Auseinandersetzung mit den Kunstwerken für alleBürger“ als eines der erklärten Ziele nationaler Kulturpolitik.In mehreren Fällen wurde berichtet, daß es „keine Tradition von Erwach-senenbildungsprogrammen in Museen“ gibt und daher keine entsprechen-de politische Struktur. Da, wo es eine Tradition von Museumspädagogikgibt, geschieht dies vorrangig auf dem Niveau von Schulerziehung – poli-tisch unterstützt durch nationale oder lokale Verantwortliche für Erzie-hungsfragen. In diesem Zusammenhang wurde oft darauf hingewiesen,daß es keine direkte Verbindung zwischen diesen Ministerien und anderenebenfalls für Erziehung Verantwortlichen gebe sowie zu jenen, die für Kul-tur und nationales Erbe zuständig sind. Wendungen wie „fehlende politi-sche Anbindung“, „mangelnde Koordination“, „keine Zusammenarbeitzwischen den Ministerien“, „keine Synergie“, „kein Platz für kulturelleProgramme in der Erwachsenenbildungs-Politik“ unterstreichen diese Ten-denz.Sogar in Österreich, wo wir einige der innovativsten Projekte fanden,wurde berichtet, daß „nur 23% der Museen Bildungsprogramme aufSchulniveau anbieten; weitaus weniger Museen offerieren Erwachsenen-bildungsprogramme und wieder nur wenige von diesen Programme fürspezielle Bedürfnisse oder Minoritäten“.In anderen Papieren wurde auf das Recht des gleichen Zugangs zur Kul-tur hingewiesen und darauf, daß eine der sieben Schlüsselsetzungen vonnationaler Kulturpolitik die „Förderung kultureller Bindung“ sei, wohin-gegen unsere Informationen ergaben, daß „Bildungspolitik Museen nichterwähnte“.Zusätzlich wurde uns in einigen Fällen übermittelt, daß „Erwachsenen-bildung Priorität erlangen wird“, und es wurden einige Maßnahmen ge-nannt, die für die Erwachsenenbildungsarbeit im Museum hilfreich sein

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könnten, z.B. freier Eintritt für 18- bis 25jährige an bestimmten Tagen,spezielle „Spätöffnungszeiten“ für dieselbe Altersgruppe. Wie auch im-mer, das Allgemeinbild war geprägt durch das „politische Vakuum“ inallen Mitgliedsstaaten, v.a. auf nationaler Ebene. Nur in Finnland und imUnited Kingdom tauchte ein alternatives Bild auf: Im Bericht David An-dersons wird ein systematisches Netzwerk für die Entwicklung einer ge-nerellen Bildungspolitik im Museum dargestellt (vgl. Anderson 1997).Basierend auf einer Reihe von Untersuchungen, die auch eine Serie vonKolloquien umfaßte, benennt sein Bericht klar 12 Zielsetzungen und 14Empfehlungen für eine Realisierung auf nationaler, regionaler und loka-ler Ebene in Großbritannien.In bezug auf den Fortschritt und den Entwicklungsprozeß ist dieser Re-port ein Vorzeigemodell für andere, die ein solches Netzwerk begründenwollen und die wie Anderson in der glücklichen Lage sind, auf offeneOhren bei der Regierung zu stoßen. Dennoch ist die Adaption eines sol-chen Modells wie das von Anderson auf europäischem Niveau proble-matisch. Zunächst müßten europaweite Untersuchungen, unterstütztdurch europäische Kolloquien, durchgeführt werden. Selbst AEM besaßnicht die finanziellen und zeitlichen Möglichkeiten, eine empirischeUntersuchung mit einer repräsentativen Auswahl von Museen in Europadurchzuführen.Eine Untersuchung des Zusammenhangs von Erwachsenenbildung undMuseum, basierend auf Kulturpolitik, scheint europaweit Mangelware zusein.Andere Begriffsfelder, die die theoretischen Aspekte des Projektes näherbeleuchten, sind eher offensichtlich: Museologie, Bildungsstudien, spe-ziell, jedoch nicht ausschließlich in der Erwachsenenbildung, Kultur- undManagementtheorie (insbesondere strategisches Management).Dennoch bietet keines von diesen vollständige tragfähige theoretischePerspektiven angesichts des Schnittpunktes von Erwachsenenbildung undMuseum – des erwachsenen Lernenden.Eine theoretische Perspektive wird nur verständlich im Zusammenhangmit• den Motiven, Hoffnungen, Bedürfnissen und Wünschen der Lernenden

(wobei der Museumsbesucher bereits als potentieller Lernender apo-strophiert wird)

• einer Auswahl an Prozessen und Methoden der Weiterbildung imMuseum mit der Zielsetzung der Qualitätssteigerung für den individu-ellen Lernenden

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• der Zugänglichkeit der Erwachsenenbildung im Hinblick auf die Ent-wicklung eines Selbstbewußtseins: Zugang zur Motivation, zur Kennt-nis, zu den Fähigkeiten, um die (auch soziale) Integration zu fördern.

Dies alles ermöglicht eine Analyse dessen, was in einem Lernprozeß pas-siert, und dies ist mehr sozial-psychologisch orientiert als politisch, ma-nagement- oder bildungsmäßig ausgerichtet. Weiterbildung im Museumist so eher lernerzentriert, experimentell, selbstgesteuert und befähigend,stärker orientiert auf den Lernprozeß als auf das Lernprodukt. Es wird einRahmen für den Gebrauch kultureller Objekte, Bilder und Artefakte ge-schaffen, und kultureller Ausdruck und Erfahrung als kritische Zusammen-hänge und Medien des Lernens werden erklärt.

Museen als Laboratorien für kulturelle Identität

Es war selbstverständlich für alle, die in das AEM-Projekt involviert wa-ren, und für viele andere mehr, daß Museen Orte lebenslangen Lernenssind dadurch, daß sie soziokulturelle Bildung und Kommunikation überkulturelle Identitäten auslösen und ermöglichen. Sie können als Labora-torien für Ideen agieren, für die Entwicklung und Realisierung von kreati-vem Potential, für die Reintegration spezifischer sozialer Gruppen (z.B.für junge Leute, Arbeitslose, Behinderte, Benachteiligte, Senioren). Siebieten reichhaltige Möglichkeiten der Kooperation mit anderen Bildungs-feldern an – und auch für „edutainment“.Der Zweck von AEM war es, speziell diese Rollen and Orientierungen zuerforschen, um über politische und praktische Weiterentwicklungen zuinformieren und dadurch die Zusammenarbeit zwischen Erwachsenen-bildung und Museum zu fördern und zu verdichten.

Literatur

Anderson, D.:, A Common Wealth: museums and learning in the United Kingdom, London1997

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Jutta Thinesse-Demel

AEM – Innovationen im Museum

Das Museum

Das Museum ist ein Depot von Objekten unserer Vergangenheit, die dortgesammelt, restauriert und öffentlich ausgestellt werden. Durch die Prä-sentation bilden die Objekte Symbole bzw. Teile von Lebenszusammen-hängen, die zur Begegnung und Reflexion einladen. Zwar befinden sichauch außerhalb des Museums Anlässe, die Prozesse des Nachdenkensauslösen, jedoch in nicht so komplexer lebensimitierender Form. Da-durch wird das Museum zum Katalysator für intensives, transformativesund ausdrucksstarkes Lernen.Museen sind heute nicht mehr nur Orte, in denen man seine Freizeit ver-bringt. Sie erheben zunehmend den Anspruch, Orte der Sinnstiftung undder kommunikativen Auseinandersetzung mit Objekten und Themen zusein. Sie werden zunehmend als Plätze des kollektiven Gedächtnisses undder gemeinsamen Erinnerung erkannt, also als Horte der Relikte unsererGesellschaftsentwicklung begriffen.Museen stehen heute aber auch auf dem Prüfstand. Sie werden gerade inden letzten Jahren unterschiedlich wahr- und angenommen. Einerseitsleiden größere Museen seit drei Jahren an zunehmendem Besucher-schwund, was zunächst zu gewissen Erleichterungen führen mag, jedochauf Dauer ein Problem darstellt. Zum anderen steigen die Besucherzah-len v.a. bei denjenigen Museen, die eben nicht nur ihre Sammlungenanbieten, sondern zusätzliche Programmangebote unterbreiten.In diesem Zusammenhang beginnt sich ihre Funktion zu wandeln, wassich auch in den differenzierteren Ausstellungsthemen und -inhalten zu-nehmend niederschlägt. Sie bieten den ErwachsenenbildungsinstitutionenMöglichkeiten zur Interdisziplinarität, zur sinnlich-ästhetischen Bildungund zur Offenheit von Lernprozessen, indem sie Mehrdeutigkeit zulas-sen. Die Objekte werden in alltagsweltliche Zusammenhänge eingebun-den, erhalten aktuelle Bezüge und werden in ganzheitlichere Struktureneingepaßt. Aus der zufälligen bruchstückhaften Manifestierung von Ver-gangenheit aus „toter Materie“ wird ein äußerst lebendiges Szenario vol-ler agiler Einzelelemente, die auf Phantasie, Neugier und Kreativität derBesucher ausgerichtet sind. Angeregt dadurch fordert dies einen zuneh-

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mend differenzierten Zu- und Umgang mit den Objekten und Zusammen-hängen ein. Dies gelingt vorwiegend dadurch, daß die in den Museengesammelten Werte durch zielgruppenspezifische Angebote verfügbargemacht werden.Insbesondere bei den mittleren und kleineren Museen wird dieser Wech-sel sichtbar und deutlich. Sie sind zunehmend offener für neue Inhalte,Zielsetzungen und Angebotsschienen. Dabei arbeiten sie immer engerund selbstverständlicher mit (Erwachsenen-)Bildungsorganisationen zu-sammen: Die kulturelle Erziehung erhält dadurch auch von Museumssei-te einen zunehmend wichtigeren Stellenwert, und die diversen Formendes individuellen Zugangs zu Lernprozessen aller Art im Museum wer-den im Zusammenhang des lebenslangen Lernens als neuer Ansatz ge-wertet.

„Superlearning-Effekt“ im Museum

Im Museum wirken andere Kräfte, als mit der Rationalität faßbar wären.Und dies wiederum führt dazu, daß Handlungen im Museum eine stär-kere Intensität erlangen, da sie quasi als Zeitspeicher ein Äquivalent zumKörpergedächtnis des Besuchers bilden. Somit erinnert sich unser Körperan etwas, das er erlebt hat, ohne dies gleichzeitig verstandesmäßig mit-zuvollziehen. Übertragen auf die Situation im Museum bedeutet dies, daßdie Begegnung mit Gegenständen aus längst vergangenen Zeiten in unsErinnerungen wachruft – z.B. aus dem Bereich der Kindheit (Küche derGroßmutter, alte Webstühle, auf denen gearbeitet wurde oder in manchenGegenden der Welt heute noch gearbeitet wird, Puppenstube im Spei-cher). Der Effekt des Wiederauffindens im Museumszusammenhang ver-leiht den Gegenständen unserer Erinnerung etwas Auratisches und setztgleichzeitig viele Bezugsfelder frei, die nicht nur in unserem kognitivenBereich verankert sind. Damit sind viele Berührungspunkte geschaffen,die eine vielschichtige Begegnung und Auseinandersetzung mit demObjekt hervorrufen.Das Interesse an dem Gegenstand ist daher nicht mehr nur eindimensio-nal, was bedeutet, daß ich bei der Beschreibung auch meine Erinnerun-gen, meine Sehnsüchte und mein Wissen mit einbeziehe.Ein Fremdsprachenkonversationskurs im Museum läßt demzufolgeschneller die Angst vor der Benutzung der fremden Sprache vergessen.Durch das hemmungsfreie Reden läßt sich die Sprache schneller prakti-

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zieren und anwendungsbezogen verbessern, wodurch eine Art „Super-learning-Effekt“ eintritt. Dieser Effekt läßt sich folgendermaßen erklären:Das Zusammenwirken diverser Kräfte und Zeitkomponenten, die imMuseum vertreten sind, verdichtet sich beim benutzenden Besucher zumbesonderen Gefühl einer Wirklichkeit, die ihm in solch realer Form übli-cherweise in unserer Welt mehr und mehr verschlossen bleibt.„Mit umso größerer Wucht trifft den Besucher die Wirklichkeit des Muse-ums, das mit seiner Zielsetzung des Sammelns, Speicherns und Archivie-rens Wissen sammelt und damit Teile unserer Identität sicherstellt ... Solchinstitutionalisiertes Sammeln soll gegen den permanent veränderndenFluß der Zeit Identität sicherstellen, darin dem ähnlich, was das privateFotoalbum oder das Tagebuch für den einzelnen leisten soll: Ich bin, ob-wohl sich alles um mich herum und in mir fortlaufend ändert, derselbe“(Winzen 1997).Wie schon Th. W. Adorno bemerkte, reflektiert das „Besitzenwollen ...die Zeit als Angst vor dem Verlieren, der Unwiederbringlichkeit.“ Gera-de in unserem Zeitalter der Informationsgesellschaft mit ihren überfüll-ten Räumen, verstopften Verkehrswegen und gewaltigen Datenbergensehnt man sich nach der eigenen Identität, nach dem Überblick, nachdem „klärenden Walten gesicherter Vergangenheitsrelikte ... Gesammel-tes Wissen und Zukunftsfähigkeit gehören zusammen und bedingen ein-ander“ (Roßnagel 1997).So zeigen z.B. Erfahrungen mit Sprachlernprogrammen im Museum inFinnland und Deutschland, daß der Umfang der zum Spracherwerb not-wendigen Lerneinheiten verkürzt werden kann. Die Vermutung liegt nahe,daß offensichtlich die neue Sprache effektiver vermittelt werden und inkürzerer Zeit zum aktiven Einsatz kommen kann, was nicht zuletzt ko-stengünstiger ist. Ein weiterer Nebeneffekt, beispielsweise für Ausländer,ist die Begegnung mit der neuen gesellschaftlichen Kulturform, in die mannun eingebunden ist und zu der man „nebenbei“ erste kontextbezogeneFühlung aufnimmt. Dieser Erstkontakt stellt eine vertrauensbildende Maß-nahme dar, die einem aus einem anderen Land Kommenden die neuenLebenszusammenhänge vertrauter, sympathischer werden läßt.Gerne kehrt man in der Folgezeit zum Ort dieses Erstkontakts zurück undbringt auch Familienangehörige und (neue) Freunde mit – das Museumwird zum gesellschaftlichen Anstoß, zum sinnstiftenden Erfahrungsort.

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Museen als ideale Orte für die Erwachsenenbildung

Museen leisten also einen einzigartigen Beitrag in Form von perfektenoffenen Lernprozessen. Die Objekte in einem Museum sind mit vieleninteressanten Facetten ausgestattet. Dadurch kann das Museum Schnitt-punkt des Vergleichs der individuellen Entdeckung und der persönlichenKreativität des einzelnen sein. Museen besitzen ein hohes Bildungspo-tential und können daher eine Schlüsselfunktion für erwachsenenbildne-rische Prozesse haben.Als Räume des Erlebens und des angenehmen Aufenthalts können Muse-en zunehmend Bedeutung für die Erwachsenenbildung erlangen. Durchdie Kraft und Intensität der Objekte werden gemeinsame Auseinanderset-zungen mit bestimmten Fragen ermöglicht, Erinnerungen thematisiertoder Bildungsbewußtsein verdeutlicht.Dadurch können Museen auch die zunehmend wichtiger werdende Inte-gration in eine multikulturelle Gesellschaft fördern. Sie enthalten Bekann-tes wie Fremdes gleichermaßen. Sie verleihen dem Vertrauten etwas Be-sonderes und lassen das Unbekannte näherkommen. Für eine verstärkteNutzung der Museen in der Erwachsenenbildung spricht die Erwartung,daß durch die Beschäftigung mit Kultur aufgrund der spezifischen Be-schaffenheit des Gegenstandes und der damit verbundenen Art und Wei-se des Lebens und der Kommunikation besonders diejenigen Fähigkeitenausgebildet werden, die der Gesellschaft zur Zeit not tun: Reflexionsfä-higkeit, kommunikative Kompetenz, Kreativität, unkonventionelles Erpro-ben von Problemlösungen, Experimentierfreudigkeit, Selbstreflexion, Of-fenheit für die Konfrontation mit Ausschnitten der Realität, die nicht un-mittelbar naheliegen und die auch durch die Massenkommunikationsme-dien nicht adäquat transportiert werden können.Daher sind die Museen mehr als eine bloße Hilfestellung zum Lehren;sie sind vielmehr ein Ausdruck von permanenter Erziehung und Bildungs-vermittlung und haben so auf Kinder und Erwachsene einen bemerkens-werten Einfluß im weitesten und oben ausgeführten Sinn des Wortes.Somit kann lebenslanges Lernen im Museum einen idealen Platz finden.Denn dort können Sammlungen die weltweiten Entwicklungen und struk-turellen Verknüpfungen sofort deutlich machen und zur Diskussion stel-len.Das Museum ist ein exzellenter Kommunikationsort aufgrund des realvorhandenen Objekts, das an jedermann vermittelbar ist und darüber hin-aus eine Plattform für interkulturelle Kommunikation darstellt.

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Innovative Faktoren für die Projekte

Die Koordinatoren von AEM waren auf der Suche nach Projekten, die inspezifischer Form neue Kontexte von Erwachsenenbildungsarbeit imMuseum präsentieren. So unterschiedlich sie auch sein mochten, so ver-einten sie doch diverse Kriterien, die sie alle innovativ erscheinen ließen.Generell lassen sie sich folgendermaßen definieren:Erwachsenengruppen lernen auf unterschiedliche Weise. Sie erwartenverschiedene Angebote in Verbindung mit der Begegnung mit dem Ob-jekt. Dabei geht es nicht nur um Lernprojekte, sondern auch um Kom-munikationsstrukturen, d.h. um das direkte Ansprechen und Einbeziehender Teilnehmer, sowie auch um Elemente wie Lustgewinn, Zufriedenheitund prozeßorientiertes Arbeiten. Die ausgewählten Projekte waren durchdie Kompetenz der Mediatoren geprägt, die in der Lage waren, unter-schiedlich mit den Teilnehmergruppen zu arbeiten, um in ihnen die Ent-wicklung eigener Kompetenz und sozialen Lernens anzuregen. In diesemZusammenhang spielte eine große Rolle, sich über das Was, Wie undWarum eines Projekts in der konzeptionellen Entwicklung bewußt zuwerden. Die Mediatoren mußten feststellen, was die Besucher wollten.Die Art der Zusammenarbeit spielte ebenfalls eine entscheidende Rolle:Hier ging es vor allem darum, neuartige Formen des Miteinander zu ler-nen, z.B. Laien in Konfrontation und/oder Zusammenarbeit mit Künstlern,Gesunde mit Behinderten, Arbeitslose mit Berufstätigen, Frauen, die inden Arbeitsprozeß wieder integriert werden wollten, mit Studienabgän-gerinnen, Ausländer mit „Einheimischen“. Diese Konstellationen ermög-lichten ein Lernen voneinander, das Einbeziehen anderer Perspektivensowie das Entwickeln von toleranter Rücksichtnahme.Darüber hinaus sollte die theoretische Grundstruktur des Projektmana-gements ersichtlich werden. So ging man nach folgenden „generellen“Kriterien vor:

Qualifikationskategorien• Ideenfindung• Zielsetzungen wie

– Öffentlichkeit– Partnerschaften– Programminhalte– pädagogische Erwachsenenbildungskontexte

• Vorgehens- und Durchführungsweise

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• Evaluation• Auswirkungen

Teilnehmerorientierung• kommunikative Möglichkeiten der Einbeziehung von Teilnehmenden• didaktisch aufbereitete themenspezifische Objektauswahl• Bezugsfeld Objekt – Teilnehmende – Projektleiter• lernerzentrierter Kontext, d.h. Berücksichtigung des Bildungsstandes

der Teilnehmenden• Auswahl von differenzierten Lernkriterien und -inhalten für die unter-

schiedlichen Bedürfnisse• Bedeutung des „selbstgesteuerten Lernens“

Projektorientierung• klare Ziele und Transparenz• zielgruppenorientierte Arbeit• kommunikative Projekte• entwicklungs- und ausbaufähige Projekte• Kontinuität der Projekte• finanzielle Ausstattung der Projekte• gut ausgebildete Mitarbeiter und qualifizierte Fachleute

Bezugsfeld Erwachsenenbildung und Museum• Art der Kooperation zwischen Erwachsenenbildung, anderen Organi-

sationen, Institutionen und Museen• einvernehmliche Kooperation zwischen Projektteam und Museumsmit-

arbeitern• Einbringen der „eigenen“ Zielgruppen in „gemeinsame“ Kontexte• Symmetrie in der Kommunikation zwischen Museum, Erwachsenen-

bildungsinstitution und ausführendem Projektleiter• Entwicklung des Museums zu einem Ort der Reflexion durch die Be-

gegnung mit Erwachsenenbildungs-Projekten

Methoden und ihre Auswirkungen• Methoden abhängig von länder- und regionalspezifischen Kriterien• welche Lernprozesse und Lernerfolge durch welche Lernmethoden• durch offene kommunikative Atmosphäre Bezugsetzung zu den eige-

nen alltagsweltlichen Erfahrungen

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• durch Nutzung des Museums Kenntniserwerb zeitlich verkürzt undhaltbarer (z.B. bei Sprachlernprogrammen)

• durch den Umgang mit Projekten im Museum Verbindung von Sinn-vollem und Nützlichen (wie der Erwerb von Fähigkeiten und Fertig-keiten) mit Neuem, „Unnötigem“, „Fremdem“

• „Jede/r ist ein Experte“: Die Vermittlung geht von der Objektrealität ausund stellt Verbindungen zwischen eigenen Fähigkeiten und Fertigkei-ten und den Lerninhalten her

• lernende Begegnung fördert Achtung und Respekt vor dem Objekt alsSymbol unserer Vergangenheit.

Allgemeine Probleme

Die am häufigsten auftauchenden Probleme in den Projekten können fol-gendermaßen zusammengefaßt werden: unangemessene finanzielle Aus-stattung, keine klaren Absprachen zur Verantwortlichkeit, mangelndeKontinuität, selten Auswertung der Arbeit. Zudem wurde oftmals der Bil-dungsbegriff sehr eng definiert.

Perspektiven für die Zukunft

Aus den 15 Mitgliedsstaaten wurden die nachfolgenden Projekte ausge-wählt, die alle auch über Internet abrufbar sind. Allen ist gemeinsam, daßihnen eine brillante Idee vorausging, die zum Teil unter schwierigen Be-dingungen, aber in der Regel gemeinsam mit Museumsverantwortlichenund/oder Teilnehmern, umgesetzt wurde.Die gesammelten Fallstudien dokumentieren, wie durch die Kombinati-on zwischen Museum und Erwachsenenbildungseinrichtungen Synergie-effekte erzielt werden, die das Museum zum multiplen Lernort für dieErwachsenenbildung machen und Resultate hervorbringen, die wegen derbesonderen Atmosphäre im Museum weit über die üblichen Ergebnissein eigenen Räumen und mit den „normalen“ Kooperationen hinausgehen.Dadurch wirkt die Begegnung so anregend und mobilisiert alle mentalenund physischen Kräfte, so daß Lernerfolge beschleunigt werden, Thera-pien haltbarer sind und der (Re-)Integrationen von Ausländern und Frau-en bei der (Wieder-)Eingliederung ein größerer Erfolg beschieden ist. Esbleibt auszuloten, inwieweit aus diesem Zusammenhang auch noch ein

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wirtschaftlicher Nutzeffekt für den Lokal- und Regionalbezug gezogenwerden kann. Jedenfalls bedeutet eine gezieltere Umsetzung der Ergeb-nisse in der Museums- und Erwachsenenbildung einen hohen Bedarf anTrainingsmaßnahmen. Daneben müssen gezielt größere Museen gewon-nen werden, die bereit sind, Projekte dieser Art in Kooperation mit Er-wachsenenbildungsorganisationen umzusetzen. Eine interessante Per-spektive, die in den nächsten Jahren ganz neuartige Entwicklungen her-vorrufen wird.

Literatur

Roßnagel, M. In: Deep Storage – Ausstellungskatalog, Haus der Kunst, München 1997

Winzen, M. In: Deep Storage – Ausstellungskatalog, Haus der Kunst, München 1997

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II.MUSEUM UNDERWACHSENENBILDUNG –PRO UND CONTRA

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Alan Chadwick

Museum und Erwachsenenbildung – Partner oderKonkurrenten?1

1980 beschrieb ich, daß „eine generelle ‚Humanisierung‘ der Museen inGroßbritannien eine wachsende Zugänglichkeit an Orten, Ausstellungs-typen und verstärkte Nutzungsmöglichkeiten für die Besucher gebrachthat“. Daraus resultierte auch die Fragestellung, wie die Museen am be-sten Bildungsangebote offerieren sollten (vgl. Chadwick 1980).Der ehemalige Direktor der Abteilung für Museumsstudien an der Leice-ster Universität meinte hierzu, daß die Entwicklung eines bedeutungsvol-len öffentlichen Services gute Kooperationsmöglichkeiten mit anderenOrganisationen und Institutionen voraussetzt, die in ähnlichen Zusam-menhängen tätig sind (vgl. Singleton 1970/71).Gemäß der OECD-Definition bedeutet Erwachsenenbildung „jede Lern-aktivität oder jedes Lerninteresse, wohlüberlegt gestaltet von einer Ver-teilerorganisation zur Befriedigung jeglicher Lernnotwendigkeiten oder-interessen in jeder Lebenssituation einer Person jenseits des Schulalters,deren Hauptaktivität nicht mehr ausschließlich im Berufsbereich liegt“(Organization ... 1996). Diese Definition bezieht sich sowohl auf berufs-bildende wie auf Freizeit-Angebote innerhalb oder außerhalb von expli-ziten Aus- und Fortbildungsinstitutionen.Museen sind für mich ausgesprochene Bildungsinstitutionen. Ich bezie-he mich auf Burcan, für den Museen als Bildungsorte der Inspiration undästhetischen Bereicherung aller Zielgruppen, der Entwicklung des Indivi-duums und der Kooperation mit anderen öffentlichen Bildungsorganisa-tionen dienen.In diesem Zusammenhang bilden sich erste Partnerschaften aus.Brookfield bietet eine sinnvolle Definition des Lernens an, die besagt, daßErwachsene ihr ganzes Leben lernen, verschiedene Methoden durchspie-len, wobei die früheren Lernerfahrungen mit in das Selbstkonzept einbe-zogen und problemzentrierte Lernaktivitäten bevorzugt werden.Lernen im Museum bedeutet, in einer nicht bedrohlichen Umgebung In-formationen aufzunehmen. In die Kategorie „Museum“ fallen jedoch ganzunterschiedliche Bereiche, wie Schlösser, Naturreservate, zoologischeGärten sowie Themenparks. Museen im engeren Sinne als kunst- oderkulturgeschichtliche Sammlungsstätten können davon profitieren, was

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Themenparks so erfolgreich macht. Der Wert eines Museums als „Stättepopulären Entertainments“ (Statement aus dem Jahre 1907) darf nichtunterschätzt werden. Hier konkurriert es mit „Pferdereitgelegenheiten,Bars, ... Themenparks und anderen Vermittlungsformen populärer Kultur...; heutzutage sind nicht mehr die Museen, sondern Fernsehen, Kino,Rockvideos populäre Kulturvermittler“ (Macdonald/Elsford 1995).Die Erfolge mancher Freilicht- oder themenzentrierter Museen, die z.B.die Geschichte der Wikinger zeigen, verdeutlichen, daß die Perzeptiondes kulturellen Erbes nicht nur in Objekten, sondern auch in Wunschvor-stellungen, Werten und Prozessen liegt.Die laufenden Erwachsenenbildungsinitiativen in Museen führen zu fol-genden Fragen:• Sollen Sammlungen mehr Zugang für mehr Leute ermöglichen?• Inwieweit kann eine Balance zwischen der Verpflichtung zur qualifi-

zierten Bewahrung und der öffentlichen Zugänglichkeit hergestelltwerden?

• Kann Lernen vom Vergnügen im Museum separiert werden? Wo soll-ten die Prioritäten liegen?

• Wie können die Bildungsinitiativen finanziert werden?• Welche Hauptprobleme beschäftigen heutzutage Erwachsene?• Welche Tragweite hat Erwachsenenbildung für die Problemlösung?• Was sind die bedeutendsten Ziele der Erwachsenenbildung?• Welche Rolle spielt die Politik bei der Erwachsenenbildung?Diese Fragen beweisen mir den Nutzen einer Zusammenarbeit von Mu-seen und Erwachsenenbildung sowohl für die Öffentlichkeit wie auch fürdie Partner. Es gibt genügend Beispiele, die beweisen, daß innerhalb derKooperation qualitativ hohe Lernmöglichkeiten für Erwachsene gebotenwerden. Dabei bezieht sich Partnerschaft nicht nur auf Museen und Er-wachsenenbildungsorganisationen, sondern auch auf viele andere Agen-turen und Modelle. Lernen in Partnerschaft mit Kommunikationstechno-logie entspricht in vieler Hinsicht den neuen Lerngewohnheiten, sich ei-ner professionellen Assistenz zu bedienen, die einem im Selbstlernpro-zeß behilflich ist. „Das Konzept des virtuellen Museums ermöglicht demLernenden, durch die Objekte zu eilen in einer ihm gemäßen individuel-len Form. Dabei werden im Gegensatz zur physikalischen Struktur vonMuseumssälen Vergleichsobjekte sowie Textdetails zur näheren Definiti-on angeboten, die ein schnelleres und unmittelbareres Lernen ermögli-chen“ (Gray 1997, S. 15). Dabei muß allerdings festgehalten werden, daßvirtuelle Realität nichts mit wirklicher Realität zu tun hat. Sehen ist nicht

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ein Äquivalent zum Lernen und Lernen nicht gleichzusetzen mit Verste-hen.Als ein anderer Typ von Partnerschaft kann ein Projekt verstanden wer-den, das im Victoria and Albert Museum in London stattfand (vgl. Akbar1995) Es handelte sich um ein interkulturelles Angebot, das ca. 700südasiatische Frauen miteinbezog. Sie besuchten die Sammlung in derNehru-Gallery und wurden im Anschluß daran aufgefordert, großfor-matige Textiltapisserien anzufertigen, in die sie ihre Lebens- und Lerner-fahrungen einarbeiten sollten. Auf diese Weise wurden die lernendenFrauen zu Partnern der Museumsmitarbeiter. Viele der Tapisserien wur-den von den Frauen ausgestellt und in manchen Fällen danach ver-kauft.Das Projekt zeigte auf eindrückliche Weise, wie das Verständnis vonMuseen und ihren Sammlungen durch Gruppenaktivitäten gefördert wer-den kann. Es unterstützte die Entwicklung der Eigenkreativität der Teil-nehmenden und steigerte dadurch ihr Selbstwertgefühl.Dies führt mich zurück zu der Frage, inwieweit hoher Museumsstandardund populärer Zugang von neuen Zielgruppen in Einklang zu bringensind. Ohne Frage waren bei dem eben beschriebenen Projekt die Kombi-nation einer museumsungewohnten Bevölkerungsgruppe mit Gesprächenim Museum und praktischer Arbeit sowie die Kooperation mit anderenMuseen, Kommunen und Erwachsenenbildungsorganisationen erfolg-reich. Neben dem Effekt des Lernens kam durch die aktive Teilnahme derAspekt des Entertainments hinzu.Es existiert eine ganze Reihe von Gruppen, die auf ähnliche Weise ange-sprochen wurden, so Gefangene, Kranke, Arbeitslose. Eine wachsendeZielgruppe sind die Senioren, deren Zahl zunehmend steigt (einem de-mographischen Trend zufolge wird das United Kingdom zur „ergrauen-den“ Gesellschaft). Projekte, die in Zusammenarbeit durchgeführt wur-den, waren jedenfalls immer erfolgreich: Sie teilten die Finanzen und dasRisiko, brachten effektive Resultate für die Gemeinden, ermöglichten er-weiterten Zielgruppen den Zugang zu den Museumssammlungen undvergrößerten dadurch die Vielfalt der Lernmöglichkeiten im Aus- undFortbildungs- sowie im Freizeitbereich.David Anderson bemerkt hierzu in seinem offiziellen Bericht, der 1997publiziert wurde: „Die laufende Separierung verschiedener Arten vonInstitutionen im Kultur- und Bildungssektor hat organisatorische und pro-fessionelle Logik. Dennoch: Wenn Museen und andere Institutionen denBedarf der Öffentlichkeit treffen wollen, müssen sie intensivere grenzüber-

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schreitende Zugänge entwickeln, insbesondere durch die Unterstützungder Aus-, Fort- und Weiterbildung“ (Anderson 1997, S. 89).Hazel Moffat, eine frühere U.K.-Regierungsinspektorin für Erziehung mitspezifischem Interesse für Museumserziehung, meinte in bezug auf diesePartnerschaft: „Angestellte in Museen, Galerien und Erwachsenenbil-dungsorganisationen brauchen die Unterstützung der nationalen und re-gionalen Organisationen, wenn die Innovationen weiterführende Wir-kung haben sollen. Politische Träger, Sponsoren und professionelle Ver-einigungen müssen aufgefordert werden, die notwendigen Schritte zuunternehmen, um die Anzahl der Erwachsenen zu steigern, die von einergrößeren Vielfalt an Erziehungsmöglichkeiten in Museen und Galerienprofitieren können“ (Moffat 1995).Darüber hinaus habe ich früher bereits darauf hingewiesen, daß „Spaßimmer als Freude derjenigen definiert wurde, die nicht denken können... Jetzt in einer komplexen Gesellschaft, in der die Last der Verantwor-tung, die einem einerseits aufgebürdet wird und die man andererseits aufsich nimmt, mehr und mehr auf den Schultern des einzelnen liegt, kannSpaß ebenfalls eine feste Basis für weitere Lernprozesse und Verständnishierfür bilden“ (Chadwick 1989).Das Bewußtsein bei Museums- und Erwachsenenbildungs-Verantwortli-chen, ein gemeinsames Ziel gegenüber den erwachsenen Besuchern undTeilnehmern zu verfolgen, nicht zuletzt auch aus der Idee der finanziel-len Nöte heraus und begleitet durch das Bewußtsein, daß Öffentlichkeitauch eine Lobby bildet, sollte dazu führen, daß der Kooperation und Part-nerschaft zunehmend mehr Bedeutung beigemessen wird – nicht zuletztauch zum Wohle der Gemeinschaft. Und dies bedeutet, die Dinge rich-tig zu tun genauso wie die richtigen Dinge zu tun!

Anmerkung

1) Dank für die wertvolle Assistenz an Annette Stannett

Literatur

Akbar, S., Multicultural education: the Mughal Tent project at the Victoria and Albert Muse-um“, in: Museums and the education of adults, op.cit.

Anderson, D., A Common Wealth: museums and learning in the United Kingdom, London1997, S. 89

Chadwick, A.F., The role of the museum and art gallery in community education, Universi-ty of Nottingham 1980

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Chadwick, A., Museums, adults and community education: some constraints as opportuni-ties, Papier 10/1/89 auf der HMI-Konferenz 1989

Gray, D.E., Learning in Museums: the Internet as a research and data gathering tool, in: Jour-nal of Education in Museums 18, 1997, S. 15

Macdonald, G.F./Alsford, S., Museums and theme parks: worlds in collision, in: MuseumManagement and Curatorship 14/2, 1995

Moffat, H., Prospects for future collaboration, in: Museums and the education of adults,op.cit.

Organisation for Economic Cooperation and Development, Learning opportunities foradults, vol. 4: Participation in adult education, Paris OECD 1997. (Zur weiteren Diskus-sion institutionaler Konzepte siehe: M.Tight, Key concepts in adult education and trai-ning, London 1996)

Singleton,H.R., Interactions: the museum at work in the community, in: Museum 23/2,1970/71, S. 108

André Schläfli

Beteiligung der Schweiz an dem Projekt AEM

Drei Gründe haben die Schweizerische Vereinigung für Erwachsenenbil-dung (SVEB) dazu geführt, das Projekt AEM beim Bundesamt für Bildungund Wissenschaft einzugeben und sich diesem internationalen Sokrates-Projekt anzuschließen:

1. Nationaler Austausch

Die SVEB wird seit Jahren über das Bundesamt für Kultur unterstützt. DasSokrates-Projekt bildete eine willkommene Gelegenheit, die Vernetzungzwischen Erwachsenenbildung und Kultur aufzunehmen und in eine ak-tive Gestaltung umzusetzen. Die Entwicklung in der Erwachsenenbildungzeigt auf, daß Lernnetzwerke und Synergien unterschiedlicher Institutio-nen neue Lernmöglichkeiten bringen. Für die Erwachsenenbildung lohntes sich, neue Lernorte, wie Bibliotheken und Museen, speziell für dasselbständige Lernen zu prüfen und zu öffnen. Seitens der Museen wirdmehr Kundenorientierung erwartet, um unterschiedliche Zielgruppen fürdie zahlreichen Museen zu interessieren und eine neue Art des Lernensin den Museen zu ermöglichen.

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2. Internationale Beteiligung

Der europäische Verband für Erwachsenenbildung hat sich stark dafürengagiert, daß Projekte im Bereich der Museen über Sokrates-Erwachse-nenbildung unterstützt werden.Die Initiative, die von Erwachsenenbildungskreisen aus unternommenwurde, um Erwachsenenbildung in einem Museum durchzuführen, ver-dient Unterstützung. Bis dahin ergaben sich auch keine Kontakte vonPersonen, die sich dieser Thematik widmeten. Da es für Schweizer Orga-nisationen möglich ist, sich mit eigenem Geld an solchen Projekten zubeteiligen, lohnte es sich auch für die Schweiz, Erfahrungen über dieGrenzen hinweg auszutauschen. Um die Erfahrungen und Kontakte zuvermitteln, haben wir eine Evaluationstagung des Projekts AEM am 17./18. September 1998 in Basel organisiert. 80 Personen konnten an dieserTagung interessante Modelle und Erfahrungen von der Projektleiterin Jut-ta Thinesse-Demel sowie von der Joint-Venture-Partnerin aus Irland, He-len O’Donoghue, erfahren. Die Begegnung zwischen Erwachsenenbil-dung und Museen war für alle Beteiligten befruchtend und öffnete überdie Grenzen hinweg neue Horizonte.Ein eindrückliches Beispiel stellte Frau Dorette Haltinner (Hauptleitungder oben erwähnten Basler Tagung) vor (s. Projekt Schweiz: „Grabe wodu stehst“, S. 148).

3. Glückliche Konstellationen

Die Zusammenarbeit mit den Kollegen und Kolleginnen aus dem euro-päischen Raum hat sich, trotz eines späteren Einstiegs der Schweiz in die-ses Projekt, rasch etabliert. Jutta Thinesse-Demel hat es verstanden, dieSchweiz ideal in das Projekt einzubinden. Anderseits haben wir mit Do-rette Haltinner eine fachlich ausgezeichnete Projektleiterin gefunden.Schließlich war es auch für die SVEB ideal, sich durch das Thema „Mu-seum und Erwachsenenbildung“ Gedanken über die Entwicklung vonLernnetzwerken zu machen. Die Verbindung zwischen dem Lernfestivalund der Idee, Erwachsenenbildung in den Museen durchzuführen, bildetdie weitere Entwicklung dieser begonnenen Arbeit.

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Ralf Keller

Die Bedeutung der kulturellen Bildung fürErwachsene1

Stellen wir vorweg klar: Von Weltverbesserungsallüren müssen wir unsauch als Erwachsenenbildnerinnen und -bildner verabschieden. GegenEnde eines langen Historikerlebens konstatierte Jean Rudolf von Salis: „...die Idee, die Geschichte führe von einem schlechteren zu einem besse-ren und schließlich zu einem Idealzustand, wo alle Menschen freundlichund gut und lieb und wohltätig werden und in Frieden miteinander le-ben, das widerspricht im Grunde doch der Erfahrung des Geschichts-schreibers“ (von Salis 1993, S. 124). Und wir wissen es nicht erst seit demSokrates-Bericht: 80% dessen, was Erwachsene lernen, eignen sie sichaußerhalb organisierter Lernprozesse an. Wir wollen „lieber angeregt alsunterrichtet sein“, meinte Goethe (in: Dichtung und Wahrheit, 2. Teil, 8.Buch).Dennoch, zu Resignation ist kein Grund. Humanismus, Bildung, Kunstsind nicht wirkungslos. Nochmals Jean Rudolf von Salis: „Als Historikerhabe ich doch unendlich viele Ereignisse, Kriege, diplomatische Verhand-lungen, historische Persönlichkeiten kennengelernt und versucht, sie dar-zustellen. Und nachträglich habe ich entdeckt, daß von alledem eigent-lich nur das Geistige oder, sagen wir es banaler, die Kultur überlebt hat.Schauen Sie, in Italien weiß man ganz genau, wo man hingehen muß,um den oder jenen Maler oder Bildhauer kennenzulernen. Von den Päp-sten aber, von den Tyrannen und Stadtfürsten, die doch ihre Auftraggeberund Mäzene waren, nun ja, von denen erzählt zwar die Geschichte, dasBleibende aber haben die Künstler geschaffen“ (von Salis 1993, S. 89).Was ich damit sagen will: Obgleich wir uns keine Wunder erhoffen dür-fen von der kulturellen Bildung – eine Alternative, etwas Besseres habenwir nicht, wenn wir das Leben und Zusammenleben erträglich gestaltenwollen.

Kulturelle Bildung für Erwachsene

Nehmen wir uns die Wörter vor, zuerst das Substantiv: Erwachsenenbil-dung will zur Daseinsbewältigung beitragen, in geistig-emotionaler, in

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beruflicher, in sozialer Hinsicht; sie hat den persönlich gereiften, selbstän-dig urteilenden und handlungsfähigen Einzelmenschen zum Ziel. Aberauch eine lernende Gesellschaft will sie schaffen, die die vielen Heraus-forderungen der Zeit zu bewältigen vermag, von der Arbeitslosigkeit überdie Fremdenfeindlichkeit bis zur geistigen Orientierungslosigkeit, und diean deren Stelle positive Werte setzt wie politische Teilnahme, Umwelt-bewußtsein, kulturelle Zugehörigkeit und gesellschaftliche Eingliederung.Doch wir leben in der Multioptionsgesellschaft, deren Merkmal die tota-le Beliebigkeit ist, die Abwesenheit aller verbindlichen Werte, die Aus-tauschbarkeit der Lebensentwürfe und letztlich die Sinnleere des Daseins... Denn das Triviale hat eben darin seine Schwäche, daß es nur eine sehrkurzlebige Befriedigung verschafft – der seichte Action-Film, der Gro-schen-Roman, sie halten uns im besten Fall einen Moment lang in Atem,dann ist der Spuk vorbei. Große Kunst und Literatur jedoch – „Der alteMann und das Meer“, der Mensch im ewigen Kampf mit den Kräften derNatur, konfrontiert mit den ewigen Fragen des Lebens –, sie stellen unsdie Metaphern zur Verfügung, mit deren Hilfe wir die Welt, in der wirleben, für uns selbst ein bißchen ordnen können. Genau darin unterschei-det sich die Kunst vom Kitsch: Sie wirkt nachhaltig, sie löst etwas aus,setzt uns geistig in Bewegung, sie öffnet Räume für das Neue, das unwei-gerlich auf uns zukommt.Die Alternative zur Öffnung und zur Entwicklung ist das Verharren, dasErstarren, die ideologische Verengung – also demokratie- und lebens-feindliche Zustände, denn sie nagen an der Widerstandskraft gegenüberVerführern und Verfügern. Die Gefahr ist groß, daß die Löcher, die einemangelhafte kulturelle Bildung offenläßt, sich mit sektiererischem Schuttauffüllen.Und das Adjektiv im Begriff der kulturellen Bildung? Vergleichen Sie das,was wir über die Erwachsenenbildung sagten, mit dem weithin akzep-tierten Kulturverständnis, so stellen Sie fest, daß die zwei Wörter prak-tisch austauschbar sind: Nach der Formulierung des Europarates ist Kul-tur bekanntlich alles, „was dem Individuum erlaubt, sich gegenüber derWelt, der Gesellschaft ... zurechtzufinden, alles, was dazu führt, daßder Mensch seine Lage besser begreift, um sie unter Umständen verän-dern zu können“. Mit fast identischen Sätzen umschreiben Erziehungs-abteilungen und Unterrichtsministerien die Bildungsziele.2 Damit aberwird die Kombination kulturelle Bildung zur Tautologie, zum weißenSchimmel. – Doch wir wollen uns nicht in semantischen Spitzfindigkei-ten verlieren. Vielleicht will sich „kulturelle Bildung“ ja auch einfach

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von der beruflichen Weiterbildung abheben (was, nebenbei gesagt, me-thodisch zwar verständlich, vom gesamtheitlichen Denken her aber be-dauerlich ist).

Sinn-Produktion

Wir können in unserem thematischen Kontext aber auch ein spezifische-res Verständnis von kultureller Bildung meinen. Ganz grundsätzlich ge-sprochen gebe es überhaupt nur zwei Arten menschlicher Arbeit, schriebder Germanist Peter von Matt: „... die eine hat zum Ziel, daß wir lebenkönnen; die andere hat zum Ziel, daß wir wissen, warum wir leben. Esgibt eine Arbeit, die produziert das Lebens-Mittel; und es gibt eine Ar-beit, die produziert den Lebens-Sinn. Was immer sich mit dieser berührt,nennen wir Kultur“ (1989, S. 146). Bildung ohne Attribut wäre dann das,was sich auf die Fertigkeiten bezieht, welche die Lebens-Mittel produ-zieren helfen; und die kulturelle Bildung wäre dann jene, die sich auf dieFähigkeit zur Sinn-Produktion bezieht. Erwachsenenbildung im ganzheit-lichen Verständnis kann beides meinen.„Solche Produktion von Lebens-Sinn“, so von Matt, „geschieht nicht di-rekt, nicht als Formulierung von Weisheiten und Sprüchen, sondern siegeschieht dadurch, daß einer Sache die Potenz verliehen wird, Erfahrungauszulösen, die spezifisch kulturelle Erfahrung. Diese ist momenthaft undaußersprachlich; ich möchte sie bezeichnen als ein plötzliches Erlebenvon Sinn- und Welt-Zusammenhang. Eine winzige Explosion von Sinn,das ist der Kern aller kulturellen Erfahrung“ (1989, S. 147).Weiter beschreibt von Matt diese Sinn-Erfahrung vor dem kulturellenGegenstand, z.B. im Museum, als „ein plötzliches Gefühl für den Ort, woman steht, wo man herkommt und worauf man zugeht“. Sinn ist so gese-hen verwandt mit jenem anderen vielgeschundenen Begriff, dem derIdentität. Möglicherweise hatte es mit diesem Urbedürfnis nach Selbst-vergewisserung und Selbsteinordnung in einem Kontinuum von Zeit zutun, daß sich die Bevölkerung Sarajewos auch während der schlimmstenKriegstage in den Kellern zu literarischen Lesungen und Theaterauffüh-rungen zusammenfand! Alle Erwachsenenbildung zielt letztlich darauf,Identität entstehen zu lassen, also das Gefühl für den Ort, wo man steht,für die Grenzen, die einen umgeben; nur wenn ich an sie herangehe, siewomöglich überschreite, erkenne ich sie, erkenne ich das andere, underkenne ich meine eigenen Konturen.

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Klärung der Identität

Was für die einzelnen gilt, gilt gleichermaßen für eine ganze Bevölkerung.Wir erleben in der Schweiz seit zwei, drei Jahren drastisch, was passiert,wenn eine ganze Gesellschaft ihre kulturelle Weiterbildung vernachläs-sigt, wenn sie sich auf ihren Mythen ausruht, obgleich diese längst denBezug zur Realität verloren haben: Offside, heißt der Befund – wir ver-passen den Anschluß an die Welt; mit angezogener Handbremse zuckelnwir im Nebel unseres getrübten Geschichtsbilds im Kreis herum. Das hätteja nicht so sein müssen. In Büchern und Aufsätzen, in Filmen und Foto-grafien haben uns Leute wie Max Frisch, Richard Dindo, Niklaus Meien-berg immer wieder einen Spiegel vorgehalten – wir haben die Spiegel alsZerrspiegel verleumdet, statt uns mit dem Bild ernsthaft auseinanderzu-setzen. Wir haben die Chance kultureller Bildung vergeben.Und im gleichen Maße haben wir es verpaßt, nicht nur unsere Kult-Uhren namens SWATCH, sondern auch unsere vier Kulturen jenen nä-herzubringen, mit denen wir auf diesem Globus wohl oder übel zusam-menzuleben haben. Die schweizerische Eidgenossenschaft läßt sich diebloße Auslandwerbung für drei Käsesorten mehr kosten als die ganzenkulturellen Außenbeziehungen, die die Bundesstiftung Pro Helvetiapflegt!

Kulturvermittlung

Erwachsenenbildung ist eine Form der Kulturvermittlung. Museen sindOrte der Kulturvermittlung. Erwachsenenbildung und Museum habensomit a priori etwas miteinander zu tun. Museen führen Menschen vorGegenstände, die ihnen ihre vertraute Welt symbolisieren (etwa in einemHeimatmuseum) oder die ihnen eine unvertraute, fremde näherbringen(etwa in einem Völkerkundemuseum, das sich mit der Vermittlung zwi-schen unterschiedlichen Kulturen etwas vom Schwierigsten aufs Bannergeschrieben hat). Indem die Menschen vor diesen Objekten eine Einsichtgewinnen, jene winzige Explosion von Sinn erleben, lernen sie etwas –nicht zuletzt über sich selbst. Voraussetzung ist, daß das Objekt diesekulturelle Erfahrung noch zuläßt oder provoziert, daß unser Interesse ihmgegenüber nicht völlig erloschen ist. Sonst wirkt es im abschätzigen Sinnmuseal auf uns, und wir reagieren mit Widerwillen oder Enttäuschung,eben weil jenes plötzliche Erleben von Sinnhaftigkeit ausbleibt.

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In unserem Zusammenhang entscheidend ist nun natürlich ein Drittes,das, was sich zwischen dem Museumsgut und dem Betrachter, der Besu-cherin abspielt – sei es, im negativen Fall, die Enttäuschung vor dem Er-loschenen, allenfalls die Wut vor dem unvertraut Avantgardistischen oderdas positive Erlebnis des uns anspringenden Sinns. Die bewußte Beschäf-tigung mit diesem Dritten nennen wir Kulturvermittlung.Diese ist bis heute das Stiefkind der Kulturförderung. Deren Hauptaugen-merk liegt zum einen auf der Kulturwahrung – Denkmäler, Archive, Bi-bliotheken und Cinematheken, also die Schatz- und Rumpelkammernunserer kollektiven Vergangenheit. Zum zweiten konzentrieren sich dieKulturämter und Sponsoren einerseits auf die Produktionsförderung –Schriftstellerinnen erhalten Werkaufträge, Komponisten sollen Partiturenerstellen, Filmgestalter ihre Drehbücher realisieren – und andererseits aufden Kulturbetrieb: In jeder Kleinstadt findet sich heute ein Kulturangebot,das die Nachfrage weit übersteigt; Festivals aller Art jagen sich von Jah-reszeit zu Jahreszeit, von Jazz über Film und Theater bis neuerdings zuden Lernfestivals; die Schweiz hat die höchste Museumsdichte aller Län-der und eine Künstlerquote, die erstaunt. In das Dritte aber, das die Brük-ke schlägt zwischen dem produzierten Werk und der Leserin, dem Hö-rer, dem Publikum, in die Kulturvermittlung haben wir wenig investiert,geistig und finanziell. Wir haben in der Kunst der Vermittlung kaum Pro-fessionalität entwickelt. Dabei verhält sich doch Kulturförderung zur Kul-turvermittlung wie der Bergbau zur Diamantschleiferei: Ohne letztere istder Edelstein, das Kunstwerk, zwar vorhanden, aber es ist weder sicht-bar, noch kann es seine Wirkung entfalten.Waren Museen im traditionellen Verständnis Orte des sorgfältigen Ver-stauens und des allmählichen Verstaubens, sind heutige Museen zu Or-ten der Vermittlung geworden. – Oder etwa nicht? Eine Studie zeigte, daß64 schweizerische Museen im Jahre 1993 von 21/2 Millionen Menschenbesucht wurden: Davon waren 81% Erwachsene, doch wurden für die19% Kinder und Jugendlichen doppelt so viele Mittel in museumspäd-agogische Aktivitäten investiert wie für die 81% Erwachsenen, die zumBeispiel in zwei Dritteln der Häuser nicht einmal mit angemessenenAbendöffnungszeiten rechnen können. Museumspädagogik für Erwach-sene steht, nicht nur semantisch, auf einem sehr labilen Fundament. Wirhaben viel zu wenige Diamantschleifereien!Wir haben uns nach der Bedeutung der kulturellen Bildung für Erwach-sene erkundigt. Um den Wert zu erkennen, den wir einer Sache geben,können wir uns auch fragen, wie wir ohne sie auskämen. Zum Beispiel:

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Wie fremdenfeindlich wären Sie ohne kulturelle Bildung? Wie würden Siesich eine Meinung über die Gentechnologie bilden wollen, wenn Ihnenkulturelle Bildung nicht wenigstens den einen oder anderen Wegweiseraufgestellt hätte im Dschungel der Argumente? Wie erzögen Sie Ihre Kin-der – sei es als Eltern oder als Lehrpersonen – ohne einige Leitideen undWerte, die Sie aus Ihrer kulturellen Bildung schöpfen?

Anmerkungen

1) Gekürzte Fassung eines Vortrags, den der Autor am 17. September 1998 bei der Tagung„Museum und Erwachsenenbildung“ Im Museum der Kulturen in Basel hielt.

2) Lizenziatarbeit von F. Krogh Loser am Pädagogischen Institut der Universität Zürich, vgl.Education permanente, 1994/4, S. 255

Literatur

von Matt, P., Kulturerfahrung und Kulturbewahrung, in: Schweizer Monatshefte, Febr.1989,Heft 2

von Salis, J.R., Dem Leben recht geben, Klara Obermüller im Gespräch mit Jean Rudolf vonSalis, Weltwoche ABC-Verlag, Zürich 1993

Jean-Christophe Ammann

Das Museum als kollektives Gedächtnis1

Vor allem von seiten der „Medienfreaks“ ist häufig zu hören, daß dasMuseum im klassischen Sinne keine Zukunft habe (im klassischen Sinneheißt: unter Einbeziehung traditioneller Medien wie Malerei, Skulptur,Fotografie, Zeichnung). Der Fortschritt der Kommunikationstechnologiesei derart rasant, flächendeckend und global, damit verbunden die Mög-lichkeiten, völlig neue Bilder und Inhalte zu schaffen, daß allein schondie Vorstellung eines „statischen“ Museums der Gegenwartskunst obso-let werde. Auch kunsthistorische Museen können in Zukunft über CD-ROMs sehr viel besser in allen erdenklichen Details und Querbezügenerschlossen werden.Diese Sicht ist nicht falsch, sie ist aber noch längst nicht richtig. Sie gleichteiner linearen Extrapolation, wie sie früher von Futurologen vermitteltwurde. Selbstverständlich werden die elektronischen Medien und com-

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putergenerierten Bilder verstärkt die bildnerischen Sprachen der Kunstbestimmen. Und sicher werden wir eines Tages über die CD-ROM in denweitläufigen Sälen des Louvre nicht nur spazierengehen, sondern jedesder vielen tausend Werke unter besten Lichtbedingungen in Augenscheinnehmen können. Detailaufnahmen, Kompositionsschemata, vergleichen-des Anschauungsmaterial, ja der jeweilige Forschungsstand über die ein-zelne Arbeit werden das ermüdende Abschreiten und Eruieren vor Ort umvieles erleichtern. Die „Zeilendichte“ der Bilder wird ständig zunehmen,bis wir zu gestochen scharfen Formen gelangen (vergleichbar mit der Ent-wicklung in der Satellitenaufklärung).Der Hase aber liegt dort im Pfeffer, wo man in die Medienfalle tappt. AlsMedienfalle bezeichne ich eine Prioritätensetzung, die zwar zeitgemäßund zukunftsbestimmmend ist, jedoch für die künstlerische Praxis ebengerade nicht von dieser Ausschließlichkeit lebt. Ich würde sogar so weitgehen zu behaupten: Je stärker sich die Telekommunikationstechnologieentwickelt, desto stärker setzt sie Kräfte frei, die über die traditionellenMittel des Tuns ihren Ausdruck finden.Die Kunst war immer ein Zeitspeicher, der sein Äquivalent im Körperge-dächtnis findet. Das Körpergedächtnis ist das genetische, das biologische,das erinnerte und kulturelle (kollektive). Die Erforschung des Selbst auseinem Denken und einem Bewußtsein von Gegenwart setzt das Körper-gedächtnis voraus. Man könnte auch sagen, daß sich das Körpergedächt-nis zum Selbst verhält wie das Handeln zum künstlerischen Ausdruck.Ist es nicht so, daß die Menschen immer alles schon gewußt haben? Daßsie dieses Wissen in den Bildern ihrer Zeit ausgedrückt haben? Ist es nichtso, daß die besten Werke, die uns überliefert sind, den Zeitgeist, dessenSpuren sie tragen, durchbrochen haben?Den Zeitgeist von heute zu durchbrechen meint, auch die Medienfallezu durchbrechen, antizyklisch den Zeitgeist in eine Dimension der an-thropologischen Zeit zu erweitern. Das war seit jeher die Aufgabe derKünstler. Plötzlich wird sichtbar, daß sich der anthropologische Zeitkör-per der „Vernetzung“ verweigert, daß er sich nicht vernetzt ausdrückenwill, auch wenn er sich dessen bewußt ist, daß der Körper beispielsweisemalt, weil Malen so unzeitgemäß ist, weil Malen diesen Zeitkörper alsResonanzkörper in Schwingungen versetzt. Weil Malen der Zeit Zeit gibt.Aus dem Gesagten lassen sich für das Museum einige Schlüsse ziehen:– Davon ausgehend, daß das Museum ein kollektives Gedächtnis ist und

die Werke Teile der kollektiven Biographie sind, ist die Vorstellung ei-nes Museums, das sich allein auf die künstlerische Verwendung elek-

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tronischer Medien konzentriert, ziemlich abstrus. Tatsache ist, daßheute alle Medien, von den traditionellen bis zu den avanciertesten,gleichermaßen und gleichberechtigt zur Verfügung stehen.

– Die Museen müssen lernen, mit ihren Sammlungen umzugehen. Über-spitzt gesagt: Statt die Werke der Geschichte unterzuordnen, sollen sichdie Werke der Geschichte unterordnen, oder noch anders ausgedrückt:Die Werke – quer durch die Jahrhunderte – sollen sich im gemeinsa-men Gespräch ihre eigenen Geschichten erzählen. Das setzt nicht nureine hervorragende Kenntnis der Sammlung voraus, sondern auch einhohes Gespür für mögliche Nachbarschaften. An die Stelle des Kunsthi-storikers muß der Kunsthistoriker treten.

– Vom Museum für Moderne Kunst in Frankfurt sage ich gerne: Es ist einthinktank, ein Trainingslager für Wahrnehmung und ein Dienstlei-stungsunternehmen mit Bildungsauftrag. Museen sind Zeitspeicher. DieFrage ist nun, unter welchen Gesichtspunkten treten wir an die Werkeheran. Jetzt, wo alles zur Verfügung steht, müssen wir aus der tradier-ten Geschichte heraustreten und die Geschichte aus unserem heutigenBewußtsein neu definieren. Dazu dienen Werke, auch die zeitgenös-sischen Werke, in hohem Maße. Wir müssen lernen, offensiv die Ge-genwart anzugehen.

Das Museum ist also ein Ort, an dem wir speziell berührt werden, da hierunsere fundamentalen Bedürfnisse, unsere Wurzeln, unsere gemeinsameVergangenheit zu finden sind. Dies hat seine Ursache darin, daß es ein„fundamentales Bedürfnis nach Kunst nicht als Ersatzwelt, sondern alsreale Symbolwelt (gibt), in der das Nichtsagbare neben dem Sagbarengleichwertig steht. Insofern schafft Kunst komplexe Modelle, die zwarnicht übertragbar sind, jedoch eine analoge Funktion zum Verständnisund Erlebnis von Wirklichkeit haben“ (Ammann 1993).Es geht in diesem Zusammenhang um die Anschaulichkeit von Kunst,Kunst als „sinnlicher Denkgegenstand“, was bedeutet, „daß man sichgemeinsam diesem Gegenstand über die sinnliche Wahrnehmung nähert,weniger über Behauptungen, denn über Fragen“ (Ammann 1996). Fragenstellen heißt, in Kommunikation zu treten mit anderen und mit den Kunst-werken.„Kommunizieren über Kunstwerke heißt, daß diese für die Gemeinschaftvon zentraler Bedeutung sind. In den Kunstwerken erkennen wir unsselbst. Da eine Gemeinschaft nie homogen ist, finden sich Menschen inganz verschiedenen Kunstwerken wieder. Man nehme dem Menschen dieKunstwerke, und die Gemeinschaft zerfällt. Man hindere die Künstler

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daran, ihre Werke zu schaffen, und die Gemeinschaft verliert die sinn-stiftende Symbolik ihres kollektiven Bewußtseins“ (a.a.O.).„Wichtig ist, daß wir uns in der Realität des Kunstwerks begegnen, überdieses Kunstwerk miteinander kommunizieren, dort Teile unseres Selbstaufspüren, dieses im Kunstwerk erkennen und darüber miteinander inDialog treten. Das Kunstwerk ist somit ein Resonanzkörper unseres kol-lektiven Gedächtnisses und somit auch unserer kollektiven Biographie“(a.a.O.).Damit stellt das Museum einen Ort dar, in dem Geschichte zum einenerfaß- und erfahrbar wird. Zum anderen ist dort ein organischer Zusam-menhang geschaffen, der viele Möglichkeiten des Umgangs intendiert,initiiert und ermöglicht. Es ist ein Experimentierfeld besonderer Art, dasviel zuläßt, das auch weit über die kulturelle Nutzung hinausgeht unduns persönlich erfaßt, uns lernen läßt aus der Vergangenheit, Anregun-gen vermittelt und Hilfen anbietet für unsere gegenwärtige Lebenssituati-on und für zukünftige Entwicklungen.So ist das Museum „wie ein Steinbruch, aus welchem sich jeder die Ide-en, die seiner Orientierung dienen, selbst herausbrechen kann. Er brauchtden Freiraum dieser Ideen. Der Erklärungsbedarf der Kunst entspricht dempersönlichen Verlangen jedes einzelnen, Ideen aus dem Steinbruch derKunst (sprich: Museum) herauszubrechen“ (Ammann 1993).Dies eröffnet dann eine Vielzahl von Feldern, die weit über den engenkulturellen Kontext hinausführen. Um dies allerdings zu bewegen, bedarfes besonderer und verschiedenartiger Vermittlungsformen: „Die uralteForm des Geschichtenerzählers ist gefordert“ (a.a.O.), des Motivierers, desMediators, der die verschiedensten Interessen und Anliegen anklingenläßt in der Begegnung mit den Werken im Museum. Diese neue Sicht-weise führt dazu, daß Museen ganz unterschiedlich genutzt werden kön-nen.Die hier vorgestellten Werke beweisen, daß das Museum tatsächlich derOrt ist, in dem unser kollektives Gedächtnis aufbewahrt wird und daherunser Zugang hierzu wesentlich vielschichtiger und perspektivenreicherist, als er bisher üblicherweise gesehen wurde. Es lohnt sich, diesen Wegweiter zu gehen.

Anmerkung

1) Diesem Artikel liegt ein bisher unveröffentlichter Aufsatz J.C. Ammanns zugrunde, dervon J. Thinesse-Demel in Absprache mit dem Autor ergänzt wurde durch einige weitereZitate, die in anderen Werken bereits veröffentlicht wurden, jedoch den Zusammenhangerhellend verdichten helfen.

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Literatur

Ammann, J.-Ch., Bewegung im Kopf. Vom Umgang mit der Kunst, Lindinger + Schmid, State-ment-Reihe, Regensburg 1993, aufeinanderfolgende Zitate auf den Seiten 11, 28, 54 und55.

Ammann, J.-Ch., Annäherung. Die Notwendigkeit von Kunst, Lindinger + Schmid, State-mentreihe, Regensburg 1996, aufeinanderfolgende Zitate auf den Seiten 84, 82.

Paolo Federighi

Die Rolle des Museums im Zusammenhang neuerFortbildungsnotwendigkeiten

Schulen und berufliche Ausbildungsträger haben ihre Bedeutung als ein-zige Organisation im Bereich des lebenslangen Lernens verloren. DerBedarf an anderweitigen (Erwachsenen-)Bildungstrainings in und mit eta-blierten Institutionen wächst. Die „Filter-Theorie“ – von der Schule überdie Ausbildung zur Berufsausübung hin zur Pensionierung – läßt sichunter den heutigen arbeitsmarktpolitischen Verschiebungen – Teilzeit,neue Bezüge zwischen Arbeitswelt und soziokulturellen Zusammenhän-gen – nicht mehr aufrechterhalten. In diesem Wandlungsprozeß sind allekulturell etablierten Einrichtungen aufgefordert, die beruflich differenzier-ter werdenden Anforderungen zu begleiten und zu versuchen, Antwor-ten auf auftretende Probleme im Alltag, bei der Arbeit und in den verschie-denen Lebenssituationen zu finden und bereitzuhalten.Am Beispiel des Museums wird deutlich: Objekte zu konservieren reichtheutzutage nicht mehr aus. Vielmehr muß ein für alle erreichbarer Ser-vice angeboten werden, um die wachsenden Aus- und Fortbildungsbe-dürfnisse zu begleiten.Die veränderte Rollendefinition bestimmt sich am besten daraus, unter-schiedliche „Benutzer“ zu befragen: den Arbeitslosen, das Kind, den Se-nior, den Studenten etc. in bezug auf die jeweiligen Lebensorte, Ge-schlecht, soziale Klasse, Erziehungsebenen, Nationalität, Sprache, Alteretc. Ziel müßte es sein, ein systematisches Forschungsmodell zu entwik-keln, um jedem einzelnen in seinen verschiedenen Lebensabschnittenund in allen Feldern der Erkenntnis das anbieten zu können, was er gera-de braucht.

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Können Museen diesem Bedarf gerecht werden, wird es gelingen, einModell zu kreieren, das in den Museen Projekte anbietet, die auf die Nöteund Notwendigkeiten eines jeden einzelnen Bürgers – auch gegenüberwachsender kultureller und bildungsmäßiger Ungleichgewichte – reagie-ren?Unsere Informationsgesellschaft mit ihrer Dominanz eines ökonomi-schen, erkenntnisunterstützten Produktionssystems läßt manchmal dieVerantwortung vergessen, die jeder einzelne in der öffentlichen sozialenInfrastruktur (als Bürger, Elternteil, Produzent, Konsument ...) zu tragenhat.In diesem Zusammenhang sollten Museen die kulturellen Bedürfnisse al-ler Bürger in allen Lebenslagen und Bildungsfragen befriedigen. DasMuseum ist hier in seiner Bildungs- und Erziehungsdimension gefragt, die– unabhängig vom Typ – dem Besucher bei seinem Gang durch dieSammlung klar vor Augen geführt werden soll. Diese Bewertungsregeln,angewandt auf die Bildungsprozesse im Museum, bedeuten eine Erwei-terung der Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten, angepaßt an den le-bensweltlichen Entwicklungszusammenhang.Hierzu eine Checkliste der diversen Entwicklungen, die im Leben jedeseinzelnen eine Rolle spielen:• Kindheit• Vorschulalter• Schulzeit• Erwachsenwerden

– Unterstützung der sozialen Notwendigkeiten– Pflichtschulzeit– Eintritt ins soziale Leben– Militärdienst

• Eintritt in die Welt des Geldverdienens– Studienzeit– Eintritt in ein abhängiges oder unabhängiges Arbeitsverhältnis– aktive Beteiligung am sozialen Leben– Zugang zur informellen (Fort-)Bildung– Gründung einer Familie

• Das Durchlaufen der Ausbildung– Grundschule– weiterführende Schule– Universitätsausbildung

• Die Ausbildung genereller Kompetenzen

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– lebensbegleitend– informelle Bildung– Nutzung der kulturellen Infrastruktur

• Fachliche Weiterbildung– Aufbau des Arbeitslebens– Konstruktion der Karriere– Rollenwechsel und Mobilität

• Generelle Weiterbildungsaktivitäten für jede Organisationsstruktur in-nerhalb– des Beschäftigungszusammenhangs– der kulturellen Infrastruktur– der Familie– der Institutionen

• Die eigene Weiterbildung– individuell– begleitet– in einer sozialen Gruppe

• Die Entwicklung der bürgerlichen Sozialisation– staatsbürgerliche Rechte/Bürgerrechte– Fähigkeit, allein oder innerhalb der Gesellschaft Initiative zu ergrei-

fen– Kooperationsbildung

• Der Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit– Vorbereitung– Einstieg in den Ruhestand

• Der 3. Lebensabschnitt– Vorbereitung auf das neue Rollenverständnis– Entwicklung des neuen Rollenverständnisses

• Der 4. Lebensabschnit– Eintritt in den 4. Abschnitt– Vorbereitung auf das Lebensende.

Unsere Museen sollten zunehmend in der Lage sein, ihre Angebote mitdiesen verschiedenen Lebensabschnitten zu verknüpfen. Tatsache ist, daßsich die Bürger nach der Schule sukzessive vom Museum entfernen, weildas Leben schwierig ist. Dies bedeutet, daß das bisherige Erziehungs- undKulturmodell der Museen erweitert werden muß.Das neue Modell ist nicht darauf angelegt, einige neue Besucher insMuseum zu bringen, sondern den Bildungsauftrag effektiver auszugestal-

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ten, um ihn gezielter an den Mann/an die Frau zu bringen. Der Bildungs-effekt eines Museums wird durch die Beziehungselemente folgender ver-schiedener Faktoren geprägt: der Besucher, die Öffentlichkeit als ein kol-lektives Ganzes, Sammlung und Ausstellungen, die das Museum unter-stützende Infrastruktur, das Museumsmanagement, die dynamischenStrukturen des Zusammenhangs, in dem das Museum verortet ist, die Bil-dungsangebote des Museums.Sinn und Bedeutung eines Bildungsprozesses hängen stark ab von derIntention sowie der Begrenzung, die spürbar wird in dem Moment, indem die Öffentlichkeit auf das kulturelle Produkt im Museum trifft. Esexistiert eine enge Verbindung zwischen diesem Produkt und der strate-gischen Ebene, zwischen „Mikro“ und „Makro“, was bedeutet, daß bei-de einen positiven Effekt auf den spezifischen Bildungsprozeß habenkönnen. Dies heißt, daß man auf der einen Seite nicht nur auf die poli-tische Ebene warten soll, die Makro-Entscheidungen trifft, so wie manumgekehrt Veränderungen nicht nur in den einzelnen Museen alleineauf der Mikroebene vornehmen kann. Man kann beide Bereiche nichttrennen.Über diese Mikro-Makro-Ebene wird seit Jahrzehnten debattiert. Sie betrifftdie Beziehung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft. Beim Auf-bau einer Makrodimension geht es um die Beschreibung der verschiede-nen Rollen (Individuen, Öffentlichkeit, Konservatoren), damit sie sich ih-rer Kräfte bewußt werden können, um Qualität und Hierarchie in ihrerwechselseitigen Beziehung. Dies meint nicht notwendigerweise, eine Er-wachsenenbildungsabteilung zur vorhandenen Museumspädagogik zuergänzen oder andere Aktivitäten (z.B. Museumsshops) zu intensivieren.Das neue Modell, das anzustreben wäre, basiert auf der Theorie von Bern-stein1.Im Zusammenhang mit den Museen geht er davon aus, daß diese nichtnur pädagogische, sondern mehr noch Aus- und Fortbildungsfunktionenhaben. Das Problem bei kultureller Vermittlung bestand bisher – nachBernstein – darin, nur die didaktische Dimension zu bearbeiten und aus-schließlich im Dreiecksverhältnis Vermittler – Nutzer – Produkt zu agie-ren. Dies reduziere Museologie einfach zur Methode des Museumsma-nagements und spreche ihr die Fähigkeit ab, die Formen der Kommuni-kation zu kritisieren zwischen Gruppen, die in die Produktion, den Aus-tausch, das Anbieten und den Konsum von Kultur- und Museumsproduk-ten involviert sind. Jedoch werden dadurch nicht alle Bereiche abgedeckt,die nach Parson notwendig wären, um alle verschiedenen Ebenen zu er-

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reichen, die sowohl berufliche Rollen wie Lebensstile verbinden undaufeinander beziehen – also kurz gesagt: gleichen Zugang für alle amBildungsprozeß im Museum zu ermöglichen. Bisher kontrollieren übli-cherweise die Museumskonservatoren und die Öffentlichkeit nur einigeFaktoren, die beim Bildungsprozeß im Zusammenhang mit der Nutzungdes Museums eine Rolle spielen. Als möglicher Vorschlag der Erweite-rung der Bildungsdimensionen an Weiterbildungs- und Kultureinrichtun-gen soll nachfolgend Bernsteins „interne Struktur des Bildungsplans“ dar-gestellt werden, ein Prozeß, der die innere Grammatik des Bildungspro-zesses beschreibt, indem er für die Zusammensetzung und Bewertung dreiRegeln aufstellt. Sie erlauben in modifizierter Form die Umwandlung derRolle der Museen:1. Verteilungsregeln: Sie bestimmen, wer was wem und unter welchenBedingungen vermitteln kann. Als ein weiteres Verteilungskriterium regtBernstein an, die Unterscheidung mit aufzunehmen zwischen dem, wasbereits reproduziert und damit in seinen Folgen vorhersehbar ist, undandererseits dem, was wahrscheinlich ist und alternative Umformungs-prozesse wie Kreativität und Vorstellungsvermögen mit einschließt. DasHauptproblem der Verteilungsregeln bezieht sich auf den Zugang zuChancen und Werkzeugen, die die Entwicklung von Kreativität und denUmwandlungsprozeß fördern können.2. Regeln, wie man etwas in Zusammenhang bringt: Nach Bernstein sindBildungs- und Kulturfragen Prinzipien, durch die andere Themen kanali-siert und miteinander in eine andere Beziehung gesetzt werden zumZwecke der Verbreitung und selektiven Aneignung. Bernstein stellt fest,daß der Prozeß, durch den Wissen und Fähigkeiten erworben werden,immer in ein Ordnungsgefüge gesetzt wird, das der Kontrolle und In-Be-zug-Setzung zu zuvor existierenden Beziehungen und Identitäten dient.Die Unterscheidung zwischen Bildungs- und Erziehungsthemen einerseitsund den Regulationsproblemen andererseits hilft, die Elemente der Bil-dungsfunktion z.B. von Museen besser zu definieren. Deren Anwendungerlaubt eine klare Unterscheidung zwischen Personentraining und demBildungsgehalt, der sich in der Interaktion zwischen den involvierten Ele-menten entwickelt. Die Bildungsfunktion der Museen wird nicht bestimmtvon den Arten vermittelter Produkte, sondern von den Bildungsbezügen,die zwischen den verschiedenen beteiligten Elementen aufgebaut wer-den. Dazu müssen die Komponenten näher bestimmt werden, mit denendie Bildungsinhalte verbunden sind, z.B. mit Ordnung und vorangegan-genen Aktivitäten. Im Falle der Museen bedeutet dies bewußte Planung,

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Kontrolle, Interaktion mit den Problemen der Öffentlichkeit, Methoden-auswahl, Rollenzuweisung, Verhaltensweisen etc.3. Bewertungsregeln: Bernstein identifiziert die Bewertungsregeln mit denPrinzipien, die den Vollzug von Bildungs- und Kulturarbeit, die Codes undMethoden regulieren. Diese Bewertung erfüllt drei Grundfunktionen: Sie„schafft“ den übertragenen Text und fügt diesem Raum und Zeit ein. ImBezug auf die Zeitachse unterscheidet sie zwischen Alter und Lernformen,die z.B. für Kinder geeignet sind. Im Bezug auf die Raumachse stellt sieden Bildungsprozeß in einen historischen und weltanschaulichen Kon-text und verwandelt insbesondere einen physischen in einen kulturellenRaum. Schließlich sorgt Bildungs- und Kulturpraxis für die Entwicklungvon Kommunikation, schafft Bindungen für das Lernen und bewertet dengesamten Prozeß.

Anmerkung:

1) Meine Ausführungen beziehen sich auf:

B. Bernstein, Poder, educación conciencia. Sociologia de la transmissión cultural, Bar-celona 1990

B. Bernstein, La estructura del discurso pedagógico, Madrid 21994

B. Bernstein, La importancia estratégica de la formación de los personas adultes, Valen-cia 1995

Laurence Tardy

Kulturvermittlung – Berufsbild und Tätigkeitsfelder

Was bedeutet Kulturvermittlung?

Unter Kulturvermittlung verstehen wir alle Aktionen, die den Interessen-ten künstlerisches oder wissenschaftliches Arbeiten erleichtern helfen, seies durch übertragenen, intellektuellen oder technischen Zugang. DieAusbildung dazu ist in einem institutionellen Kontext, bei einer Vereini-gung oder einer privaten Stiftung angesiedelt. Die verschiedenen Ausbil-dungsthemen sind selten in einem Vollzeitstudium zu sichern. Sie wer-den häufig auf freiwilliger Basis und unter unsicheren Bedingungen an-geeignet. Dieser Zugang beruht auf Wissen, das notwendigerweise eini-

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ges hervorbringt, unter anderem zur Geschichte der Zivilisation, zurKunstgeschichte und zu den Naturwissenschaften. Mehr noch: Er beruhtauf der Beherrschung mündlicher, schriftlicher und audiovisueller Tech-niken und zudem auf Publikums- und Projektbewertung.In einer Zeit, in der Kultur zunehmend mehr für alle erreichbar wird, istes wichtig, darauf hinzuweisen, daß die fortschreitende Demokratisierungkeinesfalls eine simplifizierte, eingeschränkte oder popularisierte Haltunggegenüber Kultur einnimmt. Um Arbeit zugänglich zu machen, egal, obes sich um Kunst oder Wissenschaft, Ästhetik oder Konzept handelt, müs-sen die Beziehungen zwischen öffentlichen und kulturellen Objektengefestigt werden. Dies ermöglicht der Öffentlichkeit, die Objektzusam-menhänge zu erlernen, und ermutigt dadurch kulturelle Selbstgenügsam-keit. Durch die möglichst nahe Vermittlung aller Parameter für künstleri-sche Gestaltung, wissenschaftliche Forschung etc. vermitteln wir der Öf-fentlichkeit das, was kulturellen Objekten wirklich zugrundeliegt: Kreati-vität und Denken.Kulturvermittlung hat vieles gemeinsam mit Ausbildung, aber sie unter-scheidet sich vom Lernen dadurch, daß sie weder in den Kontext einerSchule noch in den eines professionellen Trainings integriert werdenkann. Generell sind Museumsbesucher – egal, ob Touristen oder Leutevom Fach, allein oder in der Gruppe – nicht einzufangen. Sie sollen sichwillkommen fühlen, Informationen erhalten. Ihr Interesse für die Zusam-menhänge wird geweckt und bereichert durch neue Einblicke auch in ihreeigenen Reaktionen und Betrachtungsweisen, die sie schließlich ausrei-chend motivieren sollen, um das Experiment allein zu wiederholen. Diessind die Hauptüberlegungen, die jede Person, die Kulturvermittlung be-treibt, konstant im Blickfeld haben sollte.

Ausbildung und Aktivitäten

In Frankreich können hierfür notwendige Trainingsqualifikationen in Formeines Aufbaustudiums erworben – z.B. organisiert durch das Direktoriumder Museen Frankreichs – und anschließend vertieft werden durch Kursean der Universität oder in der Louvre-Schule.Alle Kulturvermittler müssen sich in zwei Bereichen qualifizieren:• „Inhaltsbereich“ bedeutet die Kenntnis über die Objekte, mit Basisin-

formationen in den Bereichen Kunst, Wissenschaft, Geschichte undanderen.

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• „Situationsanalyse“ im Zusammenhang mit der Psychologie und Sozio-logie der Besucher; Basisinformationen zu Kommunikationstechniken,die sich in den letzten Jahren enorm entwickelt haben. Darüber hin-aus erhalten Fremdsprachenkenntnisse zunehmende Bedeutung.

Aus diesem Training gehen drei Tätigkeitsfelder hervor:a) Führender, Animateur, DozentIn dieser Funktion muß man in der Lage sein, Informationen bzw. Einfüh-rungen anhand der Werke zu planen und in ein kulturelles Setting einzu-passen. Dafür ist es nötig zu wissen, wie man die Inhalte in Botschaftenübersetzt – speziell in solche, die auf (Sozial-)Geschichte, Kultur- undIdeologiepolitik basieren – , die dem Publikum vermittelbar sind und siein aktuelle Bezüge setzt. Ebenso essentiell, aber selten gelehrt ist die Fä-higkeit, vor diversen Zielgruppen zu sprechen.Schließlich sind gute Kontakte zu einem Netzwerk institutioneller Part-ner und Angestellter lebensnotwendig, da diese Art von Tätigkeit – mitAusnahme im Tourismusbereich – normalerweise nicht sehr hoch bewer-tet ist, stundenweise bezahlt wird und oft mit Konkurrenz zu kämpfen hat.b) Organisationsentwickler von Animationsprogrammen, Besichtigun-

gen, SeminarenVoraussetzung für die Entwicklung von Programmen dieser Art im Zusam-menhang eines museumspädagogischen Service eines Museums oder ei-ner externen (Erwachsenen-)Bildungsorganisation ist das Wissen, wie maninteressierte Laien animiert, kombiniert mit der Fähigkeit, die generellenZiele der Museums- bzw. Institutionspolitik umzusetzen in Aktivitäten undProgramme.c) Verwalter, Organisator und Manager von kulturellen ProgrammenNeben den bereits oben aufgeführten Fähigkeiten kommt hier hinzu, ent-sprechende Örtlichkeiten zu suchen und Finanzierungsmodelle zu ent-wickeln, um ein Team speziell auf besondere Events, Ausstellungen oderKulturfestivals vorzubereiten. Des weiteren meint es die Fähigkeit, einInformationsnetzwerk zu entwickeln, einen erweiterten Kreis an Partnernund Organisationen zu gewinnen und mit diesen Partnern in einer prak-tikablen Form zu kommunizieren. Schließlich muß Verständnis für dieNotwendigkeit einer effektiven Evaluationsprozedur geweckt und diesedann auch durchgeführt werden.1992 wurde in Frankreich auf der Basis von universitären und technischenTrainingsmöglichkeiten der Mindestbedarf an notwendiger Ausbildung fürdie Animateure und örtlichen Führer festgelegt. Demnach müssen siemindestens zwei Fortbildungsjahre nach dem Abitur vorweisen (BAC1+

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2). Touristische Führer müssen drei Jahre technisches Training nachwei-sen: (BTS2 + ein Jahr allgemeine Kultur an der Universität). Die anderenFunktionen sind gewöhnlich verbunden mit einem höheren Trainingsle-vel (BAC + 4), entweder zu erwerben z.B. über das Aufbaujahr der Lou-vre-Schule oder DEA3 und drei DESS4. In diesen Trainingskursen findensich ca. 25% fortgeschrittene Teilnehmer, der Rest sind Anfänger. Diemeisten sind stark motiviert und haben große Schwierigkeiten, einen ad-äquaten Beruf zu finden.Kultur und ihre Vermittlung spielen eine wachsende Rolle in der euro-päischen Kulturpolitik. Wir müssen einen Weg finden, all diese Funktio-nen hier und heute unverzichtbar zu machen und sie für die Zukunft zusichern.

Anmerkungen

1) BAC = Baccalauréat

2) BTS = Brenêt de technicien supérieur

3) DEA = Diplome d’études approfondis: Doktorat

4) DESS = Diplome d’études supérieur spécialisés; berufsbegleitend

Gerhard Bisovsky

Erwachsenenbildung und MuseenMöglichkeiten und Perspektiven einer Kooperation

Die Institutionen der Erwachsenenbildung sind heute mehr denn je ge-fordert. Erstmals in der über hundertjährigen Geschichte der institutiona-lisierten Erwachsenenbildung ist das eingetreten, womit die Erwachsenen-bildung immer – und das sicher sehr zukunftsorientiert – angetreten ist:die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens. Insbesondere mit der rasantfortschreitenden mikroelektronischen Revolution sind Veränderungeneinhergegangen, die alle Bereiche des täglichen Lebens betreffen. Nichtnur die Wirtschaft und die Produktion sind davon betroffen, sondern auchPolitik und Alltag.Die Gesellschaft – darin sind sich Experten einig – wird zu einer lernen-

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den Gesellschaft. Damit sind auch die Anforderungen an die Erwachse-nenbildung gestiegen, die ja immer angetreten ist mit dem Anspruch, daslebenslange Lernen zu unterstützen. Welche Tragweite diese Anforderun-gen haben, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß der Trend von der Erwach-senenbildung hin zum Lernen Erwachsener geht. Und wenn das LernenErwachsener im Vordergrund steht und nicht mehr die Erwachsenenbil-dung als Form institutionalisierten Lernens, dann kann das für die Erwach-senenbildung insgesamt zweierlei – und durchaus Widersprüchliches –bedeuten: nämlich den Bedeutungsverlust für die Exklusivität von Erwach-senenbildung als institutionelles Gefüge und gleichzeitig einen immen-sen Bedeutungszuwachs.Wir können schon seit geraumer Zeit beobachten, daß sich die Grenzenzwischen den Bildungssystemen aufzulösen beginnen. Die Grenzen zwi-schen dem formellen und dem nicht-formellen System verschwindenzusehends, selbst informelle Bildung wird wichtiger, wenn diskutiert wird,wie etwa Erfahrungswissen anzuerkennen sei, das außerhalb von Institu-tionen und ohne Zertifikate erworben wurde. Es verschwinden nicht nurdie Grenzen zwischen den einzelnen Teilen des Bildungssystems, es ver-ringern sich die Barrieren zwischen verschiedenen anderen gesellschaft-lichen Systemen, wie etwa zwischen Bildung und Kultur.Erwachsenenbildung ist mit einem emanzipatorischen Anspruch angetre-ten, der insbesondere in den siebziger Jahren zu sehr vielfältigen Koope-rationen geführt hat, wie etwa zwischen Museen, Kultur und Erwachse-nenbildung, aber auch zwischen Sozialarbeit und Erwachsenenbildung.Diese Kooperationen sind zusammengefallen mit einer beginnenden Pro-fessionalisierung der Erwachsenenbildung und einer Suche nach einerStandortbestimmung. Nicht zuletzt durch eine erfolgreiche Praxis undeine fundierte Grundlagen- und angewandte Forschung ist es der Erwach-senenbildung gelungen, eine klare Identität zu entwickeln. Diese Identi-tät ist – wie Erwachsenenbildung überhaupt – einem ständigen Wandelunterworfen. Ihre Grundprinzipien, die ich als das zusammenfassenmöchte, was als „erwachsenengerechtes Lernen“ bezeichnet werdenkann, sind mittlerweile besonders ausdifferenziert. Sie reichen von derPlanung über die Durchführung bis hin zur Evaluation von Bildungsmaß-nahmen, umfassen ein breites Gebiet wie die Didaktik und schließenverschiedene Wissenschaften – von humanwissenschaftlichen Diszipli-nen bis hin zu sozialwissenschaftlichen – ein.Die Theorie und die Praxis, die in der Erwachsenenbildung und in jenenwissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit Erwachsenenbildung be-

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schäftigt haben, weltweit entwickelt worden sind, wurden bereits in vie-le Bereiche übertragen. Sie finden sich in den Weiterbildungsaktivitätenvon Institutionen des formellen Bildungssystems (Schule, Universität)ebenso wie bei Anbietern, deren Hauptaufgabe nicht die Erwachsenen-bildung ist, z.B. in der innerbetrieblichen Fortbildung sowie der Mana-gement-Weiterbildung.Erwachsenenbildung war und ist immer im Zusammenhang mit gesell-schaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen zu sehen. Heute sind wirdamit konfrontiert, daß ständiges Weiterlernen zu einem integralen Be-standteil moderner Gesellschaften geworden ist. Meiner Einschätzungnach lassen sich besonders zwei bedeutende Stränge bzw. Trends beob-achten: erstens die Bedeutung des reflexiven Handelns bzw. einer zuneh-mend reflexiv werdenden Gesellschaft (vgl. Giddens 1991) und zweitensdie Individualisierung des Lernens. Die zunehmende Reflexivität bedeu-tet inhaltlich für die Bildungsarbeit, daß intellektuelle Kompetenzen undauch sogenannte Schlüsselqualifikationen immer bedeutender werden.Die Individualisierung war schon ein wichtiger Bestandteil der Volksbil-dungsbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Verstanden wurde dar-unter auch ein nicht-hierarchisch bestimmter Umgang zwischen Lehren-den und Lernenden. Das Konzept der Individualisierung ist vor dem Hin-tergrund eines Bildungsverständnisses zu sehen, wonach „durch den ge-genseitigen Verkehr alle lernen und alle lehren“ (Reich 1965).Bildung wird wieder stärker unter dem Aspekt des Brauchbaren gesehen,ihre Verwertbarkeit wird hinterfragt. Dies findet im wesentlichen vor demHintergrund des „mainstream“ zur beruflichen Weiterbildung statt. DieNutzenorientierung war für Individuen allerdings immer schon ein we-sentlicher Beweggrund für die Inanspruchnahme von Weiterbildung.Grundsätzlich sehe ich Kooperationen unter dem Aspekt, daß verschie-dene Kompetenzen unter einem oder mehreren gemeinsamen Aspektenein stärkeres und zielorientiertes Auftreten ermöglichen können. DieNotwendigkeit einer neuen Kooperation zwischen Erwachsenenbildungund Museen läßt sich aus verschiedenen Gesichtspunkten begründen. Ichmöchte hier den gesellschaftspolitischen Aspekt herausstreichen. So stelltsich beispielsweise die Frage nach der Integration von Menschen ausverschiedenen Ländern und Kulturen in moderne Gesellschaften. Integra-tion findet nicht nur über Sprache statt, sondern zu einem großen Teil überKultur. Unter dem Aspekt von „Community Education“ können Museenebenso Zentren oder Treffpunkte werden wie etwa Schulen und Einrich-tungen der Erwachsenenbildung.

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Eines der großen Themen für die Bildung ist der Abbau von Barrieren, dieMenschen am Zugang zu Bildung und Weiterbildung hindern. Barrierenabzubauen, Zugänge zu öffnen und Vermittlungsarbeit zu leisten, dieswird auch für Museen als wichtige Aufgabe angesehen:„Bringing art to the people“ (von Gent 1996) – diese Aufgabenstellung istdemokratiepolitisch und bildungspolitisch von besonderer Bedeutung:Die Gesellschaften tendieren zu Offenheit auf der einen Seite, indem sie,bedingt durch die zunehmende Differenzierung, im traditionellen Sinnunregierbar werden. Gleichzeitig tendieren sie zur Exklusivität, indemimmer mehr Menschen von Wohlstand, aber auch von Bildung ausge-schlossen werden. Durch ähnliche Tendenzen zeichnet sich das Bildungs-system aus.Museen sind virtuelle Welten. Die neuen Informations- und Kommuni-kationstechnologien bieten virtuelle Welten, die andersartige Verknüpfun-gen und geänderte Sichtweisen ermöglichen. Museen können so zu neu-en Lernorten werden – Lernorte, die unabhängig von Zeit und Raum Ler-nen ermöglichen, da sie eine Vielzahl von Kulturen umfassen, die ver-netzend wirken. Dies entspricht letztlich den Konzepten individualisier-ten Lernens, das von einer differenzierten Betrachtung individueller Ler-nender ausgeht und nicht von künstlich homogenisierten Kontingentenvon Lernern.Lernen in und durch Museen umfaßt mehrere Dimensionen: Grenzenkönnen überwunden werden, insbesondere jene Grenzen, die sich in denKöpfen aufgebaut haben. Lernen in und mit Museen trägt zum Schärfender Wahrnehmung bei. Dies kann von der Wahrnehmung von Differen-ziertheiten bis hin zu Globalsichten reichen. Die Betrachtung von Kunst-werken, die Auseinandersetzung mit Kunstwerken schärft die Wahrneh-mung, dies wiederum ist die Grundlage für vorurteilsfreies Herangehenan die Umwelt. Offenheit und Toleranz sind zutiefst humanistische Wer-te. Ich möchte behaupten, daß sie auch Werte sind, die für Alltag undBeruf von besonderer Relevanz sind. Um Probleme erkennen und Lö-sungsansätze entwickeln zu können, sind Offenheit und Toleranz Grund-voraussetzungen.Die Welt verändert sich in einem rasanten Tempo. Diese Veränderungengilt es wahrzunehmen, und gleichzeitig müssen wir uns mit ihnen aus-einandersetzen. Aus dieser Kombination kann Handlungs- und Steue-rungspotential erwachsen. Museen sind jene Orte, die Veränderungenwiderspiegeln. Gemeinsam mit der Erwachsenenbildung können sie zuOrten der lebendigen und offenen Auseinandersetzung werden, die letzt-

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lich all jene Fähigkeiten und Kompetenzen als integralen methodischenBestandteil beinhalten, die heute und für die Zukunft für Alltag und Berufnotwendig geworden sind und dazu beitragen, die Chancen für Menschenin modernen Gesellschaften zu verbessern.

Literatur

von Gent, B.: Art to the people: The role of museums in popular education. Papier, präsen-tiert auf dem 5. Europäischen Forschungsseminar des Netzwerkes der European Societyfor Research on the Education of Adults (ESREA): Cross-cultural Communication. in AdultEducation. Strobl, Austria, September 1996

Giddens, A.: Modernity and Self-Identity. Policy: Cambridge 1991

Reich, E.: Die erste Volkshochschule. In: H. Altenhuber/A. Pfniß (Hrsg.): Verband österrei-chischer Volkshochschulen, Wien 1965, S. 93-100 (erstmals erschienen in: E. Reich:25 Jahre Volksheim. Eine Wiener Hochschulchronik. Wien 1926)

VÖV, Pädagogische Arbeits- und Forschungsstelle: Empfehlung zur Gestaltung der Bildungs-arbeit an Volkshochschulen. Vom Vorstand des Verbandes Österreichischer Volkshoch-schulen beschlossen am 10. Mai 1994 und der 25. Hauptversammlung am 25. Juni 1994vorgelegt. Verband Österreichischer Volkshochschulen. Wien 1994 (hekt.)

Ekkehard Nuissl

Erwachsenenbildung im Museum

Museum als Bildungsinstitution

Erwachsenenbildung fand schon immer auch im Museum statt. Der Ge-danke von der Bildung im Museum ist so alt wie die Museen selbst. Be-reits das griechische „Museion“ war eine Bildungsstätte. Bei der Stiftungdes Hessischen Landesmuseums in Darmstadt im Jahre 1820 verkündeteder Stifter, Großherzog Ludwig I. von Hessen, daß dieses „zur Beförde-rung wahrer Aufklärung und Verbreitung nützlicher Kenntnisse“ dienensolle. Das Museum sollte also von Anfang an keine „Bewahranstalt“ her-ren- oder ortlos gewordenen Kulturgutes sein, keine Selbstdarstellungfürstlichen Reichtums oder individueller Kennerschaft, sondern allenMenschen offenstehen als Bildungsinstitution. Der Gedanke, das Muse-um als Bildungseinrichtung zu sehen, war integraler Bestandteil der Volks-bildungsbewegung in Deutschland um die Jahrhundertwende und in der

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Weimarer Zeit. Bekannte deutsche Museumsleute wie etwa Lichtwark(Hamburg), Kerschensteiner (München), Reichwein und Bode (Berlin)verstanden sich immer auch als Vertreter von Weiterbildung.Im Gegensatz zu anderen Ländern wurde diese Tradition in Deutschlanddurch das nationalsozialistische Regime unterbrochen. Nach dem Kriegewaren die Museen viele Jahre mit dem Wiederaufbau des Sammlungsbe-standes und der Gebäude, mit Restaurierung und Neubeginn beschäftigt,also genau genommen mit sich selbst. Mit wenigen Ausnahmen definie-ren sich Museen seitdem als Institutionen des Sammelns, Bewahrens undForschens. Der Bildungsauftrag spielte demgegenüber sowohl im Selbst-verständnis der Museen als auch in ihrer Praxis kaum eine Rolle.

Bildungsauftrag der Museen

Erst in den 70er Jahren entstand in Deutschland wieder eine intensive Dis-kussion über die gesellschaftliche Funktion der Museen und ihren Bil-dungsauftrag. Bekannt ist die damalige Auseinandersetzung um das Muse-um als „Lernort contra Musentempel“. Diese Diskussion hängt zusammenmit einer Museumskrise der damaligen Zeit: zu wenig Besucher, Bedeu-tungslosigkeit und Legitimationsprobleme. Genau genommen wurdendamals Lösungswege aus dem im hohen öffentlichen Ansehen stehendenBildungsbereich auf die Museen übertragen. Museen als „begehbaresBuch“ und als „kulturelles Kaufhaus“ standen in einer bildungspolitischen,weniger kulturpolitischen Diskussion. In gewisser Weise war die Diskus-sion für Museen erfolgreich; ein richtiger „Museumsboom“ in den 70erund 80er Jahren bescherte vielen deutschen Kommunen prächtige Neu-bauten, gewissermaßen säkularisierte Varianten herrschaftlicher Repräsen-tation. Dies belegen etwa das Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt/M.,die Staatsgalerie in Stuttgart, das Wallraff-Richartz-Museum in Köln oderdie beiden Museen zur bundesdeutschen Geschichte in Bonn und Berlin.

Bildungsarbeit des Museums

Diese staatstragende Repräsentationsfunktion sowie das Sammeln undBewahren von Kulturobjekten sind im Selbstverständnis und in der Rea-lität der Museen nach wie vor deren Hauptaufgaben. Bildung als organi-sierte Bildung findet seit jeher in zweiter Linie statt. Dies ist zwar von

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Museumstyp zu Museumstyp unterschiedlich, aber übergreifend gültig.Das ist nicht nur ein Defizit; Museen sind Kulturinstitutionen und weisengrundlegende Unterschiede zu Bildungseinrichtungen auf. Museen kön-nen Bildungsaufgaben nur dann sinnvoll übernehmen, wenn sie zugleichihre Identität als Kulturinstitution bewahren. Dabei möchte ich insbeson-dere auf drei Punkte näher eingehen:1. Organisierte Bildungsarbeit,2. „Nicht organisierte“ Bildungsarbeit3. Institutionelle Prämissen.

Zu 1) Organisierte BildungsarbeitBei der organisierten Bildungsarbeit, d.h. einer didaktisch aufgebautensozialen Pädagogik, gibt es vor allem vier Unterschiede zur Erwachse-nenbildung.• Museen verfügen über einen kontinuierlichen Bestand von Objekten,

die sinnlich erfahrbar sind und eine eigene Realität, Ästhetik und Aurabesitzen. Der historische Prozeß, in dem diese Objekte entstanden, istim Museum stillgestellt. Leben erhalten sie nicht durch sich, sonderndurch die Besucher. Museale Bildung ist stete Neuinterpretation immergleicher Gegenstände. Von daher ist etwa die Frage, ob man Geschirrnach ästhetischen Kategorien oder nach Herstellungsverfahren präsen-tiert, eine didaktische Frage, die sich auf aktuelle Interessen bezieht.Die Kontinuität aber der Gegenstände bleibt.

• Im Museum läßt sich Wirklichkeit umfassender rekonstruieren als inorganisierten Bildungsprozessen. Interdisziplinarität, Verbindung vonästhetischen, sozialhistorischen, technischen und politischen Bezügenlassen sich im Museum durch gestaltete Ensembles, durch Objektan-ordnung und Inszenierung realisieren. Erwachsenenbildung steht dem-gegenüber immer vor der Notwendigkeit, einen Gegenstand gezielt zubehandeln, Wirklichkeit also zu segmentieren (dort erwarten das dieTeilnehmenden auch!).

• In Museen ist sinnlicheres Lernen möglich. Dies erfolgt vor allem da-durch, daß die Objekte dreidimensional und materiell vorhanden, bild-wirksam und in einen bildwirksamen Zusammenhang stellbar sind. Bil-dung im Museum kann die Tatsache nutzen, daß Denken nicht nur inBegriffen, sondern auch in Bildern und Symbolen erfolgt.

• Im Museum ist schließlich etwas zugelassen, was in pädagogischenProzessen der Erwachsenenbildung verpönt ist: die Mehrdeutigkeit.Auch in der organisierten Bildungsarbeit im Museum ist in der Regel

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Mehrdeutigkeit der Interpretation der Objekte zulässig. Dies gilt vor al-lem in kunsthistorischen Sammlungen, aber auch bei vielfältigenAspekten der historischen Betrachtungsweise anderer Objekte. Es gehtimmer darum, zwei gegensätzliche Prinzipien auszubalancieren: diefreie Ausdruckskraft des Ästhetischen mit der zielsetzenden Bestim-mung des Bildungsprozesses.

Auch dort also, wo Bildung im Museum organisiert abläuft – etwa beiFührungen –, bestehen Widersprüche zielorientierter pädagogischer Ar-beit und mehrdeutiger sinnlicher kultureller Interaktion.

Zu 2) „Nicht organisierte“ BildungsarbeitIm Bereich unorganisierter Bildung bestehen diese Ambivalenzen zwarnach wie vor, verlieren aber die Qualität eines Strukturproblems. Dergrößte Teil der Bildung im Museum ist „unorganisiert“. Zur unorganisier-ten Bildung rechne ich alles, was Menschen ohne soziale Steuerung inMuseen tun; auch dann also, wenn Führungstexte und mediale Führungs-systeme existieren, wenn die Anordnung der Objekte einer didaktischenStruktur folgt, verhalten sich Menschen nach dem Prinzip des „selbstge-steuerten Lernens“. Dieses selbstgesteuerte Lernen erlebt derzeit eine bil-dungspolitische Renaissance. Neuerlich wird wieder ein schon lange ge-schätzter Sachverhalt betont: 80% des im Erwachsenenalter erworbenenWissens wird außerhalb sozial organisierter Bildungsprozesse angeeignet.Der Sinn dieser bildungspolitischen Argumentation ist – zumindest inDeutschland – offenkundig: Gestärkt werden soll nicht nur die Selbstver-antwortlichkeit, sondern vor allem auch die Selbstfinanzierung von Bil-dung, der Staat will Mittel für Bildung einsparen.Nicht organisiertes Lernen im Museum ist schwer einzuschätzen. Wirwissen wenig darüber, welche Menschen Museen besuchen, und wenigdarüber, was sie in Museen wirklich tun.In Deutschland wird oft behauptet, statistisch gesehen habe nahezu je-der Bundesbürger und jede Bundesbürgerin ein Museum aufgesucht. Diesist jedoch falsch; Museumsbesuche konzentrieren sich auf eine kleinereGruppe in der Bevölkerung, man kann etwa 10-15% schätzen. Die gro-ße Mehrheit der Bevölkerung geht nie ins Museum. Die Museumsbesu-cher sind hauptsächlich Personen mit höherem Bildungsabschluß undhöherem sozialen Status, als Einzelpersonen gehen eher Männer und Äl-tere ins Museum. Mit steigender Berufshierarchie nimmt das Interesse ankultur- und naturgeschichtlichen Museen ab, das Interesse an Kunstmu-seen zu.

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Wenn es darum geht, was die Besucher im Museum tun, kann man nurauf sehr wenige und exemplarische empirische Untersuchungen zurück-greifen. Ein Sachverhalt, der in vielen Untersuchungen bestätigt ist, ist dieextrem kurze Verweildauer von Menschen vor Exponaten. Sie ist so kurz,daß „begründete Zweifel an einer Verarbeitungswilligkeit bestehen“ (auseiner Untersuchung von Graf/Treinen). Durchschnittlich verweilen Men-schen vor Exponaten zwischen acht und neun Sekunden. Dies ist kaumunterschiedlich nach Museumsobjekt, Größe des Museums, Geschlechtder Besucher oder Alter. Bildungsforscher gehen davon aus, daß eine sol-che kurze Verweildauer dazu verwendet wird, das Objekt in ein beste-hendes Deutungssystem einzuordnen. Nur dann, wenn dies nicht gelingt,bleiben Besucher länger vor Objekten stehen, gehen zielgerichtet auf ei-nen Erkenntnisgewinn zu. Die Frage, wann sich Besucher einem Objektintensiver widmen, hängt ausschließlich von deren Interessen, Alltagssi-tuation und Biographie ab. Das Prinzip der „Selbststeuerung“ wird hierzum zentralen Bildungsprinzip im Museum, ohne daß erkennbar wäre,welche jeweils erkenntnisleitenden Interessen und persönlichen Zusam-menhänge bestünden.Bildung im Museum ist in diesem selbstgesteuerten, sozial unorganisier-ten Bereich daher zwar sicher vorhanden, aber nur schwer für pädagogi-sche Fragen zu entschlüsseln.

Zu 3) Institutionelle PrämissenSchließlich ist der institutionelle Aspekt zu berücksichtigen. Menschengehen mit ganz anderen Motiven und Erwartungen in Museen als in Bil-dungseinrichtungen. Auch sind die Zugangsmöglichkeiten, die Nutzungs-strukturen und Freiräume außerordentlich unterschiedlich. Darüber hin-aus gelten unterschiedliche Werte (z.B. Zielorientierung) und Arbeitsfor-men. In Deutschland gibt es aus einigen Modellversuchen Erfahrungenüber die Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen und Museen. Ichselbst habe in Hamburg ein großes, einjähriges Modellprogramm zumThema „Wasser“ in der Kooperation von Volkshochschule und Museums-verband durchgeführt. Die Erfahrungen sind wenig ermutigend. Auchdort, wo es keine direkten Konkurrenzen gibt und wo die Beschäftigten(insbesondere die auf Honorarbasis, Volkshochschullehrkräfte und Füh-rungspersonal an Museen) identisch sind, ergeben sich durch unterschied-liche Arbeitsmöglichkeiten (z.B. Sicherheit, Zeiten etc.) und inhaltlicheVorgaben (z.B. Konzept, Objektorientierung) ganz differenzierte Proble-me.

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Nun spricht einiges dafür, daß sich gerade im institutionellen Bereich ei-niges ändert. Dies liegt insbesondere daran, daß Museen wie auch Bil-dungseinrichtungen gleichermaßen von Entwicklungen der staatlichenBildungs- und Kulturpolitik betroffen sind. Ich nenne einmal die inDeutschland wichtigsten politischen Umorientierungen:– Finanzielle Restriktionen der öffentlichen Hand. Seit etwa drei Jahren

bewegen sich die Reduktionen der öffentlichen Mittel für Museen undBildungseinrichtungen bei etwa jeweils 5-10% jährlich. Wichtig aberist: Die Beziehung der Einrichtungen zu den Menschen verändert sich.Besucher und Teilnehmer haben zunehmend Einfluß auf die Arbeit derBildungseinrichtungen und Museen, ihre Bedürfnisse werden wichti-ger genommen. Museen wie Bildungseinrichtungen beginnen sich alsAnbieter von Dienstleistungen zu begreifen. Früher benötigte man einehohe Zahl von Teilnahmen und Besuchen, um den Erhalt öffentlicherMittel zu legitimieren. Heute benötigt man mehr Teilnahmen und Be-suche, weil man direkt das entsprechende Geld bzw. Entgelt benötigt.

– Museen – Konkurrenz/Kooperation zur Erwachsenenbildung. Nicht nurdie Quantität der öffentlichen Mittel verändert sich, sondern auch dieStruktur der Vergabe. In Deutschland werden immer häufiger Museenund Bildungseinrichtungen „budgetiert“, oft orientiert am „TillburgerModell“. Damit haben nunmehr viele Institutionen selbst die Aufgabe,bildungs- und kulturpolitische Funktionen auf Kosten der Umverteilungvon Geld im eigenen Hause zu erfüllen. In manchen KommunenDeutschlands sind Bildungseinrichtungen und Museen bereits inner-halb eines Budgets versammelt, so daß sie untereinander Bildung undKultur aushandeln müssen.

– Schließlich ist die Organisation der Institution in der Veränderung be-griffen. Betriebsführung und -management, Kostenrechnung, Wirt-schaftlichkeit, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Produktpalette und Be-triebswege sind Begriffe, die in einem ungeheuren Tempo in kultur- undbildungspolitische Zusammenhänge eindringen. Die unterschiedlichenBegriffe von „Besucher“ und „Teilnehmer“ bei Museen bzw. Bildungs-einrichtungen treffen sich möglicherweise in den nächsten Jahren ineinem gemeinsamen Begriff von „Kunde und Kundin“.

Museen und Bildungseinrichtungen bekommen daher eine neue, ökono-misch und strukturell begründete Ähnlichkeit, treten institutionell in einedirektere Konkurrenz, aber auch in eine stärkere Kooperationsmöglichkeitein. Wie weit sich dies realisieren läßt, wird davon abhängen, wie die In-stitutionen im einzelnen mit den aktuellen gesellschaftlichen Widersprü-

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chen und Strukturveränderungen umgehen, die beobachtbar sind. Diesebetreffen insbesondere die Menschen, die als Besucher und Teilnehmer inMuseen und Bildungseinrichtungen Ziel der Arbeit sind bzw. (wenn manvor allen Dingen einige Museen anschaut) sein sollten. Dazu möchte ichnoch einige Aspekte erwähnen, denn wenn wir kulturelle Bildung überin-stitutionell diskutieren, dann sollten wir sie diskutieren mit Blick auf dieAdressaten, für die wir sie planen. Nichts sagen möchte ich zu den abseh-baren demographischen Veränderungen der Bevölkerungsstruktur, wieetwa die zunehmende Alterung der westeuropäischen Gesellschaften, zudem zunehmend höheren Bildungsniveau und der sich öffnenden Scherezwischen einer immer reicheren Mehrheit und einer immer ärmeren Min-derheit. Aussagen machen möchte ich zu folgenden Punkten:1. Individualität und Gemeinschaft,2. Identität und Symbol,3. Medial und sozial,4. Lokal und überregional,5. Offen und strukturiert.

Zu 1) Individualität und GemeinschaftEs ist unstrittig, daß der Individualisierungsprozeß in unserer Gesellschaftfortgeschritten ist und noch weiter fortschreitet. Individualisierung heißt,daß Menschen alleine leben, ihr Leben alleine planen, auf ihre Interes-sen beziehen und (vielleicht) zielgerichteter verwirklichen. Die Gefahr ist,daß Menschen vereinsamen, verwahrlosen, untergehen. Gemeinschaft alsGegenpol zu Individualisierung kennzeichnet daher auch ein menschli-ches Grundbedürfnis; der Mensch ist ein soziales Wesen, und diesesGrundbedürfnis wird auch durch gesellschaftliche, ökonomisch beding-te Prozesse nicht außer Kraft gesetzt. Menschen suchen die Gemeinschaft.Sie suchen Orte auf, an denen sie mit anderen kommunizieren, etwaserleben und gestalten können. In der Erwachsenenbildung ist dies bereitsbekannt als zunehmende „Relativität des Lernstoffes“. Nicht daß dieserunerheblich geworden wäre, aber er steht zunehmend im Kontext einessozialen Motivs. Wie weit Erwachsenenbildung im Museum stärker aufsoziale Motive abhebt, wird festzustellen sein. Sicher ist, daß Menschenzielgerichteter und bewußter soziale Situationen suchen und herstellen.

Zu 2) Identität und SymbolJe vereinzelter Menschen sind, desto größere Orientierungsprobleme ha-ben sie, desto mehr suchen sie nach Identität und Identifikation. Unsere

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Gesellschaft wandelt sich immer mehr zu einer solchen, in der Beziehun-gen nicht vorzufinden sind, sondern selbst gewählt werden. Wir redenheute mehr von Milieus als von Schichten oder Klassen. Milieus erken-nen sich und lassen sich erkennen an Symbolen (Kleider, Ambiente etc.).Produktästhetik hat sich gesellschaftlich nicht deshalb durchgesetzt, weilsie aufgrund der faktischen Ähnlichkeit der Produkte zu ihrer Differen-zierung auf dem Markt notwendig war, sondern sie hat sich deshalbdurchgesetzt, weil sie zur Kennzeichnung unterschiedlicher Milieus not-wendig wurde. Das menschliche Bedürfnis, zwischen „uns“ und „denanderen“ unterscheiden zu können, gilt nach wie vor. Hier gewinnt dieBildsprache einen immer höheren Wert. Insbesondere diesen Aspekt ha-ben Museen schon seit längerem erkannt, lange vor Bildungseinrichtun-gen: Die Museumsshops sind dafür ein deutliches Signal. Auch im Bil-dungsbereich lassen sich zunehmend Tendenzen zur Milieudifferenzie-rung und -erkennung feststellen (Logos, Werbeformeln etc.).

Zu 3) Medial und sozialMediale Systeme lösen zunehmend soziale Systeme ab. Die Klage dar-über, Bilder und Medien führten zum Kulturverlust, ist unhistorisch undelitär. Bildung ist ohne Bilder nicht denkbar. Diese Erkenntnis hatten dieMuseen den stark auf Sprache setzenden Bildungsinstitutionen schonimmer voraus. Die Schriftsprache hatte zu keiner Zeit die Bildspracheaußer Kraft gesetzt. Auch die neuen Medien, die virtuellen Welten, dieInternetkontakte und die Datenautobahnen signalisieren alles andere alseinen Kulturverlust. Im Bildungsbereich wird vielfach auf den Gegensatzzwischen medialer und sozialer Kommunikation hingewiesen, vor allembezüglich der Lernorganisation. Die neue Tendenz – ich habe es erwähnt– ist das „selbstgesteuerte Lernen“. Ich bin aber der festen Überzeugung,daß das sozial organisierte Lernen niemals vollständig ersetzt werdenkann. Der soziale Umgang miteinander ist ein Grundbedürfnis der Men-schen, das weder in Lern- noch in Arbeitsbeziehungen abgelöst werdenkann. Das Telefon hat das Treffen im Café nicht ersetzt, aber die Verabre-dung erleichtert. Das Fax hat die Diskussion nicht ersetzt, aber ihre Vor-bereitung erleichtert. Das Verschwinden eines Kommunikationsmediumszugunsten eines neuen ist die Ausnahme; die Regel ist, daß sich das neueMedium zu den bestehenden hinzugesellt, die Funktionen neu aufgeteiltund der Einsatz neu geregelt werden. Allerdings zeichnet sich die Ten-denz ab, daß Medien immer mehr die Aufgaben der Informationsvermitt-lung übernehmen. Dies wirkt sich insbesondere auf die Erwachsenenbil-

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dung aus, sie muß ihre Akzente auf Beratung, Orientierung und Erfah-rungsaustausch legen. Der Museumsbereich ist davon weniger betroffen;er hatte schon immer einen Anteil an sinnlicher Erfahrung, der medial sonicht vermittelt ist.

Zu 4) Lokal und überregionalVielfach werden Theorien des „global village“ diskutiert. Dabei geht esdarum, daß jede Person jederzeit mit jeder anderen sprechen kann, einPendant zu der Tatsache, daß sich politische, ökologische und gesell-schaftliche Entwicklungen immer mehr weltweit abspielen.Dennoch ist es so, daß sich nach wie vor die eigene Identität in kleine-rem Umfang aufbaut. Nach wie vor bedarf es zwischen diesen kleinerenEinheiten und ihren überregionalen Bezügen einer Beziehung (politischeBildung) und einer Vergewisserung (historisches Bewußtsein). Museenund Bildungseinrichtungen haben hier zunehmend eine ähnlich gelager-te Aufgabe: Sie verknüpft die Identität der Menschen vor Ort.

Zu 5) Offen und strukturiertNoch eine Tendenz ist feststellbar, die mit Medien zu tun hat, aber auchnicht nur. Es handelt sich um die Auflösung von Strukturen. Unüberseh-bar ist, daß sich gesellschaftliche „Großstrukturen“ (z.B. Parteien, Ge-werkschaften, Kirchen) durch Mitgliederschwund und schwindende Fi-nanzkraft aus ihrer tragenden gesellschaftlichen Rolle verabschieden. DerStaat gibt Elemente des gesellschaftlichen Gerüstes ab. Arbeitszeiten fle-xibilisieren sich, Arbeitsplätze werden auch zu Hause eingerichtet. Zeit-bindungen verändern sich, Tagesabläufe pluralisieren sich. Auch die Re-zeption und Kommunikation verändert sich, wird offener, relativiert Struk-turen. Dies geht vom Zapping beim Fernsehen (wiederauffindbar in dermodernen Kunst) bis hin zur Alltagskommunikation. Die organisierte Leh-re verändert sich, die Umgangsweise mit Objekten in Museen auch.

Soweit zu beobachtbaren Tendenzen bei den künftigen „Kundinnen undKunden“ von Museen und Erwachsenenbildung.

Bildungseinrichtung „Edutainment-Park“

Es gibt Szenarien für die Zukunft nach dem Jahre 2000, in denen es keineBildungseinrichtungen mehr gibt, sondern Edutainment-Parks, in denen

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erlebnisorientiert, unterhaltsam und interessenbezogen gelernt und sichvergnügt wird. Museen gibt es darin auch. Würde es dazu kommen, fän-de ich das kein Unglück. Lernen muß nicht weh tun, Lernen kann auchSpaß machen. Aber natürlich tut sich Bildung schwer, die von eindeuti-gen Lehrzielen und einer professionellen Didaktik ausgeht, wenn sie sichzu einem System möglicher kultureller Mehrdeutigkeit entwickelt. Aberich fürchte, die Zukunft von Bildungs- und Kulturarbeit wird letztlichweniger durch die Alternative zwischen Ein- und Mehrdeutigkeit be-stimmt als vielmehr durch die zunehmende Divergenz zwischen Aufklä-rung und Kapitalismus.Aufklärung ist, wie wir wissen, das grundlegende Prinzip von Bildung seitdem 18. Jahrhundert. Die Vorstellung, der Mensch müsse nur immer mehrwissen, um vernünftig und rational zu handeln, immer mehr wissen, umdie Herrschaft des Menschen über den Menschen abzubauen, bestimmtseitdem die Bildungsarbeit. Es kann heute nicht darum gehen, das auf-klärerische Ethos über Bord zu werfen, nur weil neue Medien, sozialeDesintegration und Ansprüche an Freizeitwerte das Vergnügen und dieUnterhaltung vor die Bildungsziele setzen. Es geht aber darum, aufkläre-rische Ziele auf die neuen Bedingungen zu übersetzen.Ob dies gelingt, wird nicht wenig davon abhängen, inwieweit die Scherezwischen Aufklärung und Kapitalismus sich weiter öffnet. Aufklärung warseit ihrem Beginn aufs engste verbunden mit dem Entstehen einer kapita-listischen Gesellschaft, dem Freisetzen von Kapitalinteressen gegenüberStänden, Zünften, Handelsbeschränkungen und feudaler Herrschaft. Die-ses Freisetzen von Kapitalinteressen war vernünftig und rational, solangees eine eindeutige Verbindung mit dem humanen Bildungsideal der Auf-klärung einging. Mündige und frei agierende Menschen, die in einen ver-nünftigen und rationalen Diskurs miteinander über ihre Ziele, abzuklä-renden Interessen und gemeinsamen Wege eintreten, waren gleicherma-ßen aufklärungs- wie marktorientierte Prämissen. Fortschritt war immerzugleich ein Fortschritt der Aufklärung wie auch der Kapitalentwicklung,im technischen wie im sozialen Bereich.Dies sieht heute anders aus. Es ist absehbar, daß technologischer Fort-schritt nicht identisch ist mit vernünftigen und rationalen Aufklärungszie-len – zumindest nicht per se. Es ist absehbar, daß Kapitalziele in hohemMaße Humanzielen widersprechen; das zunehmende Auseinanderfallenvon Wissen und Handeln im Umweltbereich ist dafür ein deutliches Bei-spiel. Es ist unwahrscheinlich, daß sich das humane Menschenbild alsAusgangspunkt und Ziel der Aufklärung behaupten kann, wenn sich das

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Kapital zu eher inhumanen Lebensbedingungen hin entwickelt. Oderanders herum gesagt: Wenn der ideologische Überbau nicht mehr mit dermateriellen Basis zusammenpaßt, wenn es zwischen ihnen zum Konfliktkommt, dann gewinnt die materielle Basis.Aber ich bin nicht zu pessimistisch und denke, daß über eine intensiveDiskussion um intensive Innovationen im kulturellen Bereich und im Bil-dungsbereich auch traditionelle humane Ziele Bestand haben können.

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III.DIE PROJEKTE

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Peter Cudmore/Gabriele Stöger

Überblick

Über die Zwecke des Sokrates-AEM-Projekts, seine zugrundeliegendePhilosophie, seine Zielsetzungen und Ergebnisse ist andernorts in diesemBericht genug gesagt worden. Diesem Abschnitt verbleibt es, die zentra-le, wesentliche Errungenschaft des Projekts zu präsentieren: das Zusam-mentragen einer Datenbasis aus den Fallstudien als nutzbaren Fundus,vor dessen Hintergrund die diversen Fragestellungen geprüft und debat-tiert werden können.Von der ersten in die zweite Projektphase wurde zunehmend klarer, daßeine Strukturierung der Beispielsammlung notwendig wurde, um zu ge-währleisten, daß ein Minimalgrad an Standardisierung vernünftige Ver-gleiche und theoretische bzw. praktische Schlußfolgerungen ermöglichenwürde.Die schließlich erreichte Lösung bestand in der Entwicklung einer com-puterisierten Datenbasis. Sie wurde geleitet von der Erkenntnis, daß dietechnologische Entwicklung eine hocheffiziente Arbeitsweise gestattet,bei der Informationen direkt über das World Wide Web in die Datenba-sis eingespeichert und aktualisiert werden könnten. In der Praxis überstiegjedoch letztere die finanziellen wie auch technischen Möglichkeiten desProjekts. Aber die Vorzüge eines solchen Zugangs – nicht zuletzt unterdem Aspekt einer wirkungsvollen Nutzung der Zeit der Mitarbeiter –wurden klar herausgearbeitet. Trotz dieser Enttäuschung lieferte die Vor-gaben für die Datenbasis ein strenges Raster, um die zahlreichen Korre-spondenten des Projekts bei der Sammlung der gewünschten Informatio-nen anzuleiten.1

Es sollte klargestellt werden, daß eine einfache, lineare Entwicklung sinn-vollerweise nicht zu erwarten war bei einem Projekt dieser Art, das einvormals in den meisten Teilen Europas unerforschtes Gebiet erkundete,das so komplex war in seinem Ehrgeiz, in seiner praktischen Umsetzungund in der notwendigen Flexibilität, mit der im Verlauf der Informationsge-winnung auf Veränderungen der Wahrnehmung seines Ertrags reagiertwerden mußte. Das Raster für die Datenbasis entwickelte sich parallel zurSammlung der Fallstudien und als Reaktion auf diese. Dieser Vorgang ver-lief wiederum parallel zur Entwicklung und schärferen Fassung der Krite-rien, mit deren Hilfe derartige Fallstudien ausgewählt wurden. Die Folge

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davon ist ein gewisses Maß an Unebenheit quer durch die Fallstudien hin-sichtlich des Niveaus an Detailliertheit und des Ausmaßes, in welchemsich in den Berichten die Veränderungen widerspiegeln, welche Art Infor-mationen nach Auffassung der Koordinatoren benötigt wurden. Jeder Ko-ordinator und jeder Joint-Venture-Partner hatte seine individuelle Ansichtüber die Natur und die Bedeutung der angeforderten Informationen, sodaß deren Gewichtung auch höchst unterschiedlich ausfiel.Am Beginn der Arbeit herrschte Übereinstimmung, daß ein wesentlicherZweck des Projekts darin liegen sollte, Kriterien zur Schaffung eines Ge-rüsts zu finden, das die Bedingungen für eine gute Praxis sowie derenCharakteristika in einer Weise darlegen sollte, welche überzeugend inallen Mitgliedsstaaten zur Anwendung gebracht werden könnte – ohnedabei die Eigenart eines jeden Landes bzw. einer Region außer acht zulassen oder ein spezielles politisches Interesse aufzuoktroyieren. Währendvordergründig die Diskussion in ihrem Verlauf sicherlich manchmal hit-zig wurde, darf man doch die fortdauernde Bedeutung dieses Diskussi-onsprozesses nicht übersehen.Der ursprüngliche Ausgangspunkt lag in der versuchten Einigung auf eineCheckliste. Diese sollte die grobe Richtschnur für die Art der Fragestel-lung liefern, um herauszufinden, ob ein Projekt ein gutes, interessantes,in das AEM-Programm passendes Beispiel darstelle. Sie umfaßte folgen-de Punkte:• Bedingungen (Struktur, Hilfsmittel, Organisation, Budget, Personal)• Konzept (Methodik, weltanschaulicher Hintergrund)• Zielgruppe (entferntere und unmittelbare Zielsetzung)• interne und externe Partner (Formen der Partnerschaft in der Interakti-

on zwischen Erwachsenenbildung und Museum)• Methoden (innovativer Ansatz, sei es hinsichtlich der Ausweitung der

Programme für vorhandene Besucher, sei es bezüglich der Hinwen-dung an ein neues Publikum)

• Evaluation/Reflexionen (Implikationen, Arten der Durchführung).Diese Kategorien liegen der Datenbasis der Fallstudien zugrunde. Dasehrgeizige Ziel auf dieser Stufe lautete nämlich ausdrücklich, eine an-wendbare Kriterienliste zu erstellen. Die fortgesetzte Diskussion unter denKoordinatoren über eine Definition der Kategorien ließ jedoch erkennen,daß eine einzige maßgebliche Checkliste möglicherweise nicht erreichtwerden konnte, insbesondere da dieses Projekt von der EU-Kommissionkeine dritte Phase mehr erhielt. Als das für die zweite Phase zentrale Se-minar in München näherrückte, wählten die Koordinatoren Workshops

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als geeignete Arbeitsebene, auf der eingeladene Fachleute auftreten unddie Fallstudien diskutieren konnten.Die Workshops konzentrierten sich darauf, welche Punkte der ursprüng-lichen Checkliste als die wichtigsten gelten müßten:• Zielgruppen

Fallstudien, die hinsichtlich ihrer Zielgruppen als innovativ, interessantund beispielhaft eingestuft wurden

• MethodenFallstudien, die innovative Methoden anwenden, ungewöhnliche Zu-gänge entwickeln, um ein neues Publikum anzusprechen, bzw. Metho-den der Erwachsenenbildung übertragen, welche zuvor im Bereich derMuseen kaum bekannt waren

• PolitikFallstudien, welche die Forderung nach der Entwicklung politischerProgramme verstärken, um die Zusammenarbeit und Partnerschaft zwi-schen Museum und Erwachsenenbildung auszubauen

• Rolle des VermittlersWie an vielen Fallstudien erkennbar wird, spielen Vermittler eine wich-tige Rolle (Funktion, Bezahlung, Position inner- und außerhalb des Mu-seums, Aus- und Fortbildungsbedarf). Über das Thema des Workshopssollte ein kulturpolitischer Standpunkt entwickelt werden, um dieseihre Rolle im Kontext von Projekten und in der Wechselbeziehung mitden Museen zu stärken

• Evaluation (Wirkung und Ergebnisse)Welche Bedingungen müßten geschaffen werden, um die Evaluationzu einem Gegenstand im Ablauf einer Projektarbeit zu machen? Ergeb-nis verstanden als spürbare Differenz zwischen der Situation davor unddanach und Wirkung begriffen als meßbare Differenz zwischen bei-den. Mehr als die anderen Kategorien stellte dieser Workshop eher eineReaktion auf die Fallstudien als eine Reflexion über sie insofern dar,als viele Projekte in der Datenbasis kaum auf dem Weg einer Evaluati-on Selbsterforschung betrieben.

Gemäß der Intention des Seminars, die Kooperation zu vertiefen, die Ent-wicklung neuer Projekte anzuregen und für den Austausch von Erfahrun-gen einen Raum zu schaffen, wurden die Teilnehmer gebeten, weitereKriterien für eine innovative Praxis zu entwickeln, wobei sie folgendeAspekte im Auge behalten sollten:• Was heißt „gute Praxis“?• Wie kann man sie qualifizieren?

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• Welche Form von Verbreitung/Präsentation guter Projekte bringt dieArbeit voran?

• Kooperation und Partnerschaft im Bereich Erwachsenenbildung/Muse-um

• Konzentration auf gemeinsame thematische Interessen der Programmefür die Erwachsenenbildung und jener für Kultur und Tradition, wie z.B. kulturelle Verschiedenheit, Interkulturalismus, soziale Ausschlie-ßung

• Fragen der Projektbudgetierung: Woher kommt das Geld, und wie wirdes ausgegeben?

• Wie werden Projekte evaluiert, und wie sollen sie evaluiert werden?• Definition der Zielgruppe• Innovative Methoden, die Zielgruppen anzusprechen.Die auf den folgenden Seiten präsentierten Fallstudien betreffen im 1. Teildie in den Bereichen „Zielgruppen“, „Methoden“, „Politik“, „Rolle desVermittlers“ präsentierten Projekte. Sie erschienen den Koordinatorenbesonders innovativ in bezug auf ihre Inhalte, Abfolgen und Auswirkun-gen. Je nach ihren Schwerpunktsetzungen wurden sie den jeweiligenBereichen zugeordnet.Im 2. Teil folgen die Kurzbeschreibungen der übrigen Projekte (ohneDarstellung der jeweiligen Organisation) in der alphabetischen Reihen-folge der Länder. Sie vermitteln den Eindruck der Bandbreite der ausge-wählten Projekte und sollen als Anregungen für all diejenigen dienen, dieähnliche Beispiele realisieren wollen. Bei allen Projekten sind die Kon-taktadressen mit integriert worden, um die Möglichkeit zu geben, direktmit den Verantwortlichen in Kontakt zu treten.

Anmerkung

1) Diese detaillierte Form wurde in der vorliegenden deutschen Fassung nicht beibehal-ten, da die hier gewählte Darstellung der Projekte einen angemesseneren Ein- und Über-blick gewährleistete.

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AEM-Koordinatoren/Joint-Venture-Partner

Fallstudien aus den 15 europäischen Mitglieds-staaten und der Schweiz

1. Aspekt „Zielgruppe“

1.1 Fallbeispiele:

BELGIEN: Brüssel: Königliches Museum für Kunstund Geschichte

Kontaktadresse:Musées Royaux d’Art et d’Historie (MRAH) Gisèle von BeverenService Educatif et Culturel Bildungsbeauftragte undBrigitte Fossion Museumspädagogin10 Parc du CinquantenaireB-1040 BrüsselTel: 0032 2741 7215Fax: 0032 2733 7735

Die Institution:Das kulturhistorische Museum sammelt Gegenstände von der prähistori-schen bis zur heutigen Zeit. Das Museum ist wegen seiner großen An-zahl an Sammlungen in der wissenschaftlichen Welt und auch aufgrundzahlreicher Publikationen bekannt.Erwachsenenbildungsprogramme findet man bei verschiedenen Aktionen,die vom Erziehungs- und Kulturamt, den „Freunden des königliche Mu-seums für Kunst und Geschichte“ und dem „Per Musea“-Unterstützungs-Fond getragen werden.

Das Projekt: Das Museum für BlindeZielgruppen: Behinderte und allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: Das Projekt wurde 1970 gestartet. Vorbild war dasBlindenmuseum in Berlin Dahlem. Es wurden Kontakte zu Museen ge-knüpft, die wie das „British Museum“ in London oder das „Centre Pompi-dou“ in Paris ähnliche Projekte durchführen.Zielsetzung: Seit mehr als 10 Jahren war es generelle Aufgabe der Bil-

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dungsprogramme des Museums, Ausstellungen so zu gestalten, daß je-weils ein spezielles Thema den Bedürfnissen der Sehbehinderten gewid-met wurde. Besuchergruppen mit besonderen Bedürfnissen sollen wie dernormale Besucher behandelt werden, indem diese denselben Zugang zuden Kunstwerken im Museum erhalten. Ihre Eingliederung in die Gesell-schaft soll dadurch gefördert werden. Verantwortlich für das Projekt istder pädagogische Leiter. Die ganze Organisation übernehmen ein oderzwei Teilzeit-Museumspädagogen. Die Museumspädagogen können wei-tere Hilfskräfte anfordern.Methodik: Menschen mit Augenleiden (Sehschäden etc.) finden im Mu-seum Ausstellungsräume, die speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichtetsind. Die Kunstwerke, die sie berühren dürfen, sind keine Replikate, son-dern Originale. In den Ausstellungsräumen wurden spezielle „Ecken“zum Tasten und Anfassen eingerichtet; dadurch wurde die räumlicheTrennung zwischen den verschiedenen Besuchergruppen abgeschafft.Innovation: Als eines der ersten Museen machte das MRAH seine Samm-lungen Sehbehinderten zugänglich. Die Organisation der Ausstellungenist ausschließlich Aufgabe der pädagogischen und kulturellen Bildungs-abteilung. Die Kosten müssen vom Jahresbudget des Museums getragenwerden. Deswegen müssen die Kosten (für Personal und Material) so ge-ring wie möglich gehalten werden.Partnerschaft: Ursprünglich sponsorte der Rotary Club die Organisationdieser Ausstellungen. Kataloge in Blindensprache und Audiokassettenwerden zusammen mit folgenden Organisationen erstellt: Ligue Braille,Nationales Blindenwerk, freiwillige Helfer, Arbeitslose und Rentner (letz-tere übersetzen in Blindensprache).

Die Evaluierung:Seit der ersten Ausstellung im Jahre 1970 hat sich die Zahl der Besucherum 50% erhöht. Das Interesse für die Bedürfnisse besonderer, benachtei-ligter Bevölkerungsgruppen ist gestiegen. Die Besucher haben oft begon-nen zu lernen, wie man mit diesen kommunizieren kann. Mittlerweilerichten sich die Themen der Ausstellungen nach den Bedürfnissen derBesuchergruppen und Besuchererwartungen. Jeder Gruppenleiter erhältFragebögen und Statistikblätter, die von der Bildungs- und Kulturabteilungständig aktualisiert werden.

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FINNLAND: Jyväskylä: Sommer-UniversitätKontaktadresse:University of the 3rd Age(Universität des dritten Lebens-abschnitts): UTASommer-Universität von JyväskyläAnneli Hietaluoma,Abteilungs-DirektorinPOB 35Matarankatu 6F – 40351 JyväskyläTel: 356 14 603 721Fax: 358 14 603 621Email: [email protected]

Die Institution:Die UTA ist eine offene Bildungseinrichtung im „Geist der Aufklärung füralle“. Sie ist ein fest integrierter Bestandteil der Universität von Jyväskylä.Alle Tätigkeiten werden gemeinsam von den beteiligten UTA-Studentenund dem Lehrkörper geplant. Es gibt keine Altersbeschränkung und kei-ne Aufnahmebedingungen für die Studenten. Das Alter der Studierendenliegt zwischen 45 und 92 Jahren.Ziel der Universität ist die Förderung physischen, psychologischen undsozialen Wohlergehens der älteren Bürger. Im Vordergrund stehen dieChancengleichheit im Bildungswesen sowie das Lernen als „lebenslan-ger Prozeß“. Dies geschieht in Kooperation mit gerontologischen For-schungseinrichtungen, den städtischen und gemeindlichen Altenprojek-ten und kulturellen Institutionen. Diese Pionierarbeit gewinnt zunehmendan Bedeutung wegen der wachsenden Zahl an Senioren.Das jährliche Programm enthält Vorlesungen, Seminare, Arbeitskreise,Exkursionen und Studienfahrten, Veröffentlichungen, Treffen auf nationa-ler und internationaler Ebene sowie Kooperations-Projekte (Co-Produk-tionen).Die Teilnehmerzahl umfaßt gegenwärtig 1.870 Personen. Sowohl die Zahlder Teilnehmer als auch der Einzugsbereich werden permanent größer.Im Zentrum stehen Forschungsprojekte, die die Studenten selbst durchfüh-ren. Die UTA ist ein potentielles Senioren-Forum im allgemeinen und kannauch zum Bindeglied der Interaktion zwischen Generationen werden. DieUTA ist eine international tätige Organisation und seit 1986 Mitglied derAIUTA (Internationale Vereinigung der Universitäten des 3. Lebensab-

Ritva Palviainen, MuseumspädagoginTel: 00358 14 624 919Fax: 00358 14 624 933Email: [email protected]://www.jkl.fi/kulttuur/ksmuseo/ksmuseo.htm

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schnitts). Jyväskylä arbeitet mit folgenden Netzwerken zusammen:– dem europäischen Netzwerk für das Lernen im späteren Leben– Eurolink Age– Third Age Learning International Studies– Eurowork Age.

Das Projekt: Mündliche Überlieferungen als Vermächtnis derGeschichteZielgruppe: SeniorenKurzbeschreibung: Das Museum von Zentral-Finnland hat sich auf Kul-turgeschichte spezialisiert. 1997 waren von insgesamt 26.367 Besuchern7.735 Schüler und Studenten, 328 Gruppen besuchten das Museum. Ins-gesamt 199 Gruppen nahmen die Bildungsangebote (Vorträge, Führun-gen, Filme, Arbeitsgruppen) wahr. Die Vorträge, Arbeitsgruppen und Aus-stellungen werden in Büchereien, Schulen,Tagesbildungsstätten usw. or-ganisiert. Außerdem werden Bücher und Zeitschriften veröffentlicht.Die Senioren beschreiben ihr eigenes Leben. Sie sind an mündlichen Tra-ditionen interessiert und bereit, ihre Erinnerungen für ihre Kinder, Enkel,Wissenschaftler, Lehrer und andere interessierte Personen niederzuschrei-ben. Von zentraler Bedeutung bei diesem Projekt ist der Gedanke, daßdas Museum ein Ort der gemeinsamen Erinnerung ist.Die Idee kam ursprünglich von den Studenten in den 80er Jahren. Diegenaue Zielbeschreibung und die Vorgehensweise wurden in Zusammen-arbeit mit der Verwaltung, den Lehrern und Studenten entwickelt.Zielsetzung: Lernen, wie man über Tradition und mündliche (Ge-schichts-)Überlieferungen schreiben kann, um ein Buch, das auf diesemMaterial basiert, herauszugeben. Diskussionen und Gespräche über dieErlebnisse sind wichtige Bestandteile der Kurse. Sie finden alle zwei Jah-re von September bis Mai statt.Methodik: Die Teilnehmer haben verschiedene Bildungshintergründe. Siebesitzen jedoch alle ein Interesse für mündliche Traditionen, geschichtli-che Vermächtnisse und fürs Schreiben. Das Seminar stellt einen aktivenTreffpunkt dar, gibt ihnen Gelegenheit zu diskutieren und zu lernen undvermittelt ihnen Schreibtechniken.Das Seminar basiert auf einer konstruktiven Vorgehensweise. Die Teilneh-mer lernen, wie man persönliche Erinnerungen niederschreibt, Interviewsmacht und wie man an Photographien, Archivmaterial und benötigte In-formationen kommt. Man lernt, Bibliotheken, Archive zu benutzen, dasvorliegende Material auszuwerten, Copyright-Vorschriften und ethische

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Grundsätze zu beachten. Das Programm umfaßt auch Gastvorträge undStudienreisen.Innovation: Das Ziel des Seminars ist die Veröffentlichung eines Buches.Die Vorgehensweise ist „learning by doing“. Ein Buch ist etwas Konkre-tes und konserviert „oral history“.Partnerschaft: Das Museum von Zentral-Finnland und die Universität des3. Lebensabschnitts (UTA). Die UTA verwaltet das Projekt. Sie stellt nichtnur den Hauptteil der Finanzen zur Verfügung, sondern auch die Exper-ten, die Veranstaltungsräume und das Lehrmaterial.

Die Evaluierung:Zwei Resultate liegen in Form von Büchern vor. Das erste behandeltschwerpunktmäßig die Veränderung der Lebensgeschichte, das zweiteFreizeit und Berufsleben. Ein drittes Buch ist in Arbeit und handelt vomBauen, Leben und der Industrie. Es ist wichtig, Informationen auszutau-schen. Die Teilnehmer lernen untereinander und von den Lehrern wieauch umgekehrt. Die Teilnehmer können auf ein langes Leben zurück-blicken. Die Männer und Frauen haben mindestens zwei, einige von ih-nen drei Kriege erlebt und haben eine lange Arbeitszeit hinter sich ge-bracht. Das Leben jedes (einzelnen) Menschen ist einzigartig und wert-voll. Es wird versucht, Teile dieser vielfältigen Erfahrungen in unserenVeröffentlichungen zu erfassen.Die Studenten bewerten das Seminar im Jahresbericht. Der Projektleiterund der Abteilungsdirektor der UTA beurteilen das Projekt jährlich. Auchvon den Lesern erhält die UTA Rückmeldungen.

GROSSBRITANNIEN: Edinburgh: Städtisches Kunst-zentrumKontaktadresse:The City Arts CentreHerbert Coutts, Stadtkurator2 Market StreetGB – Edinburgh EH1 1JFTel: 0044 131 529 3993Fax: 0044 131 226 6443

Die Institution:Die Stadt Edinburgh erklärte 1996, sie sei die „Stadt des lebenslangenLernens“, und das Projekt diente als Symbol, um das Anliegen des Stadt-

Sandra Marwick, Beauftragte für Bildungund ÖffentlichkeitsarbeitTel: 0044 131 529 3962Fax: 0044 131 529 3977

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rats zu präsentieren. Es entwickelte sich bald eine Zusammenarbeit zwi-schen der Bildungsabteilung des Museums und der städtischen AbteilungSozialgeschichte. Das Projekt war zumindest teilweise eine Antwort aufeinen Bericht der schottischen Untersuchungskommission über die Situa-tion ethnischer Minderheiten, die behauptete: „Von den vorhandenenFreizeiteinrichtungen sind die Museen am wenigsten bekannt und wer-den am wenigsten genutzt.“ Als Veranstaltungsort für das städtische Kunst-zentrum wurde ein Lagerhaus aus dem 19. Jahrhundert im Stadtzentrumgewählt. Es ist jetzt die Zentrale des Stadtmuseums. Das Zentrum erstrecktsich über sechs Stockwerke und hat damit die größte Ausstellungsflächeder Stadt. Seine Aufgabe ist es, ein möglichst breites Publikum dadurchanzusprechen, daß die verschiedenartigsten Ausstellungen (Gemälde undKunstobjekte) organisiert werden, die sowohl die historischen Epochenals auch zeitgenössische Kunst umfassen.Die Ausstellungsprogramme umfassen z.B. so populäre Ausstellungen wie„Das Gold der Pharaonen“. Damit erhofft man sich ein Publikum, das nor-malerweise nicht in ein Museum oder eine Gemäldeausstellung geht.Ferner gibt es internationale, englische und schottische Kunstausstellun-gen, die im Zusammenhang der Stadtgeschichte stehen: das kulturelleLeben oder die Sozialgeschichte Edinburghs usw. Die größten Ausstellun-gen ziehen 300.000 bis 450.000 Besucher an.Die Abteilung „Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit“, die für alle 11 Muse-en und Galerien der Stadt zuständig ist, begann ihre Arbeit 1994 und er-streckt sich gegenwärtig über eine ganze Etage des Kunstzentrums, demeine Reihe von Einrichtungen zur Verfügung steht. Ein Aktionsplan zur Bil-dungspolitik wurde vom Stadtrat 1997 gebilligt – er läuft bis zum Jahr2000. Er basiert auf den Richtlinien der Britischen Museums- und Galerie-verwaltung, die allen Museen empfehlen, Bildungsarbeit als ihre zentraleAufgabe anzusehen. Die umfassende Strategie des Stadtrats besteht darin,seine Einnahmen denjenigen Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen,die den hohen Lebensstandard der Stadt unterstützen und gleichzeitig denBedürfnissen der Stadt und ihrer Einwohner entsprechen. Die Bildungspo-litik und der Aktionsplan besagen, daß die Museen und Gemäldeausstel-lungen ihre Bildungsprogramme maximieren können, v.a. durch Ausstel-lungen mit didaktischer Aufbereitung, Wanderausstellungen u.ä.

Das Projekt: Die Völker EdinburghsZielgruppe: Ethnische MinderheitenKurzbeschreibung: Darstellung der multikulturellen Situation Edinburghs

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und Zusammentragen der persönlichen Lebenserfahrungen vieler Men-schen aus kulturellen Minderheiten.Zielsetzung: Der Frage nachzugehen, wer die Einwohner von Edinburghsind und woher sie kommen. Den ethnischen Minderheiten das Gefühlzu geben, daß das städtische Kunstmuseum für sie da ist und auch übersie informiert.Methodik: 50 verschiedene Bevölkerungsgruppen waren daran beteiligt,ihre Erfahrungen mündlich weiterzugeben. Ein begleitendes Programmmit Events und Aktionen bereitete eine Ausstellung im städtischen Kul-turzentrum vor.Innovation: Neu ist, daß eine Stadtverwaltung der kulturellen Verschie-denheit ihrer Bevölkerung Rechnung trägt und durch ihre Politik Leuteaus ethnischen Minderheitengruppen ins kulturelle Leben der Stadt ein-bindet.Partnerschaft: City Museum Education Service (= Bildungsprogramm desStadtmuseums), Social History Section (= Abteilung für Sozialgeschichte)und Workers Education Association (W.E.A = Arbeiterbildungsvereini-gung).

Die Evaluierung:Folgeprojekte, die dieselben Themen aufgriffen und ähnliche Ziele hat-ten, waren „Roots – The African Inheritance in Scotland“ (= Wurzeln desafrikanischen Erbes in Schottland) sowie „Kinder unseres Common-wealth“. Gleichzeitig fand ein Treffen der führenden Staatsmänner der Re-gierungen der Staaten des Commonwealth in Edinburgh statt.

IRLAND: Dublin: Irisches Museum Moderner Kunst

Kontaktadresse:Helen O’Donoghue, Kuratorin fürErziehung und BildungRoyal HospitalKilmainhamEire – Dublin 8Tel: 00353-1-6129900Fax: 00353-1-6129999

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Die Institution:Das Irische Museum für Moderne Kunst hat es sich zur Aufgabe gemacht,wichtige Werke der aktuellen Kunstszene zu präsentieren.Besondere Bedeutung hat der Aspekt der „zeitgenössischen Kunst“, fürdie man ein neues Publikum gewinnen möchte, so daß allen Interessen-ten vom Museums-Erstbesucher bis hin zum Wissenschaftler ein qualita-tiv hochwertiges Angebot zur Verfügung steht.Durch Bildungsprogramme, Kurse und Projekte mit Künstlern sollen dieBetrachter Zugang zu den Künstlern und ihren Kunstwerken bekommen.Die Erziehungs- und Bildungsabteilung war von Anfang an ein elementa-rer Bestandteil des Museumskonzepts. Die Geschäftsleitung liegt in denHänden eines Kurators.

Das Projekt: Ein RaumgefühlZielgruppe: SeniorenKurzbeschreibung: Das Projekt ist Teil einer breit angelegten Bildungsar-beit des IMMA-Programmes, das 1991 gestartet wurde. Alle Teilnehmerdes Projekts haben die gleichen Voraussetzungen es gibt keine „Muster-klassen“ oder eine Einführung in die Techniken des Malens. Die Idee fürdas Projekt wurde 1991 geboren, als Teil der Eröffnungsausstellung „Erbeund Transformation“. Die Ausstellung „Gefühl für den Ort“ im Mai 1996wurde auf europäischer Ebene mit Eurolink Age (Europäische VereinigteSenioren) entwickelt, die Gelegenheiten zum Austausch von Senioren inganz Europa herstellen.Die Kunstwerke wurden von Mitgliedern der Gemeinde St. Michael(Inchicore-Vereinigung der aktiven Senioren) geschaffen. Jeder Teilneh-mer sollte der Frage nachgehen, inwieweit bestimmte Assoziationen, dieman anläßlich eines Ortes hat, sich im Laufe des Lebens verändern. DieGemälde geben persönliche Eindrücke wieder, die den Personen asso-ziativ bewußt werden.Zielsetzung: Angebot von Workshops für ältere Leute und eine Ausstel-lung ihrer Arbeiten als Teil eines Gesamtprogramms, dessen Aufgabe esist, zu demonstrieren, daß Kunst eine bedeutende Rolle im Leben alterMenschen spielen kann. Es soll auch gezeigt werden, wie künstlerischeEinrichtungen von der Zusammenarbeit mit Senioren profitieren können.Methodik: Kooperation mit verschiedenen Künstlern und Erstellen diver-ser Dokumentationen in Zusammenarbeit mit den Teilnehmern. Offen-heit, Kooperationsbereitschaft und gegenseitiges Vertrauen bilden dieBasis für dieses Projekt in der Ortsgemeinde. Die Herstellung von Kunst-

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werken in den Workshops war für viele neu, nur ganz wenige hatten be-reits Erfahrung im Malen, bevor sie sich der ARA (Active Retirement As-sociation) anschlossen.Innovation: Test neuer Methoden, um zur Kunst Zugang zu finden. DasIrische Museum für Moderne Kunst ist der Ansicht, daß Kunst der Kataly-sator für Wertevermittlung ist. Der Prozeß der Auseinandersetzung mitdem Kunstwerk ist daher ebenso wichtig wie das Produkt selbst.Partnerschaft: Staatliche Einrichtungen (Age & Opportunity), NationaleEinrichtungen (Eurolink Age), EC-Partner wie LOKV (niederländischesInstitut für Kunsterziehung), Auser Roma (eine Vereinigung, die auf derInitiative des italienischen Seniorenvereins CGIL basiert).

Die Evaluierung:Die Bewertung ist ein wichtiger Bestandteil. Die Bildungsprogramme derIMMA haben Teilnehmern den Zugang zur Kunst in zweierlei Hinsichteröffnet: das Zutrauen, über (zeitgenössische) Kunst zu reden, und dieBereitschaft, eigene Kunstwerke zu schaffen. Effektive Partnerschaften mitanderen Organisationen wurden geschaffen. Das IMMA-Modell wurdeVorbild für andere Projekte in Irland.

ITALIEN: Prato: Museo Luigi Pecci

Kontaktadresse:Bruno Corà, Art DirectorVia della Repubblica, 227I – 50047 PratoTel: 0039 / 574 06 20Fax: 0039 / 574 26 04Email: [email protected]

Die Institution:Das Luigi-Pecci-Zentrum für zeitgenössische Kunst ist eine kulturelle Ein-richtung, die das Museum für zeitgenössische Kunst, das Zentrum für Infor-mation und Dokumentation (CID) und die Abteilungen Bildung und Eventsumfaßt. Das Zentrum ist eine private und öffentliche Einrichtung und be-steht aus verschiedenen Sektoren. Das CID/Visual-Center (Zentrum für In-formation und Dokumentation) ist mit einer eigenen Datenbank mit On-line-Zugang ausgestattet. Ferner steht es „Videotel“-Benützern in Italienzur Verfügung. Dem Zentrum stehen 12.000 m2 Gesamtfläche zur Verfü-

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gung: 10 Ausstellungsräume, ein Bereich für Bildungsprogramme, ein Au-ditorium, ein Buchladen, eine Cafeteria und ein Amphitheater. Zu den ver-schiedensten Aktivitäten gehören: Konferenzen, Seminare, Filme, Multi-media-Events, Konzerte und Performances. Im Vordergrund stehen Aus-stellungen zeitgenössischer Künstler und Projekte, die auf das Gebiet umPrato ausgeweitet werden, z.B. die Ausstellung „Radiations“, in der dieKünstler ihre Arbeiten in Fabriken der Öffentlichkeit zugänglich machen.Ziel ist es, Studium, Forschung und Information über die neuesten Ent-wicklungen in zeitgenössischer Kunst in Italien und im Ausland mittelsAusstellungen, didaktischer Workshops und Konferenzen zu fördern. Esgibt eine Gruppe von freiwilligen Helfern, die für das Museum unter demNamen A.P.arte (Pecci Art Association) arbeiten.Eine eigene Bildungsabteilung wurde speziell für didaktische Aktivitätenvon Schulen eingerichtet, betreibt aber gleichzeitig auch Erwachsenen-bildung.

Das Projekt: Arbeitsgruppe für schöpferische Gestaltungund SelbstdarstellungZielgruppe: Klinische Patienten mit psychischen Erkrankungen (v.a. Schi-zophrenie und akute Depression)Kurzbeschreibung: Der Anstoß war eine Anfrage der örtlichen Gesund-heitsbehörde, ob Patienten des psychiatrischen Krankenhauses das Mu-seum mit seinen Ausstellungen besuchen sowie in Workshops ihre Erfah-rungen umsetzen könnten. Das geschah in Übereinstimmung mit einemneuen Gesetz ( „Legge Basaglia“) mit dem Ziel, neue Behandlungsformenfür geistig Kranke zu schaffen. Psychisch Kranke werden in Italien nichtmehr in Anstalten untergebracht. Man sucht neue Möglichkeiten der The-rapie. Der Leiter der örtlichen Gesundheitsbehörde sprach das Museuman, um es als „Brücke“ zu nutzen und den Patienten eine Chance zu ge-ben, wieder selbständig zu werden und einen Weg zurück in ihren all-tagsweltlichen Bezug zu ermöglichen. Zuerst setzen sich die Teilnehmermit der jeweiligen Ausstellung auseinander. Im Anschluß daran fertigensie in den Werkräumen Gemälde oder Skulpturen an. Dies bedeutet, mitFormen und Farben zu experimentieren, Gefühle, Ängste, Phantasien inetwas Sichtbares bzw. Berührbares umzusetzen, um dann darüber zukommunizieren. Es ist eine Kommunikation mittels einer eigenen Spra-che, die vom Autor (bzw. Zeichner) geschaffen wurde und somit Ausdruckseines Bewußtseins und des Unbewußten ist. Es stellt Suche und Erfor-schung des eigenen Ichs dar. Dieser Workshop führt zu einem Zusam-

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mengehörigkeitsgefühl der Teilnehmer. Durch die Arbeit in der Gruppewerden neue Interessen und Anregungen gewonnen sowie Kontakte zuanderen Leuten der Gruppe und deren Arbeit geknüpft.Die Supervision der Kursteilnehmer erfolgt durch die zuständige psychia-trische Abteilung des örtlichen Gesundheitsamtes und wird von zweiKunst-Therapeuten durchgeführt, die die Workshops leiten, die Aktivitätensteuern sowie das Material organisieren. Sie arbeiten in einer Gruppe mithöchstens 15 Personen, die sich daran gewöhnen sollen, im Team zu ar-beiten und sich zusätzlich auch innerhalb des Museums frei zu bewegen.Zielsetzung: Das Projekt zielt auf die Entwicklung einer persönlichenSprache/Ausdrucksform. Dieser kreative Prozeß führt zu einer Bereiche-rung, da die persönliche Fähigkeit, den Gedanken auf neue Weise Aus-druck zu verleihen, Freude bereitet. Deshalb ist es das Ziel, daß die Teil-nehmer neue Formen der Selbstverwirklichung erlernen und dadurchauch wieder lernen, sich in die Gemeinschaft zu integrieren. Durch dendirekten Kontakt mit der gesellschaftlichen Realität des Museums schafftdas Projekt eine Rehabilitationsmöglichkeit für die Patienten.Man erhofft sich auch, daß das Projekt dazu beitragen wird, in der Ge-sellschaft ein größeres Verständnis für die Probleme der Menschen zuentwickeln, die an Geisteskrankheiten leiden.Methodik: Die Teilnehmer – pro Gruppe insgesamt 15 – entwickeln ihreeigene Kreativität beim Gang durch die Ausstellung sowie durch dieWorkshops. Das Projekt basiert auf dem Grundgedanken, daß der kreati-ve Akt, die schöpferische Tätigkeit die gesunden Teile des einzelnen an-spricht und reaktiviert. Die konstruktive schöpferische Tätigkeit steht imGegensatz zur Krankheit. Die Krankheit ist destruktiv, schränkt die Per-sönlichkeitsentfaltung ein, zerrüttet die Kreativität. Das Projekt bildet ei-nen neuen Ansatzpunkt, wie die psychisch Kranken sich selbst helfenkönnen.Innovation: Das Projekt ist deshalb innovativ, weil psychisch Kranke dieMöglichkeit haben, in einem Museum schöpferisch tätig zu werden und-alle Einrichtungen des Museums (von den Ausstellungen bis hin zur Bar)selbständig zu nutzen. Auf diese Weise erlernen sie wieder den selbstän-digen Umgang mit den alltäglichen Dingen – eine Grundvoraussetzungfür die Möglichkeit, in ihre lebensweltlichen Zusammenhänge zurückzu-kehren.Partnerschaft: Pecci Museum (Bildungsabteilung) und örtliches Gesund-heitsamt (Abteilung Psychische Erkrankungen = USL). Die Zusammenar-beit zwischen USL und Museum wird jährlich vereinbart, während zwi-

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schen Museum und den Kunst-Therapeuten Einjahres-Verträge über dieprofessionellen Dienstleistungen abgeschlossen werden.Die USL bezahlt die Kunst-Therapeuten (Jahresverträge), die Materialien,die Betreuer, welche die Teilnehmer begleiten, und organisiert die mo-natlichen Besprechungen. Das Museum stellt die Räume zur Verfügungund ist verantwortlich für die Bildungsabteilung und die Kunsttherapeu-ten.

Die Evaluierung:Nach vier Jahren Laufzeit des Projekts zeigten sich bei den Patienten be-achtliche Fortschritte, was die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und dieEntwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen anbelangt. Diepositiven Ergebnisse werden vom Gesundheitsministerium, AbteilungPsychische Erkrankungen, bestätigt. Ein großer Prozentsatz lebt heutewieder in seinen alten lebensweltlichen Bezügen.Anfänglich hatte das Projekt einen sehr begrenzten Wirkungsbereich.Nach vier Jahren nun kommt es zu regen Kontakten zwischen Besucherndes Museums, psychisch Kranken und dem Museumspersonal (v.a. dieMuseumsbar ist hier wichtig). Das Museum hat Künstler hinzugezogen,die weitere Techniken lehren, die dieser Zielgruppe dienen. Durch die-ses Projekt wurde das Museum sensibel für andere benachteiligte Bevöl-kerungsgruppen. Zukünftig sollen hierzu auch andere Programme entwik-kelt werden.Durch die guten Erfahrungen in der Kooperation mit nicht-institutionali-sierten Projekten durch das Gesundheitsministerium wurden umgekehrtkunsttherapeutische Methoden bei der Behandlung von psychischen Er-krankungen eingeführt.Durch Ausstellungen und Zeitungsartikel über Aktivitäten der Bürger indiesem Bereich wurde eine Sensibilisierung der Bevölkerung dafür er-reicht, daß Kreativität und v.a. die Bildersprache universal sind und des-halb ein wichtiges Kommunikationsmittel darstellen, um der Vereinsa-mung und Ausgrenzung der psychisch Kranken entgegenzuwirken.

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LUXEMBURG: Luxemburg: Casino Luxemburg

Kontaktadresse:Forum d’art contemporainEnrico Lunghi, Kunst-Direktor41, rue Notre Dame, B.-P. 345L – 2013 LuxemburgTel: 00352 22 50 45Fax: 00352 22 95 95Email: [email protected]

Die Institution:Casino Luxemburg ist eine Ausstellungshalle, die zeitgenössische Kunstin ihrer Vielfalt und Komplexität darstellen und durch Information undBildungsprogramme einem breiten Publikum zugänglich machen möch-te. Ca. 40% der Besucher sind Kinder. Ziel ist es, mehr Erwachsene fürdie Einrichtung und ihre Dienstleistungen und Programme zu gewinnen.Eine Kooperation verschiedener Einrichtungen und Verbände soll dazuführen, daß die Menschen ihre Barrieren der zeitgenössischen Kunst ge-genüber abbauen. Das Casino versucht deshalb, durch spezielle Program-me eine erste positive Begegnung mit zeitgenössischer Kunst zu organi-sieren. Das Casino hat einen Verantwortlichen für Fortbildung, der mitden Freiberuflichen und Künstlern kooperiert und Experten für Vorträgeeinlädt.

Das Projekt: Workshops für geistig und psychisch Behinderteund sozial benachteiligte MenschenZielgruppe: Erwachsene mit geistigen und psychischen BehinderungenKurzbeschreibung: Das Casino lädt zu jeder Ausstellung eine Gruppevon behinderten oder sozial benachteiligten Personen ein. Die Arbeits-gruppen werden von dem (Video-)Künstler Antoine Prum betreut. ImVerlauf des Jahres 1997 wurde ein einstündiges Video produziert, dassieben dieser Projekte zeigt. Da Luxemburg ein kleines Land mit weni-ger als 400.000 Einwohnern (ein Drittel davon sind nichtgebürtige Lu-xemburger) und wenigen Museen ist, kann es auf keine Tradition derBegegnung mit moderner und zeitgenössischer Kunst zurückgreifen. DasForum ist eine sehr junge Institution, die dazu eingerichtet wurde, Inter-esse, Verständnis und Wissen der Besucher verschiedener Altersgrup-pen und unterschiedlicher Herkunft zu fördern. Die Notwendigkeit, mitanderen Einrichtungen zu kooperieren, dient dem Erfolg und dem Ab-

Bettina Heldenstein,Bildungs- und KulturbeauftragteTel: 00352 22 50 45Fax: 00352 22 95 95

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bau von Vorurteilen. Die Idee kam im Zuge einer Ausstellung im Casi-no auf.Zielsetzung: Ziel dieses Projekts ist nicht in erster Linie Behindertenthe-rapie, sondern den Menschen, die selten aus ihrer häuslichen Umgebungherauskommen, die Gelegenheit zu geben, angenehme Erfahrungen aneinem öffentlichen Ort zu machen und zum Mittelpunkt des (öffentlichen)Interesses zu werden. Ein Videofilm, der über die Workshops berichtet,soll zukünftig produziert werden, wobei die Gruppen eingeladen werden,bei Regie und Schnitt mitzuwirken.Methodik: Das Projekt wird von einem Projektleiter des Casinos organi-siert, der mit einem (freiberuflichen) Künstler zusammenarbeitet. Dasaudiovisuelle Zentrum stellt technisches Personal zur Verfügung.In der Ausstellung „Stanze de la Peinture“ z.B. begann eine Gruppe gei-stig/psychisch behinderter Erwachsener mit der Analyse und Interpretati-on ausgestellter Gemälde. Vor laufender Kamera erklärten die Teilnehmerdie Bedeutung der Kunstwerke. Die Kameraführung hielt die Details fest,an denen die Betrachter persönlich interessiert waren. Schließlich wur-den sie dazu eingeladen, ihre eigene Ausstellung in zwei Casinoräumenmit eigenen Kunstwerken, Photographien oder Objekten zusammenzu-stellen.Innovation: Neu ist der Einsatz von Kunst als Medium der Persönlichkeits-darstellung, um behinderte Menschen zu persönlichen Stellungnahmenzu bewegen. Umgekehrt werden ihre Aussagen dann dazu benutzt, Kunst-werke zu produzieren (Videos, Happenings).Partnerschaft: Die Workshops werden in Zusammenarbeit mit Behinder-teneinrichtungen organisiert. Das Video entsteht in Zusammenarbeit vonCasino und Centre National de l’Audiovisuel (Zentrum für audiovisuelleMedien).

Die Evaluierung:Die beteiligten Personen erleben Kreativität, lernen zu kommunizierenund erfahren Wertschätzung. Die Verantwortlichen stehen immer in di-rektem Kontakt mit der Zielgruppe.

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PORTUGAL: Queluz: Nationalpalast

Kontaktadresse:Palacio National de QueluzAna Flores, Leiterin der Bildungsabteilung/Pädagogische HochschuleLargo de PlacioP – 2745 QueluzTel: 00351 1 436 38 61 / 435 00 39Fax: 00351 1 435 25 75

Die Institution:Ca. 12 Kilometer vor den Toren Lissabons, umgeben von einem waldrei-chen Park, ist der Queluz Palast ( königliche Familienresidenz des 18.Jh.) ein Zentrum für die Bewohner der Hauptstadt, und somit wichtigerBestandteil der Freizeiteinrichtungen. Er ist ebenfalls ein Exkursionszielfür Schulen sowie eine der wichtigsten Touristen-Attraktionen im BezirkSintra, einem suburbanen Industriegebiet, das kulturell unterversorgt ist.Jedes Jahr werden verschiedene Projekte (ca. 46.000 Teilnehmer) in Zu-sammenarbeit mit den örtlichen Behörden, Schulen, sozialen Einrichtun-gen, dem Zentrum für Seniorenarbeit und anderen Museen entwickelt,um dem Bildungsauftrag des Museums gerecht zu werden.Manchmal reagiert die Bildungsabteilung auf Projekte, die von der Kom-mune gezeigt werden.Zum ständigen Personal gehören ein Koordinator (Ana Flores) und dreiAssistenten, die im Palast in einem von der Europäischen Union unter-stützten „Animationshaus“ ausgebildet werden. Zwischen 12 und 20weitere Animateure werden pro Projekt zusätzlich engagiert.Es gibt weder ein spezielles Budget für die Bildungsabteilung, noch istdiese Abteilung in der offiziellen Personalliste vermerkt.

1. Projekt: Queluz Palast: so weit so nahZielgruppe: GefängnisinsassenKurzbeschreibung: Das Projekt ist Teil des Geschichtsunterrichts, den dieGefangenen regelmäßig besuchen. Es gab einige Schwierigkeiten beimStart des Projekts, da es zu Spannungen mit der Gefängnisleitung kam.Das Personal des Queluz Palastes zeigt im Gefängnis Dias und Objekte,um das Leben in Queluz im 18. Jahrhundert zu veranschaulichen. Siesprechen mit den Gefangenen über das alltägliche Leben am Hof und inden Straßen (Handwerker und Arme). Das gibt den Gefangenen die Mög-

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lichkeit, über ihr eigenes Leben auf der Straße und über die Unterschie-de zwischen Reich und Arm sowie über ihre eigene Reintegration in dieGesellschaft zu sprechen. Anschließend arbeiten die Gefangenen mit ih-ren Lehrern in Workshops und stellen Kostüme und Gegenstände im Stilfrüherer Zeit her. Am Ende des Jahres findet ein Fest in Queluz statt, beidem alle Teilnehmer die Kostüme tragen, die sie selbst hergestellt haben.Die Projektdauer beträgt fünf Jahre.Zielsetzung:• Das Museum soll allen gesellschaftlichen Gruppen zugänglich ge-

macht werden• Beitrag zur kulturellen Entwicklung der ärmsten Bevölkerungsschich-

ten• Die Kulturgüter des Museums sollen als Bezugssystem für diverse Be-

völkerungsschichten genutzt werden und damit, wenn möglich, zursozialen Wiedereingliederung beitragen

• Der Gefangene soll als Person eine Wertschätzung erfahren, indem erselbst zum Museumsbesucher wird

• Zusammenarbeit mit pädagogischen Teams der Haftanstalten, um denLernprozeß zu fördern.

Innovation: Das Museum in die Gesellschaft hinauszutragen, insbe-sondere zu den Bevölkerungsgruppen, die nicht ins Museum gehen kön-nen.Partnerschaft: Staatliches Gefängnis von Linhó (Sintra).

Die Evaluierung:Das Personal des Queluz Palastes erkannte, daß die Gefangenen im Lau-fe der Treffen eine gewisse Form von Freundschaft und Vertrauen demMuseumsteam gegenüber entwickelten – die Vorlesungen führten zu gro-ßen Erwartungen, um weitere Themen aufzugreifen.Für 1998 ist ein ähnliches Projekt in einem Frauengefängnis geplant, dasFrauen und deren Kinder betreut. Die Teilnehmerzahl in diesen Gruppenbetrug normalerweise nicht mehr als 30 oder 40, jedoch seit Einführungdieser neuen Form der Geschichtsvorlesung 1997 ist sie bis auf 90 Teil-nehmer angestiegen.

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2. Projekt: Kunst, Kreationen und KachelnZielgruppe: BehinderteKurzbeschreibung: Das Projekt teilte sich in drei Hauptaktivitäten: dieBlumenparty, das Anfertigen von Mosaik-Fliesen und der Nutzen der Ver-gangenheit für die Gegenwart.In der Blumenparty (1996) verkleideten sich einige Animateure als Blu-men und halfen Behinderten dabei, sich als Blume mit Papierkostümenzu verkleiden. Danach feierten sie eine Party im Queluz-Garten, wo siezusammen sangen und tanzten.Die Herstellung von Mosaikfliesen (November 1996 Mai 1997) war einedidaktische Aktivität, bei der die Behinderten den Animateuren entspre-chende Anweisungen gaben, woraus dann ein richtiges Fliesenmuster (inPortugal gibt es eine charakteristische Form) entstand. Die Teilnehmerbemalten die Fliesen (mit dem Mund oder anderen Körperteilen, mit de-nen sie greifen konnten) in einem Workshop, der vier Monate dauerte.Diese Fliesen wurden vom Institut Nuno Belmar verkauft.In „Vergangenes für die Gegenwart“ (Januar – Mai 1997) erzählten dieAnimateure den Teilnehmern über die Hochzeiten und Geburten der kö-niglichen Familien, die einst im Palast lebten. Durch die Betrachtung derVergangenheit beschäftigten sie sich auch mit ihrer eigenen Vergangen-heit. Dies bot die Möglichkeit, über eigene Erfahrungen wie Geburt,Hochzeit, Sexualität (also Themen, über die normalerweise mit nieman-dem gesprochen wird) zu diskutieren.Zielsetzung:• Einrichtungen des Museums zu nutzen (Räume, Sammlungen, Erfah-

rungen)• Zusammenarbeit mit Institutionen, die sich auf verschiedene Formen

der Behinderung spezialisiert haben, um dann weitere Hilfsprogram-me zu organisieren

• Themen, Techniken und Produktion der Fliesenlegearbeiten des 17.Jahrhunderts vorstellen

• Förderung des Kontakts der Zielgruppe mit anderen Lebensräumenaußerhalb der Einrichtung; den Gebrauch des Körpers, der Intelligenz;Sozialisation von Erfahrungen und Problemen.

Methodik: Zu den benutzten Methoden gehören didaktische Spiele, the-matische Workshops („Mensch ärgere dich nicht“), Besucher, die mitspielenden Puppen agieren.Innovation: Den Behinderten wird ermöglicht, mit ihrem eigenen Körperaktiv umzugehen. Durch den Blick auf die Vergangenheit sollen die Teil-

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nehmer dazu angeregt werden, über ihre gegenwärtigen Erfahrungen zusprechen.Partnerschaft: Zentrum Nuno Belmar da Costa (Institut für (geistig) Be-hinderte).

Die Evaluierung:Die ständige Arbeit mit Behindertengruppen hat dem Museum neue Pro-jekte auf diesem Gebiet eingebracht, so daß das Potential des Museumsausgeschöpft werden kann. Die Arbeit mit dem Museum zeigte auch an-deren Behinderteneinrichtungen neue Möglichkeiten der Behindertenar-beit auf.

SPANIEN: Barcelona: Zoologisches Museum

Kontaktadresse:Josep Pigué, Leiter der BildungsabteilungParc de la Ciutadella, s/nSP – 08003 BarcelonaTel: 0034 3 319 69 12Fax: 0034 3 310 49 99

Die Institution:Dieses alte Museum ist in einem Gebäude von 1888 im Parc de laCiutadella untergebracht. Die Sammlungen wurden nach veraltetenwissenschaftlichen Kriterien zusammengestellt, wodurch das Museumeinen altertümlichen Eindruck erweckte. Jedoch zeigte sich das Teamvon Kuratoren sehr dynamisch und verfügt über eine große Erfahrungbei der Organisation von Aktivitäten für Schulklassen und Erwachsene.

Das Projekt: Umwelterziehung im MuseumZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: Entwicklung von Aktivitäten (Kurse, Gespräche, Na-turerkundungen usw.), die von einzelnen Organisationen vorbereitet, aberallen Besuchern zugänglich sind. Diese Aktivitäten stehen unter der Auf-sicht des zoologischen Museums.Zielsetzung: Die Einrichtungen eines Museums sollen Gruppen und Ge-sellschaften zur Verfügung gestellt werden, damit diese wissenschaftlicharbeiten können.

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Methodik: All diese Gruppen bestehen aus Wissenschaftlern und freiwil-ligen Helfern, die an bestimmten ökologischen Aspekten interessiert sind.Innovation: Dieses Projekt zeigt, wie das Museum die Arbeit verschiede-ner Vereine dabei unterstützen kann, ein Thema von der interessiertenÖffentlichkeit wissenschaftlich bearbeiten zu lassen.Partnerschaft: Katalanische Gesellschaft für Vogelsang, spanische etho-logische Gesellschaft (Verhaltensforschung), katalanische Schmetterlings-vereinigung, katalanische Gesellschaft für Herpetologie, Vereinigung„Freunde des Zoologischen Museums“ und spanische Vereinigung derNaturphotographen.

Die Evaluierung: Dieses Projekt trägt zur Förderung der Erwachsenenbil-dung bei, wobei v.a. Themen wie „Umwelterziehung“ und „Biologie“behandelt werden.

1.2 Auswertung der Fallbeispiele:

Nach der Veranschaulichung der Fallstudien wurde darüber diskutiert,inwieweit die angewandte Praxis bestimmten Zielgruppen förderlich undwelche Vorgehensweise empfehlenswert ist. Es gab eine Reihe von Ant-worten:Eine Zielgruppe ist eine Anzahl von Menschen, die gemeinsame Interes-sen oder Bedürfnisse haben. Solche Gruppen sind leicht identifizierbar,und einige von ihnen haben bereits vor Projektbeginn Museen besucht.Andere, neue Zielgruppen können dadurch angesprochen werden, indemman ihnen Sonderprogramme anbietet, die auf ihre speziellen Bedürfnis-se ausgerichtet sind.Jedoch sollen die Zielgruppen nicht immer klar abgegrenzt werden, dadadurch die Gefahr besteht, Personen zu übersehen, die nicht in eine derbeschriebenen Kategorien passen (z.B. Behinderte einer ethnischen Min-derheit, Frauen oder Kunsthistoriker). Es gibt viele Erwachsene, die allei-ne oder mit Freunden ins Museum gehen und die gerne Vorschläge er-halten würden, unter welchen verschiedenen Aspekten sie ihren Muse-umsbesuch verstehen können.Die größte Zielgruppe sind diejenigen Personen, die gegenwärtig über-haupt kein Museum besuchen, die größtenteils zu den am wenigsten ge-bildeten Gesellschaftsschichten gehören und die aus irgendeinem Grundgesellschaftlich oder wirtschaftlich benachteiligt werden. Eine weitere

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wesentliche Gruppe (eventuell gibt es hier auch eine Überschneidung)ist die der jungen Leute, die bisher noch kein Erfolgserlebnis im kulturel-len Bereich hatten. An diese Gruppen kommt man nur sehr schwer her-an, und es ist nicht leicht, ihnen deutlich zu machen, welche Lernmög-lichkeiten ein Museum bietet.Voraussetzung für eine erfolgreiche Museumsarbeit ist die Analyse desPublikums. Entsprechend sollte das Programm gestaltet werden. Besu-cherbefragungen (und andere Meinungsanalysen) sind wichtig, jedochmuß das Museum gleichzeitig eigene Schwerpunkte setzen. Das Muse-um wiederum stellt Bemühungen an, die Bedürfnisse seiner Besucher undeigene Interessen wie auch spezielle Angebote in Einklang zu bringen(nicht nur im Hinblick auf die Ausstellungen, sondern auch als pädago-gischen Ansatz).Eine Möglichkeit, neue Zielgruppen anzusprechen, besteht darin, imRahmen von Außenprogrammen in diese Gruppen zu gehen und fürdas Museum zu werben. Eine weitere Möglichkeit sind spezielle Pro-gramme, die auf die Bedürfnisse besonderer Zielgruppen zugeschnittensind.Für das Museum ist es von entscheidender Bedeutung, mit den Besuchernzusammenzuarbeiten, auf ihre Ideen zu hören und von ihren Erfahrun-gen zu lernen.Auf diese Weise erhalten Besucher und Museum eine positive Rückmel-dung. Dadurch werden neue Besuchergruppen erschlossen. Jedoch kannnicht die Besucherzahl allein für eine erfolgreiche Museumsarbeit aus-schlaggebend sein. Aussagen zur Qualität müssen ebenso berücksichtigtwerden.

1.3 Vorschläge für die Bildungsarbeit

Aus der Auswertung der Fallbeispiele ergeben sich folgende Vorschlägefür ein zielgruppenorientiertes Vorgehen:• klare Zielgruppenbestimmung• Festlegung der Charakteristika• Analyse der Bedürfnisse der Zielgruppe, die sowohl den Aspekt des

„lebenslangen Lernens“ als auch Sonderbedürfnisse beinhalten sollten(bei Behinderten könnte z.B. die Behinderung selbst ein wichtigerAspekt sein, zu dem das Museum Programme entwirft, die ihnen da-bei helfen sollen, ihren Körper zu benutzen)

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• Zielbestimmung (im Hinblick auf die Bedürfnisanalyse und Möglich-keiten des Museums)

• Methodenbestimmung• Bestimmung des Instrumentariums• Evaluierung der Ergebnisse.Für die größte Zielgruppe – die Leute, die normalerweise kein Museumbesuchen – können Bildungsprogramme mit einem bestimmten themati-schen Schwerpunkt vorgeschlagen werden. Bei diesen speziellen Projek-ten ist jedoch zu beachten, daß zur Erreichung dieses Publikums politi-sche und soziale Veränderungen vonnöten sind.Für die praktische Umsetzung dieser Vorschläge ist es ratsam, Kontaktezu speziellen Vereinigungen und Einrichtungen aufzubauen, damit dieMuseumspädagogen außerhalb des Museums tätig werden können, z.B.in Form des direkten Kontakts mit dem Publikum. Die Museumspädago-gen sollten auch Langzeitprogramme anbieten, die die Zielgruppe zuLernerfolgen führt. Dafür ist die berufliche Qualifikation der Mediatoren(= Vermittler), die Analysen machen, Ziele, Methoden, Inhalte und Eva-luation festlegen sowie die Projekte durchführen, von besonderer Bedeu-tung.In den Workshops sollten speziell die Methoden, die in der Erwachsenen-bildung Anwendung finden, auch in der Museumspädagogik eingesetztwerden.

2. Aspekt „Methodik“

2.1 Fallbeispiele

DÄNEMARK: Lejre: Historisch-ArchäologischesVersuchszentrum

Kontaktadresse:Bjarme Tro/ nnouuSlangeallé 2DK – 2320 LejreTel: 0045-46480878Fax: 0045-46481405

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Die Institution:Das Historisch-Archäologische Versuchszentrum (HAF), auch als LejreVersuchszentrum bekannt, ist eine selbstverwaltete Einrichtung, die sichdamit beschäftigt, Handwerk, Landwirtschaft, Häuser und Naturbedin-gungen der Vorgeschichte zu erforschen und zu vermitteln. Mit Hilfe prak-tischer Versuche werden neue Fragen über die Hinterlassenschaften vomLeben und vom Verhalten unserer Vorfahren aufgeworfen. Das Versuchs-zentrum beschäftigt sich mit allen Zeitabschnitten der dänischen Vorge-schichte. Schwerpunktmäßig sind jedoch die Ergebnisse der Arbeit mitder wiederaufgebauten Eisenzeit (Zeit um Christi Geburt) und dem Häus-lerleben in der Zeit um 1850 zu sehen. Überall finden sich Tafeln mitErklärungen.

Das Projekt: Leben in der VorzeitZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: Neben der Möglichkeit, das Zentrum tagsüber zu be-suchen, besteht die Möglichkeit, für einige Zeit (Tage bis Wochen) selbstErfahrungen zu sammeln durch das Angebot, in dem Zentrum zu lebenwie in den vorgeschichtlichen Zeiten. Es existieren Werkstattbetriebe(Schmiede, Töpferei, Webstube), in denen man mitarbeiten kann. Zudemkann man auch bei den landwirtschaftlichen Arbeiten mithelfen und alteTechniken wiederentdecken und praktizieren. Alles, was zum Leben ge-braucht wird, wird im Versuchszentrum selbst hergestellt bzw. nachge-liefert. Die Pflanzen- und Tierwelt wurde rückgezüchtet auf die einzel-nen vorgeschichtlichen Zeitphasen.Zielsetzung: Durch den starken lebensweltlichen Bezug und die physi-schen Ergebnisse der Einzelforschungen besteht die Möglichkeit, sich demLeben unserer Vorfahren anzunähern.Methodik: Anleitung zur Erlernung anderer Arbeitsmethoden durch Per-sonen, die bereits länger in dem Versuchszentrum tätig sind oder schonüber Erfahrungen mit dem „Leben“ in alten Zeiten verfügen. Die Tages-besucher werden je nach Motivation miteinbezogen und produzierenteilweise die Ergebnisse mit.Innovation: Entwicklung neuer Methoden, in das Leben der vorgeschicht-lichen Vergangenheit einzusteigen. Im Unterschied zu anderen archäo-logischen Museen besteht hier die Möglichkeit, tatsächlich einzutauchenin die vergangenen Lebenswelten dadurch, daß die Teilnehmer mit denselbstfabrizierten Werkzeugen der Vorzeit arbeiten. Einen Schlüssel zurVorzeit gibt es nicht; es gibt jedoch die Möglichkeit, durch intensives Ein-

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tauchen in das Leben der vergangenen Zeiten Einblicke zu erhalten in dieLebensumstände der vergangenen ZeitperiodenPartnerschaft: Seit 1967 verfügt das Versuchszentrum über feste öffentli-che Zuschüsse, die übrigen Einkünfte erfolgen über die Eintrittspreise.

Die Evaluierung:Jährlich besuchen ca. 80.000 Interessenten das Zentrum, und immer öf-ter leben Personen für eine geraume Zeit in der Anlage. Daneben wirdder geschichtliche „Werkstattunterricht“ für Schulen, andere Museen undFamilien ausgebaut und zum Vorbild gemacht für ähnliche Zentren imAusland (z.B. in Norddeutschland).

DEUTSCHLAND: München: Münchner Volkshochschule

Kontaktadresse:Dr. Susanne Heil,ProgrammdirektorinPostfach 801 164D – 81611 MünchenTel: 0049-89-48006-104Fax: 0049-89-48006-251

Die Institution:Ziele der MVHS sind:• Allgemeinbildung, Weiterbildung von Erwachsenen (aus allen Bevöl-

kerungsschichten)• berufliche Bildung• Symposien, Diskussionen, Tag der offenen Tür• Planung und Durchführung der Bildungsprogramme gemäß den Zie-

len der deutschen und europäischen Erwachsenenbildungseinrichtun-gen

• Bereitstellung von Erwachsenenbildungsprogrammen, die alle Bevöl-kerungskreise umfassen, unabhängig von Rasse, Nationalität, Religion,Geschlecht, Beruf und Garantie einer umfassenden intellektuellen,kulturellen, beruflichen und politischen Weiterbildung.

Die Münchner Volkshochschule dient der Allgemeinbildung, Weiterbil-dung und Spezialisierung von Erwachsenen und jungen Menschen ausallen Bevölkerungsschichten. Die Zusammenarbeit mit ähnlichen Insti-tutionen findet bei Projekten statt, die dies erforderlich machen.

Ulla von GemmingenLeiterin der Kunsthistorischen AbteilungTel: 0049 89 48006 130Fax: 0049 89 448 2939

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Das Projekt: MuseumswerkstattZielgruppen:• Erwachsene• ausländische Mitbürger (Projekt „Leben im fremden Land“)• Familien• Behinderte• Au-pair- Mädchen und -Jungen, mit Deutschen verheiratete Ausländer,

Arbeiter verschiedener Berufsgruppen, Studenten, Asylanten, Teilneh-mer aus osteuropäischen Ländern

Kurzbeschreibung: Die Museumswerkstatt begann 1984 als Pilotprojektfür ausländische Arbeitnehmer und ihren Familien und für Flüchtlinge, dieDeutschkurse und Kurse zur beruflichen Weiterbildung an der MVHS be-legten. Das neue Museumsprogramm war Teil des Kursangebots „Deutschals Fremdsprache“. Seit 1989 sind die Kurse der Museumswerkstatt Teil desoffiziellen Programms der Münchner Volkshochschule. Es steht MünchnerBürgern, Familien und Behinderten zur Verfügung. Die Museumswerkstattist ein Kursprogramm, bei dem die Teilnehmer das Museum mittels ver-schiedener künstlerischer und handwerklicher Techniken erforschen kön-nen. Zum einen dürfen sie hinter die Kulissen des Museums schauen, zumanderen werden sie zu aktiven Museumsbesuchern. Hierzu lernen sie dieverschiedenen Münchner Museen als Treffpunkte kennen.Zielsetzung: Der Hauptgedanke ist die gemeinsame Arbeit an einem be-stimmten Thema und zu einem bestimmten Zweck, z.B. Sprachenlernenim Museum, um eine gemeinsame Kommunikationsbasis zu entwickeln.Üblicherweise handelt es sich um Teilnehmer, die normalerweise keineMuseen besuchen. Ihnen soll geholfen werden, die Welt der Kultur undder Wissenschaft zu entdecken und dabei Freude zu empfinden. Die Kur-se sollen sie befähigen, ihre Gefühle auszudrücken, kreative künstlerischeTechniken anzuwenden und ihr Wissen und ihre Erfahrung zu vergrößern.

Beispiel: Deutsch lernen im Museum:Die Ausländer erhalten einen Zugang zur deutschen Kultur und sie er-fahren, daß Sprache eine soziale und kulturelle Komponente hat, ohnedie eigenen Wurzeln zu verleugnen. Das Hauptziel dieses Programmsist es, ein Modell der Museumspädagogik zu entwickeln, in dem nichtnur für den Spracherwerb neue Wege gefunden, sondern auch Frem-denfeindlickeit überwunden werden kann in der Begegnung und demAustausch im Museum. Die Angst vor dem Unbekannten wird besei-tigt, und ausländische Teilnehmer erhalten Zugang zu den kulturellenEinrichtungen ihres Gastlandes.

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Aus der Sicht des Museums nimmt das Interesse an Projekten dieser Artzu: Solche Programme eröffnen Kooperationsmöglichkeiten mit städti-schen Einrichtungen und sichern finanzielle Unterstützung für diese städ-tischen Institutionen.Methodik:• Programme, Kurse und Tagesseminare durch ein Team von ca. 20 frei-

beruflichen Dozenten (Experten in den Bereichen Museumspädagogikund einer beruflichen Fachrichtung wie Sprachen)

• „Learning by doing“ „Lernen durch eigenes Tun“: Lernen durch Erfah-rung mit Kunst und durch einen kreativen Umgang mit Kunstwerken

• Zusammenarbeit in einem Netzwerk mit Dozenten verschiedensterFachrichtungen, mit Museums-Teams und Erwachsenenbildungsein-richtungen

• Interkulturelle Kommunikation: Vermittlung, Interaktion, lernen, sehen,sich gegenseitig wahrnehmen, Freude an der Kultur entdecken, Gedan-kenaustausch in der Museumsgruppe

• Spracherwerb und gleichzeitiges Kennenlernen von Menschen mitverschiedenem kulturellen Hintergrund und damit Abbau von Vorur-teilen. Das neue Gastland wird als offen und zugänglich wahrgenom-men.

lnnovation: Integration eines neuen Ansatzes der Kunsterziehung in denSpracherwerbsprozeß, da Sprachenlernen auch stets das Erlernen deskulturellen Hintergrundes umfaßt und dadurch einen engen Zusammen-hang mit Kunst hat. Abkehr von den klassischen funktionalen Methodendurch die Anwendung kreativer Methoden, die fachübergreifend einge-setzt werden.Partnerschaft: Innerhalb der Erwachsenenbildungsorganisation Zusam-menarbeit mit der Abteilung für berufliche Bildung und der Sprachenab-teilung, mit Museen, mit dem Arbeitsamt, mit städtischen Einrichtungenfür Ausländer und dem städtischen Familienbildungszentrum.

Die Evaluierung:Pro Semester werden ca. 95 Kurse in 10 Museen durchgeführt und vonca. 900 Teilnehmern besucht. Davon werden ca. 32 Kursangebote imBereich Sprachenlernen (ca. 500 Teilnehmer pro Semester) angeboten;„Deutsch lernen im Museum“ hat rund 350 Teilnehmer pro Semester.Das Hauptziel dieser Programme ist, ein Modell für Museumspädagogikzu entwickeln, das neben dem Spracherwerb neue Wege auffinden soll,um Fremdenfeindlichkeit durch persönliche Kontakte und Austausch im

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Museum abzubauen. Daneben soll die Fähigkeit entwickelt werden, sichphantasievoll zu betätigen und sich im kreativen Bereich auszudrücken,ohne viele Vorgaben.

GRIECHENLAND: Athen: Byzantinisches Museum

Kontaktadresse:Chrysanthi Baltogianni,Museumsdirektor22 Vas. Sophias AveGR – Athen 10675Tel: 0030-1-723 2178Fax: 0030-1-723 1883

Die Institution:Das Byzantinische Museum, das 1914 gegründet wurde, befindet sich seit1930 im Ilisia Palast der Herzogin von Plaisand. Die weitreichendenSammlungen umfassen byzantinische und post-byzantinische Kunstwer-ke vom 4. – 19. Jahrhundert (Ikonen, Skulpturen, Fresken, illustrierte Ma-nuskripte, Miniaturen, Holzschnitzereien aus ganz Griechenland). Zieldes Byzantinischen Museums nach der Fertigstellung eines Anbaus ist es,zu einem internationalen Zentrum für die Erhaltung und Förderung by-zantinischer Kunst zu werden.Das Museum ist der Öffentlichkeit voll zugänglich. Es werden kontinu-ierlich Veranstaltungen für Erwachsene und Kinder kostenlos angeboten.

Das Projekt: „Tag der offenen Tür“ im Byzantinischen MuseumZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: Die Entwicklung, Organisation und Durchführung derzweimal jährlich stattfindenden Projekte untersteht dem internationalenMuseumsrat und dem Kultusministerium. Am Projekt arbeiten alle Ange-stellten des Museums (Archäologen, Restauratoren, Verwaltung, Aufseherusw.) mit. Die museumspädagogische Abteilung wird durch einen Ar-chäologen geleitet.Im Laufe des Programms stellen Archäologen, Restauratoren und Künst-ler die Kunstmethoden und -techniken vor, die während der byzantini-schen Herrschaft angewandt wurden, und machen mit grundlegendenMethoden zu deren Restaurierung bekannt. Diese Darbietungen findenim Hof und im Museum statt.

Andromachi Katselaki,MuseumspädagogeTel: 0030-1-7232178Fax: 0030-1-7231883

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Im Anschluß daran können unter Anleitung Ikonen, Wandmalereien,Mosaike und byzantinische Töpferwaren angefertigt werden. An verschie-denen Stellen im Hof findet eine theoretische Darbietung und eine prak-tische Veranschaulichung (Herstellung von Kunstwerken, Malerei, Plastikusw.) statt.Zielsetzung: Der Öffentlichkeit Zugang zum Museum zu verschaffen, dasMuseum „wieder zu beleben“, Bezug zum kulturellen Erbe herzustellen,gedankliche Auseinandersetzung zu fördern, manuelle und intellektuelleFähigkeiten zu entwickeln.Methodik:• Der Museumspädagoge arbeitet mit Kuratoren und Restauratoren im

Museum zusammen sie entwickeln das pädagogische Konzept und diePräsentation. Der Leitgedanke dieses Programmes ist es, die Öffentlich-keit mit dem Museum vertraut zu machen

• Die Öffentlichkeit erhält Einblick in die Welt der Restauratoren durchZuschauen, Diskussion und praktische Beispiele

• Zur Förderung des Verständnisses werden diverse Techniken bei derHerstellung von Ikonen bzw. Kunstwerken in verschiedenen Stadienvorgestellt

• Die Lernstrategien, die im Museum angewandt werden, entsprechenden traditionell angewandten Lernmethoden. Das Hauptziel ist es, dieEntwicklung der byzantinischen Kunst und Religion transparent zumachen.

Da das Projekt nun seit sechs oder sieben Jahren angeboten wird, konnteder Kontakt zu einem interessierten Publikum hergestellt sowie die Be-sucherschaft erweitert werdenInnovation: Durch Methoden, die den Erwachsenen das Museum (wie-der) vertraut machen, bekommen sie Zugang zum Museum und dessenAngestellten. Sie erhalten die Möglichkeit, sich mit Fachleuten auszutau-schen.

Die Evaluierung:Es finden Fragebogenaktionen statt, aus denen folgende Schlüsse zu zie-hen sind:• Spiel und Spaß in einer Umgebung, die normalerweise als ernst und

unzugänglich betrachtet wird• Wunsch nach ähnlichen Aktivitäten• Die Besucher kommen in der Regel wieder, da sie angenehme Erfah-

rungen im Museum durch die Teilnahme am Projekt gemacht haben

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• Das Museum wird zu einer attraktiven Umgebung fürs Lernen. DieÖffentlichkeit erhält die Gelegenheit, Initiativen zu ergreifen, Entdek-kungen zu machen sowie selbständig zu arbeiten.

GRIECHENLAND: Piräus: Dion Ausgrabungs-Laboratorium

Kontaktadresse:Aristoteles Universität von ThessalonikiDimitrios Pandermalis, Professor der klassischen ArchäologieDion Ausgrabungs-LaboratoriumGR – 60100 Dion PiräusTel: 0030- 351 53 666

Die Institution:Der Fachbereich Archäologie der Universität stellt das Bindeglied zwi-schen Museum und Öffentlichkeit, zwischen Fachpersonal und verschie-denen sozialen Gruppen dar. Mit Hilfe der Museumspädagogik erhaltensie Zugang zu den Exponaten, vertiefen ihr Geschichtswissen. Somit wirdauch zur Erhaltung des wichtigen kulturellen Erbes beigetragen.

Das Projekt: Das Leben in einer antiken StadtZielgruppe: Berufliche Fortbildung, ErwachseneKurzbeschreibung: Für das Weiterbildungsprogramm „Das Leben in ei-ner antiken Stadt“ wurde eine nach didaktischen Gesichtspunkten ange-legte Ausstellung zusammengestellt. Einzelne Aspekte des alltäglichenLebens in Dion werden veranschaulicht. Im ersten Teil gibt es einen Dia-vortrag, der das antike Stadtbild im allgemeinen beleuchtet. Dem Besu-cher werden die verschiedenen Stadien der Stadtentwicklung vorgeführt.Parallel zum Diavortrag werden ausgewählte griechische Städte in derAusstellung gezeigt, deren Ruinen dem Besucher einen kompletten Ge-samteindruck einer antiken Stadt vermitteln können. Dann werden Ab-teilungen der Ausstellung ausgewählt, die mit Hilfe von Modellen, Zeich-nungen, Reproduktionen oder gar Originalen einen guten Einblick in dasAlltagsleben gewähren.Das Fortbildungsprogramm endet mit einer Besichtigung der archäolo-gischen Stätte. Nachdem in den vorangegangenen Programmpunktendas wesentliche geschichtliche Hintergrundwissen erarbeitet wurde, ist

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nun eine Interpretation der Ausgrabungsstätte besser möglich und ver-ständlich.Zielsetzung: Ziel des Fortbildungsprogrammes ist es, die Teilnehmer mitdem Alltagsleben einer antiken Stadt vertraut zu machen und spezielldas Leben in Dion zu veranschaulichen. Auf diese Weise soll auch dasInteresse der Kursteilnehmer an historischen Fragestellungen und für dieKulturgüter geweckt werden. Nicht zuletzt geht es auch darum, eineVerbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart herzustellen.Methodik: Eine wesentliche Voraussetzung für den Projekterfolg ist diegeringe Gruppenteilnehmerzahl, die auf 30 begrenzt ist. Es findet einenger Kontakt zwischen dem Dozenten und den Mitgliedern der Grup-pe statt. Das methodische Konzept, vom Vertrauten zum weniger Be-kannten vorzustoßen, beruhigt den Besucher und hilft ihm dabei, dieverschiedenen historischen Perioden und Sozialstrukturen zu analysie-ren und in Gesamtzusammenhänge einzuordnen. Die Zeugnisse antikerSchriftsteller und Reiseberichterstatter werden hinzugezogen, um eineangenehme Lernatmosphäre zu schaffen. Individuelles Vorgehen, Erfor-schung der Ausgrabungsstätte und häufiges Wiederholen der Ergebnisseverankern das angeeignete Wissen fest im Gedächtnis.Innovation:• Betrachtung verschiedener Aspekte eines Ausstellungsstückes oder ei-

nes Gebäudes (historische Bedeutung, soziopolitische Struktur, funk-tionelle und ästhetische Gesichtspunkte)

• Einsatz vergleichender Archäologie und verwandter Fächer• Vergleich alter Kulturen mit modernen Lebensweisen• Bereitstellung informativer Texte, mit deren Hilfe die Erwachsenen das

Fachwissen besser verstehen können. Diese Texte enthalten auch Quel-len und Anekdoten, die dem Kursteilnehmer das Gefühl vermitteln,sich in einem interessanten und unterhaltenden Fortbildungskurs zu be-finden.

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ÖSTERREICH: Wien: Büro für Kulturvermittlung

Kontaktadresse:Walter Stach, Leiter des Bürosfür KulturvermittlungOtto-Bauer-Gasse 2/15A – 1060 WienTel: 0043 1 53120 4711Fax: 0043 1 53120 4788Email: [email protected]

Die Institution:Das Büro für Kulturvermittlung ist eine Einrichtung, die vom österreichi-schen Erziehungs- und Bildungsministerium finanziert wird. Die Aktivi-täten des Büros für Kulturvermittlung konzentrieren sich auf die Vermitt-lung im Museums- und Ausstellungsbereich, insbesondere auf den Dienst-leistungssektor und auf Innovationen. Der Servicebereich umfaßt Infor-mation (für Mediatoren, Museen, Bildungseinrichtungen und die Öffent-lichkeit), Betreuung und Beratung der Hauptamtlichen, Koordination,Dokumentation über Vermittlungsangebote von Museen und Ausstellun-gen (v.a. für Schulen).Hauptziele sind die Einführung innovativer Methoden bei der Kulturver-mittlung und das Ansprechen eines neuen Publikums. Erwachsenenbil-dung ist das zentrale Anliegen der Einrichtung, die Führungskräfte vonErwachsenenbildungseinrichtungen beschäftigt.Es sollen Information, Beratung und Konsultation durch hauptamtlicheKulturvermittler angeboten werden. Ferner werden neue Entwicklungenin der professionellen und nebenberuflichen Kulturvermittlung unter-stützt. Für die Konzeption neuer Vermittlungsprojekte wird finanzielleUnterstützung gewährt.

Das Projekt: Das Nützliche und das FremdeZielgruppe: LehrlingeKurzbeschreibung: Walter Stach begann die Arbeit mit Lehrlingen imkulturellen Bereich 1989. Das Projekt wurde im folgenden so gestaltet,daß es ins österreichische Berufsschulwesen integriert werden konnte.Es besteht aus einer Vielzahl laufender Einzelprojekte. Eines davon ist„Das Nützliche und Fremde“. Es umfaßt eine Reihe von Projekten inverschiedenen kulturellen Bereichen und ist auf das österreichische dua-le System der Lehrlingsausbildung in allen neun Bundesländern ausge-

Gabriele Stöger,ProjektkoordinatorinTel: 0043-1-4072502Fax: 0043-1-53120-4788Email: [email protected]

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richtet. Ziel ist die Vermittlung zwischen verschiedenen Kulturen, die inder Gesellschaft vorhanden sind. Dabei werden interaktive Methodenangewandt, um die Teilnahme an weiteren kulturellen Aktivitäten zufördern.Zielsetzung: Das langfristige Ziel der Bildungspolitik ist es, ein Recht derLehrlinge auf kulturelle Bildung innerhalb des dualen Ausbildungssystemszu garantieren. Eine intensive Kommunikation der Lehrlinge untereinan-der und zwischen den Kunst- und Kulturvermittlern soll ermöglicht wer-den. Der Vermittlungsprozeß beginnt bei der Erfassung der Lebens- undArbeitswirklichkeit der Lehrlinge, versucht deren Erfahrungen mit denErfahrungen der Mediatoren und Künstler in Einklang zu bringen. Auf die-se Weise soll die kreative Selbstentfaltung angeregt werden. Die Projektebasieren auf freiwilliger Teilnahme.Methodik: Eine Auswahl von über 30 Drei-Tages-Seminaren in verschie-denen kulturellen Bereichen steht der großen Zahl der Lehrlinge in Öster-reich während ihrer Berufsausbildung zur Verfügung (ein Tag von derSchule, ein Tag vom Arbeitgeber und ein Tag von ihrer Freizeit). WennObjekte (Gemälde, Skulpturen, Texte, Videos, Photographien usw.) in denWorkshops angefertigt werden, können sie in einer kleinen Ausstellunggezeigt werden. Die methodische Abfolge ist wie folgt:• Herstellung einer Beziehung zur Kunst: Die Lehrlinge lernen in ihrer

Ausbildung, etwas „Nützliches“ herzustellen. Kultur in Form von Mu-seum, Theater, Musik wird als etwas Unnötiges angesehen. Im Projektwird die Diskussion über das „Fremde“ – wie Kunst – angeregt, um eineBeziehung zwischen den Kursteilnehmern und den Exponaten undBesuchern der Ausstellungen herzustellen

• „Jeder ist ein Experte“: Der Vermittlungsprozeß beginnt bei der Erfas-sung der Lebens- und Arbeitswirklichkeit der Lehrlinge und versucht,deren Erfahrung mit der Erfahrung der Meditatoren und Künstler zu-sammenzubringen

• Kommunikation: Das Ziel ist eine intensive Kommunikation. Deshalbist die Teilnehmerzahl in den Seminaren auf neun Personen begrenzt

• Aktivität: Kreative und interaktive Methoden werden angewandt, umKultur-Partizipation und kreative Selbstentfaltung anzuregen

• Dauer: Die Workshops erstrecken sich über zwei bis drei Tage• Aufmerksamkeit/Wertschätzung: Jeder Teilnehmer wird mit Respekt

und größtmöglicher Aufmerksamkeit behandelt. Jeder wird ermutigt,sich individuell auszudrücken. Produkte aus den Workshops werdenmit großer Wertschätzung betrachtet

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• Eine freiberufliche Kraft, die im Amt für Kulturvermittlung arbeitet, istverantwortlich für die Koordination der Projektreihe. Die Projekte wer-den von unabhängigen Teams von je drei freiberuflichen Personendurchgeführt. Die Teams bewerben sich um ein Projekt und geben ih-ren (Rechenschafts-)Bericht dem Büro für Kulturvermittlung.

Innovation: Es gibt kein vergleichbares kulturelles Angebot für diese Ziel-gruppe, das sowohl während der Lehrveranstaltungen als auch in der Frei-zeit stattfindet. Bei der Organisation eines Projektes müssen die Vermitt-ler nicht nur mit der Berufsschule Kontakt aufnehmen, sondern auch mitvielen privaten Firmen, die Lehrlinge ausbilden. Ein Teil der Vermittlungs-arbeit besteht darin, Schulen und Arbeitgeber davon zu überzeugen, daßsie ihren Lehrlingen Zeit für diese kulturellen Aktivitäten zur Verfügungstellen.Partnerschaft: Freiberuflich tätige Lehrer des ganzen Landes. InformelleKontakte mit interessierten Schuldirektoren und Firmen. Manchmal arbei-ten Museumsangestellte in den Arbeitsgruppen mit. Förderung durch dasBildungs- und Kultusministerium sowie teilweise durch das Ministeriumfür soziale Aufgaben.

Die Evaluierung:Über 620 Teilnehmer pro Jahr; ca. 25 bis 30 Teilnehmer pro Projekt ver-bringen ca. 24 Stunden (drei Arbeitstage) im Projekt.Das Projekt begann 1997 mit dem Ziel, herauszufinden, ob interkulturel-le Kommunikation erfolgreich gegen Xenophobie eingesetzt werdenkann. Die Ergebnisse werden für 1998 erwartet. Große Firmen sind sichder Bedeutung der Allgemeinbildung ihrer Mitarbeiter bewußt, und Schul-direktoren wurden zu interessierten Partnern. Kulturelle Einrichtungenund Künstler haben entdeckt, welch ungenütztes Potential diese Zielgrup-pe darstellt. Andererseits bewirkt die wirtschaftliche Rezession eine ge-nerelle Verschlechterung der Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, wo-durch auch die Verwirklichung solcher Projekte schwieriger geworden ist.Die Teilnehmer werden gewöhnlich gebeten, Fragebogen auszufüllenoder ein mündliches Feedback am Projektende zu geben.

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2.2 Vier kulturelle Vermittlungsmodelle

Das traditionelle ModellDie zentrale Position hat der Vermittler, gewöhnlich ein Museumsführer,der die Gruppe mit seinem Wissen über das Objekt informiert. Die Kom-munikation verläuft nur eingleisig vom Vermittler zum Besucher. Auchwenn Besucher Fragen stellen, gibt es keinen echten Dialog. Das Muse-um hat weder eine aktive Rolle, noch ist es Gegenstand des Dialoges, esstellt lediglich den Raum oder Rahmen. Materialien (Aufschriften, weite-re Informationen, Texte, Materialien für kreative Arbeit) werden kaumbenutzt.

Das Qualitäts-ModellDas Museum, die Besucher, die Objekte, die Materialien und der Media-tor haben eine ausgeglichene Beziehung zueinander. Die Vertreter derInstitution sprechen die Besucher an, die Besucher beteiligen sich aktivan der Suche nach Information. Das Material, das die Mediatoren bereit-stellen, unterstützt den Prozeß des Vertrautmachens mit dem Thema/Sachverhalt. Jede der beteiligen Personengruppen trägt einen Teil derVerantwortung im Bildungsprozeß (wie gleichberechtigte Partner). DerMuseumspädagoge stimmt die Materialien auf das Feedback hin ab, daser vom Besucher erhält. Der Dialog der Besucher untereinander ist jedochunbedeutend, das ist der Unterschied zum nichthierarchischen Modell.

Das nicht-hierarchische ModellDas Museum stellt lediglich den Raum oder Rahmen zur Verfügung, istjedoch am Prozeß zwischen Vermittlung und Besucher nicht beteiligt(möglicherweise beeinflußt es jedoch diesen Prozeß). Jeder ist ein Fach-mann, der Lernende genauso wie der Lehrer. Dialoge, die dadurch ent-stehen, daß die Besucher von den Objekten inspiriert werden, sind vongrundlegender Bedeutung. Es gibt keine Ober- bzw. Unterordnung (hier-archische Struktur) von Personen, die vorgeben, das Wissen zu haben(z.B. der Mediator), und denen, die unwissend zu sein scheinen (die Be-sucher). Der Besucher entwickelt eine sehr enge Beziehung zum Objektund umgekehrt. Die Beziehung ist nicht hierarchisch. Es ist nicht das Ziel,sich die „richtige“ Sichtweise anzueignen, sondern es soll ein Austauschüber verschiedene Sichtweisen stattfinden, um neue Aspekte des betrach-teten Gegenstandes zu entdecken.

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Das Ideal-ModellEs ist weniger subjektiv als das nicht-hierarchische Modell. Der erwach-sene Lernende nimmt eine zentrale Stellung im Lernprozeß ein, den erselbst mitbestimmt. Es muß etwas gelernt werden, was über den subjekti-ven Eindruck hinausgeht. Das Material und der Vermittler haben eineuntergeordnete Stellung, sie unterstützen den Lernprozeß des erwachse-nen Menschen. Der Vermittler und das verwendete Material müssen so-wohl eine Beziehung zum Lernenden als auch zum Lerngegenstand (Ob-jekt) aufweisen. Die Beziehung zwischen dem Lernenden und dem Ob-jekt ist es, Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen. Der Lernen-de (eher eine Einzelperson als ein Teil der Gruppe) kann zusätzliche In-formation oder Arbeitsmaterial oder die Hilfe des Mediators in Anspruchnehmen. Die Institution ist auch hier wieder der äußere Rahmen, der dasLernen ermöglicht.

2.3 Grundsatzfragen zur Methodik

Die Diskussion drehte sich um die Bedeutung des Objekts und die Be-deutung des Lernens: Hat das Objekt eine eigene Bedeutung, und führtes zu einem Ziel? Welches ist die Rolle des Vermittlers in diesem Prozeß?Wie effektiv sind freiwillige Führer? Hier existieren verschiedene intellek-tuelle Traditionen in den verschiedenen Ländern.Was versteht man unter „Museum“?Man muß zuerst definieren, was ein „Museum“ ist. Das Museum ist eineSammlung greifbarer Objekte zum Zwecke der Erhaltung; jedoch im Kon-text der Museumskunde ist es im wesentlichen eine Sammlung von Sym-bolen und Repräsentationen, die die ideellen Bedingungen für das Nach-denken bieten sollen. Die Außenwelt bietet auch viele Möglichkeiten zumNachdenken, aber verglichen mit dem geordneten Museum ist sie immerin Bewegung. Das Museum kann Vorteile aus der Zusammenarbeit mitseiner Umwelt ziehen, und auch umgekehrt. Das Museum kann intensi-ves, transformatives und bedeutungsvolles Lernen zusammenfassen.

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3. Aspekt „Politik“

3.1 Fallbeispiele:

DEUTSCHLAND: München: Münchner Volkshochschule

Kontaktadresse:Dr. Susanne HeilProgrammdirektorinPostfach 801 164D – 81611 MünchenTel: 0049-89-48006-104Fax: 0049-89-48006-251

Die Institution:Ziele der MVHS sind:• Allgemeinbildung, Weiterbildung von Erwachsenen (aus allen Bevöl-

kerungsschichten)• berufliche Bildung• Symposien, Diskussionen, Tag der offenen Tür• Planung und Durchführung der Bildungsprogramme gemäß den Zie-

len der deutschen und europäischen Erwachsenenbildungseinrichtun-gen

• Bereitstellung von Erwachsenenbildungsprogrammen, die alle Bevöl-kerungskreise umfassen, unabhängig von Rasse, Nationalität, Religion,Geschlecht, Beruf und Garantie einer umfassenden intellektuellen,kulturellen, beruflichen und politischen Weiterbildung.

Die Münchner Volkshochschule dient der Allgemeinbildung, Weiterbil-dung und Spezialisierung von Erwachsenen und jungen Menschen ausallen Bevölkerungsschichten. Die Zusammenarbeit mit ähnliche Institu-tionen findet bei Projekten statt, die dies erforderlich machen.

Das Projekt: Münchner FührungsnetzZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: Ein Repertoire an regelmäßig angebotenen Führungenin den wichtigsten Münchner Museen, Sammlungen und Ausstellungenist geschaffen worden. Die Führungen sind keine „normalen“ Führungen,bei denen die Kommunikation nur einseitig abläuft, sondern sogenannteFührungsgespräche. Im Sommer 1979 wurde ein Führungsnetz für die

Jutta Thinesse-DemelInitiatorin/Leiterin des FührungsnetzesProjektleiterin von AEMTel: 0049 89 580 6664Fax: 0049 89 580 3466

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wichtigsten Münchner Museen, Sammlungen und Ausstellungen aufge-baut. Einmal oder mehrmals wöchentlich hat jeder Besucher damit dieMöglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen, ohne daß er sich einerFührungsgruppe anschließen muß. Das ist ein völlig neuer Ansatz in derMuseumspädagogik, denn bisher gab es nur sporadisch Führungen, dievon freiberuflichen Mitgliedern oder von Museumsführern angebotenwurden. Die Idee eines Netzes, das alle Münchner Museen verbindet,konnte nur von einer nicht-musealen Organisation realisiert werden, dadie 60 Münchner Museen staatliche, städtische oder private Träger ha-ben. Die besondere Situation der MVHS eröffnete einen innovativen An-satz. Die Kosten für das Personal, das die freiberuflichen Führer organi-siert, und für Verwaltungsaufgaben werden ganz von der MVHS getragen.Die Aufgabe der Museen ist lediglich, für Public Relations in den Zeitun-gen zu sorgen, in ihren Eingangsbereichen Informationen auszuhängen(Plakate mit Informationen über die Führungsgespräche) sowie auf diegemeinsame Kooperationsebene hinzuweisen.Ungefähr 35 gut ausgebildete und erfahrene Dozenten arbeiten wöchent-lich in über 100 Führungen und sind für unterschiedliche Bereiche derErwachsenenbildung verantwortlich: Zwei Teamleiter sind für die Erstel-lung der Terminpläne in den Museen, für Öffentlichkeitsarbeit und fürWerbung zuständig, die Leiterin des Führungsnetzes ist für alle internenund externen Kontakte zuständig, ferner ist sie Ansprechpartnerin bei Pro-blemen mit den Museen und bei der Finanzierung.Zielsetzung: Einmal oder mehrmals wöchentlich kann jeder Besucher aneiner Führung durch die Sammlung oder Ausstellung teilnehmen, ohnesich einer vorher zu vereinbarenden Gruppenführung anzuschließen. Zielist es, sich Zugang zu den Kunstwerken in einem kommunikativen Pro-zeß zu verschaffen, so daß die Teilnehmer spontan auf Muster zurück-greifen können, die ihnen vertraut sind; eigene Bedürfnisse, Assoziatio-nen und Erwartungen sollen in das Gespräch über Kunst und Kultur ein-gebracht werden.Methodik: Regelmäßige Führungen, die nicht dem üblichen Schema ei-ner einseitigen Kommunikation folgen, welches den Teilnehmern bis zumEnde keine Möglichkeit gibt, Fragen zu stellen. Statt dessen werden hierFührungsgespräche mit aktiver Beteiligung der Besucher angeboten. DieTeilnehmer bestimmen mit, wie die Führung abläuft, wie detailliert dieErklärungen zu einem Kunstobjekt ausfallen sollen und ob zusätzlicheInformationen notwendig sind. Die Dozenten bzw. Gesprächsleiter stei-gen von ihrem Thron als „Leiter“ herunter und werden zu Partnern, die

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eine aufgeschlossene, tolerante Atmosphäre schaffen, so daß die Teilneh-mer ermutigt werden, wichtige gedankliche Verbindungen herzustellenund ihre eigene Meinung einzubringen. Die Leute behalten mehr imGedächtnis über Kunstwerke, wenn sie sich das Wissen darüber selbsterarbeitet haben. Außerdem entwickeln sie die Fähigkeit, sich andereKunstwerke selbst zu erschließen. Dies geschieht durch die Teilnahme aneinem dynamischen Gruppenprozeß, an dessen Ende aus verschiedenen„Mosaikteilchen“ ein Gesamtbild entsteht. Die Teilnehmer und der Ge-sprächsleiter erweitern ihren Erfahrungshorizont; Vorurteile werden relati-viert, und Toleranz wird praktiziert.Innovation: Neu ist, daß ein Netzwerk mit Museumsführern, die von au-ßerhalb des Museums kommen und nicht dem Museumspersonal zuzu-rechnen sind, aufgebaut wurde. Die Führungen folgen nicht dem übli-chen einseitigen Kommunikationsschema, sondern sind sogenannte of-fene Führungsgespräche.Partnerschaft: Direkte Kooperationspartner sind die Münchner Museen.Die Stadtverwaltung unterstützt diese Zusammenarbeit.

Die Evaluierung:Innerhalb der letzten 10 Jahre ist die Besucherzahl (auch sogenannterNicht-Museumsbesucher) jährlich um 3% bis 5% auf momentan bis zu30.000 gestiegen. Diese Leute kommen aus dem Bereich der Erwachse-nenbildung und nicht aus der Gruppe der Museumsbesucher. Die Leite-rin des Münchner Führungsnetzes hat „Zweigstellen“ in anderen deut-schen Städten (Aschaffenburg, Koblenz, Augsburg) eingerichtet, weiterewerden zur Zeit geschaffen, am bedeutendsten ist die in Berlin.

IRLAND: Dublin: Irisches Museum moderner Kunst

Kontaktadresse:Helen O´Donoghue, Senior-Kuratorindes Erziehungs- und ÖffentlichkeitsprogrammsRoyal HospitalKilmainhamEire – Dublin 8Tel: 00353 1 612 9900Fax: 00353 1 612 9999Email: [email protected]

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Die Institution:Das ehemalige Krankenhaus wurde in ein modernes Kunstmuseum um-gewandelt, um Aufmerksamkeit und Verständnis in der Bevölkerung fürdie bildende Kunst durch innovative Programme und Projekte zu fördern,bedeutende zeitgenössische Kunst in Ausstellungen und Sammlungen zuzeigen und darüber hinaus neuen Publikumskreisen zugänglich zu ma-chen.Folgende Zielsetzungen werden dabei verfolgt:• Aufbau eines Museums für zeitgenössische Kunst in der historischen

Umgebung des Royal Hospital Kilmainham• Vorstellung bedeutender irischer und internationaler Kunst des 20. Jahr-

hunderts, v.a. zeitgenössischer Kunst in einer Sammlung und einemaktiven Ausstellungsprogramm

• Erschließen neuer Publikumskreise vom erstmaligen Besucher bis hinzu Schülern

• Heranführen möglichst vielfältiger Publikumskreise an erstrangigeKunstwerke durch den Aufbau von Bildungs- und Kommunalkontakt-programmen, die Künstler und Betrachter zusammenbringen und einedirekte Anteilnahme an visueller Kunst ermöglichen

• Förderung irischer Kunst im internationalen Rahmen und umgekehrt• Mitwirken anderer Fachleute und Einrichtungen aus diesem Bereich• Erschließung neuer funktionaler Bezüge zwischen Museen und ande-

ren Organisationen (z.B. im beruflichen Bereich) in und außerhalbDublins

• Pflege der Sammlung während ihres Aufbaus und Entwicklung der Fä-higkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen des Personals

• Erweiterung der Sammlung durch Zukauf, Spenden oder Dauerleihga-ben

• Bereitstellung von Forschungseinrichtungen, Archiv und Studio inner-halb der Bibliothek

• Veröffentlichung und Verteilung von Katalogen, Monographien, Bü-chern, kritischen Texten und anderen Materialien zu den Sammlungenund Ausstellungen

• Entwicklung von Projekten relevanter Künstler und von anderen Pro-grammen im öffentlichen Bereich

• Beschaffung der notwendigen Gelder von der Regierung, von Perso-nen, von Stiftungen und von Gesellschaften, damit das Museum seineZiele erreichen kann.

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Das Projekt: Unspoken Truths (Unausgesprochene Wahrheiten)Zielgruppe: FrauenKurzbeschreibung: Eine Zusammenarbeit zwischen Künstlern, zwei kom-munalen Entwicklungsprojekten für Frauen und dem Museum mit demZiel, das Leben von Frauen aus der Arbeiterklasse und die Erfahrung desLebens in der Dubliner Innenstadt zu erforschen.Das Projekt begann mit einem intensiven Kontakt zwischen der Künstle-rin Ailbhe Murphy und 32 Frauen. Durch Dialoge erforschten diese ihreigenes Leben und sahen, wie Künstler, Schriftsteller und Dichter ähnli-che Methoden verwenden, wenn sie kulturelle Artefakte kreieren. Diesführte zu einer Ausstellung von 14 Kunstwerken, zu einem Dokumentati-onsvideo und einer Veröffentlichung, die das Ganze evaluierte. Die Frau-en reisten mit ihrer Ausstellung und ihrem Video durch ganz Irland undboten Workshops, Seminare und Konferenzen an.Zielsetzung:• ein neues Kunstmodell in Irland zu kreieren, das auf den Prinzipien

von kommunaler Entwicklung und Kunstbildung basiert• ein Hilfsprogramm für die Frauen, den Koordinator und den Vorsteher

des Projekts, Bildung und Gemeinschaft im Irish Museum of ModernArt zu entwickeln

• ein Arbeitsmodell als Herausforderung für die Museums-Politik derZugänglichkeit und des Engagements zu kreieren.

Das Programm wurde von der Künstlerin Ailbhe Murphy ins Leben geru-fen, nachdem das Museum Künstler öffentlich eingeladen hatte, Projekt-vorschläge einzureichen. Die Künstlerin hatte schon früher mit beidenFrauenprojekten gearbeitet.Methodik: Ausgangspunkt ist der Glaube an die Kraft der Erfahrung jederbeteiligten Frau. Von Anfang an waren die Ziele klar und eindeutig undwurden immer wieder neu evaluiert. Sehr wichtig war das Engagementunter den Frauen, ihre Bereitschaft und ihre Entschlossenheit, diese Auf-gabe zu entwickeln und fortzusetzen. Ein Kommunikationssystem inner-halb des Projekts wurde entwickelt und funktionierte auf verschiedenenEbenen; das Koordinationsteam und die Frauen trafen sich regelmäßig mitder Künstlerin als Katalysator und Verbindungsglied zwischen allen Grup-pen und dem Koordinationsteam. Ein externer Beurteiler wurde eingesetztbei der Übergangsphase zwischen privater und öffentlicher (Ausstel-lungs-)Arbeit. Bei jeder Stufe des Projektes und auf jeder Ebene wurdefortlaufend kritisch analysiert.Innovation: Ursprünglich war das Projekt für sechs Monate geplant und

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finanziert. Im Verlauf des Projektes zeigte sich jedoch, daß es längerfri-stig angelegt werden mußte. Es wurde von den Projektplanern neu struk-turiert: Ausstellungen, Workshops und deren Auswertung, Konferenzen,Video-Dokumentationen, eine Ausstellungs- und Workshop-Tour wurdenorganisiert. Die Erfahrung, die das Projekt brachte, führte zu einer neuenMuseumspolitik; es wurde damit zum Vorbild anderer Co-Projekte.Erfahrungsaustausch über das Projekt, gemeinsames Lernen waren wich-tige Projektbestandteile.Partnerschaft: Das örtliche Entwicklungsprogramm wird vom Staat (So-zialministerium) unterstützt, um die Selbsthilfe von strukturschwachenGemeinden zu fördern. Als erste irische Institution arbeitet das Museumals Projektpartner mit anderen Organisationen zusammen. Alle Entschei-dungen werden nach Absprache vom Koordinationsteam (bestehend ausVertretern jeder Gruppe, Künstler, Museum, Gemeindeentwicklungspro-gramm) und von allen beteiligten Frauen getroffen.

Die Evaluierung:Ein neues Modell, um zur Kunst Zugang zu erhalten. Die Teilnehmer ste-hen im Mittelpunkt eines Prozesses, der sie befähigt, auf Kunst zu reagie-ren und die Bereitschaft zu entwickeln, sich mit visueller Kunst zu be-schäftigen und selbst tätig zu werden. Eine Evaluierung erfolgt in jedemProjektabschnitt. Es wurden Strategien für den „Arts Council“ und für dieRegierungspolitik entwickelt, um Kunst weiten Schichten der Gesellschaftzugänglich zu machen. Das Projekt wurde auch erwähnt in dem Buch„Armut bekämpfen, an Kunst partizipieren“ (Combat Poverty Agency theArts Council, 1997). Das IMMA-Modell für Zusammenarbeit ist zumModell für andere Projekte in Irland geworden.Fragebögen und qualitative Analysen zu Fragen der Gesellschaft undKultur sind vorhanden.

ITALIEN: Prato: Provinzverwaltung

Kontaktadresse:Gerardina CardilloKunstsenatorinVia Ricasoli, 25I – 50047 PratoTel: 0039 574 3811Fax: 0039 574 381208

Edi FantiAusbilderin, Regionalkoordinatorinfür AEM/ItalienTel: 0039 574 58 41 89Fax: 0039 574 52 40 70Email: [email protected]

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Die Institution:Die soziokulturellen Bedingungen der Region Prato erforderten eine Zu-sammenarbeit von öffentlichen und privaten Institutionen, von Museenund Erwachsenenbildungseinrichtungen. Das lokale Kulturnetz möchtedies fördern. Die Provinz Prato und das Kulturzentrum wurden 1995gegründet. Um die Anteilnahme der Bürger am kulturellen Leben zu för-dern, die Idee des „lebenslangen Lernens“ (Erwachsenenbildung) zu ver-breiten, die Aktionen der Lokalpolitik auf die Europapolitik abzustim-men, sind viele kulturelle Aktivitäten nötig und eine Vielzahl von Insti-tutionen wie Schulen, Museen, Theater, Bibliotheken, Ausbildungsstät-ten beteiligt.

Das Projekt: Lokales Netzwerk – MuseumssystemZielgruppen: Interessierte Erwachsene und öffentliche Einrichtungen/Mu-seenKurzbeschreibung: Den Anstoß gab das Sokrates-AEM-Projekt, das zurKommunikation zwischen den verschiedenen Einrichtungen der RegionPrato geführt hat.Die Provinz und Kulturhoheit Prato ist für die Supervision und Koordina-tion der Aktivitäten des Netzwerks zuständig. Eine Hauptaufgabe desNetzwerks ist es, anderen Institutionen Dienstleistungen (die zum Muse-umssystem gehören) wie Informationen, Erfahrungsaustausch, Verbreitungvon Materialien (über Erwachsenenbildung im Museum) anzubieten.Gegenwärtig ist noch nicht abzusehen, wann dieses Museumssystem vollfunktionsfähig sein wird, aber einige wichtige Schritte sind bereits unter-nommen worden.Es ist beabsichtigt, Daten und Informationen über die Museen der Regi-on Prato zusammenzutragen, um Aussagen über das unterschiedlicheVerhalten von Museumsbesuchern und „Nicht-Museumsgängern“ ma-chen zu können. Hierzu stehen 1.000 Interviews (Fragebögen) der Un-tersuchung zur Verfügung.Im Okt./Nov. 1997 fand ein Ausbildungskurs (55 Stunden, 20 Teilnehmer)statt, dessen Besuch zur Führung des Titels „Museumsvermittler/Muse-umsführer“ berechtigt. Kursinhalt war die Planung und Arbeitsweise inder Erwachsenenbildung. Zum Abschluß war ein Studientag mit den Kurs-teilnehmern, Ausbildern und Politikern geplant. Als Auffrischungskurssollte er das Wissen der bereits tätigen Museumsführer vertiefen. DieseVermittler haben nicht vorrangig die Aufgabe, Touristen zu führen, son-dern sollen die Erwachsenenbildung in der Region fördern.

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Zielsetzung:• Ausbau der Erwachsenenbildung• Einrichtung eines kommunikativen Netzes, das die verschiedenen

Museen der Region Prato mit dem Ziel der Erwachsenenbildung ver-bindet

• Schaffung eines „musealen Systems“ mit Dienstleistungscharakter• Umsetzung des Sokrates-Projekts• Erfahrungsaustausch zwischen den Einrichtungen, die zum Netz gehö-

ren• Meinungsforschung, um einen gemeinsamen Ansatz für die Öffentlich-

keitsarbeit zu haben• Weiterbildung der Museumsvermittler.Methodik: In Anlehnung an das Europaprojekt (Sokrates AEM) wurde hierein Projekt auf regionaler Basis geschaffen und ist damit ein Beispiel da-für, wie globale Strukturen regionale Gegebenheiten beeinflussen können.Für den Bereich der Erwachsenenbildung sollen ferner kompetente Do-zenten ausgebildet werden.Partnerschaft: Zum lokalen Netzwerk gehören folgende Partner:• die Provinz von Prato (Kultusminister)• die Stadtverwaltung von Prato (Stadtrat für Kultur, Ratsherr)• die Stadtverwaltung von Carmignano (Kultur-Stadtrat)• das Stadtmuseum und das Pecci-Museum in Prato• das archäologische Museum von Artimino und Carmignano (jedes hat

eigene Projekte zu Erwachsenenbildung)• unabhängige Verbände (Künstlervereinigung von Pecci, archäologi-

scher Verein von Carmignano, Freunde des Museums).Diese Partner treffen sich durchschnittlich einmal pro Monat.

Die Evaluierung:Die erwarteten Resultate hängen von dem Ausbau der professionellenMuseumsarbeit ab und davon, wieweit es den Museen gelingt, Erwach-senenbildungsprogramme durchzuführen und Strategien zu entwickeln,die Leute veranlassen, ins Museum zu gehen.Besondere Bedeutung hat der erwachsene Museumsbesucher oder „Nicht-Besucher“. Es ist auch wichtig, darauf hinzuweisen, daß das Sokrates-AEM-Projekt Anstoß zu diesem Projekt auf lokaler Ebene gegeben hat.

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LUXEMBURG: Luxemburg: Projektzentrum Gruberbierg

Kontaktadresse:Herbert MalyDirektor10, rue de la montagneL – 9538 – Luxemburg – WiltzTel: 00352 95 92 05Fax: 00352 95 92 08Email: [email protected]://www.restena.lu/cooperations/home.html

Die Institution:„Cooperations“ (Zusammenarbeit) ist ein Podium,• das Projekte, Workshops, Training an Menschen mit unterschiedlichem

sozialen und intellektuellen Hintergrund bietet• Interaktion zwischen Kunst, der physikalischen Umwelt und der sozia-

len Umwelt (soziale Integration und Teilnahme von Menschen mit be-sonderen Bedürfnissen, Darstellung der örtlichen Entwicklung, Aufbaueines neuen Arbeitsumfelds durch die Interaktion zwischen Kunst undUmwelt) herstellt.

Als Ergebnisse von Pilotprojekten hat „Cooperations“ ein expandieren-des Projektzentrum in einer ehemaligen Brauerei im ländlichen NordenLuxemburgs gründen können. Ein Kino, ein Kultur- und ein Jugendzen-trum werden in dieser Anlage noch geplant. In einem anderen restaurier-ten Teil des Gebäudes ist schon eine Jugendherberge eingerichtet wor-den.Die Absicht war es, eine neue Einrichtung zu bauen mit Kino, Bistro,Galerie, Kunstzentrum, Berufsbildungszentrum, um das für die Program-me und das Personal benötigte Geld zusammenzubringen.Geplant sind zusätzlich ein Kunst- und Berufsbildungszentrum mit Ein-richtungen für Studenten, Aufbau eines überregionalen Kunst- und Um-weltforschungszentrums, Aufbau eines Mittelpunktes für ländliche Ent-wicklung in dieser Region.Dieses Modell – ein gemeinnütziger Verein – will eine Zukunftsstrukturentwickeln, damit politische Unterstützung erreicht wird für die Finan-zierung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen.

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Das Projekt: „Cooperations“: Zusammenführung verschiede-ner ProgrammeZielgruppen: Junge Erwachsene, Auszubildende, Behinderte, Arbeitslo-se, Studenten und TouristenKurzbeschreibung: Die Idee für „Cooperations“ entwickelte sich aus ei-ner Reihe von Pilotprojekten, die eine Zusammenarbeit in Kunst undGestaltung zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen er-leichtern sollte. Eine Gruppe von Künstlern hatte die Idee, solche Zusam-menarbeitsmodelle in der Öffentlichkeit zu erforschen.Das Programm besteht aus fortlaufenden Bildungsinitiativen, kreativenWerkstätten und Sozialprojekten von unterschiedlicher Dauer (z.B. „Jar-din de Wiltz“ – Aufbau und Unterhalt eines 2,5 ha großen öffentlichenGartens (seit 1983), „Kreative Werkstatt“ eine multidisziplinäre Werkstatt,geführt von Künstlern für Kinder, Lehrer, Menschen mit Lern- und ande-ren Geistesschwächen). Wichtig ist dabei der Kunst- und Sozialkontext –eine Ausbildungsinitiative mit dem Ziel, den Arbeitsmarkt für lernschwa-che Menschen besser zugänglich zu machen.Zielsetzung: Die Projekte von „Cooperations“ legen besonderen Wert aufdie Entwicklung von Fähigkeiten und Qualitäten.Methodik: Das Modell von „Cooperations“• basiert auf der Interaktion von Menschen, die auf unterschiedliche

Weise kommunizieren; das System richtet sich somit so genau wiemöglich auf die Interessen und Bedürfnisse der beteiligten Personen

• betont Fähigkeit, Qualität und Entwicklung– Fähigkeit: spricht die Kreativität jedes Menschen, jedes Ortes oder

jeder Kommunikation an. Die „Fähigkeit“ ist der wichtigste Aus-gangspunkt für „Cooperations“-Projekte

– Qualität: bezieht sich auf die innovativen, authentischen und inten-siven Aspekte eines Menschen, eines Ortes oder einer Kommunika-tion und bezeichnet sie als ethische, soziale, ästhetische oder finan-zielle Werte

– Entwicklung bedeutet in diesem Zusammenhang, Ausbildung von„Know-How“, von technischem und sozialem Lernen, Training undgut gegliederte Bildung auf jedem Niveau zu erreichen

• fördert die Integration auf örtlicher Ebene in die kulturelle und sozio-ökonomische Entwicklung der Region um Wiltz und die Initiative fürländliche Entwicklung auf Regionalebene

• wirkt mit beim Austausch von Erfahrungen, nationalen Projekten, In-formationen, internationaler Bildung und Forschungsprojekten auf

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überregionaler Ebene.Partnerschaft: Es besteht eine Verbindung zwischen dem Projektzentrumund – je nach Projekt – den Sozial-, Kultur- und Bildungseinrichtungensowohl innerhalb Luxemburgs als auch im Ausland.

Die Evaluierung:Diese Initiative wurde über einen Zeitraum von ca. 15 Jahren entwickelt.Obwohl die Strukturen sich verändert haben, sind die Aktivitäten gleichgeblieben. Durch die hohe Teilnehmerzahl (ca. 800, die zwischen einerStunde und fünf Jahren im Projekt verbringen), die Qualität der Arbeit undinternationale Verbindungen konnte das Projektzentrum in die sozio-öko-nomische und kulturelle Entwicklung von Wiltz mit einbezogen werden. „Cooperations“ wurde ein neuer Mittelpunkt mit neuen Angeboten fürdie Jugendkultur und den Tourismus im Regionalzusammenhang.

NIEDERLANDE: Amsterdam: Historisches Museum

Kontaktadresse:Pauline KeusemanDirektorinNieuwezijds Voorburgval 357(oder) Kalverstraat 92NL – AmsterdamTel: 0031 20 523 1822Fax: 0031 10 620 7709

Die Institution:Das Historische Museum Amsterdam ist ein Stadtmuseum, das sich aufdie Stadtgeschichte von Amsterdam spezialisiert hat. Von Zeit zu Zeitwerden neben dem Regelprogramm seit 1985 Sonderausstellungen orga-nisiert – nicht für, sondern mit Gruppen, die der sogenannten „allochtho-nen“ Bevölkerung angehören (Leute, die im Ausland geboren wurdenoder wenigstens ein Elternteil besitzen, das in die Niederlande eingewan-dert ist).

Das Projekt: Ik heb een tante in Marokko (Ich habe eine Tantein Marokko)Zielgruppe: ethnische Minderheiten, insbesondere FrauenKurzbeschreibung: Die Ausstellung wurde zusammen mit einer marok-

Marie-Thérèse KonstenProjektmanagerinTel: 0031 06 5352 3315Fax: 0031 10 47 83 845

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kanischen Familie, anderen marokkanischen Erwachsenen und Schülernvorbereitet und durchgeführt. Sie wurde begleitet von einer Reihe vonVeranstaltungen zum Thema „Leben in einer multikulturellen Gesell-schaft“.Zielsetzung: Türken, Marokkaner usw. im Museum – es sollen Leute an-gesprochen werden, die wahrscheinlich noch nie zuvor ein Museum be-sucht haben.Amsterdam hat 724.000 Einwohner. Bis zum Jahr 2010 wird erwartet, daß45% seiner Einwohner nicht gebürtige Holländer sein werden. Die nieder-ländische Regierung unterstützt Projekte, die sich mit der türkischen odermarokkanischen Bevölkerung und deren sozialen Problemen befassen.Holländische Museen leisten schon lange multikulturelle Bildungsarbeit.Methodik: Der Photograph Kadir van Lohuizen begleitete ein Jahr langeine marokkanische Familie in Amsterdam, um ihr Alltagsleben zu photo-graphieren. Er wohnte sogar bei ihnen, als sie ihre Familie in Marokko be-suchten. Viele junge und alte Marokkaner wurden gebeten, Gegenständenach Marokko mitzunehmen, wenn sie nach Hause fuhren, und umge-kehrt marokkanische Objekte bei ihrer Rückkehr in die Niederlande mit-zubringen. Die Photos, Gegenstände und Videoaufnahmen wurden dannbenutzt, um eine Diskussion unter den Besuchern in Gang zu bringen. Eswurde über ihre eigenen Erfahrungen gesprochen, als Einwanderer nachAmsterdam zu kommen. Die Ausstellung erhielt ihren Titel nach dem be-liebten holländischen Kinderlied „Ich habe eine Tante in Marokko“.Innovation: Das Museum arbeitet mit Außendienstmitarbeitern – Mitglie-dern ethnischer Minderheiten – zusammen, um zu neuen Besuchern Kon-takte zu knüpfen.Partnerschaft: Das Museum knüpfte Kontakte mit Stiftungen, Ausländer-zentren und mit Leuten, die sich in sogenannten „Nachbarschaftszentren“treffen (z.B. Treffen türkischer Frauen).

Die Evaluierung:45 Gruppen marokkanischer Frauen und 35 Kindergruppen besuchten dieAusstellung.Als Ergebnis der ersten Ausstellung dieser Art werden nun Museumsfüh-rungen in Türkisch angeboten. Die Möglichkeit, an der Vorbereitung ei-ner Ausstellung teilzunehmen und die Museumsführungen in der eige-nen Sprache durchzuführen, eröffnete neuen Besuchergruppen (marok-kanischen Familien, türkischen Frauen) den Zugang zum Museum. DieAusstellungen über Türken und Marokkaner konnten den anderen Besu-

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chern Einblick in das Leben von Immigranten gewähren. Die Ausstellungwird auch in Rabat/Marokko gezeigt werden.

ÖSTERREICH: Wien: Kulturabteilung der Stadt

Kontaktadresse:Ortolf HarlAbteilung ArchäologieLaudongasse 29-31A – 1080 WienTel: 0043-1-4000 81-177

Die Institution:Die Wiener Archäologische Forschungsgesellschaft führt Kurse, Vorlesun-gen und Programme für Leute durch, die sich für die Arbeit der städti-schen archäologischen Abteilung interessieren. Eines der erfolgreichstenProjekte ist „Archäologie für Senioren“, deren Ziele folgendermaßen zuumschreiben sind: Senioren sollen für die Aufgaben der städtischen Ar-chäologie interessiert und mit Hilfe ihrer beruflichen Erfahrung bei derErforschung des Wiener Stadtgebiets tätig werden. Rentnern soll die Mög-lichkeit gegeben werden, neue Kontakte zu knüpfen, und sie sollen mo-tiviert werden, Aufgaben zu übernehmen, die Verantwortung und Konti-nuität erfordern.Die Wiener Städtische Archäologische Forschungsgesellschaft begann mitdem Projekt und wurde vom Wiener Stadtarchäologen unterstützt.

Das Projekt: SeniorarchäologieZielgruppe: SeniorenKurzbeschreibung: Die Projektleiterin Sigrid Strohschneider-Laue war dieInitiatorin des Projekts. Sie arbeitet für die Wiener Archäologische For-schungsgesellschaft und wird von Wiener städtischen Archäologen un-terstützt. Die Arbeitsgruppen wurden erstmals im Programm einer Wie-ner Erwachsenenbildungseinrichtung erwähnt bzw. angekündigt.1995 wurde ein Einführungsseminar in Zusammenarbeit mit einer Wie-ner Erwachsenenbildungseinrichtung für Teilnehmer der Städtischen Se-niorenarbeit organisiert. Vorträge, Exkursionen und Seminare wurden fürinteressierte Teilnehmer angeboten. Immer mehr nahmen an der archäo-logischen Arbeit teil – entweder an den regelmäßigen Grabungen oder inden Arbeitsgruppen. Dazu trugen die Mundpropaganda und die Werbung

Sigrid Strohschneider-LaueAbt. Prähistorie/NumismatikTel: 0043 1 4000 81177Fax: 0043 1 121 20361

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in Presse und im Radio bei. Seit 1995 wird die Zeitung „Lorbeer“ viertel-jährlich herausgegeben, und diese informiert die vielen interessieren Per-sonen (ca. 550) und Institutionen. Die Gruppe der ständig arbeitendenSenioren, die an Ausgrabungen und Arbeitsgruppen teilnehmen, bestehtaus ungefähr 100 Personen. Ein Projektleiter koordiniert die Arbeit. ZumPersonal gehören vier Fachkräfte für Restauration, Ausgrabungen, For-schungsarbeiten und Zeichnungen, die die Workshops leiten.Zielsetzung: Die rasche Zunahme an Baumaßnahmen und die relativ klei-ne Anzahl an Beschäftigten der Städtischen Archäologischen AbteilungWiens haben dazu geführt, daß bei der Untersuchung des Baugrunds unddem Graben nach Bodenschätzen viele Hilfskräfte gebraucht wurden.Interessierte Rentner helfen dabei, die Funde zu waschen und im archäo-logischen Workshop zu präparieren. Sie nehmen auch an Exkursionen aneinigen ausgewählten Stätten teil und werden so mit der Arbeit des städ-tischen archäologischen Amtes vertraut.Methodik: Die vierteljährlich erscheinende Info-Zeitung „Lorbeer“ kün-digt Exkursionen, Kurse, Vorträge und andere Ereignisse an. Die Senio-ren, die sich an den Ausgrabungen beteiligen, unterstützen die Arbeit desArchäologischen Archivs des Wiener Historischen Museums, indem siebeim Waschen, Beschriften und Etikettieren der Funde helfen (z.B. römi-sche Keramiken, Öllampen).Innovation: Der wichtigste Aspekt ist, daß man eine Lösung für zwei Tat-bestände fand: Das Fehlen von archäologischem Fachpersonal wird da-durch aufgefangen, daß man Rentner anlernt, und gleichzeitig werden fürdie Rentner soziale Kontakte und eine verantwortungsvolle Tätigkeit ge-schaffen.Partnerschaft: Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum Landstraße undWiener Erwachsenenbildungszentren.

Die Evaluierung:Das Konzept der ehrenamtlichen Arbeit ist nicht unumstritten, aber esmuß betont werden, daß die archäologischen Arbeiten, die die Seniorenleisten, von gegenseitigem Nutzen sind. Die Teilnehmer erhalten die Be-stätigung, daß ihre Arbeit von Bedeutung ist, und für die Archäologenwerden Arbeiten erledigt, die sonst liegenbleiben würden. Aufgrund derArbeit der Initiatoren und der positiven Reaktion der vielen interessiertenTeilnehmer ist das Projekt zu einem wichtigen Bestandteil der Arbeit derStädtischen Archäologischen Foschungsgesellschaft Wien geworden. Eineerfolgreiche Zusammenarbeit der Forschungsgesellschaft mit dem Landes-

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museum und den Erwachsenenbildungseinrichtungen wurde in Ganggesetzt.Recherchen über Herkunft und sozialen Hintergrund der Teilnehmerwurden durchgeführt, aber noch nicht veröffentlicht.

SCHWEDEN: Skara: Landesmuseum

Kontaktadresse:Ulla Hallbäck, Inger WidhjaS-53223 SkaraTel: 0046 511 26000Fax: 0046 511 18 22 90

Die Institution:Das Landesmuseum Skara ist eines der kleineren von insgesamt 24 Lan-desmuseen Schwedens. Es ist ein kulturhistorisches Museum mit Beto-nung auf Archäologie und Ethnologie.Vor zwei Jahren begann ein Langzeitprogramm für die Aktivitäten desMuseums. Es hat jährlich ca. 40.000 Besucher – vorwiegend aus der kul-tivierten Mittelschicht. Zusätzlich kommen 60.000 Besucher in das Frei-lichtmuseum, das ebenfalls vom Landesmuseum Skara geführt wird undvielfältige pädagogische Aktivitäten, v.a. für Kinder, bietet. Die Gegendist landwirtschaftlich geprägt und verfügt über wenig Steuereinnahmenund über ein niedriges Bildungsniveau. Bildung in ihren verschiedenenFormen gehört zu den wichtigsten Aktivitäten des Museums.

Das Projekt: „Gedächtniskisten“Zielgruppe: Alzheimer-PatientenKurzbeschreibung: Ein Beispiel der Bildungsabteilung mit „Backspegeln“sind die sogenannten „Gedächtniskisten“. Diese sollen das Gedächtnisälterer Leute und Alzheimer-Patienten mit Hilfe von Objekten, Photo-graphien, Geschichten, Spielen usw. stimulieren; therapeutische Arbeitmit Alzheimer-Patienten weckt in ihnen Erinnerungen, die ihre Sinneanregen. Das Museum hat zur Zeit „Gedächtniskisten“ zu neun verschie-denen Themen: Herd, Toilette, Lebensmittel, Putzen, Schürze, Damen-hüte, Herrenhüte, Freizeit für Damen und Herren und Kleidung.Zielsetzung: Ziel ist es, das Wissen und die Sammlungen des Museumsbesser zugänglich zu machen und gleichzeitig neue Möglichkeiten zu

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schaffen, damit behinderte Personen das Museum als Bildungseinrichtungbenutzen können.Methodik: Das Krankenhauspersonal wird ausgebildet, um das ausge-wählte Kistenmaterial zu verwenden. Diese Fortbildungen dauern einenTag pro Kiste und zeigen, wie das Material benutzt wird und wie sie durchdas Museum mehr Informationen erhalten können.Das Museum hat „Gedächtniskisten“- Kurse für Gruppenleiter verschie-dener Bildungsvereine im Landkreis durchgeführt. Es gibt einen 8-Stun-den-Kurs, der folgendes vermittelt:• Wissen über den Inhalt der Kisten• Wissen über den Kontext des Materials• Information darüber, wie man durch Museen und Archive mehr Wis-

sen erlangen kann• Vorschläge für die Arbeit mit den Kisten.Zuerst wurden Krankenhauspersonal und Arbeitsgruppenleiter im Muse-um über die Patienten (sozialer Hintergrund, Erfahrungen, wie und wor-auf sie reagieren) befragt. Aufgrund dieser Information wurden die The-men für die Kisten ausgewählt. Dann wurden ältere Mitbürger konsultiert,über ihre Assoziationen zu den verschiedenen Themen, Objekten undMaterialien zu berichten. Schließlich wählte das Museumspersonal dieMaterialien für die Kisten aus den Museumsbeständen aus.Partnerschaft: Alzheimer-Stationen in Kreiskrankenhäusern, Erwachse-nenbildungseinrichtungen

Die Evaluierung:Die Therapie des Krankenhauses wird unterstützt, verbessert und ergänzt.Die Menschen werden reaktiviert, und ihre Lebensqualität wird damitverbessert. Dieses erfolgreiche Programm findet Anklang und Nachah-mung in anderen Regionen Schwedens.

SCHWEDEN: Norrköping: Museum der ArbeitKontaktadresse:Erik HofrénLaxholmenS – 60221 NorrköpingTel: 0046 11 18 9800Fax: 0046 11 18 2290

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Die Institution:Dieses kulturhistorische Museum befindet sich inmitten einer einst leb-haften Industrielandschaft. Es wurde als Denkmal für die Industriege-schichte gegründet. In solchen Museen gibt es keine Objektsammlungen,sondern Sammlungen von Erinnerungen. Hier liegen die Prioritäten inder Kommunikation und in menschlichen Gegenüberstellungen. Zuerstkommen die Fragen, dann die Objekte. Gleichzeitig ist es ein wissen-schaftliches Zentrum mit interaktiven Kommunikationsformen, ein Mu-seum von nationalem und internationalem Interesse, ein Dokumentati-ons- und Forschungszentrum sowie ein Kulturhaus mit multikulturellenAktivitäten.Das Museum startet Projekte, um die Arbeit in einen weiteren sozialenKontext zu stellen, oft in Zusammenarbeit mit nationalen Organisationenwie den Gewerkschaften, der kooperativen Bewegung und den kostenlo-sen Erwachsenenbildungseinrichtungen. Es macht Ausstellungen und or-ganisiert Seminare und Konferenzen: Es nimmt auch aktiv Teil an ver-schiedenen örtlichen Kulturveranstaltungen. Das Museum basiert auf„oral history“ und auf Erfahrungen. Der Wunsch nach Dialog und Ge-spräch ist genauso wichtig wie Arbeitskenntnisse zu vermitteln, gemäßder Überzeugung, daß der Besucher den Ehrgeiz und die Fähigkeit be-sitzt, die Botschaft aufzunehmen.Die Ziele sind: Kenntnisse über Arbeit zu vermitteln, soziale Zusammen-hänge herzustellen, die Geschichte der Arbeit zu sammeln und zu bele-ben; die Vergangenheit in der Gegenwart widerzuspiegeln und Erfahrun-gen zum Arbeitsleben in eine breite Diskussion um die Gesellschaft derZukunft zu bringen.Kulturelle und politische Themen haben dabei Vorrang (z.B. Arbeit fürFrauen; Zusammenhang zwischen Arbeit und Menschenrechten).Verschiedene Bildungsformen bilden die Basis für die Museumsaktivitä-ten. Das Museum organisiert Seminare und Konferenzen. Es organisiertauch akademische Kurse in Zusammenarbeit mit Universitäten und Hoch-schulen. Im Zentrum der Tätigkeit stehen die Ausstellungsaktivitäten.

Das Projekt: „Weiße Kittel“Zielgruppe: Fachleute des GesundheitsdienstesKurzbeschreibung: Bei einem Projekt dieser Art arbeitet das Museum miteiner Kombination aus Erinnerungsstücken, Interviews und Dokumenta-tionen, die zeigen, wie sich die Bedingungen für die Arbeit im Gesund-heitsbereich verändert haben. Das Projekt wird in Büchern, Artikeln, Se-

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minaren, Videos und Ausstellungen – sowohl im Arbeitsmuseum wie auchauf Wanderausstellungen – angeboten und vorgestellt.Zielsetzung: Kenntnisse über fachliche Arbeiten im Gesundheitsdienst zuerforschen und zu vermitteln, damit verschiedenen Zielgruppen bewußtwird, wie und unter welchen Bedingungen sich diese Arbeiten entwickelthaben.Methodik: Seminare, Veröffentlichungen und Artikel sind genauso wichtigwie Ausstellungen, wenn es sich um das Zusammenspiel von Dokumenta-tionen, Forschung und Gestaltung handelt, um verschiedene Wissensberei-che aus Alltag, Beruf, Kunst und Wissenschaft zusammenzuführen. Zu die-sem Zweck legt das Museum seine Prioritäten auf Forschung und interna-tionale Beziehungen. Die Recherche findet in Zusammenarbeit mit denverschiedenen Gewerkschaften, Erwachsenenbildungsorganisationen undMuseen statt und wird ergänzt durch Interviews und Photodokumentatio-nen. Diese Arbeit ist durch Bücher und Ausstellungen veröffentlicht wor-den.Mehrere Kurse auf akademischem Niveau wurden in Zusammenarbeit mitUniversitäten und Hochschulen organisiert, um Forschungskompetenzenzu entwickeln (z.B. 10-wöchiger Kurs „Die Arbeit und das tägliche Le-ben“).„Museum im Koffer“: Im Anschluß an die Ausstellungen im Museum derArbeit werden die wichtigsten Objekte inklusive Beschreibungen und Ar-beitsmaterial in „Koffer“ gepackt und zum Zwecke von Wanderausstellun-gen an verschiedene Arbeitsplätze zu Bildungszwecken gebracht.Partnerschaft: Enge Zusammenarbeit zwischen dem Museum für Arbeitund den drei Gewerkschaften für den Gesundheitsdienst (Ärzte, Pflegerund Pflegerhelfer). Der Forschungsleiter des Museums arbeitet zur Hälfteim Museum und zur Hälfte an der Universität von Uppsala.

Die Evaluierung:Das Museum wird verstanden als Bildungseinrichtung, die die Gedankeneiner kostenlosen Erwachsenenbildung mit einschließt. Sie will eine Kom-munikationsart für die Bürger sein.Ermittlung wesentlicher Werte für die Menschen in einer Zeit des Um-bruchs und der Erneuerung. Die Bedeutung des industriellen Erbes muß fürdie Identität und das Selbstbewußtsein der Gesellschaft erschlossen wer-den.

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3.2 Auswertung der Fallbeispiele

Es ist schwierig, generelle Aussagen zu machen, da sich die regionalenoder nationalen Gegebenheiten stark unterscheiden können. Was sich beieiner Lerngruppe als sinnvoll erwiesen hat, kann in einem anderen Um-feld von Nachteil sein. Die Schwierigkeiten addieren sich, wenn Teiler-gebnisse auf die gesamteuropäische Situation übertragen werden. Jedochkönnen einige Grundprinzipien aufgestellt werden, die sich auf andereGegebenheiten übertragen lassen:1. Die Vorgehensweise hängt von der Infrastruktur ab (Kommunikations-

möglichkeiten, Kontinuität, Zusammenarbeit), z.B. das Vorhandenseinangemessener Räumlichkeiten (ob etwa Projekte für Erwachsene inRäumen stattfinden, die für Kinder eingerichtet wurden). Hinzu kom-men:• gesicherte Finanzierung• ein vielfältiges Kursangebot, um den Bedürfnissen der Erwachsenen

gerecht zu werden• Unterstützung durch die Institution.

2. Das Museum selbst muß deutlich erkennen lassen, daß es Erwachse-nenbildung unterstützt. Das sollte an der Kuratorenschaft, der Präsen-tation und seiner Struktur deutlich werden.

3. Die Lernsituation sollte erwachsenengerecht sein. Die Museumspro-jekte sollten den Erwachsenen in seiner Individualität respektieren.Auf verschiedene Art und Weise veranschaulichten alle Projekte ei-nige Aspekte der Erwachsenenbildung. Die Erwachsenen entwickel-ten durchweg ein Verantwortungsgefühl, sie wurden entweder Bot-schafter für die Projekte oder selbst Handlungsträger der Projektma-nager.

4. Die Projekte sollten nicht nur auf die kostbaren Museumsobjekte zu-geschnitten, sondern allgemeinbildend sein und einen Bezug zur Le-benswirklichkeit haben.

5. Die Ausbildung des Mediators sollte, wo immer möglich, professio-nalisiert werden. Dazu sind spezielle Aus- und Fortbildungen zu for-dern. Die Mediator-Ausbildung darf nicht starr festgelegt, sondern soll-te entsprechend den Prinzipien der Erwachsenenbildung auf die Lern-situation und die Lernenden (Zielgruppe) abgestimmt werden. Ehren-amtliche Mediatoren oder Führer dürfen die bezahlten nicht erset-zen, aber sie helfen dabei, die Erwachsenenbildung in Museen zufördern.

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3.3 Vorschläge für die Praxisarbeit:

Die folgenden Hinweise sind eher als Vorschläge denn als strategischesKonzept gedacht.• Die Verantwortlichen (und Politiker), die einen Einfluß auf Erwachse-

nenbildung und Museumspädagogik haben, müssen laufend informiertwerden und auch die Gelegenheit haben, Informationen, Erfahrungenund Ergebnisse auszutauschen. Dies wäre z.B. möglich durch Schaf-fung eines speziellen Forums in der Tagung „Europäische Museums-Sommer-Universität“, die jährlich in Brünn (Brno, Tschechien) stattfin-det, oder durch die Einrichtung eines Forums, das sich mit Bildungs-fragen beschäftigt

• Ein regelmäßiger Informations- und Erfahrungsaustausch der aktivenMuseumspädagogen sollte in einem eigenen Projekt eingerichtet wer-den. Dabei sollten auch die Möglichkeiten der Vernetzung durch dasInternet als Resultat dieses Projektes festgehalten werden

• Die Planung, Durchführung und Abstimmung von Projekten, die aminternationalen Museumstag (18. Mai) jährlich stattfinden

• Europaweite Verbreitung der britischen „Gallery Week“ (Galerie-Wo-che) in Ländern, die Agenturen haben, um sie zu übernehmen.

• Promotion durch interessante Werbung, durch ansprechende und me-dienwirksame Projekte (in Großbritannien bringt Channel 4 eine Rei-he von kurzen Sendungen über Museumspädagogik. Oft werden dieseFernsehprogramme zeitlich parallel mit Aktionen wie „Computer bei-ßen nicht“ gesendet).

• Es wäre auch denkbar, in der Zeitschrift „Adult Learners Week“ Beiträ-ge zur Museumspädagogik zu veröffentlichen, um zu zeigen, wie dasMuseum zur täglichen Lernstunde für Erwachsene beitragen kann

• Einführung eines Museums-Abends (vergleichbar mit dem Kino-Mon-tag mit ermäßigten Eintrittspreisen), da die meisten Leute während derüblichen Museumsöffnungszeiten arbeiten.

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4. Aspekt „Rolle des Kulturvermittlers

4.1 Fallbeispiele

DEUTSCHLAND: Berlin: Heimatmuseum Neukölln

Kontaktadresse:Udo GoßwaldDirektorGanghofer Straße 3-6D – 12040 BERLINTel: 0049 30 6809 3496Fax: 0049 30 6809 3811

Die Institution:Das Heimatmuseum Neukölln ist ein Berliner Bezirksmuseum. Es wid-met sich der Sozial- und Kulturgeschichte vom 18.-20. Jahrhundert undbetrachtet sich als lebendigen Ort, an dem die Geschichte des BezirksNeukölln mit ihren kulturellen Erscheinungen Gegenwart wird.Das 1992 gegründete Nachbarschaftsmuseum (Hasenheide 92, 10967Berlin), das mit dem Heimatmuseum zusammenarbeitet, hat sich zum Zielgesetzt, den Menschen unterschiedlicher Generationen, Interessen undkultureller Hintergründe durch Museumsarbeit einen Anreiz zu bieten,sich in der Geschichte ihres Bezirks und ihrer sich verändernden Umweltaktiv zu engagieren. Die Ausstellungen und Projekte werden vom Hei-matmuseum in Verbindung mit dem Nachbarschaftsmuseum organisiert.Die Teilnahme von „Zeitzeugen“ im Museum basiert auf dem Wissenpersönlicher Erfahrung. Diese Zusammenarbeit umfaßt die Veranstaltungvon Ausstellungen ebenso wie Aktivitäten außerhalb des Museums unddie Kooperation mit Bildungseinrichtungen.

Das Projekt: Ein Haus in EuropaZielgruppen: Lokalbevölkerung, Ausländer, speziell ältere Leute und Kin-der mit unterschiedlichem kulturellen HintergrundKurzbeschreibung: Die Umgebung prägt den Menschen unmittelbar. Hierwerden die Probleme eines Wandels der Sozialstrukturen deutlich sicht-bar, und es lassen sich mögliche Lösungen erkennen. Soziale und kultu-relle Aufgabenfelder können einander ergänzen. Menschen aus verschie-denen kulturellen Traditionen, Nationalitäten und Altersgruppen kommenzusammen, und mit ihnen lassen sich kreative soziale und politische

Rita KlagesProjektleiterin, sozio-kulturelles ProgrammTel.: 0049-30-68093812

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Aktionsräume erschließen. Das gilt nicht nur für Berlin und die an die-sem Projekt beteiligten „Länder“.Die Vorbereitung der Ausstellung erfolgte in Zusammenarbeit mit derAbteilung für europäische Völkerkunde der Humboldt-Universität. Einwesentlicher Teil des Projekts bestand in der Kooperation und dem Erfah-rungsaustausch mit dem Historischen Museum Amsterdam und dem Eth-nographischen Museum Budapest. Alle Museen hatten sich eine Woh-nung bzw. ein Haus als Hauptthema ihrer Forschungs- und Ausstellungs-aktivitäten ausgesucht. Die Bewohner der untersuchten Häuser und jeneder Umgebung waren alle an den Nachforschungen für das Projekt aktivbeteiligt.Zielsetzung: Das Ziel des Projekts bestand darin, eine Hilfestellung zugeben, die weitreichenden kulturellen Veränderungen, die sich gegenwär-tig in vielen europäischen Städten abspielen, dadurch besser zu verste-hen, daß die Geschichte eines Hauses und seiner Bewohner als Fallbei-spiel verwendet werden sollte.Mit Hilfe des sozio-kulturellen Programms wurden das Museum und dieGemeinschaft in Verbindung gebracht, indem auf das geschichtliche Wis-sen und die Erfahrung älterer Leute zurückgegriffen wurde und Menschenunterschiedlicher Generationen und Kulturen in ihrem Bezirk zusammen-kamen.Methodik: Zusammenarbeit mit der Infrastruktur des umgebenden Ge-biets zugunsten des Projekts: mit Schulen, Kindergärten, kirchlichen Ein-richtungen, Zuwandererorganisationen, Bürgerinitiativen, Nationalitäten-und Altersgruppen sowie Leuten aus der Nachbarschaft. Die Projektewurden realisiert sowohl im Stadtviertel als auch im Museum. Vor demHintergrund von Selbstdarstellungen der Hauseinwohner und von Inter-views mit Personen und Institutionen aus der Nachbarschaft über ihrtägliches Leben, ihre Konflikte und Perspektiven wurden Strategien undThemen für dieses sozio-kulturelle Programm entwickelt. Beispielswei-se griffen Nachbarschaftstreffen Themenbereiche wie soziale Konflikte,sozialer Status und kultureller Hintergrund der Menschen im Bezirk auf,nahmen Bezug zum Umfeld sowie zu den Zukunftschancen. Sie brach-ten Menschen verschiedener Generationen und Kulturen zusammen, ummit Hilfe von Kulturarbeit neue Nachbarschaftsbeziehungen zu entwik-keln.Innovation: Entwicklung neuer Methoden mit einem erfahrenen Muse-umspädagogen für ein sozio-kulturelles Beiprogramm: Berliner Treffs zumAbendessen, Nachbarschaftstreffs, Zukunftswerkstätten, Stadtführungen

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mit älteren Leuten und Wandmalereien mit Kindern innerhalb ihrer Um-gebung.Ziel war es, bei älteren Menschen mit Hilfe von Kulturarbeit kreative Ar-beitsaspekte zu stärken und anzuregen, einen Verständigungsprozeß zwi-schen unterschiedlichen Generationen und Kulturen anzustoßen und esihnen so zu ermöglichen, einen kompetenten und überzeugenden Bei-trag zu den Fragen der Kommunalpolitik und der Stadtplanung zu leisten.Partnerschaft: Das Projekt verband Museen und Gemeinschaften in al-len teilnehmenden Städten. Die Zusammenarbeit mit der Bevölkerungvermittelte neue Impulse und Partner für die Museumsarbeit.

Die Evaluierung:Die projektbezogene Zusammenarbeit mit Zeitzeugen und Menschen ausverschiedenen Generationen und Kulturen beruht auf den Erfahrungendes Museumspädagogen mit Themen dieser Art. Die Zusammenarbeitschuf eine neue Plattform für kommunikative Beziehungen zwischenunterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen. Im Rahmen des sozio-kul-turellen Programms kamen ungefähr 750 Personen zusammen.

DEUTSCHLAND: Kleinsassen: KunststationKontaktadresse:Volkshochschule Landkreis Fulda (VHS)Peter BallmaierGallasiniring 30D – 36043 FuldaTel: 0049 661 600 6225Fax: 0049 661 600 6430

Die Institution:Zweck der VHS Fulda: Allgemeine Bildung, Weiterbildung und höhereBildung für Erwachsene aus allen Bevölkerungsschichten, ausreichendeEinrichtungen für die Erwachsenenbildung werden garantiert und geschaf-fen, um allen Bevölkerungsgruppen ohne Diskriminierung hinsichtlichRasse, Nationalität, Religion, Geschlecht, Beruf die Chance für umfang-reiche intellektuelle, kulturelle, berufliche und politische Weiterbildungzu ermöglichen.Zielsetzung der VHS ist es, Kurse für Erwachsene anzubieten. Zu diesemZweck kann sie Unternehmungen starten, die diesen Zielen entsprechen,z.B. ein altes Schulhaus renovieren und öffnen als „Kunststation Kleins-

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assen“, eine Arbeitsstätte für Künstler und ein Ausstellungsraum, ein Mu-seum unter Führung einer Erwachsenenbildungseinrichtung.

Das Projekt: Erwachsenenbildung als Museumsinitiative:Kunststation Kleinsassen (KK)Zielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: KK stellt einen außergewöhnlichen Weg zwischendem klassischen Kulturangebot der VHS und der Zusammenarbeit mitBerufskünstlern und Museumskultur dar. Sie ist ein Treffpunkt für kunst-und kulturinteressierte Leute, Künstler, Museumsbesucher und Hobby-Künstler und auch ein Museum unter der Leitung einer Erwachsenenbil-dungseinrichtung. KK ist zu Hause in einem ehemaligen ländlichen Schul-haus mit 1.200 m2 Ausstellungsfläche, zwei Ateliers, einer Artothek, ei-ner Keramikwerkstatt und zwei Wohnungen. Jährlich können ein bis zweiKünstler (vor allem aus mittel- und osteuropäischen Ländern) ein Stipen-dium erhalten, in der KK wohnen, leben und arbeiten, Ausstellungsob-jekte vorbereiten und interessierte Menschen unterrichten (offenes Ate-lier, Seminare, Ferienwerkstätten).Im 8-Wochen-Turnus werden zeitgenössische Ausstellungen aus der Re-gion vorgestellt. In der Artothek befinden sich 650 Kunstwerke, die seitHerbst 1997 ausgeliehen werden können. Es gibt auch eine Bibliothekund eine Videothek.Manchmal werden große internationale Aktivitäten von Künstlern welt-weit ausgestellt, z.B. Brücken bauen: eine Wand bestehend aus Holzta-feln, einige Kilometer lang und von 60 internationalen Künstlern bemalt.KK ist einer der wichtigsten Anziehungspunkte der Region, sie bringt denTourismus zur Geltung und fördert Investitionen durch die Wirtschaft indieser Region.Methodik: Regelmäßige Programme, Kurse einmal pro Woche, eintägigeSeminare, Ferienschule, geleitet von eingeladenen Künstlern. Jeder ein-geladene Künstler muß eine Ausstellung vorbereiten auf eine Weise, diedie Öffentlichkeit mit einbezieht. Das Atelier als Kristallisationspunkt desDorfes im örtlichen und regionalen Zusammenhang. KK ist auch Treff-punkt für Eröffnungszeremonien von Ausstellungen, für Vorträge, Thea-teraufführungen usw. Ein multikulturelles Zentrum für den Austausch in-ternationaler Künstler bei Ereignissen, die von den Medien begleitet wer-den.Partnerschaft: Zusammenarbeit zwischen verschiedenen kulturellen Ein-richtungen und Initiativen im örtlichen, regionalen und nationalen Zu-

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sammenhang, mit internationalen Botschaftern, mit Universitäten undKunsthochschulen, mit Erwachsenenbildungseinrichtungen.

Die Evaluierung:Andere Kunststationen nach gleichem Muster werden jetzt aufgebaut, z.B.Oepfershausen. Fachleute von überall unternehmen Studienreisen zur KK.Einige öffentliche und private Kunstinitiativen sind in der Gegend gegrün-det worden.Das Bildungsniveau im Umkreis von Kleinsassen ist niedrig. Die Kunst-Bildung war unterentwickelt. Das änderte sich grundlegend. KK wolltedie Arbeit mit Kunst in den Vordergrund stellen. Fast jeder zweite Bewoh-ner des Landkreises kam bisher zu einer Veranstaltung der KK. KK ist derzentrale Treffpunkt dieser Gegend und eines der kulturellen Zentren die-ser Region – ein Integrationsort. Sie ist ein rares Beispiel für die Integrati-on der Kultur ins alltägliche Leben. Durch KK wurden Kontakte mit demAusland geknüpft, die Region wird jetzt in internationalem Kontext gese-hen. Die KK war mit ein Grund für die UNESCO, die Region für ihrenLandschaftsschutz auszuzeichnen.

FRANKREICH: Montpellier: Regionalfonds zeit-genössischer KunstKontaktadresse:Fonds Régional d’Art Contemporainde la Région Languedoc-RoussillonAmi Barak, Direktor20, rue de la RépubliqueF – 34000 MontpellierTel.: 0033 4 67 22 94 04Fax: 0033 4 67 58 49 80Email: [email protected]

Die Institution:Die Aufgabe von FRAC besteht darin, die breite Öffentlichkeit mit zeit-genössischer Kunst bekannt zu machen. Der Regionale Fonds modernerKunst stellt eine Sammlung zeitgenössischer Kunst dar. Geschaffen 1982,existiert er in jeder Region Frankreichs nach denselben Regeln und Ziel-setzungen. Seine Aufgabe ist es, kostenlos Kunstwerke an jedermann aus-zuleihen, der sie in seinen Räumen ausstellen will. Im allgemeinen gibt

Jean-Claude PigacheKoordinator FRSC/SchulenTel: 0033 4 67 22 94 04Fax: 0033 4 67 58 49 80Email: [email protected]

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es eine Begleitung der Ausstellung, die durch das Eindringen eines„Fremdkörpers“ ein Ereignis schafft.Hinzu kommen: Förderung moderner Kunst in einer bestimmten Regionmittels größerer Kulturprojekte. Anregung von Überlegungen zu künstle-rischem Schaffen durch Förderung von Meinungsaustausch über Kunst-werke. Die künstlerischen Bezugspunkte und Methoden der verschiede-nen Kulturträger (Lehrer, Personal von Kultureinrichtungen, Mitgliedervon lokalen Kulturvereinigungen, gewählte Lokalbeamte) sollen auf denneuesten Stand gebracht werden.

Das Projekt: Moderne Kunst in einer ländlichen Gegend –Départment LozèreZielgruppe: Ländliche GemeindenKurzbeschreibung: Durch die Ausstellung einer Sammlung modernerKunstwerke an verschiedenen Orten wird zunächst einmal angestrebt, einEreignis, etwas Ungewöhnliches, in einer unterprivilegierten ländlichenGegend zu schaffen. Ausgewählt wurden als Ausstellungsorte eine Kapel-le und neun höhere Schulen und Colleges im Départment Lozère. DerVorschlag lautet, mit einer Anfangsgruppe motivierter Leute (den Lehrernbzw. Schülern dieser verschiedenen Schulen) zu beginnen und im Laufeder Zeit möglichst alle Bekanntenkreise zu motivieren: zunächst die eng-sten Bekannten (die Verwandten der Schüler, das Personal, das an denAusstellungsorten arbeitet) anzusprechen und dann zu den entferntesten– Bauern, Ladenbesitzer, städtische Angestellte etc. – fortzuschreiten. DieMethode ist angeregt durch die konzentrischen Wellen, die ein ins Was-ser geworfener Stein hervorruft.Zielsetzung: Moderne Kunst in einem Gebiet zu fördern, das von größe-ren kulturellen Projekten nicht berücksichtigt wird; das Denken überkünstlerisches Schaffen dadurch anzuregen, daß ein Meinungsaustauschüber Kunstwerke gefördert wird; die künstlerischen Bezugspunkte undMethoden der verschiedenen Kultureinrichtungen (Lehrer, Personal vonKultureinrichtungen, Mitglieder von lokalen Kulturvereinigungen, ge-wählte Lokalbeamte) auf den neuesten Stand zu bringen.Methodik: Prinzip der Kulturvermittlung durch konzentrische Kreise. DieVermittler sind keine Berufskünstler, sondern jeder Kreis wird zum Ver-mittler des folgenden Kreises (Lehrer sind die Vermittler für Schüler, die-se für ihre Eltern, diese wiederum für ihre Nachbarn usw.)Das Programm – in seiner Anwendung speziell auf Lehrer – sieht folgen-dermaßen aus:

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Ebene 1: Vierwöchiger Kurs (20 Teilnehmer): Unterricht in plastischerKunst, Herstellung von Dokumenten mit Bezug zur modernen Kunst.Aufbau einer Ausstellung zusammen mit den Teilnehmern: Erkundungs-übung zu den ausgestellten Arbeiten, ihr Platz innerhalb der modernenKunst, Kontrastierung der Lehrmethoden und Arten kultureller Animati-on, Vorschläge zur Arbeit mit den Studenten.Ebene 2: Ein Jahr lang Unterricht in plastischer Kunst an zwei Tagen proMonat für die allgemeine Öffentlichkeit. Ziel: das Bezugsfeld zu moder-ner Kunst zu erschließen, die Zugänge und Ausführungen unterschied-lich zu gestalten, die Lehrer anzuleiten, Leute zu empfangen und ihnendie RMAF-Kunstwerke in ihren Schulen zu zeigen, eine Fahrt nach Nî-mes zu unternehmen zu einem Besuch des Museums für Moderne Kunst– Carré d’Art – und zu einem Treffen mit zwei Künstlern: Claude Viallatund Alain Clément.Innovation: Die Zielgruppe lebt in einer ländlichen Umgebung mit gerin-ger Bevölkerungsdichte und minimalen kulturellen Ressourcen und istnormalerweise nicht mit kulturellen Ereignissen, geschweige denn mitmoderner Kunst vertraut. Die kontinuierlich stattfindenden Projekte bietenein Modell, die Öffentlichkeit selbst zum Vermittler werden zu lassen – indiesem Fall Kinder, die ihre Eltern führen, welche ihrerseits die Ergebnis-se des Projekts in ihre tägliche Arbeit oder einen anderen gesellschaftli-chen Kontext einbringen. Dabei muß der Vermittler dann eben nicht dereinzige Spezialist sein, allerdings der Promotor dieses Prozesses.Partnerschaft: Partnerinstitutionen: Regionalmuseum Kunstfonds (RMAF)der Region Languedoc-Roussillon. Diese „Sammlung ohne Museum“ ge-hört zum Verantwortungsbereich des Regionaldirektoriums für kulturelleAngelegenheiten des Kulturministeriums. (Die Aufgabe des RMAF bestehtdarin, Kunstwerke auf Anfrage kostenlos an Städte und Gemeinden aus-zuleihen.) Akademisches Inspektorat des Département Lozère (repräsen-tiert das Ministerium für Volkserziehung auf Départementebene); Präfek-tur des Départements Lozère (repräsentiert die Regierung auf Départe-mentebene), Generalrat der Region Languedoc-Roussillon (umfaßt diefünf Départements, welche die Region bilden).Diese Partner repräsentieren die Minsterien für Volkserziehung, Kultursowie Jugend und Sport mittels ihrer lokalen Repräsentanten.

Die Evaluierung:Das Programm begann 1994/95 mit einer Eröffnungsausstellung des FRACin Lozère und wurde weitergeführt mit fortlaufenden Trainingskursen für

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die Lehrer der ersten und zweiten Stufe in Zusammenarbeit mit den Kul-turpartnern der Region.Ausgang für diese kulturelle Partnerschaft war eine relativ bescheideneVeranstaltung: die FRAC-Ausstellung. Diese hat aber durch örtliche Nach-frage viel Schwung bekommen. Der Erfolg erklärt sich durch die Sehn-sucht nach Kultur in einer Region der „Kulturwüste“.Diese Serie von Veranstaltungen in einer ländlichen Gegend hat das In-teresse für moderne Kunst bei einem kunstungewohnten Publikum ge-weckt. Als Folge daraus wurde diese Aktion für die nächsten Jahre ver-längert. Eine Umfrage an die Teilnehmer wird vorbereitet.

ÖSTERREICH: Wien: Institut für Graffiti-Forschung (IFG)

Kontaktadresse:Norbert SieglSerravagasse 18/10A – 1140 WIENTel: 0043 1 89 59 192Fax: 00 43 1 89 41 498 1Email: schaefer,[email protected]

Die Institution:Die IFG wurde als unabhängige Organisation gegründet, um den Bedarfnach einem Zentrum der internationalen Graffiti-Forschung zu erfüllen.Die IFG dient als Forschungszentrum und verwendet dabei bestehendeArchive und Dokumentationen, um die Entwicklung eines internationa-len Netzwerks zu ermöglichen. Dazu werden eine wissenschaftliche Stan-dardisierung sowie die Garantie kontinuierlicher Arbeit und institutionel-ler Unterstützung angestrebt. Die IFG liefert Informationen durch Veröf-fentlichungen (Zeitschriften, Spezialpublikationen), eröffnet den Zugangzu einer Spezialbibliothek bzw. einem Fotoarchiv und baut ein digitalesArchiv auf. Wissenschaftliche, sozialpädagogische und erziehungswis-senschaftliche Projekte werden in Zusammenarbeit mit internationalenPartnern und Experten realisiert.Das Institut für Graffiti-Forschung plant, ein Museum zu werden, und dis-kutiert die Bedeutung von gutem Personal und adäquater finanziellerGrundlage.

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Das Projekt: Kulturelles Phänomen GraffitiZielgruppe: Junge ErwachseneKurzbeschreibung: Graffiti-Forschung ist ein ziemlich neues Gebiet. Bisherwurden vereinzelte Forschungsarbeiten an verschiedenen Instituten bzw.Universitäten geleistet. Aber der Mangel an Koordination und Informati-onsaustausch behinderte die Etablierung dieses speziellen Fachgebiets. EinZiel besteht darin, auf europäischer Ebene allgemeine Übereinstimmungzu erzielen, wie mit der gegenwärtigen Form des Kulturphänomens Graffitiumzugehen ist. Als Fortsetzung des Forschungsprojekts „KulturphänomenGraffiti“ und unterstützt vom österreichischen Wissenschaftsministeriumwurde ein neues Projekt in drei Ländern (Wien, Berlin, Flandern) initiiert zuden Hauptthemen „Rassismus“ und „Amerikanische Graffiti“ (Kriminalisie-rung von Sprayern). Junge Erwachsene werden als Interviewpartner undSchöpfer von Graffiti einbezogen. Die Ergebnisse der empirischen Studiesollen in schriftlicher Form und via Internet verfügbar sein.Zielsetzung: Das Projekt „Kulturphänomen Graffiti“ ist eine neue Formvon Kulturvermittlung. Es soll nicht nur das Wissen über die Jugendkulturerweitern, sondern das Verständnis zwischen den Generationen fördern.Graffiti gelten als hochsensibles seismographisches Instrument zur Regi-strierung gesellschaftlicher Probleme und sollen im öffentlichen Raumeiner Volkshochschule diskutiert werden.Methodik: Ein Programm, das in Kooperation mit dem Erwachsenenbil-dungszentrum (VHS) angeboten wird, besteht aus drei Teilen:1. Wanderausstellung: Begleitprogramme im VHS-Katalog umfassen Vor-

träge in Zusammenarbeit mit universitären Workshops mit wissen-schaftlichem Anspruch, eine Broschüre über Graffiti, einen historischenÜberblick

2. Einrichtung eines digitalen Archivs der gesammelten Fotos (Digitalmu-seum) sowie eines zentralen Computerarchivs innerhalb der Volks-hochschule. Dazu Beschäftigung von Arbeitslosen, die die neuestenTechnologien anwenden sollen (Ausbildung zur Digitalisierung und zurVorbereitung des Computerarchivs)

3. Befragung von betroffenen Personen (Sprayern und „Besprayten“), För-derung kulturellen Verständnisses durch Workshops, Wanderausstel-lungen, Auffinden europaweiter Lösungen, um Schäden möglichst ge-ring zu halten, indem die unterschiedlichen Zugänge zu Graffiti sei-tens Kommunen, Behörden, öffentlichen Transportgesellschaften etc.verglichen werden.

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Innovation: Wissenschaft, Forschungsergebnisse und moderne Techno-logien werden angewandt, um ein Phänomen zu diskutieren, das derÖffentlichkeit wohlbekannt ist, das aber vom erzieherischen, gesellschaft-lichen, politischen oder ästhetischen Standpunkt aus unterschätzt odersogar mißverstanden wird.Partnerschaft: Das Projekt wird von internationalen Partnern – wie Uni-versitäten, Forschungsinstitutionen und Erwachsenenbildungseinrichtun-gen – umgesetzt.

Die Evaluierung:Die Gründung eines gut ausgerüsteten Forschungszentrums ermöglichtErziehungsarbeit auf lokaler Ebene ebenso wie internationalen Kontaktund Austausch.

SCHWEIZ: Basel: Grabe wo du stehst

Kontaktadresse:Dorette HaltinnerGrabe wo du stehst GmbHPostfachCH – 8023 ZürichTel: 0041 52 385 42 36Fax: 0041 52 385 44 35

Die Institution:Basel besitzt eine zentrale Stelle für Bildung und Vermittlung. Zur Zeitder Durchführung des Projektes war dies ein eigenes Büro unter demNamen „Museumspädagogik Basel“, bestehend aus zwei halben Stellenund einer halben Sekretärin. Inzwischen ist dieses Büro in die Museums-dienste Basel integriert worden mit dem Zusatznamen Bildung und Ver-mittlung. Die Aufgaben blieben dieselben: einerseits ist die AbteilungBildung und Vermittlung zuständig für innovative Projekte in den BaslerMuseen, deren Konzeption, Durchführung und Evaluation, andererseitsführt sie jährlich museumsübergreifende Kurse und Projekte durch. Dasvorgestellte Projekt wurde nach dem Ansatz „Grabe wo du stehst“ durch-geführt. Inzwischen ist eine Firma mit drei Teilhabern, die „Grabe wo dustehst GmbH“, entstanden. Diese in Zürich ansässige Firma führt For-schungsprojekte mit Laien verschiedenster Altersstufen und sozialer Grup-pen durch, und zwar von der Idee bis zur fertigen Ausstellung. Die Pro-

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jektleiterin ist inzwischen Teilhaberin dieser Firma, sie ist nicht mehr beiden Museumsdiensten angestellt.

Das Projekt: Grabe wo du stehst – Geschichtsausstellung mitLaien im Stadt- und Münstermuseum BaselZielgruppe: Senioren mit einem biographischen Bezug zum Basler Stadt-teil „Am Ring“Kurzbeschreibung: Das Stadt- und Münstermuseum Basel verfolgt einelängere Tradition von Ausstellungen, die den Bewohnern der Stadtteile einForum bieten. Dazu gehörten Ausstellungen wie „Leben in Kleinbasel“,„Geschichte eines Dorfes: Kleinhüningen 1980-81“ oder „Ave Eva“ 1993zum Leben einer Baslerin. „Quartier am Ring“ 1996 war eine Ausstellungder Denkmalpflege Basel. Die damalige Leiterin des Museums schlug derAusstellungsgruppe vor, unter Leitung der Museumspädagogik Basel undder Seniorenuniversität nach dem Ansatz „Grabe wo du stehst“ einen Aus-stellungsbeitrag von Menschen im Quartier zu erarbeiten. Das Projektwurde von der Seniorenuniversität ausgeschrieben, im Quartierblatt wur-den Inserate lanciert und in verschiedenen Geschäften Handzettel verteilt.Gewünscht waren „Innenansichten“ zum Quartier, die weder der Denk-malpflege noch dem Museum zugänglich sein konnten.Die Projektleiterin war zur Zeit des Projektes Beauftragte für Museums-pädagogik in Basel und erhielt von der Basler Denkmalpflege den Auf-trag, mit einer Gruppe von Senioren zu einer Ausstellung mit dem Titel„Quartier am Ring“ einen eigenen, aber integrierten Ausstellungsteil zuerarbeiten und zu gestalten.Das Projekt wurde nach dem Ansatz „Grabe wo du stehst“ durchgeführt,d.h., eine Gruppe von Laien forschte mit verschiedensten Methoden ausder Wissenschaft, dem Journalismus, der Gestaltung zur Geschichte ih-res Basler Stadtteils nach eigenen Fragestellungen. Das Projekt lief in vierPhasen ab: Einführung, Forschung, Gestaltung und Vermittlung. Es wur-den vier Themen erarbeitet, welche in raumhohen Fensternischen desMuseums in einem einheitlichen Design eingebaut wurden.Themenkomplexe:• Bertha Müller-Stähelin, die Frau des Baumeisters• Die Schule der Missionare• Charlotte La Roche, aufgewachsen im Quartier• Die Wasserversorgung nach 1800.Zielsetzung: Themen, die ältere Quartierbewohner als wichtig und inter-essant erkannten, waren zu erforschen und gestalterisch umzusetzen.

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Dies sollte den Dialog mit anderen Quartierbewohnern ermöglichen undneue vertiefte Kenntnisse über Vergangenheit und Gegenwart des Quar-tiers vermitteln. Dazu waren auch Führungen durch die Senioren nachEröffnung der Ausstellung vorgesehen. Die Seniorenuniversität beteiligtesich zur Hälfte an der Finanzierung und schaffte den Zugang zum Ziel-publikum Senioren. Die Tatsache, daß die Denkmalpflege einen Beitragvon Laien explizit als Bereicherung ihrer Ausstellung wünschte, gab vonAnfang an die Basis für eine gute, intensive Zusammenarbeit und sehrgute gegenseitige Information und Transparenz. Dies war auch eine wich-tige Voraussetzung für die Motivation der Kursteilnehmer, welche die Er-arbeitung ihrer Beiträge als gleichwertige, ernstgenommene Arbeit sehenkonnten. Damit war auch das gemeinsame Ziel aller Beteiligten gegeben,eine möglichst gute Qualität in Information und Gestaltung anzustreben.Methodik: Als erstes wurden die Senioren miteinander und mit dem Aus-stellungsprojekt der Denkmalpflege bekannt gemacht. Daraufhin wurdensie in Forschungsmethoden eingeführt, z.B. ins Staatsarchiv und in priva-te Archive, in die Fotorecherche, in Interviewtechniken. Dann erhielten sieden Auftrag, ein eigenes Thema zu suchen und zu bearbeiten, allein oderin Gruppen. Dieses Thema wurde in einem Grobkonzept festgehalten undmit der Projektleitung und den anderen Kursteilnehmern besprochen.Nach zwei Monaten wurde den Senioren ein Vorschlag für den Rahmender Gestaltung für ihre Themen in der Ausstellung der Denkmalpflege vor-gelegt (große Holzrahmen in den Fensternischen des Ausstellungsraumes,mit feinen Textilien abgedeckt, auf die eine 2 m hohe Hausfassade in Sieb-druck gedruckt war). Dazu erhielten sie eine Einführung in Methoden dergestalterischen Umsetzung von Themen, der Bedeutung von Objekten,Texten und neuen Medien in einer Ausstellung. Zu einem späteren Zeit-punkt wurden Führungen in der Ausstellung entwickelt und geübt.Innovation: Das Museum hat in einer Ausstellung neben der Arbeit derDenkmalpflege die Arbeiten von Laien ausgestellt, die das Quartier ausihrem Lebens- oder Arbeitszusammenhang kennen, im Verlauf des Pro-jektes aber einzelne Aspekte vertieft erarbeitet haben. Das Museum hatso einen öffentlichen Austausch von Erkenntnissen von Fachleuten undLaien ermöglicht. Mit einer solchen Arbeit wurde das Museum ein Fo-rum der Begegnung und der Meinungsbildung, welches mehr und unter-schiedlichere Menschen ansprach. Das Museum hat genauso wie dieBenutzer des Museums von einer breiteren und tieferen Erfahrung profi-tiert, als dies möglich gewesen wäre, wenn nur Wissenschafter das The-ma bearbeitet hätten.

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Partnerschaft: Seniorenuniversität, Denkmalpflege und Museumspädago-gik Basel.

Die Evaluierung:Für die Museumspädagogik war dies ein Pilotprojekt mit Senioren, her-vorgegangen aus der Erkenntnis, daß diese als Zielgruppe in den Auftragder Museumspädagogik gehören. Für die Seniorenuniversität bestand derPilotcharakter des Projekts in der Methode der selbstorganisierten Arbeitmit Senioren nach „Grabe wo du stehst“.Die Museumspädagogik ist mit diesem Projekt weiter in die Erwachse-nenbildung eingestiegen. Bisher waren Lehrerkurse und einzelne Kurseüblich. Senioren wurden als sehr kompetente und bereichernde Muse-umsleute erkannt. Für die Seniorenuniversität und die VolkshochschuleBasel ist die längerfristige Zusammenarbeit mit den Basler Museen eineSelbstverständlichkeit geworden. Für die direkt beteiligten Senioren hatsich eine beständige Gruppe entwickelt, die auch nach zwei Jahren nochzusammenarbeitet.Die Seniorenuniversität sieht vor, diese Art von Projekten in den Museenauszubauen im Rahmen der „Regiokonferenz“, ein Zusammenschluß vonOrganisationen am Oberrhein aus der Schweiz, Frankreich und Deutsch-land. Die Verbindung der Integration von Erfahrungen und Wissen vonSenioren und deren eigener Weiterbildung wurde als große Bereicherungauch seitens der Museen erkannt.

4.2 Auswertung der Fallbeispiele

All den erwähnten Projekten war gemeinsam, klare Ansätze zu haben,wodurch Museen sich erstens als effektiver erweisen als andere öffentli-che Einrichtungen und zweitens als Katalysator oder transformative Stim-me wirken. Ein solcher Vorsatz könnte Sprachlernprogramme, Therapie,berufliche Entwicklung oder die Wiedereingliederung benachteiligterGruppen umfassen. Hierbei wurden die Fragen virulent nach Vorbedin-gungen, Definition der Aufgaben eines Museums, gesellschaftlichenAnforderungen an das Museum.Andere Voraussetzungen für gute Ausführung sind Projektbeurteilungen(hier sind Dorothee Dennert vom Haus der Geschichte der Bundesrepu-blik Deutschland in Bonn und die „Observatoire“ z.B. sehr aktiv), Fein-gefühl für kulturelle Unterschiede, wirkungsvoller Einsatz fachlicher und

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menschlicher Vermittlungsweisen und das Integrieren unterschiedlicherFachleute aus den verschiedensten Fachrichtungen.

4.3 Die Rolle des Kulturvermittlers

1) Der Zweck von MuseenDie Gruppe diskutierte die Frage, ob der Zweck von Museen darin be-stünde, Sammlungen zu bewahren oder Lernzentren herzustellen. EinigeGruppenmitglieder schlugen vor, daß es ein ausgewogenes Verhältniszwischen den Bedürfnissen einer Sammlung und jenen der Öffentlichkeitgeben sollte. Innerhalb der Gruppe, die aus Museumskuratoren, Muse-umspädagogen und Erwachsenenbildnern bestand, verlief die Trennliniezwischen denen, die an eine soziale Zwecksetzung glaubten, und denje-nigen mit einer Orientierung auf die Objekte hin, häufig an der Grenzezwischen Museumskuratoren und -pädagogen bzw. Erwachsenenbild-nern.

2) Der Zweck von Erwachsenenbildung mit Hilfe von MuseenDie Gruppe ging davon aus, daß der Hauptzweck ihrer Arbeit darin läge,Leute zu befähigen, sich aktiv im Kulturleben zu betätigen und diesemneue Impulse zu geben. Es gibt Probleme der Kontrolle des Prozesses, indenen Kuratoren am liebsten jedes Wort, das von einem anderen Mitglieddes Personals gesprochen oder geschrieben wird, genehmigen möchten,desgleichen Probleme mit Leuten, die meinen, Museen seien zu an-spruchsvoll für sie. Eine Frau, die den Louvre 15 Jahre nicht gesehen hät-te, würde, wenn man sie schließlich überredet hätte, auf Begleitung be-stehen und vorher ihre Frisur richten lassen wollen.Es wurde darauf hingewiesen, daß für Menschen, die ins Schwimmbadoder auf den Fußballplatz gehen wollen, keine Wandplakate geklebtwerden. Statt dessen bringen wir ihnen das Schwimmen oder Fußballspie-len bei. Es gibt allerdings Grenzen dieser Metapher, weil einigen Leutenbeispielsweise die bloße Existenz der Bildhauerei nicht bewußt ist. Undwenn man das Lesen als Beispiel nimmt, geht es ja nicht darum, daß je-mand lesen kann, sondern es ist entscheidend, was jemand lesen kann.

3) Die Lehren aus den FallstudienDas Museum Neukölln besitzt ein Unterhaltungscafé und Treffs zumAbendessen. Während interkulturelle Arbeit mitunter kulturelle Traditio-

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nen auf das Essen reduzieren und dabei Stereotypen von Hausfrauen,Männern bei der Arbeit und in Armut lebenden Kindern vertiefen, die-nen Essen und Trinken bei diesem Projekt zum Erreichen eines weitergesteckten Ziels. Dieses Projekt lieferte einen Beleg zum einen für dieBedeutung der Rolle bzw. Fähigkeiten eines Museumspädagogen/-ver-mittlers, der seit zwölf Jahren die Menschen vor Ort und deren Umfeldkannte, zum anderen für die Wichtigkeit, in die Gemeinschaft hineinzu-wirken, und zum dritten für die Einschätzung der Erfahrungen, welcheErwachsene selbst in den Prozeß einbringen: eine Verbindung von guterTheorie und guter Praxis.

4) Welche Rolle spielt der Kulturvermittler?Die Arbeitsgruppe schlug vor, zwischen Fachvermittler und Allgemein-vermittler zu unterscheiden.Der Fachvermittler: Seine Rolle ist in vielerlei Hinsicht vergleichbar mitder anderer Fachleute. Er bzw. sie muß folgendes können:• Beispiele für gute Praxis beschaffen• Verantwortung für die strategische Entwicklung der Bildungsfunktion

innerhalb der Einrichtung übernehmen• Organisation der Arbeit innerhalb des Fachs auch durch andere Mitar-

beiter planen• Nicht-Fachleute ausbilden• Geld und Arbeitskraft mit Geschick verwalten• Bildungswesen und „Im-Museum-Lernen“ beherrschen• sich in seiner Aufgabe voll einbringen• das Projekt evaluieren und weiter forschen.Zusätzlich braucht der Fachmann Fähigkeiten und Erfahrung u.a. im Be-reich Bildungs-, Kommunikations- und Museumskunde.Der Allgemeinvermittler oder Laie: Eine fachmännische Rolle kann nichtvon jemandem ausgeführt werden, der keine Ausbildung oder Erfahrungbesitzt. Jedoch spielt auch dieser eine wichtige Rolle, gerade wenn er einbißchen Erfahrung vorweisen kann im Umgang mit Organisation undKoordination, z.B. kann er• Fachpersonal aus allen Bereichen des Museums konsultieren und ein-

stellen• beim Vortragen der Lerninitiative einen Beitrag leisten, sofern er sich

imstande fühlt.Es wurde allerdings davor gewarnt, allein aus Kostengründen Freiwilligeund Laien unangemessen einzusetzen.

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5) Wie kann man gute Praxis fördern?Folgendes wurde vorgeschlagen:• Auf europäischer Ebene sollte nicht so verschwenderisch gehandelt

und mehr Klarheit bei der Zweckbestimmung gezeigt werden, wie esbei manchen europäischen Programmen der Fall ist

• Projekte aus einem Land sollten auch in anderen Ländern aufgelegt undevaluiert werden

• Personal-Training sowohl im Bereich der Erwachsenenbildung als auchin Museen wird dringend benötigt

• Lehrer in Museen und in der Erwachsenenbildung sollten jeweils auchim anderen Fach ausgebildet werden

• Brücken bauen zwischen den Sektoren (NIACE schlägt ein Buch überErwachsenenbildung durch europäische Museen vor)

• Kritik entgegennehmen, um Sinnvolles von Sinnlosem zu unterschei-den.

5. Weitere Projekte – Beschreibung in Kurzform

BELGIEN: Brüssel: Königliches Kunst- und Geschichts-museum

Kontaktadresse:Musées Royaux d’Art et d’HistoireBrigitte Fossion, Leiterin der Abteilung Erziehung10 Parc du CinquantenaireB – 1040 BrüsselTel: 0032-32380

Projekt: Museum für FamilienZielgruppe: FamilienKurzbeschreibung: Zu besonderen Themenschwerpunkten (wie z.B. Blu-men) werden Entdeckungsreisen für die ganze Familie angeboten.Zielsetzung: Schaffung der Möglichkeit, alle Familienmitglieder zusam-menzubringen in einer gesellschaftlichen Situation, in der meist beideEltern arbeitenInnovation: Zusammenarbeit mit 20 anderen Museen im französischspre-chenden belgischen Landesteil, die zum gleichen Themenkomplex ein

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vielfältiges Programmspektrum anbieten; Vorbildfunktion für andere Län-der, u.a. für Kroatien (Angebotspalette in mehreren Museen zum Thema„Blumen“)Partnerschaft: Zusammenschluß von 20 Museen; Kooperation mit derKommission für Bildung und kultureller Aktion der frankophonen Asso-ziation der Museen in Belgien, der Communauté Française, der Verwal-tung des kulturellen Erbes, der Familienliga „El Ligueur“Evaluation: Veröffentlichung der Ergebnisse in Museums- und Gesell-schaftsbulletins

BELGIEN: Antwerpen: Museum für Hedendaagse Kunst

Kontaktadresse:Geertrui Pas, Leiterin der Abteilung ErziehungLeuvenstraat 32B – 2000 AntwerpenTel: 0032-3238-5960Fax: 0032-3216-2486

Projekt: Frühstück im MuseumZielgruppen: Familien, ErwachsenengruppenKurzbeschreibung: Verbindung zwischen Brunch und Kultur: Familienund Erwachsenengruppen kommen zu einem gemeinsamen Frühstückund anschließendem MuseumsbesuchZielsetzung: Verbindung von Freizeit und Kultur in entspannter Atmo-sphäreMethodik: Gemeinsames Frühstück; Start der museumspädagogischenAktivitäten für Kinder nach 30 Minuten; nach weiteren 30 Minuten ver-lassen auch die Eltern das Restaurant zur gemeinsamen Fortsetzung desMuseumsbesuchs mit ihren KindernInnovation: Start des Tages im Museum mit einem BrunchPartnerschaft: Meist Privatinitiative der Museen in der Tradition der Früh-stücksangebote der Kirchen nach dem sonntäglichen GottesdienstbesuchEvaluation: „Frühstück im Museum“ ist meist monatelang ausgebucht;Kulturorganisationen buchen „ihr“ Frühstück als geschlossene Veranstal-tung; Auszeichnung der Idee mit dem König-Baudouin-Preis 1997 anläß-lich der Kampagne „Museum und Öffentlichkeit“

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BELGIEN: Ivoz-Ramet: Museum für Vor- undFrühgeschichte

Kontaktadresse:Musée de la PréistoireFernand Collin, DirektorRue de la Grotte, 128B – 4400 Ivoz-RametTel.: 0032-4275-4975Fax: 0032-4275-7123Email: [email protected]

Projekt: Die Vorgeschichte von RamioulZielgruppen: Familien und TouristenKurzbeschreibung: Interessenten leben für ein Wochenende oder meh-rere Tage im Museum wie in der Frühzeit der Menschheit, um sich mitden Problemen des damaligen Alltags zu konfrontierenZielsetzung: Lernen durch praktische Erfahrung, wie die Menschen derVorgeschichte gelebt habenMethodik: 10 vorgeschichtliche Rekonstruktionen und Arbeitsbereiche(z.B. Bereiten eines vorgeschichtlichen Mahls, Benutzen von vorge-schichtlichen Waffen, Konstruktionsmethoden, Umgang mit Materialienund deren technische Umsetzung) schaffen die Voraussetzung für denDialog zwischen Objekt und Besucher. Es ist nicht möglich, das Lebenzu kopieren, jedoch zu erklären, wie gedacht und gehandelt wurdeInnovation: Keine Angebote von Lösungen; durch eigenes Tun Erarbei-ten von Strategien zur Bewältigung des täglichen LebensPartnerschaft: Zusammenarbeit mit der ortsansässigen archäologischenGesellschaft und den Firmen der Umgebung (durch hundertprozentigeSelbstfinanzierung möglich)Evaluation: wachsende Besucherzahlen; Kontaktaufbau zu Tourismusun-ternehmen

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DÄNEMARK: Nakskov: U-Boot-Anlage

Kontaktadresse:U-BDSFONDENPaul ClausenSkibsværftsvej 4DK – 4900 NakskovTel: 0045 54 95 20 14Fax: 0045 54 95 20 13

Projekt: U-Boot von GorbatschowZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: Seitdem einige Arbeitslose auf die Idee kamen, ein rus-sisches U-Boot nach Dänemark zu holen, ist dieses U-Boot im Hafen vonNakskov ein symbolträchtiges Zeichen für den historischen Wandel, dersich seit dem Fall der Berliner Mauer in der Welt vollzogen hat. Die jungenArbeitslosen hatten sich seinerzeit schriftlich an den damaligen sowjeti-schen Präsidenten Mikhail Gorbatschow mit der Bitte gewandt, ihnen einU-Boot der Whiskey-Klasse zu überlassen. Dem Präsidenten gefiel dieIdee, und so machte er den „Antragstellern“ das U-Boot zum Geschenk.Nach langem Tauziehen mit der sowjetischen Bürokratie kam U-359 imJahr 1996 schließlich nach Dänemark. Heute dient es als touristische At-traktion mit Führungsprogrammen der ganz besonderen Art; die Einrich-tung wird nach wie vor von den Arbeitslosen betrieben und betreut. Rundum das U-Boot arbeitet der U-Boot-Fonds an der Schaffung eines mariti-men Erlebniscenters, in dem mit Hilfe neuer Technologien das Leben, Ster-ben, Kämpfen und Forschen weit unter der Meeresoberfläche möglichstrealistisch vermittelt werden soll (Eröffnung im Jahr 2001 geplant)Zielsetzung: Ein Tätigkeitsfeld zu finden für Arbeitslose und dies nutzbarzu machen für die interessierte ÖffentlichkeitInnovation: Nachempfindung des U-Boot-Lebens durch originale Ge-räuscheffekte, spezielle Lichtverhältnisse und „Probeliegen“ in den Kajü-tenbetten. Wer sein Lunchpaket dabei hat, kann dieses in dem einzigenöffentlichen „U-Boot-Speiseraum“ der Welt verzehrenPartnerschaft: Kooperation mit staatlichen Stellen sowie dem U-Boot-Fonds

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DEUTSCHLAND: Wolfsburg: Kunstmuseum

Kontaktadresse:Ute LefarthMuseumspädagogischen AbteilungPorschestr. 53D – 38440 WolfsburgTel: 0049-5361-266916Fax: 0049-5361-266966Email: [email protected]

Projekt: Ausstellung im WandelZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: „By-pack“-Ausstellung zur offiziellen Museumsaus-stellung „Italienische Metamorphosen – 1943 bis 1968“ (1995): Die Bür-ger wurden aufgefordert, persönliche Objekte der Erinnerung aus Italienmitzubringen zum Aufbau ihrer „eigenen“ Ausstellung. „Wunschbilderund Erinnerungen“; Dokumentierung der Erinnerungen und Wunschbil-der zu Italien und der Ähnlichkeiten und Unterschiede zur offiziellenAusstellungZielsetzung: Das soziale Leben in Wolfsburg ist von einer hohen Anzahlausländischer Arbeiter für die Automobilfirma VW geprägt. Durch dieZusammenarbeit zwischen Gastarbeitern und Einheimischen wird dasMuseum zum Ort der Entwicklung einer interkulturellen Gesellschaft.Durch diesen vertrauensbildenden Zusammenhang werden die Teilneh-mer vertrautgemacht mit einem „fremden“ Gebäude in der StadtMethodik: deduktives System: von der Straße ins Museum: Start mit Vi-deo-Befragungen in der Stadt zu den Fragen „Waren Sie schon einmal inItalien?“, „Was denken Sie über Italien?“, „Kommen Sie aus Italien?“; imAnschluß Aufforderung, Objekte der Erinnerung inklusive einer „eigenen“Beschreibung der Gegenstände zu einem bestimmten Termin ins Muse-um mitzubringen; Nachmittags- und auch Abendgespräche zu den Erin-nerungen; gemeinsame Erstellung der Ausstellung, die ständig verändertund erweitert wurde; Teilnehmer kamen mit ihren Freunden und Ver-wandten in „ihr“ Museum, wobei etwa die Hälfte bisherige Nicht-Besu-cher des Museums gewesen warenInnovation: Eine Ausstellung in Entwicklung in der beschriebenen Formist nicht generell innovativ, jedoch die Wirkung ist innovativPartnerschaft: Informationsaustausch zwischen der Museumspädagogik-und der Museumsabteilung; beide Aktionen fanden parallel statt ohne

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direkte Zusammenarbeit; keine Partnerschaften mit Außenorganisationen,da das Museum als Stiftung sich selbst trägtEvaluation: Brückenbildung zur aktuellen italienischen Kunst, zu der dieBesucher bisher in der Regel keinen Zugang gefunden hatten; Diskussio-nen, Gespräche und Begegnungen bewirkten, daß das Museum zum Platzder gemeinsamen Erinnerung wurde, indem die sich verändernden Wer-tesysteme und sozialen Bedürfnisse zwischen Einheimischen und Gast-arbeitern in partnerschaftlichem Austausch diskutiert wurden; Beginn ei-ner Integration des Museums in den städtischen Kontext von Wolfsburg;seitdem kontinuierliche interaktive Auseinandersetzung

DEUTSCHLAND: Schweinfurt: Städtische Sammlungen

Kontaktadresse:Friederike KotoucMuseumspädagogische AbteilungObere Straße 11D – 97421 SchweinfurtTel: 0049-9721-51215Fax: 0049-9721-51320

Projekt: Malwerkstatt für psychisch KrankeZielgruppe: Psychisch KrankeKurzbeschreibung: Einwöchige Block-Seminare mit psychisch Behinder-ten; Beginn mit Kunstgesprächen vor einem Werk des Museums; anschlie-ßende Auseinandersetzung durch das Erzählen von kurzen Geschichtenund das Einbringen von alltäglichen Lebenserfahrungen der Zielgruppe;danach Umsetzung der Eindrücke in Form einer Malwerkstatt; Konzen-tration auf ein einziges Werk pro Tag; am Ende jedes Workshops Erstel-len von Postkarten dieser Werke, die anschließend im Museum und aufMärkten der Stadt zum Verkauf angeboten werdenZielsetzung: Unterstützung des therapeutischen Sektors beim Prozeß derRehabilitation; Verstärkung des positiven Effekts der Integration der Be-hinderten in die Gesellschaft; Anteil daran speziell durch die „Postkar-ten-Aktion“Methodik: Mischung von Gespräch, Geschichtenerzählen und Umset-zung in eigene Bilder; Motivation des eigenen Prozesses durch Musik; je-des Bild erhält seinen „Rahmen“, der zur Stärkung der Konzentration inden Ausführungen und damit zur Steigerung des Selbstbewußtseins führt

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Innovation: Kooperation zwischen städtischer Kulturarbeit und gesund-heitlicher Rehabilitation im GesundheitsbereichPartnerschaft: Museum in Kooperation mit der „Lebenshilfe“, einerdeutschlandweiten Organisation für psychisch BehinderteEvaluation: Nach jeder Blockwoche ein Treffen zwischen Teilnehmernund den verantwortlichen Leitern des Workshops, des Museums und der„Lebenshilfe“; offener Ergebnisaustausch führt zu Kurskorrekturen bzw.-verbesserungen; Postkartenaktion als sichtbares Zeichen der guten Be-ziehungen zwischen dem Museum und der Lebenshilfe sowie der Inte-gration des Projekts innerhalb der Stadt

FINNLAND: Jyväskylä: Finnisches HandwerksmuseumKontaktadresse:Suomen Käsityön MuseumSeija Heinänen: DirektorSeminaarinkatu 32FL- 40100 JyväskyläTel: 00358-14-624946Fax: 00358-14-624947Email: [email protected]

Projekt: Sprachlernprogramme für Einwanderer im MuseumZielgruppe: Ethnische Minderheiten (hauptsächlich Russen, Kurden, So-malier, Thailänder) in verschiedenen Lebensabschnitten und AltersstufenKurzbeschreibung: Finnischkurse als Teil der 3- bis 5monatigen Integra-tionsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt; Auswahl der Studenten in Koope-ration mit Beschäftigungsorganisationen; Ausgangspunkt: Wettbewerbs-situation und unterschiedliche Sprachebenen; Sprachlernort: das Textil-museum als neutraler Kontext und daher verbindender Faktor, Bindegliedzwischen den verschiedenen KulturenZielsetzung: Völkerverständigung durch die Sprache des Handwerks undder Hände; Herstellen eines vertrauensbildenden Zusammenhangs zumMuseum und anderen kulturellen Institutionen; Integration der Studen-ten und ihrer Familien in die neue LebensweltMethodik: Analog zum experimentellen Lernzyklus wird bei den eigenenErfahrungen angesetzt und mit der Erfahrung anderer konfrontiert undüberprüft (z.B. durch Betasten, Fühlen und Beschreiben unterschiedlicherGebrauchsgegenstände wird zugeordnet und kontrolliert unter Benutzungder „neuen“, finnischen Sprache); verschiedene Methoden des Zugangs:

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Beschreiben, Geschichtenerzählen, Vergleichen der Techniken mit ähn-lichen oder identischen Techniken im alltäglichen Kontext; Arbeiten mitalten Handwerkstechniken und Ausstellen der Ergebnisse in Form vonAusstellungen mit Texten, die in finnischer Sprache erstellt werdenInnovation: Sprachenlernen in Kombination mit Handwerk, welches ei-nen neutralen Zusammenhang symbolisiert, der auch zum verbindendenFaktor zwischen den verschiedenen Kulturen wird; ungewöhnliche Ver-bindung zwischen dem Umgang mit dem Handwerk und dem Erlernenvon Sprachen; wichtiger Nebeneffekt: erste positive Kontakte mit demneuen Land durch die Erwachsenenbildung und das Museum als integra-tiver Ort, an dem man willkommen istPartnerschaft: Kooperation mit dem Erwachsenenbildungszentrum inJyväskylä, mit städtischen und regionalen Beschäftigungszentren; Expan-dierung und Einbeziehung anderer Museen vorgesehenEvaluation: Alltagserfahrung wird anhand von Artefakten hergestellt imGegensatz zur üblichen Museumspraxis des Berührungsverbotes; Muse-um als Vermittler zwischen Hersteller und Besucher, der den Gegenstän-den durch die Benutzung eine Bedeutung gibt; Lernen, sich in einer zu-nächst fremden Kultur voll verständlich auszudrücken; durch die Benut-zung des Museums als Sprachlernort verkürzt sich die Dauer des Spra-chenlernens; neue Erfahrung für Immigranten: das Museum als offener,positiver Ort für Sprach- und Lernstudien

FRANKREICH: Nîmes: Museum für Moderne Kunst –Carré d´Art

Kontaktadresse:Guy TosattoPlace de la Maison CarréeF – 30000 NimesTel: 0033-4-66763570Fax: 0033-4-66763585Email: [email protected]

Projekt: Museum außerhalb der MauernZielgruppen: Kinder, Jugendliche und junge ErwachseneKurzbeschreibung: Die Museumsverwaltung beschloß, Kunstwerke ausdem Museum in die Ausländerviertel der Stadt auf Reisen zu schicken,um den unterprivilegierten Schichten der Bevölkerung einen Anteil an der

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Kunst und den Zugang insbesondere zur zeitgenössischen Kunst zu er-möglichen; Unterstützung der „reisenden Ausstellungen“ durch Lernhil-fen, Videofilme, Kataloge sowie einen Animateur, der in angebotenenWorkshops Verbindungen zur Ausstellung herstelltZielsetzung: Mit den Mitteln der Sprache der modernen Kunst möglichstviele Menschen zu erreichen und ihnen die Widersprüchlichkeiten undGegensätzlichkeiten von Humor bis Angst, von Furcht bis Hoffnung zuverdeutlichen, um dadurch Parallelen aufzuzeigen und Möglichkeiten fürdie aktuelle Lebensbewältigung anzubietenMethoden: Neben dem künstlerischen Projektleiter ist auch pädagogi-sches Fachpersonal von Institutionen beteiligt, die üblicherweise Men-schen in Schwierigkeiten beistehen (Frauenorganisationen, Krankenhäu-ser, Freizeitheime etc.); Begleitung jeder Ausstellung durch Videoproduk-tionen, Diskussionen und praktische Arbeit in Workshops (z.B. Modellie-ren, Schreibwerkstätten, Architekturmodelle bauen); in jedem Viertel ver-bleibt die Ausstellung üblicherweise vier WochenInnovation: Da gewisse Zielgruppen nicht ins Museum kommen, bewegtsich das Museum nach außen und bringt die Kunst zu den Menschen inihren alltagsweltlichen BezugPartnerschaft: Initiative des Carré d´Art-Museums mit Unterstützung derStadtverwaltung und der NachbarschaftshilfeorganisationenEvaluation: Ausführliche Gespräche mit Teilnehmern ließen erkennen,daß diese Museumsaktion zu größerer Toleranz führt und zu der Tatsa-che, daß beide Teile (Museum einerseits, Jugendliche andererseits) sichin der gefährdeten Situation fühlen, isoliert zu sein; die Aufeinanderzu-bewegung eröffnet neue Möglichkeiten der Kooperation, des Gesprächsund der Entwicklung; Langzeitbeobachtungen fehlen noch, da das Pro-jekt erst vor einigen Jahren startete

FRANKREICH: Nîmes: Museum für Moderne Kunst –Carré d´ArtKontaktadresse:Sophie GautierPR und KulturservicePlace de la Maison CarréeF – 30000 NimesTel.: 0033-4-66763570Fax: 0033-4-66763585Email: [email protected]

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Projekt: Behinderte im MuseumZielgruppe: Behinderte junge MenschenKurzbeschreibung: Ausgehend von den Integrationsschwierigkeiten fürBehinderte im kulturellen Leben von (Provinz-)Großstädten organisiertdas Museum vierzehntägig stattfindende, regelmäßige Zusammenkünftefür Behinderte im Museum. Nach gemeinsamer Betrachtung und Analy-sierung von zeitgenössischen Kunstwerken werden die Erfahrungen da-mit in Workshops umgesetzt. Dieses Modell der Teilhabe am kulturellenKontext ist ein Zeichen gegen die Ausgrenzung, die Behinderte teilweiseimmer noch in der Gesellschaft erfahren. Ausgehend von den Gesprächenvor den Kunstwerken werden auch Fahrten in die Umgebung unternom-men, wodurch die Behinderten das Gefühl der intensiven Beteiligung am(kulturellen) Leben in Stadt und Land habenZielsetzung: Basierend auf der Idee, daß Kultur für alle da ist und vonallen Gruppen der Gesellschaft wahrgenommen werden kann, wird all-mählich eine gegenseitige Toleranz durch die moderne Kunst erzielt.Daneben wird auch zum Zusammenleben verschiedenartiger Gruppenermutigt durch die Erfahrung des ständigen Miteinanders von Behinder-ten und Nicht-Behinderten im Museum; in dem kleinen Sozialisations-rahmen Museum wird kollektives Zusammenleben geübtMethodik: Blick hinter die Kulissen: Treffen der Gruppe mit jedem der13 (festen) Angestellten im Museum (1 Direktor, 1 Ausstellungsmacher, 1Museumspädagoge, 2 Animateure, 2 Verantwortliche für die Dokumen-tation, 3 Techniker, 1 Finanzdirektor, 1 Sekretärin, 1 Organisatorin, 1Wachmann); Treffen mit Künstlern und sporadische Möglichkeit, bei Hän-gungen mit anwesend zu sein und Ausstellungsgestaltungen live mitzu-erleben; Workshops parallel zu den Ausstellungen; regelmäßige, alle 14Tage stattfindende Zusammenkünfte, die durch eine gemeinsame Reisepro Jahr in die nähere oder weitere Entfernung gekrönt werdenInnovation: Überwindung von Vorurteilen: Behinderte können in der glei-chen Weise am städtischen Leben teilhaben wie Nicht-Behinderte; das„normale“ Publikum des Museums wird dadurch aufgefordert, Toleranzzu üben gegenüber diesem speziellen PublikumPartnerschaft: Carré d´Art wird finanziert durch die Stadt; Unterstützungfür dieses Projekt durch das Ministerium für Nationale Bildung und Ge-sundheit/Abteilung Medizinische RehabilitationEvaluation: Carré d´Art wird ein lebendiger Ort; das „normale“ Publikumbeginnt seine Einstellung gegenüber Behinderten zu ändern; Haltungsän-

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derungen jedoch bedürfen einer längeren Entwicklung und sind dahernicht in der Kürze der Zeit evaluierbar

GRIECHENLAND: Athen: Akropolis

Kontaktadresse:Aliki – Ismini TriantisDirektor der Akropolis2-4 Makrygianni St.GR – 11742 AthenTel:0030-1-9239186Fax: 0030-1-9239023

Projekt: Pausanias – Ein Tag Akropolis mit Texten vonPlutarch und PausaniasZielgruppen: Lehrer, IndividualbesucherKurzbeschreibung: Materialaufbereitung für Lehrer und für Individualbe-sucher, für die ein Mediator angefordert werden kann, die jedoch haupt-sächlich als Selbstlernprogramm benutzt werden soll. Start mit Diashowund Video mit der Wiedergabe des jetzigen Aussehens sowie der Rekon-struktion der Akropolis; anschließend Rundgang über das Gelände anhandeines eigenen Routenplans zu den vorher gezeigten Plätzen und Objekten,geleitet durch literarische Textstellen von Plutarch und PausaniasZielsetzung: Erleichterung des Einstiegs in klassische Kunst und Architek-tur sowie Sensibilisierung für Restaurierungen und die daraus resultieren-den Probleme. Ein interessanter und vergnüglicher Zugang zur AntikeInnovation: Einfach zu benützendes Heft mit geeignetem Textmaterial, dasdas Leben und Denken vor 1800 Jahren erschließt und zum heutigen Er-scheinungsbild der Akropolis und Denken über die Antike in Relation setztEvaluation: Rund 10.000 Lehrer, 300 Studenten und nicht näher definier-te unzählige Einzelbesucher haben dieses Projekt genutzt und – soweitals Multiplikatoren tätig – umgesetzt

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GRIECHENLAND: Athen: Museum für GriechischeVolkskunst

Kontaktadresse:Eleni KarastamatiDirektor17 Kydathinaion St.GR- 10558 AthenTel: 0030-1-322-9031Fax: 0030-1-322-6979

Projekt: Erziehungsprogramm für ErwachseneZielgruppe: SeniorenKurzbeschreibung: Spezielle Programmangebote für Senioren, die mitDias zu populären Kunstwerken starten, um die Erinnerung der Teilneh-mer anzuregen. Nachfolgend werden Kunstwerke des Museums präsen-tiert, untermalt mit traditioneller Musik. Anschließend findet ein Ge-sprächskreis statt, in dem die Senioren über frühere Lebensformen, Sittenund Gebräuche reden; vergessene Geschichten und Kulturzeugnisse (wiez.B. althergebrachte Lieder) werden erzählt; sie sollen künftig gesammeltund veröffentlicht werdenZielsetzung: Weniger intellektuelles als vielmehr emotionales und experi-mentelles Programm; die Zeugnisse einer erinnerten Vergangenheit be-wahren die Kenntnis über populäre Kultur, die zu verschwinden droht;Stärkung des Selbstbewußtseins der Senioren, die eine hilfreiche Leistungfür die Gesamtgesellschaft durch ihre Erfahrungen und ihr Wissen beisteu-ern, wodurch Reintegrationen in die jüngere Gesellschaft vorgenommenwerdenMethodik: Dias, Museumsobjekte, Musik, Diskussion und Gespräch, ex-perimentelle AnnäherungsformenInnovation: Bildungsmaßnahme speziell für Senioren mit dem Erfolg, daßbeide Seiten (das Museum und die Senioren) von Kenntnissen und Wis-sen profitierenPartnerschaft: Kooperation mit dem Ministerium für Bildung und Religiö-se Angelegenheiten in AthenEvaluation: Sammeln von Beschreibungen, von Sitten, Gebräuchen, Er-zählungen, Spielen, alten Berufen etc.; Aufbereitung des vorhandenenMaterials durch die Museumspädagogikabteilung

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GROSSBRITANNIEN: Belfast: Altes Museum –Zentrum der Künste

Kontaktadresse:Old Museum Arts Centre (OMAC)Lizzie DevlinKoordinatorin für Bildung und ihre Vermittlung7 College Square NorthU.K. – Belfast BT1 6ARTel: 0044 1232 235053Fax: 0044 1232 322912

Projekt: Theater für taube und schwerhörige Jugendlichenzwischen 14 und 25 JahrenZielgruppe: HörbehinderteKurzbeschreibung: Das Projekt ist Teil des seit 1990 laufenden Programmsfür die Vermittlung von Bildung am OMAC. Integraler Bestandteil der Ver-fahrensweise des OMAC, das aus einer intensiven Teilnahme an der Kunst-vermittlung und Beschäftigung mit Kunst besteht, wobei besonders eherausgeschlossene Einzelpersonen oder Gruppen angesprochen werden. Esbeinhaltet regelmäßig stattfindende Theatervorstellungen und Sommer-schulen für taube junge Leute und solche, die hören können. Einige Vor-stellungen der Gruppe wurden bereits im Museum selbst und an anderenOrten in Nordirland und England aufgeführtZielsetzung:• Die Schaffung einer Einrichtung für Kunst für junge Erwachsene mit

einer Hörschädigung außerhalb der formalen Lernumgebung• Die aktive Teilnahme am Programm des Zentrums. Die Teilnehmer er-

halten die Gelegenheit, sich selbst auszudrücken und ihre Erfahrun-gen einzubringen, indem sie mit Künstlern und Darstellern an einemständigen Programm von „Workshops“ mitarbeiten

Methodik: Das OMAC schafft Gelegenheiten, die eigene Kreativität ineiner sicheren Umgebung zu erkunden. Ziel ist es, unter Zuhilfenahmevon erfahrenen Mitarbeitern, den Teilnehmern sowohl eine Struktur alsauch Freiheit zu bieten bei der Erforschung ihrer eigenen Kreativität.Koordiniert von Lehrkräften, Eltern und anderen Mitarbeitern werdendie Programme teilnehmerzentriert umgesetzt. Die Gruppen arbeiten aneiner Bandbreite verschiedener kreativer und Ausdruckskraft vermitteln-

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der Prozesse in den Bereichen Stimme, Musik, Tanz und bildende Kunst,jeweils ausgerichtet auf Einzelpersonen und auf projektorientierte Work-shops. Die Workshops werden nicht geführt oder geleitet von Künstlernund Darstellern, sondern sind so eingerichtet, daß frei und offen Ge-danken und Ideen, Experimente und Improvisationen zwischen Künst-lern und Teilnehmern ausgetauscht werden könnenInnovation: Die große Bandbreite an Ereignissen und Aktivitäten, die dasOMAC mit dem Komitee für Taube entwickelt, ist einzigartig in Nordir-land und besonders erfolgreich. Alle Mitarbeiter haben sich einem Trai-ning unterzogen, wie man mit Taubheit umgehen kann, einige erhieltenauch eine Ausbildung in Taubstummensprache. Die Vorstellungen sindsehr besucht und wichtiger Bestandteil des Kulturprogramms in Belfast.Zudem wurde das Interesse bei manchen Hörgeschädigten geweckt, dieGeschichte der Kultur tauber Menschen zu erforschen und Themen zufinden, die für die tauben Menschen von Bedeutung sindPartnerschaft: Zusammenarbeit mit örtlichen Einrichtungen (Ulster Insti-tut für Taube, Nordirische Jugendorganisation für Taube, NordirischesJugendforum und Gesundheits- und Sozialservice des Ostens) und natio-nalen Einrichtungen (Königliches Institut für Taube und Nationale Gesell-schaft tauber Kinder)Evaluation: Das Programm hat zu einer mannigfaltigen Zusammenarbeitmit anderen Einrichtungen geführt, darunter das Institut für zeitgenös-sische Kunst in London und mit Theatergruppen wie der „Show of Hand“.Es führte zudem zu dem regionalen Festival der nationalen Gesellschafthörgeschädigter Kinder (das Festival der darstellenden Künste), das amOMAC im Februar 1997 durchgeführt wurde. Es handelt sich um einhochangesehenes Vorzeigemodell, das von der Gemeinschaft derTaub(stumm)en in Nordirland und an anderen Orten unterstützt wird

GROSSBRITANNIEN: Belfast: Ulster MuseumKontaktadresse:Trevor Parkhill, Historische AbteilungBotanic GardensU.K. – Belfast BT9 5ABTel: 0044- 1232 383012Fax: 0044- 1232 383013

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Projekt: Erziehung zur gegenseitigen Verständnisbildung(Pilotprojekt)Zielgruppe: Politische Gegner in Nordirland (Nationalisten, Unionisten)Kurzbeschreibung: Die Erinnerung an das Jahr 1798 ist für die Kultur derbeiden hauptsächlichen politisch traditionellen Gegner in Nordirland –Nationalisten und Unionisten – von großer Bedeutung. Diese Ausstellunggibt eine Hilfestellung bei der Erläuterung des historischen Hintergrun-des für die politische Spaltung in Nordirland, und sie setzt die irischeRebellion in Zusammenhang mit dem Weltgeschehen während einer derEpochen der Moderne, die von Revolutionen geprägt wurde.Für die Vermittlung von Ausstellungen wurde ein Beauftragter eingesetztmit der Aufgabe, der Gemeinde den Zugang zu der Ausstellung möglichsteinfach zu gestalten durch Gespräche mit Gruppen, Erläuterung des hi-storischen Hintergrunds und Stellenwert der Ausstellung bei den Natio-nalisten und UnionistenZielsetzung: Schaffung der Stelle eines „Bildungsbeauftragten“ am Mu-seum als Vermittler für die Gemeinde nach der Zusammenlegung mit demUlster American Folk Park in Omagh im April 1998 und dem UlsterFolk&Transport Museum in Holyrood

IRLAND: Dublin: Irisches Museum für Moderne KunstKontaktadresse:Helen O’DonoghueLeiterin der Abteilung ErziehungRoyal HospitalEire – Dublin 8Tel: 00353 -1-6129900Fax: 00353-1-6129999

Projekt: GrundschulprogrammZielgruppe: GrundschullehrerKurzbeschreibung: Ausgehend vom Hintergrund der Intention des Mu-seums, Zugang und Engagement für alle Bevölkerungsgruppen zu ermög-lichen, wurde als ein Schlüsselkriterium die künstlerische Erziehung derKinder in Irland apostrophiert; Unterstützung der curricularen Schulplä-ne der Grundschulen durch ständige Museumsangebote für Grundschul-lehrer (eine Intensivwoche in den Sommermonaten (50 Lehrer), 3 Tagewährend der Schulzeit (60 bis 80 Lehrer), intervallweise Diskussionsgrup-pen, jährliche Schulbesuche und Workshops

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Zielsetzung: Unterstützung der Grundschullehrer für ihre Arbeit mit denKindern; Einführung von Künstlerbesuchen und Ausstellungen speziell imHinblick auf die Kinder; Dialogförderung zwischen Kunst, Erziehung undder Entwicklung der Kreativität der Kinder; Schaffung sinnvoller Arbeits-modelle zwischen Schulen und Museen; Entwicklung von Modellen gu-ter Praxis, die übertragen werden können auf weiterführende Schulpro-grammeMethodik: Direkte Zusammenarbeit zwischen den Pädagogen des Muse-ums und den Schulen, um zu verdeutlichen, warum Kunstwerke entste-hen, und die Eigenarbeit der Kinder anregen – auch zum besseren Ver-ständnis des Entwicklungsprozesses von Kindern; Entwicklung von ge-eigneten Sequenzprogrammen für Kinder von 3 bis 12 Jahren; Entwick-lung von theoretischen Ideen im Bezug zur künstlerischen Erziehung;Dokumentierung, Evaluierung und Verbreitung der Ergebnisse in Formvon Ausstellungen und PublikationenInnovation: Das Irische Museum für Moderne Kunst ist der Auffassung,daß das Kunstwerk ein Katalysator ist, der Meinungen und Wertungen öff-net insbesondere durch die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer bil-dender Kunst; der Prozeß spielt dabei dieselbe Rolle wie das Produkt;durch Erfahrungsaustausch und Kommunikation wird ein gegenseitigerProzeß in Bewegung gesetzt, in dem neue Modelle der Arbeitspraxis mitKindern entwickelt werden; diese Methode des Vorgehens ist neu in IrlandPartnerschaft: Zusammenarbeit mit verschiedenen Schulen und der Ab-teilung für BildungEvaluation: Ständiger Erfahrungsaustausch mit Lehrern als wichtige Vor-aussetzung für die qualifizierte und angemessene Arbeit analog denSchul-Curricula; Zusammenfassung der Schlüsselentwicklungen in derPublikation: „Das Kind, der Künstler und das Museum“, die über die Kon-taktadresse erhältlich ist

IRLAND: Limerick: JagdmuseumKontaktadresse:Sarah EganBildungsbeauftragteThe Custom HouseRutland StreetEire – LimerickTel: 00353-61 312 833Fax: 00353-61 312 834

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Projekt: Dozentenprogramm „Ausbildung der Ausbilder“Zielgruppe: Ehrenamtliche im MuseumKurzbeschreibung: Seit 1993 zentrales Bildungsprogramm im Museum,beeinflußt von ähnlichen Dozentenprogrammen in den USA. Der Direk-tor hoffte, daß zwischen dem Museum und der Öffentlichkeit kreativeInteraktionen in Gestalt der Teilnehmer möglich sein würden. Ausbil-dungsprogramm für freiwillige Museumsführer, Aushilfen in der Bildungs-abteilung und für diejenigen, die Ausstellungsstücke näher untersuchenwollenZielsetzung:• Bewohner der Gegend in die Sammlung mit einzubeziehen, um auf

diese Weise ein Gefühl des Besitzes am Museum und des Stolzes aufihr irisches visuelles Erbe herzustellen

• Energien im Museum auf der Grundlage örtlicher Mitwirkung zu erzeu-gen, um so das Museum zu einem Zentrum des örtlichen Lebens undzu einem angenehmen Ort zu machen, den man gerne besucht

• Personen bereitzustellen, die die Sammlung für die Besucher erklärenkönnen

• Intensive Beschäftigung mit der Sammlung und neue Untersuchungenzu den Objekten zu ermöglichen

Methodik: Wöchentliche Vorträge von September bis Mai zur bildendenund dekorativen Kunst, Archäologie und Sozialgeschichte. Gelenkte For-schungsarbeit mit Zugang zu der Hunt-Familienbibliothek. MonatlicheDozententreffen für ein Feedback. Die Dozenten arbeiten vier Stundenpro Woche mit Interessentengruppen und Individualbesuchern, und ei-nige übernehmen zusätzlich individuelle Projekte (z.B. Arbeiten von Re-pliken von Juwelen der Bronzezeit, die Einrichtung einer Homepage imWorld Wide Web und die Katalogisierung von Kirchensilber in einer nah-gelegenen Kathedrale)Innovation: Ausbildung der Dozenten im Hinblick auf normale Besucher-betreuung sowie auf spezifische Bereiche, z.B. Kooperation mit Beauf-tragten aus Bereichen wie Forschung, Gesundheit, Sicherheit und Aus-bildung. Die Dozenten sind organisiert in einer Vereinsstruktur und ver-anlassen Fahrten zu anderen Institutionen, Schulen etc. zur Gewinnungneuer Interessenten für einen MuseumsbesuchPartnerschaft: Kooperation v.a. mit Institutionen im Bereich Forschung/Fürsorge/AusbildungEvaluation: Während der Fortbildung spezialisieren sich die Dozenten aufeinen Interessensbereich und kommen zu Forschungsergebnissen, die im

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Museum veröffentlicht werden. Sie erhalten Selbstvertrauen als Vermitt-ler von Wissen entweder als Führer oder als Dozent. Die Dozenten ge-winnen an Selbstvertrauen, erhalten ein Gefühl für gute Zusammenarbeitund finden ein aufregendes Interessensgebiet. Manche absolvieren imAnschluß daran ein künstlerisches Studium

ITALIEN: Prato: Archäologisches Museum Artimino

Kontaktadresse:Paola RosatiStadträtin für KulturangelegenheitenVilla Medicea „La Ferdinanda“ArtiminoI – 50042 Carmignano/PratoTel: 0039 55 871 22 25Fax: 0039 55 871 20 08

Projekt: Archäologische Spaziergänge und naturkundlicheWege durch das FreilichtmuseumZielgruppe: Familien, ErwachseneKurzbeschreibung: Entwicklung des Programms der archäologischen Spa-ziergänge inklusive naturkundlicher Wege: Die Wege sind sowohl alsthematisch angelegte Strecken wie auch themenübergreifend gedacht.Einerseits berücksichtigen sie die unterschiedlichen und ähnlichen Aspek-te, die man in Artimino und in anderen etruskischen Gebieten der Toska-na vorfindet. Andererseits führen sie entlang einer bestimmten Strecke mitdem Ziel, einige etruskische Gräber in dieser Gegend zu besuchen.Gleichzeitig erhält man, da der Weg durch einen Wald führt, botanischeInformationen oder Informationen über Malereien, die man in nahelie-genden Kirchen findet. Je nach gewählter Strecke kombinieren die Wegeverschiedene Wissensgebiete: Kunstgeschichte, Architektur, Botanik,Ökologie, Geschichte der Etrusker usw. Ein besonderer Weg verbindet dasEtruskische Museum, das heißt, die ferne Vergangenheit, mit dem Muse-umspark Quinto Martini (Seano) und moderner Kunst, das heißt mit derGegenwart. Ähnliche Strecken wurden in verschiedenen anderen etrus-kischen Gegenden der Toskana sorgfältig ausgesucht. Die Teilnehmer sindeingeladen, innerhalb des offiziell eingerichteten Pfades ihren eigenen„Pfad“ herauszufinden und zu entwickeln

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Zielsetzung: Der Besucher als aktiver Teilnehmer mit der Möglichkeit derKontakterstellung zwischen verschiedenen Wissensbereichen, zwischender Vergangenheit und der Gegenwart, zwischen Persönlichem und Un-persönlichem. Das historische Wissen soll lebendig bleibenMethodik: Mit Hilfe von Faltblättern erhält man alle Informationen, diefür den Spaziergang benötigt werden. Die Gruppen werden von drei Füh-rern geleitet (Freiwillige und externe Hilfskräfte). Man wandert auf einemgekennzeichneten Weg zu den etruskischen Gräbern und erhält Informa-tionen über den Wald, den Fluß, die Kirche usw.In einer ersten Phase photographieren die Teilnehmer, machen Aufzeich-nungen, Skizzen usw. für ihre eigene Dokumentation des Besuches. In derzweiten Phase, die eng auf die etruskischen Aspekte abgestimmt ist, gehensie in das Museum hinein und vergleichen ihre eigene Dokumentation mitden Originalobjekten und der dokumentierten Wirklichkeit der etruski-schen Gesellschaft. Innerhalb dieses „offiziellen Weges“ schaffen sie aucheinen „subjektiven Weg“, indem sie ein selbst ausgewähltes Objekt pho-tographieren, sich Aufzeichnungen zu einem ausgewählten Aspekt ma-chen usw. Dann erklären sie auch in dieser zweiten Phase ihren eigenen„Weg im Weg“: warum sie dieses besondere Objekt ausgewählt haben,wie man dieses Objekt mit dem nächsten, das sie gewählt haben, verbin-den kann, welche Art von thematischem Pfad sie schaffen möchten usw.In einer dritten Phase findet eine Auswahl ihrer eigenen Materialien statt,um Ausstellungen innerhalb des Museums zu organisierenInnovation:• Themenübergreifendes Arbeiten: mit verschiedenen Bereichen umge-

hen• Wissen und den persönlichen Kulturbegriff erweitern: Kombination

verschiedener Disziplinen• Subjektivität: sich seinen eigenen „Weg“ schaffen und darüber spre-

chen.Die Anzahl der Museumsbesucher stieg um 30%; vermehrte Anfragenbezüglich Seminaren und Kursen in Archäologie, Kunstgeschichte sowiezu Kursen in anderen Bereichen wie Ökologie, Botanik, Photographie,KeramikPartnerschaft: Zusammenarbeit der Stadt Carmignano (Stadtrat für Kul-turangelegenheiten) mit dem Museumsdirektor und freien Mitarbeitern imKulturbereich, der Stadtbücherei und einer Gruppe von Freiwilligen („Ar-chäologische Gruppe von Carmignano“)

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Evaluation: In Weiterentwicklung dieser themenübergreifenden kulturel-len Perspektive Vorbereitung eines fachbezogenen Ausbildungskurses zurGewinnung neuer professioneller Führer mit Unterstützung der ProvinzPrato. Dies beinhaltet auch eine Möglichkeit, neue Stellen zu schaffen.Der Wunsch nach Erfahrungsaustausch führte zur Schaffung eines loka-len Netzwerks

ITALIEN: Prato: Stadtmuseum

Kontaktadresse.Alessandro PasquiniDirektorPiazza del ComuneI – 50047 PratoTel: 0039 574 61 62 28Fax: 0039 574 36 52 9

Projekt: Prato – eine TextilstadtZielgruppen: Textilunternehmen, (junge) ErwachseneKurzbeschreibung: Prato gilt als einer der wichtigsten Orte textilverarbei-tender Industrie. Deren Wurzeln liegen im Mittelalter, und seit dieser Zeitkann Prato diesen Wirtschaftssektor erhalten und weiterentwickeln alsGrundlage des heutigen Stadtlebens. Dieses Projekt möchte das gesamtehistorische Erbe der Stadt verlebendigen mittels der Umgestaltung schonexistierender Museen. Ziel ist ein „Geschichtspfad“ für die Besucher undBewohner. Das Projekt versteht sich auch als eine Unterstützung für diemehr als 5.000 Textilunternehmen zur Wissenserweiterung und zum An-reiz für Textilherstellung und Mode.Auf dem Gelände der historischen Textilfabrik Campolmi entsteht diesesneue „Textilmuseumssystem“, in dem alle Entwicklungsstadien der Tex-tilindustrie von den Anfängen bis heute dargestellt werden sollenZielsetzung: Die Benutzung der Museen, die sich im historischen Stadt-zentrum befinden, zum Eintauchen in die Geschichte und Kultur derStadt, zur Bewußtmachung der historischen WurzelnMethodik: Das „Textilmuseumssystem“ als didaktisches Instrument fürBesucher: Einsatz von gegenständlichen Quellen, unterstützt durch Mul-timediaeinsatz, einen thematischen Leitweg, kurze Trainingskurse, Bro-schüren etc.

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Innovation: Die Schaffung eines Systems von Museen für einen „Textil“-und StadtrundgangPartnerschaft: Zusammenarbeit mit den Stadtbehörden von PratoEvaluation: Durch gestiegene Besucherzahl wirtschaftlicher und kulturel-ler Erfolg für die Stadt; Unterstützung für die Textilindustrie und For-schungsarbeit für Mode und Stoffe.Entwicklung von Programmen zur Förderung des Wissens über das Muse-um und des vertrauten Umgangs damit, insbesondere für junge Erwachse-ne

ITALIEN: Turin: Museum für ägyptische Altertümer

Kontaktadresse:Elvira D’AmiconeLeiterin der museumspädagogischen AbteilungVia Accademia dell Scienze, 6I – 10123 TurinTel: 0039 11 561 77 76 / 561 78 77Fax: 0039 11 562 31 57http://www.multix.it/museoegizio_to/

Projekt: Ägyptisches Museum zum AnfassenZielgruppe: Behinderte (vorrangig Blinde und Sehbehinderte)Kurzbeschreibung: Das Ägyptische Museum zum Anfassen ist ein didak-tisches Programm von geführten Museumsbesuchen und Erkundungendes Museums durch Tasten für blinde und sehbehinderte Menschen. Da-bei werden die Teilnehmer normalerweise nicht von einem Führer beglei-tet, sondern folgen den Anweisungen eines „Manuals“, einer Kassette, mitderen Hilfe die Ägyptischen Statuen entlang des angelegten „Tastweges“durch die zwei Haupträume erkundet werden könnenZielsetzung: Kunstverständnis bei der Zielgruppe wecken und sie in dieGesellschaft integrierenMethodik: Rundgang durch das Museum per Audioführung mit besonde-ren Tasthinweisen für blinde und extrem kurzsichtige Menschen. Zusätz-lich: „Manual“: „Bilder berühren: Ägyptische Statuen“ zu Reliefbildernund Statuen entlang des TastwegesInnovation: Selbständiges Lernprogramm für BehindertePartnerschaft: Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Turin (Amt fürSozialhilfe, Kulturamt, Schulamt; Denkmalschutzamt), Blindenbund Tu-

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rin, regionales Dokumentationszentrum für Blinde, Augenklinik der Uni-versität TurinEvaluation: Berichterstattungen an die beteiligten Partner

NIEDERLANDE: Haarlem: Frans-Hals-Museum

Kontaktadresse:Derk ShoepDirektorGroot Heiligland 62NL – 2011 Haarlem ESTel: 0031 23 516 42 50Fax: 0031 23 531 12 00

Projekt: „Blumen“: Frans-Hals-SpaziergängeZielgruppen: Ethnische Minderheiten; Touristen; örtliche EinwohnerKurzbeschreibung: Das Frans-Hals-Museum ist ein von der Stadt getrage-nes Museum und hat etwa 150.000 Besucher im Jahr, wovon ein Drittelaus dem Ausland kommt. Es wurden thematische Spaziergänge für Ein-wanderer entwickelt gemäß den Anforderungen eines Beirats, der aus Re-präsentanten von Erwachsenenbildungszentren und Einwanderergemein-den besteht. Unter Verwendung der Objekte der ständigen Ausstellungbietet das Museum thematische Spaziergänge an. Die Beschreibung befin-det sich auf der Eintrittskarte, die als die „informativste Museumseintritts-karte der Welt“ gilt. „Blumen“ wird jedes Frühjahr neu zusammengestelltZielsetzung: Verstärkte Weckung des Interesses, belohnt durch steigen-den TeilnehmerzulaufMethodik: Bilder und Beschreibungen ausgesuchter Objekte werden je-dem Besucher ausgehändigt als ein integraler Bestandteil der Eintrittskar-te. 50 Spaziergänge mit verschiedenen Themenbereichen wurden bisherangeboten (Kinder, Spiele, Perspektiven, berühmte Frauen etc.). „Blumen“war ein Projekt über Tulpen, das sich auf Haarlem als die Stadt der Blu-men bezog und zudem auf die Tatsache, daß Tulpen, die aus der Türkeistammen, ursprünglich als etwas sehr Wertvolles galten (nach 1635 brachin Holland eine regelrechte Tulpenmanie aus; Reiche und Arme fingenan zu spekulieren, verloren aber ein Vermögen, als der Tulpenhandel1637 zusammenbrach). Das Museum hat kleine Broschüren auf Nieder-ländisch, Englisch, Türkisch und Deutsch hergestellt. Türkische Führererzählten die Geschichte der Tulpen auf Niederländisch

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Innovation: Weiterreichende Ausstellungen (eingebettet in diverse Kon-texte zum Thema): Das Kunstmuseum wählt Objekte aus der Sammlung,die mit der Heimat der Einwanderer zusammenhängen, und schafft eineBrücke zwischen deren Hintergrund und der niederländischen Gesell-schaftPartnerschaft: Einbeziehung des Beirats (bestehend aus dem Taylor Col-lege für höhere Bildung, dem Bildungszentrum für weniger Gebildete undder Einwanderungsabteilung der Stadt) für thematische Vorschläge. Finan-zielle Unterstützung durch die Mondrian-StiftungEvaluation: Die Ausstellungen wechseln nach zwei Monaten. Einwande-rergruppen werden ermuntert, ein Thema für einen Museumsbesuch zuwählen. Die Bildungsabteilung kann schnell auf die wechselnden Bedürf-nisse reagieren durch Untersuchungen zur Zufriedenheit und zu denWünschen der Besucher. Videos, Bücher, Materialienzusammenstellung,Unterrichtsmaterial (z.T. auf Englisch)

NIEDERLANDE: Haarlem: Nordholländische Museums-berater

Kontaktadresse:Dominique HamerlijnckRegionale MuseumsberaterinPostbus 5348Nieuwe Gracht 7NL – Haarlem 2000 GHTel: 0031 23 531 91 39Fax: 0031 23 531 52 84

Projekt: Museumsberater in NordhollandZielgruppe: Museumspersonal der RegionKurzbeschreibung: In den Niederlanden besuchen 50% der Bevölkerungeinmal pro Jahr ein Museum. Museumsberater leisten Hilfestellung undbetonen die Zusammenarbeit der Museen (auf der regionalen, überregio-nalen und Provinzebene) in den Bereichen der kulturellen Mitarbeit, derBildung und des Erhalts des kulturellen Erbes. Bei der Frage der finanziellenUnterstützung werden Projekte bevorzugt behandelt, an denen sich mehre-re Museen beteiligen. Museumsberater in Nordholland können von einemMuseum zur Unterstützung und direkten Hilfe herangezogen werden

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Methodik: Die Museumsberater bieten eine Vielzahl von Kursen an, dieeinige Themen für das Museumspersonal abdecken (z.B. Konservierungund Pflege, Präsentation, Bildung, Strategien, Organisation). Die Regional-berater fungieren als erste Kontaktpersonen. Sie leisten zielgerichtete Ar-beit, die auf den Wünschen und Bedürfnissen der verschiedenen Einrich-tungen beruht. Alle Provinzmuseumsberater treffen sich regelmäßig. EinProvinzmuseumsberater, zwei Berater für die Erhaltung der Kunstwerkeund fünf Regionalberater in NordhollandInnovation: Die Verwaltung eines Dienstleistungsnetzes für Provinzmuse-en ist neu im internationalen KontextEvaluation: Das Interesse der Museen, ihre Arbeit zu professionalisieren,wächst seit 10 Jahren. Durch sein Wissen über die Provinz bzw. die Regionkann der Regionalberater den Museen helfen, örtliche Entwicklungen auf-zunehmen und die vorhandenen Möglichkeiten erschöpfend zu nutzen.Informationsbroschüren über die Museumsberater, Berichte über jährli-che Konferenzen und Treffen (auf Englisch)

ÖSTERREICH: Ebensee: Gedenkstätte und Wider-standsmuseumKontaktadresse:Wolfgang QuatemberKuratorKirchengasse 5A – 4802 EbenseeTel: 0043-6133-5601Fax: 0043-6133-5601-4

Projekt: Historisches Regionalmuseum, Archiv, Bibliothek,Konzentrationslager-Gedenkstätte und AusstellungsbereichZielgruppen: Schüler, Studenten, Erwachsene mit speziellem Interesse fürdie Geschichte des Nationalsozialismus und des Widerstands, Holocaust-Überlebende, Angehörige der Opfer, TouristenKurzbeschreibung: Das kürzlich eröffnete Museum begreift sich als loka-les historisches Museum des Zeitbereichs 1918 – 1955. Die Ausstellungin diesem Museum dokumentiert die politische Kultur in Österreich (spe-ziell in der Region Salzkammergut) nach dem Ersten Weltkrieg, Austrofa-schismus, Nationalsozialismus und Widerstand sowie die nachfolgenden10 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg

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Die Organisation ist zudem verantwortlich für die Konzentrationslager-Gedenkstätte Ebensee, ein früheres Außenlager von Mauthausen. In ei-nem von KZ-Häftlingen gebauten Tunnel kann ebenfalls eine Ausstellungbesichtigt werdenZielsetzung: Verbesserung der Kenntnisse über die österreichische Betei-ligung an nationalsozialistischen Verbrechen; Errichtung einer Gedächt-nisstätte aus Gründen der politischen Erziehung und zur DokumentationMethodik: (Ein-)Führungen für verschiedene Zielgruppen; Besichtigungdes Lagers in Begleitung eines früheren polnischen Insassen; Möglichkeitder Arbeit in Archiv und Bibliothek; Beantwortung der vor Ort entstehen-den Fragen; thematisch orientierte Seminarprogramme, Videofilme, Dis-kussionen, Aufführungen und geführte Rundgänge zu historischen Plät-zen in Ebensee; Publikationen, bebilderte Führungsbroschüren, Neuauf-lage von historischen MagazinenInnovation: Neuer Museumstyp in enger Zusammenarbeit von Organi-sationen für historische Forschung und Dokumentation mit Erwachsenen-bildungseinrichtungenPartnerschaft: Unterstützung des Projekts durch das Ministerium für Er-ziehung und Kultur (Abteilung politische Bildung, Erwachsenenbildungund Museum); enge Zusammenarbeit mit anderen Bildungszentren durchgemeinsam organisierte Veranstaltungen; Partnerschaften mit Lehrern ver-schiedenartiger Schulsysteme, lokalen und nationalen Erwachsenen-bildungsinstitutionen ebenso wie mit Kulturinstitutionen und Universitä-tenEvaluation: Mündlicher Erfahrungsaustausch und Besucherbuch geplant

ÖSTERREICH: Wien: Büro für Kulturvermittlung

Kontaktadresse:Walter StachDirektorOtto-Bauer-Gasse 2/15A - 1060 WienTel: 0043-1-53120-4711Fax: 0043-1-53120-4788

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Projekttitel: „Impuls“-VermittlungZielgruppe: Vorrangig ehrenamtlich Tätige im MuseumKurzbeschreibung: 71% der österreichischen Museen sind kleine Lokal-museen in Städten mit weniger als 5.000 Einwohnern mit zumeist ehren-amtlichem Personal und geringem Budget. Auf der anderen Seite existie-ren qualifizierte Vermittler, tätig als freie Auftragnehmer, die flexiblenService anbieten können. Das Büro für Kulturvermittlung bietet Koopera-tionsmodelle für professionelle Vermittlungsarbeit vor Ort an: Vier Ver-mittlungsteams stellen Kontakte zu Regionalmuseen her, um Netzwerkefür Informationsaustausch und Kooperation speziell im Bereich der Ver-mittlung aufzubauen und diese Netzwerke später organisatorisch und fi-nanziell zu konsolidierenZielsetzung: Strategieentwicklung für kleinere Museen, um die professio-nelle Vermittlerarbeit für den Aufbau und die Zusammenarbeit in regio-nalen Netzwerken nutzbar zu machen; Anschubfinanzierung durch dasBüro für Kulturvermittlung für die Entwicklung des Pilotprojekts vor Ort,um den Standard der professionellen Vermittlung in kleineren Regional-museen zu heben und die Kontakte zwischen den beteiligten Museenauszubauen; Eröffnung eines neuen Felds für KulturvermittlerMethodik:1. Analyse der Bedingungen vor Ort; erste Kontakte; Erstellung von Kon-

texten2. Konzepterstellung: Strategien für Koordination und Kooperation zwi-

schen den beteiligten Museen: Qualitätsanalyse und Arbeitsplan für dieTeams

3. Realisation: Vorstellen eines Vermittler- und Netzwerkprogramms zwi-schen den Regionalmuseen

4. Dokumentation und Evaluation, öffentliche Präsentation der ErgebnisseInnovation: Ursprünglich isoliert arbeitende kleine Museen mit geringenRessourcen bilden ein Netzwerk infolge der Herausarbeitung von gemein-samen Notwendigkeiten und Wegen. Die Ressourcen werden kombiniert,und neue Bildungsprogramme werden angeboten; dadurch werden einhöherer Vermittlungsstandard und Synergieeffekte erreichtPartnerschaft: Kooperation zwischen Büro für Kulturvermittlung undTeams freier Anbieter in vier österreichischen Regionen (KOM.M.A, per-spektiva, das lebende museum, Zislaweng)Evaluation: Ergebnispapiere des 1996 gestarteten Projekts; projektbezo-gene Teilzeitarbeit für freie Anbieter; Strategienfindung für professionelleVermittlungsarbeit der Museen

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PORTUGAL: Lissabon: Nationalmuseum Alter Kunst

Kontaktadresse:José Luis PorfirioDirektorRua das Janelas VerdesP – 1293 LissabonTel: 00351 1 396 41 51Fax: 00351 1 397 37 03

Projekt: Das Museum gehört uns allenZielgruppen: Spezielle Berufsgruppen: Prostituierte/Taxifahrer (zwei ver-schiedene Programme)Kurzbeschreibung:1) Prostituiertenprojekt: Kleine Besuchergruppen mit zunächst provoka-tiver Haltung. Das Interesse steigt mit der Dauer des Besuchs; zudem wirddie Atmosphäre immer freundlicher. Anschließendes Zusammensetzenund Angebot des Wiederkommens, das angenommen wird2) Taxifahrerprojekt: Kompakte Stadt- und Museumsführungen mit Kurz-informationen, die auf Nachfrage an die Touristen weitergegeben werdenkönnenZielsetzung: Beide Zielgruppen mit dem Museum und mit den Wurzelnund der Geschichte Portugals vertraut zu machen; Gefühl der Integrationv.a. der Prostituierten in die GesellschaftMethodik: Führung durch das Museum bzw. die Stadt durch ein Mitgliedder BildungsserviceabteilungInnovation: Spezielles Angebot für besondere Zielgruppen; Museum alsHilfsmittel für die Integration insbesondere der Prostituierten in die Ge-sellschaftPartnerschaft: Portugiesisches Institut zum Schutz von Prostituierten; achtwichtigste Taxiunternehmer

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PORTUGAL: Queluz: Nationalpalast

Kontaktadresse:Ana FloresLeiterin des BildungsserviceLargo de PalacioP – 2745 QueluzTel: 00351 1 436 38 61/435 00 39Fax: 00351 1 435 25 75

Projekt: Der Palast und das Dorf: Ein Tag am Hof, ein Tag amMarkt – 1786Zielgruppe: Ältere MitbürgerKurzbeschreibung: Der Palacio National de Queluz war die Sommerre-sidenz der königlichen Familie im 18. Jahrhundert und ist seit 1940 fürdie Öffentlichkeit als Museum zugänglich. Die Aktivitäten werden überneun Monate hinweg (September bis Juni) entwickelt bis einer Auffüh-rung, in der ältere Menschen das Leben des 18. Jahrhunderts nachemp-finden, indem sie sich entsprechend kleiden, tanzen und kochenZielsetzung: Integration älterer Mitbürger in die Gemeinde; Nacherlebendes Hofes und der „gewöhnlichen“ Menschen des 18. Jahrhunderts; Vor-bereitungen für diese „Reise in die Vergangenheit“ im Vergleich mit gegen-wärtigen Themen (z.B. Vorsorge, Hygiene, Ernährung, Gesundheit); Ver-besserung der Beziehungen zwischen den älteren Mitbürgern und anderenTeilen der Gemeinde durch die Erkenntnis des Wertes ihrer FähigkeitenMethodik: Führungen durch das Museum und die nähere Umgebung;Werkstätten für die Übung von Rollenspielen, Kulissenerstellung etc.Partnerschaft: Kooperation der Bildungsabteilung des Queluz-Palastesmit der Sintra-Gesundheitsverwaltung sowie anderen Bildungsabteilun-genEvaluation: Aktivitäten dieser Art mit älteren Mitbürgern seit 1989; Betei-ligung jährlich steigend; Gemeinde zeigte großes Interesse bei der Zusam-menarbeit mit der älteren Bevölkerung

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SCHWEDEN: Stockholm: Europäische Kulturhaupt-stadt 1998

Kontaktadresse:Helena FrimanProjektleiterin „Kulturhauptstadt“Box 16398S – 10327 StockholmTel: 0046- 705 10 27 53

Projekt: Fortbildung in Stockholm anläßlich des Jahres zur„Europäischen Kulturhauptstadt“Zielgruppen: Kontaktpartner zu Touristen (Polizei, Verkehrspolizisten,Busfahrer, Taxifahrer und Bibliotheksangestellte) sowie Fremdenverkehrs-ämterKurzbeschreibung: Verschiedene Ausbildungsprogramme wurden aufunterschiedliche Zielgruppen unter Berücksichtigung der individuellenWünsche zugeschnitten. Die Ausbildung fand in enger Zusammenarbeitmit diversen Museen in Stockholm statt. Die Stadt selbst wurde als zu-sätzliches „Museum“ betrachtetZielsetzung: Vermittlung von Kenntnissen zu Geschichte und KulturStockholms mit dem Ziel, besser auf den Kontakt mit Touristen und an-deren Besuchern vorbereitet zu seinMethodik: Nutzung der Museen für den theoretischen Teil des Aus-bildungsprogramms und als Ausgangspunkt für Führungen durch dieverschiedenen Stadtteile. Schwerpunktthemen: Kulturgeschichte, sozia-les Umfeld, Straßennamen, Gebäude von kulturhistorischem Interesse etc.Partnerschaft: Das Projekt war Teil der Aktivitäten der „Kulturhauptstadt“.Die Projektleiterin arbeitete eng mit verschiedenen Museen in Stockholmsowie Arbeitgebern der einzelnen Zielgruppen zusammen

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SPANIEN: Barcelona: Historisches Museum der Stadt

Kontaktadresse:Lina UberoLeiterin der BildungsabteilungPl del Rei s/nSP – 08002 BarcelonaKatalonienTel: 0034-93-3151111Fax: 0034-93-3150957

Projekt: Die historische KücheZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: 1994 und 1995 veranstaltete das Museum Ausstellun-gen zum Thema „Kochen im Mittelalter“ und „Die römische Stadt“, er-gänzt durch Bildungsmaßnahmen für Erwachsene in Form von Workshopsmit dem Thema „Historisches Kochen“. Besuch der Ausstellung unter Be-gleitung eines Führers mit allgemeiner Übersicht über das Kochen im Mit-telalter: Produkte, Märkte in der Stadt, Koch- und Tischutensilien, Essenunter gesellschaftlichem Aspekt usw. Nach dem Besuch gemeinsamesZubereiten verschiedener Menüs, mit denen die Gäste bewirtet werdenZielsetzung: Die Geschichte der Stadt im Mittelalter mit Hilfe von Aspek-ten aus dem Alltagsleben zu beleben und für Laien verständlich zu ma-chen; das Wissen der Öffentlichkeit über unser Museum als Ort der ge-meinsamen Erinnerung zu vergrößern; den Zufriedenheitsgrad der Besu-cher zu erhöhen durch das Eindringen in die Vergangenheit „mit Leib undSeele“Methodik:1. Theoretischer Teil: Kurze Einführung in Rezeptbücher im Mittelalter;

die wichtigsten Merkmale der Küche im Mittelalter – Aromen, Farbenund Düfte; Produkte und Vorlieben; unterschiedliche Küche in unter-schiedlichen sozialen Schichten; Kochen und Konservierungs-Metho-den. Einordnung der Küche in geschichtlichen Zusammenhang

2. Praktischer Teil: Die Teilnehmer bereiten drei mittelalterliche Gerichtezu

Innovation: Ansprechen eines neuen Publikums, das noch nie ein Muse-um besucht hatte, durch die neue Kombination „Kunst und Küche“Partnerschaft: Kooperation mit der „Berufsschule für Frauen“ und einerRestaurantkette in der Stadt (Anliefern der Kochutensilien, technischeBeratung) sowie mit der Stadtverwaltung

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Evaluation: Alle Teilnehmer sind seitdem Mitglieder der „Freunde desMuseums“. Nach dem Workshop schickte das Museum in Zusammenar-beit mit der „Cultural Review“ den Teilnehmern einen Fragebogen zu denKonzepten und Themen der Ausstellung und zu Kochen im Mittelalter,was auf große Resonanz stieß. Dadurch Gewinnen einer neuen Besucher-gruppe im Alter von 25 bis 45 Jahren

SPANIEN: Barcelona: Katalonisches Nationalmuseum

Kontaktadresse:Teresa GonzálezLeiterin der BildungsabteilungPalaou NacionalParc de MontjuïcSP – 08038 BarcelonaKatalonienTel: 0034 3 423 71 99Fax: 0034 3 325 57 73

Projekt: Wandmalerei im MuseumZielgruppe: UniversitätsstudentenKurzbeschreibung: Die Sammlungen des Kunstmuseums repräsentiereneinen umfangreichen Teil des kulturellen Erbes Kataloniens; ein Schwer-punkt liegt auf der romanischen und gotischen Epoche. Wandmalerei alsgrundlegende Form der Malerei mit einer langen Tradition steht in engemBezug zur Architektur und verfolgt eine soziale Stoßrichtung. Die Wandist Teil eines Ortes und erlaubt dem Künstler, eine enge Bindung mit derdort lebenden Bevölkerung einzugehen und die soziale Funktion vonMalerei wiederzuentdecken.Seit 1997 finden für Interessenten Workshops mit Hilfe eines Malers statt,der die Technik der Wandmalerei beherrscht. Die Teilnahme des Künst-lers stellt eine Parallele zwischen den Inhalten der romanischen Wand-malerei des Museums und den Möglichkeiten moderner SchaffenskunstherZielsetzung:• Theoretischer und praktischer Zugang zu Wandmalerei durch offenen

und direkten Dialog mit dem Künstler• Lebendige Erfahrung mit kreativer Arbeit vom anfänglichen Plan bis zur

abschließenden Herstellung

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• Man wird dazu motiviert, die Inhalte, die das Museum bietet, zu inter-pretieren und einen Zugang dazu zu finden, indem man die Sprachedes Malers verwendet

Methodik: Der „Workshop“ wurde in drei thematischen Sitzungen (The-men: Raum, Kreation und Material) und einem Besuch verschiedener Ortemit Wandmalerei durchgeführt.Bei der ersten Sitzung wurde das Thema „Der Raum“ behandelt. Prakti-sche Arbeit stand dabei im Vordergrund, eine Zeichnung für eine Wand-bild wurde erstelltInnovation: Durch Eigentätigkeit Zugang zur im Museum präsentiertenKunst; Förderung des Verständnisses für Malerei in Vergangenheit undGegenwart

SPANIEN: Barcelona: Museum für zeitgenössischeKunstKontaktadresse:Eulàlia BoschLeiterin der BildungsabteilungPlaça dels Àngels, 1SP – 08001 BarcelonaKatalonienTel: 0034 3 412 08 10Fax: 0034 3 412 46 02

Projekt: LichtsichtenZielgruppe: Allgemeine ÖffentlichkeitKurzbeschreibung: Multimediaschau, bestehend aus Farbfeldern (Far-benspektrum des Lichts) und Grenzüberschreitungen (Licht und Formerlangen Bedeutung); Licht zu sehen ist ein sensibles Spiel aus dem Kon-trast zwischen Weiß und Schwarz, Licht und Dunkel, Wissen und Igno-ranz. Die Lichtshow ist eine Einladung, Licht zu erfahren und die Her-stellung von Bildern zu entdecken (finanziert durch EU-Kaleidoskop-Pro-gramm)Zielsetzung: Erwerb, Erhalt, Ausstellung und Verbreitung von Werkenzeitgenössischer KunstInnovation: Das Museum sucht eine offene Debatte mit einem größerenPublikum über das Konzept des zeitgenössischen künstlerischen Schaf-

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fens als eine Grundlage für Ausstellungen, Forschungen und Bildungspro-gramme im MuseumPartnerschaft: Wanderausstellung: Balearen, Italien, Großbritannien mitjeweils unterschiedlichen Programmen vor Ort

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IV.RESULTATE UND PERSPEKTIVEN

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Brian Martin

Erkenntnisse und Empfehlungen

Zusammenfassende Gedanken

Die Fallstudien des vorangegangenen Kapitels stellen einen Überblicküber ein ganzes Spektrum von Projekten dar, innerhalb derer in vielenverschiedenen europäischen Ländern Erwachsenenbildung in Museenangeboten wurde. Kulturelle Identität und die besondere Politik undStruktur, nach welcher Museen gefördert werden einerseits und Konzep-te der Erwachsenenbildung andererseits prägen diese Projekte. Darausergab sich eine große Vielfalt, die sich nicht nur in der Art der Projekte,sondern auch in ihrer Methodik manifestierte. In einigen Ländern wer-den die Projekte von der multikulturellen Idee und der Freude über kul-turelle Vielfalt genauso getragen wie von der Arbeit mit unterschiedlich-sten Zielgruppen. Entscheidend dabei ist jedoch, daß diese Projekte, jenach sozio-ökonomischen und politischen Gegebenheiten der verschie-denen Länder und ihrer unterschiedlichen Bildungs- und Museumspoli-tik, auf entsprechende Weise umgesetzt wurden.Deshalb sind die Fallstudien exemplarisch für die aktuelle Praxis. Wiebereits betont wurde, soll deshalb die Auswahl der Fälle nicht ein voll-ständiges Bild der Erwachsenenbildung in der Museumspädagogik allerStaaten der Europäischen Gemeinschaft bieten; sie soll vielmehr Eigenartund Vielfalt der aktuellen Arbeit veranschaulichen. Die einzelnen Fall-studien spiegeln nicht notwendigerweise die staatliche Politik für Muse-ums- oder Erwachsenenbildung in den jeweiligen Ländern. Dennoch bie-ten sie auf unterschiedlichste Weise Einblicke in bestimmte Aspekte derPolitik und Praxis für Überschneidung von Erwachsenenbildung undMuseumsarbeit und können deshalb wegweisend für eine Weiterentwick-lung in diesem Bereich sein. Deshalb ist es sinnvoll, einige Schlüsselthe-men der Fallstudien zusammenfassend zu beleuchten, damit die Erkennt-nisse und Empfehlungen des Berichts in einen Bezugsrahmen eingebettetsind.

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Erkenntnisse aus den Fallstudien

Wurzeln und Verzweigungen

Die Projekte der Fallstudien hatten unterschiedliche Voraussetzungen.Manche waren auf die Initiative einer einzelnen Person zurückzuführen,deren Ziel es war, neue Möglichkeiten der Erwachsenenbildung im Rah-men der Museumsarbeit einzuführen. In anderen Fällen wurden die Pro-jekte als Kooperationen begonnen, beispielsweise als Pilotprojekte zwi-schen kommunalen Einrichtungen der Erwachsenenbildung und entspre-chenden lokalen, regionalen oder staatlichen Museen. Manche Projektewaren unabhängigen freien Gruppen zu verdanken, die ihre Programmefür Erwachsenenbildung den Museen zur Verfügung stellten. Manche Pro-jekte bestanden schon seit Jahren, viele andere wurden erst vor kurzerZeit ins Leben gerufen.Die Projekte der Fallstudien stützten sich auf ein breites Spektrum vonThemen und Studienfeldern: Archäologie, lokale historische Sammlungen,ethnographische Sammlungen, Wissenschaft und Technik und innovativebildende Kunst der Gegenwart, um nur einiges zu nennen. Die Vielfalt derZielgruppen, welche in den Fallstudien erfaßt wurden, zeigte sich sowohlin alten als auch in aktuellen Konzepten über die Zielsetzung der Erwach-senenbildung im Museumskontext – wobei die Öffentlichkeit zunehmendals eine höchst differenzierte Ansammlung von Individuen und Gruppenbetrachtet wurde und nicht als einheitliche, homogene Masse.So waren zum Beispiel Familien eine wichtige Zielgruppe vieler Projek-te, ganz besonders wenn es sich um Workshop-Situationen handelt. Da-bei profitierten Erwachsene manchmal von der Methodik, die sonst vor-zugsweise für Kinder angewandt wird. Senioren, die über mehr Muße-zeit und vielfältige Lebenserfahrung verfügen und dies in ihren Lernpro-zeß mit einbringen, gewannen als Zielgruppe immer mehr an Bedeutung.Dies galt auch für junge Erwachsene, die für viele Museen ein „neuesPublikum“ sind. In zunehmendem Maße wurden auch Projekte auf diebesonderen Bedürfnisse unterprivilegierter Gruppen in Kommunen aus-gerichtet, wie z. B. psychisch Kranke, körperlich Behinderte, Langzeitar-beitslose und Angehörige ethnischer Minderheiten.Das Spektrum der Fallstudien ist so groß, daß die verschiedenen Zielset-zungen und Philosophien nicht auf einen Nenner gebracht werden kön-nen, nicht alle in dieselbe Schublade passen. Dennoch haben sich zweiHauptthemen herauskristallisiert:

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Das eine ist das Anliegen, Museen auf eine ganzheitliche Weise ins Blick-feld der Öffentlichkeit zu bringen, um zu vermitteln, was ein Museum istund was es im Sinne einer unterhaltsamen Lernerfahrung bieten kann.Dies muß als ein Teil der Grundannahme betrachtet werden, daß die Weltder Museen im Leben der Gegenwart eine Rolle spielt, die durch größereAktivität gekennzeichnet ist. Dadurch unterscheidet sie sich von der tra-ditionellen Ansicht, daß Museen so etwas wie „geheiligte Kaufhäuser“sind.Das zweite ist, daß Museumssammlungen, wenn sie phantasievoll im Sin-ne der Erwachsenenbildung genützt werden, die kreativen Fähigkeiten derBesucher und Teilnehmer so anregen können, daß sie viel mehr als nurInformationsquellen sind. Museen werden dadurch eine Stätte sinnlichenLernens, in welchen Ideen für künstlerische und intellektuelle Kreativi-tät, Begegnung und Kommunikation entdeckt werden können.Im Sinne der Erwachsenenbildung ist die Zielsetzung oft die, eine Muse-umssammlung so zu nützen, daß das Spektrum von Lernerfahrungen und-prozessen für lernende Erwachsene damit erweitert wird. Die Objekteund Sammlungen der Museen, Museen als Weg und Ort, werden in derErwachsenenbildung als Zugang zu Möglichkeiten betrachtet, die für dasPublikum sonst nicht verfügbar sind. Viele Fallstudien haben außerdemgezeigt, daß die Erwachsenenbildung eine Alternative für eine andere Artder Beziehung zwischen Öffentlichkeit und den Gegenständen einerMuseumsausstellung bietet. Die Methodik der Erwachsenenbildung kannMuseen „transformieren“, weil sie Museen die Möglichkeit bietet, ihrPublikum nicht nur zu entwickeln, sondern die Art der Beziehung zwi-schen Betrachter und Objekt, also zwischen Museum und Öffentlichkeit,im Kern zu verändern. Dies bedeutet, daß neue Möglichkeiten und Wegeentdeckt, (wieder-)entdeckt werden, mit denen Museen Objekte und ihreFunktion im Dienst der Öffentlichkeit darstellen und interpretieren kön-nen.

Methoden und Ansätze

In den meisten Fallstudien wurde deutlich, daß das System der stereoty-pen Führungen, bei welchen üblicherweise ein Führer einem passivenPublikum „Wissen überreicht“, hinter sich gelassen wird. Da, wo Führun-gen als Mittel der Erwachsenenbildung erfolgreich eingesetzt werden,wurde das Schwergewicht auf eine aktive Beteiligung der Besucher ge-

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legt: Es wurden solche Themen ausgewählt, die Fragen aufwarfen, Dis-kussionen in Gang setzten und bei welchen die Teilnehmer ihre Lebens-erfahrung einbringen konnten.Viele Projekte machten sich die informelle Lernumgebung eines Work-shops zunutze. Die Teilnehmer konnten Objekte in die Hand nehmen undin ihnen ihre eigenen Assoziationen entdecken, deren persönliche Bedeu-tung erforschen, und sie konnten mit Kunstformen wie Tanz und Schau-spiel experimentieren, um ihre eigenen Reaktionen auf die Objekte zuerleben. Gemeinsame Workshops für Erwachsene und Kínder wurden oftgerade von den Erwachsenen geschätzt, weil sie durch den Einsatz vonLernmethoden, die normalerweise den Kindern vorbehalten werden,weniger gehemmt und schüchtern sein konnten.In vielen Projekten wurde mit kleinen Gruppen gearbeitet, die aus ca.fünfzehn Teilnehmern bestanden, so daß alle aktiv in Interaktion mitein-ander traten. Manche Projekte boten die Möglichkeit praktischer Anwen-dung, wobei Fertigkeiten wie z.B. Konservieren und Restaurieren erwor-ben werden konnten. Im Gegensatz dazu wurde in der Arbeit mit Lehr-lingen (Auszubildenden) in Österreich der Versuch unternommen, dieTeilnehmer mit Themen und Bereichen zu konfrontieren, die außerhalbihrer eigenen Lebenserfahrung lagen. Dabei lag die Zielsetzung darin,persönliche Kreativität durch den Kontakt mit dem Unbekannten / Frem-den in Gang zu setzen.

Ressourcen

In fast allen Fallstudien waren die Ressourcen (Menschen, Geld, Material)ein vorrangiges Problem. Was die menschlichen Ressourcen angeht, soscheinen bei den Projekten zwei Kategorien zu existieren. Einerseits gab esda Projekte mit festangestellten Mitarbeitern, wie z.B. kommunale Einrich-tungen für Erwachsenenbildung oder Museen. Andererseits wurden Pro-jekte von teilweise unabhängigen Einrichtungen durchgeführt, die für dieZusammenarbeit mit kommunalen Erwachsenenbildungsstätten oder Mu-seen keine Vollzeitmitarbeiter hatten. In der ersten Kategorie bestand einhäufiges Problem darin, daß nur eine kleine Zahl von Mitarbeitern zurVerfügung stand, die außerdem noch eine Vielfalt von Aufgaben zu erfül-len hatten. Das Problem, die Gehaltskosten aufzubringen, war in der er-sten Kategorie weniger augenfällig als in der zweiten, weil die Mehrzahlder Mitarbeiter wohl Vollzeitangestellte der Museen oder Einrichtungen

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waren. Dieses System war von vornherein relativ flexibel, so daß mit Kurz-zeitverträgen zusätzliche Mitarbeiter gewonnen werden konnten.In der zweiten Kategorie lag das Problem nicht in der Zahl der Mitarbei-ter oder in deren Qualifikation, sondern darin, das Geld für die Bezah-lung ihrer Dienste aufzubringen. Ein entscheidendes Problem, das beidieser Gruppe auftauchte, bestand darin, daß sie auf Stundenlohnbasisbezahlt werden sollten, wobei nur die Stunden gezählt wurden, die sieunmittelbar im Projekt arbeiteten, die Stunden für Vorbereitungs- undOrganisationsarbeit aber nur unzureichend berücksichtigt wurden.Ein Faktor, der das Potential vieler Projekte von vornherein einschränkte,waren die geringen Geldmittel. Die wenigsten Projekte standen auf einersoliden finanziellen Grundlage. Viele Projekte arbeiteten mit finanziel-len Engpässen. Manchen gelang es, von örtlichen Behörden oder Mini-sterien, von Handelsverbänden oder Wohltätigkeitsorganisationen Zu-schüsse (Stipendien oder Sponsorengelder) zu bekommen, was nach ih-ren Berichten immer schwieriger wurde. Oft wurde von den Teilnehmernein finanzieller Beitrag verlangt, der aber nur einen Teil der Unkosten desProjekts deckte.Für manche Projekte war das Eintrittsgeld in die Museen ein typischesProblem. Obwohl es häufig eine Ermäßigung gab, führten die Unkostenfür Eintritt plus die Kosten für Führer oder Workshopleiter manchmaldazu, daß nur solche Interessenten teilnahmen, die sich das leisten konn-ten. Eine weitere Einschränkung im Sinne mangelnder materieller Res-sourcen bestand bei mehr als einem Projekt darin, daß oft kein geeigne-ter Arbeitsraum für die Erwachsenenbildung zur Verfügung stand.Einige Falluntersuchungen wiesen kurz auf das Problem der Projektpla-nung und -durchführung hin, wobei die Tatsache erwähnt wurde, daßProjekte sehr arbeitsintensiv sind und eine langfristige Verpflichtung dar-stellen. Probleme der Verwaltung und Organisation tauchten dann auf,wenn die Projektleiter freie, unabhängige Mitarbeiter waren und nicht alsfestangestellte Voll- oder Teilzeitkräfte zur Verfügung standen.

Auswertung und Beurteilung

Aufgrund der oftmals fehlenden Auswertungsphase können die Beurtei-lungskriterien nur allgemeiner Natur, jedoch nicht modifiziert sein.Quantitativer Erfolg: In vielen Projekten wurde die Zahl der Besucher oderTeilnehmer festgestellt. Diese Zahlen werden oft von Museen dazu be-

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nützt, um eine zunehmende Popularität unter der Bevölkerung zu doku-mentieren, sie sind aber ein wenig aussagekräftiges Instrument: Nur ineinigen Fällen, so im Projekt Archäologie für Senioren (Wien), ist diequantitative Beurteilung unproblematisch. In diesem Fall wurde das Pro-jekt ohne eine herkömmliche Interessensgruppe, wie z.B. die Gesellschaftder Museumsfreunde, gestartet, verzeichnete aber zunehmende Erfolge,und kein einziger Teilnehmer verließ die Gruppe vorzeitig. Der Grunddafür lag in ihren beständigen Engagements und der praktischen und theo-retischen Fachkompetenz, die sie dabei erwarben.Qualitativer Erfolg: Die Fallstudien berichten, „... lebhaftes Interesse wur-de geweckt, die Teilnehmer waren bereit, sich Kunstwerken auf unge-wöhnlichen Wegen zu nähern und persönliche Erfahrungen mitzuteilen“.Die meisten Projekte versuchten lebendige und phantasievolle Möglich-keiten der Kunstbetrachtung (Sammlungen) einzusetzen, die spezifischenBedürfnisse unterschiedlicher Gruppen festzustellen und das Lernen zueinem lustvollen Prozeß zu machen, wobei aber aktive Teilnahme undInteraktion manchmal eine Herausforderung bedeuteten.Ergebniskontrolle und -auswertung: Die Feststellung und Auswertung vonErgebnissen und Auswirkungen (pädagogisch und/oder sozial) fehlen so-gar bei den Projektfallstudien, die am ausführlichsten waren. Auch wenndie Ursachen dafür im wesentlichen auf die begrenzten Ressourcen zu-rückzuführen sind und darauf, daß das Hauptinteresse dem Gelingen desProjekts und der Aufrechterhaltung der Arbeit gilt, so existiert unter denMitarbeitern dennoch ein deutlicher Mangel an Bewußtsein für die Be-deutung einer formalen Auswertung von Ergebnissen und Auswirkungen.

Kooperation und Partnerschaft

Die meisten Fallstudien können noch nicht wirklich als echte, durchgän-gige Partnerschaften beschrieben werden, vielmehr waren sie eher ko-operative Projekte, die ad hoc entstehen. Eine der wenigen Ausnahmenist das Münchner Führungsnetz. Die meisten Projekte sind Unternehmun-gen, die auf die eine oder andere Weise eine Kooperation zwischen Er-wachsenenbildungsstätten und Museen darstellen. Beide verfügen überRessourcen von gegenseitigem Nutzen und eine gemeinsame Zielgrup-pe, die allgemeine Öffentlichkeit. Dennoch besteht der Gesamteindruck,daß beide Institutionen immer noch nebeneinander herlaufen, anstattsich in einem Maße zu verflechten, wie es möglich und wünschenswert

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wäre. In diesem Sinne scheinen die Situationen, die in den Projektfall-studien vorgefunden wurden, Variationen eines endemischen Problemszu sein: Partnerschaften, die durch die Anstrengungen einzelner unddurch gegenseitiges Wohlwollen getragen sind, entwickeln sich auf derProjekt- sowie auf der operationalen Ebene, nicht aber auf der strategi-schen Ebene.

Kulturpolitische Forderungen

Vieles, was bisher in diesem Bericht gesagt wurde, mag nicht allzu neuerscheinen. Seit geraumer Zeit vertreten die Mitarbeiter der Schnittstel-len zwischen Erwachsenenbildung und Museen in vielen Regionen derEuropäischen Gemeinschaft ausnahmslos den Standpunkt, daß die Zu-sammenarbeit auf diesem Gebiet einen bedeutenden Beitrag zur Erwach-senenbildung leisten könnte, wobei vielerlei Wege auf unterschiedlichemNiveau beschritten werden könnten. Man vertritt den Standpunkt, daß einsolcher Beitrag nicht nur die kulturelle Dimension der Erwachsenenbil-dung, sondern auch die Bildungsdimension der Museumsarbeit erweiternwürde.Die Erfahrungen des Sokrates-Projekts AEM scheinen zu bestätigen, daßdie Museen in ganz Europa sich in den vergangenen Jahrzehnten immermehr geöffnet haben und für das Publikum immer zugänglicher wurden.Trotz gelegentlicher Spannungen zwischen den kuratorialen Auflagen fürSammlung, Konservation und Forschung einerseits und der weitergefaß-ten Rolle der Museen für die Öffentlichkeit andererseits stehen die mei-sten Museen der Möglichkeit, eine Rolle in der Erwachsenenbildung zuübernehmen, aufgeschlossen gegenüber.Viele Museen in ganz Europa verdienen Anerkennung dafür, daß sie sichdarum bemühen, pädagogische Bedürfnisse, Lücken und Forderungenfestzustellen und zu befriedigen, die bei Einzelpersonen und auch in derGruppe auftauchen. Trotzdem sind systematische Bildungsangebote fürErwachsene in vielen Fällen „die armen Verwandten“ in der Familie derBildungsangebote durch Museen. Gleichermaßen sind die Konzepte,Methoden, Ansätze und Techniken auf der Schnittfläche Museumsarbeit/Erwachsenenbildung häufig Anlehnungen an Modelle, von welchen manweiß (oder glaubt), daß sie für Kinder (meisten Schulkinder) und jungeLeute geeignet sind; sie werden aber kaum den spezifischen Lernbedürf-nissen Erwachsener angepaßt.

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In vielen Situationen hat man kaum methodische Fragen gestellt, wie z.B.:Wie lernen Erwachsene? Was sind die Kennzeichen des Lernens durchErleben (Erfahrung)? Welche Rolle spielt die Interaktion zwischen Lehren-den und Lernenden bei Erwachsenen? Auf welche Weise können Erwach-sene von Objekten einer Museumssammlung lernen? In den meistenMuseen werden bei Planung, Entwicklung und Gestaltung von Ausstel-lungen die Erkenntnisse dieser und anderer Aspekte der Erwachsenenbil-dung kaum mit eingebracht.Zu diesen Themen sind weitere wissenschaftliche Untersuchungen not-wendig, und für Analyse und Auswertung muß die bestehende Praxisweiterhin dokumentiert werden. Nicht die vergleichende Bewertung vonProjekten ist das, was wir brauchen, sondern die Auswertung und Doku-mentation jedes einzelnen Projekts, um Antworten auf die Fragen zu er-halten, was, warum und mit welchem Erfolg getan wird, damit Angebotund Politik für die Zukunft geplant werden können und die Beteiligtenmiteinander und voneinander lernen können. Insbesondere besteht einBedarf für systematische Langzeituntersuchungen, deren Grundlagen ver-gleichende Methodologie ist. Dadurch würden wir Erkenntnisse über Er-gebnisse und Auswirkungen gewinnen, die im Zusammenhang mit Pro-grammen der Erwachsenenbildung im Rahmen der Museumsarbeit auf-treten, wie z.B. über sozialen Ausschluß (Schwellenangst, Integrationsozialer Randgruppen und Minderheiten). Würden in den Mitgliedsstaa-ten länderübergreifend die Auswirkungen erforscht – im Idealfall mitLangzeituntersuchungen – , dann förderten die Ergebnisse wichtige Infor-mationen für die Politik und Praxis in ganz Europa zutage.Es gibt kaum Hinweise dafür, daß auf lokaler, regionaler, nationaler odereuropäischer Ebene ein politisches Gesamtkonzept entwickelt wurde, dasden Erfordernissen der Partnerschaft zwischen Erwachsenenbildung undMuseum genügt, obwohl beide Partner vorwiegend von öffentlichen Mit-teln abhängig sind und die Zielsetzungen der Museen als öffentlicheDienstleister einerseits und die der Erwachsenenbildung andererseits sichzunehmend ergänzen. Es ist dringend notwendig, eine explizite Politikfür die Partnerschaft zwischen Erwachsenenbildung und Museumsarbeitzu entwickeln und angemessene Strukturen zu schaffen, damit auf dieserSchnittfläche gute Arbeit geleistet werden kann. Das Fehlen eines solchenGesamtkonzepts stellt nicht nur eine große Einschränkung dar, sondernkann diejenigen entmutigen und lahmlegen, die sich trotz aller Schwie-rigkeiten für die Partnerschaft zwischen Erwachsenenbildung und Muse-umsarbeit engagieren und sie entwickeln, pflegen und aufrechterhalten.

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Die Maxime des lebenslangen Lernens, die durch die Erwachsenenbil-dung in und durch Museen gefördert und umgesetzt werden kann, bleibtohne ein solches Gesamtkonzept bloße Theorie.

Chancen

Dieser Projektbericht hat eindeutig festgestellt, daß Museen aller Art(Museen für Bildende Kunst, Wissenschaft, Sozialgeschichte, Industrie;nationale, lokale, staatliche, unabhängige, kleine und große Museen) eineVielzahl von Rollen übernehmen können als• Ort, in dem Erwachsenenbildung stattfindet• Instrument der Erwachsenenbildung• Anbieter von Erwachsenenbildung.Natürlich ist es eine axiomatische Feststellung, daß Museen für die Er-wachsenenbildung Ressourcen größten Potentials sind. Sie sind „Waren-lager“, die nicht nur Objekte beherbergen, sondern darüber hinaus Wer-te, Wahrnehmungsformen und Überzeugungen transportieren, die durchdie Erwachsenenbildung erschlossen werden können und damit Einzel-personen wie der weiteren Gesellschaft zugute kommen. Sie sind abernicht nur die Ressourcen der Erwachsenenbildung, sondern Orte, in wel-chen durch die Erwachsenenbildung selbst neue Arbeitsweisen mit un-terschiedlicher Klientel, sowohl in konzeptueller als auch in institutionel-ler Hinsicht, entwickelt werden können. Sie bieten neue große Chancenund Stimuli für Prozesse, Programme und einen erweiterten Einbezugneuer Besuchergruppen. Eine Voraussetzung hierfür besteht in der Unter-suchung, wie Museen und Erwachsenenbildung in ihrer Umgebung an-gesiedelt sind unter Berücksichtigung der historischen und territorialenAspekte oder solchen der Wahrnehmungsweise von Zeit, Ort und Erfah-rung.Sollen diese Rollen aber wirklich erfüllt werden, so besteht auf allen Ebe-nen Handlungsbedarf, in bezug auf Forschung, Dokumentation, Informa-tionsaustausch, Entwicklung von Richtlinien und Programmen ebenso wieauf Auswertung und Beurteilung. Dieser Handlungsbedarf gilt nicht nurfür die Schnittfläche von Erwachsenenbildung und Museumsarbeit, son-dern auch für die entsprechenden Bereiche innerhalb der Museen undder Erwachsenenbildung, wenn diesen Bedürfnissen Rechnung getragenwerden soll.

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AEM und die Folgen

Einige dieser Maßnahmen wurden als Ergebnis des Pilotprojekts bereitseingeleitet. In Österreich wurde auf regionaler und nationaler Ebene eineneue Projektpartnerschaft gebildet, um bei den für die Ausbildung vonErwachsenenpädagogen Verantwortlichen das Bewußtsein für die Mög-lichkeiten der Partnerschaft Erwachsenenbildung/Museum zu entwickeln.Wie realistisch die Bildung eines Ressourcennetzwerks zur Unterstützungder Erwachsenenbildung in kleinen lokalen Museen ist, wird gerade un-tersucht. Im Juli 1997 wurde in Linz ein nationales Seminar für Fachleuteder Erwachsenenbildung und Museumsarbeit durchgeführt. Das Seminar,das vom VÖV (Verband Österreichischer Volkshochschulen) organisiertworden war, hat bereits die Anregung zu einigen neuen Projekten ge-bracht, wie z.B. ein Archäologieseminar und eine Kooperation zwischendem Museum für Moderne Kunst, dem Amt für Kulturaustausch, derÖsterreichischen Handelskammer und der VHS Meidling.Weitere neue Projekte werden in naher Zukunft erwartet.

In Deutschland wurde die Zusammenarbeit zwischen Erwachsenenbil-dung und Museumspädagogik im Rahmen zweier großer Kongresse inMünchen und Frankfurt/M. im April 1998 offiziell etabliert. Die Vorsit-zende des Bundesverbands der Museumspädagogen, sieben Leiter vonErwachsenenbildungsvereinen und -einrichtungen und die stellvertreten-de Leiterin des deutschen Instituts für Museumsforschung (das unmittel-bar mit den Kuratoren deutscher Museen verbunden ist) sowie Fachleuteund Mitarbeiter des Bereichs Museumsarbeit und Erwachsenenbildungwurden über die Ergebnisse des Sokrates-AEM-Projekts informiert unddiskutierten über die positiven Auswirkungen einer kooperativen Partner-schaft, die in jedem Museum verwirklicht werden kann, wenn das Spek-trum der Projektthemen in Museen erweitert wird.In Bayern wird unter der Leitung des Bayerischen Volkshochschulverban-des in Zusammenarbeit mit der Landesstelle für nichtstaatliche Museen(die ca. 1.000 Mitglieder hat) ein Pilotlehrgang für AbsolventInnen vonKulturstudiengängen, die zumeist verdeckt arbeitslos sind, gestartet, inwelchem Museumsarbeit, Erwachsenenbildung und andere Bildungsein-richtungen miteinander verbunden werden sollen. Von diesem Projektkann man erwarten, daß es die Voraussetzungen für neue Projektarbeitim Museum schafft.

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In Italien wurde ein Partnerschaftsprojekt entwickelt, in welchem auf re-gionaler Ebene Museumsmitarbeiter in der Methodik der Erwachsenen-bildung ausgebildet werden. Darüber hinaus ist eine Untersuchung imGange, deren Ziel die Einrichtung einer Datenbank für die Erwachsenen-bildung in Museen in Italien ist. Derzeit konzentriert man sich auf Pratound Carmignano, die Arbeit soll zukünftig aber auch andere Gebiete miteinschließen.

In Griechenland wurde durch eine neue Partnerschaft der Rahmen für dieVerbreitung der Ergebnisse geschaffen, die im AEM-Bericht vorliegen.Dazu gehören das Amt für Erwachsenenbildung des Bildungsministeri-ums, das nationale griechische Komitee der ICOM-CECA und eine Reihevon Museen, die bereits Bildungsprogramme anbieten. Der Schwerpunktliegt derzeit darauf, eine größere Öffentlichkeit anzusprechen und zu er-reichen. Zusätzlich wird die große nationale Initiative für kulturelle Bil-dung, das Melina-Projekt, ebenfalls von den Ergebnissen und Auswirkun-gen des AEM-Projekts profitieren. (Das Melina-Projekt wurde 1995 zumGedenken an Melina Mercouri, die frühere Kultusministerin Griechen-lands, gestartet. Es beruht auf dem Konzept von Synergie zwischen Erzie-hung und Kultur während der Jahre der Schulpflicht. Sein pädagogischerAnsatz ist ein ganzheitlicher und strebt an, Schulen für das aktive Kultur-leben der Gemeinden zu öffnen.)

In Schottland wurde das Ausbildungsprogramm des Instituts für Muse-umsausbildung/Europäischer Sozialfond für Langzeitarbeitslose, dahinge-hend erweitert, daß Erwachsenenbildung und Museen als vorrangige Ar-beitsbereiche mit einbezogen werden. Im Zusammenhang damit hofftman, daß weitere Partnerschaften geknüpft werden, damit die Ergebnissedieses Projekts über Schottland hinaus in ganz Großbritannien angewandtwerden können. Parallel dazu hat der schottische Museumsrat auf denDavid-Anderson-Bericht über Museen und Lernen für das Amt des natio-nalen Erbes Großbritanniens reagiert. Er hat einem langjährigen Mitarbei-ter die Verantwortung für die Entwicklung eine Strategie übertragen, mitwelcher der Rat Museumsbildung im Sinne des lebenslangen Lernensverwirklichen will. Außerdem hat er ein bildungspolitisches Konzept fürMuseen vorgestellt, das den gut 400 Mitgliedsmuseen empfohlen und mitihnen verbreitet werden soll. Der Rat hat die Notwendigkeit erkannt, dieaktuelle Praxis einer systematischen Sítuationsanalyse zu unterziehen, umso die Voraussetzungen für eine effektive Aktionsplanung zu schaffen.

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Deshalb hat er eine landesweite Untersuchung der aktuellen schottischenPraxis in der Museumspädagogik veranlaßt und beabsichtigt, diese durchAusbildung, Beraterdienste und finanzielle Sponsoren zu stärken.

In der Schweiz fand im September 1998 in Basel ein großangelegter Aus-wertungs- und Informationskongreß für die Schweizer Fachkollegen inMuseen und Erwachsenenbildungsorganisationen statt. Als ein Resultatwurden weiterführende Kooperationsmaßnahmen beschlossen.

Auf der transnationalen Ebene wurde im Rahmen zahlreicher Seminareund Kongresse, bei welchen auch Mittel- und Osteuropa durch Kollegenvertreten waren, über die Arbeit des Sokrates-AEM-Projekts berichtet.Man hofft, daß die Empfehlungen dieses Berichts die Grundlage bilden,auf welcher weitere kooperative Praxisprojekte entwickelt und wissen-schaftliche Untersuchungen durchgeführt werden. In der Tat werdenbereits eine Reihe von Vorschlägen für Anschlußprojekte entwickelt, dieAusdruck der Hoffnung sind, daß die von diesem Projekt erzeugte Schub-kraft weiterwirkt.Dennoch gilt die Hauptsorge der Projektpartner dem Thema der Syner-gieentwicklung. Die Kommission könnte diesen Prozeß dadurch unter-stützen, daß sie die Verknüpfung zwischen transnationalen, von ihr un-terstützten Projekten da fördert, wo verwandte Interessen bestehen. DieKommission könnte hierfür einen praxisorientierten Rahmen schaffen, inwelchem Informationen und Ideen ausgetauscht und Zusammenarbeitund Synergie entwickelt werden.

Zukunftsperspektiven

Das Hauptanliegen des Projekts liegt nach wie vor darin, auf der transna-tionalen, nationalen und regionalen Ebene einen Rahmen zu schaffen, inwelchem kontinuierliches Handeln (politisch, strategisch und program-matisch) auf der Schnittfläche von Erwachsenenbildung und Museumsar-beit möglich ist. Dabei das Bewußtsein für die Beiträge zu schärfen, diePartnerschaften zwischen Erwachsenenbildung und Museen in Europa fürdie Förderung der Schlüsselthemen in der Erwachsenenbildung leistenkönnen, ist ein integrales Element dieses Prozesses. In diesem Prozeßwiederum spielt die Dokumentation innovativer und guter praktischerArbeit, die von solchen Partnerschaften in den Mitgliedsstaaten geleistet

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wird, eine wesentliche Rolle. Der vorliegende Bericht ist eine solcheDokumentation.Als am 31. März 1998 AEM-Website (http://www.mhie.ac.uk/~aem/Home.html) gestartet wurde, war die Grundlage für den Austausch unddie Aktualisierung relevanter Informationen geschaffen.Wenn es gelingt, die Erwachsenenbildung zu einem zentralen Elementder Museumsarbeit zu machen, dann wird dies schließlich Auswirkun-gen haben auf Strukturen, Ausbildung, die Verfügbarkeit von Ressourcen,auf die Definition der professionellen Interessensgebiete, ja vielleicht so-gar auf die eigentliche Idee professioneller Museumstätigkeit an sich.Weiterhin kann dies auch zu einer Definition neuer Rollen führen undalles dessen, was damit verbunden ist. In einigen Fällen werden neueArbeitsplätze geschaffen werden müssen, damit Museen den Bereich derErwachsenenbildung als zentrale Aufgabe effektiv bedienen können. Dasgleiche gilt, mutatis mutandis, auch für die Infrastruktur der Erwachsenen-bildung. Die Bedeutung all dieser Aspekte muß im Zusammenhang einespolitischen und strategischen Rahmens thematisiert werden.Daß dies geschieht, dafür gibt es sowohl regionale als auch nationale Si-gnale, die Mut machen. Es gibt wichtige Beispiele – auf nationaler Ebenein Griechenland und Österreich, regional in Bayern und der Toskana –,die in jedem Einzelfall zeigen, daß das AEM-Projekt dieser Entwicklungeinen wesentlichen Anschub gegeben hat.Im Fall von Großbritannien hat sich seit geraumer Zeit eine Eigendyna-mik entwickelt. Seit 1991 stellt die überarbeitete Charta der Museen derMuseums Association Großbritanniens kategorisch fest, daß Museums-sammlungen einmalige Möglichkeiten für Bildung, Freizeit und Inspirati-on darstellen. Das Lernpotential aller Museen ist ein Potential, das erkanntund verwirklicht werden muß (vgl. Kavanagh 1994, S. 18).Organisationen wie die Group for Education in Museums (GEM), dasNational Institute for Adult and Continuing Education (NIACE) und dieVeröffentlichung und Verbreitung des David-Anderson-Berichts „A Com-mon Wealth: Museums and Learning in the United Kingdom“ (DNH, Lon-don 1997), sie alle haben durch ihre Argumentation dazu beigetragen.Auch die Forderung nach ausdrücklicher Politik und Strategie seitens derRegierung und anderer Behörden in London und auf lokaler Ebene sowiedie Bereitschaft der Museumsfachleute selbst, sich der Bildungsaufgabezu verpflichten, gehen in diese Richtung. In gewisser Hinsicht ist Groß-britannien derzeit ein potentielles Vorbild für gelungene Praxis auf demGebiet einer Politikentwicklung für Museen und Bildung.

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Auch auf der transnationalen Ebene gibt es Grund für Optimismus. Diepolitischen Vereinbarungen der EU verweisen in zunehmendem Maße aufden kulturellen Sektor – wozu sie nach Maastricht auch verpflichtet sind– , wie zum Beispiel auf das „White Paper on Growth, Competitivenessand Employment“, das die Verkettung von Kultur und Arbeitsmarkt un-terstreicht.Eine Reihe von europäischen Kongressen zum Thema Erwachsenenbil-dung, die unter griechischer, deutscher, spanischer und italienischerSchirmherrschaft veranstaltet wurden, betonen die Bedeutung einer all-gemeinen (und liberalen) Erwachsenenbildung als Element lebenslangenLernens. Der besondere und wesentliche Beitrag, den Erwachsenenbil-dung leisten kann, damit Menschen ein Höchstmaß an gesellschaftlicherund politischer Partizipation erlangen und dadurch persönliche Erfüllungfinden können, wird zu Recht als wichtiges Instrument im Kampf gegenAusgrenzung und zur Entschlüsselung einer immer komplexer werden-den Wirklichkeit betrachtet.

Verbleibende Einschränkungen

Trotz dieser Entwicklungen und der offensichtlichen, natürlichen Syner-gie zwischen den Zielen und Absichten, wie sie in der Politik der Erwach-senenbildung und dem Konzept lebenslangen Lernens und in den politi-schen Rahmenbedingungen für Museen und Kulturerbe artikuliert wer-den, fehlen ausdrückliche politische Grundlagen. Auf supra- und trans-nationaler wie auch auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene verhin-dert dieser Mangel, daß Partnerschaften zwischen Museen und der Er-wachsenenbildung effektiv unterstützt werden. Das Fehlen solcher expli-ziter politischer Voraussetzungen schränkt eine Weiterentwicklung we-sentlich ein. Deshalb sind nationale, regionale und lokale Politik und Stra-tegien nach wie vor von existentieller Bedeutung. Sie sind es, die imwesentlichen Ressourcen mobilisieren können. Auf nationaler und sub-nationaler Ebene werden im Rahmen der europäischen Politik politischeRichtlinien entwickelt und durch Initiativen auf dieser Ebene angeregt.Die Kulturpolitik der Europäischen Gemeinschaft wird zunehmend dafürkritisiert, daß ihre Aktionen und Programme Flickwerk seien und deshalbeine gewissermaßen amorphe Qualität hätten. Obwohl also im BereichKultur, Museen und Kulturerbe mit den dazugehörenden Bildungsrollenweitgehender Konsens besteht, gibt es auf europäischer Ebene nach wie

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vor keine ausdrücklichen politischen Richtlinien für die Partnerschaftzwischen Erwachsenenbildung und Museumsarbeit. Was es immerhingibt, ist so etwas wie eine „Kultur der Überzeugungen“, die die Bildungs-aufgabe der Museen meint und einen gemeinsamen Rahmen für die loh-nende Zusammenarbeit der beiden Bereiche darstellt. Wenn wir von denHerausforderungen ausgehen, denen sich Europa heute stellen muß, unddie schönen Reden über Potential und Rollen von Museumsarbeit undErwachsenenbildung hören, dann sind stillschweigende Rahmenbedin-gungen nicht mehr angemessen. Vielleicht wird das Wissenschaftspro-gramm der Kommission für die Jahre 2000 bis 2006 ausdrückliche Rah-menbedingungen formulieren.„... die Welt zu verändern heißt, sie menschlicher machen ... die Weltmit der wißbegierigen und schöpferischen Gegenwart des Menschen (sic)zu durchdringen und ihr den Stempel seiner Werke aufzudrücken ... Ohnekritische Reflexion gibt es keine Endgültigkeit ... es gibt kein Hier in be-zug auf ein Dort ohne die Verbindung zu einem Jetzt, einem Vorher undeinem Nachher ...“ (Freire 1972, S. 55-56).

Literatur:

Freire, P., Cultural Action for Freedom: Penguin Books, 1972, S. 55-56

Kavanagh, G., Museum Provision and Professionalism, London: Routledge 1994, S. 18

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V.ANHANG

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Teilnehmerliste

AEM-Projekt-KoordinatorInnen

Dr. Jutta Thinesse-Demel Edi Fanti(Projektleiterin) Via Lunga di Cafaggio, 7/cKunstgespräche I – 50047 PratoGeyerspergerstr. 42 ItalienD – 80689 München Regionalkoordinatorin: ToskanaDeutschlandRegionalkoordinatorin: Bayern Brian Martin

Direktor der Vereinigung für dasDr. Gabriele Stöger Studium KulturellerBüro für Kulturvermittlung VerwaltungsstätigkeitenSchellhammergasse 10/2/9 Universität EdinburgA – 1160 Wien Old CollegeÖsterreich S. Bridge 8Regionalkoordinatorin: Wien U.K. – Edinburgh

GroßbritannienMagda Trantallidi Regionalkoordinator: SchottlandMinisterium für Nationale ErziehungGeneralsekretariat für Erwachsenen- Ingrid Pieper-Sentürkbildung Heiliger Weg 7 -9417 Acharnon Street D – 44135 DortmundGR – 11143 Athen DeutschlandGriechenland Regionalkoordinatorin: Nordrhein-Regionalkoordinatorin: Griechenland Westfalen

(nur im 1. Jahr)

AEM-Projektpartner (Joint-Venture-Partner)

Nicole Gesché-Koning Finn Andersen105, Avenue Latérale Generalsekretär des DänischenB – 1180 Brüssel KulturinstitutBelgien Kulttorvet 2

DK – 1175 KopenhagenDänemark

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Ditte Stürmer Christine MirgaletStadtverwaltung – Abtlg. Externe Institute Universitaire deBeziehungen Formation des MaitresPO Box 49 La Chapelle MasmolèneFL – 40351 Jyväskylä F – 30700 UzesFinnland Frankreich

Helen O’Donoghue Bettina HeldensteinIrisches Museum für Moderne Kunst Casino LuxemburgRoyal Hospital 41, Rue Notre-Dame PB 345Kilmainham L – 2013 LuxemburgDublin 8 LuxemburgIrland

Nico Halbertsma Ana FloresReinwardt-Academy Palácio Nacional de QueluzDapperstraat 315 Largo do PalácioNL – 1093 BS Amsterdam P – 2745 QueluzNiederlande Portugal

Peter Almerud Antoni Nicolau i MartiRoyal Library Historisches Museum der StadtPO Box 5039 Placa del Rei/snS – 10241 Stockholm SP – 08002 BarcelonaSchweden Spanien

Europäische Experten

Deutschland

Dr. Friedrich Baptist Bettina BochynekBayer. Staatsministerium für Unter- UNESCOricht, Kultus und Wissenschaft HamburgMünchen

Walter Cordier Wolfgang CzischMünchner Volkshochschule Münchner VolkshochschuleMünchen München

Dorothee Dennert Ulla von GemmingenHaus der Geschichte der Bundes- Münchner Volkshochschulerepublik Deutschland MünchenBonn

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Dr. Andreas Grünewald-Steiger Wiebke HeuerBundesakademie für Erwachsenen- freie Museumspädagoginbildung MünchenWolfenbüttel

Dr. Susanne Heil Anne Kalender-SanderMünchner Volkshochschule Volkshochschule SolingenMünchen Solingen

Rita Klages Dr. Jürgen KleindiekNachbarschaftsmuseum Bayer. VolkshochschulverbandBerlin München

Ulrike Krautheim-Broucek Dr. Hannelore Kunz-OttVolkshochschule Aschaffenburg Landesstelle nichtstaatl. MuseenAschaffenburg München

Wolfgang Leumer Franziska Lobenhofer-HirschboldIIZ/DVV Freilichtmuseum des Bezirks OBBonn/jetzt Kapstadt Glentleiten

Dr. Andrea Lorentzen Robin MallickPrähistor. Staatssammlung Europäische KommissionMünchen München

Christian Matros Annette Noschka-RoosReferat f. Arbeit u. Wirtschaft Institut für MuseumskundeMünchen Berlin

Dr. Monica Poalas Dr. Walter RathjenEuropäisches Patentamt Deutsches MuseumMünchen München

Dr. Walter Raunig Christine RudloffVölkerkundemuseum German. NationalmuseumMünchen Nürnberg

Peter Schwab Dr. Bernhard SchwenkVolkshochschule Dormagen Haus der KunstDormagen München

Annette Slotty Dr. Gerhard StrohReferat f. Arbeit u. Wirtschaft Ministerium f. Schule undMünchen Weiterbildung

Düsseldorf

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Dr. Albert Treff Dr. Claudia TrübsbachMuseum Mensch und Natur Münchner VolkshochschuleMünchen München

Dr. Hildegard Vieregg Henriette WägerleMuseumspäd. Zentrum Referat f. Arbeit u. WirtschaftMünchen München

Dr. Reinhard Wieczorek Paul WinklerReferat f. Arbeit u. Wirtschaft Volkshochschule RegensburgMünchen Regensburg

Frankreich

Prof. Laurence TardyLouvre-Schule/SorbonneParis

Griechenland

Marizanna Hatzipanayotou Andromachi KatselakiMinisterium f. Erziehung Byzantinisches MuseumAthen Athen

Dionysia TsirouAristoteles UniversitätThessaloniki

Großbritannien

Helen Adamson David AndersonSocroptimist International Victoria & Albert MuseumGlasgow London

Bridget Baldwin Alan ChadwickTate Gallery University of SurreyLondon Pulborough

Jim Crowther Peter CudmoreHeriot-Watt-Universität EdinburgEdinburg

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Alison Heath Jo RobertsCECA National Trust/GEMSouth Gladstone London

Annette Stannett Dorothy StewartGuilford Schott. Straßenmuseum

Glasgow

Italien

Dr. Chiara Bettini Prof. Bruno CoraKulturabteilung der Stadt Carmignano Künstl. Direktor des Pecci-Carmignano Museums

Prato

Prof. Paolo Federighi Dr. Stefano GarofaniUniversität Florenz Vize-Präsident SEAFlorenz Prato

Massimo Luconi Prof. Paolo OreficeKulturreferat Prato Universität FlorenzPrato Florenz

Daphne Perilhou Paola RosatiTrainerin von SEA Kulturreferat CarmignanoPrato Carmignano

Axel RüttenMuseum PecciPrato

Luxemburg

Herbert MalyCooperations WiltzWiltz

Österreich

Dr. Gerhard Bisovski Dr. Ursula BrandstätterVolkshochschule Meidling InfraRot/Museum Moderner KunstWien Wien

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Dr. Renate Goebl Dr. Beatrix HainInstitut für Kulturwissenschaften TMW: Camp In TeamWien Wien

Hans Knaller Susanne Schäfer-WieryVerband Österreichischer Institut für Graffiti-ForschungVolkshochschulen WienWien

Sara Smidt Dr. Sigrid Strohschneider-LaueInfraRot/museum Moderner Kunst Gruppe Kultur/StadtarchäologieWien Wien

Krista Süss Heiderose HildebrandtTeam „Seniorarchäologie“ Museumspädagogin „der erstenWien Stunde“

Wien

Portugal

Ines FerroNationalpalast QueluzQueluz

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Abkürzungsverzeichnis

AEM Adult Education and the Museum

BAC BaccalauréatBTS Brenêt de technicien supérieur

CECA Committee for Education and Cultural Action

DEA Diplome d’édutes approfondis: Doktorat

DESS Diplome d’édutes supérieure spécialisés; berufs-begleitend

DIE Deutsches Institut für Erwachsenenbildung

DVV Deutscher Volkshochschul-Verband

EAEA European Association for the Education of Adults

ESREA European Society for Research on the Educationof Adults

EU Europäische Union

GEM Group for Education in Museums

ICOM International Committee of Museums

IIZ Institut für Internationale ZusammenarbeitNIACE National Institute for Adult and Continuing

Eduaction

OECD Organisation for Economic Cooperation andDevelopment

SEA Cooperativa per lo sviluppo dell’ educazionedegli adulti

SVEB Schweizerische Vereinigung für Erwachsenen-bildung

UK United Kingdom

UNESCO United Nations Organisations for Education,Science and Culture

VÖV Verband Österreichischer Volkshochschulen

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Autorinnen und Autoren

Dr. Jean-Christophe Ammann: Professor, leitet das Museum für ModerneKunst in Frankfurt/Main, 1995 deutscher Ausstellungskommissar für dieBiennale in Venedig

Dr. Gerhard Bisovksy: Leiter der Volkshochschule Meidling/Wien

Dr. Alan Chadwick: em. Professor im Bereich Erwachsenenbildung derUniversität Surrey/U.K. und Verfasser mehrerer Arbeiten zu Erwachsenen-bildung und Museen sowie (zusammen mit Annette Stannett) Museen unddie Erziehung von Erwachsenen (Leicester: NIACE, 1995)

Peter Cudmore: selbständiger Medienexperte im Bereich Kulturmanage-ment in Schottland

Dr. Paolo Federighi: Professor an der Florentiner Universität, Berater destoskanischen Kultusministers, Präsident von EAEA (Europäischer Erwach-senenbildungsverband)

Nicole Gesché-Koning: 1995 bis 1998 Welt-Präsidentin des Komitees fürErziehung und kulturelle Aktion des Internationalen Museumsrates (CECA/ICOM)

Alison Heath: beratende Kuratorin von Iron Pear Tree House in Surrey;Europa-Vorsitzende von CECA/ICOM (s.o.)

Jakob Horn: Direktor des Instituts für Internationale Zusammenarbeit desDeutschen Volkshochschulverbandes (IIZ/DVV)

Dr. Ralf Keller: stellvertretender Direktor der Schweizer Kulturstiftung ProHelvetia in Zürich

Dr. Peter Krug: Ministerialdirigent und Abteilungsleiter des Ministeriumsfür (Weiter-)Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Vorsitzender desAusschusses für Fort-und Weiterbildung der Kultusministerkonferenz

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Wolfgang Leumer: ehemaliger Vizedirektor und Verantwortlicher für eu-ropäische Projekte des IIZ/DVV; leitet seit Ende des Jahres 1997 das neueröffnete IIZ-Büro in Südafrika

Dr. Hans-Georg Lößl: Professor und Präsident der Universität der Bun-deswehr in Neubiberg bei München; Vorsitzender des Bayerischen Volks-hochschulverbandes

Brian Martin: Direktor des Unit of Studies for Cultural Administration,Institut der Edinburger Universität

Dr. Ekkehard Nuissl: Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenen-bildung in Frankfurt/Main; Professor für Erwachsenenbildung an der Uni-versität Marburg ; Präsident der „European Research and DevelopmentInstitutes for Adult Education“ (ERDI)

Dr. André Schläfli: Psychologe und Erziehungswissenschaftler, Direktorder Schweizerischen Vereinigung für Erwachsenenbildung; Repräsentantder Schweiz in diversen EU-Gremien

Dr. Gabriele Stöger: Theater- und Politikwissenschaftlerin, Kommunika-tionskuratorin, selbständige Kulturmanagerin, tätig im Büro für Kulturver-mittlung in Wien

Dr. Laurence Tardy: Assistentin des Direktors der Louvre-Schule und Pro-fessorin an der Universität Sorbonne

Dr. Jutta Thinesse-Demel: Kunsthistorikerin, diplomierte europäischeKulturmanagerin, Fachgebietsleiterin bei der Münchner Volkshochschu-le (bis Ende 1998), selbständig tätig als (internationale) Trainerin und Kul-turmanagerin (zur Hälfte seit 1991, ganz ab 1999)

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Zeitschrift

fürErwachsenen-

bildung

ist die Zeitschrift fürErwachsenenbildung, dieviermal jährlich ein Forum fürden Diskurs über pädagogi-sche Fragen und Perspektivenin Theorie und Praxis bietet.

ist die Zeitschrift fürErwachsenenbildung, dieaktuelle Fragen in einem Schwerpunktthema behan-delt.

ist die Zeitschrift fürErwachsenenbildung, dieüber aktuelle Entwicklungen,Erfahrungen, Angebote undPublikationen informiert.

Themenauswahl

Pädagogische Qualität,Wirtschaftlichkeit undSelbstverständnis,Sprachen, Innovation,Lernende Organisation,Dialoge, Zukunft Qualifikation,Kursleitung, Multimedia,Adult Education and Learning,Lernnachweise, Positionenzur Erwachsenenbildung

Vier Hefte

im Abonnement

zum Preis von

DM 40,00

+ Versandkosten.

Studentenabo 30%

Rabatt.

Einzelheft DM 15,00.

Deutsches Institut für ErwachsenenbildungHansaallee 150 · 60320 Frankfurt/M. · Fon 069/95626-130 · Fax -174www.die-frankfurt.de

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REPORTLiteratur- und Forschungsreport WeiterbildungVerantwortlich Herausgebende: H. Faulstich-Wieland, E. Nuissl, H. Siebert,J. Weinberg

REPORT vermittelt die wissenschaftliche Forschung und Theoriebildung der Er-wachsenenbildung praxisnah und begleitet sie verbandsunabhängig. Jedes Heftbehandelt ein oder zwei Schwerpunktthemen und enthält einen umfangreichenRezensionsteil.Jahresabonnement DM 28.00

Nr. 39 Heftherausgeber: Horst SiebertThema: Lebenslanges Lernen – selbstorganisiert?1997, 204 S., DM 15.00

Nr. 40 Heftherausgeber: Ekkehard NuisslThema: Vermittlungsprobleme der Erwachsenenbildung,1997, 178 S., DM 15.00

Nr. 41 Heftherausgeberin: Hannelore Faulstich-WielandThema: Zukunft der Erwachsenenbildung: Visionen,Utopien, Szenarien, 1998, 171 S., DM 18.00

Nr. 42 Heftherausgeber: Jürgen WittpothThema: Erwachsene – Medien – Bildung, 1998, 169 S.,DM 18.00

Beiheft zum REPORTDokumentation der Jahrestagung 1997 der Kommissi-on Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft fürErziehungswissenschaftHerausgeberInnen: K. Derichs-Kunstmannn, P. Faulstich,J. Wittpoth, R. TippeltThema: Selbstorganisiertes Lernen als Problem derErwachsenenbildung1998, 250 S., DM 20.00

Der Report und das Beiheft zum Report können als gemeinsames Jahres-Abon-nement zum Preis von DM 40.00 bezogen werden.

Bestellungen an:DIE, Hansaallee 150, D-60320 Frankfurt/M., Telefon: 069/95626-130, Fax: 069/95626-174

Beiheft zum

Karin Derichs-Kunstmann, Peter Faulstich,Jürgen Wittpoth, Rudolf Tippelt (Herausgeber)

Selbstorganisiertes Lernenals Problemder Erwachsenenbildung

Dokumentation der Jahrestagung 1997der Kommission Erwachsenenbildungder Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft

LITERATUR- UND FORSCHUNGSREPORT

WEITERBILDUNG

DEZEMBER 1998

THEMA:

ERWACHSENE – MEDIEN – BILDUNG

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Studientexte für Erwachsenenbildung

Professionalität beruflichen Handelns will gelernt sein, auch in derErwachsenenbildung. Das DIE hat schon vor vielen Jahren mit den„Selbststudienmaterialien“ (SESTMAT) dieses Lernen angeregt undunterstützt. Die neue Reihe „Studientexte für Erwachsenenbil-dung“ knüpft daran an: Zu zentralen Anforderungen an das profes-sionelle Handeln in der Erwachsenenbildung liefert sie Texte und

Materialien, die sowohl im Selbststudium als auch in Fortbildungs-Seminaren des DIE verwendet werden. Das breite Themenspek-trum umfaßt Planung, Organisation, Didaktik und Methodik der

Weiterbildung.

Die Studientexte bieten nicht nur Studierenden, sondern auch lang-jährigen Weiterbildungsprofis wichtige Grundlagen zu allen aktu-ellen Aspekten in der Erwachsenenbildung. Sie ordnen die vielfälti-gen Themen in den wissenschaftlichen Kontext ein, reflektierenErfahrungen aus der Praxis und sparen auch praktische Hand-

lungshilfen nicht aus.

Die Studientexte sind integraler Bestandteil des DIE-Fortbildungs-zertifikats „Weiterbildungsmanagement“. Im Rahmen dieses Zerti-fikats sind bisher erschienen:

• Öffentlichkeitsarbeit von Weiterbildungseinrichtungen• Organisationsentwicklung in Weiterbildungseinrichtungen• Corporate Identity• Leitung von Weiterbildungseinrichtungen• Weiterbildungsmarketing

Zu folgenden thematisch verwandten Aspekten sind Studientextein Vorbereitung:

• Bedarfserhebung und Planung• Beratung• Evaluation• Kommunikation• Qualitätssicherung• Personal- und Teamentwicklung