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Der Aufbau einer Trainingseinheit 1. Einleitung 2. Problemaktualisierung 3. Informationsvermittlung 4. Übung 5. Transfersicherung

Der Aufbau einer Trainingseinheit - bewaehrungshilfe-bayern.de · K. Mayer BVD ZH II 2 5.6. Der Aufbau einer Trainingssitzung Sitzungs - Phase Sitzungs -Element Rückblick Trainings-Protokoll

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Der Aufbau einer Trainingseinheit

1. Einleitung

2. Problemaktualisierung

3. Informationsvermittlung

4. Übung

5. Transfersicherung

K. Mayer BVD ZH II 2

5.6. Der Aufbau einer Trainingssitzung

Sitzungs-Phase

Sitzungs-Element

Rückblick

Trainings-Protokoll

Einleitung

Vorschau

Einführung und Problem-Aktualisierung

Ziel-Vermittlung und Ziel-Konkretisierung

Übung und Transfer

Sitzungs- Thema

Rückmeldung

Selbstständige Übungen Abschluss

Schlussrunde

K. Mayer BVD ZH II 3

I. Einleitung

Sitzungs-Phase

Sitzungs- Element

Funktion

Rückblick

Inhalte und Lernziele der vorangegangen Sitzungen in Erinnerung rufen.

Trainings-Protokoll

Verbindung zwischen aktuellem Alltagserleben und Lernzielen herstellen.

Einleitung

Vorschau

Teilnehmer informieren und durch Zieltransparenz motivieren.

K. Mayer BVD ZH II 4

II. Thema

Sitzungs-Phase

Sitzungs- Element

Funktion

Einführung und Problem-Aktualisierung

Vermittlung der Bedeutung des Themas für das Programmziel und Herstellen eines persönlichen Bezugs der Teilnehmer zum Thema.

Ziel-Vermittlung und Ziel-Konkretisierung

Vermittlung des Ziel-Verhaltens und Konkretisierung des Ziel-Verhaltens anhand eines Beispiels.

Übung und Transfer

Einüben des Zielverhaltes in der Gruppe und Klären von Transfer-Möglichkeiten in den Alltag der Teilnehmer.

Sitzungs- Thema

Rückmeldung

Rückmeldung der Teilnehmer über den Alltags-Transfer der im Programm erworbenen Fertigkeiten.

K. Mayer BVD ZH II 5

III. Abschluss

Sitzungs-Phase

Sitzungs- Element

Funktion

Selbstständige Übungen

Vertiefung der Lerninhalte einer Gruppensitzung / Vorbereitung von Lerninhalten der kommenden Gruppensitzung durch Problemaktualisierung.

Abschluss

Schlussrunde

Transfersicherung: Vorbereitung der Übertragung von Lerninhalten in konkrete Verhaltensänderungen im Alltag.

K. Mayer BVD ZH II 6

Kognitive Verzerrungen im Lernprogramm

(a) Verleugnung von Problemen (z.B. im Umgang mit Alkohol, mit Aggressivität)

(b) Bagatellisierung problematischer Verhaltensweisen

(c) Verantwortungsabschiebung

(d) Rechtfertigen

(e) Prospektive Fehleinschätzung / Risikoverleugnung

K. Mayer BVD ZH II 8

Grundprinzipien und inhaltliche

Struktur deliktorientierter

Lernprogramme

Lernprogramme leiten

K. Mayer BVD ZH II 9

Vorwort

(1) McMurran, M. & Hollin, C.R. (1995) Series Preface. The Wiley Series in Offender Rehabilitation. In J. McGuire (Ed.) What works: Reducing Reoffending.

Guidelines from Research and Practice. Chichester: John Wiley & Sons

(2) McGuire, J. & Pristley, Ph. (1995) Reviewing „What Works“: Past, Present ans Future. In J. McGuire (Ed.) What works: Reducing Reoffending.

Guidelines from Research and Practice. Chichester: John Wiley & Sons (14)

Aushandeln von Arbeitszielen

man kann nur an den Zielen arbeiten, die der Klient auch mitträgt

an Zielen zu arbeiten, die der Klient nicht hat bzw. an Themen zu arbeiten, an denen der Klient nicht mitarbeiten will, führt zu nichts

Implizite Wirksamkeits-Formel der

Rückfallprävention

Formel:

Problembewältigung+ Soziale Integration+ Symptomreduktion (falls vorhanden)= Rückfallfreiheit

Viele Straffällige sind sozial gut

integriert

•Verkehrsdelikte (über 50% aller Verurteilungen)•Betrugsdelikte•Wirtschaftskriminalität•z.T. Drogenhandel•Hehlerei...

Rückfälle trotz erfolgreicher

Reintegration

•Sozialpädagogische Erziehungs- und Ausbildungs-massnahmen sind ohne rückfallmindernden Effekt

•Erhobene Rückfallzahlen sind genau so hoch und z.T.höher als bei

•Untersuchungen ohne spezielle (re)integrative Massnahmen

Urbaniok et al. (2007): Legalbewährung junger Straftäter nach Entlassung aus Arbeitserzierhungsmassnahmen. Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat., 56, 109-122

Sozialer Status ist keine gute

Prädiktorvariable

•Soziale Herkunft•Bildungsstand•oder beruflicher Status•spielen als Prädiktorvariablen für Kriminalität eine weitausunbedeutendere Rolle als

• antisoziale Einstellungen,• schlecht angepasste Verhaltensgewohnheiten• und bestimmte Persönlichkeitseigenschaften

(Gendreau 1992, Andrews & Bonta 1994)

Psychotherapie Legalbewährung

•Delegation einer forensischen Aufgabe an klinische Fachleute

•Symptomminderung ist in der Regel nicht Risikomindernd

•ausser es werde risikorelevante Persönlichkeitsmerkmale fokussiert

Kontrolle führt nicht zu

nachhaltigen Effekten

•Prinzip: das Auftreten unerwünschter Verhaltensweisenbzw. das Ausbleiben bestimmter erwünschter Verhaltensweisen wird sanktioniert

•Voraussetzungen für die Abschreckungs-Wirkung:• Sanktion ist unangenehm• Regelverletzung wird entdeckt• Sanktionierung erfolgt sicher und gerecht

Wirkung von Kontrolle

•Kontrolle führt rasch zu Anpassungsleistungen•Die Anpassungsleistungen werden so lange aufrechterhalten,wie eine wirkungsvolle Kontrolle stattfindet

•Was passiert, wenn ...•... die Kontrolle lückenhaft ist?•... Regelverstösse nicht (oder nicht aversiv)• sanktioniert werden?•... Die Kontrolle endet?

Selektionseffekt bei

Arbeitsprozesses

•Es findet tendenziell Arbeitsprozesse mit den Klientenstatt, die zu den Gesprächen erscheinen

•zu Kooperation und Mitarbeit bereit sind damit ein hohes Mass an sozialer Anpassungsbereitschaft zeigen

•das sind nicht die Klienten mit den höchsten Rückfall-Risiken

Der Hilfsprozess greift zu kurz oder

daneben•Hilfs- und Unterstützungsprozesse auf Basis von freiwilligvereinbarten Veränderungszielen berühren in der Regel nichtrisikorelevante Themenbereiche

•Klienten wünschen sich Unterstützung in Bereichen, die nichtunmittelbar risikorelevant sind

•Klienten wünschen keine Unterstützung für Veränderungen inBereichen, die risikorelevant sind

•Klienten wünschen in der Regel keine Gespräche über das Delikt

•Das ist die normale Wirkung von kognitiven Verzerrungen wie• Neutralisierungs-Strategien• Risikoverleugnungs-Strategien

Wie kommt es zu einem Rückfall?

Gewalt-tat

Risiko-Situation

KognitivesVermeiden

PositiveKonsequenzen

Aufrechterhaltung kriminogener

Einstellungen und Defizite

SozialesVermeiden

KognitiveNeutralisierung

Mangelnde Auseinandersetzung mit

... sozialem und kognitivem Vermeidungsverhalten

.... Neutralisierungsstrategien zu Delikthergang und –ursachen

... allen Konsequenzen eines Delikts

... Risikosituationen

... kriminogenen Einstellungen, Haltungen, Zielen

... problematischen Verhaltenstendenzen undFertigkeitsdefiziten

Neutralisierungs-Strategien

Verleugnen(„Das habe ich nicht getan“)

Partielles Ausblenden(„An diesen Teil erinnere ich mich nicht“)

Bagatellisieren(„Das ist nicht schlimm“)

Isolieren(„Es war nur das eine Mal“)

Verantwortungsexternalisierung(„Ich konnte nicht anders“)

Neutralisierungs-Strategien

Abspalten(„Ich war nicht mehr ich selbst“)

Rationalisierung(„Das war sinnvoll und notwendig“)

Normalisierung(„Das machen doch alle“)

Risikoverleugnungs-Strategien

Problemverleugnungich habe kein Problem, es hat nichts mit mir zu tun, ich habealles gelöst und kapiert(kein Problem = kein Risiko)

Immunisierungs-IllusionIch bin bestraft worden und habe meine Lektion gelernt –wenn das nicht so wäre, wäre ich ja blöde, und da ich nicht blöde bin, habe ich kein Rückfallrisiko(Strafe = Lerneffekt = kein Risiko)

Ergebnis: „Alles klar, nicht so schlimm, alles im Griff, alles kapiert, es gibt kein Rückfallrisiko, es gibt nichts zubesprechen

Ergebnis

•Unstrukturierter Betreuungsprozess, in dem über dasgesprochen wird, was der Klient zulässt

•Es findet statt, wozu der Klient bereit ist und findet nicht statt,wozu er nicht bereit ist

•Die Neutralisierungs- und Vermeidungsstrategien der Klientenlimitieren den Arbeitsprozess

•Diese Arbeitsprozesse sind nur sehr begrenzt risikomindernd

•Und: immer wieder von den Klienten enttäuschte Bewährungshelfer

Hürden

•Wie soll ich das Delikt ansprechen?

•Wenn es angesprochen ist - wie weiter?

•Wie sieht ein strukturierter Prozess der Deliktverarbeitung aus?

•Welche Ziele werden dabei angestrebt?

•Belastet das nicht die vertrauensvolle helfende Beziehung?

•Droht Beziehungsabbruch?

Hilfe

Hilfe ist und bleibt notwendig, z.B.:

bei drängenden existentiellen Probleme (Wo schlafe ichheute Nacht? Wie kann ich mir zu Essen kaufen?) wird derKlient nicht in der Lage sein, sich auf risikoorientiertesArbeiten einzulassen

sind Problemlagen ein relevanter Risikofaktor, ist Hilfe zurProblembewältigung Risiko mindernd

Kontrolle

•Kontrolle ist und bleibt notwendig, z.B.:

•bei Auflagen wie Abstinenzauflagen, Kontaktverboten,Fahrverboten etc.

•Wachsamkeit hinsichtlich Rückfall-Risiken

Einflussnahme als dritter

Arbeitsprozess

KontrolleEinhaltung von Auflagen,Wachsamkeit hinsichtlichRückfällen

Einflussnahme durchrisikoorientierteInterventionenStrukturierte Identifikationund Bearbeitungindividuell relevanterRisikofaktoren

Arbeitsauftrag: (Re)Integration und Risikominderung

HilfePraktische UnterstützungBei Problembewältigung

K. Mayer BVD ZH II 30

1. Die Fundamente eines deliktorientierten Lernprogramms

2. Prinzipien der Effektivität deliktorientierter Lernprogramme

3. Kognitiv-behaviorale Interventionsprinzipien

4. Motivationspsychologische Prinzipien

5. Die Anatomie eines deliktorientierten Lernprogramms

Überblick

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Deliktorientierte Lernprogramme

Kriminologische

Forschung: Effektivitäts-

Prinzipien

Kognitiv-

behaviorale Interventions-

Prinzipien

Motivations-

psychologische Prinzipien

Drei Pfeiler

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Kriminologische Forschung:

Effektivitäts-Prinzipien

Kognitiv-behaviorale

Interventions-Prinzipien

Motivations-psychologische

Prinzipien

Risikoorientierte Fertigkeits- Prozessorientierung Interventions-Intensität orientierung Problemklärung Criminogenic Needs Multimodale Interventionen Bedürfnisklärung Programm-Modalität Einstellungs- Bilanzierung Strukturierung modifikation Konkrete Zielsetzung Aktives Lernen Transfersicherung Programmintegrität

Konstruktions-Prinzipien

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Risk classification

Interventionsprinzip:

Die Intensität der Interventionen orientiert sich an der Einschätzung des Rückfall-Risikos

Klienten mit einem hohen Rückfallrisiko erhalten eine intensivere Betreuung als Klienten mit einem niedrigeren Rückfallrisiko

Die Einschätzung des Rückfallrisikos orientiert sich an der individuellen Vorgeschichte und an statistischen Daten

Dieses Prinzip sichert Effektivität und den gezielten Einsatz von Ressourcen

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Criminogenic Needs

Interventionsprinzip:

Merkmale und Probleme von Klienten werden unterschieden hinsichtlich solchen, die hinsichtlich erneuter Delinquenz ursächlich oder förderlich wirken können und solchen, bei denen kein Zusammenhang zur Delinquenz erkennbar ist

Das Prinzip ist kennzeichnend für den Ansatz der Deliktorientierung: Ziel der Intervention ist ausschliesslich das Verändern delinquenter Verhaltensweisen und deren Ursachen

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Was sind kriminogene Bedürfnisse?

Anti-soziale Einstellungen oder Gefühle

Geringe oder fehlende Akzeptanz von Gesetzen bzw. deren Vertretern

Fehlende oder mangelhafte Identifikation mit prosozialen Verhaltensweisen oder Modellen

Defizite bei kognitiven Fertigkeiten wie Entscheidungsfindung oder Problemlösen

Defizite bei interpersonellen Fertigkeiten

Defizite bei Selbstkontroll- und Selbstmanagement-Fertigkeiten

Fehlen eines internalisierten Handlungsplans für Risikosituationen

Substanzmissbrauch oder -abhängigkeit

Kontakt zu einem antisozialen Umfeld

Belastende Lebensumstände: Familienprobleme, soziale Isolation, Arbeits- und Wohnungslosigkeit, Geldprobleme

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Identifikation kriminogener Bedürfnisse

Identifikation auslösender Faktoren

(„Was führt dazu, das es passiert?“)

Identifikation aufrechterhaltender Faktoren

(„Was spricht dafür, dass es wieder passiert?“)

Identifikation problematischer Einstellungen und Pläne

(„Was denkt er sich eigentlich dabei?“)

Identifikation relevanter Kompetenzdefizite

(„Was hat kann er nicht?“ „Was hat er nicht gelernt?“

„Was hat er „falsch“ gelernt?“)

Identifikation problematischer Lebensumstände

(Soziales Umfeld, Herkunftsfamilie, berufliche und ökonomische Situation)

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Strukturierung

Effektive Programme basieren auf einem theoretisch begründeten Veränderungsmodell

Sie umfassen zielgerichtete Interventionen, die positiv formulierte Veränderungsziele anstreben

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Responsivity

Interventionsprinzip 1:

Die „Lernstile“ von Betreuer und Klient sollten zueinander passen

Interventionsprinzip 2:

Die Interventionen sollten eine aktive Beteiligung der Klienten fördern (und fordern)

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Matching of learning styles

Passung im Sinne persönlicher Stile:

der Sozialarbeiter setzt seine Autorität eindeutig, aber fair ein

er ist ein Modell für prosoziales Verhalten und effektives Problemlösen

er verstärkt entsprechende Ansätze beim Klienten

K. Mayer BVD ZH II 40

Förderung aktiver Beteiligung der Teilnehmer

Aktivierung 1: Die Struktur

das Lernprogramm enthält Interventionen, die eine aktive Beteiligung der Teilnehmer fördern (fordern)

Aktivierung 2: Der Prozess

der Gruppenleiter fördert eine aktive Beteiligung der Teilnehmer durch sein Interaktionsverhalten

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Programme integrity

Narrowly interpreted, programme integrity refers to the extent to which practitioners adhere to a prescribed series of steps in the delivery of a programme of intervention.

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Programm-Integrität

Programmintegrität bezeichnet die Umsetzungstreue des Programms:

Wie gut gelingt es den Gruppenleitern, das Lernprogramm entsprechend seiner Ziele und seiner Struktur umzusetzen?

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Aspekte der Programm-Integrität

Das Programm ist manualisiert und die Gruppenleiter halten sich an dieses Manual

Die Gruppenleiter sind von der Sinnhaftigkeit bzw. Wirksamkeit des Programms überzeugt und kommunizieren (verkörpern) diese Überzeugung

Die Gruppenleiter verhalten sich entsprechend der Werten und Zielen des Programms

Die Gruppenleiter sind entsprechend den Anforderungen des Programms ausgebildet

Die Durchführung des Programms unterliegt einer regel-mässigen Supervision

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Fertigkeits-Orientierung

Das Programm vermittelt den Teilnehmern Fertigkeiten, um zukünftige Risiko-Situationen bewältigen zu können

Diese Fertigkeiten lassen sich in die Bereiche unterteilen:

Kognitive Fertigkeiten

Selbstmanagement-Fertigkeiten

Soziale Fertigkeiten