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DER BABYLONISCHE TALMUD Übertragen und erläutert von Jakob Fromer # Anaconda

DER BABYLONISCHE TALMUD - Anaconda Verlag · INHALT In den Talmudausgaben zählt das Titelblatt eines jeden Traktates als Blatt 1, sodass der Text stets mit Blatt 2 beginnt. # Einleitung

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DERBABYLONISCHE

TALMUD

Übertragen und erläutert von Jakob Fromer

#

Anaconda

Fromer Talmud:Inhalt 08.03.2013 17:33 Seite 3

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Jakob Fromers Übertragung des babylonischen Talmuds erschienzuerst 1924 in der Brandusschen Verlags buchhandlung in Berlin.

Orthografie und Interpunktion wurden unter Wahrung vonLautstand und sprachlich-stilistischen Eigenheiten den Regeln

der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst. Die Umschrifthebräischer Namen und Begriffe blieb unverändert,

die Interpunktion konnte nicht durchgängig vereinheitlicht und geglättet werden.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation inder Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: dyadesign, Düsseldorf, www.dya.deSatz und Layout: Andreas Paqué, www.paque.de

Printed in Czech Republic 2013ISBN [email protected]

Fromer Talmud:Inhalt 08.03.2013 17:33 Seite 6

INHALTIn den Talmudausgaben zählt das Titelblatt eines jeden Traktates als Blatt 1, sodass der Text stets mitBlatt 2 beginnt.

#

EinleitungPirke Abot. Sprüche der Väter . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Erste Ordnung1. Traktat: Berakot, Lobsprüche. Blatt 2a–9b . . . . . 23

Zweite Ordnung1. Traktat: Schabbat, Sabbat. Blatt 2a–4a . . . . . . . . 139

4. Traktat: Pesachim, die Passahfeste. Blatt 2a –4b 166

5. Traktat: Joma, der Tag (Versöhnungstag). Blatt 2a; 9a–10a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

7. Traktat: Rosch Haschana, Neujahr. Blatt 2a; 16a–18a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

8. Traktat: Taanit, Fasten. Blatt 2a–3a; 5a; 7a–7b . . 237

Dritte Ordnung1. Traktat: Jebamot, Schwägerinnen. Blatt 2a –3b . 263

2. Traktat: Ketubot, Verschreibungen, Ehekontrakte. Blatt 2a–3b . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

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3. Traktat: Gittin, Scheidebriefe. Blatt 55b–57b . . . 300

4. Traktat: Kidduschin, Heiligungen, Trauungsformen. Blatt 2a–4b . . . . . . . . . . . . . . 326

Vierte Ordnung1. Traktat: Baba Kamma, Erste Pforte. Blatt 2a–4b 352

2. Traktat: Baba Mezia, Mittlere Pforte. Blatt 2a–4a; 83a–86a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383

3. Traktat: Baba Batra, die letzte Pforte. Blatt 73a–74b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432

5. Traktat: Synhedrin, Synedrion. Blatt 37a–37b; 90a–91b; 99a–101a . . . . . . . . . . . 439

5. Traktat: Aboda Sara, Götzendienst. Blatt 2a–3b 468

Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472

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ERSTE ORDNUNG:SAATEN

1. Traktat, Berakot, Lobsprüche

1. Kapitel # Mischna 1

Die jüdische Religion weist einen ausgesprochenen de-mokratischen Zug auf. Die altägyptischen Priester ha-ben ihre heiligen Schriften, im Gegensatz zu den demo-tischen, volksgebräuchlichen, in einer dem Volke unver-ständlichen Schrift, den Hieroglyphen, abgefasst, umdas Volk von den Geheimnissen der Religion fernzuhal-ten und um so fester an die Hierarchie zu fesseln. Ausdemselben Grunde hat die katholische Kirche die Über-setzung der heiligen Schrift aus der dem Volke unver-ständlichen lateinischen Sprache in die Landesspracheverboten. Im Pentateuch findet sich eine Reihe von Ge-boten und Verboten, die ausdrücklich als eine Reaktiongegen die ägyptischen Sitten und Gebräuche bezeich-net werden, so das Verbot des Totenkultus, worin aus-drücklich gesagt wird, dass man es nicht so wie dieÄgypter machen solle. Ebenfalls im Gegensatz zu denÄgyptern scheint der Verfasser des Pentateuch vorge-gangen zu sein. Er bedient sich einer durchaus volks-tümlichen Sprache und mahnt das Volk auf das Nach-drücklichste, sich mit dieser Schrift eingehend zu be -fassen. ›Und du sollst von ihnen – den Geboten derThora – reden, wenn du im Hause sitzest und auf demWege gehest, dich niederlegest und aufstehest‹ 5. B. M.

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6,7. # Ein zweiter charakteristischer Zug der jüdi-schen Religion ist die Verharrung bei dem einmal Fest-gesetzten. Andere Nationen pflegen die Gesetze, die mitden Zeitverhältnissen nicht mehr übereinstimmen, ab-zuändern oder ganz aufzuheben. Anders die Juden. #Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass sie tat-sächlich vor dem Einzug in Kanaan in der Wüste ge-weilt und dort Gesetze erhalten haben, so könnte manihn aus dem oben angeführten Gebote unzweideutig er-bringen. Nur von einem in der Wüste sich aufhaltendenVolke, das von Nahrungssorgen nicht abgelenkt wurde,konnte man verlangen, dass es vom Morgen bis zumAbend sich unablässig mit der Schrift befassen sollte.Sobald die Hebräer in Kanaan eingewandert waren undsich dem Ackerbau ergeben hatten, war die Befolgungdieses Gebotes unmöglich geworden. Anstatt es aberaufzuheben, wurde es umgedeutet. Man legte dasSchwergewicht dieses Gebotes auf die Schlussworte:›Wenn du dich niederlegest und wenn du aufstehest.‹Also nicht den ganzen Tag, sondern nur am Abend, kurzvor dem Schlafengehen, und nur am Morgen, kurz nachdem Aufstehen. Man hielt es auch nicht für erforderlich,täglich die ganze Thora zu studieren, sondern be-schränkte sich auf einige ihrer wichtigsten Stellen. Alssolche galten: ›Höre Israel, der Herr unser Gott, derHerr ist einzig. Du sollst deinen Gott lieben von gan-zer Seele, von ganzem Herzen und von ganzem Vermö-gen …‹ 5. B. M. 6,4–9, u. a. Verse. Das Wort ›Höre‹, mitwelchem die erste Stelle beginnt, lautet in der Schrift›Schemá.‹ Nach diesem Worte wird die ganze Auslesebezeichnet. Nach einem alten jüdischen Brauche, derspäter umgangen wurde, durfte man die Worte der hei-ligen Schrift nicht auswendig hersagen, sondern manmusste sie lesen, daher ›Keriat Schemá‹, ›Lesen des

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Schema.‹ An diese wahrscheinlich aus der frühestenbiblischen Zeit stammende Rezitation knüpfte sich spä-ter die ›Tefilla‹, das Abend- und Morgengebet, das auseiner Reihe von Lobsprüchen besteht. # UnsereMischna befasst sich mit der Frage, innerhalb welchenZeitraums diese Rezitation stattzufinden hat. Mit an-dern Worten, welche Zeitpunkte unter ›Und wenn dudich niederlegest und aufstehest‹ gemeint sind. DieZeitbestimmung des Keriat Schemá am Morgen behan-delt sie im nächsten Kapitel. Hier sucht sie zunächst diedes Abends festzustellen. Bei dieser Frage bedient siesich des ungenauen Ausdrucks: ›Von wann an liest mandas Schemá am Abend?‹ Genauer hätte es heißen müs-sen: ›von wann an bis wann.‹ Als Antwort gibt sie dasErgebnis einer Debatte wieder, die hierüber im Synedri-on zu Jabne unter dem Vorsitz des Rabban Gamlielstattgefunden hat. Über die Anfangszeit waren alle ei-nig, dass sie mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, zu demdie Priester, die sich in religiösem Sinne verunreinigthatten, nach erfolgter Reinigung eintreten (beginnen)durften, von der heiligen Gabe zu essen, ›… und wer ir-gendein Gewürm anrührt, dadurch er unrein wird … istunrein bis zum Abend und soll von dem Heiligen nichtessen, sondern zuvor den Leib in Wasser baden, undwenn die Sonne untergegangen und er rein gewordenist, so mag er davon essen‹ 3. B. M. 22,7. Schwieriger wardie Frage über die Endzeit. Hier musste man zu einerastronomischen Bestimmung greifen. Die Mehrheit desSynedrion, die ›Chakamim‹, die Weisen, entschiedensich für Mitternacht. Eines der Mitglieder hingegensetzte diesen Zeitpunkt auf das Ende der ersten ›Nacht-wache‹, der Vorsitzende des Synedrion, Rabban Gam-liel, sogar bis zum Erscheinen des Morgensterns. Unse-re Mischna verweist noch auf einen Vorfall, wonach die

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Söhne des Gamliel in später Nacht von einem Gastmahlheimkehrten und auf die Frage, ob sie noch das Schemálesen dürften, von ihrem Vater die Antwort erhielten,dass dies bis zum Erscheinen des Morgensterns gestat-tet sei. Auch die Chakamim, fügt die Mischna hinzu, sei-en dieser Ansicht; sie hätten aber grundsätzlich be-stimmt, dass alle religiösen Wandlungen, die bis zumAufsteigen des Morgensterns auszuüben sind, bis Mit-ternacht vollbracht sein müssen, da man sie sonst ver-schlafen könnte. Die Mischna führt noch zwei solcherFälle an: das Verbrennen der Fettstücke und bestimmterTeile der Opfertiere, das in der dem Schlachttage fol-genden Nacht geschehen muss; ferner das Verzehrender Opfer, das innerhalb eines Tages erfolgen muss.# Bemerkenswert ist, dass die Ansichten der Oppo-nenten erwähnt werden, während die Mischna sonst ih-rem kodifizierenden Charakter gemäß nur die gelten-den Entscheidungen ausdrücklich hervorhebt. Endlichfällt auch die Erzählung auf, die von den Söhnen Gam-liels eingestreut wird. Derartige Illustrationen sindsonst in der Mischna nicht gebräuchlich.

Wortgetreue Übersetzung, Bl. 2aVon welcher Zeit an liest man das Schemá am Abend?Von der Zeit an, da die Priester hineingehen, von ihrerheiligen Gabe zu essen, bis zum Ende der erstenNachtwache. Die Worte des Rabbi Elieser. Die Chaka-mim aber sagen: bis Mitternacht. Rabban Gamliel sagt:bis der Morgenstern aufsteigt. Es begab sich, dass sei-ne Söhne vom Gastmahl kamen. Sie sprachen zu ihm:›Wir haben (noch) nicht das Schemá gelesen.‹ Er erwi-derte ihnen: ›Wenn der Morgenstern noch nicht aufge-stiegen ist, seid ihr verpflichtet, zu lesen.‹ Und nichtdies allein haben sie gesagt, sondern überall, wo die

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