Der Biotopflächenfaktor als ökologischer Kennwert · PDF fileDer Biotopflächenfaktor als ökologischer Kennwert Grundlagen zur Ermittlung und Zielgrößenbestimmung - Auszug ­

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  • Der Biotopflchenfaktor als kologischer Kennwert

    Grundlagen zur Ermittlung und Zielgrenbestimmung

    - Auszug

    Landschaft Planen & Bauen +

    Becker Giseke Mohren Richard

    Berlin, Dezember 1990

  • Gutachten zum Biotopflchenfaktor Kurzfassung

    1 Kurzfassung

    1.1 Anla und Zielsetzung zur Entwicklung standardisierter Umweltqualittsziele

    Eine wesentliche Zielsetzung der Stadtentwicklungspolitik ist nach dem Landschaftsprogramm und den Zielen des kologischen Stadtumbaus der Abbau der bestehenden Belastungen im Innenstadtbereich. Dies soll u.a. erreicht werden durch eine Verbesserung der Funktionsfhigkeit des Naturhaushaltes sowie durch die Frderung der Biotopentwicklung. Dabei sollen die derzeitigen Flchennutzungen nicht in Frage gestellt, sondern Anforderungen zur Verbesserung der kologischen Situation unter Beibehaltung der aktuellen Flchennutzung formuliert werden.

    Die starke kologische Belastung der Innenstadt, die aus den vielfltigen Nutzungsansprchen auf engstem Raum resultiert, wird durch den entwicklungsbedingten Druck zur Intensivierung der Flchenausnutzung sowohl im Bereich des Wohnens als auch auf Standorten von Gewerbe und Infrastruktur noch verschrft. Gleichzeitig werden durch die Reduzierung der zur Verfgung stehenden Flchenpotentiale den flchenbezogenen Manahmen zur Sicherung und Entwicklung des Naturhaushaltes Immer engere Grenzen gesetzt.

    Es ist daher dringend erforderlich, kologische Standards als Magabe zur Sicherung und Entwicklung von Umweltqualitten fr smtliche. Nutzungsstrukturen des Innenstadtbereiches grundstcksbezogen zu formulieren und festzuschreiben, Als ein derartiger Standard wurde im Rahmen der Landschaftsplanung der Biotopflchenfaktor1 entwickelt.

    1.2 Der Biotopflchenfaktor - Inhalt und Zielsetzung

    Der Biotopflchenfaktor (BFF) benennt fr bebaute Grundstcke das Verhltnis von sich positiv auf den Naturhaushalt bzw. die Biotopentwicklung auswirkenden Flchen eines Grundstckes zur gesamten Grundstcksflche.

    BFF = naturhaushait-wirksame Flchen Grundstcksflche

    Anders als bei anderen Kennwerten - z.B. der Benennung des Versiegelungsgrades bzw. der unversiegelt zu belassenen Grundstcksteile - werden bei dem BFF nicht nur die reinen Vegetationsflchen auf gewachsenem Boden bercksichtigt, wenngleich diese natrlich die hchste Wertigkeit fr die Sicherung der Funktionsfhigkeit des Naturhaushaltes besitzen. Vielmehr werden auch befestige Oberflchen, je nach der Art der Versiegelung, mit einem bestimmten Faktorwert einbezogen, ebenso Dachflchen und fensterlose Auenwnde, sofern sie Vegetationsbestand aufweisen.

    Der Biotopflchenfaktor stellt daher - quasi als Aggregationsgre - in einem Summenwert die einzelnen kologischen Funktionsflchen eines Grundstckes im Ist-Zustand - "Bestands-BFF" - dar, bzw. dient zur Formulierung des zu erreichenden Mindeststandards "Zlel-BFF".

    Die Bezeichnung Biotopflchenfaktor verkrzt den Inhalt des Faktorwertes, da neben der Funktion als Lebensraum fr Tier und Pflanze weitere fr die Sicherung der Funktionsfhigkeit des Naturhaushaltes relevante Gesichtspunkte einflieen. Auf die an sich umfassendere Bezeichnung "Faktor fr naturhaushalt-wirksarne-Flchen" wird wegen der schwierigen Begrifflichkeit jedoch verzichtet. Zudem hat der Begriff "Biotopflchenfaktor" bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Fachwelt erlangt.

    Landschaft Planen & Bauen Becker Giseke Mohren Richard

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  • Gutachten zum Biotopflchenfaktor Kurzfassung

    Der Ansatz wurde zur Verbesserung der kologischen Situation in den Bestandsgebieten der Innenstadt entwickelt. Er trgt der besonderen Problemlage dieser Gebiete in hohem Mae Rechnung:

    Die Gebiete sind geprgt durch einen geringen Anteil ffentlicher Freiflchen und damit kologischer Ausgleichsflchen. Eine Verbesserung der Situation ist nur ber Einbeziehung der privaten Grundstcksflchen zu erreichen.

    Innerhalb der hochverdichteten Bebauung mit vielfltiger Nutzungsmischung ist der Anteil nicht berbauter Grundstcksflchen i.d.R. extrem gering bei gleichzeitig hohen Nutzungsanforderungen an die Flchen (Erschlieung, Wirtschafts-, Spiel- und Lagerflchen). Dies macht einen bestimmten Anteil versiegelter Flchen erforderlich.

    Vor diesem Hintergrund gewinnt die Ausschpfung des Potentials an vertikalen Flchen und Dchern innerhalb der Bebauung, das ein Mehrfaches der nicht berbauten Grundstcksflche umfassen kann, besonders an Bedeutung.

    Der Biotopflchenfaktor benennt Flchenanteile, ist also ein ausschlielich quantitativer Wert, wenngleich qualitative Aspekte der Flchenausprgung als Mastab fr die Faktorbildung indirekt ber die Flchenwertigkeit mit ein flieen. Der Biotopflchenfaktor deckt damit nicht die qualitativen Anforderungen der Landschaftsplanung z.B. hinsichtlich der Gestaltung und Nutzung von Flchen oder der Zusammensetzung der Bepflanzung ab. hnlich den stdtebaulichen Kennwerten in der Bauleitplanung, die zwar Art und Ma der Nutzung regeln, aber damit den stdtebaulichen und architektonischen Entwurf nicht berflssig machen, entbindet der BFF, nicht von der gesonderten Freiraumgestaltung und der Konkretisierung sonstiger landschaftsplanerischer Inhalte.

    Da der BFF eine Aggregationsgre aus Anteilen unterschiedlicher Flchenstrukturen ist, bestehen entsprechende Spielrume zum Erreichen des Ziel-BFF. Die Mglichkeiten Verschiedener Manahmekombinationen - Anteil der begrnten Grundflche, Auswahl der Belge, Einbeziehung von Dach- und Vertikalbegrnung unterschiedlichen Umfanges lassen eine flexible und an die jeweiligen Entwicklungsbedingungen des Grundstckes angepate Umsetzung zu.

    Der BFF greift damit vergleichsweise wenig in die Gestaltungsfreiheit ein, setzt aber trotzdem im Sinne einer Verbesserung der Umweltsituation ein Ma fr den erforderlichen Mindeststandard. Die Regelungsintensitt der Planung wird nicht in unvertrglichem Ma gesteigert.

    Der Ziel-BFF ist in Anlehnung an die stdtebaulichen Kennwerte als grundstcksbezogener Wert festzulegen. Er soll als weitgehend flchendeckendes Instrument innerhalb des Innenstadtbereiches einsetzbar, d.h. i.d.R. fr alle bebauten Bereiche der Innenstadt anwendbar sein. Dies umfat neben den Wohnbaugrundstcken auch die Gewerbe- und Industrieflchen sowie Standorte des Gemeinbedarfs und der technischen Infrastruktur. Nicht erfat werden berwiegend unbebaute Bereiche, fr die andere Regelungen zu treffen sind.

    Zur Vereinfachung bisher blicher, einzelflchenbezogener Bestands- und Manahmeermirtlungen auf der Ebene der Grnordnungsplanung soll mit dem BFF eine Standardisierung kologischer Zielgren erreicht werden. D.h. die Zielgre mu den Anforderungen an eine bertragbarkeit auf andere Grundstcke, die nach eindeutiger Definition vergleichbare Bebauungs- und Nutzungsstruktur und damit Entwicklungserfordernisse aufweisen, gerecht werden.

    Die erfolgte Standardisierung basiert einerseits auf. einer Strukturierung der bestehenden Nutzungen (Wohnen, gewerbliche Nutzungen, verschiedene Nutzungen des Gemeinbedarfs und der technischen Infrastruktur) und andererseits auf einer Typologisierung der Bau- und Freiraumstruktur. Insbesondere bei der Nutzung Wohnen ist die Typologisierung der Bau-und Freiraumstrukturen aufgrund des dort vorhandenen breiten Flchennutzungsspektrums eine wesentliche Grundlage zur Formulierung kologischer Potentiale.

    Landschaft Planen & Bauen Becker Giseke Mohren Richard 3

  • Gutachten zum Biotopflchenfaktor Kurzfassung

    Als signifikant hat sich bei der Ermittlung von BFF-Zielgren vor allem fr bestehende Wohnbebauung und fr die berwiegenden Nutzungen des Gemeinbedarfs die Kopplung des BFF an die GRZ* erwiesen. Beim Wohnungsneubau, bei gewerblich genutzten Flchen und solchen der technischen Infrastruktur erfolgte die Zielformulierung nach beispielhafter Ermittlung der realen Mglichkeiten vor dem Hintergrund des stdtebaulichen Leitbildes und der landschaftsplanerischen Entwicklungsvorstellungen. Ein direktes In-Beziehung-setzen zum stdtebaulichen Kennwert GRZ* erwies sich hier nicht als sinnvoll. Dennoch Ist dieser Kennwert als normative Gre Gegenstand der Leitbilddiskussion gewesen,

    1.3 Methodischer Ansatz zur Ableitung von BFF-Zielgren

    Die Formulierung der BFF-Zielgren fr Bestandsgebiete steht im Spannungsfeld zwischen den kologischen Erfordernissen und dem Rahmen, der durch die stdtebaulichen Strukturen vorgeben ist. Der jeweilige Ziel-BFF stellt daher eine vermittelnde Gre dessen dar, was an kologischen Anforderungen nachtrglich in den Stdtebau integrierbar ist. Umso wichtiger ist es dabei - soll der BFF in der Praxis praktikabel, d.h. die Mglichkeit seiner Umsetzung im Rahmen des Zumutbaren gewhrleistet sein -, da er nicht auf rein normativer Setzung beruht. Neben der Auseinandersetzung mit den in der bergeordneten Planung formulierten landschaftsplanerischen und stdtebaulichen Zielsetzungen mssen daher auch grundstcksbezogene, projektive Gren aus dem Bestand und den gegebenen Entwicklungspotentialen abgeleitet werden.

    1.3.1 Zugrundeliegendes stdtebauliches Leitbild und landschaftsplanerische Entwicklungsvorstellungen

    Der Formulierung von BFF-Zielgren wurden folgende Entwicklungsgrundstze zugrun degelegt:

    Grundstzlich wird von dem in FNP- und LaPro formulierten Erhalt der gewachsenen Nutzungsstrukturen, auch der vorhandenen Mischung von Wohnen und Gewerbe, ausgegangen. Dies erfordert, da der Umfang der zum Erreichen der BFF-Zielgre erforderlichen Begrnungsmanahmen nicht zu einer unvertrglichen Einschrnkung oder Behinderung der gewerblichen Nutzung in der Mischung fhren darf.

    Fr die Wohnbauflchen ist der Ziel-BFF an den Bestandsdichten der vorhandenen Bebauung - von der aufgelockerten Bauweise bis zur verdichteten Blockbebauung orientiert. Es