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622 9. Der dunkle Knthodenruum; von G. C. Schmidt. 8 1. Einleitung. In den letzten Jahren haben sich unsere Anschauungen uber den Elektrizititsdurchgang durch Gase, dadurch, dafi man diesen Vorgang in Analogie zur Elektro- lyse gebracht hat, in bemerkenswerter Weise geklart. Nach der wohl allgemein herrschenden Auffassung wird die Elektri- zitat in Gasen durch positive und negative Ionen hez. Elek- tronen in ahnlicher Weise transportiert, wie dies bei den flussigen Leitern der Fall ist. In der nachfolgenden Arbeit habe ich versucht, den Parallelismus noch etwas weiter zu verfolgen und dadurch namentlich die Verhaltnisse im dunklen Kathodenraum auf- zuklaren. fiber die Natur desselben und den an der Kathode vor- handenen groBen Kathodenfall sind mancherlei Hypothesen aufgestellt worden. Auf Grund der Tatsache, dafi eine Ent- ladung erlischt, wenn der dunkle Raum die Anode beruhrt, hat Hr. E. Wiedemannl) die Vermutung ausgesprochen, dafi der dunkle Raum dem Durchgang der Elektrizitat einen grofien Widerstand entgegensetzt , einer Ansicht , welcher sich auch andere Forscher angeschlossen haben. Stellt man sich auf den Boden der Elektronentheorie, so ist nicht recht einzusehen, weswegen die Ionen, die sich doch in lufterfullten Raumen leicht bewegen, nach Entfernung der Luftmolekule gerade im dunklen Raum einem besonderen Hindernis begegnen. Der dunkle Raum zeigt, wie aus den ausgedehnten Versuchen von E. Wiedemann und H. Eberts) hervorgeht, auch in anderer Hinsicht keine Besonderheiten, aus denen man auf einen Wider- stand schlieBen konnte. - 1) E. Wiedemann, Wied. Ann. 20. p. 771. 1883. 2) W. Hittorf, Wied. Ann. 20. p. 705. 1883; 21. p. 90. 1883; 3) E. Wiedemann u. H. Ebert, Wied. Ann. 36. p. 643. 1889. J. J. Thomson, Roy. Iustit. 1894. Sep.; Beibl. 20. p. 303. 1894.

Der dunkle Kathodenraum

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9. Der dunkle Knthodenruum; von G. C. S c h m i d t .

8 1. Einleitung. In den letzten Jahren haben sich unsere Anschauungen uber den Elektrizititsdurchgang durch Gase, dadurch, dafi man diesen Vorgang in Analogie zur Elektro- lyse gebracht hat, in bemerkenswerter Weise geklart. Nach der wohl allgemein herrschenden Auffassung wird die Elektri- zitat in Gasen durch positive und negative Ionen hez. Elek- tronen in ahnlicher Weise transportiert, wie dies bei den flussigen Leitern der Fall ist.

In der nachfolgenden Arbeit habe ich versucht, den Parallelismus noch etwas weiter zu verfolgen und dadurch namentlich die Verhaltnisse im dunklen Kathodenraum auf- zuklaren.

fiber die Natur desselben und den an der Kathode vor- handenen groBen Kathodenfall sind mancherlei Hypothesen aufgestellt worden. Auf Grund der Tatsache, dafi eine Ent- ladung erlischt, wenn der dunkle Raum die Anode beruhrt, hat Hr. E. Wiedemann l ) die Vermutung ausgesprochen, dafi der dunkle Raum dem Durchgang der Elektrizitat einen grofien Widerstand entgegensetzt , einer Ansicht , welcher sich auch andere Forscher angeschlossen haben. Stellt man sich auf den Boden der Elektronentheorie, so ist nicht recht einzusehen, weswegen die Ionen, die sich doch in lufterfullten Raumen leicht bewegen, nach Entfernung der Luftmolekule gerade im dunklen Raum einem besonderen Hindernis begegnen. Der dunkle Raum zeigt, wie aus den ausgedehnten Versuchen von E. W i e d e m a n n und H. Eber t s ) hervorgeht, auch in anderer Hinsicht keine Besonderheiten, aus denen man auf einen Wider- stand schlieBen konnte. -

1) E. W i e d e m a n n , Wied. Ann. 20. p. 771. 1883. 2) W. H i t t o r f , Wied. Ann. 20. p. 705. 1883; 21. p. 90. 1883;

3) E. Wiedemann u. H. E b e r t , Wied. Ann. 36. p. 643. 1889. J. J. T h o m s o n , Roy. Iustit. 1894. Sep.; Beibl. 20. p. 303. 1894.

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Dunkier h'athodenraum. 623

A. Schus te r l ) nimmt an , daB die Kathode sich polari- siert in ahnlicher Weise, wie dies bei fliissigen Elektrolyten der Fall ist, einer Ansicht, der sich unter anderem Mebiusq anschlieI3t. Hiergegen spricht , da6 bisher ein Polarisations- strom in einwandsfreier Weise nicht nachgewiesen worden ist.3)

Nach 0. Lehmann".) sollen sich die riegativen Ionen an der Anode leicht entladen konnen, wahrend die positiven ihre Ladung nur schwierig an die Kathode abgeben, so dab sich um diese eine mehr oder minder awgedehnte Hulle positiv elektrischen Gases lagert. Hiergegen laBt sich einwenden, daB ein negativ geladener Korper in den Kanal- uud Kathoden- strahlen seine Ladung sehr schnell verliert, und zwar, soweit aus den allerdings mehr qualitativen Beobachtungen hervor- geht, annahernd ebenso schnell, als w e n derselbe positiv ge- laden ist.6)

Von f i n . W. Kaufmanns) ist die Theorie aufgestellt worden, daB in der Nahe der Kathode die Konzentration beider Ionenarten wegen des stark wachsenden Potentialgefalles auBer- ordentlich klein wird. Hiergegen sind von Hrn. E. Gold- s t e i n ? Einwande erhoben worden, der den dunklen Kathoden- raum als eine Detlexionserscheinung auffaBt. Auf die Theorie von Kaufmann komme ich spater zuruck.

1) A. S c h u s t e r , Proc. Roy. Soc. 47. p. 526. 1890. 2) C. A. Mebius, Wied. Ann. 59. p. 605. 1896. 3) A. S c h u s t e r hr t (Lum. Blectrique 46. p. 371. 1892; Beibl. 27.

p. 157. 1893) bei H, N, 0, Waaserdampf und verscbiedenen anderen zu- sammengesetzten Gasen keine Polarisation beobachten kSnnen, wohl rber bei einigen Kohlenwasseratoffen. Aus der Tatsache, daE nur die leteteren Gase diese Erscheinung zeigen, geht mit Sicherheit hervor, d d wir es hier mit Ausnahmefiillen zu tun haben, die wohl in Zusammenhang stehen mit der leichten Zersetzbarkeit der betreffenden Gase und dem Niederschlagen der Zersetzungsprodukte auf die Elektroden. Von anderen Forschern ist niemala eine Polarisation beobachtet worden. J. J. T h o m - son u. E. R u t h e r f o r d , Phil. Mag. 42. p. 392. 1897.

4) 0. L e h m a n n , Verhandl. d. Naturw. Vereins Karlsruhe 16. p- 35. 1902. Sep.

5) W. A r n o l d , Wied. Ann. 61. p. 327. 1897; H. Dufour, Compt rend. 122. p. 460. 1896, u. a. Die geringen beobachteten Unterschiede er- klliren sich durch die verschiedenen Geschwindigkeiten der + und - Ionen.

6) W. K a u f m a n n , Verh. d. Deutsch. Phys. Ges. 2. p. 141. 1900. 7) E. G o l d s t e i n , Verh. d. Deutsch. Phys. Ges. 2. p. 143. 1900.

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624 cr'. C. Schmidt.

Im folgenden mochte ich zunachst eine andere Vorstellung entwickeln , die der Nernstschen l) Theorie der Elektrolyse gewisser wasserigen Losungen nachgebildet ist.

Wie in der Elektrochemie unterscheide ich zwischen loslichen und ui~liislichen Elektroden. Eine lijsliche Elektrode ist eine solche, welche Elektronen oder Ionen in dns Gas sendet, eine unlbsliche, welche keine zu bilden ver- mag. WeiSgltihende Elektroden , Elektroden , von denen Ka- thodenstrahlen ausgehen, siud also als losliche aufzufaesen, ebenso ein lichtelektrisches Metall, das bei Bestrahlung Elek- tronen abgibt etc.

Ionisieren wir ein Gas, sei es durch Rontgen- oder Bec- querelstrahlung oder auf andere Weise, so gilt, wie aus den Versuchen von J. J. Thomsona) hervorgeht, das Ohmsche Gesetz - die Stromstiirke ist proportional der Anzahl der Ionen, also der Leitfahigkeit und dem Potentialgradienten - ; allerdings wird dasselbe in mannigfacher Weise modifiziert, dadurch, dal3 die Ionen sich sehr schnell miteinander ver- binden und zum Teil durch den Strom weggeschafft werden etc. Polarisation tritt hierbei nicht auf. Da die Elektroden, falls sie nicht direkt von den Rontgenstrahlen getroffen werden, keine Ionen liefern, so sind sie ah unlijslich zu bezeichnen, und ist der Vorgang also ganz analog der Elektrolyse wasseriger Losungen zwischen unangreifbaren Elektroden z. B. von Kohle, nur werden im letzteren Fall die Verhaltnisse noch durch die Polarisation verwickelter.

Betrachten wir jetzt die Vorgange in einem Elektrolyten bei groBerer Stromdichte. Elektrolysiert man z. B. eine Kupfer- sulfatlbsung zwischen Kupferelektroden durch einen kraftigen Strom, so andert sich die Konzentration in der Lbsung dicht um die Elektrode. An der Kathode tritt eine Perarmung an Kupferionen ein, da die Wanderung und Diffusion nicht so vie1 Ionen zuflihrt, als aus der Losung gedrangt werden. Bei geringer Stromentnahme hilft die Zuwanderung nnd Diffusion in der Fltissigkeit uber diese Divergenz hinweg. Deren Wir-

8 2. Theorie.

-

1) W. Nernst , Ber. d. deutseh. ehem. Ges. p. 1547. 1897. 2) J. J. Thornson u. E Rutherford, Phil. Mag. 42. p. 892. 1896;

vgl. J. Stark, Ann. d. Phys. 5. p. 89 u. p. 793. 1901; 7. p. 932. 1902.

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Buiihler liathodenraum. 625

kung reicht aber bei hohen Stromdichten nicht aus und es tritt infolge der Konzentrationsanderungen an den Elektroden eine Gegenkraft auf, welche sich der Strombewegung wider- setzt. Diese Art der Polarisation zeigen unangreifbare Elek- troden, an denen Wasserstoff-, Chlor- oder Hydroxylionen ent- laden werden, gleichfalls; denn die Konzentration dieser Ionen an der Elektrode wird nicht minder verandert, wenn bei rascher Entlatlung Zuwanderung und Diffusion nicht mehr ausreichen, um den Verlust durch Entladung zu decken. Wie weit die Verlnderung der Schichten dicht um die Elektroden geht, hangt ausschlieBlich von der Stromdichte, der Wanderungs- und Diffusionsgeschwindigkeit ab.

Etwas verwickelter werden die Verhaltnisse, wenn die an den Elektroden sich entladenden Ionen nicht ursprunglich in ausreichender Weise vorhanden sind, sondern sich allmahlich neubilden. Da diese Vorgange in vieler Hinsicht iihnlich sind denen in Entladungsroliren, so mogen auch die hierbei auf- tretenden Erscheinungen kurz geschildert werden.

Haben wir z. B. eine wasserige Losung von KOH, so werden nach den Uiitersuchungen von Nernst’) bei 1,08 Volt Kathodenpotential (dem ersten Kuick) die H-Ionen, die in der wasserigen Losung stets vorhanden sind, entladen. Da die- selben sich aber nicht schnell genug nach- bilden, so bewirkt jede Entladung eine Yer- armring der Elektroden- umgebung a n Ionen. Sol1 die Stromstiirlte trotz dieser Vernrmung

eine weitere Steigerurig Fig. 1. der elektromotorischen Kraft vornehmen ; da die verfugbare Zahl der Wasserstoffionen lediglich durch die Geschwindigkeit der Neubildung bedingt ist, so ist der Neigungswinkel der Kurve direkt ein Ma8 fiir ihre Bildungsgeschwindigkeit. Erst bei 1,4 Volt, d e n zweiten

zunchmen~ so muB o 01 0.4 0,s 0.8 1.0 L3 40 l6rOlt

11 W. Nerns t , 1. c. Aonalen der Physik. IV. Folge. 12. 40

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626 G. C. Schmidt.

Knick, werden die K-Ionen entladen und jetzt nimmt, da die Zahl der vorhandenen Ionen sehr groB ist, bei Steigerung der elektromotorischen Kraft die Stromstarke rasch zu.

Diese Theorie laBt sich auf Gasentladungen iibertragen. Steigert man namlich in einem Gase, nachdem dasselbe

ionisiert ist, die Stromdichte, 80 wird an den Elektroden bald eine Terarmung an Ionen eintreten, da die Ionen sich nicht unendlich rasch neubilden und zu den Elektroden diffundieren. Wie weit die Veranderung der Schichten an den Elektroden vor sich geht , hangt ausschlieBlich von der Stromdichte und der Diffusions- und Wandeivngsgeschwindigkeit ab. Trotzdem iiber die Nalur und Wanderungsgeschwindigkeit der Elektronen und Ionen in Entladungsrohren noch keine Messungen vor- liegen, so sprechen doch viele Tatsachen dafiir, daB das posi- tive Ion langsamer wandert als das negative. Nimmt man diese sehr wahrscheinliche Hypothese an, so erklart sich leicht, weswegen an der Kathode, wohin die positiven Ionen gelangen, eine vie1 stiirkere Verarmung eintritt, als an der Anode.

Nach dieser Vorstellung ist also der dunkle Raum der Yerarmungsbereich.

Im folgenden habe ich diese Hypothese gepriift. Zu dem Zweck wird zuniichst festgestellt, da6 tatsachlich im dunklen Ritum im Vergleich zu den librigen Teilen der Entladung sehr wenig Ionen vorhanden sind. Dnmit wird die Grundlage der Theorie bestiitigt. Darauf habe ich eine Reihe von Folge- rungen aus der Theorie gezogen, namlich, daE der dunkle Raum kleiner werden, j a sogar verschwinden muB, wenn man nur geniigend Ionen in denselben hineinbringt. Dies gelingt tatsachlich, wenn man das Gas im dunklen Raum durch Ka- thoden- oder Kanalstrahlen ionisiert oder als Kathode ein lichtelektrisch empfindliches Metal1 anwendet, welches eben- falls unter dem EinfluB des in der Entladung vorhnndenen positiven nnd Glimm-Lichtes Ionen in den dunklen Raum aus- sendet. Auch alle anderen Erscheinungen an der Kathode finden, soweit ich das iibersehen kann, ihre ungezwungene Er- klarung durch die Theorie.

5 3. Nachweis der Perarmung an Ioiien an der Kathode. Um den Nachweis zu fiihren, daB an der Kathode im Ver- gleich zu den iibrigen Teilen der Entladung verhaltnismilSig

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Uunkler Kathodenraum. 627

wenig Ionen sind, wurde eine bewegliche Sonde, die mit einer Kapazitat verbunden war, in die verschiedenen Teile der Ent- ladung gebracht und nun die zur Ladung erforderliche Zeit beobachtet.

Als Entladungsrohr benutzte ich ein von Hm. A. Wehnelt ') Lei seinen Potentialmessungen i m dunklen Raum angewandtes; dasselbe war 6 cm weit und 100 cm lang. Die senkrecht zur Rohrachse befindliche scheibenformige und den ganzen Quer- schnitt des Entladungsrohres ausfullende Kathode K und eine seitlich sitzende Sonde Sl waren in der aus der Fig. 2 er- sichtlichen Weise (e sind kurze Enden eines 10mm dicken

Z A m q r c

Fig. 2.

Eisendrahtes) mit Hilfe eines Magneten von au6en verschiebbar. So konnte man an jeder Stelle des Raumes sowohl senkrecht als auch parallel zur Kathodenflache die Potentialdifferenzen zwischen Sonde und Kathode messen. Der ersten Sonde S, befand sich eine zweite S, diametral gegeniiber, welche bis in die Mitte der Entladungsrahre reichte. Die Sonden waren beide bis auf eine 1 mm lange Spitze durch ein dunnes Glrte- rohr isoliert. Die Sonden wurden so kurz gewiihlt, urn mag- lichst das Potential an der betreffenden Stelle zu erhalten. Zu den Potentialmessungen dienten Braunsche Elektrometer Das Elektrometer Xl maB die Potentialdifferenz zwischen der beweglichen Sonde S, und der zur Erde abgeleiteten Kathode, nnd Elektrometer E8 das gesamte Entladungspotential des

1) A. W e h n e l t , Ann. d. Phys. 10. p. 553. 1903. 40'

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623 G. ,C. Schmidt.

Rohres. N stellt ein kleines Napfchen mit Phosphorsaure- anhydrid dar, das iu r valligen .4ustrocknnng diente. Als Stromquelle wurde eine 20plattige Influenzmaschine benutzt. Das Entladungspotential wurde durch Regulieren des Druckes moglichst konstant gehalten. Da jede einzelne Messung der Ladungszeit vielfach 10-15 blin. dauerte, so gelang dies nicht vollstandig; Schwankungen von 500 Volt bei 4000-5000 Volt waren keine Seltenheit.

Bei den Messungen wurde die Kathode der Reihe nach in die rerschiedenen Abstande von den Sonden gebracht. Bei jedem Abstande x der Sonden von der Kathode wurde die bewegliche Sonde von der Achse des Entladungsrohres nach dem Rande zu bewegt und fur bestimmte Abstande r der Sonde 8 von der Mitte (r = 0) zunachst die Potentialdifferenz der Sonde und der zur Erde abgeleiteten Kathode gemessen. Darauf wurde die Sonde mit einer Kapazitat, einer Leydener Flasche, verbunden und nun die Zeit der Ladung bestimmt. Da sich hierbei ergab, daB, bevor die Flasche das Endpotentiul erreichte, vielfach eine Entladung in Form eines Funkens nach der Kathode zu vor sich ging, so war zwischen Sonde und dem mit der Kapazitat verbundenen Elektrometer ein groBer Widerstand, ein feuchter Bindfaden, eingeschaltet. In rnnnchen Teilen des dunklen Raumes hatte es, wie die Messungen er- gaben, Stunden geclauert, bis das Elektrometer und die Leydener Flasche ihre Endpotentiale erreicht hiitten. In diesen Fallen wui de das Steigen des Elektrometers wahrend mehreren Inter- vallen von je 5 Min. beobachtet und aus den so gewonnenen Zahlen die Zeit extrapoliert, die notig gewesen ware, um die Kapazitat und dss Elektrometer vollstandig zu laden.

Die Methode besitzt gegentiber der ihr sehr ahnlichen Methode der Querstrijme den Vorteil, dab an Stelle zweier Sonden nur eine benutzt wird und daher die Leitfahigkeit nicht in dem Raum zwischen den beiden Sonden, sondern nur in dem unmittelbar die eine Sonde umgrenzenden Raum gemessen wird. Alle Einwande gegen die Methode der Querstronie gelten aber auch fur die hier benutzte. Durch Hereinbringeii der Sonde rnit der Kapuzitilt in die Rohre wird der Kraftlinienrerlauf ge- stort und zwar an den verschiedenen Stellen der Entladung in verschiedener Weise, so dab Schliisse aus den Messungen nur

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Dunkler Kathodenraum. 629

mit Vorbehttlt gezogen werden konnen. Fur das Nachfolgende kommen die Bedenken gegeii die hier benutzte Methode nicht in Frage, da es sich nur urn qualitative Ergebnisse handelt.

I n den nachfolgenden Tabellen bedeutet r die Entfernung der Sonde von der Mitte der Kathode (T = 0), z der Abstand der Kathode von der Sonde, G P das Gesamtpotential, P das Potential der Sonde, Z die Zeit, die erforderlich war, damit sich das Elektrometer und die Leydener Flasche auf das Po- tential P luden. Das Gesamtpotential wurde am Anfang der Messungsreihe bestimmt, im Verlauf der letzteren anderte es sich vielfach um mehrere 100 Volt, da es nicht mbglich war, das Entladungspotential wilhrend 15 -30 Min. konstant zu halten. Der Kathodenstrahl bestand aus einem dunnen Strahl, der von der Mitte der Kathode ausging.

T a b e l l e I. p = 0,09 mm, i = 0.32.10-3 Am;.

1 m m 1 1 1

10 10 10 10

20 20 'LO 20

40 40 40 40

1800 1850 1850 1800

1750 1850 1850 1800

2 LOO 1900 1990 1930

1900 2000 1950 1950

Glimmlicht I 2000

60 1 2100 60 1 2000

6o I

60 j 2200

P

420 450 490 710

1260 1300 1300 1260

2000 1850 1870 1900

1850 1900 1900 1870

1950 2000 1950 1990

2

240 Min. 190 80 2

12 9 7 1 '/* 5 4 3 2

2 1 ' i s 1 'I* 1 'I¶

1',* 1 '12

1 lip 1 'is

Page 9: Der dunkle Kathodenraum

630

X

3 rum 3 3 3

10 10 10 10

G. C. Schmidt.

G P

5500 5000 4500 4800

5500 4500 4800 5000

r

P

2000 1650 1500 1540

2800 2600 2650 2700

Tabe l l e 11. p = 0,05 mm. i = 0,32. 10-3 Amp.

z 55 Min. 22 20

4

12 10 7 3

1 mm 1 1 1

20 20 20 20

40 40 40 40

80 80 80 80

O P

4500 5000 5000 6000

5000 4500 4800 5500

5000 5500 5000 5300

Glimrnlicltt 4500 4500 5000 5000

P

n i o 900 920 970

1100 1150 1150 1120

4100 4200 4000 4000

4500 4500 5000 5000

z 00

00

300 Min. 25

20 14

8

1 ‘A 5 4 3 l ’ l ,

2 2

1 ’/* 1 ‘1%

Xus den Tabellen ist deutlich zu ersehen, da8 je nalier man sich dem Glimm- oder Kathodenlicht befindet, desto schneller das Elektrometer seine Ladung annimmt.

Es wurde jetzt die hlitte der Kathode durch ein 2 m m breites Loch durchbohrt, durch welches ein Kanalstrahlen- biindel in den Raurn hinter der Kathode trst.

Tabe l l e 111. p = 0,04 mm. i = 0 , 3 3 . 10-3 Amp.

r

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r

h n k l e r Kathodenraum.

T a b e l l e 111 (Fortsetzung). --

I

3 I Q P

20 m m 1 4700 20 I 4700 20 4800 20 4900

40 1 4500

- -

40 I 4400 40 i 4400 40 I 4500

Glimmlicht

80 1 3800 1 80 I 3800 ' 80 I 3800 ~ 80 1 3800

-_____ P

3000 3000 2950 2900

3300 3500 3500 3300

~ ..

3600 3600 3600 3600

Aus den Tabellen ergibt sich: - 1. h i dunklen Kathodenraum dauert es awperordentlich

lange, bis ein mit eiiier Kaparitat verbundenes Xlektrometer sich ladt. Hieraus schlieBe ich, dap der duiikle Baum m r wenig Ionen enthalt, er ist der y,r,l.yiiungsbereich. Hiermit ist die Grundlage der oben gegebenen Theorie bestatigt.

2. Je mehr mun sich dem Glimmlicht- und Kathodenstrahlen- biindel nahert, desto schneller lad t sich ein mit einer Kaparitiit verbundenes EleRtrometer. Hieraus ergibt sich , daB j e mrhr man sich den G'limmlicl~t- und hrathodenstrahlen nahert, desto groper die Ionisation ist.

Die Kathodenstrahlen ionisieren also das Gas auf ihrer Bahn im dunklen Raum. Daraus, daB die Iotien nur in be- schranktem MaBe in den dunklen Raum diffuiidieren , muB man schlieBen, da6 die positiven Ionen sofort nach der Kathode gerissen, die negativen nach der Anode geschleuclert werdcn. Hiermit steht in Einklang, daB nach A. Wehnelt ' ) , j e mehr das sichtbare Strahlenbundel an der Kathode sich nach der Mitte zusammenzieht , der ,,Ringstrom", d. h. der Strom, der durch die auBeren Teile der plattenforniigen Kathode flieBt, schwacher wird, bis schlieBlich bei sehr tiefen Drucken , wo

1) A. Wehnelt, Ann. d. Phys. 7. p. 242. 1902.

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632 G. C. ScJimidt.

die Kanal- und Kathodenstrtthlenbiindel nur noch ganz diinn sind, der innere Teil der Kathode allein die Strornfuhrung iibernimmt, d. h. es flieBt nur durch diejenigerl Stellen der Kathode Strom ab , die von der sichtbaren Ansatzstelle der Strahlenbundel bedeckt sind.

8 4. Einfliip der Kathoden- und Kanalstrahlen aiif die Erscheinungen im dunkien Raum. Aus den obigen Anschauungen folgt unmittelbar, daf3 der dunkle Raum verschwinden mu6 und ebenso der groBe Potentialsprung, wenn wir in demselberi positive Ionen in geniigender Menge schaffen. Wir haben hierzu eine Reihe -ion Mitteln, namlich dadurch, daB wir Kathoden-, Kanalstrahlen oder Rontgenstrahlen in den dunklen Raum fallen lassen. DaB tatsachlich die Kathoden- und Kanal- strahlen den Potentialsprung an der Kathode erniedrigen, dafiir sprechen eine Reihe von Versuchen von E. W i e d e m a n n und mirl), aus denen hervorgeht, daB diese beiden Arton von Strahlen das Entlndungspotential in hohem MaBe herabdriicken, wenn sie auf die Kathode fallen, wahrend ihre Einwirkung auf die Anode sehr gering ist.

Ich habe diese Beobachtungen etwas weiter verfolgt. Zur Anwendung kamen drei Entladungsrohren. Rohr I

(Fig. 3): A und B sind zwei Glasrohren von passender Weite (un- gefahr 4 crn und 15 cm lang). Zwischen A und B wird ein Draht- netz K gekittet. Die Elektroden bestanden aus Zink. Macht man dann a1 zur Kathocle, so treten bei passendem Druck Kathodenstrahlen in B ein; ist a, Anode, so dringen Kanal- strahlen nach B. J e nachdem man a, zur Anode oder Kathode macht, fallen d a m Kanal- bez. Kathodenstrahlen in den dunklen Raum, der sich urn das Drlthtnetz in B ausbildet, oder auf die positive Lichtsaule. Rohre I1 (Fig. 4) ist ein ahnliches Rohr mit Eisenelektroden, Rohr III (Fig. 5) mit Aluminiumelektroden. S ist eine in Glas bis auf die Spitze gehiillte Sonde, K ist wioder da8 zur Erde abgeleitete Drahtnetz. Die Versuche wurden in Stickstoff , der durch Erhitzen einer wasserigen Losung von Kaliumnitrit und Salmiak dargestellt wurde und der durch Uberleiten iiber gliihendes Kupfer und Kupferoxyd von allen Spuren von Wasserstoff und Sauerstoff befreit war, ferner in

1) E. W i e d e m s n n u. G. C. Schmidt , Wied. Ann. 62. p. 471. 1897.

_-_--

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Budler Kathodenraum. 633

Wasserstoff und Sauerstoff, die elektrolytisch gewonnen wurden, angestellt. Ich bemerke noch, daI3 wegen der stark erwgrmen- den Wirkung der Kanal- und Kathodenstrahlen der Siegellack sich etwas zersetzte und infolgedessen die Gase bald vernn- reinigt wurden. Ich habe dies mit in den Eauf genommen, da eine Umwandlung der Rohre unter Vermeidung von Siegel- lack mit betrachtlichen Kosten verbunden gewesen ware und kaum zu weiteren Resultaten gefiihrt hatte. Denn ein mathe- matischer Ausbau der Theorie sowie ihre PrUfung durch quanti-

A j B

a, k'

Fig. 4. Fig. 5.

a,

tative Messungen erscheint aussichtslos , bevor es gelingt , die Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen sowie ihre Zahl in den verschiedenen Teilen einer Entladungsrohre zu bestimmen.

Ich beschreibe jetzt die Erscheinung bei Rohr I. 1st A mit der Batterie verbunden derart, da0 a, die

Kathode ist, und B mit der Influenzmaschine, derart, daS % Anode ist, wSihrend die anderen Pole zur Erde sbgeleitet aind, so bildet sich in B urn K ein dunkler Rsum aus. Bei kleinen Stromstarken in A und hohen Drucken werden die von der Kathode 4 kommenden Kathodenstrahlen das Gas im dunklen Raum in B nur wenig ionisieren; die Ver-

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634 G. C. Schmidt.

armuug an Ionen wird also zum Teil erhalten bleiben. Steigert man die Stromstiirke in A , so nimmt die Intensitat der Kathodenstrahlen immer mehr zu, und damit die Ionisation; der dunkle Raum wird immer verwaschener, bis er schlieBlich verschwindet und nur positives Licht oder positive Schichten in B vorhanden sind. Die ganze Entladung geht dann von u1 nach n3 und es flieSt eventuell nichts durch das Drahtnetz zur Erde. Ganz ahnlich sind die Verhaltnisse bei Kehrung des Stromes in A ; jetzt ionisieren die Kanalstrahlen. Gleich- zeitig mit dem Verschwinden des dunklen Raumes nimmt das Potential an der Kathode ab. Bei einem Versuch wurden folgende Zahlen erhalten. Die Stromstarke der Influenzmaschine in B betrug i = 0,25 M.-A. und das Gesamt.potentia1 in B 610 Volt, Kathodenpotential 490 Volt. Das Gesamtpotential fiel auf 220 Volt, als ein Batteriestrom von 0,22 M.-A. durch d geschickt wurde, auf 175 Volt bei 0,4 M.-A., auf 140 Volt bei 1,3 M.-A. Als Kanalstrahlen in das Rohr geschickt wurden, fiel dns Potential von 610 Volt auf 600 bei 0,2 &LA. , auf 530 Volt bei 0,41 M.-A,, 300 Volt hei 1,2 und 180 Volt bei

ihnliche Erscheinungen treten nuch in Rohr I1 und I11 (Figg. 4 uiid 5) auf. Sind b, oder c, Kathode, so bleibt die Entladungsform in B dieselbe, gleichgultig, ob in A ein Strom hindurchgeht oder nicht. 1st b, oder c, Anode, so fliebt, wenn keiri Stroin in B vorhanden ist, der ganze Strom durch b, bez. c, zur Erde ab; sobald aber Kanalstrahlen oder Kathoden- strahlen durch das Drahtnetz nach d geworfen aerden, wird cler dunkle Rttum von 13, bez. c, zuniichst verwaschener, und schlieBlich , weiin die Intensitat der Kathoden- hez. Kanal- strshlen sehr groB ist, wahlt die Entladung den langeren Weg und flieBt nicht von 6, bez. c, durcb 6, bez. cs zur Erde, sondern (lurch das Drathnetz K.

Von den vielen Messungen, die ich angestellt habe, teile ich zwei ausfuhrlich mit. Bei Rohr I1 und I11 wurde durcli B stets der Batteriestrom, durch A der Influenzmaschinenstrom geschickt. In der nachfolgenden Tabelle bedeutet i der Strom der Influenzmaschine, I der der Batterie, G das Gesamtpotential in A, G, das in B; dieselben wurden mit Braunschen Elektro- metern gemessen, die eine Schiitzung auf 10 Volt erlaubten. Ich

1,5 M.-A.

Page 14: Der dunkle Kathodenraum

Dunkler Kathodenraum. 635

- - 0,06 M.-V. ~ 3iO Volt 0,11 420 0,2 460

0,253 JI.-A. 1 450 Volt 0,253 420 0,252 370 0,251 290

- I - 0,04 M.-A. ’ 440 \’oit 0,18 ! 580

I 0,257 M.-A. 460 Volt 0,256 450 0,257 420

0,38 800 0,60 I 900 I 0,258 400

0,259 360

Page 15: Der dunkle Kathodenraum

636 G . C. Sell m id.

- O,2 M.-A. 0,4 O,65 1,oo .

Tnbelle I V (Fortsetzung). b, Anode. Kathodenstrahlen.

I G -

500 0,253 480

0,60 1000 0,256 470 1,40 1200 0,254 I 460

- 0,259 M.-A. 780 Volt 1250 Volt I/ 0,257 i 490 1800 0,256 400 2100 l 0,256 ~ 290 2400 1 0,250 210

- O,1 I M.-A 0,28 0,40 1,40

0 3 5 0,70 0,80 l,oo

b, Anode. Kanalstrahlen.

300 Volt 1 1 0,258 400 0,259 520 0,260

1300 11 0,259

- 0,256 M.-A.

830 0,244 1 100 980 I 0,24:( 70

1000 1 ‘ 0,244 I 60 1150 , I 0,215 I 50

540 Volt 520 500 490 4 70

Page 16: Der dunkle Kathodenraum

Bunkler Kathodmraum. 637

T a b e l l l e V (Fortsetzung). c, Katbode. Kanalstrahlen.

~- ~ _- -

~- _ ~ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ - ~ - - - ;I 0,244 Y - A . 1 530 Volt

0,t 11. A. 900 Volt 0,240 470

0.24 1 0,6 ' 1650 099 1 2000 1 1 0,240

0,2 I 1100

- 0,32 M.-A. 0,60 0,95 1,30

- 0,174 M.-A. 0,42 0,85 1,20

c, Anode. Kathodenstrahlen. - 0,249 M.-A.

800 Volt 11 0,243 900 0,245

1100 I 0,246 1200 I 0245

e, Anode. Kanalstrablcu.

400 Volt 1, 0,240 460 0,245 890 1 1 0,245

1250 '! 0,245

- 0,246 >[.-A.

490 Volt 4 50 440 430 420

480 volt 410 460 450 420

Aus den Beobachtungen und Tabellen ergibt sich: 1. Kathoden- und Kanalstrahlen vernicfiten den dunklen Raum

2. Ihre Einwirkung auf die Anode i s t s e h gering. 3. Die Abiialime dea Kathodenpotentiales i s t um so grGper,

j e hteiisiver die Kathoden- bez. Kanalstrahlen sind. 4. 1 s t die Kathode ZUT &de abgeleitet und fallen die Katlioden-

be%. Kanalstrahlen durch ein zur Erde abyeleitetes Bralitnetz in den dunklen Raum, so geht die Enrladung langs der Bahn d e ~ Kathoden- bez. Kanalstralilen durch das Drahtnetz ziir Erde, selbst wenn diese Bahn die langere ist (vgl. p . 634).

3 5. Lirifhtp des Elektrodenmateriales auf den duiiklen Raum. Wahrend dieser Tell der Untersuchung in Gang war, erschien die ausfiihrliche Arbeit von I(. Mey'): iiber das Kathoden- geiklle der Alkalimetalle. Ich habe hieraufhin meine Versuche abgebrochen. Aus der Abhandlung von Mey gelit hervor,

und setzen yleichreitig das Kathodenpotential Iierab.

1) K. Mcy, Ann. d. Phye. 11. 11. 144. 1903.

Page 17: Der dunkle Kathodenraum

638 G . C. Schmidt.

dafi ,,im allgeineinen die Reihenfolge der Metalle nacli ab- nehmendem Kathodengefklle in jedem Gase dieselbe ist. Platin hat stets das horhste, Aluminium ein niedrigeres, Magnesium ein noch geringeres Gefalle, dann folgt Natrium und mit dem kleinsten Gefalle Kalium. Dieselbe Reihe tritt auch auf, wenn man die Metalle nach ihrem spezifischen Ge- wicht ordnet oder nach der Verwandtschaft zurn Sauerstoff oder nach der Vol taschen Spannungsreihe''. Die Reihenfolge ist dieselbe wie die der lichtelektrischen Empfindlichkeit l) und erklart sich nach dem Vorhergehenden folgendermafien : Das Licht in der Entladungsrohre fallt auf die Kathode und zer- streut dort negative Elektrizitat. Die Kathode ist aus diesem Grunde als eine sehr schwach liisliche zu bezeichnen. Die yon der Kathode austretenden negativen Elektronen ionisieren das Gas in der Nahe der Kathodeq; die Verarmung wird hierdurch geringor und das Kathodenpotential sinkt und zwar um so mehr, je mehr Elektronen aus der Kathode austreten, d. h. je lichtelektrisch empfindlicher das Metal1 der Kathode ist.

0 6 . Vergleich der Wirhsamkeit der Kanalstrahlen rnit der der Katliodenstrahlen. Im Vorhergehenden ist die Wirkung der Kanal- und Kathodenstrahlen nur auf die ionisierende Kraft dieser beiden zuruckgefiihrt. Es fragt sich, ob nicht noch eine spezifische Wirkung vorhanden ist , ob Kathodenstrahlen intensiver wirken a19 Kanalstrahlen bei gleicher Ionisation oder umgekehrt.

Enthielten die Kanalstrahlen nur positive Ionen und die Kathodenstrahlen nur negative, so ware die Frage leicht zu beantworten; es wurden dann nur Kanalstrahlen wirksam sein, genau so wie bei der Elektrolyse von CuSO, zwischen Cu- Elektroden nur Cu-Ionen die Verarmung an der Kathode auf- heben. Bedeutend verwickelter liegen die Verhaltnisse bei Entladungen , da beide Strahlenarten das Gas ionisieren und man daher stets ein Gemenge von positiven und negativen Ionen mit einem UberschuB der einen Ionenart hat.

Um die Verhiiltnisse zu iiberblicken, knupfen wir an einen Versuch an. A und B seien zwei Rohre mit Endelektroden,

1) H. Kreusler, Ann. d. Phys. 6. p. 409. 1901. 2) A. W e h n e l t , Ann. d. Phys. 10. p. 576. 1903.

Page 18: Der dunkle Kathodenraum

Bunlthr Kathodenraum. 639

zwischen deiien sich ein zur Erde abgeleitetes Drahtnetz be- findet. FlieSt der Strom in B, so miissen die positiven Ionen von der Anode a zur Kathode, dem zur Erde abgeleiteten Draht- netz, und die negativen in umge- kehrter Richtung wandern. Laden I

wir jetzt b negativ, werfen wir also Kathodenstrahlen in die Rohre B - und zwar wollen wir annehmen, daB dieselben bis zur Mitte der Rohre gelangen -, so brauchen die positiven Ionen nur von a bis zur Mitte der Rohre zu wandern, hier ver- einigen sie sich mit den negativen, falls die letzteron in ge- niigender Menge vorhanden sind. PaSt man die Entladung gerade ab, so wird die Elektrizitat direkt von a nach b flieBen, ohue daB etwas durch das Drahtnetz zur Erde abstromt. Werfen wir dagegen Kanalstrahlen, also einen UberschuB von positiven Ionen herein (jetzt ist b positiv), so vernichten diese zwar auch den dunklen Raum, aber es messen jetzt sowohl diese positiven Ionen der Kanalstrahlen zum RuckflieBen ge- bracht werden, damit sie an das Drahtnetz ihre Elektrizitiit abgeben, als auch miissen die positiven Ionen von der Anode a den Weg bis zur Kathode zuriicklegen. Im zweiten Falle sind also, wenn wir nur die Verhilltnisse in der Rohre B berucksichtigen, die Wege, welche die Ionen zuriicklegen mussen, groBer und es bedarf hierzu bei gleicher Stromstarke einer groJ3eren elektro- motorischen Kraft als im vorhergehenden Fall, d. h. Kathoden- strahlen setzen das Entladungspoten- tial mehr herab als Kanalstrahlen.

Da bei den vorhergehenden Ver- , A zETt5 suchen die Kathoden- bez. Kanal- strahlen direkt auf die Kathode fielen und es nicht ausgeschlossen schien, dab hierdurch die Einwirkung auf den dunklen Raum nicht rein zur Geltung kame, so wurde der Versuch folgender- maBen angeordnet. A ist ein Rohr von 10 cm Durchmesser. Die Elektrode ist aus Zink, die Elek- trode b aus Messingdrahtnetz. B ist ein weites Rohr von der in der Fig. 7 dargestellten Form. C ist ein zur Erde

R /ILr&

Fig. 6.

4XF&

Fig. 7.

Page 19: Der dunkle Kathodenraum

640 G. C. Schmidt.

abgeleitetes Rupferblech, das in der Mitte ein Loch von un- gefahr 11/2 mm Durchmesser enthiilt. D eine Elektrode aus Aluminium. Es werden jetzt die Kanal- bez. Kathodenstrahlen durch das Drahtnetz in B geworfen, derart, da6 sie an der itinteren Seite der in Betracht kommenden Kathode C in einiger Entfernung vorbeigehen. Macht man nun D zur Kathode, so gehen von demselben bei passendem Druck Kathodenstrahlen aus, die das Loch in C durchsetzen. Werden jetzt in B Kathoden- oder Kanalstrahlen erregt, so ist nichts hesonderes wahrzunehmen. Macht man dagegen C zur Ksthode, wahrend in d kein Strom flieBt, so breitet sich um C ein dunkler Raum aus, der je nach dem Druck gro6e Dimensionen an- nehmen kann. Durch das Loch in C gehen Kanalstrahlen, wie die Figur andeutet. Wirft man nun in B Ksthoden- strahlen hinein, so schlagt bei passendem Druck die Entladung um und geht an dem dunklen Raum vorbei; fast die ganze Elektrizitat entladt sich in Form von positivem Licht durch das Loch und entweicht durch b zur Erde, oder die positiven Ionen der oberen Riihre vereinigen sich mit den negativen der Kathodenstrahlen. Gleichzeitig sinkt das Potential sehr stark. Wirft man dagegen Kanalstruhlen nach B, so sinkt der dunkle Raum bei C etwas zusammen und es sinkt eventuell das Potential um einige 100 Volt, da jetzt ein Teil und zwar nur ein kleiner Teil des Stromes durch 6 zur Erde abflieBt. Bei meineu Versuchen habe ich das Potential in C nie so weit steigern kiinnen, daB bei Anwesenheit von Kanalstrahlen in B fast die ganze Entladung durch b zur Erde fl06. Dieser Ver- such beweist also, da6 Kathodenstrahlen das h'ntladungspotential starker herabsetren als Kanalstrahlen. Die Erklarung ist schon vorhin gegeben. Um die Kathode C ist eine starke Ver- armung an positiven und negativen Tonen eingetreten, doch sind positive immer noch in UberschuS vorhanden. Machen wir das Gas in B negativ, so ziehen die negativen Ionen die positiven Ionen in C an, so da8 die Entladung den Weg clurch b wahlt. Laden wir das Gas in B dagegen positiv, so stoBen die positiven Ionen in B die positiven in C ab und es wird daher die Entladung erst bei vie1 hiiheren Potentialen in C durch b zur Erde entweichen.

Aus der folgenden Tabelle, welche ich meinen Beob-

Page 20: Der dunkle Kathodenraum

Dunkler Kathodenraum. 641

__-. I

___ _ _ -

094 190 1,5

0,32 194

3,2

2,2

achtungen entnehme, wird man leicht den starken Potential- abfall beim Vorhandensein von Kathodenstrahlen erkennen. P bedeutet das Potential von D gegen Erde, i die Stromstarke in B C, I die Stromstarke in A in Milliampkre, 17 das Poten- tial in A. Ich teile die letzteren beiden Zahlen mit, damit man einen ungefahren Anhalt uber die Starke der Kathoden- und Kanalstrahlen hat. Fur das folgende kommen riur i und hauptsachlich P in Betracht.

P l i

1650 Volt 0,29 M.-A. 1650 0,30 1650 0,30 1650 0,29

1650 0,29 1650 0,20

1650 0,29

, 1650 0,30

_____ n

. . - - - _ _ _ _ _ _ _ -

900 Volt 1180 1300 1700 970

1400 1570 1750 3,4 1 1650 0,3 1

- -

Kathodenetrahlen 91

3 ,

9 ,

Kanalstrahlen I ,

I ,

1,

- 0,3 0,3 4 4

190 094

1 90 1,5 1,5 322 3,2

1st D also Kathode, so haben Kathoden- oder Kanal- strahlen, die hinter der durchlbcherten Anode vorbei geschickt werden, keinen EinfluS.

3200 Volt

2500 250

2500 260

2300 280

2200 270

2100 260

IT ~ . - ~.~

~

- 1600 Volt 900

1680 950

1800 1180 1950 1300 2200 1700

- _ - ~ ~~ _ _ _ _ ~- ~- -

Ohne Kathoden- und 1 Kanalstrahlen Kanalstrahlen Ka thodenstrahlen Kanalstrahlen Kathodenetrahlen Kanalstrahlen Kathodenstrahlen Kanalstrahlen Kathodenstrahlen Kenaletrahlrn Kathodenstrahlen

41 A u n a l ~ u der Phpdk. 1V. Folge. 12.

Page 21: Der dunkle Kathodenraum

642 G. C. Schmidt.

T a b e l l e VIII. Ein anderee, sehr iihnliches Rohr. C Kathode.

~~

IT - ~-~

- 900 Volt

1300 1200 2000 1400 2200 1600

~

j Ohne Kathoden- und Kaiialstrnblen

Kathodenstrahlen Kanalstrahlen Kathodenstrahlen Kanalstrshlen Kathodenstrrhlen Kaualstrahlen liat bodenstrahl en

Aus den Tabellen ergibt sich uuzweifelhaft, dab liuthodcn- strahleri dab. Eiitladungspotential starher herabsetzen als Kanal- strahlen.

Gegen die Deutung dieser Versuche labt sich der Einwaiid erheben , daB die Kathodenstrahlen starker ionisieren als die Kanalstrahlen und daB hierauf die Wirkung zuriickgefuhrt werden musse. Dab dies nicht der Fall ist, geht aus folgen- den Versuchen hervor.

0 7. Messuny der Leitfahigkeit in mit Kathoden- bez. Kanal- stralilen dtirchsetzten Raumen. Zur Nessung der Leitfahigkeit wurde die Methode der Querstrome genommen. In dem Rohr, in welchem die Leitfahigkeit untersucht werden sollte, shnden einander gegeniiber zwei bis auf die Spitzen in Glas gehiillte Sonden oder plsttenformige EIektroden, die bei Anlegung einer aufleren elektromotorischen Kraft im Galvanometer einen Strom gaben. Da die Methode sich nur anwenden la&, wenn von vornherein in dem betreffenden Rohr keine Potentialdifferenz vorhanden ist, da sonst ein Teil des Hauptstromes bei An- legung einer elektromotorischen %aft durch die Querelektroden hindurchgeht l) und wegen der hierbei auftretenden verwickelten Verhiiltnisse eine Berechnung derLeitfahigkeit kaum moglich ist 9, so habe ich zuniichst untersucht, ob in dem Raum hinter dem Drahtnetz, der fur die Entscheidnng der eben erwiihnten Frage allein in Betracht kommt, iiberall dasselbe Potential herrscht.

1) (3. Wiedemanu, Lehre von der Elektrizittit 4. p. 504ff. Brauo- achweig 1885; C. A. Mebius, Wied. Ann. 69. p. 695. 1896.

2) C. A. Mebius, 1. c.

______

Page 22: Der dunkle Kathodenraum

Dunkler Kathodenraum. 643

p = 0,035 m m p = 0,27 mm h!= 1160 Volt I n= 550 Volt

p = 0,35 mm II== 480 Volt

p = 0,035 mm L! = 1050 Volt

xr. i p

p = 0,27

;m 1 N: =, 0,35 m;

II = 530 Volt .ZI = 420 Volt

Nr. 1

Page 23: Der dunkle Kathodenraum

644 G. C. Schmidt.

4

1 4

1 4

I

Aus der Tabelle, die ich noch vermehren konnte, ergibt sich, daB innerhalb der Beobachtungsfehler iiberall im Raum hinter dem Brahtnetx ungefahr dasselbe Potential vorhanden ist. Fallen Kanalstrahlen hinein, so ist der Raum positiv, fallen Kathodenstrahlen hinein, so ist er negativ geladen. Nur bei groBeren Drucken, die aber im spateren gar nicht in Betracht kommen, sind nicht genau dieselben Potentiale iiberall vorhanden. Selbst- verstandlich gilt der obige Satz nur so lange, als der Raum, in den die Kathoden- bez. Kanalstrahlen fallen, nicht allzugroB ist.

DaB im allgemeinen auch bei Veranderung der Strom- starke in A das Potential in Rohr B uberall gleich ist, geht aus der folgenden Tabelle hervor.

Tabe l l e X.

0,5

0,69 0,69

l,o l,o

2,3

Waeserstoff.

Kathodenstrahlen

1 ’ 0,62 4 0,62

1 1,l

914 995

9,s

P

.5,6 Volt 5,4

594 595

593 596

599 599

.-

0,4 &I.-A.

0,59 0,50

190 1 ,o

3,4

014

274

-~

n

360 Volt 360

380 380

400 400

500 500

10,5V0lt 690 Volt 10,3 ~ 690

10,6 770 10,6 770

10,7 ~ 850 10,8 880

11,l 1050 I

11,l 11050

Nr.

1 4

1 4

1 4

1 4

- -

-0,7 Volt 097

0,7 0,7

0,75 0,75

2,8 2,5

Kathodenstrahlen

500 Volt 500

550 550

640 640

1100 1100

i

p = 0,33 mm.

450 Volt 450

480 480

640 540

640

~

Nr.

1 4

1 4

1 4

1 4

~_

Page 24: Der dunkle Kathodenraum

Dunkler Kathodenroum. 645

Es wurde nun ein neues Rohr angefertigt, welches an mehreren Stellen einander genau gegeniibersteheude Sonden enthielt. Die letzteren wurden durch ein Galvanometer mit einer Batterie verbunden. Da sich bei hoheren elektromoto- rischen Kraften leicht ein Flammenbogen ausbildete, so befand sich vor dem Qalvsnometer ein groBerer Jodcadmiumwider- stand, der bewirkte, daB die Elektrizitat hochstens in Form einer Entladung, d. h. mit Qlimmlicht dunklem b u m nnd positiven Licht uberging. I n den nachfolgenden Tabellen be- deuten p der Druck, I7 das Potential in A, I die Stromstiirke in A, P die elektromotorische Kraft zwischen den Sonden, die, solange kein Glimmlicht, positives Licht etc. zwischen den Sonden sich ausgebildet hatte, identisch war mit der auBeren angelegten elektromotorischen Kraft und i die Stromstirke zwischen den Sonden. Die Qalvanometerausschlage sind in willkur- lichen Einheiten angegeben (1 Teilstrich gleich 3,8.10 -6 M.-A.).

Tabe l l e XI. Waveerstoff.

.~ - ~ .. -_ Katliodeoetrahlen.

p = 0,19 mm, I = 0,2 X-A., I 1 = 790 Volt.

--

P -

10 Volt 20 30 40 50 60 70 80 90

100 110 120 130 140 150 160

i

37 63 82 83 93

104

140 163 175 179 194 221 226 245 260

1 ia

Kathodenstrahlen.

n = 840 Volt. p = 0,085 mm, I = 0,2 M.A.,

P - -

10 Volt 20 30 40 50 60 70

90 100 110 120 130 140 150 160

ao

i

250 440 610 720

980 1100 1260 1100 1480 1560 1650 1760 1880 1960 2060

a40

Page 25: Der dunkle Kathodenraum

646

140 150 160

G. C. Schmidt.

T a b e 1 1 e XI (Fortse tzun g).

660 710 760

Kanalstrahlen. p = 0,63 mm, I = 0,2 M.-A.,

L! = 400 Volt. ~ _ -

1' - __

10 Volt 20 30 .I 0 50 60 70 80 90

i

60 160 200 220 240 270 310 360 410

____ Kanalstrahlen.

p = 0,13 mm, I = 0,2 hI..A., n= 1480 Volt.

P ~~

10 Volt 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160

~ ~- i

510 880

1150 1300 1400 1(100

1900 2300 2500 2700 2900 3100 3300

~. .. ~-

3500 3700 3900

Tabe l l e XII. Sauerstoff.

Kanaletrahlen. I ' Kathodenstrahlen.

IT= 1910 Volt. p = 0,045 mm, I = 0,2 h1.-A., , p = 0,01 mm, Z = 0,2 M.-A.,

TI= 2100 Volt.

- P

10 Volt 20 40 60 80

100 120 140 160

i

220 410 620 820

1100 1300 1450 1600 1700

~ ~~ ~ ~~ _ _ ~

;I rt - 1 1 10 Volt

20 40 60 80

100

1 140 160

1 ~~

I 121) I 250

450 620 770 900 1000 ! 1 4 0 1300

Page 26: Der dunkle Kathodenraum

Bunkler Kathodenraum. 647

Bei 160 Volt war stets im Querstrom Glimmlicht etc. zu sehen ; bei grogen Stromstarken im Hauptstrom sogar schon bei 120 Volt. Die beistehende Fig. 9 gibt die erste Beob- achtungsreihe wieder, die anderen sind analog. Wachst die Elektrodenspannung ausgehend von Edm

kleinen Werten, so wachst mit ihr Ib0

die Stromstarke erst schnell, dann 140

langsamer und nimmt darauf einen nahezu konstanten Wert an. Steigt 120

die Elektrodenspannung noch weiter, luu

so nimmt auch die Stromstarke zu. Die Kurve hat also zwei Wende- SO

punkte. Die Beobachtungen stim- men mit denen fruherer Beobachter iiberein und finden ihre Erkliirung dadurch, da8, bevor die Sattigung eingetreten ist, die sich bewegenden Ioneii weiter ionisieren.’) Mit stei- o~ -i0 ,;,, ,i0 ,;, l;,

gender Stronistarke im Hauptstrom nimmt die Leitfahigkeit im Quer- strom stark zu, ebenso bei weiterer Verdiinnung. Aus den Beobachtungen ergibt sich, da8 eine Leitfahigkeit sich nur messen la&, wenn man keine hoheren Spannungen als 40 Volt anwendet. Das ist im folgenden auch geschehen.

8 8. Weitere Messungen uber die IVirkung deer Kanal- und Kathodenstrahlen. Es wurde ein der Fig. 7 ahnliches Rohr verwandt, nur waren unmittelbar unter dem durchbohrten Kupfer- blech C zwei Sonden 8 angebracht, , ~ ,bS, die dazu dienen sollten, die Leitfahig- keit zu messen. War U Kathode, so war, wie bei Tab. VI , kein Ein-

strahlen zu beobachten. Es wurde jetzt, nachdem die Kathoden- bez. Kanalstrnhlen in B hineingeschickt waren, die Leitfahigkeit bei 40 Volt zwischen S S gemessen, darauf wurde die Intluenz-

1j Vgl. J. Stark, Elektrizitit in Gasen p. 164. Leipzig 1902.

40

Fig. 9.

-zE7&

flu6 der Kathoden- oder Kanal- Ib 7 f ,if0

; Fig. 10.

Page 27: Der dunkle Kathodenraum

6.18 G. C. Jlchmidt.

Kathodenstrahlen. - 1900Volt -

02 220 150

190 220 i 00

O,1 &!.-A. 720 50

0,3 220 200

Kanalstrahlen. - 1900Volt -

0,l 81.-A. 1150 55 02 900 150 093 760 2.30 0,s GOO 370 1 400 7 80

Mit Stickstoff und Sauerstoff wurde:i ahnliche Resultate erhalten.

Aus der Tabelle ergibt sich! dab Kathodenstrahleii, selbst wenn sie in viel yeringerem Mape ionisieren ah Kaxal.strahlen, trotzdem wirksamer sind als letztere. Die negativen Ionen der Kathodenstrahlen in B ziehen die positiven aus dem dunklen Raume in C heraus, so da6 die Entladung eine ganz andere Bahn einschlilgt, wahrend die positiven Ionen der Kanalstrahlen diese anziehende Wirkung nicht ausiiben konnen.

Ej 9. Einwirkung der Arathodenstrahlen auf den von iltnen durchdriiryenen dunklen Raum. Aus der Tatsache, da6 Kathoden- strahlen ionisieren und dadurch die Verarmung an Ionen an

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Dunkler Kuthodeirraum. 649

der Kathode beseitigen, folgt, dab der dunkle Raum und das Kathodenpotential ohne Kathodenstrahlen groBer sein wiirden, als sie tatsachlich sind. Hieraus ergibt sich, daB, wenn man die von einer Kathode ausgehenden Kathodenstrahlen auf die Kathode zuriickwirft, der dunkle Raum kleiner werden und der Rathodenfall sinken muB. DaB tatsachlich der dunkle Raum durch Zuruckwerfen der Kathodenstrahlen in denselben kleiner wird, ist von den Herren E. Wiedemann u. H. Eber t ' ) beobachtet worden. Ich habe diese Beobachtungen durch Potentialmessungen erganzt. Zur Verwendung kam das von E. Wiedemann nnd H. E b e r t benutzte Rohr. Ein 5,6 cm weites, 22 cm langes Glasrohr tragt ail einem Ende einen

Fig. 11.

weiten Schliff s3 mit einer Aluminiumplatte a , welche zur Kathode gemaclit wird. Am anderen Ende hefindet sich ein weiterer Schliff sl, dnrch den ein Qlasstab eingefuhrt wird, der oben eine fiachgedrlickte Glashiilse triigt. In diese kann von oben her durch den weiten Schliff mittels einer Zange der Stiel einer Platte p gesetzt werden, welche also um die Rohrachse drehbar ist. I n der Hfjhe der Platten- mitten ist seitlich ein uber 2 cm weites Rohr angesetzt, in welches eine als Kathode benutzte Aluminiumplatte durch den Schliff 8% eingefuhrt wird. Wird so weit ausgepumpt, daS sich das positive Licht nach oben zuriickzieht und um die

1) E. Wiedemann u. H. Ebert, Siteungsber. d. phys.-med. S O ~ . Erlangen 1891.

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650 G. C. Schmidt.

Kathode ein dunkler b u m ausbildet, so kann man durch Drehen von p leicht bewirken, daS die Kathodenstrahlen mehr oder minder in den dunklen Raum reflektiert werden. Der letztere wird dann kleiner und gleichzeitig dringt das positive Licht vor. I n der ersten Reihe der nachfolgenden Tabelle stehen die Entladungspotentiale, wtlhrend die Kathodenstrahlen seitwarts an m vorbeigingen, und in der zweiten die Ent- ladungspotentiale, wenn sie in den dunklen Raum geworfen wurden.

Tabel le XIV. Ohne Reflexion Mit Reflexion

5300 Volt 3700 Volt 3700 3400 3300 3000 4000 3500 4500 3600 5500 3700

Als Knthode wurde jetzt ein Aluminiumdraht , der his auf die Spitze in Glas gehiillt war, benutzt.

T a b e l l e XV. Ohne Reflexion Mit Reflexion

2500 Volt 1950 Volt 2000 1700 1700 1600 1500 1400 1380 1300 1300 1240

Auch durch den Magneten kann man die Kathodenstrahlen in ihren dunklen Raum zuruckwerfen. Benutzt wurde hierzu ein Rohr von 10 cm Lllnge und 5 cm Durchmesser. Anode nnd Kathode bestanden aus Aluminiumdraht. Der Strom in dem unter der Kathode befindlichen Elektromagneten war so stark, daS das Kathodenstrahlenbiindel vollig aufgewickelt wurde. Bei Reginn des Versuches war das Rohr mit Kathodenstrahlen erfiillt; als der Magnet angelegt wurde, drang das positive Licht vor.

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nunkler Kathodenraum. 65 1

Tabe l l e XVI. Ohne Magnet

5000 Volt 3500 3000 2500 2 100 1800 1600 1500

Mit JIagnet 2200 Volt 1750 1550 1380 1260 1150 11 10 1070

Mit einem halb so starken Magneten wurden folgende Resultate erhalten.

Tabe l l e XVII. Ohno Magnet

4000 Volt 3500 3000 2500 2000 1730 1500

Mit Magnet 3500 Volt 3300 2800 2350 1900 1650 14.50

Bus den Tabellen ergibt sich: 1. Kathodenstrahle7t und zzuar sowohl direkte als auch

reflektierte und durch den Magneten in den dunklen Raum ye- worfene ionisieren tlas Gas im dunhlen Raum und beioirketi da- durch, (I@ dersrlbe und zugleich das Katliodenpotential kleiner wird.

2. Die Wirkunq ist um so groper, j e yroper rler dunkle Raum ht, d. 11. j e weiter die Verarmung an Ionen um die Kathode fortgeschritten ist.

Die Erklarung hierfur ist oben gegeben worden. 8 10. Schhp. Aus der hier entwickelten Theorie uber

die Natur des clunklen Raumes lassen sich noch einige Folge- rungen ziehen.

Da der durikle Raum verhaltnisma6ig wenig Ionen ent- halt, so mu6 er sich in jeder Hinsicht wie ein Dielektrikum verhalten. Hieraus erklaren sich die Beobachtungen von E. Wiedemann und mirl), da6 derselhe nicht gegen elek- trische Wellen schirmt, wbhrend die iibrigen Teile einer Ent-

1 ) E. W i e d e m a n n u. G. C. S c h m i d t , Wieci. Ann. 62. p.460. 1897.

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652 G. C. Schmidt. Dunkler Kuthodenruum.

ladung dies tun, sowie die Beobachtungen von A. Wehnelt’) , da0 die Entladung durch den dunklen Raum oszillatorisch ist.

Da die negativen Ionen eine gro0ere Geschwindigkeit be- sitzen als die positiven, SO folgt hieraus, wie schon p. 626 angedeutet, da0 nur an der Kathode, wohin die positiven Ionen gelangen, eine Verarmung eintreten kann , wahrend an der Anode stets Ionen in reichlicherer Menge vorhanden sein miissen. Hieraus erklart sich, weswegen nur an der Kathode der dunkle Raum auftritt.

Uber die Grii0e des dunklen Raumes und die Beziehung desselben zur Stromdichte, Gasdruck etc. werden sich erst genaue Gesetze nach Ermittelung der Wanderungsgeschwindig- keit, Anzahl der Ionen, sowie der Ionisation durch Kathoden- strahlen etc. aufstellen lassen.

Es war meine Absicht, diese Arbeit durch Bestimmung der Wanderungsgeschwindigkeiten ails der Leitfahigkeit zu vervollstiindigen. Die Methode bestand im wesentlichen darin, das Gas irn Entladungsrohr zu ionisieren und darauf in dem isoliert aufgehiingten Rohr nach Unterbrechung des Haupt- stromes die Leitfahigkeit in den verschiedenen Teilen der Ent- latlung zu messen. Nach Uberwindung vieler Schwierigkeiten ergab sich, da0 die Ionen 80 schnell verschwanden, da0 eine Messung auf diesem Wege nicht maglich war. Nur die an den Glaswanden haftenden und sich allmahlich freimachenden Ionen erteilten der Luft eine geringe Leitfahigkeit.

E r l a n g e n , Physikalisches Institut, 4. Juli.

1) A. W e h n e l t , Wied. Ann. 66. p. 511. 1898.

(Eingegangen 10. Juli 1903.)