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Aus der Augenklinik mit Poliklinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. med. F. E. Kruse Der Einfluss der Chloroquineinnahme auf die multifokale Elektroretinographie an einer brasilianischen Population Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Markus Raster aus Fürth

Der Einfluss der Chloroquineinnahme auf die multifokale ... · data, that the central retina is mainly affected by chloroquine intake. 8 3 Einleitung 3.1 Anwendungsgebiete von Chloroquin

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Aus der Augenklinik mit Poliklinik

der

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Direktor: Prof. Dr. med. F. E. Kruse

Der Einfluss der Chloroquineinnahme auf die multifokale

Elektroretinographie an einer brasilianischen Population

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung der Doktorwürde

der Medizinischen Fakultät

der

Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

vorgelegt von

Markus Raster

aus

Fürth

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Gedruckt mit der Erlaubnis der

Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

Dekan: Prof. Dr. med. Schüttler

Referent: Prof. Dr. med. A. Jünemann

Ko-Referent: Prof. Dr. Jan Kremers

Tag der mündlichen Prüfung: 16. März 2011

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Meinen lieben Eltern

in Dankbarkeit gewidmet

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IV

Inhalt

1 Zusammenfassung ............................................................... 6

2 Summary .............................................................................. 7

3 Einleitung .............................................................................. 8

3.1 Anwendungsgebiete von Chloroquin ................................................ 8

3.2 Screeningmethoden einer Chloroquinretinopathie .......................... 8

4 Grundlagen ......................................................................... 10

4.1 Chloroquin und Hydroxychloroquin ................................................ 10

4.2 Multifokale Elektroretinographie ...................................................... 11

4.2.1 Die Entwicklung ............................................................................................ 12

4.2.2 Funktion und Anwendung ............................................................................. 12

4.2.3 Einsatzgebiete für die klinische Anwendung ................................................. 14

4.3 Technische und methodische Grundlagen ..................................... 17

4.3.1 Die m-Sequenz ............................................................................................ 17

4.3.2 Die Elektroden .............................................................................................. 17

4.3.3 Filter ............................................................................................................. 18

5 Methodik ............................................................................. 19

5.1 Auswahl und Rekrutierung von Patienten ...................................... 19

5.2 Anamnese .......................................................................................... 20

5.2.1 Fragebogen .................................................................................................. 20

5.3 Visus und Refraktion ......................................................................... 21

5.4 Perimetrie ........................................................................................... 22

5.5 Multifokales ERG ............................................................................... 23

5.6 Fundusspiegelung ............................................................................. 25

5.7 Bestimmung des Körperfettanteils .................................................. 26

5.7.1 Hautfaltendicke-Messung ............................................................................. 26

5.7.2 Body Mass Index .......................................................................................... 27

5.7.3 Hip to Waist Ratio ........................................................................................ 27

5.8 Laborchemische Untersuchungen ................................................... 28

5.9 Statistische Auswertung ................................................................... 28

6 Ergebnisse .......................................................................... 30

6.1 Alters- und Geschlechtsverteilung .................................................. 30

6.2 Auswertung der Einflussfaktoren .................................................... 31

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6.3 Ergebnisse des multifokalen ERGs ................................................. 32

6.3.1 Ergebnis der Amplitude N1 in den Ringgruppen 1 bis 6 ............................... 35

6.3.2 Ergebnis der Amplitude P1 in den Ringgruppen 1 bis 6 ................................ 36

6.3.3 Ergebnis der Amplitude N2 in den Ringgruppen 1 bis 6 ............................... 37

6.3.4 Ergebnis der Perimetrie ................................................................................ 39

7 Diskussion .......................................................................... 41

7.1 Diskussion der eigenen Ergebnisse und deren Bedeutung in

Zusammenhang mit bekannten Ergebnissen aus der aktuellen

Literatur ............................................................................................ 41

7.2 Ausblick ............................................................................................. 45

7 Literaturverzeichnis ............................................................. 46

8 Danksagung ........................................................................ 53

9 Lebenslauf .......................................................................... 54

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1 Zusammenfassung

Hintergrund und Ziele:

Das Antiprotozoikum Chloroquin findet sowohl als Prophylaktikum als auch als

Standardtherapie Anwendung in der Bekämpfung von Malaria. Weiterhin wird

dieses Medikament als Basistherapeutikum bei diversen

Autoimmunerkrankungen wie der rheumatischen Arthritis und dem

Systemischen Lupus Erythematodes angewandt. Die derzeitige Studienlage

zeigt, dass bei Langzeiteinnahme von Chloroquin pathologische

Veränderungen im zentralen Bereich der Netzhaut auftreten, die anhand der

multifokalen Elektroretinographie frühzeitig diagnostiziert werden können. In

den meisten Fällen wurde Chloroquin zur Therapie der rheumatischen Arthritis

eingenommen. Das Ziel dieser ersten Studie bestand darin, Veränderungen in

der multifokalen ERG-Technik bei mit Chloroquin therapierten Patienten in einer

brasilianischen Population zu beschreiben, um nachfolgend im zweiten Teil des

Projektes zu untersuchen, ob die Einnahme Chloroquins bei Malaria dieselben

retinalen Funktionsstörungen bedingt wie bei rheumatisch erkrankten Patienten.

Ergebnisse und Beobachtungen:

Die Messungen wurden im Norden Brasiliens, im Bundesstaat Pará,

durchgeführt. In dieser Studie, dem ersten Teil des Gesamtprojektes, wurden

ortsansässige Patienten, welche aufgrund der Rheumatoiden Arthritis oder des

Systemischen Lupus Erythematodes mit Chloroquin behandelt wurden, anhand

der multifokalen Elektroretinographie elektrophysiologisch untersucht, um

Veränderungen in den Messergebnissen der mf-ERGs in einer brasilianischen

Population zu beschreiben. Der zweite Teil des Projektes wird darin bestehen,

mit Chloroquin behandelte Patienten in Malariaendemiegebieten aufzusuchen

und mit einem portablen multifokalen ERG-System Messungen durchzuführen.

Die in dieser Studie (Teil I) gewonnenen Ergebnisse stehen im Einklang mit der

derzeitigen Studienlage, dass nämlich bei Einnahme von Chloroquin

hauptsächlich Veränderungen des zentralen und perizentralen Bereiches der

Netzhaut auftreten.

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2 Summary

Background and purpose:

Chloroquine is taken prophylactic against malaria but also as a medicine

against arthritis. It has been shown that long-term uptake of chloroquine may

affect the central retina, which can be detected with multifocal ERG. In most

investigations chloroquine was taken for arthritis.

The purpose of the present project is to study whether chloroquine uptake

against autoimmune disease leads to the same retinal disorders in a Brazilian

population as described in caucasian subjects in the literature.

Results and Conclusions:

The measurements are performed in northern Brazil, in the state of Pará. In the

first part of the project, local patients that are treated with chloroquine for

arthritis and Systemic Lupus Erythematodes were measured with the multifocal

(mf) ERG to describe the changes in a Brazilian population. In a second part of

the project people in local villages that take chloroquine against malaria will be

measured with a portable mfERG system.

The results of the first part of the project are in agreement with the literature

data, that the central retina is mainly affected by chloroquine intake.

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3 Einleitung

3.1 Anwendungsgebiete von Chloroquin

Chloroquin und Hydroxychloroquin finden weltweit, vor allem aber in Drittwelt-

und Schwellenländern, Anwendung in der Bekämpfung von Malaria (Laufer et

al, 2006). Doch auch als Basismedikamente in der Langzeitbehandlung von

verschiedenen Autoimmunerkrankungen, wie der rheumatischen Arthritis oder

des Systemischen Lupus Erythematodes, nehmen Chloroquin und

Hydroxychloroquin einen hohen Stellenwert ein, womit die Früherkennung ihrer

retinotoxischen Wirkung an Bedeutung gewonnen hat (Rynes, 1997).

3.2 Screeningmethoden einer Chloroquin-Retinopathie

Obwohl die toxische Wirkung von Chloroquin laut Studienlage wohl bekannt ist,

konnte dennoch bisher nicht herausgestellt werden, welche

Screeningmethoden angewandt werden sollen, um eine schon in der

Frühphase beginnende Chloroquin-Retinotoxizität effizient und frühzeitig zu

diagnostizieren, um mit dem Absetzen des Medikamentes ein weiteres

Fortschreiten der Retinopathie zu verhindern bzw. im besten Falle durch diese

Art von Intervention die Funktionsfähikeit des retinalen Gewebes

wiederherzustellen. So wurden bisher ophtalmologische Untersuchungen in

Form von Visusbestimmung und Fundusskopie (mit photographischer

Dokumentation), psychophysischen Tests wie dem Schwellenfeld-Test (z.B.

Amsler-Gitter), dem statischen Perimetrie- und Farbseh-Test (z.B. Ishiara-

Farbtafel) und elektrophysiologischen Untersuchungen wie dem Elektro-

Okulogramm (EOG), dem Ganzfeld-Elektroretinogramm (ERG) und dem

multifokalen Elektroretinogramm (mf-ERG) in der Literatur vorgeschlagen

(Marmor et al, 2001).

Das Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, inwieweit die multifokale

Elektroretinographie als geeignet erscheint, um Funktionsausfälle der Netzhaut

frühzeitig zu erkennen sowie anhand der Messergebnisse retinale

Veränderungen an einer brasilianischen Population zu beschreiben.

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Die multifokale Elektroretinographie wurde erstmals im Jahre 1991 von Sutter

und Tran vorgestellt. Mit dieser elektrophysiologischen Untersuchungsmethode

kann eine vollständige topographische Karte der Netzhaut im Bereich der

Makula, v.a. aber in einem Gesichtsfeldbereich von 30° Radius erstellt werden

(Sutter et al, 1992).

Da sich bei diesem Krankheitsbild funktionelle Ausfälle der Netzhaut vor allem

im Bereich der Makula ereignen, wäre diese Testart als am geeignetsten zu

erachten, da sie sich hautsächlich auf den makulären und paramakulären

Netzhautbereich beschränkt, kann sie Netzhautschäden diagnostizieren, wenn

Perimetrie und Visus noch keinerlei Ausfallerscheinung bieten, was für den

klinischen Verlauf des Patienten von größter Wichtigkeit erscheint (Altaweel et

al, 2001; Coupland et al 2001).

In der vorliegenden Studie soll sowohl erfasst werden, ob das multifokale ERG

zur frühzeitigen Erkennung von Funktionsausfällen auf Netzhautebene geeignet

ist als auch die Veränderungen im multifokalen ERG an Chloroquin therapierten

Patienten brasilianischer Herkunft beschrieben werden. Weiterhin soll

untersucht werden, inwiefern die Ergebnisse aus Perimetrie, Körperfettmessung

und laborchemischen Bluttests mit denen der multifokalen Elektroretinographie

korrelieren, um anhand dieser Parameter eine neue Risikoskalierung

chloroquinbehandelter Patienten zu erstellen.

Dazu wurde eine Serie von Messungen an 24 mit Chloroquin therapierten

Patienten brasiliansicher Herkunft am Tropeninstitut der UFPA (Universidade

Federal do Pará) vorgenommen und die Ergebnisse statistisch ausgewertet.

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4. Grundlagen

4.1 Chloroquin und Hydroxychloroquin

Abbildung 1: 7-Chlor-4-(4-diethylamino-1-methylbutylamino)-chinolin

Chloroquin und Hydroxychloroquin gehören zur Klasse der Antiprotozoika,

werden aber auch bevorzugt als Basistherapeutika bei

Autoimmunerkrankungen wie der rheumatischen Arthritis oder des

Systemischen Lupus Erythematodes angewandt. Diese Medikamente können

sowohl retinotoxische Ausfälle bewirken als auch reversible Ablagerungen in

der Kornea verursachen. Erstmals wurden 1957 durch Cambioggi (Cambioggi,

1957) und 1959 durch Hobbs et al. (Hobbs et al, 1959) die augentoxischen

Nebenwirkungen des sonst gut verträglichen Medikaments beschrieben.

Frühere Studien versuchten zu belegen, dass die Retinotoxizität hervorgerufen

würde, indem sich Chloroquin an Melanin binde (Potts, 1964), was in weiteren

Studien widerlegt wurde. Man sieht heute bestätigt, dass Melanin nicht in

Zusammenhang mit der retinotoxischen Wirkung Chloroquins gebracht werden

kann (Leblanc et al, 1998).

Es wird angenommen, dass Chloroquin mit Gangliosiden Komplexe bildet, die

verhindern, dass diese weiter abgebaut werden. (Lüllmann-Rauch, 1991). Dies

bewirkt somit eine Anhäufung von Lipidkomplexen in der Neuroretina, die zur

Beeinträchtigung der retinalen Clearance führt (Meier-Ruge et al, 1966;

Tanenbaum et al, 1980). Diese Lipidkomplex-Akkumulation kann schließlich zu

irreversiblen Schäden von Stäbchen und Zapfen führen, die auch noch nach

Absetzen des Medikaments zum Fortschreiten der Erkrankung führen kann

(Duncker et al, 1996). Eine weitere Besonderheit von Chloroquin besteht darin,

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dass Chloroquin zwei basische Stickstoffe enthält, die bei einem pH-Wert der

Körperflüssigkeiten vorwiegend protoniert sind. So ist Chloroquin in

ungeladener Form fähig die Zellmembran zu passieren. Im Zellinneren

angekommen, findet die Protonierung statt, weshalb die protonierte Form

Chloroquins nicht die apolare Zellwand passiv überwinden kann. Daher kann

die diprotonierte Form in einer sauren Zellorganelle nur aufgrund passiver

Verteilungsvorgänge eine erheblich höhere Konzentration erreichen als im

Extrazellulärraum. Dies führt zu einer langen Verweildauer von Chloroquin im

therapierten Patienten, da es sich in den sauren Lysosomen befindet und dort

über einen längeren Zeitpunkt angereichert ist (Lüllmann et al, 2003).

Weiterhin kann hierbei die Mutation des ABCR-Gens eine wichtige Rolle

spielen. Dieses Gen exprimiert einen retinalen Transporter und spielt somit eine

gewichtige Rolle im Mechanismus der retinalen Clearance (Shroyer et al, 2001).

Daher könnte davon ausgegangen werden, dass nicht nur die durch die

American Academy of Ophthalmology (AOO) herausgegebenen Risikofaktoren

wie Körperfett, Einnahmedauer, Dosierung, Alter, bestehende Nieren-, Leber-

und Netzhauterkrankungen ausschlaggebend für den potentiellen Grad der

Retinotoxizität sein könnten (Marmor et al, 2001).

Die Klinik der Chloroquinretinopathie besteht darin, dass sich zu Beginn

Störungen im Farbensehen, parazentrale Gesichtfeldausfälle, eine

Verminderung des Visus und Veränderungen des retinalen Pigmentsepithels im

Makulabereich ergeben bis hin zur sogenannten Schießscheiben-Makulopathie

(Mißner, 2004).

4.2 Die multifokale Elektroretinographie

Die multifokale Elektroretinographie hat sich seit mehreren Jahren zum

elektrophysiologischen Standard im Bereich der Augendiagnostik entwickelt. Im

Gegensatz zur Ganzfeld-Elektroretinographie, lassen sich durch die multifokale

Einstellung spezifische Areale der Netzhaut untersuchen und retinale

Funktionsstörungen elektrophysiologisch ermitteln.

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4.2.1 Die Entwicklung

Schon 1977 wurde von Sandberg ein Ophtalmoskop mit einem Stimulator

bestückt, das durch manuelle Handhabung lokale Reizungen kleiner

Netzhautbereiche bewirken konnte - die sogenannte fokale Elektroretinographie

(Sandberg et al, 1977).

Anfang der Neunziger stellten Sutter und Tran die multifokale Technik vor, mit

der eine vollständige topographische Karte der Netzhautfunktion erstellt werden

konnte (Sutter et al, 1992).

4.2.2 Funktion und Anwendung

Die Stimulation der Netzhaut erfolgt anhand eines Reizmusters, das dem

Patienten auf einem Computermonitor dargeboten wird. Dieses fortan immer

wechselnde Muster, das aus aneinander liegenden Sechsecken zu einer Zahl

von 61, 103 oder 241 besteht, fixiert der Patient im Zentrum, währenddessen

eine auf der kornealen Oberfläche liegende Elektrode die retinalen Antworten

ableitet. Die Stimulation erfolgt anhand der sog. binären m-Sequenz, bei der

jedes Sechseck unabhängig von den anderen gemäß einer pseudozufälligen

Reihenfolge zwischen Schwarz und Weiß wechselt. Anhand der bekannten m-

Sequenz und deren zeitliche Verschiebung für jedes einzelne Sechseck kann

eine Summenantwort für jedes Sechseck berechnet werden (Mißner, 2004).

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Abbildung 2: Photographische und schematische Darstellung der

Funktionsweise des multifokalen ERGs nach:

www.cephalon.eu/images/verislight.gif

Da es sich bei der multifokalen Elektroretinographie um ein weltweit

anerkanntes Verfahren handelt, das sich seit Jahren als diagnostische Technik

etabliert, wurden von der International Society for Clinical Electrophysiology of

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Vision (ISCEV) Richtlinien für den richtigen Umgang mit dieser Technik

aufgestellt.

Zu beachten gilt zudem noch, dass nur das Zapfensystem eines stimulierten

Bereichs auf Funktiontüchtigkeit hin untersucht wird. Für die Untersuchung von

Stäbchen und den weiter randständig liegenden Zapfen ist das Ganzfeld-ERG

immer noch Mittel der Wahl (Seeliger et al, 2001).

4.2.3. Einsatzgebiete für die klinische Anwendung

Der typische Befund einer Makulopathie zeigt sich im multifokalen ERG in einer

eindeutigen Abschwächung der zentralen Antworten, welche zeitweise nicht

mehr vom Rauschen unterschieden werden können, wohl aber die Antworten

im äußeren Bereich des 30°-Gesichtsfeld, welche deutlich zu erkennen sind.

Somit können mit der multifokalen Technik gleichzeitig erniedrigte Potentiale in

betroffenen und normale in gesunden Gebieten der Netzhaut dargestellt werden

(Seeliger et al, 2001).

Für die klinische Untersuchung ist der Reiz beim multifokalen ERG genormt. Da

die Reizareale im Bereich der Fovea um das ca. 4,7fache kleiner sind als das

größte Element der äußersten Peripherie und die Anzahl der Zapfen im

Zentrum um ein Erhebliches höher ist als in der Peripherie, kommt es, dass

jede einzelne lokale Antwort im multifokalen ERG bei Normalprobanden die

gleiche Amplitude aufweist (Kretschmann, 2001).

Makulopathien werden oft quantitiv analysiert. Dazu werden Ringmittelwerte

gebildet. Damit werden je nach Anzahl der Hexagone Elemente gleicher Ringe

zusammengefasst, gemittelt und nach Amplitude und Latenzzeit quantitativ

ausgewertet (Seeliger, 2001).

Prinzipiell zeigt sich bei allen Makulopathien der zentrale Verlust der

Reizantworten bei normalen Antworten in der Peripherie. Dies ist vor allem zu

sehen bei juvenilen Makulopathien/Morbus Stargardt, AMD, Morbus Best,

Makulaforamen, Toxoplasmosenarben, lichttoxischen Schäden oder Renitis

centralis serosa sowie der in dieser Arbeit behandelten Resochin (Chloroquin-)

Makulopathie (Seeliger, 2001).

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Abbildung 3: Die Makula umkreisend ist eine klare RPE- Depigmentations-

Zone, eine sog. „Schießschieben-Makulopatie“ zu erkennen aus

http://www.opt.pacificu.edu/ce/catalog/acquired_macular_diseases

Für die Früherkennung der Chloroquin-Retinopathie gibt es eindeutige

Nachweise. Hier finden sich pathologische Veränderungen sowohl im zentralen,

aber vor allem im para- und perizentralen Bereich, die sich sowohl in der

Reduktion der Amplituden als auch in der Verlängerung der Gipfelzeiten finden.

Solche Veränderungen finden sich schon sehr früh, selbst wenn sichtbare

Veränderungen der Netzhaut ophtalmoskopisch noch nicht aufgetreten sind

(Altaweel et al, 2001; Coupland et al, 2001).

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a

b

Abbildung 4: a. Multifokale Ableitung eines gesunden Probanden.

b. Multifokale Ableitung einer Chloroquin-therapierten Patientin mit

Amplitudenerniedrigung sowohl im zentralen Bereich als auch diffus in der

näheren und mittleren Peripherie.

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4.3 Technische und methodische Grundlagen

4.3.1 Die m-Sequenz

Da bei der multifokalen Elektroretinographie die Stimulation verschiedener

Netzhautareale erfolgt, um auf den Anteil jedes einzelnen Areals an der

Gesamtantwort schließen zu können, ist die zeitliche und räumliche

Unabhängigkeit der Reizsequenzen dieser Orte unabdingbar

(Palmowski, 2001).

Dies wird gewährleistet durch eine spezielle Reizabfolge, der sogenannten

binären m-Sequenz. Die Besonderheit der m-Sequenz beruht darauf, dass ein

unterschiedlicher Startpunkt innerhalb eines m-Sequenz-Zyklus’ in einer

mathematisch unabhängigen neuen Sequenz resultiert (Sutter, 1987). Somit

kann die m-Sequenz für jeden Ort verwendet werden, wenn jeweils ein

unterschiedlicher Startpunkt gewählt wird. Meistens werden in einem

Gesichtsfeld von 30° 61 oder 103 Felder stimuliert. Vom Beginn der Stimulation

an flimmert jedes hexagonale Feld gleichzeitig in einem kompletten m-

Sequenz-Zyklus, so dass dabei die mathematische Unabhängigkeit der

einzelnen Stimuli durch unterschiedliche Startpunkte gewährleistet wird. Die

Wahl des Startpunktes hängt davon ab, inwieweit die m-Sequenz benachbarter

Felder länger ist als die Dauer der erwarteten Reizantwort. Kennt man die m-

Sequenz und die verschiedenen Startpunkte, so ist es möglich mit nur einer

Kreuzkorrelation die fokalen Reizantworten erster und höherer Ordnung zu

berechnen (Sutter 1991).

4.3.2 Die Elektroden

Es gibt mehrere Arten von Elektroden, die für die Ableitung des multifokalen

ERGs verwendet werden können.

Die mit einer Burian-Allen-Elektrode abgeleiteten Antworten weisen eine nur

geringe Störempfindlichkeit gegenüber der bipolare Ableitung auf und bieten

eine gute Reproduzierbarkeit der gemessenen Werte. In dieser Studie wurde

eine DTL-Elektrode verwendet, die dieselben Qualitäten wie die Burian-Allen-

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Elektrode erfüllt, wohl aber weitaus komfortabler und angenehmer für den zu

Untersuchenden einzulegen und für den Patienten während des

Untersuchungsablaufs zu tolerieren ist (Otto et al, 1997).

In beiden Fällen ist Lokalanästhesie erforderlich, wobei nach Beendigung der

Untersuchung die Kornea auf potentielle Erosionen hin zu überprüfen ist.

4.3.3 Filter

Weil Artefakte wie Lidschlag und Augenbewegungen bei der Aufzeichnung des

multifokalen ERGs sehr störend wirken, da diese Bewegungen zu starken

Potentialen führen, wird im Allgemeinen ein Hochpassfilter eingesetzt, der dafür

sorgt, ein relativ starkes Artefaktpotential abzufangen, um möglichst schnell in

den linearen Bereich der Übertragung zurückzukommen. Die ISCEV hat hierzu

„Leitlinien für die Aufzeichnung des multifokalen Elektroretinogramms“ erstellt,

in denen ein Wert zwischen 3 oder 10 Hz vorgeschlagen wird (Bach, 2001).

In dieser Studie wurde ein Bandpassfilter im VERIS-System voreingestellt mit

einem High Cutoff von 10 und einem Low Cutoff von 300 Hz.

Die Vermessung sowohl der Amplituden als auch der Latenzzeit wurde manuell

durchgeführt.

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5 Methodik

5.1 Auswahl und Rekrutierung von Patienten

Die Rekrutierung der Patienten fand in der rheumatologischen Einheit des

Santa Casa Hospitals in Belem (Pará/Brasilien) statt. Die dort ansässigen Ärzte

wurden über das Projekt informiert, die daraufhin geeignete mit Chloroquin

therapierte Patienten zu einem Aufklärungsgespräch in das nahegelegene

Tropenmedizinische Institut sendeten. Dort wurden die Patienten über die

laufende Studie aufgeklärt und informiert. Bei Einwilligung wurden zwei Termine

vereinbart. Der erste Termin fand in der Augenklinik des Bettina Hospitals,

Campus da UFPA, Belem do Pará statt, an dem die allgemeine augenärztliche

Untersuchung stattfand, indem die vorderen und hinteren Augenabschnitte

untersucht (Spaltlampe und Ophtalmoskopie) und der Augendruck gemessen

wurde. Die jeweiligen Ergebnisse wurden daraufhin in einem speziell dafür

angefertigten Anamnesebogen für Chloroquin-Patienten vermerkt, welchen die

Patienten zum zweiten Termin mitbrachten.

Der zweite Termin fand im Tropenmedizinischen Institut der UFPA, Belem do

Para, statt. Hier wurde die weitere Anamnese erhoben und der Chloroquin-

spezifische Fragebogen gemeinsam mit den Patienten ausgefüllt. Daraufhin

wurden Sehschärfe und Refraktion der Studienteilnehmer geprüft und die

automatische Rasterperimetrie und das multifokale ERG durchgeführt. Am

Ende dieser Testreihe wurde das Blut der Studienteilnehmer auf leber- und

nierenspezifische Marker hin untersucht, um die Funktionsfähigkeit beider

Organe hin zu untersuchen und anhand von Körpergröße, Körpergewicht und

Hautfaltendickemessung, der Body Mass Index, Hip/Waist-Ratio und der

Körperfettanteil ermittelt.

Die Zeitdauer der gesamten Untersuchungsreihe betrug ca. 4-5h. Die

Durchführung dieser Studie wurde von der Ethikkommission der UFPA

genehmigt.

Es wurden 24 Patienten mit Chloroquin-Therapie untersucht. Die

Einschlusskritertien hierzu waren Chloroquin-Therapie und die Einwilligung an

der Studie teilzunehmen. Ausgeschlossen waren Patienten mit anderen

Augenerkrankungen, die die Beurteilung eines durch Chloroquin verursachten

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Schadens verdecken würden (z.B. Erkrankungen der Netzhaut,

Medientrübung).

5.2 Anamnese

Die Anamnese beinhaltete sowohl die allgemein-ophthalmologische

Krankengeschichte als auch die Beantwortung eines Fragebogens.

In der allgemein-ophthalmologischen Anamnese wurde nach

Allgemeinerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Hypertonie,

Lebererkrankungen, Nierenerkrankungen) und Augenerkrankungen sowie

Augenoperationen gefragt. Im weiteren Teil wurden Chloroquin-spezifische

Informationen erfasst.

5.2.1 Fragebogen

1. Beginn der Chloroquin-Einnahme

2. Einnahmezeit von Chloroquin

3. Aktuelle Chloroquin-Dosis

4. Dosis-Veränderung während der Therapie

5. Indikation der Chloroquin-Therapie

6. Pausierung der Chloroquin-Therapie

7. Auftreten von Sehstörungen wie Leseschwierigkeiten, Farbsehstörungen,

Sehschärfeminderung während der Chloroquin-Therapie

8. Zusätzliche bekannte allgemeinmedizinsche Erkrankungen (Leber-, Nieren-,

Diabeteserkrankung, Art. Hypertonie)

9. Bekannte familäre Prädispositionen (AMD, Diabetes, Hypertonie)

10. Bestehende Allergien gegen bestimmte Nahrungsmittel, Medikamente,

Gräser/Pollen

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5.3 Visus und Refraktion

Vor der Prüfung der Sehschärfe erfolgte die Refraktionsbestimmung mit dem

automatischen Refraktrometer.

Abbildung 5: Automatischen Refraktrometrie mit dem Sehzeichenprojektor

HAR 570 (Fa. Humphrey, USA).

Wichtig bei der automatischen Refraktrometrie ist es die Messeinrichtung des

Refraktrometers auf die Pupille einzustellen, um in genau dieser Position die

Brechwerte des Auges zu ermitteln, die für das Sehen maßgeblich sind.

Zur subjektiven Refraktionsbestimmung wurden Zahlen als Sehzeichen

dargeboten. Die Entfernung aus der die Sehzeichen angeboten wurden,

entsprach einer Distanz von 5m von dem Sehzeichenprojektor HAR 570 (Fa.

Humphrey, USA) (Mißner, 2004).

Keiner der Studienteilnehmer hatte eine erbliche Netzhauterkrankung und einen

Snellen Sehschärfe-Wert von unter 20/40.

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5.4 Perimetrie

Das zentrale Gesichtsfeld wurde anhand der schwellenbestimmenden

automatischen Rasterperimetrie untersucht.

Zur Verfügung stand das Humphrey Visual Field Instrument HFA-745 (Carl

Zeiss Meditech, Dublin, CA)

Abbildung 6: Automatische Rasterperimetrie mit dem Humphrey Visual

Field Instrument HFA-745 (Carl Zeiss Meditech, Dublin, CA)

Bevor es zur Untersuchung kam, erfolgte eine Adaptation an die

Umfeldleuchtdichte, welche sich (mit ca.10 cd/m2) im unteren photopischen

Bereich befand. Bei der automatischen Perimetrie spielt die Compliance des

Patienten eine gewichtige Rolle. Somit wurde jeder Patient vor der

Untersuchung in den Ablauf eingewiesen. Die Gesichtsfeldprüfung wurde

mit unbunten Prüfmarken durchgeführt, d.h. es wurde eine weiß-weiß-

Perimetrie durchgeführt. Zudem erfolgte eine Schwellenbestimmung an

allen Positionen und ein nicht lineares Prüfraster wurde ausgewählt. Der

Messbereich lag im 10° Gesichtsfeld. Bei der Untersuchung war darauf zu

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23

achten, dass der Patient zentral fixiert ist, da dadurch die Qualität des

Untersuchungsergebnisses erheblich beeinflusst wird. Somit hängt die

Diagnose kleiner und mittlerer Gesichtsfelddefekte von der zentralen

Fixation ab. Während der Untersuchung wurde die Fixation mit einer

Videokamera überwacht (Mißner, 2004).

5.5 Multifokales ERG

Die Messungen des multifokalen ERGs wurde gemäß den Leitlinien der

Internationalen Gesellschaft für klinische Elektrophysiologie des Sehens

(ISCEV) mit dem Visual Evoked Response System VERIS Clinic II System

(Electro-Diagnostic Imaging, inc, Redwood City, California, USA) durchgeführt.

Nach Gabe eines Mydriatikums (Phenylephrin 2,5% und Tropicamid 1%) wurde

die maximale Pupillenweite abgewartet, um daraufhin das multifokale ERG

abzuleiten. Die Ableitung erfolgte anhand einer DTL-Elektrode an nur einem

Auge, wobei zuvor ein Lokalanästhetikum (Oxybuprocainhydroxychlorid) dem

untersuchten Auge verabreicht wurde, um das Fremdkörpergefühl der Elektrode

soweit wie möglich herabzusetzen. Weiterhin wurde eine Referenzelektrode an

die Schläfenaußenseite des zu untersuchenden Auges angebracht. Die

Erdungselektrode wurde mittig auf Höhe der Stirn fixiert. Das kontralaterale

Auge wurde mit einer Augenklappe bedeckt. Nun wurde der Studienteilnehmer

gebeten das in der Mitte des Reizfeldes liegende Kreuz zu fixieren und

anzugeben, bei welcher Einstellung der Monitorkamera das Stimulationsfeld

klar zu sehen sei. Auf dem Monitor wurde mit einem Reizfeld von 103

Sechsecken, die schnell zwischen schwarz und weiß wechselten, ein

Stimulationsfeld generiert (Mißner, 2004).

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24

Abbildung 7: Probandin regelgerecht positioniert an der mobilen

Monitorkamera des Visual Evoked Response System VERIS Clinic II System

(Electro-Diagnostic Imaging, inc, Redwood City, California, USA). Im

Hintergrund ist das sich in der weitgestellten Pupille spiegelnde

Stimulationsmuster zu sehen.

Die Aufnahmedauer betrug 9 Minuten zu Sequenzen von jeweils 30 Sekunden -

in Abhängigkeit davon inwieweit die Fixierung des Kreuzes zentral des

Stimulationsfeldes durch die Studienteilnehmer gewährleistet war. Die

einzelnen Sequenzphasen konnten bei Bedarf wiederholt werden, falls es zu

unvorhergesehen Artefaktüberlagerungen kam. Die errechneten lokalen ERG-

Kurven wurden als sogenannte „Trace arrays“, einer lagerichtigen Anordnung

wie beim Gesichtsfeld dargestellt. Wegen der Skalierung der Fläche der

Hexagone nach der Photorezeptorendichte (=Zapfendichte) waren vom

Zentrum zur Peripherie ungefähr gleich große Antwortkurven zu sehen. Somit

konnte man lokale Amplitudenminderungen auf einen Blick qualitativ erkennen.

Die Latenzzeiten hingegen konnten in dieser Darstellung nicht bestimmt

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25

werden. Durch die Zusammenfassung lokaler Antwortgruppen gleicher

Exzentrizität ergeben sich 6 um das Zentrum angeordnete Ringgruppen, deren

gemittelte Antworten nach Amplitude und Latenzzeit (qualitativ) ausgewertet

werden können (Seeliger, 2001).

Laut Polyak ergeben sich folgende anatomische Netzhautareale zu den

entsprechenden Ringen: Ring 1 – Fovea; Ring 2 – Area parafovealis; Ring 3 –

Area perifovealis; Ring 4 – Nahe Peripherie; Ring 5 – mittlere Peripherie; Ring 6

– äußere Peripherie (Polyak, 1941).

Die Amplitude sowie die Gipfelzeit für die einzelnen Ringe wurden manuell

bestimmt. Die Fläche der jeweiligen Ringgruppe (nV/deg²) muss auf die Höhe

der Amplitude bezogen werden. Für die Amplitude N1, P1 und N2, wurden aus

einer Gruppe von 21 gesunden, in etwa altersähnliche Probanden Median und

die Ober- und Untergrenze des 95%igen Konfidenzintervalls berechnet und als

Normwerte verwendet (Mißner, 2004).

5.6 Fundusspiegelung

Die Untersuchung der vorderen Augenabschnitte wurde mit der Spaltlampe

durchgeführt. Der Augenhintergrund wurde mit der Foerster-Brille, einem

speziellem binokularen Ophtalmoskop auf pathologische Veränderungen der

Netzhaut, besonders aber des makulären bzw. perimakulären Bereichs hin

stereoskopisch untersucht. Da das Untersuchungsfeld bei der direkten

Ophthalmoskopie sehr klein ist, bevorzugte man die indirekte Ophthalmoskopie.

Besonders die Fundusperipherie lässt sich dadurch besser beurteilen (Mißner,

2004).

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26

5.7 Bestimmung des Körperfettanteils

5.7.1 Hautfaltendicke-Messung

Die Hautfaltendicke-Messung ist eine Methode, um den Anteil des Körperfetts

an der Gesamtkörpermasse zu ermitteln. So spiegelt die Dicke zweier

aufeinanderliegenden Hautfalten und das darunter- bzw. dazwischenliegende

Fettgewebe an (speziell) definierten Stellen des Körpers die Menge des

subkutanen Fettgewebes wieder. Der Prozentsatz des Gesamtkörperfetts

korreliert in hohem Maße mit dem subkutanen Fettanteil und kann über

verschiedene Formeln geschätzt werden (Wagner et al 2006).

In dieser Studie wurde an fünf Stellen des Körpers die Hautfaltendicke mittels

einer geeichten Hautfaltenzange gemessen. Die fünf genau dafür definierten

Stellen waren: Trizeps (Ts), Bizeps (Bs), Subskapula (Sa), Supraspinum (Sm),

Hüfte (He).

chest

knee

hip

supraspinal

thigh

biceps

chin

subscapular

triceps

abdominal

calf

Abbildung 8: Messungsbereiche mit der Hautfaltenzange zur Bestimmung des

Körperfetts am Gesamtkörpergewicht nach Wagner et al 2006.

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27

Um den Körperfettanteil an der Gesamtkörpermasse (TBF = total body fat) zu

ermitteln, wurde die Formel nach Durnin und Wormersley verwendet (Durnin &

Womersley, 1974): TBF (%) = (4.95 / D – 4.5) * 100

Die Density (D) errechnet sich aus den gemessenen Hautfaltendicken, wobei

für Frauen und Männer eine unterschiedliche Formel Anwendung findet:

Frauen

D = [ 1156.7 – 71.7 * log (∑ sf SaTs, Bs, ,He)] / 1000

Männer

D = [ 1176.5 – 74.4 * log (∑ sf Sa, Ts, Bs, He)] / 1000

5.7.2 Body Mass Index

Weiterhin wurde Körpergröße und Körpergewicht der Patienten vermessen, um

anhand dieser Werte den Body Mass Index (BMI) zu berechnen (Hauner et al,

2003).

BMI (kg/m²) = Körpergewicht(kg)/Körpergröße²(m²)

5.7.3 Hip to Waist Ratio

Hüft– und Taillenumfang wurde vermessen, um die sogenannte Hüft-Taillen-

Beziehung herstellen zu können (Lean et al, 1995).

WHR = Taillenumfang(m)/Hüftumfang(m)

Das berechnete Verhältnis liegt bei Frauen < 0,85 und bei Männern < 1,0

Die WHR dient wie auch der vorab benannte BMI zur Bestimmung des

Körperfettanteils.

Alle dafür erforderlichen Gerätschaften wie Hautfaltenzange, Waage, Maßband

und Körpergrößenmessvorrichtung waren im ernährungswissenschaftlichen

Institut, Belem, Brasilien vorhanden und diesbezügliche Messungen wurden

dort von fachkundigem Personal durchgeführt.

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28

5.8 Laborchemische Untersuchungen

Allen Patienten wurde im Labor des Tropenmedizinischen Instituts, Belem,

Brasilien, Blut entnommen, um mögliche pathologische Vorgänge in Leber und

Niere anhand der Laborwerte zu bestimmen. Leberspezifische Werte waren:

Glutamat-Oxalacetat-Transaminase GOT(U/L), Glutamat-Pyruvat-

Transaminase GPT(U/L) und Gamma-Glutamyl-Transferase GGT(U/L). Werte

hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Niere waren Kreatinin(mg/dL) und

Harnsäure(mg/dL).

Des Weiteren wurde aus dem Blut der Probanden DNA extrahiert, um auch

genetische Untersuchungen vorzunehmen. Aufgrund logistisch-zollrechtlicher

Probleme stehen die entsprechenden Untersuchungen der DNA-Extrakte noch

aus, welche im genetischen Institut der Universität Nürnberg-Erlangen

durchgeführt werden sollen.

5.9 Statistische Auswertung

Die gesamten Daten wurden anhand des Computerprogramms SPSS

(Statistical Package for the Social Science, Version 17.0 für Windows, USA)

gesammelt und statistisch ausgewertet. Die statistische Signifikanz wurde durch

das P-Niveau mit weniger als 0,05 definiert. Um Mittelwerte zu vergleichen,

wurde – soweit annähernd eine Normalverteilung vorlag – der t-Test benutzt.

Zur Identifizierung möglicher Einflussfaktoren wurden alle Variablen mittels

Scatterplots und Boxplots graphisch analysiert und gesichtet.

.

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29

6 Ergebnisse

6.1 Alters-und Geschlechtsverteilung

Die Gruppe der Patienten bestand bei 24 Teilnehmern aus 20 Frauen und 4

Männern, die Kontrollgruppe bei 21 Teilnehmern aus 14 Frauen und 7

Männern. Der Altersdurchschnitt in der Chloroquin-behandelten

Patientengruppe betrug 37,5 Jahre mit einer Standardabweichung von 10,2

Jahren (Median: 37,1 Jahre), der jüngste Teilnehmer war 20 Jahre und der

älteste 53 Jahre alt. Der Altersdurchschnitt der Kontrollgruppe betrug 32,1

Jahre mit einer Standardabweichung von 9,1 Jahren (Median: 30,2 Jahre), der

jüngste Teilnehmer war 21 Jahre und der älteste 52 Jahre alt. Der Unterschied

zwischen den beiden Gruppen war nicht signifikant (t=-1,9; df=43, p=0,065).

Abbildung 9: Altersverteilung (Median ± 25./75.Perzentile ± Min/Max) der

beiden Studiengruppen (T-Test; t=-1,9;df=43, p=0,065).

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30

6.2 Auswertung der Einflussfaktoren

Die multivariate Analyse wurde aufgrund teilweise fehlender Werte mit 35

Probanden, bestehend aus einer Patientengruppe von 15 Personen und einer

Kontrollgruppe von 20, durchgeführt. Dabei zeigten sich, bis auf eine schwache

Signifikanz von p=0.047 zwischen Amplitude N1(Ring 1) und Kumulativdosis,

keine Korrelationen zu den multifokalen Messergebnissen. Weiterhin wurden

Scatterplots zu Kumulativdosis, Tagesdosis, Einnahmedauer und Alter erstellt

und auf vorab beschriebene Korrelationen gesichtet, wobei keine Beziehungen

zueinander hergestellt werden konnte.

Der Body Mass Index wurde in der Patienten-Gruppe mit 25,3 ± 4,1 und in der

Kontrollgruppe mit 24,2 ± 5,1 ermittelt. Ein signifikanter Unterschied bestand

nicht (t=-0,8; p=0,46).

Auch bezüglich der Hip-Waist-Ratio (p=0,28) sowie der Körperfettmessung

nach Durnin & Wormersley (p=0,91) in beiden Gruppen bestand kein

signifikanter Unterschied.

Die laborchemischen Ergebnisse sowohl bezüglich der Leberfunktion wie GOT

(p=0,07), GPT (p=0,31), GGT (p=0,41) als auch bezüglich der Nierenfunktion

wie Kreatinin (p=0,29) und Harnstoff (p=0,07) ergaben keinen signifikanten

Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

In der Perimetrie wiesen die globalen Indizes MD (mean deviation, p=0,005)

und PSD (pattern standard deviation, p=0,027) einen signifikanten Unterschied

zwischen der Patientengruppe und der Kontrollgruppe auf.

Tabelle 1 gibt eine Übersicht.

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31

Einflussfaktor Patienten-

Gruppe

Kontroll-Gruppe Stat.

Signifikanz

Body mass Index 25,4 ± 4,3 26,1 ± 4,6 p=0,482

Hip-Waist-Ratio 0,85 ± 0,092 0,82 ± 0,074 p=0,28

Durnin&Womersley 32,97±8,3 33,26±8,08 p=0,91

GOT 28,95±22,84 18,73±7,08 p=0,07

GPT 23,52±11,35 19,87±9,96 p=0,31

GGT 27,86±28,84 20,93±21,25 p=0,41

Kreatinin 1,39±0,41 1,26±0,3 p=0,29

Harnsäure 36,71±11,7 30,6±8,16 p=0,07

Tabelle 1: Vergleich der Einflussfaktoren zwischen Patienten- und

Kontrollgruppe

Die Daten hinsichtlich der Einnahme von Chloroquin in der Patientengruppe sind

in Tabelle 2 dargestellt. Der Mittelwert der Chloroquin-Tagesdosis lag bei 225,93

mg (SF=20,01) mit einem Minimum von 150 mg und einem Maximum von 400

mg. Der Mittelwert der Chloroquin-Gesamtdosis lag bei 302,06 g (SF=64,95) mit

einem Minimum von 18 g und einem Maximum von 1206 g.

Der Mittelwert der Einnahmedauer lag bei 47,73 Monaten (SF=8,85) mit einem

Minimum von 1,5 Monaten und einem Maximum von 144 Monaten.

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Alter J

Tagesdosis

mg

Gesamt-

dosis g

Einnahme-

dauer m

N Gültig 24 24 24 24

Fehlend 0 0 0 0

Mittelwert 37,54 225,93 302,06 47,73

Standardfehler des

Mittelwertes

2,07 20,01 64,96 8,85

Median 37,09 175,00 189,00 35,00

Standardabweichung 10,15 98,03 318,23 43,35

Minimum 20,48 150,00 18,00 1,50

Maximum 52,66 400,00 1206,00 144,00

Tabelle 2: Deskriptiv-statistische Werte der Chloroquin einnehmenden

Patientengruppe von Alter (Jahre), Tagesdosis (Milligramm), Gesamtdosis

(Gramm), Einnahmedauer (Monate).

6.3 Ergebnisse des multifokalen ERGs

Von insgesamt 45 Studienteilnehmern wurde jeweils ein Auge, das heißt 45

Augen, mittels multifokaler Technik abgeleitet und ausgewertet. Die Auswahl

des rechten oder linken Auges erfolgte mittels Randomisierung. Das multifokale

ERG wurde somit bei allen Teilnehmern durchgeführt.

Die Ergebnisse des multifokalen ERGs der Patientengruppe für die Amplituden

(nV/deg²) N1, P1 und N2 sind in Tabelle 3 dargestellt. Zum Vergleich sind die

Normwerte in Form des Medians sowie der Ober- und Untergrenzen des

95%igen Konfindenzintervalls für die Amplituden (nV/deg²) beschrieben.

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33

Amplitude N1

(nV/deg²) Normwerte

Untergrenze 95%-

KI Obergrenze 95%-KI Median

Ring 1 -32,70 -20,51 -24,31

Ring 2 -19,03 -13,81 -16,96

Ring 3 -16,00 -12,13 -14,4

Ring 4 -12,91 -19,08 -10,75

Ring 5 -11,78 -8,36 -9,64

Ring 6 -11,99 -8,44 -8,94

Amplitude N1

(nV/deg²) Patienten

Untergrenze 95%-

KI Obergrenze 95%-KI Median

Ring 1 -23,73 -13,22 -17,10

Ring 2 -16,31 -10,97 -13,51

Ring 3 -13,85 -10,59 -11,35

Ring 4 -13,77 -9,83 -9,97

Ring 5 -11,86 -8,81 -9,89

Ring 6 -11,79 -8,60 -9,57

Amplitude P1

(nV/deg²) Normwerte

Untergrenze 95%-

KI Obergrenze 95%-KI Median

Ring 1 47,56 74,53 61,30

Ring 2 34,96 47,49 37,69

Ring 3 28,01 35,96 31,78

Ring 4 24,76 32,43 31,41

Ring 5 23,17 31,53 28,89

Ring 6 23,00 31,91 27,79

Amplitude P1

(nV/deg²) Patienten

Untergrenze 95%-

KI Obergrenze 95%-KI Median

Ring 1 34,24 57,70 35,64

Ring 2 31,03 37,30 34,50

Ring 3 28,37 33,62 32,73

Ring 4 25,92 32,80 31,61

Ring 5 24,78 32,69 29,56

Ring 6 25,54 33,54 29,26

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Amplitude N2 (nV/deg²) Normwerte

Untergrenze 95%-KI Obergrenze 95%-KI Median

Ring 1 -35,53 -21,97 -24,96

Ring 2 -20,15 -13,55 -16,02

Ring 3 -16,74 -11,7 -13,04

Ring 4 -15,73 -10,54 -13,31

Ring 5 -13,64 -8,82 -11,73

Ring 6 -13,85 -9,11 -10,69

Amplitude P1 (nV/deg²) Patienten

Untergrenze 95%-KI Obergrenze 95%-KI Median

Ring 1 -24,08 -16,14 -19,36

Ring 2 -18,23 -18,85 -16,42

Ring 3 -16,03 -12,68 -14,76

Ring 4 -15,16 -11,26 -13,24

Ring 5 -14,73 -10,27 -11,06

Ring 6 -14,47 -9,71 -11,39

Tabelle 3: Normwerte VERIS 103 Felder für die Amplituden (nV/deg²) N1, P1

und N2 mit der unteren und oberen Grenze des 95%igen Konfidentintervalls

sowie Median der Ringgruppen 1 bis 6

Wie man beim Vergleich sowohl des Medians als auch der Unter- und

Obergrenze des 95%igen Konfidentsintervalls der jeweiligen Mittelwerte in der

Patienten- und Kontrollgruppe feststellt, reduzieren sich die Amplitudenwerte

vornehmlich in den zentralen Ringen 1 und 2, und somit die signifikanten

Unterschiede, die in der zentralen Netzhaut zu finden sind.

Die Mittelwertvergleiche anhand des t-Tests bestätigen obig beschriebenen

Sachverhalt mit signifikanten Ergebnissen für die Amplitude N1 in Ring 1 mit

p=0,042, die Amplitude P1 in Ring 2 mit p=0,045 sowie die Amplitude N2 in

Ring 1 mit p=0,029.

Die Auswertung der Latenzen N1, P1 und N2 durch Mittelwertvergleiche

anhand des t-Tests zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen Patienten-

und Kontrollgruppe.

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35

6.3.1 Ergebnis der Amplitude N1 in den Ringgruppen 1 bis 6

Das Ergebnis der Amplitudenbestimmung N1 in Ring 1 betrug -18,47nV/deg²

±2,54 (Median:-17,10nV/deg²; Mittelwert:-18,47nV/deg² ±2,54) in der

Patientengruppe und -26,61nV/deg² ±2,92 (Median:-24,31nV/deg²;

Mittelwert:-26,61nV/deg² ±2,92) in der Kontrollgruppe. Hier zeigte sich ein

signifikanter Unterschied im Vergleich der beiden Gruppen ( p=0,042).

In den Ringgruppen 2 bis 6 bestand kein signifikanter Unterschied.

Abbildung 10: Amplitude N1 nV/deg² (Median ± 25./75.Perzentile ± Min/Max),

signifikanter Unterschied (t-Test; p=0,042) in Ring 1 im Vergleich zwischen

Chloroquin-Patienten und Kontrollgruppe.

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36

6.3.2 Ergebnis der Amplitude P1 in den Ringgruppen 1 bis 6

Das Ergebnis der Amplitudenbestimmung P1 in Ring 2 betrug 34,17nV/deg²

±1,52 (Median:34,50nV/deg²; Mittelwert:34,17nV/deg² ±1,52) in der Patienten-

Gruppe und 41,22nV/deg² ±3,00 (Median:37,69nV/deg²;

Mittelwert:41,22nV/deg² ±3,00) in der Kontrollgruppe. Hier zeigte sich ein

signifikanter Unterschied im Vergleich der beiden Gruppen ( p=0,045).

Im zentralen Ring 1 sowie den Ringruppen 3 bis 6 bestand kein signifikanter

Unterschied.

.

Abbildung 11: Amplitude P1 nV/deg² (Median ± 25./75.Perzentile ± Min/Max),

signifikanter Unterschied (t-Test p=0,045) in Ring 2 im Vergleich zwischen

Chloroquin-Patienten und Kontrollgruppe.

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37

6.3.3 Ergebnis der Amplitude N2 in den Ringgruppen 1 bis 6

Das Ergebnis der Amplitudenbestimmung N2 in Ring 1 betrug -20,11nV/deg²

±1,92 (Median:-19,36nV/deg²; Mittelwert:-20,11nV/deg² ±1,92) in der Patienten-

Gruppe und -28,75nV/deg² ±3,25 (Median:-24,96nV/deg²; Mittelwert:-

28,75nV/deg² ±3,25) in der Kontrollgruppe. Hier zeigte sich ein signifikanter

Unterschied im Vergleich der beiden Gruppen ( p=0,029).

In den Ringruppen 2 bis 6 bestand kein signifikanter Unterschied.

Abbildung 12: Amplitude N2 nV/deg² (Median ± 25./75.Perzentile ± Min/Max),

signifikanter Unterschied (t-Test; p=0,28) in Ring 1 im Vergleich zwischen

Chloroquin-Patienten und Kontrollgruppe.

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38

Abbildung 13: Multifokale Ableitung eines 36-jährigen Chloroquin-therapierten

Patienten mit einer Kumulativdosis von 18g. Zu sehen ist eine

Amplitudenerniedrigung sowohl im perizentralen Bereich als auch rechtsbetont

in der näheren und mittleren Peripherie.

Abbildung 14: Multifokale Ableitung einer 30-jährigen Chloroquin-therapierten

Patientin bei einer Kumulativdosis von 1206g. Die Amplituden sind weitgehend

regelgerecht.

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39

6.4 Ergebnis der Perimetrie

In der Perimetrie fanden sich signifikante Unterschiede zwischen der

Patientengruppe und der Kontrollgruppe hinsichtlich der globalen Indizes MD

(mean deviation) und PSD (pattern standard deviation).

Das Ergebnis der Perimetrie MD betrug -2,39±0,42 (Median:-2,24; Mittelwert:-

2,39 ±0,42) in der Patienten-Gruppe und -0,97 ±0,23 (Median:-0,89; Mittelwert:-

0,97±0,23) in der Kontrollgruppe. Hier zeigte sich ein signifikanter Unterschied

im Vergleich der beiden Gruppen ( p=0,005).

Abbildung 15: Perimetrie MD (Median ± 25./75.Perzentile ± Min/Max),

signifikanter Unterschied (t-Test p=0,005) im Vergleich zwischen Chloroquin-

Patienten und Kontrollgruppe.

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40

Das Ergebnis der Perimetrie PSD betrug 1,40±0,07 (Median:1,36; Mittelwert:-

1,40 ±0,07) in der Patienten-Gruppe und 1,20 ±0,05 (Median:1,21;

Mittelwert:1,20±0,05) in der Kontrolle. Hier zeigte sich ein signifikanter

Unterschied im Vergleich der beiden Gruppen ( p=0,027).

Abbildung 16: Perimetrie PSD (Median ± 25./75.Perzentile ± Min/Max),

signifikanter Unterschied (t-Test p=0,027) im Vergleich zwischen Chloroquin-

Patienten und Kontrollgruppe.

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41

7 Diskussion

7.1 Diskussion der eigenen Ergebnisse und deren Bedeutung

in Zusammenhang mit bekannten Ergebnissen aus der

aktuellen Literatur

Ziel dieser kontrollierten Studie war es festzustellen, welche Veränderungen

Chloroquin im multifokalen ERG an Patienten brasilianischer Herkunft bewirkt

und diese zu beschreiben. Hierfür wurden Messungen im Norden Brasiliens im

Bundesstaat von Pará an einheimischen Patienten durchgeführt, die aufgrund

von autoimmunologischen Krankheiten wie der rheumatischen Arthritis sowie

des Systemischen Lupus Erythematodes mit Chloroquin therapiert wurden.

Chloroquin wird sowohl prophylaktisch und therapeutisch als Medikament

gegen Malaria als auch in der Therapie autoimmunologischer Erkrankungen

eingesetzt. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die Einnahme von

Chloroquin über einen längeren Zeitraum zu Veränderungen in der zentralen

Netzhaut führt, die mit der multifokalen Elektroretinographie diagnostiziert

werden können (Kellner et al., 2000, 2006; Kertes et al., 2003; Scott et al.,

2003; Moschos et al., 2004; Tzekov et al., 2004; Rüther et al., 2007). Im

Wesentlichen kommt es zu einer Verringerung der P1-Amplitude sowohl im

fovealen (R1) als auch im parafovealen Bereich der Netzhaut. Kertes et al.

(2003) untersuchte 23 Patienten mittels multifokaler Technik, von denen 9 mit

Chloroquin und 14 mit Hydroxychloroquin behandelt wurden. In der mit

Chloroquin behandelten Gruppe zeigte sich eine deutliche Verringerung der P1

Amplitude im fovealen Bereich (R1) und in den parazentralen Ringen (R3, R4,

R5), während die mit Hydroxychloroquin behandelte Gruppe nur eine

verringerte P1 Amplitude in den parafovealen Ringen (R2, R3, R4) zeigte.

Kellner et al. (2000) beschrieben schwere Funktionsstörungen bei drei mit

Chloroquin behandelten Patienten, welche mittels mfERG im para-und

perifovealen Bereich gemessen wurde. Wobei in Fovea und Peripherie die

Netzhautfunktion normal oder nur mäßig reduziert war. Auch wurde eine durch

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42

Chloroquin oder Hydroxychloroquin induzierte Retinopathie anhand des mfERG

auch von anderen gefunden (Scott et al., 2003; Rüther et al., 2007). Die

Ergebnisse dieser Arbeit stimmen mit der Literatur darin überein, dass

hauptsächlich die zentralen und perizentralen Areale der Netzhaut bei

Chloroquineinnahme von pathologischen Veränderungen betroffen sind. Die

Messergebnisse der Amplitude N1 in Ring 1 zeigte einen signifikanten

Unterschied (p=0,042) zwischen der Chloroquin-Patientengruppe (Median:-

17,10nV/deg²; Mittelwert:-18,47nV/deg² ±2,54) im Vergleich mit der

Kontrollgruppe (Median:-24,31nV/deg²; Mittelwert:-26,61nV/deg² ±2,92). Auch

Die Messergebnisse der Amplitude P1 in Ringgruppe 2 zeigte einen

signifikanten Unterschied (p=0,045) zwischen der Chloroquin-Patientengruppe

(Median:34,50nV/deg²; Mittelwert:34,17nV/deg² ±1,52) im Vergleich mit der

Kontrollgruppe (Median:37,69nV/deg²; Mittelwert:41,22nV/deg² ±3,00). Die

Messergebnisse der Ampltude N2 in Ring 1 zeigten einen signifikanten

Unterschied (p=0,029)zwischen der Chloroquin-Patientengruppe Median:-

19,36nV/deg²; Mittelwert:-20,11nV/deg² ±1,92) im Vergleich mit der

Kontrollgruppe (Median:-24,96nV/deg²; Mittelwert:-28,75nV/deg² ±3,25).

Da im Bundesstaat Pará Chloroquin auch als Prophylaxe gegen Malaria

verwendet wird, kann diese Studie als Kontrolle für künftige Studien dienen, in

denen der Einfluss von Chloroquin bei Verwendung als Antimalariamittel auf die

Physiologie der Netzhaut untersucht wird.

Bisher war bekannt, dass die Einnahme von Chloroquin über einen längeren

Zeitraum Veränderungen in der zentralen und der nahen peripheren Netzhaut

verursachen kann, die mit der multifokalen Elektroretinographie erfasst werden

können (Kellner et al, 2000, 2006; Kertes et al, 2003; Scott et al, 2003;

Moschos et al, 2004; Tzekov et al, 2004; Rüther et al, 2007). Kertes et al, 2003

führte Messungen mit dem multifokalen ERG an Patienten durch, von denen 9

mit Chloroquin und 14 Patienten mit Hydroxychloroquin behandelt wurden. In

der Chloroquin-Gruppe war die Amplitude P1 signifikant im Bereich der Fovea

(R1) und in den parazentralen Ringen (R3, R4, R5), während die

Hydroxychloroquin-Gruppe eine verringerte P1 Amplitude nur in den

parafovealen Ringen (R2, R3, R4) zeigte. Kellner et al, 2000 beschrieb schwere

Funktionstörungen bei drei mit Chloroquin behandelten Patienten, die anhand

der multifokalen Elektroretinographie in den para- und perifovealen Bereichen

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43

gemessen wurden. Jedoch war die Funktion in der Fovea und der Peripherie

normal oder nur mäßig reduziert. Chloroquin – oder Hydroxychloroquin

induzierte Retinopathie ermittelt anhand des multifokalen ERG zeigte sich auch

von anderen bestätigt (Scott et al, 2003; Rüther at al, 2007).

In dieser Studie wurden die Auswirkungen von Chloroquin auf die retinale

Funktion an einer relativ großen Patientengruppe und Normalprobanden

untersucht. Weiterhin wurde diese Studie dahingehend erweitert, dass

entgegen früherer Daten drei verschiedene Komponenten (N1, P1, N2)

bezüglich Amplituden und Latenzen analysiert wurden.

Unsere Daten bestätigen, dass zentrale und perifoveale Funktionsausfälle in

einer relativ großen Gruppe von 24 Patienten gefunden werden können. Die

Veränderungen bestanden aus Amplitudenalterationen in allen drei

Hauptkomponenten des multifokalen ERG. Da es zu einer Reduktion der N1-

Komponenten kam und weil diese Komponente größtenteils von

Photorezeptoraktivität bestimmt wird, legen die Daten nahe, dass

Photorezeptoren durch Chloroquin betroffen sind. Aufgrund der Tatsache, dass

vor allem zentrale und perifoveale Antworten betroffen sind, kann angenommen

werden, dass in erster Linie die Zapfen beteiligt sind.

Die Feststellung, dass bei einer Chloroquinretinopathie im Wesentlichen die

Photorezeptoren betroffen sind, aber weder Ganglienzellen noch Bipolarzellen,

steht in Übereinstimmung mit früheren Befunden bei Mensch und Tier

(Bernstein and Ginsberg, 1964; Wetterholm and Winter, 1964; Rosenthal et al,

1978). Jedoch belegen histologische Untersuchungen, dass Stäbchen früher

als Zapfen betroffen sind (Rosenthal et al, 1978). Dies scheint im Widerspruch

zu den physiologischen Daten zu stehen, die auf eine starke Beteiligung der

zentralen Netzhaut, in der Zapfen am häufigsten sind, hinweisen. Eine

alternative Erklärung könnte sein, dass Postrezeptorzellen (wie Bipolarzellen)

daran beteiligt sind, da die Aktivität von N1 von der Aktivität bipolarer Zellen

abhängt. Die anderen Komponenten (P1 und N2) sind postrezeptoraler

Herkunft. Eine weitere Verfeinerung physiologischer Techniken wäre

notwendig, um zu bestimmen, welche Zelltypen eine chloroquininduzierte

Dysfunktion zeigen.

Die Wahrscheinlichkeit einer Chloroquin induzierten Retinopathie ist sehr gering

(Marmor et al, 2002). Darüber hinaus zeigt diese Studie, dass die

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44

Veränderungen im multifokalen ERG, bedingt durch die Einnahme von

Chloroquin, nicht in Beziehung stehen mit Faktoren wie Kumulativ- und

Tagesdosis sowie Einnahmedauer und Alter, die eigentlich als Risikofaktoren

hätten erwartet werden können. In Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen

beschreibt Easterbrook (1988) einen Patienten, der retinale Erkrankungen

aufwies, nachdem er mit einer Kumulativdosis von nur 12 Gramm über eine

Dauer von zwei Monaten behandelt worden war. In diesem Zusammenhang

berichtet Rüther (2007) eine Makulopathie bei einem Patienten nach nur einem

Jahr der Hydroxychloroquintherapie und einer Gesamtdosis von 57 Gramm.

Dies deutet offensichtlich darauf hin, dass eine hohe interindividuelle Variabilität

in der Empfindlichkeit gegenüber Chloroquin bestehen könnte. Die

unterschiedliche Anfälligkeit für eine Chloroquinretinopathie könnte auf eine

genetische Komponente in der Pathogenese hindeuten. So zeigte Shroyer

(2001) einen möglichen Zusammenhang zwischen Mutationen im ABCR-Gen,

das für einen Netzhauttransporter kodiert, und eine durch Chloroquin-und

Hydroxychloroquin induzierte Retinopathie.

Weiterhin zeigte sich, bestätigt durch den signifikanten Unterschied in der

Chloroquin-Patientengruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe hinsichtlich MD

und PSD, auch die Perimetrie als hilfreiches Diagnostikum für eine

Chloroquinretinopathie bei schon seit langem bestehender

Medikamenteneinnahme. So wird von vielen Autoren die statische Perimetrie

als eine effektive Methode für das Monitoring von mit Chloroquin behandelten

Patienten empfohlen (Ray et al, 1999). In dieser Arbeit konnte keine

Korrelation zwischen den Ergebnissen der multifokalen Elektroretinographie

und der statischen (10-2)-Weiß-Perimetrie hergestellt werden. Da es sich bei

MD und PSD nur um globale Indizes handelt, kann trotz des signifikanten

Ergebnisses nur eine Tendenz aufgezeigt werden: der Effekt von fokalen

Veränderungen im Bereich des Gesichtsfelds geht verloren und kann somit

auch nicht mit den einzelnen Ringwerten korreliert werden. Hierzu wurde in

dieser Studie eine Weiß-weiß-Perimetrie durchgeführt. Weiterhin könnte die

perimetrische Diagnostik dahingehend erweitert und verbessert werden, dass

die Farbperimetrie zum Screening Chloroquin-induzierter Gesichtsfeldausfälle

verwendet wird, um im Vergleich mit der Weiß-weiß-Perimetrie eine höhere

Sensitivät zu erzielen. So zeigte Easterbrook in einer Studie beim Vergleich

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Rot-und Weiß-Perimetrie mit dem 10-2 Programm, dass die Weiß-Perimetrie

eine Sensitivität von nur 78%, die Rot-Perimetrie hingegen von 91% aufwies

(Easterbrook et al, 1989). Auch zeigte Carr et al, dass sich Schwellentests mit

Rot und Blau als sehr empfindlich für die Früherkennung von retinalen Schäden

durch Chloroquin erwiesen (Carr et al, 1966).

Einflussfaktoren wie Kumulativ- und Tagesdosis, Einnahmedauer, Alter,

Körperfettanteil, Körpergewicht, Nieren- und Leberfunktion, welche das Risiko

retinotoxischen Eigenschaft von Chloroquin erhöhen sollten, zeigten keine

Korrelationen zu den Messergebnissen des multifokalen ERGs wie auch Alter,

Körperfettanteil, Körpergewicht sowie Nieren- und Leberfunktionswerte keine

signifikanten Unterschiede zwischen Chloroquin-Patienten im Vergleich mit der

Kontrollgruppe erkennen ließen.

Daher wäre es für die Therapie und Betreuung von Chloroquin-Patienten

überaus wichtig über die allgemein bekannten Risikofaktoren hinaus genetische

und krankheitsbedingte Faktoren herauszufinden bzw. zu bestimmen, die einen

wahrscheinlich erheblicheren Einfluss auf den Verlauf einer Makulopathie einer

Chloroquin-Retinopathie haben. So zeigte Shroyer den möglichen

Zusammenhang zwischen Mutationen auf dem ABCR Gen, ein für einen

retinalen Transporter kodierendes Gen, und chloroquin- bzw.

hydroxychloroquinbedingter Retinopathie (Shroyer et al, 2001). Auch könnten

weitere Untersuchungen angestrebt werden, um zu erfassen, ob

krankheitsspezifische pathophysiologische Veränderungen die Toxizität

Chloroquins zu fördern oder gar zu reduzieren vermögen.

Aufgrund dessen könnten die offiziellen Risiko-Einstufungen der American

Academy (AAO) of Ophthalmologists (Marmor et al, 2001) überdacht werden

und um neue Aspekte hinsichtlich genetischer und krankheitsspezifischer

Einflüsse erweitert werden.

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46

7.2 Ausblick

Für die Zukunft sind in unserer Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit dem

Tropeninstitut der Universität von Pará (UFPA) noch weitere Arbeiten

hinsichtlich Chloroquinretinopathie und multifokaler Elektroretinographie

geplant. Zum einen wird der zweite Teil dieser Studie in der Peripherie

Brasiliens (Pará) stattfinden, wobei mittels eines eigens dafür entwickelten

portablen mf-ERGs die retinotoxischen Auswirkungen Chloroquins bei der

Behandlung von ausschließlich an Malaria erkrankten Patienten hin untersucht

werden. Weiterhin wurde die hier vorliegende Studie von Seiten der

Forschungsgruppe des Leiters des tropenmedizinischen Instituts in Belem

fortgeführt und somit eine noch größere Patientengruppe brasilianischer

Herkunft gewonnen, von deren Auswertung auch in Bezug auf die genetische

Untersuchung der Mutation des ABCR-Gens neue Erkenntnisse zu erwarten

sind.

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47

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9 Danksagung

Bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. med. A. Jünemann, möchte ich mich

für die Überlassung des Themas, das rege Interesse am Fortgang der

Untersuchungen und der Arbeit und für die wertvolle Unterstützung mit Rat und

Tat herzlichst bedanken.

Hrn. Prof. Dr. J. Kremers danke ich recht herzlich für die richtungsweisenden

Ratschläge und die immerwährende Möglichkeit, mich bei Problemen, ob

informeller oder organisatorischer Art, an ihn zu wenden zu können.

Bei Herrn Prof. Dr. med. F.E. Kruse bedanke ich mich für die Möglichkeit der

Anfertigung dieser Arbeit in der Augenklinik mit Poliklinik der Universität

Erlangen-Nürnberg.

Ich danke Herrn Dr. Horn für die Hilfe bei der statistischen Auswertung.

Allen Mitarbeitern des ERG-Labors des Erlanger Universitätsklinikums sei an

dieser Stelle für die Einführung in die Arbeitstechniken, sowie für die Hilfe bei

den Messungen, mein Dank ausgesprochen.

Ein herzliches Dankeschön gilt Hrn. Prof. Dr. Luiz Carlos und den Mitarbeitern

des Tropeninstituts in Belem do Pará, die mich bei diesem Projekt mit

größtmöglicher Einsatzbereitschaft unterstützt haben und mir meinen Aufenthalt

in Brasilien so angenehm wie nur möglich gestalteten.

Ein Dankeschön geht auch an alle Patienten und Normalprobanden für die

Teilnahme an dieser Studie.

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10 Lebenslauf

Persönliche Daten

Name: Markus Josef Raster

Geboren: 23.11.1974 in Passau

Anschrift: Alex-Zink-Strasse 3

91154 Roth

E-Mail: [email protected]

Ehefrau: Iza Taccolini Raster, geb. Batista Taccolini

Eltern: Olga Raster, geb Zauner, Konditoreifachverkäuferin

Josef Raster, Elektromeister

Geschwister: Melanie Huber, geboren 04.08.1970

Schulausbildung

1982 – 1986 Grundschule Passau-Innstadt

1986 – 1995 Gymnasium Leopoldinum in Passau

Juni 1995 Abitur

Bundeswehr

1995 bis 1996 Grundwehrdienst in Nagold

Berufsausbildung

1997 bis 2000 Ausbildung zum exam. Krankenpfleger

2003 bis 2004 Ausbildung zum gehobenen Dienst -Bundespolizei

Hochschulausbildung

2001- 2003 Studium der Humanmedizin an der Ludwig-

Maximilians Universität in München

2003-2004 Bundesfachhochschule in Brühl

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Ab 2004 Studium der Humanmedizin an der Friedrich

Alexander Universität Nürnberg-Erlangen

1. Ärztliche Vorprüfung im März 2006

2. Staatsexamen im Oktober 2010

Gesamtnote der ärztlichen Prüfung: 3,00

Famulaturen

2006 Abteilung für Onkologie des Klinikums Amberg

2008 Abteilung für Kinderchirurgie des Evangelischen

Stadtkrankenhauses Yaounde, Kamerun

2009 Kinderarztpraxis Dr. med. Bernhard Aulinger in

Burglengenfeld

Praktisches Jahr

1.Tertial (2009) Innere Medizin im Klinikum Forchheim

2.Tertial (2009/10) Chirurgie im Klinikum Forchheim

3.Tertial (2010) Psychiatrie in der Universitätsklinik der FAU

Nürnberg-Erlangen