11
Konsurnentenverhalten Heribert Gierl Der EinfluB von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten Die Diskussion um die Relevanz yon Wert- orientierungen und Werten for das Konsumenten- verhalten wird schon seit geraumer Zeit gef0hrt. Allerdings werden die postulierten Thesen selten empirisch untermauert, verallgemeinerbare Befun- de liegen erst sehr sp~dich vor. Intention dieses Beitrags ist es, eine Theorie zum Einflul3 von Wert- orientierungen und Werten auf das Konsumenten- verhalten zu formulieren und auch empidsch zu testen. 1. Zielsetzung Inhalt dieser Studie ist es, zun&chst die Begdffe Wertorientierung und Wert voneinander zu trennen. Sodann wird eine Theorie skizziert, die diese beiden Konstrukte als Erki~rungsvariablen for das Nach- frageverhalten der Konsumenten beinhaltet. An- schlieBend wird diese Theorie anhand einer Studie einer empirischen Bew&hrungsprobe unterzogen. Solche Erkenntnisse sind for die Konsumg0ter- hersteller von Interesse, wenn sie eine Prognose dazu anstreben, welche Konsequenzen ein zeitlicher Wandel yon Werten und/oder Wertorientlerungen auf alas Konsumentenverhalten haben wird. Pro- gnosen des Verhaltens bei ver~nderten Werten oder Wertorientierungen setzen Kenntnisse 0ber Wir- kungsgesetzm~13igkeiten oder zumindest 0ber empirische Regelm~iBigkeiten voraus. Dar0ber hin- aus kann eine Aussage 0ber globale, aus dem Inneren der Konsumenten herrOhrenden EinfluBgrOl3en auf ihr Verhalten auch einen Fortschritt for die Theo- riebildung in der Konsumentenverhaltensforschung bedeuten. Prof. Dr. Henbert Gied, BergakademieFreiberg, O-9200 Freiberg, Gustav-Zeuner-StraSe 8-10. Der Autor dankt dem Heindch-Bau- er-Verlag f~r dio Bereitstellung yon Date=,. 2. Die Begriffe Wertorientierung und Wert Wertodentierungen und Werte sind nicht direkt beobachtbar, sie sind nur theoretische (d.h. vermu- tete) Konstru kte. Ihre Bedeutsamkeit ergibt sich nicht, weil sie theoretisch er6rtert werden, sondem erst dann, wenn es durch die Annahme ihrer Existenz gelingt, menschliches Verhalten besser zu erkl&ren, als dies ohne diese Annahme mSglich ist. Daher h~ngt die Rechffertigung, solche Konstrukte in Konsumentenverhaltenstheorien einzubinden, auch stark yon deren Definition ab. Die Begriffe Wertorientierung und Wert werden zwar nicht immer einheitlich definiert. In Anlehnung an einige Autoren haben abet bestlmmte Definitio- nen weite Verbreitung gefunden. AIs Wertorientierungen werden die yon einer Per- son angestrebten Auspr~gungen von situations- 0bergreifend stabilen Merkmalen des eigenen Ver- haltens bezeichnet. Sie geben an, welche Realisle- rung eine Person bei diesen Verhaltensmerkmalen bevorzugt. Diese begriffliche Festlegung folgt sinn- gem~,8 z.B. den Abgrenzungen von Wertodentie- rungen als ,,preferred modes of conduct or endstates of existence" (Rokeach 1968, S. 160), als .con- ceptions of the desirable" (C. Kluckhohn 1951, S. 395) oder .preferred solutions within a range of possible solutions of common human problems" (F. Kluckhohn/Strodtbeck 1961, S. 10). Wertorientie- rungen besagen also, ob sich eine Person z.B. lieber mit immateriellen G0tem oder mit materiellen G0tem ausstattet (vgl. Inglehart 1981), ob sie sich lieber nar-zit3tisch oder weniger narziBtisch verhalten will. ob sie einen kooperativen Umgang oder 0berlegen- heit in bezug auf ihre Mitmenschen anstrebt usw. Vielf~ltlge Listen mit solchen Verhaltensmerkmalen, bezi3glich derer Personen Vorstellungen von anzu- strebenden Auspr~igungen haben, sind in verschie- d.el, ~3J~Lt'~C, 1s 31. Jahrgang, Nr. 123, Seite 1fi1-171 1 61

Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Konsurnentenverhalten

Heribert Gierl

Der EinfluB von Wer to r i en t i e rungen und Wer ten auf das K o n s u m e n t e n v e r h a l t e n

Die Diskussion um die Relevanz yon Wert- orientierungen und Werten for das Konsumenten- verhalten wird schon seit geraumer Zeit gef0hrt. Allerdings werden die postulierten Thesen selten empirisch untermauert, verallgemeinerbare Befun- de liegen erst sehr sp~dich vor. Intention dieses Beitrags ist es, eine Theorie zum Einflul3 von Wert- orientierungen und Werten auf das Konsumenten- verhalten zu formulieren und auch empidsch zu testen.

1. Zielsetzung

Inhalt dieser Studie ist es, zun&chst die Begdffe Wertorientierung und Wert voneinander zu trennen. Sodann wird eine Theorie skizziert, die diese beiden Konstrukte als Erki~rungsvariablen for das Nach- frageverhalten der Konsumenten beinhaltet. An- schlieBend wird diese Theorie anhand einer Studie einer empirischen Bew&hrungsprobe unterzogen.

Solche Erkenntnisse sind for die Konsumg0ter- hersteller von Interesse, wenn sie eine Prognose dazu anstreben, welche Konsequenzen ein zeitlicher Wandel yon Werten und/oder Wertorientlerungen auf alas Konsumentenverhalten haben wird. Pro- gnosen des Verhaltens bei ver~nderten Werten oder Wertorientierungen setzen Kenntnisse 0ber Wir- kungsgesetzm~13igkeiten oder zumindest 0ber empirische Regelm~iBigkeiten voraus. Dar0ber hin- aus kann eine Aussage 0ber globale, aus dem Inneren der Konsumenten herrOhrenden EinfluBgrOl3en auf ihr Verhalten auch einen Fortschritt for die Theo- riebildung in der Konsumentenverhaltensforschung bedeuten.

Prof. Dr. Henbert Gied, Bergakademie Freiberg, O-9200 Freiberg, Gustav-Zeuner-StraSe 8-10. Der Autor dankt dem Heindch-Bau- er-Verlag f~r dio Bereitstellung yon Date=,.

2. Die Begriffe Wertorientierung und Wert

Wertodentierungen und Werte sind nicht direkt beobachtbar, sie sind nur theoretische (d.h. vermu- tete) Konstru kte. Ihre Bedeutsamkeit ergibt sich nicht, weil sie theoretisch er6rtert werden, sondem erst dann, wenn es durch die Annahme ihrer Existenz gelingt, menschliches Verhalten besser zu erkl&ren, als dies ohne diese Annahme mSglich ist. Daher h~ngt die Rechffertigung, solche Konstrukte in Konsumentenverhaltenstheorien einzubinden, auch stark yon deren Definition ab.

Die Begriffe Wertorientierung und Wert werden zwar nicht immer einheitlich definiert. In Anlehnung an einige Autoren haben abet bestlmmte Definitio- nen weite Verbreitung gefunden.

AIs Wertorientierungen werden die yon einer Per- son angestrebten Auspr~gungen von situations- 0bergreifend stabilen Merkmalen des eigenen Ver- haltens bezeichnet. Sie geben an, welche Realisle- rung eine Person bei diesen Verhaltensmerkmalen bevorzugt. Diese begriffliche Festlegung folgt sinn- gem~,8 z.B. den Abgrenzungen von Wertodentie- rungen als ,,preferred modes of conduct or endstates of existence" (Rokeach 1968, S. 160), als .con- ceptions of the desirable" (C. Kluckhohn 1951, S. 395) oder .preferred solutions within a range of possible solutions of common human problems" (F. Kluckhohn/Strodtbeck 1961, S. 10). Wertorientie- rungen besagen also, ob sich eine Person z.B. lieber mit immateriellen G0tem oder mit materiellen G0tem ausstattet (vgl. Inglehart 1981), ob sie sich lieber nar-zit3tisch oder weniger narziBtisch verhalten will. ob sie einen kooperativen Umgang oder 0berlegen- heit in bezug auf ihre Mitmenschen anstrebt usw. Vielf~ltlge Listen mit solchen Verhaltensmerkmalen, bezi3glich derer Personen Vorstellungen von anzu- strebenden Auspr~igungen haben, sind in verschie-

d.el, ~3J~Lt'~C, 1s 31. Jahrgang, Nr. 123, Seite 1 fi1-171 1 61

Page 2: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Heribert Gierl

denen sozialwissenschaftlichen Forschungsrich- tungen entwickelt worden. AIs Wert wird die Wich- tigkeit der Realisierung der Wertorientieru ng definiert. Werte bdngen zum Ausdruck, bei welchen Ver- hattensmerkmalen es wichtig bzw. weniger wichtig ist, die Wertorientierungen zu verwirklichen (vgl. hierzu z.B. Rokeach 1973, S. 29; Clawson/Vinson 1978, S. 400).

lm Begdffsappara! der Entscheidungstheorie ent- spricht der 7ielinhalt dem Verhaltensmerkmal, der angestrebten ZielausprSgung die Wertodentierung und der Wichtigkeit des Zieles der Wert.

3. Erkl~rende Theorie

Als Ausgangspunkt dieserTheorie wird untersteltt, dab der Konsument seine aktuelle Ausstattung mit Produkten als Is wahmimmt und somit ei- nen G0terbedarf (Besitz oder Verwendung) feststellt. Weiterhin wird angenommen, dab der Konsument nicht rein affektgesteuert kaufl.

Der Konsument durchl&uft immer wieder Ent- scheidungsprozesse je Produktbereich (z.B. Haar- shampoo, ROstkaffee), in dem ein Bedarf vodiegt, mit dem Resultat von Pr~iferenzen fOr alternative Produkte aus diesen Produktbereichen. Der Kon- sument wLinscht sich den Besitz oder dieVerwendung desjenigen Produkts je Produk-tbereich, das aus seiner Sicht am meisten dazu beitr~gt, seine Werto- rientierungen zu verwirklichen (vgl. Martineau 1958, S. 124; Levy 1959, S. 119). Je hOher der Beitrag eines solchen Produkts tst, um so mehr wird er dleses Produkt bevor-zugen. Personen, die Zeit sparen wol- len, pr~ferieren bequeme Produkte wie z.B. Fertig- gerichte (vgl. Venkatesh 1980, S. 90). Personen, die im Zustand des ,full nest" verweilen, ihr Wohl in dem ihrer Familie wahmehmen und daher forsorglich sein wollen, bevorzugen z.B. kinderfreund|iche Restau- rants (vgl. Murphy/Staples 1979, S. 20). Personen, die ihre Emotionen anregen wollen, bevorzugen Pro- dukte, die die Sinne stimulieren (vgl. Hirschman/ Holbrook 1982, S. 92). Personen, die sich als eher maskulin bzw. eher feminin Iozw. eher androgyn sehen, prQferieren bestimmte Zigaretten, Deos, Pkw- Modalle, Urlaubsreiseziele usw. (vgl. Vitz/Johnston 1965).

Im weiteren wird angenommen, dab Personen nicht gen(Jgend Geld und/oder Zeit haben, um aus allen Produktfeldern, in denen sie Bedarf und Produktpr&ferenzen haben, die am hSchsten pr&fe-

rierten Produkte wirklich nachzufragen. Die Kon- strukte, die das Verhalten in solchen Konfliktsitua- tionen steuem, in denen sich nicht gleichzeitig mehrere angestrebte Verhaltensweisen realisieren lassen, sind als Werte bezeichnet worden.

Falls Konsumenten auf der einen Seite ihr Geld- und Zeitbudget als zu gering einsch~itzen, um in allen Produkffeldern die pr~ferierten Produkte nachzu- fragen, d.h. persSnliche Restriktionen vodiegen, und auf der anderen Seite der Realisierung der Wert- orientierungen unterschiedliche Bedeutung bei- messen, so istzu vermuten, dab sie in Produktfeldem, in denen die Produ kte beitragen, Wertorientierungen mit hohem Weft zu erf~llen, auch die pr~ferierten Produkte nachfragen. Falls weniger bedeutsame Wertorientierungen betroffen sind, so weichen sie auf wenlger pr&ferierte Produkte aus.

In der Kaufsituation kann das gekaufte veto nachgefragten Produkt abweichen, wenn das nachgefragte nicht verf(Jgbar ist bzw. In-store- MaSnahmen wirksam sind (z.B. Aktionspreise, Pr&sentation usw.). Der Einflu8 von Wertorien- tierungen und Werten auf alas Kaufverhatten der Konsumenten 1~St sich somit wle folgt zusammen- fassend skizzieren (Abbildung 1).

4. Stand der empirischen Forschung

Es liegen einige empidsche Studien vor, die den Einflu8 von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten in einzelnen Produkt- bereichen (nicht: B0ndeln von Produktbereichen) untersuchten. Relativ h&ufig wurde der bezahtte Preis f(Jr die Produkte betrachtet (dabei relevant: Geldrestriktion).

Die Autoren dieser Studien verwenden jedoch meist explorative (d.h. nicht konfirmative) Indikatoren for Wertodentierungen und Werte. Indikatoren werden als explorativ bezeichnet, wenn vor der Durchfohrung der Messung noch ntcht gekl=~rt wird, for welches Konstrukt die Mel3werte 0berhaupt Aussagekraff haben sollen. Diese Interpretation geschieht meist nachher z.B. durch Deutung des Musters yon Faktorladungen (bei R-Faktorenanalysen) oder Deskriptionen yon Typen (bei Q-Faktoren- oder Ctusteranalysen). Indtkateren sind konfirmativ, wenn bereits vor der Durchf(Jhrung der Messung festge- legt wird, for welches eindimensionale Konstrukt (z.B. Wertorientierung gegen0ber einem konkreten Verhaltensmerkmal) Mel3werte erzielt werden sollen.

162 dez" zzza~,k-L 199'2/4

Page 3: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Konsumentenverhalten

Abb. 1: Eine Theorie zum Einflu8 yon Wertorientierungen und von Werten auf das Konsumentenverhalten

Quelle

Freter/Barzen 1988, S. 92 SchOrmann 1988a. 1988b

Ziff 1974, S. 150 f.

Produktbereich

Pkw Pkw

Bekleidung

Region

BRD Bayem

USA

Stichprobe

Jahr

1988

Umfang

343 254

Kaiser 1978, S. 140 f. GfK-NfJmberg 1984, 1985 Spiegel-Verlag 1986

Young 1972, S. 62, 70 Mehrotra/VVells 1977, S. 51,57

Bekleidung Oberbekleidung 15 Beklei- dungsartikel

Kosmetika Parfum

Bayem BRD BRD

USA USA

1978 1984/85 1985/86

~

1975

277

5002

341

Technik der Indikator- bildung

CA R-FA und CA

CA (?) CA CA (?) R-FA und CA

R-FA Q-FA

CA: Clusteranalyse, R-FA: R-Faktorenanalyse, Q-FA: Q-Faktorenanalyse

Tab. 1: Ausgew~ihlte empirische Studien

Einige ausgew~ihlte Studien, die zwischen Kon- sumverhalten und explorativ gebildeten Indikatoren f~r Wertorientierungen und fer Werte empirische Beziehungen ermittelten, sind in nachfolgender Ta- belle enthalten ('l'abelle 1).

Vor allem die Befunde der kommerziellen Markt- forschungsinstitute auf der Grundlage yon explorati- yen Indikatoren 8berlassen die Antwort auf die Frage nach den GrLinden, warum Produkte aus bestimmten Preislagen gekauft werden, in so hohem Ausmal3 der Phantasie des Interpreten, dab ihr Beitrag zur Be- st~tigung einer erkl&renden Theorie oder zur Auf-

deckung yon Widersprgchen hier als gering einge- sch~itzt wird (zu weiteren Problemen vgl. Freter 1983, S. 87). Die oft bereits In der Benennung der zur statistischen Erkl~rung dienenden Variablen zum Ausdruck kommende Aussagelosigkeit der ent- deckten Faktoren oder TypzugehSrigkeiten (z.B. SpiegeI-Verlag 1986: ,verfL)hrbare Distanzierte") verdeutlicht, wie sehr letztlich im unklaren bleibt, wof/Jr die verwendeten Indikatoren (Faktoren, Typ- zugehSrigkeit) eberhaupt MeBwerte liefem kSnnten. Eine Ausnahme bildet die Analyse von Henry (1976) auf der Grundlage der Wertorientierungen nach F. Kluckhohn und Strodtbeck (1961).

der maykt, 1992/,'- 163

Page 4: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Heribert Gierl

5. Empirische Studie

Ziel der nachfolgend skizzierten empirischen Analyse war es, die oben ausgef0hrte Theorie zum EinfluB von Wertorientierungen und Werten zu ~berpr~fen. Als Restriktion, dle die Konsumenten yon der Nachfrage der von ihnen eigentlich pr~iferierten Produkt abh~lt, wird also das Einkom- men betrachtet.

5.1. Datengrundlage

Grundlage dieser Studie sind Daten der Ver- braucherAnalyse 1985/86 (Axel Springer Verlag/ Heinrich Bauer Vedag 1985), die in der Bundesrepu- blik Deutschland erhoben wurden. Eine empirische Studie, in die allein Wertodentierungen, aber nicht Werte eingingen, wurde auf derselben Daten- grundlage bereits im Wege univariater Zusammen- hangsanalysen erstellt (vgl. Gierl 1991, S. 411 ft.). Der Einflul3 yon Werten blieb in dieser Studie noch unber~cksichtigt, Entscheidungen 0bet Produkt- bereiche hinweg somit unbeachtet. Die Ermittlung von normalen Preisen fgr die Produkte erfolgte in einer speziellen Erhebung durch den Verfasser (z.B. Stiftung-Warentest-Publikationen, Handelsdaten).

In der erstgenannten Befragung waren die Aus- kunftspersonen fgr viele Produktfelder um Angaben hinsichtlich ihrer ,haupts~ichlichen Markenwahl" gebeten worden. Es lag nahe, aus diesen Angaben KenngrSBen des bezahlten Preises (Preislagenwahl) in verschiedenen Produktfeldem zu bestimmen.

5.2. Zur methodolog ischen Vor- gehensweise

Aufgrund der Wahl der Daten der Verbrau- cherAnalyse 85/86 fer diese Studie muB bei der Auswahl der Hypothesen zum EinfluB von Wert- orientierungen bzw. Werten und der Indikatoren for diese Konstrukte wie folgt verfahren werden (Abbil- dung 2).

Der Datensatz der VerbraucherAnalyse 85/86 enth~lt Angaben zu 151 psychographischen Sta- tements, so dab aus einer Vielfalt yon Vadablen Indikatoren for Wertorientierungen und Werte kon- firmativ ausgew~hlt werden kSnnen.

Ausgehend von Plausibilit~tsannahmen, dab be- stimmte Vadablen I ndikatoren fur Wertorientierungen und Werte sind (Face-Validit~t), wurde tier Versuch untemommen, einige der subjektiven Zuordnungen durch weitere Validierungsans~tze for konfirmative Indikatoren soweit m~glich zu belegen. Beispiels- weise korrelierte der Narzil}mus-lndikator, tier den empirischen Analysen zugrundeliegt, erwartungs- gem~8 negativ milder KonfektionsgrSBe der Be- kleidung der befragten Frauen (zu Details vgl. Gierl 1992).

FOr den weiteren Fortgang werden unter Ein- beziehung der erkl~renden Theorie und der aus- zuw~ihlenden Produktfelder Hypothesen in Form vermuteter Beziehungen zwischen Wertodentie- rungen bzw. Werten und der Preislagenwahl formu- lied.

Abb. 2: Zur methodologischen Vorgehensweise

164 tier ]33a.~k't, 1992J4

Page 5: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Konsumentenverhalten

Anschliel]end wird empirisch untersucht, ob die Indikatoren f[ir die Wertorientierungen und Werte in einer theoriekonforrnen Beziehung mit der Preis- lagenwahl stehen.

5 .3 . Die H y p o t h e s e n

Im folgenden werden aus der erkl~renden Theorie Hypothesen fOr den EinfluB der Wertorientierungen und der Werte auf die Preislagenwahl abgeleitet. Zun&chst werden zwei Hypothesen zum EinfluB von Wertorientierungen formuliert, anschlieSend wird eine Hypothese zum EinfluB der entsprechenden Werte aufgestellt.

Mit NarziBmus wird das Verhalten einer Person bezeichnet, sich intensiv mit den Details des eigenen Erscheinungsbildes zu besch~ftigen (vgl. Opa- schowski 1990, S. 122). Es wird vermutet, dab narziStisch orientierte Personen aus bestimmten Produktfeldem Produkte bevorzugen, die besonders geeignet sind, das angestrebte Erscheinungsbild zu verwirklichen:

HI: Personen mit narziStischerOdentierung kaufen teuere, alas Erscheinungsblld fOrdernde Pro- dukte.

AIs Indlkatoren for solche Produktfelder dienen hier Kosmetika/Parfums und KSrperpflegeartikel (vgl. hierzu: Young 1972, S. 62; HirschmarVHolbrook 1982, S. 92; Redwitz 1990, S. 277).

Es wird angenommen, dab Personen, die be- stimmte Gesundheitsgef.~hrdungen durch Chemie in Produkten vermuten, es als w0nschenswert er- achten, m6~jlichst nat0rliche Produkte zu konsu- mieren. Ausgehend vonder 0bedegung, dab Pro- dukte mit mehr naturbelassenen Inhaltsstoffen yon den Konsumenten als die hochpreisigen eingesch~tzt werden, wird folgende Hypothese formuliert:

H2: Personen mit positiver Orientierung hinsichtlich des Konsums nat(Jrlicher Prod ukte kaufen teure Produkte, die verzehrt werden oder mit denen sie In Hautkontakt kommen.

AIs Indikatoren fgr solche Produktfelder werden hier Nahrungsmittel, Sp01mittel, Kosmetika/Parfum und KSrperpflegeartikel gew~hlt (vgl. hierzu: Wiswede 1990, S. 35; Redwitz 1990, S. 277; Kutsch/Szallies/ Wiswede 1990, S. 299; Fargel 1990, S. 410; AdeltJ

M011er/Zitzmann 1990, S. 165; Heyder 1990, S. 354).

Falls zwei oder mehrere Wertodentierungen z.B. wegen zeitlicher oder finanzieller Grenzen nicht in gleichem AusmaB erreicht werden k~nnen, so er- haiten der erkl&renden Theorie zufolge Werte ver- haltenssteuemde Wirkung, indem sie bestimmen, welche Wertorientierung vorrangig verwirklicht wird. Es w~re also anzunehmen, dab eine Person, die sowohl natLirliche Produkte zu konsumieren w0nscht als auch sich geme narziStisch verhalten w(Jrde, sich bei der Preislagenwahl in Produktfeldem dadurch leiten l~8t, ob ihr die Realisierung der erst- oder der zweitgenannten Wertodentierung wichtiger ist. Fol- gende Hypothese wird formuliert:

H3: Personen, die sowohl eine positive Orientierung hinsichtlich des Konsums natOrlicher Produkte als auch zu NarziBmus haben, kaufen dennoch geringpreisige Produkte, die verzehrt werden oder mit denen ein starker Hautkontakt erfolgt, wenn ihnen die Realisierung der nar-ziBtischen Orientierung wichtiger ist, und sie kaufen hochpreisige, des Erscheinungsbild unterstOt- zende Produkte.

Die letzte Hypothese gr,3ndet auf zwei Annahmen:

Betrachtet werden bier nur Personen mit sowohl einer positiven Orientierung zu Nar-ziSmus als auch zum Konsum nat~rlicher Produkte. Nach Hypothese H1 bevor-zugen sie teuere Kosmetikaf Parfums und KOrperpflegeartikel. Nach Hypothese H2 w0nschen sie auch in den Bereichen Nah- rungsmittel, Sp01mittel, Kosmetika/Parfurn und K5rperpflegeartikel hochpreisge Produkte.

Wenn ihnen aber NarziBmus wichtiger ist als der Konsum natOrlicher Produkte, so wird angenom- men, dab sie Abstriche bei der Realisierung der Wertodentierung zugunsten des Konsums nat(Jr- licher Produkte machen und teuere Kosmetika/ Parfums und KSrperpflegeartikel nachfragen.

FOr die Personen, denen die Wertorientierung zum Konsum natiJrlicher Produkte wichtiger ist als NarziBmus, ist keine Erwartung zu formulieren, da sowohl fQr KSrperpflegemittel und Kosmetika/Parfum als auch for Nahrungs- und Geschirrsp01mittel an- genommen wurde, dab hochpreisige Alternativen der Wertodentierung zum Konsum natf3dicher Pro- dukte entgegenkommen.

C?,eZ' mt~#kt, 199224 165

Page 6: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Heribert Gierl

5.4. Auswahl der Produktfelder

8ei der Auswahl der Produktfelder, fOr die der Einflu8 der Wertorientierungen und Werte der zwei oben genannten Verhaltensmerkmale NarziSmus und Konsum nat0dicher Produkte gepr0ft werden soil, sind die Datenrestriktionen der VerbraucherAnalyse 85/86 zu beachten. FOr Produktfelder aus den Be- reichen Nahrungsmittel, Sp01mittel, Kosmetika/ Parfum und K0rperpflegeartikel decken die nach- folgend betrachteten Produkte (Marken) das Ange- bot weitgehend ab. Folgende Stichproben der Verwenderinnen der Produkte sind verfogbar (labelle 2).

Stlchprobe (Frauen)

Anzahl gesamt allein Produktfeld Produkte lebend

Saff 17 3962 745 Fertigprodukte 8 3198 732 Eiscreme 12 2867 395 R0stkaffee 14 5325 1098 Dosemilch 9 4285 939 Joghurt 11 4752 876 Margarine 16 4333 826 (Brotaufstrich) SpeiseOl 11 4551 1111 Tafelschokolade 14 4040 692

Geschirrsp01mittel 10 4257 1111

Sonnenschutzmlttel 17 3331 383 pflegende Kosmetik 29 4489 795 dekorative Kosmetik 22 3430 489 ParfurrdDuftwasser 22 4907 963

Seife 24 5646 1179 Deo/K0rperspray 23 4338 703 Haarshampoo 24 5505 1077 HaarspOlung 17 3643 583 Handcreme/ 17 5293 1075 Hautcreme

Tab. 2: Die betrachteten Produktfelder

5.5. A u s w a h l der personen

A u s k u n f t s -

Bei der Auswahl der Befragten ist vorrangig dem Problem Rechnung zu tragen, da8 der Datensatz der VerbraucherAnalyse 85/86 keine M0glichkeit bietet, Drittpersoneneinflur} zu kontrollieren. Es ist jedoch

unbestritten, dab viele Konsumentscheidungen nicht als IndividuaJentscheidung gef~llt, sondern von an- deren Personen (z.B. Familienmitgliedern) mitge- tragen werden.

Es bietet sich an, diese Schwierigkeit zumindest ansatzweise wie folgt zu bew~ltigen:

Es wird nur in solchen Produktfeldern die Preislagenwahl n&her untersucht, in denen der Entscheidungseinflu8 einer Person, auch wenn sie in Mehrpersonen-Haushalten lebt, dominiert.

�9 Es werden speziell nur Personen ber~cksichtigt, die in Einpersonen-Haushatten leben.

Beide Altemativen werden in tier empirischen Studie n~her verfolgt. Frauen kommt nach den Befunden vieler Studien ein 0berragender Entscheidungsanteil bei Haushaltsprodukten (Nahrungs- und Reinigungs- mittel), Parfum und Kosmetika sowie K0rperpflege- mitteln zu. Zumindest bietet eine Reihe von Studien Belege, wonach in der 0berwiegenden Mehrzahl von Mehrpersonen-Haushalten Frauen haupts~ichlich entscheiden, welche Produkte in diesen Produkt- feldern gekauft werden (vgl. Literatur0berblick bei Kirchler 1990).

5.6. Messung der Preis lagenwahl

AIs Indikatoren fOr die Preise der Produkte dienten alle verl0gbaren Preisangaben yon Publikationen der Stiftung Warentest aus geeigneten Jahrg~ngen. Zus~tzlich wurde eine gesonderte Erhebung in Einzelhandelsuntemehmen durchfohrt.

Auf der Grundlage yon Daten dieser Art kann jeder Verwenderin eines Produkts ein Indikatorwert for die gewi~hlte Preislage (z.B. durch Aufteilung der Stich- probe in jeweils drei Segmente) je Produktfeld zu o geordnet werden,

Zur Gewinnung eines MeSwertes for die Preis- lagenwahl je Produktfeld wurden die Preise, die den .haupts&chlich" verwendeten Produkten zugeordnet werden, je Auskunftsperson herangezogen, bei Mehrfachnennungen wurde ungeachtet der aufgrund der Datenbasis nicht verf0gbaren Kon- sumintensit&t tier betroffenen Produkte ein arithme- tischer Mittelwert der Preise gebildet. Die teilweise vorliegenden Angaben der Auskunftspersonen zu den Produkten, die sie ,,auch noch" verwenden, werden hier nicht welter ber0cksichtigt.

166 der ms~.]~r, 1992/4

Page 7: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Konsumentenverhalte'n

FOr jedes der untersuchten Produktfelder llegen for die Verwenderinnen MeSwerie in Form yon (ggf. durchschnittlichen) Preisen vor, die sie for die - nach ihren Angaben haupts&chlich verwendeten - Pro- dukte normalerweise ausgeben. Auf der Grundlage dieser Preise k6nnen die Verwenderinnen je Produktfeld nach Augenschein in zwei oder drei Gruppen eingeteilt werden. Bei den Produktfeldern R6stkaffee, Speise61, Parfum, Seife und Handcreme wurden die Verwenderinnen in zwei Gruppen, d.h. in haupts&chliche Verwendednnen gering- oder hoch- preisiger Produk'te, be(den restlichen Produktfeldem in drei Gruppen aufgeteilt. Auf die Bildung von drei Preislagen wurde bei den f0nf erstgenannten Produktfeldern wegen der geringen Varianz der nor- malen Preise tier Produkte bzw. der geringen Ver- wenderinnenanteile sehr hochpreisiger Produkte ver-zichtet (zu Details vgl. Gierl 1992).

5.7. M e s s u n g der W e r t o r i e n t i e - rungen und Werte

Aus dem Datensatz der VerbraucherAnalyse 85/86 wurden nach Valldit,~tsanalysen for einen Teil der Statements folgende Indikatoren ausgew~hlt. Ein anderer Tell (Werte-lndikatoren) konnte keinen Validit~tspr0fungen unterzogen werden (Tabelle 3).

Jedem der psychographischen Statements konn- ten die Auskunftspersonen mittels vier Antwortkate- gorien zustimmen (roll und ganz, weitgehend, eher nicht und 0berhaupt nicht).

5.8. Stat ist ische Analyse zum Ein. fluO der Wertor ient ierungen

Zum Test des Einflusses der Wertodentierungen eignen sich hier Ioglineare Modelle. Je Produkifeld wird der Einflu8 des nominalskalierten Indikators for die Wertodentierungen auf die nominalskalierte Preislagenwahl je Produktfeld getestet. Mittels Ioglinearer Modelle werden Htiufigkeiten des Auf- tretens yon Beobachtungen statistisch erkl~t. Ein- zelne Beobachtungen sind hier also nicht Aus- kunftspersonen, sondern Auspr~gungskombi- nationen der erkl~'ten und der erkl~Lrenden Variablen, MeBwerte fi3r diese Beobachtungen sind H~ufig- keiten, mit denen sich Auskunffspersonen diesen Auspr~igungskombinationen zuordnen lassen.

Damit SchStzprobleme durch geringe H~iufigkeiten for viele Auspr~gungskombinationen vermieden werden kOnnen, wird hier die Anzahl der Beobaeh- tungen durch die Aggregation der Auspr&gungen der erkl~irenden Variablen vermindert. Deshalb wurden die zwei geringeren (Zustimmung eher nicht, t3berhaupt nicht) und diezwei hOheren Auspr~gungen (Zustimmung roll und ganz, weitgehend) der Indikatoren Na-WO und Ko+WO zu jeweils zwei Kategoden (gering. hoch) zusammengefaBt.

In dem bier formulierten Ioglinearen Modell wurden die Iogarithmierten Auspr~gungsh~ufigkeiten durch die Haupteffelde fLir die Preislagenwahl und die erklSrenden Vadablen (signifikant~ wenn die Aus- pr~igungen dieser Vadablen 5berzuf~illig nicht mit

erkl~irende Variable

Wertorien - tierungen

Werte

Verhaltens- merkmal

Nar-ziBmus/Er- schelnungsbild Konsum natOdi- cher Produkte

Nar-ziBmustEr- scheinungsbild Konsum nati3rli- cher Produkte

Kurz- bez.

, m

Na-WO

Ko-WO

Na-We

Ko-We

Indikatoren

"Es macht mir SpaB, reich im Spiegel zu betrachten" "FOr naturreine Produkte ohne Konser- vierungsstoffe gebe ich geme mehr aus"

"lch lege groSen Weft darauf, gut aus- zusehen" "lch achte sehr auf gesunde Em&hrung"

Tab. 3: Indikatoren fur Wertorientierungen und Werte

din" mavkt, ~99~4 167

Page 8: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Heribert Gierl

gleicher H~ufigkeit auftreten) und die Interak- tionsterme erster Ordnung zwischen Preislagenwahl und erkl~renden Variablen (signifikant, wenn das Zusammenwirken zwischen Preislagenwahl uncl er- kl~'ender Variable eberzuf~llig ist) je Produktfeld statistisch angepaBt.

Auf die numerischen Angaben der Parameter der Ioglinearen Modelle wird hier aus Gr~nden der 0ber- sichtlichkeit ver-zichtet.

In Tabelle 4 sind der einfacheren Lesbarkeit wegen nut die Vorzeichen von zum 99%-Niveau signifi- kanten Parameter tier Interaktionsterrne angegeben, Sie enth~lt auch die Vorzeichen der zum 99%-Ni- veau signifikanten Parameter der Interaktionsterme, die sich bei der Beschr~nkung der Stichprobe auf allein lebende Frauen ergeben haben.

Das Symbol .*" in Tabelle 4 zeigt an, dab ein zum 99%-Niveau signifikant von Null verschieclener, positiver Parameter (zweiseitiger Test) f0r den Interaktionseffekt zwischen Preislagenwahl und der erkl~renden Variable gesch~tzt wurde. Dieser Fall ist

- wle oben ausgef~hrt - so zu verstehen, dab der Anteil der Verwender yon geringpreisigen Produkten bei Auftreten der Auspr~igung .gedng" bei der erkl~- renden Variablen hSher ist als bei Auftreten der Auspr~igung .hoch" bei der erkl~irenden Variable, oder vereinfacht formuliert: ein positiverZusammen- hang zwischen Wertorientierungs-lndikator und ge- messener Preislage vorliegt.

Das Symbol .-" w0rde zum Ausdruck bringen, dab der Anteil der Verwender yon billigen Produkten bei Auffreten der Auspr&gung ,,gering" bei der erkl~- renden Variablen niedriger ist als bei Auftreten der Auspr~gung.hoch" bei d ieser erkl~renden Vadablen, mit anderen Worten und vereinfacht: dab ein nega- tiver Zusammenhang zwischen der erkl~renden Variable und der Preislagenwahl festzustellen ist.

AIs weitere EinfluSgrSBe zur Kontrolle des Kaufkrafteffekts wurde das Haushaltsnettoein- kommen pro Kopf (dichotomisiert am Median in der Gesamtstichprobe der Frauen) ebenfalis in die Modellgleichung als Haupt- und Interaktionseffekt aufgenommen (Symbol Ka).

Stichprobe

Produktfeld

Sail Fertigprodukte Eiscreme R~)stkaffee Dosemilch Joghurt Margarine (Brotaufstrich) SpeiseSI Tafelschokolade

Geschirrsp01mittel

Sonnenschutzmittel pflegende Kosmetik dekorative Kosmetik Parfum/Duftwasser

alle Frauen m

Na-WO Ko-WO

Seife + +

Deo/KSrperspray Haarshampoo + + Haarsp~31ung + Handcreme/Hautcreme +

+ +

+ +

+

+

-t- +

-I. +

t- +

-t-

+ I ' . I. i

+ +

+ +

t- 1-

4- + +

+

Ka

-I-

allein lebend

Na~ Ko-WO Ka i

+

+ t-

- I-

+

+

-p +

+

+ + +

+ +

+ -I- + + +

+ +

Tab. 4: Signifikante Zusammenh~nge zwischen Wertorientierungen und gew~ihlter Preislage

1 6 8 ~ m ~ r ~ t , tg92/4

Page 9: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Konsumentenverh lten

Im groSen und ganzen stehen die Befunde im Einklang mit den forrnulierten Hypothesen. Insofern erweisen sich die zum Einflu B der Wertorientierungen formulierten Hypothesen als mit der Datenbasis konform. Der Vergleich der bei Zugrundelegung der Stichprobe aller Frauen und bei Zugrundelegung der Stichprobeder allein lebenden Frauen resultierenden Richtungen der Zusammenh~nge ergibt keine be- merkenswerten Unterschiede.

5.9. S ta t i s t i sche Ana lyse zum Ein. fluB der W e r t e

Ziel der folgenden Analysen ist es, auch empidsche Belege for den EinfluB von Werten auf die gew~hlte Preislage zu erbringen. Um Hypothese H3 st~tzen zu k0nnen, wird zuntichst die Stichprobe auf diejenigen Frauen verringert, die ihren Aussagen zufolge eine positive Wertorientierung sowohl zu natQrlichen Produkten als auch zu NarziSmus einnehmen und gleichzeitig der Erf011ung dieser beiden Wertorien- tierungen unterschiedliche Bedeutung beimessen.

Verglichen wird die Preislagenwahl der Frauen in der Stichprobe, die dem Indikator Ko-We mehr als dem Indikator Na-We zustimmten, mit der der Frau- en, die dem Indikator Na-We mehr zustimmten als

dem Indikator Ko-We, wobei nur Angaben solcher Frauen ber0cksichtigt werden, die den beiden als Wertorientierungs-lndlkatoren Na-WO und Ko-WO dienenden Statements entweder .voll und ganz" oder ,,weitgehend" zugestimmt hatten. Personen, fSr die gleiche MeBwerte fOr die Indikatoren Na-We und Ko-We vorlagen, sind auch aus dieser Analyse ausgeklammert.

Wenn die Hypothese g01tig ist, so mOBte unter den Personen im betrachteten Teilsegment, denen Nar-zil]mus wichtiger ist, der Anteil der K&ufer hochpreisiger Kosmetika/Parfum und K~rperpflege- mittel empirisch h5her sein als unter den Personen, for die ein Konsum nat0 dicher Produkte wichtiger ist.

Da hier also nur Erwartungen an die Preislagenwahl der Personen in der Teilstichprobe in den Pro- duktfeldem Kosmetika/Parfum und K5rperpflege- mittel formuliert werden kOnnen, sollen allein diese im Mittelpunkt der empirischen Analysen stehen.

FOr die neun betroffenen Produktfelder wurden H&ufigkeitstabellen, wie in Tabelle 5 beispielhaft skizziert, aufgestellt. Von diesen neun Zusammen- h~ngen erweisen sich nur zwei zum 95%-Niveau als Liberzuf~llig. Diese Befunde sind nachfolgend ange- geben.

Werte

Konsum nat. Prod. wichtlger

Nar-ziSmus wichtiger

Konsum nat. Prod. wichtiger

Nar-ziBmus wichtiger

Produkt- feld

Parfum

Dec)

Preislagenwahl in (%)

genng mi~el hoch

56 - 44

46 - 54

35 36 29

23 33 43

Stich- probe

370

347

263

346

Chi 2

6.2b

16.7a

Stichprobe: nur Frauen mit positivem Verh~iltnis sowohl zum Konsum natLirlicher Produkte als auch zu Nar-ziBmus/Erscheinu ngsbild a: p<1%, b: p<5%

Tab. 5: Signifikante Zusammenh&nge zwischen Werten und gew~hlter Preislage

d e r rnavk-~ ~999J4 169

Page 10: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Heribert Gierl

Es liegen mehr signifikante Zusammenh~nge vor, als dies nach dem Zufallsgesetz zu erwarlen wtire. Die Richtung der Zusammenh~inge verl&uft bei den Produktfeldern Parfum und Deo erwartungsgem~8. Der Anteil der Frauen, die NarziBmus einen hSheren Wert als dem Konsum nat0rlicher Produkte bei- messen und hochpreisige Produkte erwerben, ist h6her als der Anteil der Frauen, die dem Konsum nat(Jrlicher Produkte einen h0heren Weft beimessen und hochpreisige Produkte erstehen (54 vs. 44 Prozent bei Parfum, 43 vs. 29 Prozent bei Deo).

Es ist zwar festzustellen, dab der EinfluB yon Werten auf die Preislagenwahl in diesen Analysen nicht allzu pregnant zutage tritt. Die Ergebnisse st0tzen die bier getestete Hypothese aber weit mehr, als dies nach dem Zufallsgesetz for eine falsche Hypothese sein d0rfte. An dieser Stelle ist auch auf die ungepr0fte Validit~t der verwendeten Werte-lndikatoren hinzu- weisen.

6. Zusammenfassung und Ausblick

Ziel dieser Studie war es, den EinfluB von Wert- orientierungen und Werten auf das Kaufverhalten (hier: die Preislagenwahl bei ausgew&hlten Konsum- gErtern) yon Konsumenten zu untersuchen. Hierzu wurden diese beiden Begriffe zun~ichst inhaltlich voneinander abgegrenzt.

Sodann wurde eine Theorie zur Erkl~.rung des Konsumentenverhaltens dutch Wertorientierungen und Werte dargelegt.

MeBtheoretische Ubedegungen f0hrten zur Fest- stellung, dab trotz einer umfangreich erscheinenden Anzahl empirischer Studien zur Erkl~.rung der Preislagenwahl durch Wertorientierungen und Werte nur wenige fiJr den Erkenntnisfortschritt wirklich dienlich sind, da sie auf schwer deutbaren, explo- rativ gebildeten Indikatoren fur Wertorientierungen und fOr Werte basieren.

Ziel der empirischen Studie war es, den EinfluB yon Wertorientierungen und Werten auf die Preislagen- wahl zu testen, soweit dies die gew&hlte Datenbasis zulieB. Nach dem letztlich subjektiven Urteil des Autors ist die Beeintr~.chtigung der G(~ltigkeit der Befunde durch Validit~tsprobleme nicht so stark, als dab sie die nachfolgend genannten Befunde bei den Hypothesentests entwerten wLirde. Es kann em- pirisch gest~tzt also folgendes behauptet werden:

Wertorientierungen bestimmen das Verhalten in- nerhalb von Produktfeldern. Sie Liben Einflu8 auf Produktpr~iferenzen aus.

Werte bestimmen im Konfliktfall das Verhalten zwischen den Produktfeldem. Sie beeinflussen produktfeld0bergreifend die Nachfrage.

Literaturverzeichnis

Adelt, P. & M011er, H. & Zitzmann, A.: Umwelt- bewuStsein und Konsumverhalten - Befunde und Zukunftsperspektiven. In: Szallies, R. & Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum, Landsberg/Lech: Verlag Modeme Industrie, 1990, p. 155-184.

Axel Springer Verlag & Heinrich Bauer Verlag: VerbraucherAnalyse 85/86, Hamburg, 1985.

Clawson, C.J. & Vinson, D.E.: Human values: A historical and interdisciplinary analysis. In: Advances in Consumer Research, VoI. 5, 1978, p. 396-402.

Fargel, M.: Tendenzen im Gesundheitsmarkt. In: Szallies, R. & Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum, Landsberg/Lech: Verlag Modeme Industde, 1990, p. 401-416.

Freter, H.: Marktsegmentierung, Stuttgart: Kohl- hammer 1983.

Freter, H. & Barzen, D.: Segmentierung im Auto- mobilmarkt. In: Marktforschung & Management 3/ 1988, p. 87-92.

Gierl, H.: Lebensstil und Preislagenwahl der Kon- sumenten. In: Schmalenbachs Zeitschrift for be- triebswirtschafUiche Forschung, 1991, p. 387-417.

Gierl, H.: Eine Erkl~rung der Preislagenwahl bei Konsumg0tern, Berlin: Duncker & Humblot Berlin, erscheint 1992.

GfK-N0rnberg: Frauen sehen sich anders, als es die Branche erwartet. In: Textil-Wirtschaft, 8. M~r-z 1984, S. 126-127.

GfK-N(Jrnberg: Sweatshirt kontra AnzL~ge. In: Textil- Wtrtschaft, 20. Juni 1985, S. 23-24.

Henry, W.A.: Cultural values do correlate with consumer behavior. In: Journal of Marketing

170 der m~rkt, 1992/4

Page 11: Der Einfluß von Wertorientierungen und Werten auf das Konsumentenverhalten

Konsumentenverhalten

Research, Vol. XlII (May 1976), p. 121- 127.

Heyder, H,: Okologiebewul3sein und Marketing. In: Szallies, R. & Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum, Landsberg/Lech: Verlag Modeme Industrie, 1990, p. 339-355.

Hirschmann, E.C. & Holbrook, M.B.: Hedonic consumption: Emerging concepts, methods and propositions. In: Journal of Marketing, Vol. 46 (Summer 1982), p. 92-104.

Inglehart, R.: Post-materialism in an environment of insecurity. In: The American Political Science Review, Vol. 75, 1981, p. 880- 900.

Kaiser, A.: Die Identifikation von Marktsegmenten, Berlin: Duncker & Humblot, 1978.

Kirchler, E.: Wer entscheidet 0ber Okonomische Angelegenheiten in der Familie? In: Planung und Analyse, 5/1990, p. 172-189.

Kluckhohn, C.: Values and value-orientations in the theory of action: An exploration in definition and classification. In: Parsons, T. & Shils, E.A. (eds.): Toward a general theory of action, New York: Harper, 1951, p. 388-433.

Kluckhohn, F.R. & Strodtbeck, F.L: Variations in value orientation, Evanston: Row, Peterson and Company, 1961.

Kutsch, R. & Szallies, R. & Wiswede, G.: Mensch und Ern~i.hrung 2000. In: Szallies, R. & Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum, Landsberg/Lech: Vedag Modeme Industrie, 1990, p. 285- 337.

Levy, S.J.: Symbols for sale. In: Harvard Business Review, Vol. 37, No. 4 (July/August 1959), p. 117- 124.

Martlneau, P.: Social classes and spending be- havior. In: Journal of Marketing, October 1958, p. 121-130.

Mehrotra, S. & Wells, W.D.: Psychographics and buyer behavior: Theory and recent empirical findings. In: Woodside, A.G. & Sheth, J.N. & Bennet, P.D. (eds.): Consumer and industrial buying behavior, New York: Elsevier North Holland, Inc.. 1977, p. 49- 65.

Murphy, P.E & Staples, W.A.: A moderized famliy life-

cycle. In: Journal of Consumer Research. Vol. 6 (June 1976), p. 12-22.

Opaschowski, H.W.: Freizeit, Konsum und Lebens- stil. In: Szallies, R. & Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum, Landsberg/Lech: Verlag Moderne In- dustde, 1990, p. 109-133.

Redwitz, G.: Handelsentwicklung - Wertewandel- Perspektiven f(Jr die Handelslandschaft. In: Szallies, R.; Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum, Landsberg/Lech: Verlag Modeme Industrie, 1990, p. 257-282.

Rokeach, M.: Beliefs, attitudes, and values, San Francisco: Jossey-Bass, 1968.

Rokeach, M.: The nature of human values, New York: The Free Press, 1973.

SchOrmann, P.: Werte und Konsumverhalten, Diss., M0nchen: GBI- Vedag, 1988a.

Sch0rmann, P.: Werte und Konsumverhalten. In: Werbeforschung und Praxis 5/1988b, p. 157-161.

Spiegel-Verlag: Outfit, Hamburg: Spiegel-Verlag, 1986.

Venkatesh, A.: Changing roles of women - Some empirical findings with marketing implications. In: Greenberg, B.A. & Beelenger, D.N. (eds.): Contem- porary marketing thought, Educators' Proceedings of the American Marketing Association, Vol. 41, 1977, p. 417-422.

Vitz, P.O. & Johnston, D.: Masculinity of smokers and masculinity of cigarette image. In: Journal of Applied Psychology, Vol. 39, No. 3, 1965, p. 155-159.

Wiswede, G.: Der ,,neue Konsument" im Lichte des Wertewandels. In: Szallies, R. & Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum, Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie, 1990, p. 11-40.

Young, S.:The dynamics of measuring unchange. In: Haley, R.L (ed.): Attitude research in transition, Chicago: American Marketing Association, 1972, p. 49-82.

Ziff, R.: The role of psychographics in the development of advertising strategy and copy. In: Wells. W.D. (ed.): L~le style and psychograhics, Boston: American Markeling Association, 1974, p. 129-155.

der m a ~ 1992/4 171