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Der EPO-Rezeptor und seine Funktionen
Das ‘Janus-Gesicht’ der Tumorhypoxie
SchlüsselbotschaftDie überwiegende Mehrzahl hypoxischer Tumorzellen leiden unter diesen
Folgen.Ein kleiner Teil (< 5%?) der Zellen zeigt jedoch ein ganz anderes Verhalten, sie
bestimmen das Schicksal des Krebspatienten.
Hypoxie
VerringerteProliferationDifferenzierungApoptoseNekrose
Adaptive ProzesseAggressiver PhänotypTumorprogressionErworbeneTherapieresistenz
Eine Hypoxie führt zur Selektion eines Phänotyps aggressiver Tumorzellen
Anämie
Hypoxie
Resistenz gegenResistenz gegen ChemotherapieChemotherapieund Bestrahlungund Bestrahlung
Selektionsdruck Selektionsdruck GenominstabilitätGenominstabilität
Adaptationsvorgänge Adaptationsvorgänge
Maligne ProgressionNegative Beeinflussung des langfristigen
Ergebnisses
Schlechte Durchblutung
Teufelskreis von Tumorhypoxie und maligner Progression
Veränderungen der GenexpressionProteomveränderungen (< 1% O2)Tumor-
förderung
Maligne Progression Aggressivität
Genomveränderungen (< 0,1% O2) Klonselektion
Tumorhypoxie(feindliche Mikroumgebung)
Tumorhypoxie/Anämie:– verstärkt die Aggressivität des Tumors– verstärkt die Therapie- resistenz– verkürzt die Überlebenszeit– vermindert die lokale Kontrolle
Vaupel et al. In: Nowrousian MR, ed. Recombinant Human Erythropoietin (rhEPO) in Clinical Oncology. Berlin, Springer, 2002:127–46.
Es gibt einen optimalen Oxygenierungsstatus innerhalb eines geschlechtsspezifischen cHb-Bereichs
Oxygenierungsstatus als Funktion der Hämoglobinspiegel (cHb)
Becker et al. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2000;46:459–66. Vaupel et al. Strahlenther Onkol 2001.
Med
iane
r pO
2 (m
mH
g)
Karzinome im HNO-Bereichn=142Durchschnitt +/- SEM
cHb (g/dl)
Karzinome der Zervix uterin=104Durchschnitt +/- SEM
cHb (g/dl)M
edia
ner p
O2 (
mm
Hg)
Oxygenierungsstatus als Funktion des Oxygenierungsstatus als Funktion des HämoglobinspiegelsHämoglobinspiegels
Vaupel et al. Cancer Res 2003;63:7634–7.
Med
iane
r pO
2 (m
mH
g)
Hb (g/dl)
100806050403020
10865432
18 10 12 14
Normale Mamma
Mammakarzinome
(5) (3) (5) (8) (3)
(3)(9) (9)
(9)
(7)
Tumoroxygenierung und Überleben
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
00 10 20 30 40 50 60 70 80
Zeitraum (Monate)
Ges
amt-Ü
berle
bens
wah
rsch
einl
ichk
eit
Log-Rank p = 0,0039
Zervixkarzinom
Alle behandelten Patientinnen (n = 89)
Medianer pO2 ≥ 10 mmHg(n = 41)
Medianer pO2 < 10 mmHg(n = 48)
Höckel et al. Cancer Res 1996;56:4509–15.
Oxygenierung von normalem Gewebe und Tumoren im HNO-Bereich
NormalerHb-Wert
Leichte AnämieHb F: 11,0–11,9 g/dL
M: 11,0–12,9 g/dL
Mäßige/starkeAnämie (Hb <11 g/dl)
50
0
Gew
ebe -
pO2 (
mm
Hg)
Normalgewebe(M. sternocleidom.)
Tumor
Normalgewebe kann eine leichte Anämie kompensieren; Tumoren können dies nicht
p < 0,0001Tumoren im HNO-Bereich
Becker et al. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2000;46:459–66.
Maximale Tumoroxygenierung im Hb-Bereich zwischen 12,2 und 14,4 g/dl
18
16
14
12
10
Hb
(g/d
l)
0 2 4 6 8 10Zeit (Wochen)
Placebo
EPO
Henke (2003)HNO
Becker (2000), Vaupel (2002)Plattenepithelkarzinom
Medianer pO2 (mmHg)0 4 8 12 16 20
18
16
14
12
10
Henke (2003) RT –Studie lag über diesem Wert
Becker et al. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2000;46:459–66. Henke et al. Lancet 2003;362:1255–60.Vaupel et al. In: Nowrousian MR, ed. Recombinant Human Erythropoietin (rhEPO) in Clinical Oncology. Berlin, Springer, 2002:127–46.
Anämie, Hypoxie und Ergebnis einer Bestrahlung
• Die Entwicklung einer Tumorhypoxie steht mit einer Anämie im Zusammenhang (Hb <13 g/dl)1,2
• Hypoxische Regionen sind bei soliden Tumoren aufgrund einer unzureichenden Blutversorgung und hohem intratumoralem Sauerstoffverbrauch häufig.
• Molekularer Sauerstoff scheint hoch reaktive Hydroxylradikale, die eine DNA-Schädigung vermitteln, zu stabilisieren
• Zum Abtöten von Zellen ist unter hypoxischen Bedingungen im Vergleich zu Normalbedingungen das 2,5- bis 3,5-Fache der Standard-Bestrahlungsdosis erforderlich.
1. Brizel et al. Radiother Oncol 1999;53:113–17.2. Becker et al. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2000;46:459–66.
Zusammenfassung zur Tumoroxygenierung
• Nur für Anstiege der Hb-Werte, die zu einer Verbesserung der Tumoroxygenierung führen, ist eine günstige Auswirkung auf die Prognose zu erwarten.
• Bei höheren Hb-Werten (Hb >14 g/dl) ist ein erheblicher Anstieg der viskösen Resistenz innerhalb der chaotischen Mikrogefäße zu erwarten, was zu einer Nettoreduktion der Sauerstoffzufuhr führt (schlechte Tumoroxygenierung)
• Nur Anstiege bis zu den gegenwärtig empfohlenen Hb-Werten führen zu Verbesserungen der Tumoroxygenierung, was die Prognose verbessern kann.
Rekombinante Epoetine verschlechtern die Wirksamkeit einer CT bei Krebs nicht
Ergebnisse• In Mammakarzinom-Zelllinien
– Eine EPO-Therapie beeinträchtigte die antiproliferativen und/oder zytotoxischen Wirkungen von Adriamycin, Taxol und Tamoxifen nicht
• Bei Mäusen– Durch Zugabe von EPO zu Paclitaxel wurde das Therapieergebnis nicht
beeinflusst LaMontagne et al. Mol Cancer Ther 2006;5:347–55.
Gewirtz et al. Clin Cancer Res 2006;12:2232–38.
Prol
ifera
tion
(% d
er K
ontr
olle
n)
Keine
Prol
ifera
tion
(% d
er K
ontr
olle
n)
Kein
e
Kenntnisse über den EPO-Rezeptor
• Offene Fragen– Gibt es auf Tumorzellen EPO-Rezeptoren?– Ist der EPO-Rezeptor auf Tumorzellen
funktionsfähig?– Können ESA in vivo den EPO-Rezeptor auf
Tumorzellen stimulieren?
EPO-Rezeptoren (EPO-R) auf menschlichen Tumoren?
• Indirekte Belege1,2
– Elimination von IHC-Färbung des Tumors bei vorheriger Resorption von EPO-R
– In klinischen Studien lassen sich eine Verringerung des lokoregionalen PFS oder des Gesamtüberlebens in der mit ESA behandelten Gruppe beobachten
• Direkte Belege3
– Demonstration eines EPO-R-Effekts in Tumorzelllinien oder Tumorproben mit polyklonalen Antiseren von Kaninchen (IHC)
– Förderung des Tumorzellwachstums und/oder Therapieresistenz in vitro
1. Osterborg et al. Eur J Cancer 2007;43:510–9. 2. Lai et al. J Clin Oncol 2006;24:4675–6. 3. Sinclair et al. Cancer 2007;110:477–88.
IHC = Immunhistochemie.
Rekombinantes Epoetin ist nicht mit einem Tumorwachstum assoziiert
Präklinische Studien• Untersuchung der EPO-Rezeptor-Expression und Auswirkung
einer Therapie mit rekombinanten Epoetinen auf das Tumorwachstum
Ergebnisse• In Mammakarzinom-Zelllinien
– Es wurde eine EPO-Rezeptor-Expression nachgewiesen– Es war keine spezifische Bindung von Epoetin an den Rezeptor
zu beobachten, was darauf hinweist, dass der EPO-Rezeptor nicht funktionsfähig ist
– Eine Epoetin-Therapie führte nicht zu Tumorwachstum• Epoetin löste keine physiologische Reaktion des Tumors
aus (Proliferation, Migration, Signaltransduktion)
LaMontagne et al. Mol Cancer Ther 2006;5:347–55.Gewirtz et al. Clin Cancer Res 2006;12:2232–38.
Präklinische Studien zur Auswirkung von ESA auf menschliche Tumoren
• Die Mehrzahl der in-vitro- und in-vivo-Studien zeigte eine neutrale Auswirkung
• In einigen wenigen in-vitro- Studien zeigte sich eine gewisse Auswirkung auf die Proliferation und/oder Apoptoseresistenz– Suprapharmakologische Konzentration von ESA– Nicht statistisch signifikant; synchronisierte Zellen– Nicht konsistent, was positive/negative Kontrollen betrifft– Keine eindeutigen Belege für intrazelluläre Signalgebung
Osterborg et al. Eur J Cancer 2007;43:510–9.
Präklinische Daten deuten nicht auf eine Bedeutung von EPO-R für die
Tumorprogression hin• Das EPO-R-Gen ist kein Onkogen, und eine Überexpression dieses
Gens bringt für Tumoren keinen Selektionsvorteil
• EPO-R-mRNA-Spiegel sind in Tumorzelllinien nachweisbar, im Vergleich zu nicht tumorösen Geweben aber nicht erhöht
• Tumorzelllinien zeigen eine schwache oder nicht nachweisbare EPO-Bindung
• Eine Oberflächenexpression von EPO-R auf Tumoren wurde nicht zweifelsfrei gezeigt
• In den meisten klinischen Modellen zeigen sich verbesserte Ergebnisse (keine Tumorprogression in 23 unabhängigen Studien)
Sinclair et al. Cancer 2007;110:477–88.
60
80
40
20
100
020 40 60 80
Wah
rsch
einl
ichk
eit
für L
DFS
(%)
Monate
Placebo
Epoetin beta
Mit RisikoPlacebo 52 28 20 7Epoetin beta 52 18 10 3
p = 0,003A
60
80
40
20
100
020 40 60 80
Wah
rsch
einl
ichk
eit
für
LDFS
(%)
Monate
Placebo
Epoetin beta
Mit RisikoPlacebo 26 10 6 2Epoetin beta 24 11 6 2
p = 0 ,36B
EPO-R pos.
EPO-R neg.
Henke et al. J Clin Oncol 2006;24:4708–13.
• Zusätzliche Analyse einer Studie mit Bestrahlung ± EPO bei Karzinomen im HNO-Bereich
• EPO-R (unter Verwendung von C20 -Antiserum) korrelierte in der EPO-Studie mit einem schlechten Ergebnis
– Seren von 154 oder 351 Originalprobanden– 2/3 exprimierten EPO-R
• Rezeptoraktivität nicht untersucht, nur Expression
– EPO-R-Expression lässt sich ohne Signaltransduktion zeigen
– HSP70-Kontrollen wurden nicht vorgestellt (falls durchgeführt)
• ‘Validierte’ eine Hypothese mit dem gleichen Datensatz, der zu ihrer Formulierung gebraucht wurde
• Sehr große Fehlerwahrscheinlichkeit für Beta-Fehler in der ‘EPO-R-negativen’ Gruppe
Korrelation von EPO-R und EPO mit schlechtem Ergebnis?
Welche weiteren möglichen Erklärungen gibt es?
Anämie
Hypoxie
Chemotherapie-ResistenzChemotherapie-ResistenzBestrahlungsresistenzBestrahlungsresistenz
Selektionsdruck Selektionsdruck Genom-Instabilität Genom-Instabilität
Angiogenese Angiogenese
Maligne Progression
Negative Auswirkungen auf das langfristige Ergebnis
Vaupel et al. Med Oncol 2001;18:243–59.
Kommerzielle polyklonale Anti-EPO-R- Antikörper sind nicht spezifisch und
weisen multiple Proteine nach
EPOR EPOR
Elliott et al. Blood 2006;107:1892–5.
Leer
er V
ekto
r
Leer
er V
ekto
r
Hitzeschockprotein 70 (HSP70)• Sehr gut erhaltene Familie von Chaperon-Proteinen, die in normalen
Zellen durch Stress induziert werden und wichtige Funktionen für das Überleben der Zelle und die Apoptoseresistenz haben
• Die Expression wird bei vielen menschlichen Tumoren verstärkt– Die Expression korreliert bei vielen Tumorarten (Bronchien,
Mamma, HNO, Prostata, Darm, Magen, Blase) mit einem kürzeren Überleben und einer Therapieresistenz
– Die Expression wird unter hypoxischen Bedingungen verstärkt– Eine Hinunterregulierung (z.B. Antisense) induziert den Tod von
Tumorzellen• Homologe Sequenz mit Antigen, das zur Bildung von polyklonalen
Antikörpern C20 verwendet wird (insbesondere HSP70-2 und HSP70-5)
Viele der ‘EPO-R’, die mit C20 nachgewiesen werden, könnten auch HSP70-2 oder HSP70-5 sein
Schmitt et al. J Leukoc Biol 2007; 81:15–27.
Zusammenfassung der Datenlage: ESA sind nicht mit Tumorwachstum/Proliferation assoziiert
• Präklinische und klinische Daten sprechen nicht für die Hypothese, eine ESA-Therapie führe zu Tumorwachstum/-proliferation
• Der Antikörper, der zum Nachweis des EPO-Rezeptors verwendet wird, ist unspezifisch und weist auch das Hitzeschockprotein 70 nach ( HSP70-2, HSP70-5)
• In Modellen heterologer Transplantate wurde EPO-R auf der Plasmamembran von Tumorzellen nicht funktionell exprimiert
• In keiner Studie zeigte sich, dass pharmakologisch relevante ESA-Dosen das Tumorzellwachstum stimulieren
• ESA hatten keinen negativen Einfluss auf die Zytotoxizität einer CT• Erythropoetin war nicht proangiogen und verstärkte die
Metastasenentstehung nicht
Laufende Studien werden Informationen zur Funktion von EPO-R bei Tumoren liefern
Zusammenfassung: Kenntnisse über EPO-R
Offene Fragen• Gibt es auf Tumorzellen EPO-R? • Rezeptoren lassen sich mit Hilfe eines unspezifischen
Antikörpers auf Tumorzellen nachweisen– EPO-R und HSP-70 haben sehr ähnliche Strukturen
• Ist der EPO-R auf Tumorzellen funktionsfähig? • Es gibt keine Belege dafür, dass EPO-R oder HSP-70 durch ESA
aktiviert werden
• Können ESA in vivo EPO-R auf Tumorzellen stimulieren?• Es gibt keine Belege dafür, dass ESA innerhalb der
zugelassenen Anwendungsgebiete bei Patienten mit CT Tumorzellen stimulieren
Kontrolle der Erythropoetin-Synthese
Verlust des GleichgewichtsNormaler Sauerstoffgehalt
Verlust des Gleichgewichts
Stimulus: Hypoxie aufgrund vonverminderter Erythrozytenzahl, verminderter Verfügbarkeit von Sauerstoff im Blut oder gesteigertem Sauerstoffbedarfder Gewebe
Erhöhung des Sauerstoff-gehalts des Plasmas
Verringert den Sauerstoffgehalt des Plasmas
Niere: Freisetzungvon Erythropoetin
Erythropoetin stimuliert das KnochenmarkGesteigerte
Erythropoese erhöht die Erythrozytenzahl
Veränderungen der endogenen Plasmakonzentrationen von Erythropoetin
und Hb-Anstiege
Modified from Al-Huniti et al. J Pharmacol Exp Ther 2004;310:202–8.
HämoglobinEndogenes Erythropoetin
Hb
g/dl
Tage
EPO
mIU
/ml
Liganden-induzierte Dimerisierung des EPO-R und nachfolgende Interaktion mit und Aktivierung
von JAK2
JAK2: Januskinase 2Damen et al. EMBO J 1995; 14:5557–68. Klingmuller et al. Cell 1995;80:729–38.
Extrazellulär
Plasma-membran
Intrazellulär
EPO-R-Aktivierung und Signaltransduktion
Damen et al. EMBO J 1995;14:5557–68. Klingmuller et al. Cell 1995;80:729–38
Inaktiver monomerischerRezeptor
Dimerischer Rezeptorund JAK2-Aktivierung
Gen-transkription
Beendigungder Signalgebung
Internalisierung und Abbau des EPO-R-Komplexes
Modified from Walrafen et al. Blood 2005;105:600–8.
ErythropoetinUbiquitinPhospho-tyrosin
IntrazelluläreSignalgebung
0
100
200
300
400
500
600
700
800
Epoetin alfa Darbepoetin alfa
IC
for E
PO R
ecep
tor B
indi
ng (p
M)
Elliott et al. Blood. 2000;96(abstract 352).
Die Bindungsaffinität für Epoetin alfa ist 4-mal höher als für Darbepoetin
Bindungsaffinität von Epo alfaB
indungsaffinität sinktIC
50 für
die
EPO
-Rez
epto
r-B
indu
ng
(pM
)
Epoetin alfa Darbepoetin alfa