Der Feuertöter

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Dragon - Shne von Atlantis Heft Nr. 42Der Feuerttervon Hugh Walker

Seit der Stunde, da Arric der Rote seinen schndlichen Verrat beging und das Tor zwischen Dragons und Danilas Welt fr immer verschlo, sind der Atlanter und sein Gefhrte Ubali zu Gefangenen einer wilden und bizarren Umgebung geworden. Um sich behaupten zu knnen, mssen sie um ihr Leben kmpfen und zwar jeder fr sich, denn sie sind getrennt worden. Beide Mnner haben wenig Hoffnung, ihre eigene Welt jemals wiederzusehen dennoch geben sie nicht auf! Whrend Ubali, gegenwrtig zum Dasein in der Gestalt eines Panthers verurteilt, zusammen mit Thamai, seiner ebenholzfarbenen Geliebten, den langen und gefahrvollen Weg zum Reich des Lebensgeists beschreitet, hat Dragon, seit er Trger des einen Auges Vestas wurde, ein schweres Erbe bernommen eine Mission, die ihn schlielich in das Land des Nebels fhrte.Und dort gelang ihm, was noch kein Sterblicher vor ihm jemals fertigbrachte: Der Atlanter kmpfte sich durch zu Aerulas Gipfelreich und versicherte sich der Untersttzung des Luftgeists.Anschlieend will Dragon den Versuch unternehmen, mit Aerula-thane, der treuen Wanderwolke, die Insel des Namenlosen zu erreichen und Vesta, den einstigen Herrn der Elemente, zu befreien, auf da dieser das drohende Chaos abwende, das Akkeron, der andere Trger von Vestas Auge, auf Danilas Welt zu entfesseln beginnt.Dragon hat nicht mehr viel Zeit fr seine Aufgabe, denn Akkeron hat Tyde, den Wassergeist, lngst unterworfen, wie die Ereignisse um Askaloth und Ekkelund bewiesen. Jetzt ist er auf dem Wege, Skortsch, den Feuergeist, zu unterjochen. Er, Akkeron, sieht sich als DER FEUERTTER

Die Hauptpersonen des Romans:Der Oberste Mandhin - Retter des Volkes der Tshinnaker.Akkeron - Der Himur-Sohn, der Danilas Welt verndern will.Tyde - Geist des Wassers und Akkerons Diener.Skortsch - Geist des Feuers und Akkerons Gegner.Akkathos und Himur - Zwei Tote leben erneut.

1.

Der Reiter, der schweiberstrmt vor den Toren Kha-auns anhielt, war dunkelhaarig und gedrungen. Seine dunkle Haut war von Staub bedeckt, seine Zge von Mdigkeit gezeichnet. Die schmalen Augen funkelten von einem inneren Feuer, das den Mann vier Tage und Nchte fast ununterbrochen durch die Steppe getrieben hatte.Er kam von Tshinnak, einem Dorf im Nordosten am Fu der Berge, das nun nicht mehr stand. Das Licht in seinen Augen war ein Abglanz des Grauens, das er erlebt hatte. Auch sein Reittier war in keiner besseren Verfassung. Der Schaum vor seinem Maul verriet, da es fast am Ende war.Seine Ankunft war nicht unbemerkt geblieben. Die Wachen an den Tortrmen hatten die Staubwolke des nher kommenden Reiters bereits seit geraumer Weile beobachtet. Jetzt um die Zeit des Sonnenaufgangs waren sie dankbar fr die Unterbrechung der Ereignislosigkeit des nchtlichen Wachdiensts.Als der Reiter erschpft von seinem Girion stieg, das in die Knie gegangen war, ffneten sie das Tor. Sie eilten dem Taumelnden entgegen und fingen ihn auf, bevor er strzen konnte.Der ist aus Tshinnak, sagte einer und deutete auf den mit Lwenkpfen verzierten Sattel.Wasser, krchzte der Mann.Whrend sich zwei bemhten, das Tier wieder auf die Beine zu bringen, fhrten die anderen den Mann ins Innere des Wachturms. Einer hielt ihm einen Becher Wasser an die Lippen.Er trank hastig, bis sie ihm den Becher aus den Hnden zerrten. Langsam, Freund.Die Dalaugiri, keuchte er. Sie kommen morden Er griff wieder nach dem Becher. Diesmal lieen sie ihn trinken, bis er selbst absetzte. Er lehnte sich zurck. Sein Atem kam immer noch keuchend. Aber er wurde zusehends ruhiger. Er wischte sich mit dem Arm ber den Mund.Der Anfhrer der Wachen musterte ihn mitfhlend, aber nicht ohne Mitrauen. Er schickte zwei seiner Mnner auf Posten. Durch eine Mauerffnung beobachtete er, wie die anderen das Reittier endlich auf die Beine brachten und durch das Tor fhrten. Stimmengemurmel von auerhalb sagte ihm, da die Ankunft des Fremden registriert worden war. Aber er zgerte, den Obersten Mandhin zu benachrichtigen. Es war noch zu frh, ihn zu wecken, wenn der Grund nicht triftig genug war. Und der schien es nicht. Die Dalaugiri? Hier im Sden? Gewi, Hndler aus Mangol hatten vor einiger Zeit von kriegerischen Vorgngen weiter im Norden zu berichten gewut, die die Dalaugiri-Stmme selbst aufs Meer hinaustrieben.Du bist aus Tshinnak? fragte er den Fremden.Ich war aus Tshinnak, erwiderte dieser tonlos, und der Blick seiner Augen lie den Kommandanten unwillkrlich schaudern.Was heit das, Freund?Tshinnak ist nicht mehr, fuhr der Fremde fort. Er schien den Wachkommandanten gar nicht gehrt zu haben. Eine schreckliche Erinnerung war in seinen Zgen. Alles verbrannt die Frauen und Kinder abgeschlachtet wie Vieh die Mnner erschlagen Er verstummte mit geballten Fusten.Die Mnner starrten ihn entgeistert an. Tshinnak zerstrt?Dem Erdboden gleich.Und du sagst, es waren Dalaugiri? Der Kommandant schttelte den Kopf. Welcher Stamm ist so weit im Sden?Kein einzelner Stamm, erklrte der Fremde. Sie mssen sich zusammengerottet haben. Alle Hgel waren schwarz von ihnen. Tausende. Und sie waren auf Blut aus. Sie folgten einem Anfhrer, der kein Dalaugiri war. Ein gewaltiger Mann, der sie um mehr als Kopfeslnge berragte. Ich bekam ihn einmal zu Gesicht, als ich hilflos in meinem Versteck lag und zusehen mute, wie sie mordeten und zerstrten und ihren leichtgewonnenen Sieg feierten. Ich wrde sein Gesicht unter allen Gesichtern wiedererkennen denn auf seiner Stirn funkelte etwas wie ein drittes Auge.Ein Dmon! entfuhr es einem der Wachen.Der Fremde nickte. Ja, ein Dmon. Und ein mchtiger ist es, wenn ihm diese Horden gehorchen, wie es den Anschein hat.Dann sind die Geschichten also wahr, die der Hndler aus Mangol uns berichtete, da Mangol, unterbrach ihn der Fremde zitternd. Auch Mangol ist nicht mehr. Sie ziehen wie eine Plage durch das Land, und wo sie reiten, wird das Land verwstet Mangol, wiederholte der Kommandant bleich. Mangol, Tshinnak Er brach ab.Der Fremde nickte. Deshalb bin ich hier, sagte er. Um euch zu warnen. Es ist nichts mehr zwischen eurer Stadt und den mrderischen Horden. Verlat eure Stadt. Vielleicht ist es ihnen zu mhsam, in den Bergen nach euch zu suchen. Sie meiden die Berge Wie gro ist der Vorsprung, den du hast?Der Fremde zuckte die Schultern. Das ist schwer zu sagen. Ich schlich mich whrend der Siegesfeier aus meinem Versteck. Nun bin ich drei Tage und Nchte fast ununterbrochen geritten. Ich wei nicht, wann sie aufgebrochen sind, und wie eilig sie es hatten. Es mag sein, da sie in zwei oder drei Tagen kommen. Es kann aber auch sein, da bereits in den nchsten Stunden der Horizont schwarz von ihnen wird. Er fuhr sich mit zitternden Hnden durch das staubverfilzte Haar. Aber wann sie auch immer kommen nichts wird sie aufhalten knnen.Er sank zurck und schlo die Augen. Der Kommandant starrte ihn bla an.Er schlft, Kommandant, sagte einer der Mnner. Er ist mehr tot als lebendig. Und sein Girion nicht weniger. Er wird uns mehr erzhlen, wenn er ein paar Stunden ausgeruht hat.Der Kommandant nickte. Abwesend starrte er auf den Schlafenden. Die Dalaugiri kamen! Tausende! Es war das Ende!Hastig wandte er sich um. Er brachte die Nachricht am besten selbst.Der Mann aus Tshinnak hatte recht. Sie muten fliehen. Diese Stadt war keine Festung, auch wenn sie Mauern und Tore besa. Sie waren wirksam gegen ruberische Banden und gegen die Bestien der Wildnis, aber nicht gegen eine solche Macht, wie der Tshinnaker sie beschrieb.Aber der Oberste Mandhin wrde das Heiligtum nicht verlassen. Ein Schwur kettete sie alle an das Heiligtum, an die Gtter des Drben, die keiner von ihnen je gesehen hatte. Vielleicht, dachte der Kommandant grimmig, vielleicht wrden diese Gtter nun helfen. Der Augenblick der Wahrheit war gekommen oder wenigstens einer der Enthllungen.Blut wrde flieen. Aber wurde die Wahrheit nicht immer mit Blut bezahlt?Neugierige hatten sich am Tor eingefunden. Ein Mann des Wachtrupps redete auf sie ein. Sie schienen alle sehr aufgeregt. Es war zu spt, die drohende Gefahr geheimzuhalten. Um so besser, dachte er. So nehmen die Dinge ihren Lauf, und es ist allein des Priesters Sache, sich zu behaupten.Er war sich nicht ganz klar darber, warum er den Priester im Grunde seines Herzens hate. Vielleicht, weil, obwohl Nomadenblut in den Adern der Mnner von Kha-aun flo, der Mandhin es verstanden hatte, brtende Hennen aus ihnen zu machen, die seit ber hundert Jahren hier nisteten. Und wie um ihnen diese Schmach vor Augen zu fhren, war ein Tempel von der Form eines Eies errichtet worden.Auf diesen Tempel strebte er nun zu. Er erhob sich im Mittelpunkt der Stadt und berragte alle Huser, selbst das Haus des Stammesfhrers, der sich nun Knig von Kha-aun nannte, aber dem Wort des Mandhin nichts zu entgegnen wagte.Die Tempelwachen lieen ihn ungehindert passieren. Das erfllte ihn ein wenig mit Verwunderung. Ein Tempeldiener in der roten Robe der Inneren empfing ihn bereits am Eingang.Wango, eile. Der Mandhin erwartet dich.Er erwartet mich bereits? entfuhr es dem Kommandanten.Der Diener gab keine Antwort. Er schritt stumm voraus durch den hohen kuppelartigen Tempelraum, vorbei an dem Marmoraltar, dessen Stein sie aus den Bergen herbeigeschafft hatten. Unbehaglich warf er einen Blick auf die rtlich leuchtende Lampe und die grauschwarze Wand dahinter, die seltsam lebendig schien und eine eisige Klte ausstrmte. Der ganze Tempel war erfllt von dieser Klte. Der Kommandant frstelte und eilte hinter dem Diener her. Es erfllte ihn immer mit Unbehagen, wenn er den Tempel betrat.Der Diener ffnete eine Tr und bedeutete Wango, einzutreten. Er schlo die Tr leise hinter dem Kommandanten.Der Oberste Mandhin sa in einem hochlehnigen Stuhl vor einem kunstvoll gezimmerten Tisch. Er war drr, beinahe zerbrechlich, und alt. Doch seine Augen schienen jung geblieben. Der weie Bart und die faltige Haut paten nicht zu ihnen.Ah, Wango, sagte er. Ich wei, du bringst wichtige Nachricht. Du atmest heftig. Du bist gelaufen?Die Nachricht ist von grter Dringlichkeit, Mandhin, erwiderte der Kommandant.Man knnte meinen, die Dalaugiri wren bereits vor den Toren Kha-auns. Die Stimme klang eine Spur spttisch.Ihr wit von den Dalaugiri? fragte der Kommandant berrascht.Der Mandhin nickte und deutete auf einen Stuhl. Setz dich, Wango. Es mifllt mir, aufzublicken. Ich wei auch, da die Dalaugiri auf dem Weg hierher sind. Seit heute nacht wei ich es. Ich hatte Zeichen, und ich verstehe sie zu deuten. Aber ich wei nicht alles, und das beunruhigt mich. Berichte, Wango.Der Kommandant erzhlte von der Ankunft des Fremden und gab die Worte des Tshinnakers genau wieder. Der Untergang von Mangol und Tshinnak beeindruckte den Mandhin nicht, aber die Beschreibung des Anfhrers der Dalaugiri fand sein reges Interesse.Ein drittes Auge, sagst du?Der Kommandant nickte. So hat er es berichtet. Es mag sein, da die Furcht ihn Dinge sehen lie, die Nein. Der Mandhin schttelte den Kopf. Er hat sich nicht geirrt. Es ist das Auge der Geister. Er fuhr mit der Hand ber seine Stirn. So wird die Welt ihr Antlitz erneut verndern. Ich habe die Zeichen richtig gedeutet. Viele werden dieser neuen Welt ihr Leben opfern mssen viele, denen sie gefllt, wie sie ist. Aber wir sind nicht so hilflos, wie diese Mchte glauben. Wir brauchen nur ein wenig Zeit fr die Vorbereitungen. Wir werden den kniglichen Rat in den Tempel bitten. Lat niemanden auer den Jgern aus der Stadt, und auch sie mgen bis zum Mittag zurck sein. Und lat eine Patrouille ausreiten. Sie soll feststellen, wie nah die Dalaugiri bereits sind.Wnscht Ihr den Mann aus Tshinnak zu sprechen, Mandhin?Spter. Das Wichtigste ist nun die Patrouille. Wir mssen wissen, wieviel Zeit uns noch bleibt. Und mit starrem Blick fgte er hinzu: Wir mssen wissen, ob uns noch genug Zeit bleibt.

*

Als der Kommandant gegangen war, verharrte der Mandhin eine Weile nachdenklich. Dann nahm er eine Schelle vom Tisch und schttelte sie kurz. Der Tempeldiener erschien.Oberster Mandhin?Lat alles vorbereiten. Wir werden unsere Verbndeten rufen.Ja, Oberster Mandhin.Sein Traum kam ihm erneut in den Sinn. Die Geister hatten gesprochen. Manchmal im Schlaf hrte er ihre Stimmen, wenn sie ber die Welt flsterten.Spttisch. berheblich. Das Murmeln von Bchen, das Knistern von Flammen, der Wind ihre Stimmen entstammten den Zungen und Kehlen der Elemente.Im Traum verstand er sie, wie sein Vater vor ihm und dessen Vater, der den Tempel gebaut und Kha-aun errichtet hatte.Aber in den letzten Monden waren ihre Stimmen schriller geworden von einer Furcht, die in einem Namen wurzelte.Akkeron!Der Mandhin erhob sich mit einem nachdenklichen Ausdruck. Dieser Anfhrer der Dalaugiri mit seinem dritten Auge Das war Akkeron. Daran zweifelte er nicht. Seine Stimme hatte er noch nicht gehrt. Aber das wrde nun bald geschehen, wenn der Mann aus Tshinnak die Wahrheit gesprochen hatte.Der Mandhin trat in den Tempelraum. Einige Diener in roten Roben machten sich am Altar zu schaffen. Die Priester und Akolythen kamen aus ihren Kammern und lieen sich vor dem Altar nieder.Er gab das Zeichen. Eine Klappe ffnete sich im oberen Drittel der Tempelwand. Das Licht des Morgens drang in die gedmpfte Dsternis.Der Mandhin schttelte den Kopf. Die beiden Tempeldiener, die von einer schmalen Leiter aus die Klappe geffnet hatten, schlossen sie wieder. Sie kletterten tiefer und ffneten erneut eine Klappe. Diesmal fiel Sonnenlicht in die Kuppel. Die Wnde schimmerten, als wren sie aus Gold. Aber noch blieb der Altar dunkel.Wiederum gab der Mandhin ein Zeichen. Die ffnung wurde verschlossen. Etwas tiefer tat sich eine neue auf. Diesmal fielen die Strahlen der tiefstehenden Sonne direkt auf den Altar. Der Marmor gleite. Die grauschwarze Wand dahinter wurde unter dem Licht durchscheinend. Sie hatte etwa die Form eines Ovals. Sie hing ber dem Altar, ohne da etwas sie hielt scheinbar schwerelos. Sie verschmolz fugenlos mit der Tempelwand. Aber nun im Licht war auch zu erkennen, da sie kein Teil der Tempelwand war.Das Oval war ein groes Loch in eine tiefe Schwrze als blickte man in einen Brunnen mit von der Sonne blinden Augen.Dennoch war die Schwrze nicht vollkommen. Etwas funkelte darin. Fern in dieser samtenen Tiefe.Sterne!Das Oval war ein Fenster in einen anderen Himmel, in einen Himmel, in dem es Nacht war.Die Blicke der Priester waren ohne Ausnahme darauf gerichtet.Der Mandhin begab sich zum Altar und hob die drren Arme, bis aller Augen sich ihm zuwandten. Er betrachtete die Versammelten einen Augenblick stumm. Die meisten waren jnger als er, manche der Akolythen noch Knaben. Wie er trugen sie weie Kutten mit einer ovalen ffnung ber dem Herzen das Symbol des Fensters, das den Blick in ihr Inneres gewhrte.Ihr seid bislang gute Diener des Auges der Gtter gewesen. Nun ist der Augenblick gekommen, da das Schicksal unserer Stadt und unseres Volkes in unseren Hnden liegt. Nun knnen wir beweisen, wie gut wir vorbereitet sind.Ein Murmeln ging durch die Versammelten.Der Mandhin winkte mit beiden Armen, und sie verstummten. Die Weltengeister flsterten vom Untergang und von einer neuen Zeit. Heute morgen kam ein Mann in die Stadt und berichtete vom Untergang und vom Tod und von vielen tausend Dalaugiri, die wie ein Pesthauch ber das Land jagen; gefhrt von einem Mann oder einem Dmon, der das Geisterauge auf seiner Stirn trgt und den sie Akkeron nennen.Er machte eine Pause und wartete, bis das aufgeregte Stimmengewirr verstummt war.Wir wissen nicht, welches Ziel er hat. Aber er ist auf dem Weg nach Sden. Wenn er kommt, wird Kha-aun fallen wie Mangol und Tshinnak, und nicht einer von uns wird ihrer Mordgier entgehen. Wir knnen diese Horden nicht aufhalten, aber wir knnen unser Volk retten. Uns sind viele Wege offen in den Trumen der Gtter. Wir mssen weise entscheiden.Stille folgte diesen Worten. Und in diese Stille verkndete der Mandhin: Wir werden unser Volk durch das Auge fhren!Erschrocken sprang einer der lteren Priester auf. Aber Mandhin, wir haben noch kein Land erblickt, das dem hier gleicht, dessen Gefahren wir kennen. Was uns das Auge zeigt, ist alles so fremd Bevor es Kha-aun gab, war uns auch dieses Land fremd, erwiderte der Mandhin. Wir kamen aus den Bergen, durch die wir seit Jahrhunderten zogen.Der Knig wird sich weigern, wandte ein anderer ein.Das mag sein, stimmte der Mandhin ruhig zu. Aber wenn erst die Hgel um die Stadt unter den Hufen der Dalaugiri-Reiter erzittern, wird sein Herz nicht weniger beben. Wenn es ihn dann immer noch nach Kampf gelstet, dann mag er mit seinen Getreuen bleiben. Lat uns jetzt den Weg beraten.

*

Knig Bardawil II. stand auf dem Dach des Knigshauses und blickte der Patrouille nach, die im Norden ber den Hgeln verschwand. Er war ein gedrungener krummbeiniger Mann von vielleicht vierzig Sommern. Seinem Wuchs nach war er mehr ein Dalaugiri, denn einer vom Volk Kha-auns. Es mochte wohl eine Zeit gegeben haben, da die Berg- und Steppenstmme des Landes sich vermischten.Der Knig schien auch etwas von der Wildheit seiner Steppenreitervorfahren geerbt zu haben. Seine Berater frchteten seinen Jhzorn. Er war in ein knielanges Lederhemd gekleidet. Sein schwarzes Haar war lang und zu einem Knoten gebunden.Er verlie das Dach und kletterte in sein Schlafgemach hinab. Dort nahm er einen breiten Grtel von einem Stuhl neben dem Bett, legte ihn um und steckte die kurze, krumme Klinge in die Schlaufen.Inyak!rief er.Ein lterer Mann erschien mit schlurfenden Schritten. Mein Knig?Inyak, was geht da drauen vor? fragte Bardawil scharf. Warum bin ich nicht informiert, wohin diese Patrouille reitet?Eine Patrouille, mein Knig? erwiderte der Alte erstaunt.Bist du mein Berater, oder mein Narr, Inyak? rief der Knig heftig. Ein Dutzend Mnner in den Wmsern der Wachen ritten eben nach Norden. La feststellen, wer den Auftrag gab. Und mach dem Koch Beine. Du weit, auf leeren Magen vertrage ich keine Unannehmlichkeiten. Und ich spre, da es heute rger geben wird.J-ja, mein Knig, beeilte sich der Berater zu versichern und machte, da er aus dem Gemach kam.Whrend Knig Bardawil auf sein Morgenmahl wartete, dachte er an den Mandhin. Es waren unfreundliche Gedanken. Zweifellos hatte der Priester etwas mit der Patrouille zu tun. Der Wachkommandant wrde allein keine solche Entscheidung treffen. Der Mandhin wurde immer dreister. Fr des Knigs Geschmack handelte er zu sehr auf eigene Faust. Es war an der Zeit, diese Priestersippe in ihre Schranken zu weisen.Aber von seinem rger abgesehen, war er auch von Unruhe erfllt. Der Priester schickte nicht ohne Grund eine Patrouille aus.Zwei Mdchen in sprlichen Fellkleidern unterbrachen seine Gedanken. Sie stellten Becher und Schsseln auf seinen Tisch und standen abwartend, whrend der Knig sich an das Essen machte.Ist die Knigin schon auf? brummte er.Nein, o Knig.Er nickte zu sich selbst.Wit ihr, was in der Stadt vorgeht?Nur da ein Fremder gekommen ist, o Knig.Sonst wit ihr nichts?Sie schttelten den Kopf.Tumult erklang von den unteren Rumen des Hauses.Ihr knnt gehen.Kaum waren die beiden Mdchen verschwunden, kam Inyak zurck. An seiner Seite trat ein junger Mann in die Privatgemcher des Knigs.Ah, Kalwyn! Der Knig erhob sich. Nun, was habt ihr erfahren?Der Berater verneigte sich. Es sind keine guten Nachrichten, mein Knig. Der Mann, der halbtot bei Sonnenaufgang vor den Toren der Stadt erschien, ist aus Tshinnak. Seine Erzhlung mutet unglaublich an. Allein sein Zustand deutet darauf hin, da wohl Wahrheit in seinen Worten sein knnte Komm zur Sache.Ja, mein Knig. Er berichtete, da Mangol dem Erdboden gleich sei, und da er mit eigenen Augen gesehen habe, wie Tshinnak zerstrt worden sei. Und nun stnde Kha-aun das gleiche Schicksal bevor Der Knig war ein wenig bleich geworden bei diesen Worten. Bemht, sein Gesicht zu wahren, lchelte er. Das hrt sich an wie eine von Mandhins Prophezeihungen. Steht der Weltuntergang bevor, Kalwyn?Aber auch Kalwyn gelang es nicht ganz, seine Besorgnis zu verbergen.Das mag wohl sein, mein Knig, erwiderte er. Die Dalaugiri sind auf dem Weg nach Sden, und sie vernichten alles, was sich ihnen in den Weg stellt.Der Knig blickte die beiden an. Die Dalaugiri also, hm. Er schttelte den Kopf. Dann grinste er: Keine Gtter, keine Dmonen, keine Geister! Sie haben Schwerter in den Fusten wie wir. Ihre Leiber sind so verwundbar wie unsere. Der Gedanke an Kampf ist den Mnnern Kha-auns offenbar fremd geworden bei dem Gesusel des Mandhin und seiner Tempelhter !In Mangol haben sie auch gekmpft, mein Knig, erwiderte Kalwyn. Und in Tshinnak nicht minder. Wir sind nur einige Hunderte. Die Dalaugiri aber Tausende. Ein Riese mit einem dritten Auge auf der Stirn ist ihr Anfhrer. Beinah alle Stmme mssen sich zusammengeschlossen haben.Der Knig starrte ihn bleich an. Ein Riese mit einem dritten Auge? Er griff unbewut nach seinem Schwert, als gbe ihm das kalte Eisen Beruhigung. Er begann auf und ab zu schreiten. Schlielich sah er die beiden erneut an: Und ihr glaubt jedes Wort dieses Fremden aus Tshinnak?Es gibt keinen Grund, seine Erzhlung anzuzweifeln. Er htte sich nicht fast zu Tode geritten, um uns zu warnen, wenn er nicht berzeugt von der Gefahr wre. Ich habe Mnner erblickt, die einem schrecklichen Tod ins Auge sahen. Die Furcht und das Grauen in den Zgen dieses Mannes waren nicht gespielt. Er verlor sein Weib und seine Kinder vor seinen Augen. Er sah, wie die Tshinnaker ohne Erbarmen niedergemacht wurden. Wir sollten seine Warnungen nicht in den Wind schlagen, mein Knig!Der Knig nickte dster. Gut. Lat den Rat zusammenkommen Verzeiht, mein Knig, unterbrach ihn Inyak. Der Mandhin bittet Euch zur Beratung in den Tempel. Euch und die Mnner des kniglichen Rates beim hchsten Sonnenstand Der alte Fuchs, brummte der Knig. Er wird das Blaue vom Himmel herunterreden. Aber ich bin zu neugierig, was er von dem dreiugigen Riesen hlt. Er hat die Patrouille ausgesandt?Der alte Berater nickte.Der Knig grinste pltzlich wieder. Was meint ihr? Ist er nur vorsichtig? Oder hat er auch Angst?

2.

Die Stimmung im Tempel war eisig. Der Knig hatte beim Eintritt bemerkt, da es ihm widerstrebe, in einem Ei zu beraten. Er hatte whrend des ganzen Morgens mit seinen Vertrauten beraten und in den Mnnern immer mehr die berzeugung geweckt, da die Gefahr nicht so berwltigend sei, wie die Worte des Fremden es glauben machen wollten. Er lie den Mann aus Tshinnak zu sich bringen und befragte den Erschpften ausfhrlich. Danach war er sehr nachdenklich. Er glaubte dem Mann, aber es war nicht die Gefahr, die ihn beschftigte, sondern ein anderer Gedanke, der ihm eines Knigs wrdiger schien. Wenn dieser Feind wirklich so mchtig war, dann war es das Klgste, sich mit ihm zu verbnden. Die Welt mochte ihre Beute sein, und er war entschlossen, sich einen Teil davon zu sichern.Da die Beratung mit der Priesterschaft im Tempel stattfand und nicht in der Ratshalle, bereitete den Knigstreuen wenig Freude. Aber der Knig war zu klug, sich mit der Priesterschaft offen zu verfeinden. Sein Vater, Bardawil I., war der letzte einer langen Folge erblicher Huptlinge gewesen, und der erste Knig, ernannt von eigenen Gnaden und ohne mehr als nur formalen Protest der Priesterschaft. Kha-aun war eine Stadt geworden. Es war nur recht, da ein Knig herrschte, als Zeichen der Sehaftigkeit.Kha-aun bedeutete in ihrer Sprache so viel wie Auge der Gtter. Ein prunkvoller Name fr eine Stadt. Aber bereits die ersten Htten hatten diesen Namen getragen, die der Stamm der Melniken, wie sie sich einst nannten, um einen groen Kreis gebaut hatten.Den Kreis hatte der Priester des Stammes gezogen nach einem seltsamen Traum, den er nachts an dieser Stelle hatte. Er schwor, da sich mit den ersten Strahlen der Morgensonne ber ihm ein Auge ffnete, in dem sich ein fremder Himmel widerspiegelte. Und er behauptete, fremde Landschaften und Wesen gesehen zu haben, die ihm wie der Traum eines Gottes anmuteten. Dann aber habe das Auge zu funkeln begonnen und sei verschwunden.Viele glaubten ihm. Sie hielten es fr ein Zeichen der Gtter. Ein groer Teil des Stammes gab die Wanderschaft auf. Es begann auch die Regenzeit. Viele Tage blieb der Himmel verhangen, und keiner sah das Auge mehr.Als der Rest des Stammes auf dem Rckweg in die Berge wieder an jener Stelle vorbeikam, standen viele Htten, und ein Tempel von der Gestalt eines Eies, so oval wie das Auge, erhob sich in ihrer Mitte. Im dsteren Innern des Tempelraumes konnten es nun alle sehen. Grau, wie von Schleiern verhangen, schwebte das Auge ber dem Altar. Es gab den Blick nicht frei in fremde Landschaften. Es blieb geschlossen. Aber die Priester verhieen, da es sich eines Tages ffnen wrde, um ihnen ein Paradies zu zeigen.So entstand nach und nach die Stadt. Der Stamm der Melniken, der es mde war, durch die kargen Berge zu ziehen, begann auf das verheiene Paradies zu warten.In den ersten Jahren hatte es blutige Auseinandersetzungen mit den Tshinnakern gegeben. Dies trug viel dazu bei, da die Stadt immer mehr befestigt wurde. Es gab auch Zeiten, da ruberische Dalaugiri-Stmme weiter in den Sden kamen. Sie griffen Drfer an und verschwanden wieder. Ihre Zahl war nie gro. Aber um sich ihrer zu erwehren, schlo Kha-aun mit Tshinnak Frieden. Auch mit Mangol weiter im Norden gab es ein Bndnis und einen sprlichen Handel.Es gelang, die Dalaugiri zu vertreiben, und manche glaubten, das verheiene Paradies wre gefunden, denn seit zwanzig Regenzeiten hatte niemand mehr zu den Waffen gegriffen, auer um auf die Jagd zu gehen. Wild war genug da, und der Boden gab ihnen reiche Ernte.Die davor warnten, das Schwert ganz mit dem Pflug zu vertauschen, waren in der Minderzahl, und die Priester versprachen immer noch, da sich eines Tages das Auge ffnen wrde, wenn sie den Gttern gefllig wren.Knig Bardawil II. war einer derer, die das Schwert nicht aus der Hand legten. Viele wnschten nun, sie htten den Pflug nie gesehen. Sie wnschten, Nomaden zu sein wie ihre Vorfahren. Aber sie hatten lngst verlernt, von der Wanderschaft zu leben. Sie waren Sklaven ihrer cker, ihrer Huser, ihres Besitzes. Die Steppe war zur Wildnis geworden, die kleine Stadt zum Paradies.Vorerst ahnten sie noch nicht, da es wenig Unterschied machte, ob sie Soldaten waren, oder Bauern, Weber, Schmiede Aber sie waren bereit, ihr Blut fr ihre Stadt zu geben.Das war des Knigs groe Stunde.Kaum da die Versammlung aller wichtigen Oberhupter im Tempel begonnen hatte, kam der erste Mann der Patrouille zurck. Er berichtete, da sie drei Reitstunden im Norden zwar noch keine Dalaugirireiter gesehen htten, wohl aber Rauchwolken am Horizont. Diese mochten von einem Buschfeuer herrhren, doch war das um diese Jahreszeit eine seltene Erscheinung. Wenn sie von den Dalaugiri stammten, dann knnte der Feind bereits am Abend in der Nhe der Stadt sein.Das versetzte die Versammlung in Aufruhr. Der Knig erhob sich. Wir sollten die Zeit nicht im Tempel vergeuden!Nicht ohne Spott entgegnete der Mandhin: Was wollt Ihr tun, Knig? Mit einer Handvoll Mnner gegen Tausende reiten?Wir wissen noch nicht, ob es Tausende sind. Wir haben nur das Wort eines Fremden Und mein Wort, Knig, erwiderte der Mandhin. Ich hrte die Geister reden, und sie sagten, da die Welt in Gefahr wre. Einer mit dem Geisterauge auf der Stirn, einer mit Namen Akkeron, wollte die Welt nach seinen Wnschen formen mit der frevelhaften Anmaung eines Gottes. Hrt mich an, Knig: Es ist dieser Akkeron, den der Fremde an der Spitze der Dalaugiri gesehen hat. Er besitzt Macht und Mittel, die selbst die Geister frchten. Selbst das Meer ist ihm Untertan. Er mag kein Gott sein. Aber er besitzt die Macht eines Gottes. Solch einem Mann wollt Ihr mit der Klinge gegenbertreten wenn Euch seine Horden berhaupt an ihn heranlassen? Ihr kennt die Dalaugiri. Nur ein toter Dalaugiri lt das Wort eines anderen gelten.Der Knig schttelte den Kopf. Das mag schon sein, Priester. Wenn der Feind so mchtig ist, da wir ihn nicht besiegen knnen, so bleibt uns immer noch die Mglichkeit, uns mit ihm zusammenzutun. Wenn dieser Akkeron so groe Plne hat, wie du sagst, dann wird er vernnftig genug sein Vernunft? unterbrach ihn der Mandhin. Seine Plne haben nichts mit Vernunft zu tun. Blutvergieen hat nichts mit Vernunft zu tun. Er hat Tausende von Mrdern an seiner Seite, die Blut gerochen haben. Und solange er ihnen genug Blut bieten kann, werden sie an seiner Seite bleiben. Dnkt Ihr Euch so viel klger als der Knig von Mangol oder die Chans von Tshinnak? Einer, der die Welt in Blut ertrnkt, um sie sich Untertan zu machen, und der die Geister befehligen will, ist entweder ein Dmon oder ein Wahnsinniger. Auf welche Vernunft wollt Ihr pochen, Knig? Darauf, da er seinen Horden Einhalt gebietet, nur weil ein klgliches Hundert an seiner Seite glaubt, auch ein Stck von der Beute zu gewinnen? Nein, mein Knig. Wenn er der ist, fr den ich ihn halte, dann lt er sich nicht benutzen. Dann bedeutet ihm das Schicksal der Sterblichen nichts. Weder das der Dalaugiri noch das anderer. Und die Dalaugiri sind die besten Schergen, die einer von seiner Art finden konnte. Sie sind so mitleidlos wie alle unmenschlichen Kreaturen Mitleid, Priester? warf der Knig heftig ein. Ist es Mitleid, das wir brauchen? Mitleid?Was wir brauchen, ist eine Chance zu berleben, und die sehe ich in Eurem Handeln nicht, Knig Ah, entfuhr es Knig Bardawil. Und wo siehst du diese Chance? Darin, da wir uns in die Berge verkriechen?Der Priester schttelte den Kopf. Die Chance liegt nicht in unserer Welt. Chaos wird berall sein. Lat mich Euch zeigen, welchen Weg ich sehe, mein Knig.Dem Knig lag eine Erwiderung auf der Zunge, aber dann sah er ein, da Heftigkeit kein Argument war, und nickte.Der Mandhin gab ein Zeichen. Zwei Diener ffneten eine Klappe fast am hchsten Punkt der eifrmigen Kuppel. Die Strahlen der Mittagssonne fielen steil auf den Altar und das verhangene Auge der Gtter darber. Zwei weitere Tempeldiener machten sich daran, das groe Tuch mit Stricken hochzuziehen, so da das Auge sichtbar wurde.Nur wenige Bewohner Kha-auns hatten das Auge je blo gesehen oder gar ohne die Nebelschleier, die sein Inneres verhllten. Aber nun, als das Tuch hochgezogen wurde, sah es aus, als ob sich ein Lid ber dem Auge hob, und sie blickten hinein in die rtliche Glut einer Abenddmmerung.Vereinzelte Aufschreie kamen von den Versammelten; in der Mehrzahl aber waren es Rufe der Verwunderung.Das Bild war so klar, als blickten sie in eine andere Welt, in der eben die Sonne am Horizont einer Sandwste unterging. Vor ihnen lagen die Dnen.Hier, sagte der Priester, ist unser Paradies.In die Stille, die diesen Worten folgte, sagte der Knig: Die Wste?Der Mandhin erwiderte ruhig: Sie wre bereits das Paradies im Vergleich zu dem, was uns hier droht. Aber ich meine nicht die Wste. Wir mssen sie durchqueren. Einer unserer Priester hat sie durchquert. Nach drei Tagen fand er Wasser und fruchtbares Land. Und der Wind, der ihm entgegenblies, war salzig. Irgendwo dort am Horizont, wo die Sonne untergeht, ist ein Meer. Eine Welt fr uns, Knig. Vielleicht eine friedlichere. Jede Welt ist der Traum eines Gottes. Wir sind in einem Alptraum gefangen. Aber wir haben eine Tr gefunden. In einen anderen, schneren Traum. Welche Entscheidung Ihr auch immer fllt, Knig, wir werden diesen Weg gehen. Und alle, die mit uns wollen, werden uns willkommen sein. Aber die Entscheidung mu schnell getroffen werden. Die Tr ist nur fr wenige Stunden offen. Dann schliet sich das Auge und ffnet sich in einen anderen Traum. Viele dieser Trume sind Alptrume, da unsere Welt wie ein Paradies erscheinen mu, selbst mit dem nahenden Tod vor Augen. Es sind die Strahlen der Sonne, die es ffnen und schlieen. Wir haben Jahre gebraucht, das Geheimnis zu ergrnden. Und aus der Vielzahl der Welten, in die dieses Auge zu blicken vermag, erwhlten wir diese, weil sie am meisten dieser gleicht.Ohne auf eine Antwort des Knigs zu warten, gab er einem der Priester ein Zeichen. Dieser kletterte auf den Altar und trat furchtlos an das Auge. Vorsichtig streckte er die Hnde durch. Dann sprang er und stand im nchsten Augenblick im Wstensand. Er wandte sich um und winkte.Es war atemlos still im Tempel, whrend der Priester einige Schritte durch den Sand ging. Seine Spuren waren deutlich sichtbar. Auf einer der Dnen hielt er an, klein und fern, und blickte in die untergehende Sonne. Dann kam er zurck. Whrend der letzten Schritte vor dem Auge bckte er sich und hob eine Handvoll Sand auf. Dann trat er lchelnd durch das Auge und sprang auf den Altar.In der atemlosen Stille hob er seine Hand und lie den Sand zu Boden rieseln.Ein zweiter Laut mischte sich in die Stille: das Hufgetrappel eines Girions. Es verhielt vor dem Tempel. Im nchsten Augenblick erschien ein Mann im Eingang und rief keuchend: Die Dalaugiri kommen!Er war einer der Patrouille, erschpft vom wilden Ritt zurck zur Stadt und mit Entsetzen in den Zgen. Seine Ankunft verwandelte den Tempel in ein Chaos durcheinanderbrllender Stimmen. Den Priestern gelang es nach einem Augenblick, die Ruhe wiederherzustellen, und alle konnten die Worte des Mannes hren: Hgel sah aus wie ein Berg von Ameisen. Reiter an Reiter! rief er. Der ganze Horizont war schwarz von ihnen. Tausend mssen es sein, und aber Tausende. Es gibt nur eines, das sie aufhalten knnte: das Meer. Oder die eisigen Gipfel der Himmelsberge. Aber nichts sonst. Ihr Gtter, nichts sonst! Er starrte den Knig und den Mandhin an. Was tun wir? stammelte er. Ihr Gtter, was tun wir nur? In wenigen Stunden werden sie hier sein !Warst du nicht immer ein tapferer Mann? fragte der Knig.Ja, mein Knig. Und ich bin es noch. Aber was vermag der Tapfere gegen die Flut oder den Sturm? Solcherart werden sie ber uns hinwegfegen.So werden wir mit ihnen fegen, knurrte der Knig.Mit den Dalaugiri, mein Knig? rief der Mann bleich. Habt Ihr vergessen, wie es war, als wir gegen sie kmpften? Wit Ihr nicht mehr, wie sie sich gebrden, wenn Blut fliet? Und wie wenig sie das Leben achten? Es heit, da sie das Fleisch ihrer Feinde essen. Wollt Ihr wahrhaftig mit solchen Teufeln reiten?Willst du lieber sterben? rief der Knig.Der Mandhin ergriff den Soldaten am Arm und fhrte ihn vor den Altar. Wenn du klug bist, whlst du das Paradies dort am Horizont.Der Priester, der die andere Welt betreten hatte, stand noch immer auf dem Altar. Er streckte dem Mann die Hand entgegen und lie den Rest des Wstensands niederrieseln. Ein Hauch von erlschender Glut kam durch das Auge.Der Mann atmete tief ein. Dort hinein? murmelte er.Der Mandhin nickte. Das ist eine Tr, die wir hinter uns zuschlagen knnen. Und keine Armee dieser Welt vermag sie wieder zu ffnen.Bleibt noch Zeit genug fr uns alle?

3.

Es war ein gespenstischer Anblick.Der Tempel war voll Menschen, die Packen und Bndel herbeischafften, Wasserkrge, Bndel mit Rucherfleisch, Mehl, Frchten, Werkzeugen und Waffen. Vor dem Altar waren Stufen errichtet worden, die es leichter machten, das Auge zu erreichen. Ein stndiger Strom von Mnnern, Frauen und Kindern schob sich auf den Altar zu.ber der Wste war inzwischen die Nacht hereingebrochen. Mehrere Feuer brannten, aber selbst ihr grelles Licht vermochte den Glanz des fremden Sternenhimmels nicht zu berstrahlen. Eine Reihe von Zelten stand bereits im Sand. In einiger Entfernung sah man die dunklen Krper der Girions, etwa hundert an der Zahl, die hauptschlich zum Tragen der Lasten gebraucht wurden.Der Tempel war abgedunkelt gegen die Nachmittagssonne bis auf einen schmalen Lichtstreifen, der von der Decke auf eine Schale aus Silbermetall fiel, und von dort auf das Auge. Aber die steinernen Wnde des Tempels flackerten im Widerschein der Feuer jenseits dieser Welt.Die Erzhlung des Mannes der Patrouille und die zweier weiterer Reiter, die ein wenig spter eintrafen, machten den Bewohnern nur allzu deutlich, da ihr einziges Heil in der Flucht lag. Es gab wenige, die zgerten. Selbst die Knigstreuen schmolzen nach und nach. Aus einem halben Hundert, die an des Knigs Seite bleiben wollten, wurden nach und nach drei Dutzend, zwei, eines. Mit jedem, der ging, wurde den brigen mehr die Sinnlosigkeit ihres Handelns bewut.Kha-aun leerte sich.Auch die Knigin nahm den Weg durch das Auge in eine ungewisse Zukunft. Zurck blieben schlielich der Knig, Inyak, Kalwyn und ein halbes Dutzend Vertrauter, die ihm die Treue mit ihrem Blut geschworen hatten.Und sie hielten ihm die Treue bis zuletzt. Als der letzte der Patrouillenreiter zurckkam und kundgab, da die Dalaugirihorden nicht mehr als eine Stunde hinter ihm wren, faten sie einen weisen Entschlu.Sie schlugen ihren Knig nieder und trugen ihn in den Tempel. Der Mandhin und zwei seiner Diener schlossen hinter ihnen die Tore. Stumm deutete der Priester auf das Auge. Die Menschen saen um die Feuer. Es war fast wie in alten Zeiten, als sie durch die Berge zogen. Keiner von ihnen hatte dieses Dasein selbst erlebt. Aber sie fhlten, so mute es gewesen sein mit dem Himmel ber ihren Huptern, nicht eingeschlossen in die Steinmauern einer Stadt.Sie trugen den Knig auf den Altar und stieen ihn durch. Whrend sie folgten und freudig begrt wurden, befahl der Mandhin den beiden Dienern, alle Klappen in der Kuppel zu ffnen.Einer rief pltzlich, da er Reiter she. Ganze Scharen, die sich rasch nherten.Der Mandhin trieb sie zur Eile an. Er half selbst mit, bis der Glanz der Nachmittagssonne den Tempel erfllte und die nchtliche Szenerie im Auge fast verblassen lie. Dann stiegen sie selbst hinein in die Nacht der Wste.In der Leere des Tempels verklangen alle Gerusche.

*

Neue Laute drangen in die verlassene Stadt.Das Fluchen von Reitern, die ihre Tiere antrieben. Das Stampfen von Tausenden von Hufen. Der Boden erzitterte. Schrille Kommandos.Dann wurde langsam Stille. Eine erwartungsvolle Stille wie vor einem schweren Sturm.Es war niemand da, der den imposanten Anblick htte bewundern knnen. Die Stadt war eingeschlossen von unbersehbaren Scharen von Reitern, kleinen, gelbhutigen, dunkelhaarigen Mnnern, die mit ihren Girions verwachsen schienen.Die Ebene vor der Stadt, die Hgel in ihrem Rcken bis zum Horizont reihte sich Reiter an Reiter. Sie standen reglos und warteten auf ein Zeichen.Eine Gruppe von einem Dutzend Mnner ritt an die vorderste Linie. Einer unter ihnen berragte seine Begleiter um mehr als Kopfeslnge. Seine Haut war bronzefarbig und seine Kleidung kostbarer. Am auffallendsten aber war das funkelnde Auge auf der Stirn, das ein schwerer, hoher Helm nur halb verdeckte. Auch seine Begleiter waren keine gewhnlichen Krieger. Sie trugen gold- und silberbestickte Gewnder, die an ihnen unnatrlich wirkten, wenn man die barbarische Wildheit in ihren Zgen sah.Die Kleider waren Beutestcke aus den Knigshusern Mangols und Tshinnaks. Und an manchem klebte Blut.Diesmal ist es Sache der Wengau-Krieger, sagte einer.Nein, die Maguas werden diese Stadt nehmen! zischte ein zweiter.Haben die Huptlinge der Wengaus und Maguas noch nicht bemerkt, da die Maulani den Mauern am nchsten stehen? Der Sprecher grinste spttisch. Eine Narbe quer ber Lippen und Wange verlieh ihm einen Zug von festgefrorener Boshaftigkeit.Der Groe sagte nichts zu diesem Gesprch. Er wartete nur. Er hielt einen unterarmlangen Stab in der Linken. Sein Kopf war leicht geneigt, als lausche er auf etwas.Still wie ein Grab, bemerkte der Wengau-Huptling nervs.Sie lassen uns herankommen.Wenn wir mit ihnen fertig sind, werden sie noch stiller sein, was meint ihr?Da wir diesen Steinhaufen auseinandernehmen, meine ich, knurrte der Anfhrer der Maulani. Wenn es der groe Akkeron befiehlt.Sie starrten auf den Riesen unter ihnen, der sie nur schweigend musterte. Da wuten sie, da sie freie Hand hatten, nach ihrem eigenen Gutdnken zu verfahren. Ein Palaver hob an, in dem auch bereits um die Beute gefeilscht wurde. Da sie nicht siegen knnten, kam ihnen gar nicht in den Sinn. So wie Mangol und Tshinnak ohne groe Verluste gefallen waren, so wrden sie auch diese Stadt in Schutt und Asche legen. Es bedeutete, Beute, Tten und Weiber alles was ein Dalaugiri an einem Kriegszug schtzte, gleich ob ein Wengau, ein Tirpin, ein Magua, ein Maulani und jeder hundert kleineren Stmme, die trotz Zank und Hader lngst erkannt hatten, welche Macht in ihrer Masse lag.Mit einem schrillen Pfiff brachte schlielich der Maulani-Huptling seine Reiter in Bewegung. In halsbrecherischem Galopp hielten sie auf die Stadtmauern zu. In der Nhe angekommen, stimmten sie ein hllisches Geheul an und schwenkten erst ab, als sie schon fast gegen die Mauern prallten.Nichts regte sich.Die Huptlinge starrten verblfft auf die Stadt; dann auf Akkeron.Aber dieser sagte kein Wort. Wie immer beobachtete er nur.Auf ein neues Kommando ritten ein halbes Hundert Mnner mit groen Schilden auf die Stadt zu. Sie nherten sich erst vorsichtig, preschten jedoch dann in vollem Galopp an der Mauer entlang und warfen Seile mit Haken hinber.Wiederum kam keine Abwehr.Fluchend rief der Maulani-Huptling: Die Wrmer haben sich verkrochen!Aber nicht auerhalb der Stadt, erwiderte der Magua. Wir haben nur Spuren von weniger als einem Dutzend Reitern gefunden.Es gefllt mir nicht. Was soll es nur bedeuten?Die Mnner sollen strmen. Dann wissen wir es gleich!Das geschah auch.Eine neue Welle von Mnnern galoppierte gegen die Mauern, schwang sich auf die Seile und kletterte behende hoch. Einen Augenblick hoben sie sich gegen den Himmel ab, dann verschwanden sie im Innern, ohne da sich ein Verteidiger gezeigt htte.Niemand hegte nun noch Zweifel daran, da die Bewohner geflohen waren.Aber wohin?Wenn es bereits vor Tagen geschehen war, mochten die Spuren inzwischen verwischt sein. Vielleicht waren die Bewohner in die Berge geritten, vielleicht auch nach Sden. Oder sie hatten sich in Hhlen unter der Stadt verkrochen wie die Ausstzigen Mangols.Gleich darauf ffneten sich die Stadttore. Die Mnner winkten. Ein vielstimmiger Schrei ging durch die Reihen der Angreifer.Akkeron und die Huptlinge ritten auf die Stadt zu. Eine Eskorte ritt vor ihnen her.Als sie zwischen den ersten Husern durchkamen, besttigte sich, da die Stadt verlassen war. Nichts regte sich. Die Plnderer kamen mit leeren Hnden aus den Gebuden. Immer strker erfllte ein Wutgeheul die Luft.Die Angreifer erkannten, da sie nicht nur um den Kampf, sondern auch um jegliche Beute betrogen waren.Akkeron kmmerte sich nicht um das Fluchen und Zetern der Mnner um ihn. Der eifrmige Tempel fing seinen Blick. Er begann darauf zuzusteuern, und die Huptlinge folgten ihm, whrend die Krieger in den Husern Feuer legten. Flammen schlugen aus dem ersten der Gebude hoch. Die hintergangenen Eroberer fingen an, ihrem rger Luft zu machen und Feuer vermochte am besten, die Zerstrungswut zu befriedigen.Sieht aus wie ein Tempel, brummte der Maulani, als sie vor dem Riesenei ankamen.Sie traten ins Innere. Ist wohl ein Tempel gewesen. Gleicht aber mehr einem Stall, so wie es hier aussieht.Die Huptlinge verstummten, als sie ebenfalls entdeckten, worauf Akkeron fasziniert starrte. Sie eilten zum Altar, und aberglubische Scheu erfllte sie beim Anblick des riesigen Auges und der Wste jenseits, auf der noch immer die Lagerfeuer brannten.Das sind sie, flsterte der Magua.Da ist ein Zauber im Spiel !Zgernd folgten sie Akkeron, der auf den Altar stieg. Pltzlich erhoben sich die Mnner an den Feuern und kamen auf das Auge zu. Sie hatten Bogen und Lanzen in den Hnden. Im nchsten Augenblick schwirrte ein Hagel von Geschossen auf Akkeron und die erstarrten Huptlinge zu.Gleichzeitig aber geschah etwas Seltsames: Das Bild verblate. Grauer Nebel schob sich wie ein Lid ber das Auge. Der Maulani-Huptling schrie auf.Entsetzt bemerkten die brigen den gefiederten Schaft, der aus seiner Schulter ragte.Das war kein Traumbild gewesen, sondern die Wirklichkeit. Das war der Fluchtweg, den die Bewohner dieser Stadt genommen hatten! Das war der Weg, den ihre Beute gegangen war!Wtend strmte der Magua-Huptling vorwrts.Das Auge hatte sich wieder geffnet. Die Feuer waren verschwunden. Das Land lag in nchtlichem Dunkel. Der Magua sprang hindurch, bevor ihn jemand hindern konnte.Die Zurckgebliebenen sahen, wie er drben auf die Beine kam und sich verblfft umblickte. Wo erst der Wstensand gewesen war, befand sich nun steiniger Boden. Feuer zuckte ber den Himmel und enthllte ein zerklftetes Land von nackten Felsen, soweit das Auge reichte.Der Magua blickte zurck. Dann schien er ein Gerusch zu hren, denn er wirbelte herum mit dem Schwert in der Faust. Fr die Mnner im Tempel geschah es vllig lautlos, aber sie sahen am weitaufgerissenen Mund des Huptlings, da er schrie. Gleichzeitig sank ein schwarzer Schatten herab, kaum zu erkennen in der Finsternis. Neuerlicher Feuerschein am Himmel enthllte einen gewaltigen Schdel. Ein Rachen von sgeartigen Zhnen fate den Magua und bi ihn mitten durch. Blut spritzte hoch. Ein Schwall kam durch das Auge und frbte den Altar dunkelrot. Die erstarrt zusehenden Huptlinge sprangen mit einem Aufschrei zurck. Nur Akkeron regte sich nicht. Er beobachtete das seltsame Auge nachdenklich. Er hielt den Stab halberhoben.Whrend der restliche Teil vom Krper des Maguas zu Boden fiel, schob sich erneut das nebelige Lid vor das Auge. Rascher als zuvor ffnete es sich wieder.Eine grnlichdmmrige Welt tat sich vor den Blicken der Mnner auf. Ein riesiges Gebilde bewegte sich im Vordergrund und schwebte auf das Oval zu.Die Huptlinge schrien erneut auf, diesmal in panischer Furcht. Sie blickten in die Tiefe eines Meeres, und die tiefverwurzelte Angst vor dem Wasser lhmte sie. Das schwebende Gebilde war ein gewaltiger Krake, dessen lange Arme das Oval erreichten. Eine unsichtbare Wand mute sich zwischen ihm und den Mnnern befinden, an der sich die Saugnpfe festsogen. Mit einem leisen Pltschern begann Wasser durch das Oval zu dringen.Schreiend sprangen die Huptlinge vom Altar hinab. Sie erwarteten jeden Augenblick, da diese unsichtbare Wand barst, der Ozean in den Tempel strmte und sie alle verschlang.Doch da schlo sich das Auge wieder.Und ffnete sich.Sie blickten in eine Leere, die von Sternen erfllt war. Ihr stechender Glanz blendete sie.Schneller schob sich das Lid vor das Auge.Und enthllte eine rauchende Landschaft von Lavastrmen, ber die hochbeinige, spinnenhnliche Wesen hinwegkletterten.Das Lid schob sich vor und zurck. Immer rascher. Bizarre Bilder offenbarten sich den erstarrten Zuschauern und erfllten sie mit Furcht und Entsetzen.So rasch wechselten bald die Bilder, da es aussah, als funkelte das Oval wie ein Juwel in der Sonne. Aber immer noch wurde die Bewegung rascher.Dann verschwand das Auge mit einem grellen Aufblitzen. Die Wand ber dem Altar war leer.Akkerons Gedanken suchten Tyde, den Wassergeist, den er bezwungen hatte.Was war das? Hast du es mit angesehen?Ich sehe alles mit an, das du siehst.Was war es also ?Ich wei es nicht. Es stammt nicht aus meinem Element.Und deine Geisterfreunde, wissen sie es nicht? Eines Tages werden sie mir doch dienen, wenn ich der Herr dieser Welt bin. Es wre klger, nicht meinen Zorn zu wecken Ich kann sie nicht zwingen, dir dienlich zu sein, Akkeron. Das mut du selbst tun. Du warst nicht sehr erfolgreich, selbst mit meiner Hilfe. Ich frchte, das erfllt sie mit Zuversicht.Die Stimme des Wassergeists verstummte. Akkeron unterdrckte mhsam seinen Zorn. Eines Tages wrden ihm alle Geheimnisse dieser Welt offen sein.Und der Tag war nicht mehr fern!

4.

Das gewaltige Westmeer erstreckte sich vor ihnen unter einem strmischen Himmel. bermannshohe Wogen rollten ber den flachen Strand schumend, wtend.Der einsame Mann mit dem kurzen, armdicken Stab in der Rechten und dem dritten Auge auf der Stirn starrte mit dem Anflug eines Lchelns in das aufgewhlte Element.Du siehst alles mit an, was ich sehe, nicht wahr, Geist des Wassers? Er murmelte es halblaut, obwohl es nur der Gedanken bedurft htte, um mit Tyde, dem Wassergeist, zu reden.Ich sehe alles, Akkeron. Die Antwort hallte in seinem Kopf wider wie ein mchtiges Rauschen.So siehst du auch den nutzlosen Grimm, der dich beherrscht. Ich frchte deine Wogen nicht. Ich frchtete sie auch nicht, bevor ich dich bezwang. Du dienst mir, weil du zu schwach warst, allein zu herrschen, und zu einfallslos, um deine Macht zu nutzen. Ich werde der neue Herr der Elemente sein. Ich, der Sohn Himurs.Du bist nur Herr ber das Wasser, und es liegt nicht allein in deiner Hand, es zu bleiben Willst du mir drohen?Wie knnte ich meinem Meister drohen? Es ist meine Pflicht, dich zu warnen, Akkeron. Du hast in diesem Knig aus einem Reich jenseits unserer Macht einen starken Rivalen gefunden. Erthu, der Geist der Erde, ist Dragon Untertan. Bald wird es auch der Geist der Luft sein. Jetzt in diesem Augenblick ist er auf dem Weg in Aerulas inneres Reich. Und Vitu, der Geist des Lebens, der mchtigste von allen elementaren Geistern, ist dabei, seine eigenen Bndnisse mit einem Sterblichen zu schlieen.Hte deine Zunge, Tyde, murmelte Akkeron zornig. Mein ist das Erbe des Namenlosen. Ich werde an Vestas Stelle treten und eine neue Ordnung nach meinen Vorstellungen schaffen. Niemand wird mich daran hindern. Auch nicht dieser Dragon. Du selbst wirst mir helfen, das Feuer zu bezwingen. Was denkst du? Was glaubst du, wird uns noch widerstehen knnen dem Feuer, dem Wasser und zwanzigtausend Dalaugiri-Schwertern?Er lachte schallend, Tyde schwieg.Der Herr der Elemente! rief Akkeron. Ah, mein schumender Sklave. Wenn ich es bin, werde ich diese Welt verndern, da selbst ihre Gtter sie nicht wiedererkennen! Und nun hre meinen Plan, Tyde. Diesmal werde ich mich nicht deiner Geschpfe bedienen. Die Strke meiner Dalaugiri ist auf dem Rcken ihrer Pferde. Sie scheuen das Wasser, und du wirst sie nicht berhren.Wie du befiehlst, Akkeron.Du wirst das Westmeer fr uns ffnen. So werden wir trockenen Fues in das Land der Feuerberge reiten!Einen langen Augenblick schwieg der Geist des Wassers, und der Stab der Elemente bebte in Akkerons Faust. Dann kam die Antwort. Es soll nach deinem Willen geschehen, Meister. Wenn du mich rufst, werde ich das Meer ffnen.Akkeron nickte zu sich. Dann deutete er auf die wilde Brandung. Und nun beende dieses Spiel. Es erschreckt meine Dalaugiri. Ich will das Meer glatt und ruhig.Tyde gehorchte. Die hohen Wogen gltteten sich fast augenblicklich. Das Meer wurde ruhiger. Aber nur fr einen Augenblick. Dann heulte ein Sturmwind in die weite Bucht und peitschte die Wogen erneut hoch, da sie wie Huser heranrollten. Akkeron wich nicht, als sie auf ihn zukamen. Er schttelte nur drohend den Stab. Einige der Dalaugiri, die an den Strand geritten kamen, sahen ein seltsames Bild: Ihr Zarath stand inmitten der wilden Gischt, aber kein Tropfen berhrte ihn. In einem Sturm, der sie fast von den Pferden fegte, stand er mit erhobenen Armen wie im Gebet zu den Gttern. Nicht eine Locke seines schwarzen Haares bewegte sich, nicht ein Stck seines Umhangs flatterte.Du miachtest meine Befehle! rief Akkeron ergrimmt.Nein, erwiderte Tyde. Es ist nicht meine Kraft, die deinen Befehlen zuwiderhandelt. Es ist der Geist der Luft. Er ist so stark wie ich. Er vermag mein Element aufzuwhlen, im selben Augenblick, da ich es zur Ruhe rufe. La dir sagen, da es ein schwerer Weg wird bis zu Skortschs Reich. ber mir ist die Luft und unter mir die Erde. Sie sind deine Feinde. Sie kennen meine Macht gut. Sie werden dir Fallen stellen, bei denen ich machtlos bin Ich bin Akkeron! Ich werde herrschen! Der Staev beweist es! Er hielt den Stab hoch empor. Einst der Herrscherstab Vestas, war in ihm ein wenig der Macht aller Elemente. Er war nun fast schwarz und lag wie etwas Lebendiges in der Hand. Das Flstern der Elemente bekam einen klagenden Ton, als ob sie Schmerz empfnden. Der wtende Wind wurde schwcher, die Wellen gltteten sich.Die Dalaugiri wendeten ihre Girions und galoppierten zurck zu den Lagern. Sie wuten Wundersames zu berichten, wie Akkeron den Dmonen des Windes und des Meeres getrotzt hatte.

*

Vier Tage lagerten Akkerons gewaltige Heerscharen an der Kste des Westmeers.Dann glaubte er gengend Vorrte zu haben, um den langen Ritt durch das Meer zu wagen. Lngeres Warten wre auch schwierig geworden, denn das Land war in weitem Umkreis leer von jagdbarer Beute. Auerdem begann es merklich klter zu werden. Ein schneidender Wind blies aus dem Sden herauf und machte sein Heer ungeduldig. Auch begannen sie sich zu fragen, worauf sie an dieser einsamen Kste warteten.So lie er am Morgen des fnften Tages die Zelte abbrechen. Aus dem Rauch von mehreren hundert Lagerfeuern bewegte sich die gewaltigste Schar Bewaffneter auf den grauen Meeresstrand zu, die dieser Teil der Welt je zuvor gesehen hatte.In den Gesichtern der Reiter war Unbehagen, denn Wasser war das Element, das sie mehr als den Tod scheuten. Aber sie vertrauten ihrem Zarath, ihrem Oberherrn. Er hatte viele Wunder vollbracht. Und er war der Herr ihrer Girions, die sie fr die andere Hlfte ihrer Seelen hielten. Diese Hlfte ihrer Seelen und ihres Lebens gehorchte ihm. Und wohin die eine Hlfte ging, folgte auch die zweite. Oder sie starb. Solcherart hatte Akkeron es verstanden, die Dalaugiri an sich zu ketten.Der Wind war noch klter geworden. Er fhrte den Odem des Sdeises mit sich, und es war allein Tydes Wirken zu verdanken, da kein Wasser in die Luft gelangte. Es wre als Eis oder Schnee vom Himmel gefallen und htte Akkerons Heer schwer zu schaffen gemacht.Die Wellen rollten mit aller Macht in die Bucht, als wollten die Elemente mit einem letzten Wten den Menschen den Mut nehmen.Auf Akkerons Gehei tat sich das Meer auf, so breit, da zwei Dutzend Reiter bequem nebeneinander Platz hatten. Einen Augenblick lang gerieten die vordersten Dalaugiri in Panik, als sie den Abgrund sahen, der sich vor ihnen ffnete.Aber dann folgten sie Akkeron, der ohne Zgern hineinritt.Trockenen Fues werden wir in das Land der Feuerberge gelangen. Gebt es von Mund zu Mund!Tatschlich war der Meeresboden trocken, nur von einer Schicht Staub bedeckt, die einst Schlamm gewesen sein mochte. Aber Tyde hatte alles Wasser aus ihrem Weg entfernt.Sie waren ein langer Wurm, der ins Meer kroch. Ein Wurm mit zwanzigtausend Stacheln und zwanzigtausend blutlsternen Gehirnen.Der Feuergeist lauschte grimmig ihren emsigen Gedanken.Er war nicht unvorbereitet. Aber sie sollten ein wenig nher kommen.Zu den Lavastrmen, die unter dem Meeresboden kochten

*

Bald verschwand der Kopf des Wurms unter der Wasseroberflche. Da der Strand flach war, befanden sie sich bereits weit drauen in den Fluten.Links und rechts trmten sich die schimmernden, grnlichen Wnde des Wassers. Es war grau vom Schlamm, den der Sturm aufwhlte.Vor ihnen fiel der Weg immer steiler ab.Die Girions gehorchten ihren Reitern nur mhsam. Das gespenstische, drhnende Rauschen, das die gewaltige Kluft erfllte, machte Mnner und Tiere taub.Es wurde zudem dster. Der Streifen des Himmels ber ihnen war alles, was ihnen von der Auenwelt blieb. Es gab keinen auer Akkeron, der nicht tief im Herzen fhlte, da sie in die Unterwelt ritten, und da irgendwo da unten Dmonen auf sie lauern wrden.Aber auch der Himmel gab bald nur noch wenig Licht, denn er verdunkelte sich. Blitze zuckten herab zwischen die haushohen Wasserwnde. Donner rollte ber die Reiter hinweg.Die vordersten Girions tnzelten. Innerhalb eines Augenblicks lste sich die Formation auf. Reiter hieben auf ihre Tiere ein und verkrallten sich in den Mhnen, um ihnen und sich die Todesfurcht zu nehmen. In dem Donnern und Rauschen war nicht ein menschlicher Laut zu vernehmen, und nicht ein tierischer.Mit Vestas Auge gelang es Akkeron, die Girions zu beruhigen. Und mit ihnen gewann auch bei den Reitern wieder die Vernunft die Oberhand.Wtend zog Akkeron den Wassergeist zur Rechenschaft.Diene ich dir nicht gut, Meister?Nein, und du weit es!Was sollte ich wissen, Meister?Da du Skortsch Vorschub leistest. Wie knnte er sich Wolken am Himmel zunutze machen, wenn er nicht dein Wasser nhme, um sie zu formen?Ich bin nicht allmchtig. So wie der Wind mag auch das Feuer mein Element benutzen. Etwas, das strker ist als wir, zwingt uns, bestimmte Gesetze einzuhalten. Nur in den wilden Zonen sind wir wirklich frei.Was ist das fr eine Kraft?Ich wei es nicht. Keiner von uns wei es.Auch Vesta nicht?Vielleicht.Akkeron lchelte. Und diese Wolken und das Feuer vom Himmel gehrt zu den Gesetzen, die du einhalten mut?Ja.Auch jetzt?Das wei ich nicht.Du wirst es Skortsch verweigern. Ich befehle es!Es kam keine Antwort. Aber nach einer Weile wurde der Himmel heller. Ein wilder Regen begann. Donner rollte ein letztes Mal ber die Reiter hinweg. Es klang wie ein hhnisches Lachen. Dann war der Himmel klar.Akkeron lchelte. Er fhlte sich sehr zuversichtlich.

*

Lngst befand sich der ganze Heerwurm tief unter der Wasseroberflche. Die Wasserwnde trmten sich wie Gebirge. Die Mnner ritten mit einer steten Furcht im Herzen und lieen kein Auge von ihnen; wenigstens jene, die am Rand ritten. Ohne da es ihnen noch recht bewut geworden war, war eine hallende Stille eingetreten. Nur das ferne Rauschen der Meeresoberflche und des Windes drang herab.Zwanzigtausend Mnner ritten schweigend in dieser Stille, begleitet allein vom dumpfen Getrappel der Hufe und dem leisen Klirren der Schwerter.Die glatten Wnde des Wassers erfllten sie mit Grauen, denn sie blickten trotz des sprlichen Lichtes in unergrndliche Tiefen, in denen sich dunkle Schatten bewegten und manchmal nher kamen.Ein Hai von der Gre mehrerer Mnner begleitete sie eine Weile. Manche Faust klammerte sich an den Griff des Schwertes bei seinem Anblick. Eine riesige Schlange schwebte weit ber ihnen in der grnen Dmmerung.Den ganzen Tag lang ging es abwrts. Den ganzen Tag lang verstrkte sich in ihnen das Gefhl, da sie ihre Welt fr immer verlieen.Aber Akkeron lie ihnen keine Zeit, nachzudenken. Er trieb sie zu grerer Eile an. Je erschpfter sie waren, wenn sie lagerten, desto weniger Furcht wrden sie empfinden.Dies war erst der Beginn, und er fragte sich manchmal, ob es klug war, diesen Weg zu whlen. Die Gtter mochten wissen, wie tief das Meer wirklich war, und sie muten hinab bis auf den Grund. In Finsternis und Klte. Er htte sich mit den Fischen verbnden sollen.Der Gedanke amsierte ihn.

*

Als der Abend kam, wurde es so finster, da sie die Hand nicht vor den Augen sahen. Jeder Schritt mochte in den Abgrund fhren. Deshalb beschlo Akkeron zu lagern.Er wies den Wassergeist an, eine weite Flche freizumachen, auf der sie alle lagern konnten. Als das geschehen war, rief er die Huptlinge zu sich. Er verbot, Feuer anzuznden, da sie alles Brennbare in den kommenden Tagen fr Fackeln brauchen wrden. So saen die Mnner stumm in der Finsternis, mde, von Ungewisser Furcht erfllt, die Girions, den kostbaren Schatz ihrer anderen Seele, neben sich.Der Boden war kahl. Stein und Staub und Gerll und Schalen von toten Meerestieren. Es gab nichts, das die Girions htten fressen knnen. Das mitgefhrte Futter wrde noch ein oder zwei Tage reichen. Danach muten die Tiere mit Fleisch gefttert werden. Wenn auch diese Vorrte zur Neige gingen, dann war es Tydes Aufgabe, sie zu versorgen. Seine Meere waren voll von Nahrung. Die Dalaugiri verabscheuten Fisch, aber der Hunger wrde ihren Abscheu berwinden helfen.Das einzige wirkliche Problem war das Feuer. Aber Akkeron war sicher, da Skortsch sie damit reichlich versorgen wrde, ob es ihnen gefiel oder nicht.Das Murmeln und Flstern der lagernden Mnner hallte wie in einer tiefen Schlucht wider. Mehr noch als whrend des Reitens fhlten sie nun das Eingeschlossensein. Die Wasserwand umgab sie in einem weiten Kreis. Wenn sie hochblickten, wo irgendwo weit ber ihnen der Himmel sein mute, sahen sie nur einen kleinen runden Fleck, auf dem eine Handvoll Sterne blinkten. Sie saen in einem riesigen Rohr, das jeden Augenblick jemand verschlieen mochte.berall roch es nach Fisch und Salz. Und die schwarzen, jetzt nicht mehr unterscheidbaren Schatten, die in den Wasserwnden hin und her glitten, trugen nichts dazu bei, den Mnnern Ruhe zu geben.Die Huptlinge fanden sich bei Akkeron ein.Zwei meiner Unterfhrer meuterten, erklrte der Tirpin-Anfhrer. Der halbe Stamm wre mit ihnen umgekehrt. Wir haben sie erschlagen, meinte er gleichmtig. Sie sind Futter fr die Fische.Wie wir alle bald sein werden, wandte ein anderer ein.Willst du umkehren? fragte der Tirpin-Anfhrer spttisch.Sind das die beiden einzigen Toten? unterbrach Akkeron den Streit.Niemand sonst wute Ausflle zu berichten. Aber es gab keinen Dalaugiri, der nicht von gengend Furcht erfllt war, um die Beine in die Hand zu nehmen, wenn es einen Ausweg aus diesem Alptraum gegeben htte.

5.

Das sprliche Licht des Morgens, das zu ihnen herabfiel, schien den Mnnern wie eine Erlsung. Sie brachen auf und erreichten gegen Mittag den Rand einer Schlucht, die in endlose Tiefen fhrte. Die jenseitige Wand war nicht zu erkennen. Der Boden verlor sich in Schwrze. Selbst Akkeron schwindelte bei diesem Anblick. Die Huptlinge standen ratlos um ihn. Fr sie war das Ende dieser unseligen Reise gekommen.Akkeron sammelte seine Gedanken, um Tyde zu rufen.Der Wassergeist meldete sich augenblicklich. Seine Stimme hatte einen spttischen Beiklang, der Akkeron nicht entging.Der Sohn Himurs lie sich nicht beirren. Wie breit ist diese Schlucht?Zehn Tagesritte, wenn ich den vergangenen als Ma nehme.Gibt es eine Mglichkeit, sie zu umreiten?Ja. Aber sie fhrt bis hinauf in das Nordmeer. Ihr wrdet ein Jahr reiten und httet erst die Hlfte des Weges.Warum hast du uns nicht auf dieses Hindernis hingewiesen?Es schien mir nicht von Bedeutung.Akkeron schwieg. Dann dachte er: Eines Tages werde ich dich denken lehren, wie ich es wnsche und erwarte. Aber du hast recht Und diesmal war der Spott in Akkerons Gedanken. Es ist nicht von Bedeutung. Du wirst uns ber diese Schlucht bringen, heil und trocken, und es ist mir gleich, wie du es bewerkstelligst. Also la hren.In der Gedankenstille, die folgte, vernahm Akkeron das unruhige Scharren der Girions hinter sich. Er wandte sich um und winkte den Huptlingen beruhigend zu. Sie starrten ihn verstndnislos an, aber dann schienen sie zu begreifen, da er einen neuen Zauber mit dem Wassergeist vorbereitete. Sie wuten nicht recht, ob sie froh darber sein sollten.Begehrst du, da ich dir Fische sende, die euch ber die Schlucht tragen?Nein. Meine Dalaugiri wrden vor Entsetzen sterben, wenn sie ihre Girions verlassen mten, um sich Fischen anzuvertrauen. Als Nahrung wren sie uns jedoch willkommen. Wenn wir heute lagern, wirst du uns damit versorgen. Ich will dir sagen, wie du uns ber diese Schlucht bringst, und vielleicht auch noch ein ganzes Stck weiter. Auf dem Grund deiner Meere liegen Schiffe, die in vergangenen Schlachten ein nasses Grab fanden. Askalother und Ekkelunder Segler und Meliganer Ruderer. Es mssen genug sein, um mein Heer aufzunehmen und uns ber diese Schlucht zu tragen. Schaff sie herbei.Das wird einige Tage dauern, selbst mit den raschesten Strmungen.Wir werden so lange hier lagern. Du wirst uns reichlich mit Fischen versorgen, die wir essen knnen, und mit Treibholz, das wir trocknen und verbrennen knnen. Und beanspruche meine Geduld nicht ber Gebhr!Es soll geschehen, wie du sagst, Meister.Befriedigt begab sich Akkeron zu seinen Huptlingen. Der Wassergeist wird uns ber diese Schlucht tragen. Bis es soweit ist, werden wir hier lagern. Es wird einige Tage dauern.Diesmal wurden Feuer entzndet. Ihr Schein und ihre Wrme gaben den Dalaugiri eine Spur von Zuversicht. Hundertfach spiegelten sich die flackernden Feuer in den Wasserwnden ringsum und vervielfachten das Licht. Wenn sie nicht in diese von Leben erfllten Wnde starrten, mochten sie sogar das Gefhl haben, in einer Hhle zu sitzen.Nach allem, was geschehen war, zweifelten sie nicht daran, da der Wassergeist sie ber die Schlucht bringen wrde. Akkeron stand auf bestem Fu mit ihm, das hatten sie erlebt. Wenn es nicht so wre, lgen sie lngst unter den Wassermassen dieses Meeres begraben.

*

Einige Stunden spter geschah, was ihnen Akkeron vorhergesagt hatte. Die Wasserwnde spien Treibholz aus. Es hatte noch nicht lange im Wasser gelegen. Es war frisch. Akkeron befahl, es zu zerkleinern und zu trocknen, und die Feuer hher zu schren. Von nun an gab es keinen Mangol an Holz mehr.Auf die mit dem Treibholz beschftigten Dalaugiri ergo sich kurz darauf ein wahrer Regen von Fischen. Der ganze Lagerplatz zappelte. Es war ein Chaos brllender, auseinanderstiebender Mnner und Girions, die vergeblich Schutz suchten, um von diesem Geschenk des Wassergeists nicht erschlagen zu werden.Zudem verabscheuten sie Fisch. Der Gedanke, ihn zu essen, kam ihnen nicht. Sie hackten mit ihren Schwertern in panischem Entsetzen auf die schweren, zuckenden Krper ein, bis sich nichts mehr regte.Einige der Mnner hatten Verletzungen erlitten, und Akkeron schalt den Wassergeist ob seiner Unachtsamkeit. Als die Mnner begannen, die toten Fische in die Schlucht zu werfen, befahl er den Huptlingen, ihnen Einhalt zu gebieten und die Fische zu braten.Das geschah murrend. Sie hielten es ausnahmslos fr eine Zumutung, auch nur einen Bissen davon zu essen.Bald war der Lagerplatz erfllt vom Duft bratenden Fischfleisches. Er verlockte einige der Mnner, davon zu kosten. Das zarte, frischgebratene Fleisch fand berraschend Anklang. Immer mehr nahmen sich ein Beispiel an ihren Gefhrten. Auch die Girions verschmhten es nicht, und das berzeugte schlielich auch die eingefleischtesten Gegner. Denn was der andere Teil der Seele a, das mute auch fr den einen Teil bekmmlich sein.Danach gewann das Lager trotz des Banns von Zauberei und Dmonie, der es umgab und in den aberglubischen Dalaugiri Entsetzen auslsen mute, fast ein wenig von der Atmosphre eines Steppenlagers. Die Mnner wagten zu reden und sich zu unterhalten, und da und dort klang sogar ein Lachen auf, wenn es auch ohne Frhlichkeit war. Immerhin, man war satt und eine Weile ohne Strapazen. Die Schrecken, die weiter unten lauern mochten, waren nicht mehr so nah. Auerdem, wenn der Wassergeist so gut fr sie sorgte, wie es nach allem den Anschein hatte, waren sie hier in seinem Scho vielleicht sicherer, als sonstwo auf der Welt. Da einige ihrer Stmme an der Seite des Zarath bereits empfindliche Niederlagen erlitten hatten, war im Augenblick nicht von Bedeutung.Lebendiger in ihrer Erinnerung waren die triumphalen Siege ber Mangol und Tshinnak, die sie ihrer geballten Macht verdankten. Sie hatten sie kennengelernt, die Wirkung der geballten Macht. Unbewut hielt sie auch das zusammen.Am zweiten Tag wurde das Trinkwasser knapp. Akkeron nahm das Ewige Na aus den Falten seines Umhangs. Es war das Innere Tydes, seine Seele, wenn Geister so etwas wie eine Seele besaen. Es war ein kristallklarer Wassertropfen von der Gre zweier Fuste. Dem Besitzer dieses Tropfens war der Wassergeist untertan. Aber es garantierte nicht nur den Gehorsam Tydes, es leistete einem Feldherrn und Eroberer auch andere unbezahlbare Dienste wie in diesem Augenblick. Er hie die Mnner in weitem Umkreis zurcktreten und warf den Tropfen in eine Bodenmulde. Sofort begann sie sich mit klarem Wasser zu fllen, bis ein kleiner Teich entstand.Trinkt! befahl Akkeron. Und fllt Becher und Schluche.Die Mnner erkannten, da das Wasser ohne Salz war und klar wie eine Bergquelle. Zwanzigtausend Mnner und Tiere labten sich, und die Quelle versiegte nicht. Es war eines der vielen Wunder, die die Dalaugiri an Akkeron ketteten.Als alle Wasser hatten und die Behlter aufgefllt waren, nahm Akkeron das Ewige Na wieder zu sich. Akkerons Heerschar hatte den moralischen Tiefpunkt berwunden. Sie begannen, sich an ihre Lage zu gewhnen.

*

Akkeron aber wurde ungeduldig. Er hatte das Gefhl, da Tyde ihn hinzuhalten bemht war. Er hatte lngst erkannt, da der Wassergeist ihm nur widerwillig diente.Am Nachmittag des zweiten Tages begann pltzlich der Boden zu beben.Mnner und Tiere sprangen auf und hatten Mhe, sich auf den Beinen zu halten. Die Wasserwnde schwankten und wlbten sich bedrohlich ber ihnen.Das ganze Heer war in einem Augenblick ein chaotischer Haufen schreiender, durcheinanderlaufender Mnner und Tiere. Mehr noch, als da der Boden schwankte, versetzten sie die zerflieenden Wnde in Schrecken. Sprhregen kam aus groen Hhen herab. Es sah aus, als wrde sich das nasse Grab jeden Moment schlieen. Der Himmel war nicht mehr sichtbar. Die sich wie Schlangen windenden Wnde versperrten den Blick in die Freiheit. Die Feuer verlschten unter einem orkanartigen Wind, der in den Kessel herabkam und sie beinahe von den Beinen fegte. Die Mnner, die gegen die Wnde geschleudert wurden, erwartete ein grausiges Schicksal. Riesige Raubfische faten mit ihren Rachen aus dem nassen Reich heraus und zerrten sie in das dmmrige Grn hinein, wo sie sie vor den Augen ihrer Kameraden zerrissen und fraen.Tyde! schrie Akkeron.Ja, Meister, kam sofort die gedankliche Antwort. Ich sehe, was geschieht. Aber es ist Erthus Werk. Ich habe Mhe, das Gleichgewicht zu halten. Aber habt keine Furcht vor dem Wasser. Von ihm wird euch nichts geschehen.Die Fische! rief Akkeron.Bleibt ihnen fern! Sie sind Vitus Geschpfe. In diesem Augenblick vermag ich ihnen nicht zu befehlen.Wo bleiben die Schiffe?Auf dem Weg, Meister.Der Boden klaffte auf in einem gewaltigen Spalt. Manche der Dalaugiri sprangen zu spt zurck und strzten hinab in das Innere der Erde.Dann trat schlagartig Stille ein. Der Boden war ruhig, nur die Wasserwnde schwankten mit drohendem Rauschen. Aber auch sie gewannen an Festigkeit. Wie betubt lagen Reiter und Tiere auf dem Boden. Nur Akkeron stand mit geballten Fusten.Ich sagte dir, da Dinge geschehen wrden, gegen die ich keine Macht habe, kamen Tydes Gedanken. Du nutzt meine Kraft ohne Verstand. Alle Wasser dieser Welt flieen durch mich, bewut oder unbewut. Sie sind mein Blut. Gesetzmigkeiten, auf die ich keinen Einflu habe, sorgen fr den Gleichlauf. Weit du, welcher Macht es bedarf, dieses Meer fr dich zu teilen? Tausend andere Dinge geraten mir dabei auer Kontrolle, die deine Feinde nutzen knnen. Ich bin nur ein Geist, ein Element. Und ich sehe keinen Zweck darin, dich zu leiten. Du achtest meine Krfte nicht. Wre ich einer menschlichen Leidenschaft fhig, wrde ich dich hassen. Es bedeutet nichts, da ich dir diene. Ich werde noch sein, wenn du nicht mehr bist.Tyde zog sich von ihm zurck.Als er sich umwandte, sah er die Huptlinge herankommen. Ihre Gesichter waren bla.Mehr als hundert Mnner sind tot, Zarath. Erschlagen, oder von den groen Fischen gettet. Zrnt uns der Geist des Wassers?Akkeron schttelte den Kopf. Es ist der Geist der Erde, der uns verflucht. Aber wenn erst das Feuer unser ist, wird die Erde vor uns beben.Es klang wie ein Schwur. Die Dalaugiri nickten. Solche Schwre verstanden sie.

*

In der Nacht weckte sie ein gewaltiges Rauschen. Es erfllte alles um sie, und es wurde lauter Es kam aus der Schlucht.Das sprliche Licht der Feuer und Fackeln drang kaum in die Tiefe. So standen sie und lauschten und versuchten die Furcht zu unterdrcken, mit der das Rauschen sie erfllte.Aber Akkeron wute, was geschah, auch ohne da Tyde es ihm sagte.Die Schlucht begann sich mit Wasser zu fllen. Das bedeutete, da die ersten Schiffe nicht mehr weit waren.Es ging sehr schnell. Mit grollendem Donner schumte das Wasser hoch. Vor ihnen in der Dunkelheit erstreckte sich ein Meer im Meer, die Flche spiegelglatt und wenig einladend. Aus den schwarzen Wasserwnden nherten sich verschwommene Gebilde. Sie schimmerten wie Irrlichter und wurden grer, je nher sie kamen.Erst zhlten sie ein Dutzend. Alle schimmerten in diesem unheimlichen Licht. Bald waren es zwei Dutzend, dann drei, schlielich hundert und mehr.Aber die nchsten waren nun deutlicher zu erkennen.Es waren die Schiffe!Ein mchtiger Bug glitt auf sie zu und brach schumend durch die Wand. Das Uferwasser wirbelte und schlug gegen die Felsen. Knarrend legte das Schiff an.Sie sahen, da das Licht von einer dicken schlammigen Schicht herrhrte, die das ganze Schiff umgab.Es war ein mchtiger Dreimaster, und ein ebenso mchtiger Feind hatte ihn in den Grund gerammt. Ein groes Loch ghnte seitlich im Bug, bei dem das Wasser aus- und einflo. Dennoch schwamm das Schiff. Auch die Masten hatten gelitten, groe Teile der Reling fehlten. Die Deckaufbauten ragten wie Ruinen hoch. Eine leuchtende Gestalt stand am Steuerhaus. Das Fleisch des Steuermanns war lngst verfault und von den Fischen gefressen worden, aber der leuchtende Schlamm hatte sich an seinem Skelett festgesetzt. Man sah unter dem Harnisch und dem Umhang das Gerippe nicht, aber ein grinsender, ausgehhlter Schdel starrte unter dem Helm hervor und ber den Bug hinweg, als steuere er das Schiff noch immer dem Feind entgegen.Darin sollen wir segeln, stammelte einer der Huptlinge. In diesen Totenschiffen?Es lastet ein Fluch darauf Ihr knnt auch schwimmen, erklrte Akkeron ungerhrt.Schumend ffnete sich erneut die Wand. Ein zweites Schiff glitt heraus und auf das Ufer zu ein schlanker Segler, dessen Masten der Sturm geknickt hatte.Immer rascher kamen sie aus den Wasserwnden. Schiffe aller Vlker und aller Zeitalter dieser Welt, in Strmen oder Schlachten versenkt, mit Schtzen und Toten beladen. Alle leuchteten in ihrem Kleid aus Schlamm, das ihnen das Meer angelegt hatte. Bald berstrahlte ihr Licht das der Feuer.Die Schlucht war zu einem riesigen Hafen geworden, in dem Schiff an Schiff lag und darauf wartete, da sie an Bord kamen. Ihr Anblick lie den Tapfersten das Herz zu Eis gefrieren. Keine berredungskunst htte die Dalaugiri dazu gebracht, an Bord zu gehen. Doch Akkeron hatte schon einmal bewiesen, da er der Herr aller Girions war. Vestas Auge und die Macht des Staevs trieben die Tiere an Bord.Und wohin sein Girion ging, da folgte auch der Reiter.

*

Die gespenstische Flotte glitt, wie von Zauberhand bewegt, in die Finsternis dieses inneren Meeres hinaus. Mit Grauen im Herzen standen die Krieger auf den schlammigen Decks, die Fuste in die Mhnen ihrer Tiere gekrallt!Ein Pfeifen wie von einem krftigen Wind war in ihren Ohren, doch nicht der leichteste Windhauch berhrte ihre Gesichter. Aber in dieser unsprbaren Brise nahmen die Schiffe immer mehr Fahrt auf.Die ganze Nacht glitten sie ber die schwarze See, whrend die Mnner sich nicht zu rhren wagten. Fr sie waren es die Geister der Erschlagenen, die die Schiffe steuerten. Jede Berhrung mochte die Berhrung mit einer kalten, untoten Hand sein.Jeder Laut das Flstern einer lngst erloschenen Stimme.Auf dem Fhrungsschiff riet Akkeron den Mnnern zu schlafen. Nichts wrde sich whrend dieser Fahrt ereignen. Hier waren sie ganz in den Hnden des Wassergeistes. Er hie einige der Mnner, das Deck von Schlamm, Skeletten und Germpel zu subern und aus dem Metall, das sie fanden, eine Feuerstelle zu errichten. Feuer und Fackeln waren etwas, das ihnen Geborgenheit vermittelte, Wrme und Sicherheit. Keiner dachte daran, da dies aber auch die Fanale des Feindes waren, gegen den Akkeron sie fhrte.Da das Feuer brannte, da sie Luft zum Atmen hatten, mute ein Teil jener Gesetzmigkeiten sein, die Tyde erwhnt hatte, dachte Akkeron bei sich. Vorgnge, die ohne direkte Lenkung abliefen. Andernfalls wren die Dalaugiri lngst tot. Gleichzeitig wute er, da es gleichgltig war, ob sie starben oder nicht. Er wrde seinen Weg gehen. Er wrde neue Verbndete finden. Eines Tages wrde er sogar die Macht Vitus besitzen und seine Verbndeten selbst schaffen nach seinen eigenen Vorstellungen.Macht.Macht zu erlangen, zu besitzen und zu demonstrieren das war sein Ziel.Nach einer Weile wurden auch auf den anderen Schiffen der gewaltigen Flotte Feuer entzndet. Einen Augenblick schien es Akkeron wie ein verschwenderisches Fest zu Ehren Skortschs. Ein Lcheln stahl sich auf seine Lippen.Das Wasser war vollkommen ruhig. Akkeron spielte mit dem Gedanken, auf diesen Schiffen auf der Oberflche weiterzufahren. Aber er ahnte, da dann wohl der Einflu des Luftgeistes grer wre, und da sie in Sturm und haushohen Wellen dahinsegeln mten. Aber dennoch konnten sie sich von Tyde solcherart bis an die Kste von Skortschs Land herantreiben lassen. Die Strapazen eines Rittes auf dem unebenen Meeresboden waren vorbei.

*

Ein Mann an der Reling rief etwas.Einer der Huptlinge kam zu Akkeron gerannt, der in Gedanken versunken in die Flammen des Feuers starrte.Das Meer glht, Akkeron, rief ein Huptling bleich.Es glht?Ja, tief unten. Als ob es brenne.Akkeron trat mit gerunzelter Stirn an die Reling und starrte in das schwarze Wasser. Ein flackernder, rtlicher Schein lie es aufleuchten. Ein roter Kreis leuchtete tief unten am Grund der Schlucht.Was ist das? dachte Akkeron.Skortschs Auge, antwortete Tyde.Er sieht damit?Ja, und es ist eine Quelle seiner Kraft. Er wei, da du kommst und was du vorhast. Hte dich, seinen Augen zu nahe zu kommen. Sie sind hei wie das Innere der Sonne.Das Wasser bebte pltzlich.Das Auge tief unten ffnete sich weit und spie einen Teil seiner Glut aus, die emporkam.Was ist das?Eine Art von Feuer und brennendem Gestein.Es kommt auf uns zu Ja.Was knnen wir tun?Nichts.Und du? Was kannst du tun? Sende dem Feuer eine Strmung entgegen, die es wieder nach unten treibt!Ich werde es versuchen, Meister.Wieder bebte das Wasser. Die Schiffe chzten, da die Mnner frchteten, sie knnten unter ihren Fen auseinanderfallen. Aber die morschen, in manchen Fllen auch bereits versteinerten Planken hielten.Auf einigen der kleineren Boote, in denen die Mnner dem Wasser nher waren, zum Teil auch deshalb, weil durch die beschdigten Planken Wasser in die unteren Schiffsteile strmte, schrien die Mnner auf.Das Wasser war hei!Es schumte, und Blasen und Dmpfe stiegen auf. Dann barst die Wasseroberflche ein Stck vor dem Bug des ersten Schiffes, und Schlamm und Wasser und glhendes Gestein sprhten zischend hoch und ergossen sich ber die Flotte. Die Finsternis war von Funken und Schreien erfllt.Akkeron starrte wieder in die Tiefe. Nicht nur ein Auge Skortschs hatte sich geffnet, sondern mchtige, glhende Arme reckten sich hoch.Aber auch Tyde war am Werk. Starke Strmungen zerrten an den feurigen Armen und trieben sie von den Schiffen fort. In einiger Entfernung kamen sie schlielich fauchend aus dem Wasser und verstreuten ihre Glut, ohne Schaden anzurichten.Aber das Meer begann zu kochen. Heie Dmpfe umhllten die Schiffe und machten den Mnnern das Atmen zur Qual. Sie waren in kurzer Zeit in Schwei gebadet. Das Holz wurde hei unter den tierhautbekleideten Fen der Mnner. Sie tanzten von einem Bein auf das andere und rissen Schmuck, Helme und anderes Raubgut von ihren Krpern, denn die heie Luft erhitzte das Metall bald soweit, da es auf der Haut brannte. Mit den Schwertern war es nicht anders.Aber selbst der Dampf war bald unertrglich. Er brannte wie Feuer auf der Haut. Girions und Mnner brllten. Gekochte Fische trieben zur Oberflche.Einige der Krieger verloren das Bewutsein und sanken auf die heien Planken, wo sie lautlos starben. Immer mehr wankten, als die Sinne ihnen schwanden.Akkeron beobachtete es voll Grimm.Tyde! wtete er.Was soll ich tun?Vermagst du Skortschs Feuer nicht aufzuhalten?Nein. Und es ist nur ein Vorgeschmack dessen, was dich im Land der Feuerberge erwartet, wo kein Wasser zwischen euch und den Feuerlingen sein wird. Nur Luft, und sie ist nicht in deiner Macht.Kaltes Wasser! schrie Akkeron. Er wird eine Weile brauchen, bis er es wieder zum Kochen bringt. Du hast ganze Meere davon!Ja, Meister. Es klang wie ein Seufzen.Dann schttelten starke Strmungen die Schiffe. Gleichzeitig lie das Dampfen nach. Die Mnner vermochten wieder zu atmen. Die Feuer und Fackeln waren nicht lnger verschwommen gleiende Punkte. Die Schiffe glitten wie Schemen aus den letzten Schleiern heien Nebels. Unentwegt flo kaltes Meerwasser unter die Kiele und drngte das heie in andere Bereiche.Krieger und Tiere genossen die khle Luft mit langen tiefen Zgen.Unter ihnen begann sich Skortschs Auge zu schlieen.Die Luft in diesem engen Kanal roch nach Asche. Skortschs Odem. Skortschs Pesthauch, dachte Akkeron grimmig. Es war ein erster Sieg.

*

Akkeron starrte gebannt auf das rtlich leuchtende Land voraus, das aus schweren Rauchschwaden hervortauchte. Eine Alptraumlandschaft bot sich den Blicken der Mnner, die sie wnschen lie, Akkeron niemals bis hierher gefolgt zu sein. Ein Berg spie ununterbrochen Feuer in den Himmel, das als Asche herabsank.Flammen zngelten ber das Land, das so hei sein mute wie die Schiffe noch eben gewesen waren. Rotglhende Strme ergossen sich langsam ins Meer und lieen es in mchtigen Dampfwolken aufwallen. Stetes Donnern erfllte die Luft.Als sie an der Kste anlegten, brachen neue Feuerstrme aus dem Gipfel des Berges hervor und wanden sich auf sie zu. Aber sie waren langsam und muten ihren Weg durch das zerklftete Gestein suchen, schwere Berge von Gerll und Asche vor sich herschiebend.Akkeron lachte. Den Staev fest umklammert, stieg er auf das glhende Land. Das Feuer wich vor ihm zurck.Ein Gebrll seiner Mnner machte ihn auf eine Gefahr aufmerksam, die sich aus dem Innern des Feuerberges nherte. Graugekleidete Krieger strmten hervor. Sie hielten blitzende Waffen in den Hnden, die zuckten und funkelten in den grauen Rauchschwaden, die aus dem Spalt kamen, aus dem auch die unerwartete Streitmacht hervorquoll.Sie waren bermannsgro, in grauen Helmen und Harnischen, mit grauen Schilden von der Farbe der Asche. In den schmalen Visierffnungen vermeinte Akkeron wilde, glhende Augen zu erkennen.Vor ihm hielten sie an, hoben ihre Schilde ans Kinn, ruckten ihre Lanzen hoch, aus denen Feuerstrahlen auf Akkeron zuckten. Er hob den Staev abwehrend. Das Feuer zuckte harmlos an ihm vorbei.Er lachte erneut.Skortsch, deine Krieger treffen nicht! Ist das alles, was du zu bieten hast?Er ri das Ewige Na aus dem Umhang und schleuderte es den Kriegern entgegen. Sie wichen brllend zurck, als das Innere des Wassergeists nach ihnen griff. Ihre Schilde vermochten es abzuwehren, aber wo diese Schilde sie nicht schtzten, hllte das Wasser sie ein. Dampfend und zischend brachen sie zusammen. Die glhenden Augen erloschen. Die Speere entfielen ihren Fusten.Was blieb, waren leere, graue Hllen. Akkeron stie mit dem Fu gegen eine davon. Die graue Hlle zerfiel. Sie war nicht mehr als eine dicke Schicht von Asche.Seht sie euch an! rief er seinen Mnnern auf den Schiffen zu. Nichts als Asche. Wir werden sie alle lschen! Wir werden Skortsch das Schwimmen lehren! Vorwrts!Mit einem Triumphgeheul sprangen die Dalaugiri an Land. Aber als sie es taten, wurden sie von Flammen eingehllt und verbrannten. Tausende loderten auf, wanden sich hinter einem Vorhang aus Feuer und wurden zu Asche.Eine mchtige, riesenhafte Gestalt aus reinem Feuer stieg aus dem Gipfel des Berges und kam herab.Akkeron wute, da es Skortsch selbst war. Er stand wie gelhmt. Mit donnerndem Lachen kam der flammende Gigant auf die Kste zu.Akkeron schleuderte ihm das Ewige Na entgegen, aber es verdampfte in einem Augenblick. Unertrglich hei und hell ragte der Riese vor ihnen auf. Dann griff er mit einer Hand in die Flotte.Sie brannte lichterloh.Dann griff die Hand nach Akkeron und hob ihn hoch. Trotz des Staev sprte er die unglaubliche Hitze. Er wute, da es das Ende war, da die Geister mchtiger waren, als er geahnt hatte.Um ihn war das Schreien sterbender Mnner, das Brllen verbrennender Tiere Wie unter schweren Schleiern sah er das dunkle Wasser schumen. Hunderte von Mnnern sprangen in die Fluten und gingen schreiend unter oder wurden von groen Raubfischen hinabgezogen. Wie rasend strzten sich immer neue von den ruhig dahingleitenden Schiffen Akkeron schttelte den Kopf.Etwas lhmte ihn, lhmte seine Gedanken. Betubt schttelte er den Kopf. Etwas geschah mit ihm und seinen Kriegern.Tyde! riefen seine Gedanken verzweifelt. Was geschieht?Deine Krieger springen ber BordIch sehe es. Aber warum?Ich wei es nicht.Du wirst verhindern, da sie ertrinken, oder da ihnen in deinem Element Schaden zustt.Ja, Meister.Die Benommenheit lie sich nur mhsam abschtteln. Undeutlich sah er, da seine Mnner noch immer in die Fluten sprangen, wenn auch nicht mehr in so groen Scharen wie zuvor. Wie er selbst schienen sie zur Vernunft zu kommen.Wo sind wir?Noch immer unter dem Meer, auf meinen Schiffen!Nicht an Skortschs Kste?Sie ist noch mehr als zehn Tage entfernt.Aber ich war eben Akkerons Gedanken brachen ab. Es war ein Traum. Jemand gaukelte ihnen etwas vor. Die Mnner glaubten, von brennenden Schiffen zu springen, um sich in die Fluten zu retten.Whrend der wirkliche Feind, der einzige reale Feind das Wasser war, denn keiner der Dalaugiri konnte schwimmen. Ihr Glck war, da sie sich nicht von ihren Reittieren trennten; diese vermochten sich ber Wasser zu halten und damit auch ihre Reiter. Viele der Reiter aber verloren ihre Tiere whrend des Sprunges und whrend des Eintauchens und kurzen Untersinkens. Ein weiterer Teil war von den groen Fischen in die Tiefe gerissen worden.Aber nun gehorchte Tyde dem Befehl Akkerons und trug Mnner und Tiere schtzend an der Oberflche. Auch die Raubfische verschwanden.Woher kam der Traum?Der Traum, Meister?Wir sahen Skortschs Kste, und unsere Schiffe brannten!Ich sah keinen Traum, Meister.Das mag sein. Wer macht die Trume?Sie entstehen aus vielen Dingen, die ich nicht alle kenne. Ich bin nur der Geist des Wassers. In allen Elementen schlummern Trume. In allen Dingen. Im Duft von Blumen, in den Lebenssften von Tieren und Pflanzen. In den Gasen der Luft. In den Stoffen der Erde. Es ist in des Trumers In den Gasen der Luft, sagst du? unterbrach ihn Akkeron.Auch Also auch in den Dmpfen, die aus Skortschs Auge kamen?Das mag sein.Reinige die Luft, die wir atmen.Sie reinigt sich selbst. Das ist eine der Gesetzmigkeiten der beiden Elemente.Es geschieht nicht rasch genug. Wir brauchen frische Luft, um aus diesem Traum zu erwachen.Es soll geschehen.Die Schiffe nderten den Kurs und steuerten auf eine Wasserwand zu. Whrend die schwimmenden Dalaugiri und Girions an Bord kletterten, verblfft darber, wie das Wasser sie pltzlich trug und frmlich auf die Schiffe zuschwemmte, erhob sich ein vieltausendfacher Aufschrei von den Mnnern an Deck.Halb aus ihrem Traum erwacht, sahen sie sich bereits im nchsten Alptraum, und er war nicht weniger erschreckend. Die Schiffe fuhren direkt auf die gefrchteten Wasserwnde zu. Es war das Ende, denn sie wrden von ihnen verschlungen werden, um fr alle Zeiten auf dem Grund des Meeres zu segeln wie die Toten, die sie auf den Schiffen gefunden hatten. Erneut begannen sie, von Grauen getrieben, in die Fluten zu springen. Das Wasser nahm sich ihrer hilfreich an und trieb sie neben den Schiffen her auf die Wand zu.Dann stie das Fhrungsschiff mit Akkeron an Bord hinein. Gespenstisch verschwand der Bug, das Vorderdeck, die Masten, die ersten Mnner, die vor Grauen erstarrt waren und nicht mehr zu springen vermocht hatten.Das Wasser umsplte Akkeron einen Augenblick lang mit sanftem Druck. Dann war er durch. Das Schiff schwankte leicht. Er sah sich um. Weitere Buge tauchten aus der Wasserwand auf, ebenso die Mnner in den Fluten.Dmmerlicht vom fernen Morgenhimmel umgab sie. Alle Feuer und Fackeln waren gelscht worden. Die Luft war rein. Der dumpfe Druck in seinem Kopf begann zu schwinden, je mehr er von dieser Luft einatmete. Auch die Dalaugiri wrden bald klare Kpfe bekommen und erkennen, da sie einem Traumbild zum Opfer gefallen waren. Aber fr sie mute auch das alles wie ein Alptraum wirken. Sicher vermochten sie Traum und Wirklichkeit lngst nicht mehr zu unterscheiden.Akkeron fand seine Gedanken besttigt, als einer der Huptlinge mit bebender Stimme sagte: Wir haben die Schlacht gegen den Feuergeist verloren. Aber was sollten wir gegen das Feuer ausrichten? Wir haben viele Mnner verloren. Mge der Geist des Wassers uns fr diese Rckkehr Schutz gewhren Rckkehr, sagst du? Akkeron lachte.Der Huptling der Tirpin-Stmme sah ihn verwundert an.Es werden mehr als zehn Tage vergehen, ehe wir die Ksten des Feuerlands erreichen. Was wir gesehen haben, war ein Traum. Er sollte uns abschrecken. Aber er tut es nicht!Der Dalaugiri war sichtlich anderer Meinung.Ich werde den Feuergeist bezwingen, fuhr Akkeron fort, mehr zu sich selbst, als zu dem Dalaugiri. Alle Trume werden ihm nicht helfen.Wenn dieser Traum die Wahrheit ist, warf der Huptling ein. Wenn er die Wahrheit ist, dann ist der Kampf so gut wie verloren.Es mag manches so sein, wie es der Traum zeigt, erklrte Akkeron, aber anderes ist nur ein Wunschtraum. Wenn wir zurckkehren, so wird es mit der ewigen Fackel des Feuers an unserer Seite sein. Merk es dir gut, Huptling. Die Furcht ist fr die Schwachen. Mein Reich wird fr die Starken sein!Ja, Zarath. Deshalb hast du uns erwhlt, an deiner Seite zu kmpfen, Zarath. Gib uns einen wirklichen Feind, und wir werden ihn ohne Erbarmen tten. Aber wie sollen wir gegen Trume und Geister kmpfen? Gegen Strme und Meere und Feuer? Gib uns ein Reich der Steppe, in dem alles wirklich ist, und wir erobern es dir mit unseren Schwertern und mit unserem Blut. Aber hier bleibt fr einen Krieger nur Verzagen.Akkeron empfand fast Sympathie fr den Dalaugiri-Huptling. Er wute, wie es in ihren kriegerischen, barbarischen Schdeln aussah. Aber sein Kampf war einer gegen Geister und Gtter, in dem den Sterblichen nur ein Weg blieb der zu sterben. Es lag an ihm, aus ihrem Tod den grten Nutzen zu ziehen.Er htete sich wohl, dies zu sagen. Oder auch zu denken. Er wute, da der Staev in beiden Richtungen wirkte. Wie er damit Tydes Sprache verstand, so vermochte auch Tyde seinen Gedanken zu lauschen. Und was Tyde wute, war auch den anderen Elementargeistern kein Geheimnis mehr.Akkeron wute, da nur er selbst dem Feuergeist widerstehen oder ihn gar bezwingen konnte.Dennoch wrden die Dalaugiri dabei eine wichtige Rolle spielen.

6.

Die nchsten Tage und Nchte verliefen ruhig, Feuer brannten wieder auf den Schiffen. Die Mnner genossen die Verschnaufpause, die ihnen gegnnt war. Es gab ausreichend zu essen und zu trinken. Tod und Schrecken waren rasch vergessen.Auch da nun bereits mehr als ein halbes Tausend Mnner den Tod gefunden hatten, kmmerte sie wenig. Sie hatten ihre Toten nie gezhlt, weder whrend ihrer Stammesfehden, noch ihrer Raubzge. Krieg, Tten und Sterben gehrten zu den alltglichen Dingen eines Dalaugiri, ob im Stamm von fnfzig oder einem Heer von zwanzigtausend.Das dstere Meer und die Wasserwnde waren inzwischen zu gewohnten Begleitern geworden,