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MODULØR Magazin 2009 02 THEMA Bauen Total DER GU-VERTRAG: CHANCEN UND RISIKEN von Mathias Birrer (Text) Dante O. Benini & Partners Architects (Foto) Grossprojekte werden heute häufig mit einem General- oder Totalunternehmer realisiert. Die Konzentration sämtlicher Bauleistungen exklusiv auf eine Unternehmung birgt aber auch Risiken in sich. Diesen ist beim Abschluss eines General- oder Totalunternehmervertrags Beachtung zu schenken. 020

Der GU-VertraG: chancen UnD risiken · sehr divergent. Währendem sich der GU/ TU wünschen würde, dass der Bauherr den gesamten Bau vor Baubeginn be-zahlt, möchte der Bauherr anderseits

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Der GU-VertraG:chancen UnD risikenvon Mathias Birrer (Text) Dante O. Benini & Partners Architects (Foto)

Grossprojekte werden heute häufig mit einem General- oder Totalunternehmer realisiert. Die Konzentration sämtlicher Bauleistungen exklusiv auf eine Unternehmung birgt aber auch Risiken in sich. Diesen ist beim Abschluss eines General- oder Totalunternehmervertrags Beachtung zu schenken.

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Der General- oder Totalunter-nehmer (GU/TU) übergibt dem Bauherrn das Bauwerk meist schlüsselfertig und erbringt damit für den Bauherrn ab Auf-tragserteilung sämtliche Leistungen, wel-che für die Erstellung des Baus notwen-dig sind. So wählt er beispielsweise die in seinem Auftrag am Bau tätigen Handwer-ker aus und koordiniert dieselben, ordert die für den Bau benötigten Baustoffe und hält die mit dem Bau anfallenden Kosten unter Kontrolle. Er ist damit auch der einzige, der dem Bauherrn gegenüber für die Qualität und Vollständigkeit der Bau-leistungen einzustehen hat.

Rechtliches

Die Begriffe „Generalunternehmer“ (GU) und „Totalunternehmer“ (TU) sind aus der Praxis heraus entwickelt worden. Entsprechend finden sich in den Geset-zen auch keine speziellen Vorschriften für den GU- oder TU-Vertrag. Nach herrschender Rechtsprechung stellt der GU-/TU-Vertrag aber ein einheitlicher Werkvertrag dar, auf den die Regeln des Werkvertragsrechts (Art. 363 ff. Ob-ligationenrecht [OR]) zur Anwendung gelangen. In der Praxis finden sich sehr unterschiedlich ausgestaltete GU-/TU-Verträge. Häufig werden aber die Nor-men des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA), insbesondere die SIA-Norm 118 „Allgemeine Bedin-gungen für Arbeiten“ den GU-/TU-Ver-trägen zugrunde gelegt. Kein eigentlicher GU- oder TU-Vertrag liegt dann vor, wenn die Sachgewährleistung vom GU/TU wegbedungen oder an den Bauherrn

abgetreten wird (Freizeichnung). Eine solche Freizeichnung sollte der Bauherr keinesfalls eingehen, denn sie bringt für ihn im Gewährleistungsfall mannigfal-tige Probleme mit sich. Die Abhandlung derselben würde den Rahmen des vorlie-genden Beitrags allerdings sprengen.

WesentlicheVeRtRagsbestandteile

Die erfolgreiche Erstellung eines Bau-werkes mittels GU-/TU-Vertrags beginnt mit der Auswahl des richtigen Partners. Genauso wichtig wie die Auswahl dieses Partners ist aber auch die Vereinbarung der Regeln der Zusammenarbeit mit ihm vor Baubeginn. Die Grundsätze dieser Zusammenarbeit sind im GU-/TU-Vertrag zu definieren. Hierbei ist insbesondere fol-genden Punkten Beachtung zu schenken:1. VertragsgegenstandGerade bei Pauschal-GU-/TU-Verträ-gen ist die zu errichtende Baute sowohl hinsichtlich ihrer tatsächlichen Ausge-staltung und Dimensionen wie auch be-züglich ihrer Qualität möglichst exakt zu umschreiben. Diese Umschreibung kann sowohl funktional, das heisst mit-tels Definition der Funktionen, die sie zu erfüllen hat, als auch durch einen detail-lierten Baubeschrieb oder eine Kombina-tion beider Definitionsformen erfolgen. Einer solchen, meist relativ zeitinten-siven Umschreibung der vom GU/TU zu erbringenden Leistung wird in der Pra-xis oft zu wenig Beachtung geschenkt. Als Folge dieses Versäumnisses ergeben sich oft Differenzen zwischen den Par-teien hinsichtlich des vom GU/TU zum vereinbarten Preis zu erbringenden Leis-tungsumfanges bzw. der Qualität dieser Leistungen.2. BestellungsänderungenPraktisch bei allen Bauvorhaben kommt es während der Bauphase noch zu Ände-

rungswünschen des Bauherrn. In Anbe-tracht der mit einem Bauwerk verbunde-nen Kosten und sowie seiner Lebensdauer müssen solche Änderungen – so weit es der Baufortschritt erlaubt – möglich blei-ben. GU/TU und Bauherr müssen daher das Prozedere solcher Bestellungsände-rungen vertraglich vereinbaren. Das ins-besondere auch mit Blick auf die sich aus solchen Bestellungsänderungen allenfalls ergebenden Mehrkosten. Eine hierdurch geschaffene Kostentransparenz liegt im Interesse beider Parteien, insbesondere auch in demjenigen des GU/TU. Er über-nimmt mit Abschluss des GU-/TU-Ver-trags nämlich auch die Verantwortung für die Kosten des Bauwerks. Es ist da-her auch Aufgabe des GU/TU, auf Bestel-lungsänderungen und deren Folgen hin-zuweisen. In der Praxis wird daher häufig vereinbart, dass Bestellungsänderungen erst nach vorangegangener schriftlicher Offerte durch den GU/TU, welche durch den Bauherren unterschriftlich angenom-men worden ist, ausgeführt werden.3. TermineDer Termin der Übergabe bzw. Abnahme des Bauwerkes ist explizit im Vertrag zwi-schen dem Bauherrn und dem GU/TU zu definieren. Da es gerade bei grösseren Bau-werken dem Bauherrn oftmals nicht mög-lich ist abzuschätzen, ob der GU/TU mit Blick auf den vereinbarten Übergabeter-min im Fahrplan ist, lohnt es sich, weitere Zwischentermine vertraglich festzulegen. Nur so erhält der Bauherr die Möglich-keit, allenfalls Beschleunigungsmassnah-men anzuordnen. Der GU/TU seinerseits sollte sich vertraglich zusichern lassen, bis wann ihm der Bauherr bestimmte In-formationen bzw. Entscheide, welche für den Baufortschritt von Bedeutung sind, mitzuteilen hat. Wichtig ist es schliesslich auch, dass sich Bauherr und GU/TU über die Folgen der Nichteinhaltung der festge-legten Termine verständigen.

Grossprojekte wie die Stadtplanung „Globe Town“ für Nizhny Novgorod verlangen nach einem umfassenden und komplexen Vertragswerk (Dante O. Benini & Partners Architects).

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4. Vergütungen / ZahlungsplanGerade die Erstellung grösserer Bau-werke ist sehr kostspielig. Die Interessen der Parteien, wie diese Kosten vom Bau-herrn übernommen werden müssen, sind sehr divergent. Währendem sich der GU/TU wünschen würde, dass der Bauherr den gesamten Bau vor Baubeginn be-zahlt, möchte der Bauherr anderseits erst nach Bauvollendung leisten. Für diese sich entgegenstehenden Interessen muss im GU-/TU-Vertrag eine Lösung getrof-fen werden. Als Sicherungsmittel stehen hierfür Bank- bzw. Versicherungsgaran-tien zur Verfügung. Zur Absicherung des GU/TU ist diesbezüglich besonders an ein unwiderrufliches Zahlungsverspre-chen einer Bank bzw. Versicherung zu denken, welches die Bezahlung der Wer-klohnsumme garantiert. Die Leistungen des GU/TU können mit Erfüllungs- bzw. Qualitätsgarantien abgesichert werden. Bezüglich dieser – von nichtprofessio-nellen Bauherren häufig leider nicht in Anspruch genommenen Garantien – wird auf die nachstehenden Ausführungen verwiesen. Nebst diesen Garantien lässt sich das Risiko des Bauherrn, infolge fi-nanzieller Schwierigkeiten des GU/TU trotz erbrachter Zahlungen nicht zu den vereinbarten Bauleistungen zu kommen, mit einem dem Baufortschritt angepass-ten Zahlungsplan mindern. Hierbei ist im Speziellen darauf zu achten, dass der Zahlungsplan bei einem verzögerten bzw. schnelleren Baufortschritt von der einen oder anderen Partei angepasst wer-den kann. Durch die Einschaltung eines „Bautreuhänders“ lässt sich zudem die Zweckentfremdung der geleisteten Zah-lungen verhindern.5. QualitätssicherungBei der Abnahme lassen sich insbeson-dere Qualitätsmängel an nicht sichtbaren Bauteilen oftmals nicht erkennen. Solche Mängel wirken sich zudem nicht selten erst nach Ablauf der Gewährleistungs-frist aus. Gerade bei grösseren Projekten ist es daher unabdingbar, dass die Qua-lität der vom GU/TU erbrachten Bauleis-tungen von einem vom Bauherrn beauf-

tragten Fachmann auf dem Bau laufend kontrolliert wird. Das Recht hierzu hat sich der Bauherr allerdings vertraglich einräumen zu lassen.6. Audit-RechtGerade professionelle Bauherren sind sehr auf ihre Reputation in der Öffent-lichkeit bedacht. Sie legen daher grossen Wert auf ein faires und transparentes Geschäftsgebaren gegenüber allen am Bau ihres Vorhabens beteiligten Per-sonen bzw. Unternehmungen. Mit der Vereinbarung eines GU-/TU-Vertrags werden einem professionellen Bauherrn die diesbezüglichen Kontrollrechte aber weitestgehend entzogen. So erhält er beispielsweise keine Kenntnis davon, ob die eingesetzten Subunternehmer zu fairen Konditionen durch den GU/TU eingesetzt, die vereinbarten Zahlungsbe-dingungen erfüllt oder Arbeitsschutzvor-schriften eingehalten werden. Das hier-mit verbundene Risiko eines allfälligen Reputationsschadens lässt sich durch die Einräumung eines Audit-Rechts min-dern. Ein solches Audit-Recht räumt dem Bauherrn im vertraglich vereinbarten Umfang das Recht ein, das Verhalten des GU/TU insbesondere gegenüber seinen Subunternehmern durch einen unab-hängigen Dritten prüfen zu lassen. Auf diesem Weg lässt sich die Verantwor-tung gegenüber den am Bau Beteiligten und damit gegenüber der Öffentlichkeit wahrnehmen und damit die Reputation schützen.7. VertragsauflösungDa nicht jede Zusammenarbeit von Er-folg gekrönt sein kann, ist bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch die Möglichkeit der Vertragsauflösung zu regeln, damit der Vertrag nicht ungewollt zur Fussfessel werden kann. Das ist gera-de bei gemäss bundesgerichtlicher Recht-sprechung dem Werkvertragsrecht unter-stehenden GU-/TU-Verträgen von nicht zu unterschätzender Bedeutung, denn ge-mäss Art. 377 OR kann der Bauherr zwar jederzeit vom Vertrag zurücktreten, al-lerdings nur gegen volle Schadloshaltung des GU/TU. Da zu einer solchen vollen

Schadloshaltung auch eine Entschädi-gung für den „entgangenen Gewinn“ ge-hört, kann ein solcher Rücktritt – wenn vertraglich nicht anders vereinbart – für den Bauherrn sehr kostspielig bzw. aus diesem Grund gar unmöglich werden.8. Bonus-Malus-SystemMit einem Bonus-Malus-System soll der GU/TU für besonders gute Leistungen belohnt und für schlechte Vertragser-füllung bestraft werden. Belohnt bzw. bestraft werden dabei insbesondere Leis-tungen hinsichtlich der Einhaltung bzw. Unterschreitung von Terminen, der Qua-lität bzw. der Kosten. So bestechend ein solches System wirken mag, so schwierig ist die Ausgestaltung in der Praxis, damit es sich nicht als „Boomerang“ erweist. Die Unterschreitung der vereinbarten Termin- bzw. Kostenvorgaben beispiels-weise wirkt sich nämlich allzu oft auf die definierten Qualitätsanforderungen und umgekehrt aus. Eine kritische Hin-terfragung von allfälligen Bonus-Malus-Systemen in GU-/TU-Verträgen ist also auf jeden Fall angezeigt. Die vorstehende Aufzählung beinhaltet selbstverständlich nicht alle Vertragspunkte, die in einem GU-/TU-Werkvertrag enthalten sein müssen. Vielmehr handelt es sich nur um diejenigen, welchen angesichts ihrer Bedeutung für eine erfolgreiche Zusam-menarbeit häufig zu wenig Beachtung ge-schenkt wird.

sicheRheiten

Die vom GU/TU zu erbringenden Leis-tungen lassen sich mittels Erfüllungs- und Qualitätsgarantien absichern. Hin-sichtlich dieser Garantien ist Folgendes zu beachten:1. ErfüllungsgarantieDer GU/TU verpflichtet sich mit dem Abschluss des GU-/TU-Vertrags gegenü-ber dem Bauherrn, ein bestimmtes Bau-werk gegen Vergütung des vereinbarten Werkpreises zu erstellen. Nun kann es vorkommen, dass sich bereits während der Ausführung zeigt, dass der GU/TU die versprochenen Leistungen gar nicht

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erbringen kann, weil er beispielsweise nicht über das benötigte Know-how ver-fügt und damit den Qualitätsanforde-rungen nicht gerecht werden kann oder er zahlungsunfähig wird. Der Absiche-rung solcher Risiken dient die Erfüllungs-garantie (oder Ausführungsgarantie), die den Zeitraum zwischen Vertragsab-schluss und Bauvollendung abdecken soll. Umfasst die Erfüllungsgarantie auch die Absicherung gegen Bauhandwerker-pfandrechte (siehe nachstehend), so sollte ihre Gültigkeit zumindest mit Bezug auf Bauhandwerkerpfandrechte bis drei Mo-nate nach Bauabnahme erstreckt werden. Mit einer solchen Erfüllungsgarantie ver-spricht der Garantiegeber dem Bauherrn Ersatzleistungen für den Fall, dass der GU/TU das Bauwerk nicht vertragsge-mäss erstellt. Garantiegeber ist dabei in aller Regel eine Bank oder Versicherung. Die Garantiesumme erstreckt sich in der Regel auf 10 Prozent des vereinbarten Werklohns. Bei der Formulierung der Garantie ist darauf zu achten, dass die Garantieleistung ohne Einschränkungen, das heisst auf erste Aufforderung des Bauherrn hin (beispielsweise, ohne dass zunächst die Zahlungsunfähigkeit des GU/TU festgestellt oder dessen Einwen-dungen und Einreden entkräftet werden müssen), in Anspruch genommen wer-den kann. Die Erfüllungsgarantie sollte alle Verpflichtungen des GU/TU aus dem abgeschlossenen Vertrag sicherstellen, so also beispielsweise die Nichterfüllung des Vertrags, die Kosten von Ersatzvor-nahmen, Konventionalstrafen, Ablösung oder Sicherstellung allfälliger Bauhand-werkerpfandrechte oder die Folgen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung etc.2. GewährleistungsgarantieNach Übergabe des erstellten Bauwerkes hat der GU/TU dem Bauherrn – meist im Rahmen der Regeln der SIA-Norm 118 – für dasselbe Gewähr zu leisten. Hierbei haftet der GU/TU dem Bauherrn auch für alle von seinen Subunternehmern zu verantwortenden Mängel, unabhängig davon, ob der auf dieselben Regress neh-men kann. Unter einem Mangel ist dabei

jede nicht vertragskonforme Leistung des GU/TU zu verstehen. Massgebend sind diesbezüglich insbesondere die Basis des Bauwerks bildenden Pläne sowie der vereinbarte Baubeschrieb. Gelangen die Vorschriften des SIA zur Anwendung, müssen festgestellte Mängel innerhalb von zwei Jahren gerügt werden. Später entdeckte, d. h. versteckte Mängel kön-nen noch bis zum Eintritt der Verjährung für alle Werkmängel fünf Jahre nach der Abnahme geltend gemacht werden, so-fern sie sofort nach Entdeckung gerügt werden. Bei grösseren Bauwerken wer-den zudem teilweise längere Fristen ver-einbart. Um die somit in aller Regel bis fünf Jahre nach Abnahme anhaltenden vertraglichen Ansprüche abzusichern, kann die Einräumung einer Gewährleis-tungsgarantie (Qualitätsgarantie) vertrag-lich vereinbart werden. Mit einer solchen Gewährleistungsgarantie sichert der Ga-rantiegeber – wobei es sich in aller Re-gel ebenfalls um eine Versicherung oder Bank handelt – zu, ab einem bestimmten Datum bis zu einem bestimmten Maxi-malbetrag für Gewährleistungsansprü-che des Bauherrn einzustehen. Solche Gewährleistungsgarantien werden oft in Form eines Garantiescheins abgege-ben und decken alle bis zum Ablauf der Zweijährigen Garantiefrist auftretenden Mängel bis zu einem Maximalbetrag von 10 Prozent des Werklohns. Gerade bei grösseren Bauwerken ist eine solche üb-liche, aber kurze Gewährleistungsgaran-tie aber natürlich ungenügend. Es sollten diesfalls längere Garantiedauern bis fünf Jahre, für bestimmt Bauteile (beispiels-weise Dach oder Fassade) sogar bis zehn Jahre vereinbart werden. Werden solche länger dauernden Gewährleistungsga-rantien vereinbart, ist in Anbetracht der Tatsache, dass sich das Risiko des Auftre-tens von Baumängeln mit dem Zeitablauf mindert, zu erwägen, die Gewährleis-tungsgarantie degressiv auszugestalten. Das spart dem GU/TU Kosten, was sich natürlich positiv auf den Werkpreis aus-wirkt. Im Übrigen gilt das zur Erfül-lungsgarantie Ausgeführte analog.

3. VersicherungenNebst den Erfüllungs- und Gewährleis-tungsgarantien ist vom GU/TU auch der Nachweis einer dem Bauvorhaben angemessenen Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden wie auch für Schäden und Mängel an Bau-ten (Bautenschadendeckung) zu verlan-gen. Der Bauherr muss sich zudem das Recht einräumen lassen, vom GU/TU bzw. der Versicherungsgesellschaft wäh-rend der Bauzeit jederzeit den Nachweis des Weiterbestehens der entsprechenden Deckung verlangen zu dürfen. Der Abschluss einer Bauherren- und einer Bauwesenversicherung ist demgegenüber Sache des Bauherrn.

bauWeRkeRpfandRechte im speziellen

Handwerker und Unternehmer erbrin-gen auf der Baustelle ihre Leistungen und vermehren damit den Wert des Grundstücks des Bauherrn in der Regel, bevor sie für ihre Leistungen bezahlt sind. Diesem Umstand hat der Gesetz-geber Rechnung getragen und den Hand-werkern und Unternehmern, welche für ein Bauwerk Material und Arbeit liefern oder Arbeit allein leisten, für ihren Lohn ein Pfandrecht – das Bauhandwerker-pfandrecht – eingeräumt (Art. 837 Abs. 1 Ziffer 3 ZGB). Dieses Pfandrecht besteht zulasten des Grundstücks, zu dessen Gunsten der Handwerker oder Unterneh-mer seine Leistungen erbracht hat. Das auch dann, wenn nicht der Grundeigen-tümer, sondern beispielsweise sein Mie-ter den Handwerker oder Unternehmer beauftragt hat. Mit Bezug auf den GU-/TU-Vertrag verfügt der Subunternehmer im Übrigen auch dann über das Recht zum Eintrag eines Bauhandwerkerpfand-rechts, wenn der Bauherr seinen Zah-lungsverpflichtungen gegenüber dem GU/TU vollumfänglich nachgekommen ist, der GU/TU den Subunternehmer aber nicht bezahlt bzw. bezahlen kann. Es kann sich also durchaus ereignen, dass dieselbe Leistung doppelt oder mehrfach

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durch Bauhandwerkerpfandrechte meh-rerer Unternehmer verschiedener Stufen einer Vertragskette gesichert werden. Will der Grundeigentümer sein Grund-stück letztlich nicht durch Verwertung verlieren, bleibt ihm also nichts anderes übrig, als für ein und dieselbe Leistung doppelt oder mehrfach zu bezahlen. Der Weg bis zur Verwertung ist für den pfandberechtigten Unternehmer in der Regel allerdings ziemlich beschwerlich. Das Risiko des Bauherrn einer Doppelt- oder Mehrfachzahlung lässt sich vertrag-lich zwar nicht ausschliessen, zumindest aber einschränken. Folgende Möglich-keiten dienen hierzu:1. ErfüllungsgarantieWie bereits oben dargelegt, lässt sich die Sicherstellung bzw. Ablösung von Bauhandwerkerpfandrechten bis zum garantierten Betrag in eine Erfüllungs- bzw. Ausführungsgarantie einbinden. Da die Eintragung eines Bauhandwerk-pfandrechts vom Zeitpunkt des Vertrags-schlusses bis drei Monate nach Arbeits-vollendung erfolgen kann, ist allerdings darauf zu achten, dass die Erfüllungsga-rantie bis mindestens drei Monate nach Abnahme des Bauwerks dauert.2. BautreuhänderMittels „Zwischenschaltung“ eines Bau-treuhänders kann der Bauherr sicher-stellen, dass die von ihm für den GU/TU geleisteten Zahlungen nur für die Bezah-lung von Unternehmern/Handwerker eingesetzt werden, welche auf seiner Baustelle Leistungen im abgerechne-ten Umfang erbracht haben. Indem der Bauherr so die gemäss GU-/TU-Vertrag geschuldeten Vergütungen nicht direkt an den GU/TU, sondern an den Bautreu-händer seines Vertrauens leistet, lässt sich also eine Zweckentfremdung dieser Vergütungen verhindern. Nicht verhin-dern kann die Beauftragung eines Bau-treuhänders aber die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts durch einen ihm nicht bekannten, vom GU/TU be-auftragten Unternehmer oder Handwer-ker. Keine zusätzliche Sicherheit vermag die Beauftragung eines Bautreuhänders

zudem mit Bezug auf mögliche Kosten-überschreitungen infolge Fehlkalkulation des GU/TU zu verschaffen. Die Funktion des Bautreuhänders kann unter Umstän-den auch durch eine Bank übernommen werden, sofern sie sich zur Übernahme dieser Aufgabe überhaupt bereit erklärt.3. DirektzahlungenDer Bauherr ist grundsätzlich nicht be-rechtigt, Subunternehmer des GU/TU direkt zu bezahlen und die hierdurch entstehenden Aufwendungen von der vertraglich vereinbarten Vergütung an den GU/TU in Abzug zu bringen. Will der Bauherr von dieser Möglichkeit Ge-brauch machen können, muss er sich dieses Recht im GU-/TU-Vertrag ein-räumen lassen. Hierbei ist insbesondere klar zu regeln, unter welchen Voraus-setzungen der Bauherr Direktzahlungen leisten darf und in welchem Umfang er diese Direktzahlungen von der Vergü-tung an den GU/TU in Abzug bringen darf. Hierbei ist insbesondere auch dem möglichen Umstand Rechnung zu tragen, dass der GU/TU den Subunternehmer zu Recht nicht oder nicht vollständig be-zahlt, weil Letzterer beispielsweise sei-nen Vertrag mit dem GU/TU nicht voll-ständig erfüllt hat bzw. für die von ihm erbrachten Leistungen vertragswidrig zu viel fordert. Schliesslich ist zu beden-ken, dass sich auch mit der Möglichkeit, Direktzahlungen zu leisten, die Eintra-gung eines Bauhandwerkerpfandrechts letztlich nicht vollständig ausschliessen lässt.Zusammenfassend ist also festzu-stellen, dass sich das Risiko des Ein- trags eines Bauhandwerkerpfandrechts zwar minimieren, aber nicht vollstän-dig ausschliessen lässt. Daran wird sich voraussichtlich auch mit der Revision des Bauhandwerkerpfandrechts nichts ändern.

schlussfolgeRung

Die Vorzüge des Bauens mit einem GU/TU bestehen für den Bauherrn insbeson-dere darin, dass er nur einen Vertrags-

partner hat und sich demnach nur mit einem Ansprechpartner auseinander-zusetzen hat. Diesem Vorteil steht der Nachteil gegenüber, dass er aufgrund des fehlenden Vertragsverhältnisses zu den Subunternehmern keine „Kontrolle“ über das Gesamtbauwerk hat. Diesen Nachteil muss der Bauherr durch entsprechende Sicherungsmittel wie die Erfüllungs- und die Gewährleistungsgarantie sowie ent-sprechende vertragliche Vereinbarungen ausgleichen. Nicht vergessen werden darf zudem das Risiko von Doppel- oder Mehrfachzahlungen infolge der Eintra-gung von Bauhandwerkerpfandrechten. Dieses Risiko lässt sich mittels verschie-dener Instrumente zwar reduzieren, nicht aber vollständig ausschliessen.

Mathias Birrer ist Rechtsanwalt, Sachwalter sowie Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht. Er ist Partner bei der Anwaltskanzlei Kaufmann-Rüedi Rechtsanwälte, Luzern.www.krlaw.ch