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25. JUNI I938 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 17. JAHRGANG Nr. 26 91I Um unsere Methode der bakteriologischen Diphtherie- Schnelldiag~aose in der Praxis zu erprobeil, nahmen w~r an ioo diphtheriekranken Kindern Rachenabstriche vet. In jedem Falle verwendeten wit 3 Abstrichtupfer, yon denen einer mit der oben beschriebenen NXhrl6sung getrgnkt war, die anderen zwei waren die bisher ffir Rachenabstriche ge- brguchlichen. Nach der Entnahme wurde der vorbehandelte Tupfer sofort in den ]3rutschrank gestellt, veil den beiden anderen wurden Kulturen auf L6ffler-Serum bzw. Clauber- Platte angelegt uild ebenfalls sofort bei 37 ~ bebrfitet. I3e- reits nach 2-- 3 Stunden konnten wir in einem Grol3teil der F~tlle dutch einen Objekttrggerausstrich yon unseren prs parierten Tupfern eine einwaudfreie Diagnose stellen, wghrend nach den bisher fiblichen Methoden ein sicheres Resultat oft bedeutend spgter (s. Tabelle) erzielt werden konnte. Tabelle t. In Rachenabstrichen yon IOOdiphtheriekranken Patienten konnten Diphtheriebacillen naehgewiesen werden*: Nach Stunden 2---31 3--5 15--8 {8--x2i 14--~6116--I81 20 Bei Verwendung von i pr~parierten Tupfern Bei Verwendung yon gew6hnlichen Tnpfern und Ausstrich auf CLAUBERG Bei Ve~-wendnng von gew6hnlichen Tupfern und Ausstrich auf L(3FFLER 64 6 I 5 4 -- ] -- -- 5 34 25 l 17 -- 6 52 18 -- -- Summe 79 8i 76 Die Tabelle zeigt, dab die yon uns ausgearbeitete Methode der bakteriologischen Schnelldiagnose der Diphtherie ge- eignet ist, das iKulturverfahren auf ein Minimum an Zeit abzukfirzen. Warei1 doch mit unseren pr~parierten Tupfern yon den insgesamt 79 positiven Diphtheriefgllen schon 64 nach 2-- 3 Stunden einwandfrei zu diagnostizieren. "Wir empfehlen bei Ersterkranknngen neben den gebrXuch- lichen NXhrb6den (CLAuBE~O, L(SFFLER), deren ~u selbst- verst~ndlich auger Diskussion steht, auch unser verfahren zur Anwendung zu bringen. Die Nghrfussigkeit (Rinderserum -I- Traubenzucker + Na- frinmacetat) ist, im Eissehrank in sterilem K61bchen auf- bewahrt, mindestens 6 VVochen haltbar. Die fertigpr~parier- ten Tupfer And, gute Verkorkuilg der R6hrchen voraus- gesetzt, ungefghr 14 Tage verwendtmgsf~hig. Die eben beschriebene Methode der bakteriologischen Schnelldiagnose der Diphtherie l~tgt sich leicht in den Unter- suchungsXmtern einffihren. DER H/~MOGLOBINSTOFFWECHSEL BEI FEBRILEN EPISODEN SCHIZOPHRENER PSYCHOSEN. Von K. F. SCHEID. Aus dem Klimschen Institut der Deulschen Forschungsanstalt Ittr Psyckiatrie tKmser VvSIhelm-Instltut) in lVrunchen und der Psyehiatnschen Abtefiung des Stadtischen Krankenhauses Muncheax-Schwabing (PtoL Dr. KURT SCHNEIDER). Die Schizophrenie ist derzeit noch kein lest umrissenes Krankheitsbild. Es gibt so viele Fassungen des Schizo- phreniebegriffes wie psychiatrische Schulen uild Lehrmeinun- gem Aus diesem Grunde kann, wie wit 1, 2. ~ schon mehrfach betont haben, keines der bisherigen Minischeil Systeme einer somatisch orientierten Forsehung zur Richtschnur dienen. Die Somatopathologie der schizophreilen Psychosen hat diese * Es sei bemerkt, dab die untersuchten Patienten teils fnsch erkrankt waren, teiIs schan tangere Zedt m Behandltmg standen. AIle Erkrankfen waren schon der speziflschen Serummjektmn unterzogen worden. Daraus erklart sich wohI, dab nut be~ ruad 80% der Untersllchtei~ uberhaupt niphtheriebacillen nachgewiesen wurden. Linden vielmehr als das aufzufassen, was sie sind: n~mtich als eine Grnppe unbekannter k6rperlicher Krankheiten. Zu nosologischen uild atiologischen Fragen, insbesondere zum Problem der Einheitlichkeit oder Vielgestaltigkeit der Sehizo- phrenie, kann diese Forschungsrichtung erst dann Stellung Ilehmen, wenil wir wesentlich mehr yon den pathologischen Vorg'~gen jener Erkrailkung wisseil als bisher. Die schizophreileil Psychosen sind zumeist chronische Leiden, bei denen fiber weite Strecken ihres Verlanfes hin auch heute noch lediglich psychopatholog~sche Erschemungen greifbar sind. Zu bestimmten Zeiten jedoch, die wir I als 1~3pisoden bezeichnet haben, macht die der Psychose zugrunde liegende Krankheit deutlichere k6rperliche Symptome, yon denen die Temperaturerh6hung am einfachsten feststellbar ist. Deshalb haben wir diese Zeiten ]ebrile Episoden genannt. Damit hat sich j~r &ie k6rperliche Eorschung ein ]estes Bezugs- system ergeben. Aus vielen Grfinden erscheint es n~mlich un- zweckm~Big, mit der somatopafhologischeil Forschung an der Schizophrenie schlechthin anzugreifeil, da die eiilzelnen Streckeil eines schizophrenen Verlaufs in sematopatholo- gischer Hinsicht durchaus verschieden zu bewerten sind, Die Ver~ndernngen des weil3en Btutbildes lassen sich etwa eindeutig auf die febrilen Episoden beziehen, indem w~hreild dieser Einlagen eine m~Bige Leukocytose mit Neutrophitie, in der intereplsod/tren Zeit abet eine Leukopenie mit relativer Lymphocytose beobachtet wird (GjzssING 4, ~, K. F. SCI~EID 1, a), Der Terminus ,,febrile Episode" erscheiilt uns sinnvoller aIs dmvor allem yon skandinavischen Forsehern (LING- JA~RDE 6 U. a.) verwandte Bezeichnung der aktiven Phasen. Denn einmal bleibt es unbestlmmt, was w~hrend der ,,ak- tiven" Periode e~gentlich aktiv sein sol1, d. h. ob sich die ,,Ak- tivttgt" auf das psychopathologische gild oder auf das k6rper- liche Geschehen bezieht, und zweitens wird voransgesetzt, dab w~hrend der ,,inaktiven" Zeiten pathophysiologisch nichts geschieht. Dies ist abet sehr unwahrscheinlich, minde- stens vSllig unbewiesen. Die fortlaufende rectale Temperaturmessung, die am besten mit einer Pulsz~hlung verbunden wird (GJEsSING4' s), ist ein sehr einfaches Mittel, nm derarfige febrile Episoden zu er- kennen und heranszuarbeiten. Selbstverst~ndlich hat zu- gleich eine genaue interne Untersuchung des Kranken zu er- folgen, um fieberhafte Begleitkrankheiten auszuschliegen. Man hat gegen die Bewertung der Temperaturerh6hung bei Schizophrenen eingewandt, dab es sich immer nm derartige unerkannt gebliebene infekti6se Prozesse handle. Eine Be- trachtnng der Temperaturkurven der Abb. i, die innerhalb weniger Vr gesammelt werden konnten, zeigt jedoch, dab diese hoch]ebrilen Temperaturen nicht in Zusammenhang mit etwaigen fokalen Infekten zu bringen sind. Es wfirde ein sehr schlechtes Licht auI das dmgnostische Verm6gen des Klinikers werfen, wenn jene zahlreichen, imt hohem Fieber einhergehenden Episoden etwas mi~ ,,kryptogenefischen" Fokatiilfekten zu tun h~tten. Fieberhafte Zust~nde dieses Ausmal3es yon intern Kranken kommen so gut wie framer Ilur bei einem schweren Grundleiden vet, das diagnostizier- bar ist. Zudem hat GjZSSING 4, 5 seine Schizophrenen sorg- f~ltig defokalisiert und trotzdem febrile oder subfebrile Temperaturen, die mlt akuten psychopathologischen Bildern parallel gingen, gefundeil. Weiln also die kSrperticBe Forschnng Ilicht bei der Schizo- phreilie schlechthin, sondern bei den febrilen Episoden an- setzt, so ist es zugleich auch notwendig, ein ganzes Stoff- wechselsystem m6glichst ltickenlos und fiber l~ngere Zeit bin zu untersuehen. ]Die BeschrXnkung auf eine einmalige quail- titative oder gar qualitative Bestimmung einzelner Stoffe im Urin oder Blur ffihrt notwendig zu Fehlschlfissen lind un- gestfitzten Hypothesen ; so wird man dem heutigen Stand der pathologischen Physiologie ~icht gerecht. Im folgenden sollen unsere Untersuchungen fiber den Hdimoglobinsto]]wechsel ]ebriler Episoden dargesteltt werden. \u beginnen mit der Besprechung der Ver~nderungen am roten Blutbild. Unsere diesbezfiglichen Befunde sind bereits mehrfaeh L ~,a ver6ffentlicht worden, so dab an dieser Stelle eine Zusammenfassung der Ergebnisse genfigen mag.

Der Hämoglobinstoffwechsel bei Febrilen Episoden Schizophrener Psychosen

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25. JUNI I938 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17 . J A H R G A N G Nr. 26 91 I

Um unsere Methode der bakteriologischen Diphtherie- Schnelldiag~aose in der Praxis zu erprobeil, nahmen w~r an ioo diphtheriekranken Kindern Rachenabstriche vet. In jedem Falle verwendeten wit 3 Abstrichtupfer, yon denen einer mit der oben beschriebenen NXhrl6sung getrgnkt war, die anderen zwei waren die bisher ffir Rachenabstriche ge- brguchlichen. Nach der En tnahme wurde der vorbehandelte Tupfer sofort in den ]3rutschrank gestellt, veil den beiden anderen wurden Kul turen auf L6ffler-Serum bzw. Clauber- Plat te angelegt uild ebenfalls sofort bei 37 ~ bebrfitet. I3e- reits nach 2-- 3 Stunden konnten wir in einem Grol3teil der F~tlle dutch einen Objekttrggerausstrich yon unseren prs parierten Tupfern eine einwaudfreie Diagnose stellen, wghrend nach den bisher fiblichen Methoden ein sicheres Resultat oft bedeutend spgter (s. Tabelle) erzielt werden konnte.

Tabelle t. In R a c h e n a b s t r i c h e n yon IOO d i p h t h e r i e k r a n k e n P a t i e n t e n k o n n t e n D i p h t h e r i e b a c i l l e n naehgewiesen

werden*:

Nach Stunden

2---31 3--5 1 5--8 {8--x2i 14--~6116--I81 20

Bei Verwendung von i pr~parierten Tupfern

Bei Verwendung yon gew6hnlichen Tnpfern

und Ausstrich auf CLAUBERG

Bei Ve~-wendnng von gew6hnlichen Tupfern

und Ausstrich auf L(3FFLER

6 4 6 I

5 4 -- ] -- --

5 34 25 l 17 --

6 52 18 -- --

Summe

79

8i

76

Die Tabelle zeigt, dab die yon uns ausgearbeitete Methode der bakteriologischen Schnelldiagnose der Diphtherie ge- eignet ist, das iKulturverfahren auf ein Minimum an Zeit abzukfirzen. Warei1 doch mit unseren pr~parierten Tupfern yon den insgesamt 79 positiven Diphtheriefgllen schon 64 nach 2-- 3 Stunden einwandfrei zu diagnostizieren.

"Wir empfehlen bei Ersterkranknngen neben den gebrXuch- lichen NXhrb6den (CLAuBE~O, L(SFFLER), deren ~u selbst- verst~ndlich auger Diskussion steht, auch unser verfahren zur Anwendung zu bringen.

Die Nghrfussigkeit (Rinderserum -I- Traubenzucker + Na- frinmacetat) ist, im Eissehrank in sterilem K61bchen auf- bewahrt, mindestens 6 VVochen haltbar. Die fertigpr~parier- ten Tupfer And, gute Verkorkuilg der R6hrchen voraus- gesetzt, ungefghr 14 Tage verwendtmgsf~hig.

Die eben beschriebene Methode der bakteriologischen Schnelldiagnose der Diphtherie l~tgt sich leicht in den Unter- suchungsXmtern einffihren.

DER H/~MOGLOBINSTOFFWECHSEL BEI FEBRILEN EPISODEN SCHIZOPHRENER PSYCHOSEN.

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K. F. SCHEID. Aus dem Klimschen Institut der Deulschen Forschungsanstalt Ittr Psyckiatrie tKmser VvSIhelm-Instltut) in lVrunchen und der Psyehiatnschen Abtefiung des Stadtischen

Krankenhauses Muncheax-Schwabing (PtoL Dr. KURT SCHNEIDER).

Die Schizophrenie ist derzeit noch kein lest umrissenes Krankheitsbild. Es gibt so viele Fassungen des Schizo- phreniebegriffes wie psychiatrische Schulen uild Lehrmeinun- gem Aus diesem Grunde kann, wie wit 1, 2. ~ schon mehrfach betont haben, keines der bisherigen Minischeil Systeme einer somatisch orientierten Forsehung zur Richtschnur dienen. Die Somatopathologie der schizophreilen Psychosen hat diese

* Es sei bemerkt, dab die untersuchten Patienten teils fnsch erkrankt waren, teiIs schan tangere Zedt m Behandltmg standen. AIle Erkrankfen waren schon der speziflschen Serummjektmn unterzogen worden. Daraus erklart sich wohI, dab nut be~ ruad 80% der Untersllchtei~ uberhaupt niphtheriebacillen nachgewiesen wurden.

Linden vielmehr als das aufzufassen, was sie sind: n~mtich als eine Grnppe unbekannter k6rperlicher Krankheiten. Zu nosologischen uild atiologischen Fragen, insbesondere zum Problem der Einheitlichkeit oder Vielgestaltigkeit der Sehizo- phrenie, kann diese Forschungsrichtung erst dann Stellung Ilehmen, wenil wir wesentlich mehr yon den pathologischen Vorg'~gen jener Erkrai lkung wisseil als bisher.

Die schizophreileil Psychosen sind zumeist chronische Leiden, bei denen fiber weite Strecken ihres Verlanfes hin auch heute noch lediglich psychopatholog~sche Erschemungen greifbar sind. Zu bestimmten Zeiten jedoch, die wir I als 1~3pisoden bezeichnet haben, macht die der Psychose zugrunde liegende Krankheit deutlichere k6rperliche Symptome, yon denen die Temperaturerh6hung am einfachsten feststellbar ist. Deshalb haben wir diese Zeiten ]ebrile Episoden genannt. Damit hat sich j~r &ie k6rperliche Eorschung ein ]estes Bezugs- system ergeben. Aus vielen Grfinden erscheint es n~mlich un- zweckm~Big, mit der somatopafhologischeil Forschung an der Schizophrenie schlechthin anzugreifeil, da die eiilzelnen Streckeil eines schizophrenen Verlaufs in sematopatholo- gischer Hinsicht durchaus verschieden zu bewerten sind, Die Ver~ndernngen des weil3en Btutbildes lassen sich etwa eindeutig auf die febrilen Episoden beziehen, indem w~hreild dieser Einlagen eine m~Bige Leukocytose mit Neutrophitie, in der intereplsod/tren Zeit abet eine Leukopenie mit relativer Lymphocytose beobachtet wird (GjzssING 4, ~, K. F. SCI~EID 1, a),

Der Terminus ,,febrile Episode" erscheiilt uns sinnvoller aIs d m v o r allem yon skandinavischen Forsehern (LING- JA~RDE 6 U. a.) verwandte Bezeichnung der aktiven Phasen. Denn einmal bleibt es unbestlmmt, was w~hrend der ,,ak- t iven" Periode e~gentlich aktiv sein sol1, d. h. ob sich die ,,Ak- t ivttgt" auf das psychopathologische gi ld oder auf das k6rper- liche Geschehen bezieht, und zweitens wird voransgesetzt, dab w~hrend der , , inaktiven" Zeiten pathophysiologisch nichts geschieht. Dies ist abet sehr unwahrscheinlich, minde- stens vSllig unbewiesen.

Die fortlaufende rectale Temperaturmessung, die am besten mit einer Pulsz~hlung verbunden wird (GJEsSING 4' s), ist ein sehr einfaches Mittel, nm derarfige febrile Episoden zu er- kennen und heranszuarbeiten. Selbstverst~ndlich hat zu- gleich eine genaue interne Untersuchung des Kranken zu er- folgen, um fieberhafte Begleitkrankheiten auszuschliegen. Man hat gegen die Bewertung der Temperaturerh6hung bei Schizophrenen eingewandt, dab es sich immer nm derartige unerkannt gebliebene infekti6se Prozesse handle. Eine Be- t rachtnng der Temperaturkurven der Abb. i, die innerhalb weniger Vr gesammelt werden konnten, zeigt jedoch, dab diese hoch]ebrilen Temperaturen nicht in Zusammenhang mit etwaigen fokalen Infekten zu bringen sind. Es wfirde ein sehr schlechtes Licht auI das dmgnostische Verm6gen des Klinikers werfen, wenn jene zahlreichen, imt hohem Fieber einhergehenden Episoden etwas mi~ ,,kryptogenefischen" Fokatiilfekten zu tun h~tten. Fieberhafte Zust~nde dieses Ausmal3es yon intern Kranken kommen so gut wie framer Ilur bei einem schweren Grundleiden vet, das diagnostizier- bar ist. Zudem hat GjZSSING 4, 5 seine Schizophrenen sorg- f~ltig defokalisiert und trotzdem febrile oder subfebrile Temperaturen, die mlt akuten psychopathologischen Bildern parallel gingen, gefundeil.

Weiln also die kSrperticBe Forschnng Ilicht bei der Schizo- phreilie schlechthin, sondern bei den febrilen Episoden an- setzt, so ist es zugleich auch notwendig, ein ganzes Stoff- wechselsystem m6glichst ltickenlos und fiber l~ngere Zeit bin zu untersuehen. ]Die BeschrXnkung auf eine einmalige quail- t i tative oder gar qualitative Bestimmung einzelner Stoffe im Urin oder Blur ffihrt notwendig zu Fehlschlfissen lind un- gestfitzten Hypothesen ; so wird man dem heutigen Stand der pathologischen Physiologie ~icht gerecht.

Im folgenden sollen unsere Untersuchungen fiber den Hdimoglobinsto]]wechsel ]ebriler Episoden dargesteltt werden. \u beginnen mit der Besprechung der Ver~nderungen am roten Blutbild. Unsere diesbezfiglichen Befunde sind bereits mehrfaeh L ~, a ver6ffentlicht worden, so dab an dieser Stelle eine Zusammenfassung der Ergebnisse genfigen mag.

9:2 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . :7- J A H R G A N G . N r . 26 25, J U N I I938

Was die Untersuchungsmethode~ anlangt , so sei erwXhnt, dab s~mtllche ]31utuntersuchungen seit Juni :937 ausschliel31ich am ven6sen Blur angesteltt wurden. Das Btut wird in einer ml t Liquoid versetzten Spritze naeh m6gliclast kurzdauernder Stauung ent- nommen nnd in ein kleines Glassehatehen ausgespritzt. Beim Pipett ieren mug dleses GlXschen dauernd in Bewegung gehalten werden, u m Sedimentat ion zu vermeiden!

Die Hiimoglobinbest~mmung erfolgt nach 2 auf verschiedenen Grunds~tzen beruhenden Methoden: :. Mit HiKe des naeh dem H~matinprinzip arbei tenden Hetlige-Duboscq-Piccolo-Colorimeter (Ablesung 7 lVIinuten nach Zugabe der ttCI). 2. Nach B~R::~a. Beide Methoden s t immten im allgememen geniigend gut fiberein. Bei einem Unterschied der Werte um mehr als 7% wird die Bestlm- mung verworfen. Bei unseren Fatlen spielt also die yon HE:L- ~EYER ~ am H~matin-Colorimeter gefundene Fehlerquelle (un- berechenbare Nachdunkelnngsknrve des braunen Farbstoffes) keine wesentliche Rolle. Der H?bnatokrit wird nach ALLE~ im Liquoid- blur bes t immt (:le Stunde zentrifugieren bei 35oo Touren).

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Abb . :. T e m p e r a t u r u n d Pu l s (ausgezogene u n d ges t r i che l t e K u r v e n ) y o n F a l l : ~ , :y,

: 9 , 20 t rod ~I , W a h r e a d d e s doppe l~ e i n g e r a h m t e n Absr ( 8 - - : 0 Tage ) w u r d e d :e U r o b i l i n a u s s c h e i d u n g b e s t i m m t . M a n b each t e be~ F a i l I 7 d ie P e r i o d l z i t a t (2 Ep i soden) ,

dae i n d e n K u r v e n d e u t l i c h z u m A u s d r u c k k o m m t ,

Die Reticuloeyten sind nach H~tL~:~Y~R s in dem aus der Vene nach Entfernung der Spritze austropfenden B h t gez~hlt worden, da eine Vitalf~rbung im Liquoidblut n icht mSglich ist.

Die osmotische Resistenz wird ebenfalls im Liquoidblut best immt, and zwar arbei te ten wit eine verfeinerte Methode aus, bei der die H~molyse s tufenphotometr isch gemessen wird. Die Herstellnng der LSsungen geschieht m Iolgender V~reise: Man geht yon emer genau eingewogenen 2oproz. NaC1-Losung aus und stell t sich daraus mittels einer Biirette (mcht P~pette [) folgende Verdfinnungen her: I. Eine o,9proz, fiir d:e Blutkbrperchen-Anfschwemmung. 2. Fiir R6hrchen : eine o,56proz ; fflr 2 eme o,54proz. ; iflr 3 eine o,52proz ; fur 4 eine o,5oproz. ; ft~r 5 eine o,48proz. ; iiir 6 eine o,46proz. ~NraC1 - Lbsung. I~s empfiehlt sich, immer die gleiche ]Bfirette zu nehmen, da sich sehon sehr !deine Konzentrat ionsschwankungen sehr unan- genehm bemerkbar machen. Auch ist es ratsam, : 1 Stammlosung anznsetzen. Wernnreinigungen der Stammlbsnng du tch Heraus- pipett ieren sind zu vermeiden. In jedes IROhrchen (kleine Zentn- fugengl~ser) kommen 8,0 ecru der entsprechenden L6sung. Man verarbei te t das Liquo:dblut mbglichst raseh oder hebt es im Brut-

schrank auf. N+ach hMbsti~ndlichem scharien Zentr:fug:eren hebt man das Plasma a.b und fiillt mi t der o,9proz. NaC1-LOsung auf das gleiche Volumen a uf, schf:ttelt un te r Vermeidung yon Luftblasen gut um und pipet t ier t aus einer 5 ccm Pipette m6glichst rasch genau 0, 5 ccm der Aufschwemmung 111 die entsprechenden ROhrchen. (Rasch arbei ten um Sedimentat ion zu vermeiden}) Das Gemlsch bleibt eine Stunde stehen. In der Zwischenzeit wird ein- bis zweimal gut umgeschfittelt , dann scharf zentri~ugiert and die Farbe der l iberstehenden Flassigkeit 1nit dem Stutenphotometer unter Ver- wendnng des Tilters S 53 und einer Cuvet te yon 30 mm Lange ge- messen. Die erhal tenen E-Werte (Mittelwerte aus emer Doppel- best immung) geben den Grad der HXmolyse an. Norn:alerweise beginnt die H~molyse bei iR6hrchen 5 (E-Weft yon etwa 0,8-- : ,o) . In Rbhrchen 6 wird dann ein E-Weft yon mindestens 1,8--2,o ge- messen. Bei normalen und infektfreien Menschen decken sich die s tafenphotometr isch gewonnenen Resistenzkurven Iast absolut. Das gleiche gilt ffir wiederholte Best immungen am selben Indi- viduum.

Die Blutmenge wird nach dem KongorotverJahren nach HEIL- M]~YI~R 9 bestimmt.

D~e V e r ~ n d e r u n g e n a m roten Blutbild w ~ h r e n d de r f eb r l l en Ep i soden Sch i zoph rene r lassen s ich a]s StSrung in d e m nor- materwdse zw%chen Blutneubildung und Blutzer]all vorhan- denen Gleichgewicht verstehen. Zu B e g i n n ode r k u r z vo r den e r s t e n p s y c h o t i s c h e n E r s c h e i n n n g e n k o m m t es of t zu e iner m e h r ode r wen ige r a u s g e p r ~ g t e n Er?~hrocy tose , die schon JA~N u n d GREVI~'G :~ :: ge funden b a t t e n . W e r t e v o a 6,0 Mill. s ind n i c h t se l ten . W'/~hrend d ieser Zei t s ind die r o t e n Blu t - zel len i m a l lgerneinen kle in a n d f a r b s t o f f a r m , so d a b bei R e i h e n u n t e r s u c h u n g e n ein Y~rbeinclexsturz zu b e o b a c h t e n is t (bis zu 54 % des Norma twer t e s ) . Die G e s a m t b l u t m e n g e i s t s chon j e t z t oder doch einige Tage spa re r e rheb l i ch v e r m e h r t (Fall I2 u n d 17), w ~ h r e n d die P l a s m a m e n g e o f f enba r ver - h~ l tn i sm~Big k o n s t a n t b le ib t . E s k re i sen also a b n o r m viele E r y t h r o c y t e n in de r Blu t f lhss igke iL E in ige Tage sp~tter w e r d e n d a n n die r o t e n ZeIlen h ~ m o g l o b i n r e i c h e r a n d grSBer, so d a b de r F ~ r b e i n d e x of t e rheb l i ch ~aber : , o s t e ig t a n d das E r y t h r o c y t e n v o l u m e n W e r t e yon f iber : o o # " (be: Fa l l 12 z. ]3. : : 5 ff~) e r re ich t . A u c h in d iesem S t a d i u m sche in t die B l u t m e n g e bzw. die z i rku l ie rende H a m o g l o b i n m e n g e n o e h h o c h zu sein, wie wir uns a l l e rd ings b i she r n u t d u t c h St ieh- p r o b e n i ibe rzeugen k o n n t e n . \ V ~ h r e n d des F a r b e i n d e x - s tn rzes bzw. de r Mikrocy tose i s t die Sauersto/jzehrung der E r y t h r o c y t e n ffir ku rze Zei t e rheb l i eh e rhSh t . Die geschi lder- t e n VorgXnge d e a f e n d a r a u f hm, d a b es zu e inem p l6 tz l i ehen I ( n o c h e n m a r k s r e i z a n d zu e iner A u s s c h i i t t u n g yon r o t e n Zel len k o m m t . D a b e i i s t o f fens ich t l ich die H a r m o n i e zwischen Ze l lb i ldung u n d H ~ m o g l o b i n s y n t h e s e ges t6r t , und zwar in d e m Sinne, d a b z u n ~ c h s t die Zel lb i ldung, a b e r noel : n i e h t d:e H ~ m o g l o b i n s y n t h e s e den plStz l ich vers t~ t rk ten A n f o r d e r u n g e n ge rech t wird, d a h e r kleine h ~ m o g l o b i n a r m e Zellen. Spare r s che in t d a n n die F a r b s t o f f s y n t h e s e zu , , : iberschieBen" m i t d e m Erfolg, d a b groBe hXmoglobinre iche Zellen m i t h o h e m F ~ r b e i n d e x in die B l u t b a h n gelangen.

Die osmo$%che Resistenz de r E r y t h r o c y t e n i s t zu r Zei t des F ~ r b e i n d e x s t u r z e s e t w a no rma l , ku rz v o r h e r m i t u n t e r ver - m i n d e r t . Sie n i m m t i m Ver l au f d e r Ep i sode ganz e indeu t ig i m m e r m e h r zu, eine E r s c h e i n u n g , die bei Fa l l :7 be sonde r s ausgeprXgt w a r (13eginn de r I-I~molyse be i 0,4o % NaC1).

I m Laufe de r Ep i sode v e r s c h w i n d e n die zah l re ich aus- ge sch t i t t e t en r o t e n Zellen aus de r 131utbahn, d. h. die B lu t - m e n g e n i m m t a b (Tall 12 u n d :7, vgi. Abb . 2), n m a m SchluB sogar unter die N o r m abzu]allen. D a b e i w e r d e n de r F ~ r b e - i ndex u n d das E r y t h r o c y t e n v o l u m e n wieder n o r m a l (bei Fa l l i 2 A b s i n k e n von 115 p.~ au f 74 ]~3). Die E r y t h r o c y t e n - zah l i m K u b i k m i l l i m e t e r s i nk t wie die ge samte B ! u t m e n g e of t ebenfa t l s au f u n t e r n o r m a l e W e r t e (Abs inken yon 6,2 au I 3,3 Mill. bei Fa l l :7) , ohne d a b es j edoch zu e iner aus- ge sp rochenen An~mie k o m m t .

Die Ziffern ffir die Reticulocyten e r re i chen me i s t n u r h o c h n o r m a l e oder doch e r s t eben pa tho log i sche W'er te (bls 16~ 00). Es k o m m t also n u r se l ten zu e iner ausgesp rochenen Ret icu locytose , die J a ~ N ~~ ~: u n d Ga~V:NG a l l e rdmgs bei f eb r i l - cyano t i schen Ep i soden b e o b a c h t e t e n . I m a l lgemeinen l iegt die Zah l de r iReficulocyten a b e t n ied r ige r als z. B. bei I n f e k t a n S m i e n (s. die Tabel le) . Ver fo lg t m a n die B e w e g u n g

~5. JUNI ~ 9 3 8 KLINISCHE W O C H E N S C t l R I F T . ~7- J A H R G A N G . N r . 26 913

Nr.

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H . H. H. H. H. H.

H .

H.

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I2

17

I9

2O 2 I

Diagnose

14 Normale yon HEILMEYER . . . .

Schwachsinn . . . . . . . . . . . . Schwachsinn . . . . . . . . . . . . Schwachsinn . . . . . . . . . . . .

Eitrige Bronchitis, Infektan~mie . . . Polyar thr i t is rheum., InfektanXmie . . Puerperale Sepsis . . . . . . . . . . Cholangitis . . . . . . . . . . . . Sepsis post abort. , Infektan~mie . . . Croup6se Pneumonie . . . . . . . .

I ~Zoche nach Entf ieberung .... nach G~sundung (3 %Vochen) . . .

KavernOse, cirrh, prohf. Tbc, (Temp. his 38,~; Senkung 7 ~ ram) . . . . . .

Impfmalar ia , I n k u b a h o n . . . . . .

K6rper- gewicht

kg

56-- 80 57,5 52,7 63

Blut- tErythro- menge cyten

I Mill.

Ham- Ges. Reficulo-I Bill-tfarbst~ Ham Hamo- Hhmo- cyten rubin globin globin g% g ~ rag% F x M !mg tgt.

1 ' I 14,3-- I 686-- I 6 - - !O,81-- 6,25--i O,9--

I8,5 ] n 9 o I9 I 1,3 14,75 3,7 I6 2 678 - - t - - --' 1,49 16,2 I 6oo -- t - - - - 3,32 I6,9 i 804 . . . . 2,58

l, I ~ :

5,7 t 242 48 0 , 4 I 2 4 0 ,7 9,6 4o8 I6 o17 13,9 2,3

i 8,9 453 I I 0,9 -- 4,8 I 11,1 52o 35 3,9 54, ~ 4,3

5,5 --" - - 0,9 9,4 0,4 I7,I 795 15 o,7 23 n I7,1 795 I5 0,7 18 1,6 17,2 800 - - --- I2,2 I , I

12,5 ~ 3 O,5 10,8 o,9

4 , 8 - - - - 6,8 4,28 5,3 3, 26 5,5 4,65 5,4

4,3 3,4 4,3 4, o 5, I 2,5 4,7 3,4

1,5 4,7 4, 8 4,7 4, 8 4,7 4,9

4,~

Urobilm

Stnht

mg tgL

~ tL~hu Sd[ U/'obiihl- index quotient

70,~-- 1 Io ,3- - 0, 7 - 25t i 22,8 1,77 117 I t9 , I i 1,35 12~ 20, 7 2,75 121 15,1 2 ,I 3

221 77

193 285 10~ 682 ;t79 144

89 150

91,5 0,32 19,4 3,0 44 2,5 63 1,5I

0,39 80, 5 1,68 48,5 o,42 18,2 0,76

- - 1,52

28

I. bis 3- Zacke . . . . . . . . . . 4. bis 7- Zacke . . . . . . . . . .

Postencephalit is, subakuter Infekt . .

Abklingender hochfebriler Schub . . .

Durchschni t t : Kurzperiodische febnle Schfibe . . ,

Durchschni t t : SubfebriIer Sehub in t~ngerem schizo-

phrenem Verlauf . . . . . . . . . Subfebriler Schub . . . . . . . . . J?ebriler Schub . . . . . . . . . . .

Abgeklungener Schub . . . . . . . .

62,2

42,o

67

41,5 71,5 58

6o

2,1--- 6,2

7,I 5,25

2,7 3,8 3,4

4,3

[ I5,7 4,9

4,0--- I2,94--I 33 ~ 5,9 18,6 t 1163 4,9 15'45 I 615

3,2--- 12,94--1 -- 6,6 21,88 445s

4'67 t 17'32 975

4 ,6 I 15,8 456 5,2 I 16,6 . 656 4,5 14'3 I 496

/

6,1 20; !81'

I I

16 12

7

IO

9

o,63

0,45

0,72 t,3 12,75

-- - - 388 -- - - 877 - -

15 ,4 3,3 173 --

4,o5-- 88, i - - I 14,o 25,0 I lO,4 1,45 291 48'5 /

! I 4 , I - - 76,7-- l 40,5 22, 7 25,751 2,98 842 35,0

l 17'4 I o,91 23,0 4,85 42'9 I 2,56

1,9I

0,50

0,87

t~2 28,95! 0,70 319 49,I x,52 262 51,8 0,98

188 ~6,1 t 1,98

* Die mlt H. bezemhneten Falle enL~tammen den Ver6ffentlichungen HEILMEYERs. Ledighch die Bestimmungen des Semmbihmbins stud nicht mit der Methodik dieses Aut~rs ausgefuhrt worden.

d e r R e f i c u l o c y t e n in R e i h e n t m t e r s n c h u n g e n , so 1/iBt s ich j edoch f a s t i m m e r e in m e h r ode r w en i ge r ausg ieb iger Ans t i eg d ieser E l e m e n t e i m Ver lau fe de r Ep i sode fes t s te l len , so d a b wir wen igs t ens yon e the r r e l a t i v e n Retlcv, locytose s p r e c h e n k 6 n n e n .

E t w a s Xhn l i ches g i l t Ifir da s B i l i r u b i n i m S e r u m (Methode y o n J~NDRASSIK u n d CLEGHORNI"~). A u c h h i e r w e r d e n w~ih- r e n d d e r Ep i sode me i s t ens h o c h n o r m a l e ode r e b e n p a t h o - logische %Verte e r re i eh t , w e n n es a u c h n a c h d e n B e o b a e h t u n g e n v o n GR~VZNG* ge legen t l i ch e i n m a l zu e inem l e i ch t en Sub- i k t e r u s k o m m e n k a n n .

E s i s t o h n e we i t e r e s e in l euch t end , daB die gesch i lde r t en V e r g n d e r u n g e n a m r o t e n ]31utbild, die als a k u t e u n d p l6 tz - h c h e i n b r e c h e n d e S t 6 r u n g de r B l u t m a u s e r u n g aufzufassen s ind, n u t d a n n deu t l i ch b e o b a c h t e t werden , w e n n die Ep i sode a u c h a k u t u n d s c h l a g a r t i g e i n s e t z t ]3ei m e h r s c h l e i c h e n d e m B e g i n n de r f eb r i l en Schf ibe (Fal l 2o) f inde r s ich y o n den ge- s c h i l d e r t e n V e r ~ n d e r u n g e n rege lmgBig n u t die Erh6hu~# der osmotischen Resistenz, die wi r bet a l l en yon uns b e o b a c h t e t e n F~l len n a c h w e i s e n k o n n t e n u n d die de r A u s d r u c k e iner v e r - k f i rz ten L e b e n s d a u e r de r E r y t h r o c y t e n bet im f ibr igen wieder - h e r g e s t e l l t e m Gle i chgewich t zwischen t~i ldung und Zer - fa l l ist.

F a r e ine e rheb l i che Stsigeru~o des H g m o g l o b i n s t o f f - wechse ls s p r e c h e n n o c h we i t e re T a t s a c h e n : die X o p r o p o r p h y - r i n a u s s e h e i d u n g i s t bet febr i l en E p i s o d e n e r h 6 h t . G e m e i n s a m m i t LlSOWlTZKyI~ k o n n t e ich zeigen, daB es sich d a b e i u m eine V e r m e h r u n g des schon n o r m a l e r w e i s e im U r i n v o r k o m - m e n d e n K o p r o p o r p h y r i n I h a n d e l t , dessen Aussche idungs - gr6Be n a c h n e u e r e n a m e r i k a n i s c h e n A u t o r e n (Do~RtNER) de r h~ imatopoe t i schen T g t i g k e i t des X n o c h e n m a r k s para l l e l geht , so d a b w i t be t u n s e r e n Fi i l len eine S t e i g e r u n g d ieser T g t i g k e i t a n n e h m e n mfissen. Xu de r Ep i sode wzrd n i c h t se l t en e in dun/celbra~tner U r i n enf lee r t , so d a b es zu

* Mdndllcke M~tteilung,

einer off hochgradigen Vermehrnng der Harnfarbstoffmenge, gemessen an den F X M-~u (HEILI~EYER), kommt (siehe Tabelle).

Allerdings is t dieser Befund nur mi t Vorsicht ant einen erh6hten Blntzerfall zu beziehen, da sich in dem dunkelbraunen Urin ein ~itherl6slicher Farbstoff finder, der, wie 1oh gemeinsam mit LIBO- WlTZKY la zeigen konnte, n icht mi t dem Urochrom t3 ldentisch sein kann. Bisher ist abe t nu r ein Zusammenhang zwisehen diesem ~therunlhslichen t ta rnfarbs tof f und dem Blutzerfall wahrscheinlich (HEILMEu Es w~re m6glich, dab das bet febrilen Episoden auf t re tende Harnp igment nicht aus dem H~moglobin s tammt , son- dern etwa wie die Melanine Beziehungen zum EiweiBstoffwechsel hat . Leider ist die chemische Charakterisierung dieser braunen X6rper m i t anBerordentlich groBen Schwierigkeiten verbunden bzw. zur Zeit noch unm6glich.

I ) e r e indeu t ige Beweis ffir e inen v e r m e h r i e n H~imoglobin- n m s a t z lgflt s ich n u r d u r c h die qua~tltative Bes t immung de~" Urobil,lnoflena.ussch, eidung e r b r i n g e n , Es i s t das V e r d i e n s t yon HEIL~EYER ~'~6"~7, eine e in fache u n d doch fiir k l in ische Zwecke h i n r e i c h e n d genaue B e s f i m m u n g s m e t h o d e 1 5 dieses B l u t f a r b s t o f f a b b a u p r o d u k t e s a u s g e a r b e i t e t u n d d e n B lu t - u m s a t z be t N o r m a l e n u n d K r a n k e n s t u d i e r t zu h a b e n , so d a b w i t in de r Lage s ind, unse re bet febr i l en Ep i soden e r h o b e n e n tgefunde m i t a n d e r e n K r a n k h e i t e n de r speziel len P a t h o l o g i e ve rg le i chen zu k 6 n n e n (s. Tabet le) . 1)ie abso lu t e Urob i l inogen- a u s s c h e i d u n g de r Iebr i l en E p i s o d e n ( D u r c h s c h n i t t e iner 8 - - I o t ~ i g i g e n B e o b a c h t u n g s z e i t ) e r g i b t bet 4 yon 5 F~l len Ziffern, die we l t o b e r h a l b de r N o r m liegen. Noch deu t l i che r w e r d e n die Verh~iltnisse, w e n n m a n die Menge des Urobi l ino- gens in B e z i e h u n g zur z i rku l i e r enden H h m o g l o b i n m e n g e se t z t (Abb. 2). N a c h HEILMEYER 16 b e s t e h t n~imlich no r - ma le rwe i se eine A b h a n g i g k e i t zwischen de r i m B lu r zir- ku l i e r enden I - I~moglobinmenge u n d d e m ausgesch iedenen U r o b i l i n o g e n in d e m Sinne, d a b die au I zoo g H~tmoglobin en t f a t l ende U r o b i l i n o g e n m e n g e (Mauerungs index) in verhXlt- n i smgBig engen Grenzen , n ~ m l i c h zwischen lO,3 u n d 22,8,

914 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17, J A H R G A N G . N r . 26 25. JUNI ~938

schwankt . Aus der Tabel le ergib t sich. die teilweise ganz erhebl iche E r h 6 h t m g des Mauserungsindex bet febri len Schiiben, der j a ein MaB ffir den Hgmoglob inumsa tz dar- stel l t . T rgg t m a n im D i a g r a m m der Abb. 2 die durchschni t t - l iche tggliche Urobi l inogenausscheidnng an t de r Abszisse, die z i rkul ierende H~moglob inmenge auf der Ord ina te ein, so l iegen die Norma twer t e in dem grauge t6n ten Bereich der Abbl ldung. I n diesen Normalbere ich , der durch zahlreiche Versuchspersonen von H E I L M E Y E R TM b e s t i m m t wurde, fielen aueh unsere normalen Vergteichsf~lle. Die Abb. 2 lgl3t er- kennen, dab die Punk te ffir die febri len Episoden s~mtlich, zum Toil sehr weft anl3erhalb des Normalbere ichs getegen sind, en tsprechend der E r h 6 h u n g ihres Mauserungsindexes. Die Ste igerung des B lu tumsa tzes en tspr ich t in seiner Gr6Ben- o rdnung e twa dem, was HEILMEYER 1~ bet ~chweren.In/ektio~a- krankheiten mi t begle i tender Infek tan~mie beobach ten konnte (s. Tabelle). Selbst die Malar ia f ibertr iffL wenigstens w~hrend der ers ten 3 Fieberzacken, die bet febr i len Episoden fest~ ges te l l ten Ziffern kaum. Lediglich bet der croup6sen Pneu- monie und sparer bet der MaIaria k o m m t es zu ether noch h6heren Urobfl inogenausscheidung. Mit den dargeste~lten

9 59 780 750 200 F,~ ,~ ;roe ~,uv ,u~ td#h'~,$e gPo3/I/n~ussche/dung

Abb. ~. T~gliehe Urobilinogenausscheid~ng ira Verhaltnis zur gesamten zirkuheren- den Hamoglobinmenge. Die Werte fur febrile Eplsoden (Fall ~2, zT, 19, 2o u. ~r, mit entspreehender Z~ffer an den Punk~en im Dmgramm) hegen aufierh~Ib des

Normalbereiehes.

E~'gebn~ssen ist der endy~dgge Beweis jf~r das Besteh.e~ ei~e~ schweren h&molyt,ische~ Syndrcrms, wie iehes seinerzeit bei den /ebrilen Episoden a,ngenommen hatte, gdie~ert. Es is t setbst- verst/~ndlich n ich t m6gtich, diese Ersche inung auf sekund~re Momente (Muskelbewegung, Nahrungsverweigerung, Medika- men te usw.) zurtickzuffihren.

Das Verhal tn is yon H a m - zu Stuhlurobi l inogen, der Urobilinquotien~, ergibt bet febri ten Episoden normale , eher sogar un te rnormMe Ziffern, eine Tatsache, die entschieden gegen die yon LtNGJAERDE ~ und vie len anderen i m m e r wieder behaup te t e Leber s t6 rung spricht . Es wird hier deutl ich, wie le icht mai l zu Fehlschlfissen getangt, wema m a n sich auf den qua l i t a t iven Nachweis emes einzigen Stoffes, b ier des Uro- bil inogens im Urin, atlein beschrgnkt .

Zum Schlug stel len sich 2 F ragen : i . I s t bet den febri len Episoden Schizophrener die Bhl t -

nenb i ldung oder die H~molyse die pr imgre Erscheinnng? JA~N und GR~WNG 1~ ~1 haben aus ihren 13efunden geschlos- sen, dab die Blu tneubi ldung im Vordergrund der Stoffwechsel- s t6rung s teht , w~hrend wi t selbst mehr dazu neigten, das h~molyt ische Syndrom als den pr im~ren Vorgang anzusehen. Mit Sicherhei t kann diese Frage heu te noch n ich t entschieden werden. Die zei t l ichen Verhhl tnisse sind nicht fibersichtlich genug. In gewisser t t ins ich t spr icht die zu Beginn der Episode zu beobachtende E ry th rocy tose bzw. die B lu tmengenve rmeh-

rung daffir, dab die B lu tk6rperchenneub i ldung das pr imgre, der ve r s t a rk t e Zerfal l und Abbau des Hhmoglobms aber das abgele i te te S y m p t o m sein mag. I m m e r h i n ist es aber auch mhglich, dab der beobach te ten Neubi ldung berei ts ein Blut - untergang vorangeh t . Dies Iiege sich nur du tch eine Ir t rol le der Urobfl inogenausscheidung roe dem Auf t r e t en der Episode entscheidem Begreif l icherweise b e k o m m t man der- arf ige Kranke aber fast f ramer ers t naeh Ausbruch der Psy- chose. FMle m i t be rechenbarem periodischen Ver lauf s tanden uns in Ie tz ter Zeit n ich t zur Verf~gung. Wir miissen uns also vore rs t auf die Fes t s te l lung beschrgnken, dab sowohl ver - s tgrk te Blu tneubi ldung als auch vers tXrkter B lu tun te rgang bet unseren Schizophrenen zu beobach ten is t und die ge- s tel l te F rage offenlassen.

2. Es e rheb t sich wet ter das ftir die prakf ische Diagnos t ik wicht ige Problem, ob die oben mi tge te i I ten Befnnde aus- schlieglich ffir die febri len Episoden Schizophrener cha rak te - ristisch, d. h. ffir sie , ,spezifisch" sind. In dieser a l lgemeinen Formul i e rmlg mul3 dIese F rage entschieden verne in t werden. Ein Verglmch m i t den In fek t ionskrankhe i t en der inneren Medizin (s. Tabelle) tehrt , dab auch bet diesen erhebliche S t6rungen des I-t~moglobinstoffwechsels vo rkommen . HI~IL- 5~EyEt~17 konn~e eindeut ig eine e rhhh te B lu tmause rnng bet fast al len schweren In fek ten nachweisen. Die Infekt ions- anemic is t eine seit l~nger Zei t bekann te Erscheinnng, ebenso k o m m e n symptomat i sche E r y t h r c c y t o s e n bet den fieber- ha f ten E r k r a n k u n g e n der inneren Medizin gelegentl ich vor. Auch die Basedowsche K r a n k h e i t l~Bt eine Ste igerung des Blutfarbstoffwechsels e rkennen (H~ILh~u Wir sehen also, dab St6rungen, wie ~ r sie an unseren Schizophrenen beobach ten konnten, auch bet zahireichen anderen E rk ran - kungen der speziellen Pa thologie in sehr ~hnlicher Weise vor~ kommen. Vlel le icht is t lediglich der zeit l iche Ablau t des pathologischen Geschehens der febri len Episcden ffir diese bis zu e inem bes t immten Grad charakter is t isch.

Nach dem Gesagten l~Bt sich der S tand unseres heu t igen X;Vlssens e twa in folgender V/else ausdrf icken:

Bet den febri len Episoden Schizophrener f inder sich eme S t6rung des Hamoglobins toffwechsels in e inem Ansmal3e, wie sic sonst n u t bet schweren inneren E r k r a n k u n g e n zu beob- ach ten ist. Spezifisch ist diese S t6rung jedoch nicht . Es fehl t uns also die Kematnis des fur die febrl len Episoden charak- ter is t ischen , ,Achsensymptoms" , das z. t3. flit die Pneumonie der spezifische Erreger , Ifir die Basedowsche K r a n k h e i t die Schi lddr t isenver~nderung bedeute t . Es seheint ml r unwahr - scheinlich zu sein, dab es b e i d e r Schizophrenie ein solches , ,Achsensymptom" nicht geben sollte. Viel le icht ist es auf d e m Oebiet eines anderen StoffwechseIsystems zu suchen. Solange wir aber kein fdr die Schizophrenie kennzeichnendes (korperhches) A c h s e n s y m p t o m in den H~nden haben, mfissen die dr~ngenden Fragen der k6rper l ichen Diagnost ik , de r Atiologle und das P rob lem der E inhe i t l i chke i t oder Uneinhei t - l ichkei t schizophrener Psychosen vo re r s t zurf ickgestel l t we t - den, u m n ich t der Gefahr spekula t ive r BetrachtungswMse, dIe ant d e m Gebie t der Schizophrenic Iange Zeit herrschte , w iede rum zu erliegen.

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