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Literaturberichte. 19 yore Verfasser bevorzugten genetisch-anschaulichen Verfahren. -- Der Abschnitt Arithmetik" beginnt mit den natfirlichen Zahlen (Beschreibung einer Rechen- maschine) und f~hrt bis zu den hSheren komplexen Zahlen (Darlegung der Quater- nionen ,,multiplikation). Er zeigt die Anwendung geometrischer Bilder bei arithmetischen hufgaben an der Approximation yon Irrationalzahlen durch Ketten- brtiche and an der AuflSsung der pythagor~ischen Gleichung. Der ni~chste Abschnitt: ,,Algebra" ist in erster Linie der Anwendung geometriseher Mitiel zur AuflSsung yon Gleichungen gewidmet: Die Existenz der Wurzeln einer algebraischen Gleichung wird auf ansehaulichem Wege plausibel gemacht. Ffir die Diskussion und Approximation der Wurzeln solcher Gleichungen, die yon l bis 3 reellen Parame~ern linear abh~ngen~ kommen graphische Hilfsmittel and mechanische Vorrichtungen zur Verwendung. Enthi~lt die Gleichung einen komplexen 1)arameter (linear), so bestimmt sic die konforme Abbildung einer Kugel auf eine mehrbl~ttrige Riemannsche Fli~che; die Abgrenzung der Fun- damentalbereiche and die Aufsuchung der Sabstitutionen, durch die sie in einander iibergehen, wird fiir die reinen Gleichungen vo|lzogen; umgekehrt ftihrt dieser Weg yon denjenigen Kugelteilungen~ die den regulhren KSrpern entsprechen, zu drei Normalgleiehungen, auf welche sieh alle Gleichungen 3. bis 5. Grades reduzieren ]assen. Die Approximation der Wurzeln, ihre Dar- stellung durch eindeutige transzendente Fanktionen einer Hilfsvariablen nnd die ]?rage ihr('t Darstellbarkeit durch Wurzelzeichen werden andeutungsweise erledigt.- hn dritten Abschnitt: sAnalysis" werden dcr Logarithmus, die Kreisf(mktionen and ihre Umkehrungen sowohl vom historischen Standpunkt wie von dem der Ftmkfionentheorie besproehen. Die goniometrischen Funk- tionen werden zu einer Untersuchung fiber den geometrischen Charakter der in einem gaume yon 12 (oder 6) Dimensionen dreidimensionalen Mannigfaltig- keit aller sphhrischen Dreieeke angewendet; ferner zur Integration der Glei- chang kleiner Pendelschwingungen and zur Approximation willkiirlieher Funk- tionen durch endliche trigo~ometrische Reihen. Bei diesen wie bei der darauf- folgenden gengherten Darstelhmg gegebener Funktionen durch die endliche Taylorsche Reihe und durch Lagranges Interpolationsausdruek zeigt sich die Verwendbarkeit geometrischer Bilder zur Vorbereitung allgemeiner analytischer Untersuehungen. -- Naehdem sehon in friiheren Kapiteln die UnmSgliehkeit, das regelmi~l~ige Siebeneck und den dritten Tell eines Winkels mit dem Zirkel za konstruieren, bewiesen worden ist, folgt in einem Anhang der Beweis fiir die Transzendenz yon e and =, diesmal (ira Gegensatz zu einer frfiheren Vor- lesung des Verfassers) nach Hilberts Methode. Aul~erdem werden im Anhang die einfachsten Tatsachen fiber die Mi~chtigkeit und Anordnung bellebiger GrSl~en an konkreten Beispielen klar gemaeht. F. Der kleine Geometer yon G. C. Young u. W. H. Young, tibersetzt yon S. u. J. Bernstein i XVI -~- 239 S., Leipzig" u. Berlin, B. G. Teubner 1908. Wenn es geli~nge, die einfaehsten geometrisehen Gebilde und die Gesetze ihres Zusammenhanges zum Gegenstand eines anregenden und nieht zu schwie- rigen Spiels zu machen, so wi~ren in pi~dag6~scher Hinsicht zwei wertvolle Erfolge erreicht: Der Sinn des Kindes wfirde friihzeitig auf das Bediirfnis, in den Erseheinnngen Gesetzm'~$igkeit zu erkennen, hingelenkt und es wiirde 2*

Der kleine Geometer

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Page 1: Der kleine Geometer

Literaturberichte. 19

yore Verfasser bevorzugten genetisch-anschaulichen Verfahren. - - Der Abschnitt Arithmetik" beginnt mit den natfirlichen Zahlen (Beschreibung einer Rechen- maschine) und f~hrt bis zu den hSheren komplexen Zahlen (Darlegung der Quater- nionen ,,multiplikation). Er zeigt die Anwendung geometrischer Bilder bei arithmetischen hufgaben an der Approximation yon Irrationalzahlen durch Ketten- brtiche and an der AuflSsung der pythagor~ischen Gleichung. Der ni~chste Abschnitt: ,,Algebra" ist in erster Linie der Anwendung geometriseher Mitiel zur AuflSsung yon Gleichungen gewidmet: Die Existenz der Wurzeln einer algebraischen Gleichung wird auf ansehaulichem Wege plausibel gemacht. Ffir die Diskussion und Approximation der Wurzeln solcher Gleichungen, die yon l bis 3 reellen Parame~ern linear abh~ngen~ kommen graphische Hilfsmittel and mechanische Vorrichtungen zur Verwendung. Enthi~lt die Gleichung einen komplexen 1)arameter (linear), so bestimmt sic die konforme Abbildung einer Kugel auf eine mehrbl~ttrige Riemannsche Fli~che; die Abgrenzung der Fun- damentalbereiche and die Aufsuchung der Sabstitutionen, durch die sie in einander iibergehen, wird fiir die reinen Gleichungen vo|lzogen; umgekehrt ftihrt dieser Weg yon denjenigen Kugelteilungen~ die den regulhren KSrpern entsprechen, zu drei Normalgleiehungen, auf welche sieh alle Gleichungen 3. bis 5. Grades reduzieren ]assen. Die Approximation der Wurzeln, ihre Dar- stellung durch eindeutige transzendente Fanktionen einer Hilfsvariablen nnd die ]?rage ihr('t Darstellbarkeit durch Wurzelzeichen werden andeutungsweise e r l e d i g t . - hn dritten Abschnitt: sAnalysis" werden dcr Logarithmus, die Kreisf(mktionen and ihre Umkehrungen sowohl vom historischen Standpunkt wie von dem der Ftmkfionentheorie besproehen. Die goniometrischen Funk- tionen werden zu einer Untersuchung fiber den geometrischen Charakter der in einem gaume yon 12 (oder 6) Dimensionen dreidimensionalen Mannigfaltig- keit aller sphhrischen Dreieeke angewendet; ferner zur Integration der Glei- chang kleiner Pendelschwingungen and zur Approximation willkiirlieher Funk- tionen durch endliche trigo~ometrische Reihen. Bei diesen wie bei der darauf- folgenden gengherten Darstelhmg gegebener Funktionen durch die endliche Taylorsche Reihe und durch Lagranges Interpolationsausdruek zeigt sich die Verwendbarkeit geometrischer Bilder zur Vorbereitung allgemeiner analytischer Untersuehungen. - - Naehdem sehon in friiheren Kapiteln die UnmSgliehkeit, das regelmi~l~ige Siebeneck und den dritten Tell eines Winkels mit dem Zirkel za konstruieren, bewiesen worden ist, folgt in einem Anhang der Beweis fiir die Transzendenz yon e and =, diesmal (ira Gegensatz zu einer frfiheren Vor- lesung des Verfassers) nach Hilberts Methode. Aul~erdem werden im Anhang die einfachsten Tatsachen fiber die Mi~chtigkeit und Anordnung bellebiger GrSl~en an konkreten Beispielen klar gemaeht. F.

D e r k l e i n e G e o m e t e r y o n G. C. Y o u n g u. W . H . Y o u n g , t ibersetz t yon S. u. J . Be rns t e in i X V I -~- 239 S., Leipzig" u. Ber l in , B. G. T e u b n e r 1908.

Wenn es geli~nge, die einfaehsten geometrisehen Gebilde und die Gesetze ihres Zusammenhanges zum Gegenstand eines anregenden und nieht zu schwie- rigen Spiels zu machen, so wi~ren in pi~dag6~scher Hinsicht zwei wertvolle Erfolge erreicht: Der Sinn des Kindes wfirde friihzeitig auf das Bediirfnis, in den Erseheinnngen Gesetzm'~$igkeit zu erkennen, hingelenkt und es wiirde

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2 0 Literaturberiehte.

daran gewShnt werden, diese Erkenntnis dureh gewissenhaftes Betrachten und Beschreiben zu gewinnen. Dieser Gedanke fiber den erzieherisehen Wert der Georaetrie ist Mt, aber bisher hat sie in der Kinderstube keine Aufnahme ge- funden. Jeder Versuch, Georaetrie als Spiel darzustellen, unterl iegt zwei Ge- fahren: entweder wird sie zur reinen Handfertigkeit, das wi~rde den mathe- raatischen Sinn eher abstmupfen als ausbilden, oder die Konstrukt ionen wer- den vSllig in den Dienst eines theoretischen Systems gestellt, and dann werden sich Erzieher und Kinder in gleicher Weise vor dera Spiel s c h e u e n . - Es scheint dem ]Referenten, dab die ]etztere Gefahr in dem vorliegenden Bach nieht ganz vermieden ist. Die Wiehtigkeit des Gegenstandes einer georaetrisehen Propgdeutik und die geringe Zahl yon Arbeiten, die fiber dieses Gebiet bis jetzt existieren, raSge eine ausfiihrliehere Besprechung reehtfertigen. Zungehst sei festgestellt, dab das Bach jedenfalls ein wertvoller Wegweiser ft~r ~lle spS~- teren u eine Prop~deutik der Geometrie zu sehreiben, bilden dtirfte und dull es sehon jetzt jedera Lehrer eine Menge interessanter Anregungen bietet, dem Lehrer einer h[~heren Altersstufe vielleieht raehr als dem, der die hnfangsgri inde unterriehtet. Die Planiraetrie wird bis zum Satz des Pytha- goras mit seiner u auf das sehiefwinklige Dreieek, die Stereo- metrie his zu den drei einfaehsten regulS.ren Polyedern geft~hrt. Die Abweehs- lung yon riiuralichen und ebenen Betraehtungen, yon Handfertigkeit und Theorie, das Verfahren, naeh dem das Interesse yon einem KSrper naturgem~g auf undere hingelenkt wird (z. ]3. vom Wi~rfel auf die K6rper die dureh seine Zerschneidung zu erhal ten sind), und ~qele andere didaktisehe Neuernngen whren wohl allgeraeiner Nachahmung w e r t Speziell w~ire die Methode des Paplerfaltens, die hier in erster Linie befolgt ~'ird, ira p l a n i r a e t r i s c h e n Unterr ieht systematisch zu verwenden. Das Fal ten yon K 6 r p e r n aber, das naeh dan Angaben des Buehes ohne Klebstoff ausgeffihrt werden sell, seheint dera Referenten. selbst f~r vorgeschrit tene Schiller vim zu raiihsam: Dal~ die ganze Methode ,besonders fiir das Haas and ein frt~hes Lebensalter geeignet" sei und die Entwicklung des ,georaetrischen Iast inktes" bef6rdern werde, kann man in Frage stellen. Die Erziehung des geometrischen Sinnes wi~rde n~mlieh vor allem erfordern, dal~ das System nieht die Spuren wissensehaftlichen Zweife]s an sich trage und keinen solchen Zweifel erweeke; aber wie irn Eukiid selbst und in allen Lehrbtiehern seiner Methode ft~hlt man aueh bier die Reste des Karapfes um die absolute Geometrie in Definitionen und Beweisen, naeh denen ein an der georaetrisehen Praxis entwiekelter lns t inkt nie fragen wiirde. So werden v o r dera Satz fiber die Winkelsamme ira Dreieek raehr als vier Seiten zm" Begriindnng yon (unabh~ingig vora Parallelenaxiora gfiltigen) Ungleiehangen zwisehen den Dreieckswinkeln verbraueht (S. 152--156); S. 165 wird bewiesen, dal~ zwei Gegenseiten eines ]Rhorabus sieh nieht n a t verl~ngert, sondern aueh als Streeken betraehtet , nieht sehneiden kSnnen; ein anderer koraplizierter, aber ebenfalls anseheinend selbstverst~ndlieher Satz ~ber die An- ordnung in der Ebene s teht auf S. 198. Hingegen wird die sehon so frfth sich aufdr~ngende Bereehnung tier ]Reehtecksfl~che als zu sehwierig (S. 191) nieht n~her besproehen, wahrseheinlich im Hinbliek auf das Arehimedisehe Axiom. Dieser Tendenz gegeniiber glaubt der Referent, dab man dera geometrisehen Instinkt, gerade wenn er sieh erst entwickeln sell, rait einera gewissen Ver- t rauen entgegenkommen und dieses yon ihm beanspruchen soll~. Dann aber

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Literaturberichte. ~ ]

daft man keine Skrupeln verraten oder erweeken, wie es gesehieht, wenn man als Berechtigangsgrund fiir eine Winkeldefinition den Umstand betont, daft bei ihr ans a ~ b umgekehrt b ~ a folgt (S. 76--78); oder wenn man fi~r die dem Instinkt evidente Einteilung der Lagebeziehungen zweier Kreise Kongruenz- griinde zitiert (S. 61, 62, 93). Gerade in einer Vorsehule der Geometrie sollten nut sotehe Merkmale der Gebilde erwhhnt werden, die dem Schiller schon in der Praxis als unterscheidend aufgefallen sind: Der Satz ,Zwei GrSften~ die einer dritten gleich . . . . " dfirfte nicht aasgesproehen werden, wenn kein GrSl~ensystem zur Verfi~gung Steht, fiir das er nieht gilt~ sondern w~re als selbstverst~ndlieh stillsehweigend zu verwenden; dasselbe gilt for die fibrigen GrSllens~tze auf S. 40; daft Kongruenz und Gleichheit nieht dasselbe ist, kann erst an Beispielen, bei denen jede yon beiden allein stattfinden kann, begriffen werden (S. 60); die allgemeinen r~umliehen Lagebeziehungen (S. 27--29)w~ren al~Abstraktionen aus langer konstruktiver Erfahrung, nicht aus den ersten

jBe t r aeh tungen zu formulieren usw. Hingegen sollte Eulers Polyedersatz, der gelegentlich aueh ein Kind an einem einfachen Beispiel als nieht unbedingt giiltig nachweisen kSnnte, nieht apodiktiseh ausgesproehea werden (S. 114). In einer Beziehung, glaubt der Referent, muft auch ein vorbereitender Kurs an Pr~zision gewShnen, n~mlieh in der Spraehe, und in dieser dfirfte hier viel zu wfinschen iibrig sein: man finder ,senkrecht" fi~r ,,verhkal", ,Fl~che" fiir ,,Ebene '~, ,Gerade c~ fiir ,,Streeke", ,Sehnit tpunkt" und ,,Seiten" eines Winkels far ,Seheitel" und ,Schenkel" ; aul~erdem Erklhrungen wie ,Tetra~der" yon tetra (vier) und hedron (Ecke), Okta~der ~ Aehteek nsw. - - Unter den Auf- gaben sind viele originell und fast nile interessant; manehe allerdings sind zu sehwer, weil sie den Beweis anseheinend selbstverst~ndlieher Tatsaehen fordern (z. B. S. 224, Nr. 64 ft.: S. 90) andere, weft der Lehrstoff des Buehes zu ihrer LSsung kaum hinreieht (z. B. S. 223Nr. 102 u. 103), wieder andere erseheinen durch Druekfehler schwer verst~ndlich geworden zu sein (z. B. S. 207, Nr. 3; S. 221ff.; Nr, 44, 48, 81, 106, 109). F.

L e h r b u c h t ie r A l g e b r a y o n H e i n r i c h W e b e r ~ Prof . d e r M a t h e m . a. d. Univers i t~i t Stral3burg'~ 3. B a n d : E l l i p t i s c h e F u n k t i o n e n u n d A l g e b r a i s e h e Z a h ] e n . 2. A u f l a g e . B r a u n s c h w e i g (F r i ed r . V i e w e g u. Sohn) , 1908~ X V I - ~ 733 Sei ten.

Die ausgezeichneten Dienste, welche It. Webers ,Elliptisehe Funk- tionen nnd algebraisehe Zahlen", die hiemit in der 2. Anflage als drifter Band seines Lehrbuches in Algebra erscheinen, den Mathenlatikern geleistet, haben das Werk so allgemein bekannt und nnentbehrlieh gemacht, daft wir eine eingehende Bespreehung des Inhaltes unterlassen kSnnen. Wit kSnnen uns mit der Angabe der Anderungen und Erggnzungen begniigen, welehe das Bueh in der zweiten Anflage erfahren hat und die dadureh veranlaftt wurden, daft dasselbe unter dem neuen Titel noeh ausgesprochener algebraisehe Zwecke verfolgt, somit der zahlentheoretisehe Tell noeh betonter erseheint. Dies war der Grund, warum die beiden Beispiele der Anwendung elliptiseher Integrale und Funktionen: die Bestimmung der Oberfl~iehe eines Ellipsoides und die Rotation eines freien starren KSrpers weggelassen wurden. Hingegen muftte der analytische Tell, das erste Buch, obwohl die Verkni]pfung mit der Algebra hler noeh weniger hervortritt, vollst~ndig beibehalten werden, so daft das Werk