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Der N~ihrwertbedarf der stillenden Frau. Von Prof. B. Schick, Assistent~ der Kinderklinik. (Aus der Universit~tts-Kinderklinik in Wien. Vorstand: Prof. C. Pirquet.) Mit 9 Textabbildungen. (Eingegangen am 16. Juni 1919.) Wenn es sieh darum handelt festzustellen, wieviel N~hrwert eine stitlende Frau zu sich nehmen soll, um das Stilten entsprechend zu ge- stalten, befindet sich der Arzt in Verlegenheit. Von qualitativen Vor- schriften, die zum Tell Aberglauben sind, ist viel die Rede. Das quanti- tative Moment wird im allgemeinen so erledigt, dab man betont, die Mutter miisse sowohl mehr Nahrung als auch mehr Fliissigkeit zu sich nehmen. Aber auch in den Vor~chriften, die man in der Literatur findet, ist es schwierig, quantitative fiir den Einzelfall brauchbare Regeln herauszufinden. So sagt Finkelstein nach Erledigung der quali- t, ativen Fr~ge : ,,Start strenge Di~ trod ~ntbehrtmg zahlreieher GenuBmittel-zu fordern, gestatte man zu essen und zu trinken, was behebt, nut muB es bekommen und reichlieh sein. Gesteigerte ]~liigsigkeitszufuhr -- etwa 2--21/2 1 im ganzen -- ist nStig. Die Aufnahme wird durch das st~rke Druckgefiihl erIeichtert. 2--3 Flaschen Bier, ein leiehter Wein sind zu gcstatten. Wer Suppen und Milch nicht liebt, kann lmbedenklich Wasser trinken, wenn nur der Ausfall des N~hrstoffes durch st~rkeres Essen (viel Butter!) gedeckt wird. In einer Anmerkung klagt Finkelstein, dab die Ammen seiner Anstalt enorme Quantit~ten -- in Summe yon Milch, Suppe, Bier, Kaffec 5, 6, 7, selbst bis 9 1 -- fordern und sich energisch gegen jede Einschr~i~kung str~ubcn. Babel stiinde die Ergiebigkeit in kcinerlei Verhaltnis zu den getrunkenen Mengen, die besten Ammen h~tten eincn mittleren Bedarf. Finkelstein meint welter: Gleich liberale Grunds~tze sollen fiir die iibrige Lebenswcise gelten. Man verbiete den Sport, aber halte zu reichlicher Bewegung an und erlaube jeden Lebensgenul~, soweit nicht Schlaf, Gemiitsruhe und Ver- dauungst~tigkeit darunter leiden. Seitc 37 heiBt es: Eine BefSrderung ungcniigen-

Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

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Page 1: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~ihrwertbedarf der s t i l l enden Frau .

Von

Prof. B. Schick, Assistent~ der Kinderklinik.

(Aus der Universit~tts-Kinderklinik in Wien. Vorstand: Prof. C. Pirquet.)

Mit 9 Textabbildungen.

(Eingegangen am 16. Juni 1919.)

W e n n es sieh da rum hande l t festzustellen, wieviel N~hrwert eine

st i t lende F r a u zu sich n e h m e n soll, um das Sti l ten entsprechend zu ge-

s ta l ten, bef indet sich der Arzt in Verlegenheit. Von qua l i t a t iven Vor-

schriften, die zum Tel l Aberglauben sind, ist viel die Rede. Das quant i -

t a t ive Moment wird im al lgemeinen so erledigt, dab m a n betont , die

Mut te r miisse sowohl mehr Nahrung als auch mehr Fli issigkeit zu sich

nehmen.

Aber auch in den Vor~chriften, die m a n in der L i t e ra tu r findet,

ist es schwierig, q u a n t i t a t i v e fiir den Einzelfall brauchbare Regeln

herauszuf inden. So sagt F i n k e l s t e i n nach Erledigung der quali- t, a t i v e n Fr~ge :

,,Start strenge D i~ trod ~ntbehrtmg zahlreieher GenuBmittel-zu fordern, gestatte man zu essen und zu trinken, was behebt, nut muB es bekommen und reichlieh sein. Gesteigerte ]~liigsigkeitszufuhr - - etwa 2--21/2 1 im ganzen - - ist nStig. Die Aufnahme wird durch das st~rke Druckgefiihl erIeichtert. 2--3 Flaschen Bier, ein leiehter Wein sind zu gcstatten. Wer Suppen und Milch nicht liebt, kann lmbedenklich Wasser trinken, wenn nur der Ausfall des N~hrstoffes durch st~rkeres Essen (viel Butter!) gedeckt wird.

In einer Anmerkung klagt F i n k e l s t e i n , dab die Ammen seiner Anstalt enorme Quantit~ten - - in Summe yon Milch, Suppe, Bier, Kaffec 5, 6, 7, selbst bis 9 1 - - fordern und sich energisch gegen jede Einschr~i~kung str~ubcn. Babel stiinde die Ergiebigkeit in kcinerlei Verhaltnis zu den getrunkenen Mengen, die besten Ammen h~tten eincn mittleren Bedarf.

F i n k e l s t e i n meint welter: Gleich liberale Grunds~tze sollen fiir die iibrige Lebenswcise gelten. Man verbiete den Sport, aber halte zu reichlicher Bewegung an und erlaube jeden Lebensgenul~, soweit nicht Schlaf, Gemiitsruhe und Ver- dauungst~tigkeit darunter leiden. Seitc 37 heiBt es: Eine BefSrderung ungcniigen-

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Der N~hrwertbedarf der stiUenden Frau. 285

der Sekretion durch andere Beeinflussung als durch den Reiz des Saugens er- scheint ausgeschlossen. Umgestaltung der Ern~hrung ist jedenfalls zwecklos. Selbstversti~ndlich ist reichhche Absonderung nur bei reiehtieher Speise und reich- tichem Trinken mSglich, und umgekehrt leidet bei Appetitlosigkeit oder Hunger- kost auch eine ergiebige Brust. Aber der Versuch, die sp~rliche Sekretion einer gutgen~hrten Frau dutch Mast zu heben, ist naeh iibereinstimmenden Erfahrungen nutzlos. Auch der in besonderem Rufe stehende Alkohol ist wirkungs]os and ebenso die Schar der viel angepriescnen Laktagoga. F i n k e l s t e i n zitiert dann noch Ver- suche mit Injek~ion yon Plazent~ und Kuheuter, betont den fehlenden EinfluB der Menstruation. Dagegen sei eine Gravidit~t st6rend.

Enge l schreibt: Eine stillende Frau dad essen, was ihr schmeckt und bekommt. Unbefangene Beobaehtung vermag immer nut zu zeigen, dab die Milch- bildmlg in weitem MaBe vonde r Nahrungsaufnahme unabh~ngig ist. Hat man die Ernigarung einer stiltenden Frau zu leiten, so bedenke man einzig, dab der KSrper mit der Milch etwa 1 1 Fliissigkeit and 765 Kalorien t~iglich verliert und dab dieser Verlust wieder gedeckt werden muB. Die Kost sei ausreiehend und schmaek- haft, so wie sie die Stillende gewohn.t ist zu sich zu nehmen. Dem st~rkeren Fliissig- keitsbediirfnis muB naehgegeben werden. Kuhnfileh wird vorteilha~t als Getrfialk gereicht. An einer zweiten Stelle schlieBt sich Enge l auf Grund yon Unter- suchungen mit P l a u t der Ansicht -con B a u m und I l l n e r an, die fanden, dab ,,die Frauenmitch hinsichtlieh ihrer Qu~lit~t eine weitgehende Unabhii~gigkeit yon denjenigen Verh~ltnissen zeigen, unter denen sie die Analyse vorgenommen haben" (verschiedenaxtige Nahrung). Es sind Schwaz~kungen zu beobachten, besonders beim Fett, abet innerlmlb der normaten Schwankungen. Nur bei ausge- sprochener Unterern~hrung tritt eine Verarmung an Trockensubstanz dutch Abnahme des Fettes ein. Steigerang des d(trchsehnittlichen :Fettgehaltes (lurch Steigerung der Fettmenge in der Nahrung oder durch reiehliehe ErnM~rung ist nicht zu erzielen. ])as Gesamtergebnis lautet nach E n g e h dab eine an sich aus- kSmmliche Di~,t keinerlei Einflul~ auf Menge und Zusammensetzung der Milch hat, auch wenn die einzelnen Nuhrungskomponenten in mannigfaeher Variation daz.in gemischt werden, S c h l o B m a n n gibt in seiner Arbeit keine quantitativen Vor- schriften, sondern betont nur, dal3 die Qualitfi, t der Nahrung ohne EinfluB ist. v. Reu• ~prieht sich fiJmlieh wie Enge l aus: aueh nach der Entbindung. zur Zeit des Milcheinschusses und n~eh Begirm der I~ktation, soll die Ernfi~rung eine aus- reichende, abet keine iiberreichliche, sein. Die :Fliissigkeitszufuhr soll dem Durst- gdtthl der Frau entsprechen. Das iiberm~,i~ige Trinken yon Milch oder gar yon Bier, wie es den WSchnerinnen im Interesse der Mi]chsekretion vielfach angeraten wird, ist sicher nicht zu empfehlen . . . . . . Geradeso wie die Uberernfi~rang ist die UnterernfiJlrang im Wochenbett zu vermeiden. Czerny und Ke l l e r bezeielmen es als eine Unsitte, den W6chnerinnen absichtlich die Nahrungsmengen einzu- schr~i~ken. Sie glauben, dal3 in manchen FMlen eine mangelhafte Milchsekretion in den ersten Tagen post partum ledigheh auf Unterernahrung zuriiekzufiihren ist. Aueh Czerny und K e l l e r betonen, dab eine qualitative Beeinflussung tier Milch dutch die Nahrung nieht zu erzielen ist. Nut eine Ern~lrang, welche auch fiir eine Niehtstillende unzureichend ist, hat schadigenden EinfluB auf die Zusam- mensetzang. Es erseheint den Aut6ren notwendig, darauf hinzuweisen , dab £ueh die Quantitat der ]%auenmileh dureh Nahrungsmittel und Getr~nke, welehe die Stillenden aufnehmen, nicht rmch Belieben gesteigert werden kann.

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286 B. Schiek :

T h i e m i c h hat sich in einem ausgezeichneten Sammelreferat ,,iiber die Frage dos Einflusses der ErnMmmg und Lebenswcise auf die Zusammensetzung dot Frauenmilch" gegen die Ubertragung der Tierergebm'sse (Pflanzenfresser) auf die Verh/fltnisse der Omnivoren ausgesprochen. Wir werden sehen, dab diese Ablehnung in mancher Beziehung zu weitgehend ist. T h i e m i c h kritisiert die Ergebnisse yon Deca isne , der nachwies, wahrend der Belagerung yon Paris die Milch der hungornden Miitter/~rmer an Fett, Zueker, Kasein und Asehe gewesen seien. Nach gteigerung der Nahrungszufuhr dutch 4--5 Tage ergaben sich umge- kehrte Beziehungen.

Wasser Album. Fett Zucker Salz

Bei /~rmlicher 2qahrlmg: 88,3 3,41 2,98 6,07 0,24 ,, reichlieher ,, 85,79 2,65 4,46 6,71 0,39

Man ka~m, wie T h i e m i e h betont, diese Untersuchungen deswegen nicht vcrwertcn, weft ja nicht clio gesamte Milch, sondern nur Proben nach oder vor dem Anlegen des Kindes lmtersucht wurden. Ahnliche Kritik gilt auch don Untersu- chungen yon Shukowsk i im Moskauer Findelhaus. Er land, dab die Frauen, die nach laa~ger ~ahrt oder Wanderung hungrig mid miide ankamen, in ihrer Milch einen Fettgohalt yon 1,8--3°/o aufwiesen, wMarend die Milch der im Findelhause liiziger verpflegten :Frauen einen Fettgehalt yon 3,2--40/o besaBen. Th i emich befaBte sich mit dem EinfluB der Fettzufuhr auf die Zusammensetzung der Frauen- milch, zitiert auch die Arbeiten yon AxeI J o h a n n c s e n , B a u m und I l l n e r und kommt zu gleichen Resultaten wie E n g e l dahingehend, dab die Ern~rung irmerlmlb physiologischer Grenzen keinen EinfluB anf die Beschaffenheit der Milch hat. Die Auswahl bestimmter Kost ist iiberfliissig. Diesen Standpunkt vertritt T h i e m i c h auch im I~hrbuch yon Feer : Die Stillende soil sich bek6mmlich und reichlich ern/~ren, aber keine besondere Diat erhalten. 1Yichts ist ihr verboten, was sie vertragt, sic davf ohne Bedenken wegen ihrer Milehbesehafffenheit nicht nur gewiirzte und saure Speisen essen. Sie soll sogar reichlich Salate, robes Obst usw. essen, weil in diesen Nahrungsmitteln fib" das physiologische Wachstum des Kindes unentbehrliche Stoffe reichlicher vol handen sind als in vielen anderen. Bei Frauen mit schwachem Appetit ist eine .m6glichst abwechslungsreiche Kost und bei solchen mit Neigung zur Obstipation statt der iiberwiegenden Milch- und Suppenkost - - tunlichst schlackenreiehe Nahrung empfehlenswert. Die Qualitat der Milch besonders ihres Fettgehaltes ist individuell in geringem praktisch be- deutungslosem Grade versehieden mid dutch die ErnMarungsart der Stillenden nicht beeinfluBbar. Vereinzelte Ausnahmen (E n g e l, M o ll) beweisen nichts gegen die Bereehtigung dieser Ansclmuung, vorausgesetzt, dab das Kind seine Nahrungs- aufnahme selbst regeln kann (Gregor). Zu ~hnlichen Resuttaten kommt Malagodi.

T h i e m i c h weist weiter darauf bin, dab fiberreiches Essen und Trinken, besonders yon Milch mid nahrhMten Suppen nicht zur Steigerung der hfilchpro- duktion, sondern nm" zur M/~stung der Stfllenden selbst fiihrt. Es ist daher ganz zweck/os und sotchen ~rauen zu widerraten, die bei wenig k6rperficher Arbeit zum Fettansatz neigen. Unterern/ikrung bleibt, wenn die Laktation erst ordentlich in Gang gekommen ist, ebenso ohne EinfluB auf Qualit/~t und Quantit~t der Milch, wie das Gegenteil. Erst bei 1/ialgerer Dauer und extremen Graden, wenn der K6rper yon seinem Bestand zehrt, tritt neben der Abmagerung ein Riickgang der Sekretion und vielleicht auch eine migiinstige qualitative Ver/mderung des Sek~etes ein.

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Der N/~hrwortbodaff der stillenden Frau. 287

Emen Speiseplan ffir stillende Miitter geben Meye r -Langs t e in an. Es ist dcr m Berliner Kinder-Asyl zu Friedg-nszeiten iibliche. Leider s~nd die Angaben quantitativ ungen~u.

Morgens im Bert: 250 g Milch. 9 Uhr: Tee oder Kaffee mit Milch, Fleischgericht oder Eier mit Schinken

oder 2 Eier oder ein Butterbrot mit Honig. 11 Uhr: 250 g Milch und Geback. 2 Uhr: Suppe, vicl Gemfisc, Fleisch, Obst.

41/2 Uhr: 250 g Milch, Brot mit viel Butter. 8 Uhr: Abendessen, wie gewohnt.

10 Uhr: Milchsuppe.

Der gesamte Milchbedarf betr/~gt pro Tag 11/, 1 Milch. Ammen, die mehrere S/i, uglinge antegen, erh~lten Zulagen. Im iibrigen sprechen sich M e y e r - L a n g s t e i n identisch mit den anderen Autoren aus.

Ausfiihrlich /i, uflert sich fiber die Art und Weise der :Em/~hrung Marfan , der im allgemeinen fftr reichliehe :Ern/~hrung der Stillenden eintritt. Auf Grund- lage der Angaben yon F o r s t e r kommt er zu folgenden Kalorienforderungen: Da einc nicht arbeitende und nich.t stillende Frau t/~glieh 80--90 g EiweiB, 40 g Fett lind 320--350 g Kohlehydrate, zusammen ca. 2000 Kalorien benStigt, wird zur Deekung des Nahrungsbedfufnisses einer Amme und UnteIhaltung einer reichlichen 5iilehsekretion bei derselben 150--160 g EiweiB, 100 g Fett und 400 g Kohlehydrate hinreichen, das ist ein Plus yon 1000 Ka lo r i en . Speisezettel wird keiner angegeben, nut auBerdem eine Reihe yon q u a l i t a t i v e n , ungemein ab- wechstungsreichen Vorschriften. Wir werden sehen, dab die quantitativen An- gaben Marfans fOr den Dltrchschnitt zutreffen. Ich habe die Arbeit F o r s t e r , die an einer schwcr zug/i~aglichen Stelle publiziert ist, nachgesehen und finde nur eine Angabe fiber eine 25 Jahre alte Frau aus Amsterdam, die ge mi sc h t e K o s t und sechs (!!) Liter Milch pro Tag zu sich nahm, t)ber die gelieferte Milehmenge ist nichts angegeben, nur daB die Milch eine Trockensubstanz yon 11,1°/o be~B und 30/0 EiweiB und Fett und 4,3% Milehzucker in der Milch vo~handen war. Das KSrpergewicht der Frau betrug 55 kg. D.as Nahrungsgewicht 7500 g, davon 1060 Trockensubstazlz, von diesen waren 250 g EiweiB, 220 g Fett und 530 g Kohle- hydrat.

Bei Ke l l e r findc ich im Ansehlusse an die Arbeit S c h k a r i n s ' s fiber den EinfluB dcr Nahrungsart der Mutter auf Waehstum und Entwieklung des S/~ug- lings Bemerkungen, die zeigen, dab eine ]~rau, die sick einer eingreifenden Banting- kur und anderen Kuren unterwarf, eine Milchmenge yon nur 350---450 ccm pro Tag produzierte. Die t/~glich zugefiihrte Kalorienmenge betrug 800---1000 Kalorien, ausnahmsweise sank sic bis auf 600 Kalorien (w/i,hrend der Bantingkur). Die Milch- sekretion h~ett sich bei dieser geringen Funktion dutch 2 Monate, um dann zu versiegen. Die Mutt~..r nahm um 2--3 kg ab. Ke l l e r meint, dab diese rigorosen Eingriffe in die Ern~rung einen sch/~digenden Eir~luB auf die Milchproduktion gehabt haben. Die chemische Beschaffenheit wurde nicht untersueht.

Eine Reihe von anderen Autoren besch'~ftigt sich mi t der Beein-

flussung der Milchsekretion bei Tieren, wobei in der Regcl nuc die quali-

ta t ive Beeinflussung s tud ie r t wird.

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288 B. Schick:

Von diesen Arbeiten hebe ich die Ausfiihrungen von H e i d e n h a i n hervor, die mir fikr die l~rage der Milchsekretion yon wesentlieher Bedeutnng zu sein scheint. Er weist darauf hin, dab fiir die GrSBe dcr Milchsekretion in erster Linie die GrSge dcr sezernierenden :F1/~che, also die Summe der Azini in ]~etracht kommt. :Die reichliche ErnMlrung kalm auch wohl in dem Simle wirken, dab die einzelne gelle starker sezerniert. I - I e i d e n h a i n betont die Tatsache, dab gerade in der ersten Zeit der Laktat ion re'ichliche Ein~hrung zur wahren Vergr6Berlmg der Milchdriise durch Sprossung neucr AlveoIen fiihren kann und damit zur Steigerung der Sekretion. In sp~teren Laktationspcrioden koramt eine solche wahre VergrSflerung der Milch. driisenalvcolen wahrscheinlich nicht mehr vor. Damit, sagt H e i d e n h a i n , s t immt tiberein, dab der EirffluB ver/i~derter E r n ~ r u n g sich nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit geltcnd macht, dab er nach G. K i i h n in der ersten Periode der Laktat ion viel wirksamer ist als in tier spfi, teren, in welcher sich die X)riise ja zur Involution anschickt, also neue Alveolen zu bilden nicht mehr Neigung hat, dab endlich ebenfalls nach genauen Beobachtungen K i i h n s die dutch gesteigerte Alb~Lminatzufuhr herbeigefiihrte ~nderung der Absonderung h&ufig nicht wieder riickg~ngig gemacht wird, wenn die Albuminatzufuhr wieder sinkt, v o r a u s g e - s e t z t , d a b s ie f i i r d ie E r h a l t u n g o r d e n t l i c h e n E r n E h r u n g s z u s t a n d e s a u s r e i c h e n d waren. Is t erst die Vergr6Berung des Absonderungsorganes elTeicht, so geniigen zur Unterhal tung seiner Funkt ion geringere EiwciBmengen.

P r i m a r i u s R i e t h e r , D i r e k t o r des Z e n t r a l k i n d e r h e i m e s in Wien ,

w a r so f r e u n d l i c h , m i r d ie F r i e d e n s v o r s c h r i f t e n fi ir d i e W 6 c h n e r i n - und

A m m e n e r n g h r m l g de r A n s t a l t zur Ve r f i i gung zu .~tellen:

W 6 c h n e r i n n e n .

5. Friih~.tiick: 0,3 Einbrennsuppe aus 22 g Mehl = 110 nero

6 g Fct t =: 79 = 189 n

II. ,, 0,338 Milch -- 338 ,, =: 338 ,,

Mittag: Suppe aus: 62 g Knochen ~ 15 ,. 16 g Griinzeug : : 8 ,. 6 g I-Iaferflocken = 30 .,

19 g Mehl - 95 , ,

3,7.g ~Fett -= 46 ,, - 194 n 100 g :Fteisch = 250 ,. 250 ,,

Gemiise : 150 g Sauerkraut = 50 ., 10 g Fe t t := 130 ,, 17 g Mehl ~ 500 ,, ~ 265 , ,

400 g Kartoffeln = 500 = 500 ,,

Nachtmahh guppe wie oben = 194 ,, Gemtise wie oben = 265 ,, (oder Milchspeise)

Brot 208 == 700 ,,

Summo rund 2900 nem --~ rund 2000 Kalorien.

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Der N~hrwertbedarf der sVItlenden Frau. 289

Ammen erhalten auBerdem noch 0,3 Milch ~ 300 n und 80 g Brot = 290 n, zusammen mn rund 600 n ~--- 400 Kalorien mehr, also 3500 n = 2400 Kalorien. An fleischlosen Tagen ist es besser. Die statt Fleisch verabreichte Mehtspeisc besteht aus 83 g Mehl, l0 g Fett, 12 g Zucker, 0,1 1 Milch, 1/20 Ei und 7 g Pftaumenmus. Der N/~hrwert derselben bet, ragt 750 nero. Dazu kommen statt Sauerkraut 170 g Kartoffeln, 10 g Fett und 17 g Mehl = 430 n. Suppe ist gleich. ])as Mittagessen hat einen Wert yon 1370 n gegeniiber 1200 n des Fleischtages. Aul~erdem erh~lt die Amine an fleischlosen Tagen weitere 300g Milch. Gesamt- summe des I~hrwcrtes ~ 3970 n = fund 2600 Kalorien.

Zusammenfassende Angaben fiber den Eilfflul3 der Ern~hrung

auf die Lak ta t ion der K f h e l i n d e n wi t bei K e t l n e r . Die folgenden

S~tze sind vielfach wSrtlich dem b e k a n n t e n Buche K e l l n e rs e n t n o m m e n :

, ,Die I n d i v i d u a l i t ~ t u n d R a s s e d e r T i e r e , s o w i e d e r j e w e i l i g e

y o n d e r L ~ k t a t i o n s d a u e r b e e i n f l u B t e E n t w i c k t u n g s z u s t a n d

d e r M i l c h d r i i s e s i n d d i e F a k ¢ o r e n , w e l c h e d i e M i l c h p r o d u k t i o n

in e r s t e r L i n i e b e h e r r s c h e n . Die N a h r u n g s z u f u h r s teht neben

anderen Bedingungen erst an z w e i t e r Stelle u n d gelangt n u r innerha lb

4 e r j e n i g e n Grenzen zur ~ i r k u n g , welche yon d e m L e i s t u n g s v e r -

m S g e n des m i i c h g e b e n d e n O r g a n s gezogen sind. N i c h t s d e s t o -

w e n i g e r h i~ng t es y o n i h r w e s e n t ! i c h a b , o b d i e L e i s t u n g s -

f ~ h i g k e i t d e r M i l c h d r i i s e a u f i h r e r v o l l e n H S h e e r h a l t e n

b l e i b t o d e r n i c h t . "

,,Der HShepunkt der LeistungsffiJligkeit der Brustdrfise wird in dcr ersten Zeit nach dem Kalben erreicht lind in dieser Zeit ist daher der weiteste Spielraum geboten ftir eine Beeinflussung des Milchstromes dutch die Xahrung. In diesem Tell der Laktationsperiode ist die Driise imstande, die gr5Bte Menge ~q~hrstoffe, welche fiber den Erhalt~mgsbedarf hinaus den Tieren zugefiihrt werden zu bew~l- tigen und in Milch umzusetzen. In sp~teren Stadien der Laktation, wenn die Lei- stungsf~higkeit der Driise aus natfirlichen Griinden mehr und mehr zuriickgeht, kann durch keine auch noch so starke Nahrungszufuhr cbensoviel Milch erzeugt wcrden, wie vordcm." K e l l n c r zieht daraus den praktischen SchluI~, dab nach reichlicher Anfangsftitterung die Futtermenge im Laufe dcr Laktation verringert und der Milchlcistung angepaBt werden kann; dies aus 5konomischen, aber auch aus gcsundheitlichen Grfmden. Bei reichhcher Fiitterung werden Tierc, welche wenig Milch geben, verfetten, wodurch zum SchluB auch die Lcistungsf~,higkeit d.er Driise herabgesetzt wird. Die Tiere solten also einen guten Er~hrungszustand haben, abcr nicht gem~i~tet sein. Die Quaht~t der Milch t ~ t ~ich dutch die l~ahrung nut innerhalb engcr Grenzen beeinflussen. Es wird ja nur das in Milch umgewandelt, was vorher Bestandteile der Driisenzellen werden kann und geworden ist.. Die Zusammensetz~mg der Milehtrockensubstanz wird daher in erhcblichem Mal3e weder yon eincr starken Zufuhr yon Eiwei{~, noch yon Fett, Kohlenhydrat oder Mineralstoffen beeinflul~t. Selbst der Wassergehalt ist nur geringcn Schwankungen unterworfen.

Diese Unabh&ngigkeit der Milchsekretion in quantitativer und qualitativer :Beziehung yon den rasch voriibcrgehenden Schwankungcn der Nahrungszufuhr

Zeitschriftfiir Kinderheilkunde. O. XXI. I9

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290 B. Schick:

i s t ftir das saugende Tier yon grundlegender Bedeutung, sic gewaJarleistet die Fort- dauer des gleicltm~Bigen ]qahrungsstromes; dies wird erreicht durch die Einschal- tung des miitterlichen Organismus und der Brustdriise zwischen ~ahrung und fertiger IWJlelL go wird, wenn die ~ahrung eine Zeitlang zu der erfordertichen Milch menge nicht ausreicht, Kfrpersubstanz des Muttertieres an die Stetle der fehlenden Nfi~rstoffe treten und bis zur weitgehenden Abmagerung des Muttertieres zur Milchbildung herangezogen werden, wfiJarend umgekebxt, wenn im Futter mehr dargeboten wird, als naeh der Anlage und dem Zustande des Muttertieres in Milch umgewandelt werden, der ~bersckuB his zu einer gewissen Grenze im :Kfrper des Muttertieres als Vom'at fiir Zeiten der l~ot niedergelegt werden kann. Diese Regulierung der Milchmenge, auf welche auch die tt/~ufigkeit und Vollst~indigkeit des ]~ntzuges der Milch einen EinfluB besitzt, v:ollzieht sich selbstverst~diich nicl~t so, dab jeder geringe Manget oder ~bersehuB an Nahrung den K6rper des milchproduzierenden Tieres sogleich in Mitleidenschaft zieht, sondern der Kfrper wird als Stoffreservoir nur dann in Anspruch genommen, were1 die Menge des gesamten Futters oder einze]ner l~fiJ~rstoffe unter ein gewisses Minimum sinkt. Interessant ist, dab nur innerhalb eines begrenzten Spietraumes ~ahrungs- zulagen und -entziehungen die Milehproduktion beeinflussen. Unterhalb des Spielraumes tritt KSrpersubstanz fiir die fehlenden XfiJarstoffe ein, oberhalb des Spielraumes h$1t Nahrungsvermehrung und Zurrahme der Milchsekretion nieht mehr gleichen Schritt, bei steigendem Ansatz yon KSrpersubstanz wi~chst die Milchdri~ensekretion in immer schw~eher wexdendem MaBe, bis endlich die oberste Orenze der individuellen Leistungsf~,[dgkeit der Milchdriise erreicht wird. Es gibt also ein Optimum an Nahrungszufuhr, das zur Milchbereitung aus 6ko- nomischen Riieksiehten bei der Fiitterung beriicksichtigt werden soll. Won einem bestimmten ~tmkte des Ertrages bedarf jede weitere Steigerung der Produktion eines immer hfheren Futteraufwandes, indem ein stetig ansteigender Teil der N'~hrstoffe alsdann nicht mehr zur Milehl~ldung, sondern zur Produktion yon KSrpersubstanz, haupts~chlich yon Fett, verwendet wird.

Wichtig is$ endlich die Beobachtung, dab bei T r ~ c h t i g w e r d e n d e r T i e r e die L e i b e s f r u e h t bei cler Verwendung der aufgenommenen ~ h r s t o f f e den V o r r a n g h a t : es bleibt dann fiir die Milcherzeugung bzw. Vermehrung der KSrpersubstanz yon dem produktiven Teil der Nahrung nur das iibrig, was vom F6tus nicht ben6tigt wied.

Danach ist die Reihenfolge der Beteiligung an der Nahrung 1. d e r F 6 t u s , 2. da s s c h o n g e b o r e n o I n d i v i d u u m und erst an d r i f t e r S t e l l e d e r m i i t t e r l i e h e O r g a n i s m u s .

~ ' i r wissen aus der Entwicklung des menschlichen Organismus, dab dies auch fiir ihn gilt. l%i ieks ich ts los wi~chst der F S t u s wie ein Tumor auf K o s t e n d e r M u t t e r . Sotange die Mutter nicht, iiber eine gewisse Grenze hinaus unterernShrt ist. kommt der Neugeborene gut entwickelt vollgewichtig zur Welt. So war es nach vielfacher Erfahrung, der ich mich vollinhaltlich anschlieBe, auch w/ihrend der Kriegszeit. Es ist ein Trost fiir die Zukunft, dab wenJgstens der Neu- geborene noch nichts vom Krieg'e erleiden muBte. Nach der Geburt

Page 8: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbedarf der stillenden Frau. 291

i s t es schon e twas anders . Wohl sezern ier t auch h ier noch d ie mi i t t e r -

liche Brus tdr i i se ei~fige Ze i t bei k n a p p e r E rn~hrung Milch, sotange

eben noch Reservevorr~.te d a sind, da rm aber vers iegt d ie N a h r u n g

al lm~hlich. Auch nach der Gebtu-t i s t i rmerha lb gewisser Grenzen

die M u t t e r noch benachte i l ig t , i ndem die Mi lchsekre t ion vor KSrper - ansa tz geht , doch geh t diese Aufopferung de r M u t t e r f i ir das K i n d

n ich t mehr soweit , ~ i e vor de r Gebur t . Wcnn ich die Ausffihrungen K e l l n e r s iiberblieke, so mSchte ich schon

jetzt betonen, daf$ ich all das wieder finde, was ich bei der Mi|chsekretion der Frau beobachten konnte. Ich kann' mich daher dem ablehnenden Verhalten T hie mic hs, gegenfiber der ¢Jbextragbarkeit dieser Resultate groBzfigiger Experimentier- reihen, nicht anschlieJ]en. T hie mi c h hat diesen ablehnenden Standpunkt gegen- fiber alderen Elteren Versuchsresultaten eingenommen. Ich bin fiberzeugt, dab auch er den Worten K e l l n e r s beistimmen wird.

Meine e igenen Untersuchungen fiber den N/~hrwertbedarf de r s t i t lenden F r a u beruhen auf "der Beobach tung yon 15 A m m e n de r K i n d e r - kl inik.

Leider sin4 die Originaltabellen yon 10 Ammen infolge der unsicheren Post- verh~tnisse am ~Vege nach Berlin in Verlust geratcn. Ieh verfiige daher nur iiber 5 vollstfindige Tabellen, die aus den noeh vorhandenen Rohaufzeiehnungen resti- tuiert werden konnten, die anderen Tabellen sind nicht mehr herzustellen, d~ die Aufze~chnungen abgelegt wurden. ])arch besonderen Zufall sind wcnigstcns die 3 0bersichtstabellen fiber Beziehung des Nahrwertes zur gelieferten Milchmengc, sowie die Beziehung zur KSrpergewichtszu- und abnahme erhalten geblieben, da sie erst einige Tage sparer abgesendet warden un4 ihren Bestimmungsort er- reichten. Daher sind alle Einzelwerte erhalten geblieben. Die aus der Beobach- tung hervorgehenden Schliisse sind natfirlich nicht verloren.

Die Ammen wurden jeden oder jeden 2. Tag gewogen. Die vom Kinde ge- trunkene Milch ebenfalls durch die Wage bestimmt, die yon der Amine abgespritzte milch abgemessen und deren Zusammensetzung durch tagliche Fettbestimmung kontrolliert. Auf letztere lege ich aus denselben Griinden wie T h i e m i c h , keinen wesentlichen Wert, die Quantit~t ist sicher yon grSBerer Bedeutung. Die Bestim- mung des Nahrwertes der genossenen Nahrung effolgte durch Abwiegen der ein- zelnen Speisen. Die Angabe ihres Wcrtes konnte, da die Kiiche des allgemeinen Krankenhauses nach vorgeschriebenen Rezepten arbeitete, in Nemwert nach P i r q u e t angegcben werden. Die bcqueme Art des Aufsehreibens nach H e k - tone m hat es ermSglicht, dal~ einzclne Ammcn durch Monate hindurch bezfiglich Nfi~r~,rtzufuhr vel=fotgt werden konnten, eine Amme war fiber 400 Tage im Versuch. hn weiteren Verlaufe dec Versuche, als die Nahrungsmittelversorgung immer schlechter warde und die Zubereitung in der grol3en Spitalkfiche vielleieht nieht mehr so genau nach Vorschrift erfolgen konnte, liei~en wir die Speisen in unserer eigenen Schulkiiche fertigstellen. Von da ab ist die Nahrwertberechnung noch mit viel grSl3erer Sicherheit als richtig anzusehen. Die Fehler. der Spitat- kiiche haben sicb gew~ in nar maBigen Grenzen gehalten; denn sie kamen vielleicht beim Gemiise in Betracht, da bei fortschreitendem Fettmangel der Fettzusatz altm~hlich restring;ert wm~de. Brot, Fleisch, Milch, K~se, Mehlspeisen etc. wurden

19"

Page 9: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

292 B. Schick:

in einwandfreier We;se abgegeben. Die Ubernahme der Speisenbereitung in der eigenen Ktiche erfolgte schon im Jahre 1917.

Anfangs lieB ich die Ammen nach Lust essen, mn den spontanen Instinkt den V~reg often zu lassen. In dieser Zeit sehwanken (tie Ni~hrwertmengen an ein- zelnen Tagen in weiten Grenzen. Die Ammen e~hielten ti~glich 1--1~/e 1 Milch + 17% ZuekerlSsung. Erst ats wir uns fiber die Art und ~reise des Zus~mmen- hanges yon ~Nii~rwcrtzufuhr und Milchsekretion klar geworden, habe ich die N/~hr- wertmenge ti~glich auf die gleiehe HShe gebracht. Dies namentlich mit Riicksicht auf die mit den Tierversuchen fibereinstimmende Beobachtung, dab die regel- mi~Bige und gleichm~Bige Nahrwertzufuhr den besten produktiven E~{olg auf-

J-urn 1,91"I. Jul/

~Shn i 68hn I M h z I 66hn ] 6ghz mhn I i

hn 70,

6O

50

qO

30

:20

~02

0

Abb. I. Auguste Kettig, 22 J., SitzhShe 88 era.

weist. Milchtiere geben den besten Ertrag, werm sie bei ihren 3 Mahtzeiten dicsclbe Ni~hrwertmenge in gleicher Form e rha l t en . Alle Unregelm/~Bigkeiten kommen nicht zur Geltung. Wenn an einzehaen Tagen viel gefressen wird, wird daraus kein entspreeb.ender Xutzen gczogen. Wir werden sehen, dab dies beim Mensc~en auch der Fall ist. Die yon den Ammen verzehrt~n Nahrungsmengen wurden in Beziehung gebracht zur Ern~hmmgsfl/~che nach P i r q u e t , zum Quadrate der SitzhShe.

]~" a l l L

A ugus t e K e t t i g , 22 Jahre alt, SitzhShe 88 cm. Ernahrungsflache nach yon P i r q u e t 7744 qem. Bcobachtungsdauer vom 27. Mai bis 26. Juli 1917 61 Tage. Man sieht an der Tabelle, dab die .4anme am 1. Tag 73Hn zu sich nimmt, also fast das Maximum erreicht. Von da ab h~lt sich in der ersten Periode die :N%hrungs- menge unter geringen Schwanktmgen unter 60 Hn, so d~B der durchschnittliche Nuhrungswert des Tages 58,7 Hn betr~gt. Die durchschaittlich im Tage gelieferte Brustmitch betrug 800 ccm. :Bei gleichbleibendem KSrp3rgewieht ist ein leichter

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Der ~]~hrwertbedarf der stiUenden Frau. 293

Anstieg der Milehsekretion zu erkennem Auf die Ern~rungsfl~che bezogen, ent- sprach die t~Lgtiche Nahrwertmenge 7,5 dnsq. In der n~chsten Periode aI~ die Amine anfangs reichlich ca. 60 Hn pro Tag, in der zweiten H~lfte ist mit Ausnahme eines Tages mit 58 Hn ein deutliehes Absinken der N~hrwertmenge kenntlich. Dabei ist anf~i~aglich, solange die reichliche ~%hrungszufuhr andauert, auBer Anstieg des Kbrpergewichtes um 1 kg auch sichtlich ein Anstieg der sezeInierten Milch- menge zu verzeiehnen. In der zweiten Halfte der Periode bleibt das KSrpergewieht stehem Bei absinkender Nahrwertmenge auf rund 45Hn pro Tag bleibt das KSrper- gewicht in der 3. Periode stehen. Die Milchmenge pro Tag erreicht 1000 ecru. Die N~hrwertmenge yon 45 Hn pro Tag deckt den Bedarf der Mtitter bei dieser ~Iilehproduktion. Es sind rund 6 dnsq.

Bei weiterem Anstieg der Milch- sekretion auf 1150 in der 4. 1)eriode und 1350 ccm in der 5. Periode zeigt die spontan aufgenommene Nahrung einen deutlichen Anstieg auf 51,4 resp. 53,5 loin pro Tag, der auch "in der letzten Periode bei ungef~thr gleich- bleibender Milchsekretion fortgesetzt wird (57,3 Hn). Der Bedarf ist etwas geringer anzusetzen, da die Amme bei dieser Relation yon Nahrung und Milehsekretion um rund 1,5 kg in 31 Tagen zunimmt.

E p i k r i s e : I n der Tabel le

kommt deut l ich zum Ausdruck,

da~ die vielleicht durch anf~ing-

lich reichliche Nah rung in Gang

gebrachte Milchsekretion ansteigt

t rotz deutl icher Herabse tzung der

N~hrwertmenge, wobei jedoch

November 1916. Dezernber" f ~ . . I'3. 2~ ~ 3 10. IZ

~5

70

60

50

~0

30

ZO

Abb. 2. 5Iarie Lenz (Nr. 4), 24 J., SitzhShe 77 era.

sichtlich der Bedarf noch gedeckt war. Die neuerl iche spon tane

NKhrweI%zulage ha t te neben geringen Anst ieg der Milchmenge aueh

KSrpergewichtszunahme zur Folge. Von besonderem In~resse ist die :Beobachtung der Amine Marie Lenz

(Nr. 4). Dauer der Beobaehtung 40Tage (vom I0. 11.16--20. 12.16. Alter 24 Jahre. SitzhShe 77 cm. Ern~hrungsfl~tche rund 6000 ccm. Maximum = 60 I-In pro Tag. Wieder.verzehrt die Amme spontan am ersten Tage sehr viel, sie iiberschreitet um 7 I-In das theoretische Maximum. Anscheinend war es~ doch zu viel; an den n~ehsten 4 Tagen, in denen die Amme fiber Bauehschmerzen klagt, ii]t sie weniger ( fund 50 I-In), dann aber steigen die N~hrwertmengen wieder weir iiber das Maxi- mum und schwanken zwischen 64 und 67 Hn, so da{~ ein Durehschnittswert yon 59 I-In, also fast das Maximum, fiir die erste Periode resultiert. Die Milchmenge ist dabei noch relativ gering, sie zeigt nur deutlichen Anstieg yon 650 auf fast 1000 g, was eine durchsehnittliehe Tagesmenge yon 800 cem ergibt. Dabei steht das Kfrpergewieht. In der zweiten Periode bleiben die ~ahrwertmengen andauernd

Page 11: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

294 B. Schick:

hoch, iiberschreiten an 5 Tagen das Maximum, an den 2 ersten Tagen der Period~ um 6 Hn. Der Durchschnittswer~ der Periodo erreicht gerade das Maximum. Dabei steigt die Milchmonge auf rund 1010 g pro Tag. Gleichzeitig nimmt das KSrpergewicht um 2,5 kg zu. In der folgenden Periode bleibt bei etwas sinkender Nahrwertmenge (58 Hn pro Tag) Milchproduktion und KSrpergewicht auf gleicher HShe, so dab wir annehmen kSImen, dab der Bedarf dutch die Nahrung gedeckt wax. Auf die Emahrungsflache berechnet, ergab sich ein sehr hohcr Weft des Bedaxfes. Der Bedarf entspricht ungcfghr dem Maximum = 10 dnsq. In der letzten Periode geringere Nghrwertzufuhr mit geringen Schwankungen bei ungef~hr gleichgrofler Milchsekretion und etwas sinkenden KSrpcrgewicht. Es ist auffallend, dal~ die Amine trot, z m~l~ig reichlicher Milchsekretion soviel Nahrung verbraucht. Die verabreichten Ni~hrwertmengcn sind sicherlich richtig eingeschatzt; da die .~amo vorwiegend einfache Nahrungsmittel zu sich nahm,, so waxen 34 Hn durch Milch + Zuckergleichnahrung aa partes (26 Pin), und Brot (8 ]fin) gedeckt, auger- dem erhielt die Amine 4 g-In Zucker, 4 Hn Fleisch, so dab die gr6Beren Fehlerquellcn onthaltendcn anderen Nahrungsmittel keine wesentliche Rolle spielen. Es handett sich wahrschcinlich um eine Amme mit Luxuskonsum.

PrinzipieU ghnl iche Verhi~ltnisse e rgeben sich bei R o s a G r5 g e r, 21 J . (Fal l 1), d ie Ini t en twicke l t e r Brus tdr f i sens~kre t ion zur Beobach tung kam.

Dauer derse tben yore 29. V I . - - 1 5 . I X . 1916, 80 Tage. Si tzhShe 79 cm.

Die in d e n e inzelnen 10ti~gigen Pe r ioden verzehr ten N~h~m-ert-

mengen bzw. gel ieferte Mi lchmengen be t rugen :

Durch- schnittliche

t~gliche Hn-Menge

53 48 60 60 51 54 64 65

In cnsq

85 77 96 96 81 86

102 104

Durchschnitt der

Milchmenge pro Tag cm ~

1400 1700 1700 1800 1800 1800 1800 2OOO

Die Nahrungsmengen i iberschre i ten zweimal das M a x i m u m hn

Per iodendurchsehn i t t . I m we i t e ren Verlaufe s inken d ie durchschn i t t - l ichen N~ihrwertmengen bis auf 7,7 dnsq u n d t r o t z d e m ble iben die

gcl iefer ten Mi lehmengen ungefghr in derse lben H6he. Woh l is t ' zu be-

merken , d a b dabe i da~ K6rpergewich t , wenn auch m~13ig abnahm,

e in Beweis, d a b die Mut t e r eigene Subs t anzen unen tweg t zur Lieferung

de r Milch heranzog. Andere rse i t s h a t a b e t aueh in d e r Per iode der

Page 12: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der Nghrwertbedarf der stillenden Frau. 295

A b s o l u t e H n - M e n g e

p r o T a g

intensiven N~hrwertzufuhr iiber dem Maximum das KSrpergewicht nicht wesentlich zugenommen (-~- 50 g pro Tag in der ganzen Periode der ~?berschreitung des Maximums nu t 20 × 50 g ~ 1 kg). Auch in diesem Falle ist naheliegend anzunehmen, da6 N~hrwert nutzlos ver- pufft wurde. Das Gesamtdefizit des Kbrpergewicht~s betr~gt 1,50 kg.

Wcitere kurzdauernde Beobachtungen mi t gleichem Resultate machte ich bei Anna H~usler, 19 J . Amme vom 19. V.--30. VI. 1916

42 Tage (Fall 3). Sitzhbke 82 cm. KSrpergewicht 55 kg. Bei Schwanken der N~hrwertmengen zwischen 48 und 60 Hn

( ~ 71 cnsq resp. 89 csnq) ist die Milchsekretion kaum ver~ndert, sie steigt nur um 200 vom 900 auf 1100, wobei abet gerade die hbchste Milchproduktion yon 1100 ccm bei der geringsten N~hrwertmenge yon 48 Hn produziert wurde. Freilich sank in den 2 Perioden mi t go- ringer N~hrwertmenge (48 resp. 52 Hn ~ 71 resp. 77 csnq) das Ge~dcht um 3,75 kg ab.

Die einschl~gigen Zahlen der einzelnen Perioden lauten

G e l i e f e r t c Z u - o d e r i I B e d a r f

Mi lch A b n a h m e Z u I n c n s q p r o T a g p r o T a g Si-* i i n

58 52 60 48

86 77 89 71

ODI ~ g

900 + 275 1004) - - 175 1000 + 100 1100 - - 200

c n s q

+ 4 2 7 8

- - 2 6 5 9

+ 15 8 3

- - 3 0 102

Es unterliegt keinem Zweifel, da6 die Lieferung der Mitchmenge in der Zeit dcr geringen Nahrungszufuhr auf Kosten der Reservevorr~te effolgte. Die zugefiihrte N~hrwe~menge war zu gering, t rotzdem sezernterte die Brustdriise zufolge ' ihrer inaividuellen A1flage in ge- wohnter Weise welter. Dieser Zustand ist wohl nicht erwiinseht, da ja ~ie die K6rpergewiehtsabnahme erweist, der Ern~hrungszustand der Mutter ungiinstlg beeinflu6t wurde.

Nur e ine 17 bzw. 10t~gige Periode wurde bei den Ammen Anna Wei6enegger, 16 Jahre (Fall 5), Sitzh6he ~ 84 cm und Karol ina Spi6ka, 27 Jahre (Fall 6), Sitzhbhe ~ 85 cm, verfolgt. Erstere vom 24. V. bis 9. VI. 1916 (17 Tage) in Beobachtung, verzehrte durchschnittlich pro Tag 56 Hn ~ 80 cnsq und lieferte 600 g Milch. Das K6rpecgewicht stieg um 1,5 kg an. Karoline Spidka war vom 9. X I I . - - 1 8 . XI I . 1917 bei uI~s (10 Tage), verzehrte pro Tag 45 H n = 62 cnsq, lieferte 400 g Milch pro Tag lmd nahm um 2,5 kg zu. Bei beiden Ammen betrug das K6fpergewicht anfangs rund 60 kg.

Page 13: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

296 B. Schick:

Keine wesentlichen Details ergeben sieh bei L o u i s e F u g e r t (Fall 7). 19 Jahre. SitzhOhe 80 cm. Ern/ihrungsfl£che == 6400 ccm. Beobach- tungsdauer vom 29. IX. 1915--6. IV. 1916~ 190 Tage in 19 Perioden. Die Amine gab gleichm/iBige Milchmengen ab, die allm£hlieh von ca. 1600 ccm bis auf rund 1900 ccm anstiegen. Die N/ihrwertmengen schwanken zwisehen 46Hn ( ~ 7 dnsq) und 68 Hn ( ~ 10.6 dnsq). Freilich wucde dieser extreme, das theoretische Maximum etwas iiberschreitende N/ihrwert nur in einer Periode erreicht. Meist bewegte sich die N/ihr- wertzufuhr um 8 dnsq. Ich lasse die Zahlen absolute N/ihrwertmengen

gelieferte t:,igliche Milchmenge folgen.

N~hrwertmenge Gelieferte Milch Nem ...... in cnsq in ~In pro Tag in cm a Si 2

46 1600 70 47 1600 72 49 1600 75 50 1600 76 53 1600 81 53 t600 8! 53 1600 81 47 1700 72 51 1700 78 52 1700 79 52 1700 79 53 1700 81 54 1700 83 50 1800 76 51 1800 78 52 1800 79 61 1800 93 54 1900 82 68 1900 t06

Auch hier finden wir keine Paralleliti~t zwischen N~hrwertzufubr und gelieferter Milchmenge, so wird bei 47 Hn pro Tag 1700 ccm Milch geliefert, w/ihrend bei" welt h6heren Werten ebensoviel und auch weniger geliefert wird. Beziiglich des Verhaltens des K6rpergewichtes 1KBt sich aus den Aufzeichnungen rekonstruieren, dab in 9 Perioden das K6rper- gewicht stehen blieb, in 4 Perioden nahm das K6rpergewicht um 3 kg zu, w/£hrend es in 8 Perioden um 2 kg 30 abnahm. Die Perioden mit Abnahmen sind mit einer Ausnahme durchwegs Perioden mit geringen N/ihrwertzufuhren, 46---51 Hn pro Tag, in denen trotz dieser ungeniigen- den N/ihrwertzufuhr die Milchsekretion ruhig ihren Weg weiter geht

Page 14: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~ihrwertbedarf der stiUenden :Frau 297

und einfach die Reservevorrate ohne Rficksicht darauf, ob Ersatz er- fo]gt oder nicht, in Anspruch genommen werden. Die reichliche Zu- fuhr (fiber das Maximum hinausgehend) hat te keinen EinfluB auf die Milchsekretion. Das KSrpergewicht blieb ungef~hr stehen, ein neuer- licher Beweis fiir die unSkonomische Verwertung iiberreichlicher Nah- rung, deren Uberschult ohne Nutzen verpuff t wurde.

Ebenso verh~lt sich die Amme tIedwig Heider, 21 Jahre (Fall 8). SitzhOhe 81 cm. KSrpergewicht ca. 65 kg. Ernahrungsfl~che 6561 ccm. Beobachtungsdauer 22 Perioden rund ~ 10 Tagen vom 23. X. 1915 bis 9. VI. 16, das sind 230 Tage. Die Amme gibt bei Verzehr yon 45 Hal

68 cnsq in der ersten Periode 800 g l~rauenmilch, n immt dabei um 2 kg ab. Die Milchsekretion steigt unter Steigerung der N~hrwertzufuhr auf 82 und 88 cnsq = 54---58 Hn auf 1000 ccm an, wobei das K5rpergewicht gleichzeitig .~4eder die urspriingliche HShe erreicht. Die verzehrte N~hrwertmenge und ihre ]3eziehung zur ~¢[ilchsekretion ergibt sich aus folgender ~bersicht : Auch bier wieder langsam zunehmende Mi/chsekretion bei inkonstanter N~ihm~'ertmenge, also Unabh~ngigkeit der Milchsekretion auf kSrzer dauernde Schwankungen, insbesondere dann, wenn im allgemeinen reichlicher N~hrwert zur Verfiigung steht. Die N~hrwertmengen haben im grol~en und ganzen den Bedarf gedeckt, die im Verlauf der Beobachtung vorkommenden KSrperge)~4chtsverluste werden durch reichliche Nahrung wieder eingebracht, so dal~ die Amme am Schlusse der Beoba~htung wieder ihr Ausgangsgewicht besitzt. In

Perioden nimmt das K6rpergewicht um je 50 g pro Tag ab, in je eincr Periode um 100 g, 150 g und 200 g pro Tag in 8 Perioden bleibt das K6rpergewicht stehen, in 6 Perioden wird der Verlust wieder durch Zunahme eingebracht.

Nem Milchproduktion Hn Si *" pro Tag

45 68 800 54 82 1000 58 88 1000 62 94 1100 55 93 1300 56 85 1300 46 70 1400 60 92 1500 57 87 1500 54 82 1500 54 82 1500 54 82 1500

Page 15: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

298 B. Schick:

Nem Milchproduktion Ha Si 2 pro Tag

54 82 1500 50 76 1500 49 75 1500 48 73 1500 54 82 1600 54 82 1600 53 81 1600 51 78 1600 50 76 1600 56 85 1600

Die t i iglichen Schwankungen der Ni ihrwer tmenge haben auf die

Mi lchsekre t ion keinerlei EinfluB.

Die l i ingste B e o b a c h t u n g s d a u e r habe ich bei de r Amine Anna

~ e r m a k zu verzeichnen. 20 J ah re , Si tzhbhe 82 cm, Kbrpe rgewich t r und 5,7 kg. Am 4. I . 16 in der K l i n i k aufgenommen, b le ib t sie bis

zum 17. H . 17, also fiber e in J ah r , rund 400 Tage. Le ide i s ind aueh

yon d ieser A m m e die Tabel le zum grol~en Teil ver loren gegangen. 100 Tage s ind e rha l t en gebl ieben, d ie in d ie Zei t vom 1. X. 16 4. I [ . 17

fallen. W i r bef inden uns in d iesem Z e i t a b s c h n i t t im abs te igenden Tell

de r Mi lchdr i i sensekre t ion ; es ist, m i r d ieser Teil deswegen wicht ig , weil

ich das Verha l ten der Amine in d iesem S t a d i u m auf Grund de r t i igFchen

Re la t i on zwischen N~hrwer t u n d Mi lchsekre t ion bespreehen kann.

Die i ibr igen Beobach tungen e rgeben im wesent l ichen diese lben Resu l ta te ,

wie d ie ande ren F~lle. I ch la .s~ d ie Durchschn i t t swer t e de r 42 Per ioden

(yon ca. 10 Tagen) folgen.

Nem . Milchmenge Hn - - - - in cnsq Si 2 pro Tag

58 86 600 56 83 700 54 80 9OO 57 84 900 60 89 900 63 93 900 62 92 1000 64 95 1000 46 68 1100 68 101 1100 53 79 1300 58 71 1300 59 87 1300

Page 16: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbedarf der stillenden Frau. 299

¢,q

r ~

D

¢4

Page 17: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

300 B. Schick:

Nem . 3Hlehmenge Hn - - - m cnsq Si z pro Tag

50 74 1500 65 96 1500 59 87 1600 60 89 1600 57 84 1700 54 80 1700 51 75 1700 61 90 1800 58 86 1800 57 84 1800 54 80 1900 61 90 1900 64 95 1900 67 99 2000 58 86 200O 56 83 20OO 56 83 2000 46 68 2000 45 67 2000 44 66 2000 59 87 2000 54 80 2100 58 86 2100 62 92 2100 64 95 2100 60 80 2200 58 86 2200 58 86 2200

Auch h ier l~]]t s ich fes ts te l len , dal~" de r Ablauf de r Milchsekre t ion

in we i t em Umfange unabhi~ngig yon de r N~hrwer tzufuhr verl~uft ,

insbesondere dann , wenn d ie Mi lchsekre t ion schon im vollem Gange ist . So sehen wi r bei 50 H n 1500 g Milch pro Tag l iefern und in de r fol-

genden Per iode diese lbe Menge bei 65 H n pro Tag. Ohne wesentl ichc

S t e ige ruag de r N~hrwer t zu fuh r s t e ig t die Milchmenge auf 2200 g pro

Tag an. N u t konn te ich kons t a t i e r en , d a b w~hrend dieser Zei t das

KSrpe rgewich t s ich n i c h t au f r ech t e rha l t en lic~. Die Abnahme erfolgte

al lm~hlich, ungef~hr 0,5 kg p ro 10 Tage. Deut l iche A b n a h m e erfolgte

in den P e r i o d e n ger inger N~hrwer t zu fuh r (46,45 resp. 44 H n pro Tag) bei L ie fe rung yon 2000 g. Auch h ier be t rug dcr G e s a m t v e r l u s t 1,5 kg.

I n den 42 P e r i o d e n w a r e n 2 2 r e a l ke ine A b n a h m e n zu verzeichnen,

12rea l Z u n a h m e n im G e s a m t b e t r a g e von 9,5. kg, dagegen 7 A b n a h m e n

im Betr~ge yon 3 kg. Es i s t da r aus zu en tnehmen , dal~ im wesent l ichen

Page 18: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbeclarf der stillenden Frau. 301

mit Ausnahmc der oben erwiihnten, zu geringen N~hrwertzufuhren meist der N~hr-~'ertbedaff gedeckt und mehrmals tiberschritten war, so dab wieder dadurch die M6glichkcit gegeben war, bei N~hrwertmangel die Reserven heranzuziehen und die Milchsekretion auf deI H6he zu erhalten.

Da die Reihenfolge der hier angefiihrten Zahlen nicht der wirklichen geihenfolge entspricht, will ich die Verh~ltnisse bei der spontanen Abnahme der Milchsekretion an der Hand des vorliegenden Teiles der Ammenern~hrung mi t neuerlich berechneten Perioden anschlieBen. Die Perioden decken sich nicht vollkommen mi t den oben bezeichneten Perioden, die Differenzen in den Werten sind auf diese Tatsache zuriick- zufiihren.

Die MiIchsekretion hat ihren HShepunkt schon lange iiberschritten, bei relativ grol~en N~hrwertmengen sinkt die Milchsekretion ganz all- m~hlich ab. Dabei ist nur eine unwesentliche K6rpergewichtszunahme zu verzeichnen. In der 4. Periode verzehrt die Amme bloB rund 54 Hn = 3600 Kalorien ~ 80 cnsq, bleibt am KSrpergewicht stehen und liefert 1300 g Milch pro Tag. Trotz Steigerung der E~ihrwertzufuhr auf 93 cnsq = 62,7 Hn ~- 4300 Kalorien n immt die Milchsekretion unaufhaltsam ab. Das KSrpergewicht bleibt stehen. Uber die Konzentrat ion der NShrwerte in der abgegebenen Milch sind sichere Werte nicht zu geben. Der Fet t - gehalt im abgespritzten Anteil war nicht erhSht. Ich hebe hervor, dab die Amine an 2 Tagen (12. u. 13. XI.) mehr als das: 'Maximum zu sich nahm. Auch diese groBe N~hrwertmenge hat te keinen EinfluB. In den n~chsten 3 Perioden sind die t~glichen N~hrwertzufuhren gleichm~f~iger und etwas rdedriger, wobei die M{lchsekretion weiter ablfimmt. Xhnliches gilt v o n d e r Periode 20. XI I . - -29 . XII . , doch waren hier grSi3ere Schwan- kungen in der N~hrwertzufuhr zu verzeichnen. In der 10. Periode steigt gegen Ende die N~hrwertzufuhr an, diese Steigerung h~lt in den n~ichsten 2 Perioden an. Sie erreicht in der vorletzten Periode im Durch- schnitt das Maximum, erreicht es in der dri t t letzten Periode beinahe, an einzelnen Tagen dieser Perioden wird das Maximum iiberschritten. Die Milchsekretion n immt nichtsdestoweniger ab, sinkt auf 900 dann 800. Die einzige Konsequenz der reichlichen N~ihrwertzufuhr ~ ist der deutliche Anstieg des KOrpergewichtes. Es n immt in 30 Tagen um 2 kg zu. In der letzten erhMtenen Periode wird weniger gegessen, die Milchproduktion sinkt auf 700 g pro Tag. Das KSrperge~4cht blcibt stehen.

W i r f i n d e n s o m i t v o l l s t ~ n d i g a n a l o g e V e r h a l t n i s s e , wie bei d e r M i l c h p r o d u k t i o n d e r T i e r e . I s t d ie M i l c h d r t i s e n -

Page 19: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

302 B. Schick:

f u n k t i o n in R i i c k g a n g b e f i n d l i c h , so ma g d ie r e i c h l i c h e E r n ~ h r u n g v i e l l e i c h t d ie R a s c h h e i t des R t i c k g a n g e s v e r - l a n g s a m e n , v e r h i n d e r t w i r d d e r R t i c k g a n g j e d o c h n i ch t . D a g e g e n n i m m t das K 6 r p e r g e w i c h t in d i e s e m F a l l e zu, wie w i r a b e r s e h e n w e r d e n , ke in u n b e d i n g t s i c h e r e i n t r e t e n d e r F o l g e z u s t a n d .

Interessante Ergebnisse fanden sich bei der Amme R o s a F a n t a . 42 Jahre. Die Einzeldaten sind ver lo~n gegangen, die fiir meine SchluB- folgerungen wichtigen Tatsachen kann ich aber durch die vorhandenen Zahlen stiitzen, so dab ich mich nicht auf die Erinncrung berufen muB. Beobachmngsdauer 25. VI. 16--3. I. 17, 18 Perioden --- 193 Tagen. Sitzh6he 80 cm, K6rpergewicht 67 kg. Die N~hrwertzufuhr wurde der Amme selbst iiberlassen. Bei t~glich stark schwankender N~hr- wertmenge, die zwischen 54 Hn und 58 Hn pro die im Periodendurch- schnitt betr~gt (== fund 3800 Kalorien ~ 84--90 cnsq), steigt die Mflchmenge yon 900 pro Tag auf 1100 an, wobei das K6=pergewicht m~Big ansteigt. Die N~hl~'ertzufuhr ist im Verh~ltnis zur gelieferten Milchmenge sehr groB. Der Durchschnitt steht nur um 10--15 cnsq unter dem theoretischen Maximum. Trotz dieser reichlichen N~hrwert- zufuhr l~Bt aber die Milchdriisensekretion rasch nach. Die hielt sich im ganzen nur etwa durch einen Monat auf der H6he yon 1100 g pro Tag. Die Milchproduktion geht wieder auf 900 pro Tag, dann auf 800 g z~riick, um dann in einem Monat auf Null zu sinken. Dieses Herab- gehen lieB sich durch reichliche Nahrungszufuhr: die in einer Periode sogar fast das Maximum (98 cnsq ~ 63 Hn ~ 4200 Kat.) erreicht, n i c h t a u f h a l t e n . Selbst die Zunahme des K6rpergewichtes ist kaum der l ~ d e wert (ca. 1 kg). Wir miissen annehmen, dab L u x u s v e r b r e n n u n g getrieben wurde. N u t z l o s v e r p u f f t e d e r N a h r u n g s t i b e r s c h u B . In 5 Perioden (ungef~hr durch 50 Tage) belieBen wir die reichliche Nah- rung. Sie erreichte fast 90 cnsq, wobei iiberhaupt keineMitch abgegeben wurde. Nur in einer Periode stieg das K6rpergewicht um 1 kg. Wegen Nutzlosigkeit der N~hrwertzufuhr setzten wir die Amme unvermittelt auf rund 5 cnsq ( ~ 2200 K~lorien), wobei dieselbe ebenfalls auf ihrem K6rpergewicht stehen blieb. Die Reduktion der Nahrung effolgte vor allem durch Streichen der ~Iilchzulage. Es i s t b e s o n d e r s zu b e t o n e n , d a b d i e s e a k u t e N a h r u n g s e i n s c h r ~ n k u n g o h n e K 6 r p e r g e w i c h t s a b n a h m e v e r t r a g e n wu rd e .

Die einschl~gigen Zahlen lauten fiir die ~inzelnen Perioden folgen- dermaBen :

Page 20: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~rwertbedarf der stiUenden Frau. 303

T~iglich verzehrter N~hrwert

in Hn

Abgegebene Milchmenge

pro Tag

Milchmenge Nem-~clenge Si* Si*

55 57 58 58 54 54 51 60 57 55 63 58 56 57 57 34 33 31

1100 1100 1100 90O 9O0 880 8OO 5OO 300 100

fast 0 0 0 0 0 0 0 0

17 17 17 14 14 13 12 8 4 2 0 0 0 0 0 0 0 0

86 89 9O 9O 84 84 78 92 89 86 98 9O 87 89 89 53 5O 47

Zunahme Zu- in Abnahme

pro Tag ~ i - ~ - -

0 0 0 0

+ 70 +11 0 0 0 0

+110 +17 --100 --15 + 5 0 + 8 + 5 O + 8

0 0 0 0

+ 100 + 15 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

Bedarf

86 89 79 90 84 72 92 85 78 86 98 76 87 89 89 53 50 47

Das Versiegen der Milchsekre t ion konnte ich auch in fo lgendem

Falle (Nr. 12), Franziska Tischler, veffolgen. I n Beobach tung v o m

30. X I I . 14--27. I I . 15 durch ca. 60 Tage. Si tzhShe ~- 85 cm. Ern~h-

rungsfl~che = 7225 qcm.

T~glich verzehrter N~hrwert

in Hn

48 49 51 39 35 32

Abgegebene Milchmenge

pro Tag.

Milchmenge Si*

l~rem-Menge Si z

800 12 66 700 10 68 300 4 70 0 fast 0 54 0 0 48 0 0 44

Zunahme Zunahme in g ~ , - - - pro Tag

+ 2 ~ ! 0 0 0 0

+ 65

0 0 0

+ 9

Bedarf

52 68 70 55 48 40

Die Amine l iefert bei Zufuhr von 48 H n -~ 3200 Kalor ien , 800 g

Milch pro Tag und n i m m t dabei um rund 2 kg zu. Die N~hrwer tmenge

betr~gt nur 66 cnsq, is t also n ich t sehr reichlich. Wjr kSnnen annehmen,

dal~ die Amme un te re rn~hr t war, so dai] der K6rpergewich tsansa tz

leichter zustande kam. Da~ diese Uber legung r i eh t ig ist, zeigt das

Stehenbleiben des KSrperge~4chtes in den folgenden 2 Per ioden bei

Page 21: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

304 B. Schick:

ungefiihr gleieher Nghrwertmenge und rasch sinkender Milchsekretion. In der vierten Periode wird die Nghrwertmenge von uns selbst restringiert indem vor allem die Milchzulage gestriehen wurde.

Die Amme stellt sich allmghlich auf den Bedai.f der nieht stillenden Frau ein. In der letzten Periode ist bei einer Nahrung yon 32 Hn == 2200 KMorien, etwas K6rpergewiehtszunahme zu verzeichnen.

Die Beobachtung zeigt neuerlich die Tatsaehe, dab es auch durch reichliehe Erni£hrung nicht gelingen mug eine Driise zur gr6i~eren ]Punk- tion zu z~vingen. Die Milchdriise war jedenfalls in Versiegen begriffen und diese Arbeitseinstellung war nicht riickggngig zu machen.

Oezo'nh Januar ~18. februar /f,.Iglrz ;,j ........................ ! ................ ...................

o -so9 - z@

¢Shn . . . . . . . . . . . . ~ l/Sc, q~q, qSc_.,q, sq"

o 11 ,-~<,' ~oo I ,,,,,<,'~ool ,-<,~,ool ./'<,~,'o ,/'=,~,'o

Abb. 4. Marie M~yer, 22 Jahre. SitzhShe 88 era.

Marie Mayer, 20 Jahre, Sitzh6he 88 era. Ern/ihrungsfl'/iche 7730 ecru. K6rpergewicht ca. 65 kg. Beobaehtungszeit vom 12. IV. 17--13. III. 1918 = 336 Tage.

Die Amme wurde zuerst ohne Beschrgnkung ern/ihrt, wobei die Nahrungsmenge in 10 Perioden zwisehen 49 und 63 Hn pro Tag, das ist 63--81 ensq, sehwankten. Die Werte bewegten sieh meist iiber 55 /-Ill pro Tag, nut in 2 Perioden wurde weniger, 49 resp. 51 Hn, ver- zehrt. Die Milehmenge st.ieg hierbei unbekiimmert um die tggliehen Sehwankungen und aueh um die Sehwankungen in den einzelnen Perioden an, sie betrug anfangs 1000 g und erhob sieh ganz allmiihlieh auf 1600 g. Die Nahrungsmenge geniigte zur Bestreitung der Milehsekretion, denn das K6rpergewieht zeigte anfgnglieh sogar Zunahmen, blieb dann unge- fiihr stehen, erst bei den gr6Beren Milehmengen, wobei die Amine weniger

Page 22: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbedarf der stillenden Frau. 305

N/ihrwert zu sich nahm (7.--9. Periode), sank das KOrpergewicht sicht- lich ab (KSrpergewichtsverlust ca. 2 kg). Bei Steigerung der N/~hrwert- menge in der 10. Periode auf 59 Hn (---- 7,5 cnsq), stieg das KSrperge- wicht bei 1600 g gelieferter Milch wieder um 500 g an.

Aus spi~ter zu erSrternden Griinden f i x i e r t e n wir nunmehr, ent- sprechend der zu erwartenden Mi]chsekretion ungef/ihr yon 100 Tagen der Beobachtung die t~gliche N~hrwertmenge auf 60 Hn = 4000 Ka- lorien = rund 8 cnsq. Trotzdem l~I~t sich die Milchsekretion nicht mehr in der gleichen HShe aufrechterhalten. Anfi£nglich bleibt bei langsam sinkender Milchsekretion das KSrpergewicht noch stehen, n immt dann zuerst langsam, dann recht betr/~chtlich zu. M a n s i e h t d e u t l i c h , d a b t r o t z gro l~er N ~ h r w e r t m e n g e n d ie M i l c h s e k r e t i o n u n - a u f h a l t s a m b e r g a b g e h t . D a f i i r s e t z t d i e M u t t e r s i c h t l i c h F e t t an. Da die reichliche N/£hrwertzufuhr ohne Einflufl auf die Milch- sekretion bleibt, restringierte'ich die Nahrung auf 45 H n = rund 6 dnsq. Diese N~ihrwertmenge d/irfte ungef/~hr den Bedarf der Amine bei geleisteter leichter kSrperlicher Arbeit gedeckt haben, denn das KSrper- gewicht blieb ungef/~hr stehen. Die Milchsekretion sank dabei auf Werte yon wenigen Grammen um endlich ganz zu versiegen. Die Amme ging dann auf 6t~gigen Urlaub. Zuriickgekommen erhielt sie nur mehr 35 Hn = 45 dsnq pro Tag, welche N~hrwertmenge etwas unterhalb des Bedarfes lag, da die Amine um 2 kg abnahm.

Interessant ist, dal~ die Amine im absteigenden Tell der Milchsekre- tion Rubeolen zusammen mi t ihrem Kinde durchmachte, dabei fieberte, wenig Appeti t hat te (Nahrungsaufnahme = 49 Hn). Die Milchprod'uk- tion zeigte keine auff/illige )~nderung.

Periode

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

10. 11.

T~gliche N~u~vertmenge

in H n

Nero: Si ~ in onsq

61 79 i 63 81 p 62 f 80 56 I 72 57 ~ 7.4 61 I 79 49 i 63 51 i 66 55 : 71 59 ~ 76 60 t 77

Zeitschrlft flir Kinderhellkuude. O. X X L

Mi lchmenge pro Tag

1000 1200 1300 1300 1400 1400 1500 1500 1500 1600 1400

zu- ] u n d A b n a h m e i

ing pro Tag

+2.5 ÷50

+150 - - 25 --100 --100 + 5 O - - 6 0

20

Zu: Si ~

+ 3 + 6

+ 6

+'19 - - 3 - - 1 3 - - 1 3 + 6 - - 8

Page 23: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

306 B. Schick:

und Zu- [ T~gHche Periode N~hrwertmenge Nem:SV Mllchmenge Abnahme + Zu:Si*

in cnsq pro Tag in g -- in Hn i pro Tag t

12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.

60 60 60 49 60 60 60 60 52 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 35 35

77 77 77 63 77 77 77 77 67 58 58 58 58 58 58 58 58 58 58 45 45

1100 1000 800 700 7OO 50O 40O 300 3OO 2O0 100 100 100 100 100 100 100

+ 5 0 +250 + 25 + 5 O +150

+ 175

- - 2 5

- 6 0

+ 6 0

- - 25

- - 50 --150

t

i

+ 6 +33 ÷ 3 + 7 +20

+23

- - 3 - - 8

+ 8 - - 3

- - 7 --20

Wie erwahnt, habe ich mit fortschreitender Bcobachtungsdauer yon der Nutzlosigkeit der Schwankungen in der taglichen N~hrwertzufuhr die H6he der ]etzteren fixiert.

A n n a H a l m e r b a u e r , 20 Jahre. Beobachtungsdauer 94 Tage (10 Perioden) yore 24. III. 18--17. VII. 18. S i t z h S h e 86 cm. Die Amine erh~lt titglich 69 Hn ( = 4000 Kalorien). KSrpergewicht ca. 58 kg. II~ den ersten 4 Perioden produziert Anna H. noch wenig Milch, 800--900 ccm. Bei diesen Mengen ist die Ni~hrwert- menge reichlich, so dab die Amine in den ersten 5 Perioden um rund 5 kg zu- nimmt. Diese KSrpergewichtszunahme geht aber in den nachsten 5 Perioden wieder vollends verloren, dabei steigt die Milchmenge pro Tag ~uf 1100 g an. Diese Annahme des KSrpergcwichtes spricht daffY, dab die Niihrwertmenge zur Lieferung yon 1100 g nicht mehr geniigte. Dcr Bedarf den wir mit fund 7 dnsq berechnet hatten, ist zu niedrig gehalten, er steht ungefahr um 8,5---9 dnsq.

T ro tzdem is t auch dieser Fa l l fi ir die Auffassung verwer tbar , dal~

auch bei zu geringer N/~hrwertmenge die Milchdriise fortf/ ihrt , Milch

sogar in le icht ans te igender Menge zu liefern, freil ich auf K o s t e n dcr

e igenen Reservevorr~ te , die im vor l iegenden Fal le durch reichliche

Ern/~hrung zu Beginn der L a k t a t i o n aufgespeicher t werden konnten.

E s i s t b e r e c h t i g t a n z u n e h m e n , d a b d i e a n f ~ n g l i c h r e i c h l i c h e

E r n ~ h r u n g d u r c h A n l e g u n g y o n R e s e r v e v o r r i ~ t e n d i e F o r t -

Page 24: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbedarf der stillenden Frau. 3 0 7

d a u e r d e r M i l c h s e k r e t i o n auf l~ngere Dauer a u c h be i k n a p p e r E r n i ~ h r u n g e r m 6 g l i e h t h a t . Immerh in wird jedermann zugeben, daB es a u f d i e D a u e r n i c h t r a t i o n e l l s e i n k a n n , die Milchsekretion unter Verschlechterung des ErnKhrungszustandes der Mut ter vor sich gehen zu lassen.

Die Zahlen lau ten: 8 Perioden ~ 10 Tage, 1 Periode ~ 8, 1 Per iode 6 Tage:

Durchschnitt - T~gliche lithe N~hrwert

N~hrwertmenge i t~gliche Si~ in einer Periode j MiJchmenge in casq

50 50 50 50 50 50 50 50 50 50

8OO 8OO 9OO 9OO

1000 1000 1100 1100 1100 1 1 0 0

59 59 59 59 59 59 59 59 59 59

t Zunahme ! ! Abnahme i Zu Bedarf I pro Tag i Si ~ in ensq

+ 5 0 + 7 64 t

-~ 30 A- 4 1 66 +275 +38 50 -t- 100 A- 14 61 + 50 + 7 65 - - 30 - - 4 73 - - 5 0 - - 7 7 5

- 1 0 0 - - 1 4 81 --175 --24 85 - - 180 --25 92

Grol3es Interesse ha t meines Erach tens die Frage des N/i.hrwert- bedaffes der F r a u in der Sehwangerschaft . I ch habe diesbeziiglich durch 1/ingere Zeit Beobaehtungen gesammel t und werde dariiber in einer eigenen Arbei t berichten. An dieser Stelle will ich nur iiber zwei F/ille berichten, die ich in der Sehwangerschaf t und die Tage unmi t te lbar naeh der Gebur t verfolgte. Eine dieser F rauen t r a t d a n n als A m m e bei uns in die Kl inik ein. Bei dieser konnte dann dutch 1/ingere Zeit des Stillens der N/ihrwertbedarf festgestellt werden.

L e o p o l d i n e M a y e r , 25 Jahre , als Schwangere am 20. XI . 1916 in die erste Frauenkl inik aufgenommen. SitzhShe 87. Ern~hrungsfl~che : 7569. KSrpergewicht mi t Kind 78,2 Das KSrpergewieht betr/~gt am 27. XI . 77,6, am 4. X I L 77,7, am 11. X I I . 77,6, s teigt dann pl0tzlich auf 79,7 (18. XII . ) . Die folgenden Ge~Schtszahlen betragen am 26. X I I . 79,1, am 2. I . 78,6, a.m 8. I . 78,5. Am 13. I . 1917 abends k o m m t die F rau zur Entbindung. Das Kind wiegt 2830 g. Das KSrpergewicht der Mut ter betr~gt 6 Tage nach der Gebur t 71,7, also um 6,8 kg weniger (Frucht- wasser, Plazenta, Blutver tus t etc.).

Die Yrau wurde der spontanen N~hrwertzufuhr. iiberlassen. Sie stellt sich mi t geringen Schwankungen auf rund 5 dnsq ein. Die ver- zehrten Ni~hrwerte bet rugen:

20*

Page 25: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

308 B. Schick:

Tage Si S

t. Periode 20. X L --29. XI . 10 36,8 H n pro Tag 48 cnsq 2. ,, 30. XI . - - 9. XII . 10 38,9 . . . . . . 51 ,, 3. ,, 10. XI I . - -19 . XII . 10 35,5 . . . . . . 47 ,, 4. ,, 20. XI I . - -29 . XI]'. 10 39,0 . . . . . . 50 ,, 5. ,, 30. X I L - - 8. t. 10 34,4 . . . . . . 45 ,, 6. ,, 9. I. --13. I. 5 38,6 . . . . . . 50 ,,

D i e e r w g h n t e n s t a r k e n K S r p e r g e w i c h t s s c h w a n k u n g e n la.ssen e ine

B e u r t e i l u n g d e s N ~ h r w e r t b e d a r f e s n i c h t zu, v i e l l e i c h t h ~ n g e n d i e S c h w a n -

k u n g e n m i t W a s s e r r e t e n t i o n ( F r u c h t w a s s e r ) z u s a m m e n .

No~ 1916. Oez.ember Ja~u~ 191Z

i

/./~.~ ~ .....

hn ~ o r ~ s I ~ ~ 5~ ~ 331 5o.. I

Abb. 5. Leopoldine Mayer, 27 ffahre, Sitzh6he 87 cm.

I n d e n l e t z t e n zwe i T a g e n v o r d e r E n t b i n d u n g aS d i e Fra.u viel ,

44 ,5 r e sp . 55 ,5 H n . I n d e n n u n f o l g e n d e n 6 T a g e n de s W o c h e n b e t t e s

w a r e n d i e v e r z e h r t e n N K h r w e r t m e n g e n w e s e n t l i c h g e r i n g e r , s c h w a n k t e n

z w i s c h e n 24 t i n u n d 32 H n . ( D u r c h s c h n i t t s w e r t ----- 25 ,3 H n ~ 1680

K a l o r i e n ~ 33 c n s q . ) D i e M i l c h d r i i s e n s e k r e t i o n n a h m r a s c h zu. D i e

g e l i e f e r t e n M i l c h m e n g e n b e t r u g e n a m

1. Tage 0 g 2 . , , 7 5 . , 3. ,, 170 ,. 4. ,, 200 ,, 5. ,, 300 ,, 6. ,, 450 ,,

D e m e n t s p r e c h e n d n a h m d a s K i n d n u r b i s z u m 4. T a g e y o n 2830 g

a u f 2 7 7 0 g ab . D a s G e w i c h t h o b s i c h d a n n a u f 2950 g a m M o r g e n de s

7. L e b e n s t a g e s .

Page 26: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der Nahrwertbedarf der stillenddn Frau. 309

Die im Wochenbett verzehrte Nhhrwertmenge von 25,3 H n ent- spricht nur 3,3 cn~l, ist also nur wenig oberhalb des Minimum gelegen. Es ist wichtig zu sehen, dab die Brustdriise trotz der geringen N/~hr- wertzufuhr ihre Funktion bedingt. Setbstverst/£ndlich daf t daraus nicht der SchluB gezogen werden, dab es fiir das sp/itere Stillen gleiehgiiltig sei, ob die /~rau im Wochenbett reichlich ern/~hrt wird oder hungert. Es kann ganz gut sein, dab bei nicht entsprechender N/ihrwertzufuhr die T/itigkeit der Milchdriise nicht geniigend gefSrdert wird. Ieh erinnere auch hier noehmals an die Versuche H e i d e n h a i n s , der die Bedeutung der reichlichen Fiit terung gerade im Beginn der Lakta t ion hervorhob. Uber diese :Frage kSnnen nur eigene Versuche, die geplant sind, Auf- schluB geben.

Der zweite Fall, ~ranziska BOhm, 24 Jahre alt, SitzhShe 81, Er- n/~hrungsflKche 6561 ccm, wurde am 16. X. 1916 in die Schwangeren- abteilung aufgenommen. Entbindung am 20. I I . Die Beobachtungs- zeit in der Sehwangerenperiode betr/igt 36 Tage. Das KSrpergewicht betr/igt zu Beginn 64,4 kg und bleibt mi t geringen Schwankupgen bis zur Geburt gleieh. Da das Kind unterdes grSBer wurde, ha t die Mutter eigentlieh an Gewieht abgenommen. Das Kind wog bei Geburt 3750 g. Das KSrpergewieht der Mutter sank von 64,3 auf 57,1 -= 7,2 kg. I m Woehenbett nahm es auf 57,4 zu.

Verzehrte Periode Dauer t/igliche Hekto - cnsq

Nemmenge 16. X.--23. X. 8 [rage 43,5 66 24. X.--30. X. 7 ,, 42,8 65 3L X.-- I. II. 7 ,, 38,0 58 7. II.--17. II. 11 ,, 41,6 63

18. II.--20. II. 3 ,, 20 30 1) 21. IL--29, II. 9 ,, 32,2 49 20. ]:I.-- 7. XII. 8 ,, 35,3 54

Wir sehen, dab die Mutter in der letzten Zeit der Schwangerschaft rand 60 cnsq zu sich nimmt, dabei scheint der Bedarf nicht vSllig gedeckt. Die letzten 3 Tage vor dcr Geburt war die Nahrungsaufnahme nur sehr gering. In den ersten 17 Tagen der Lakta t ion setzt diese bei einer noch relativ geringen Nfihrwertmenge yon 32--35 Hn = rund 2250 Kalorien ein, indem in den ersten Tagen durchschnittlich 420 g pro Tag, in der folgenden Periode schon 550 g Frauenmilch pro Tag sezerniert wurde.

~) Geringe Nahrungs~ufn~hme 3 Tage vor der Geburt. Am Abend des 20. II. Entbindung.

Page 27: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

310 B. Schiek:

D a s K i n d gedieh ausgezeich~mt. Gebur tsgewicht 3750 g. Dieses n i m m t bis

3730 g am 4. Tage ab, urn yon da ab auf 3990 g am 17. Tage anzusteigen.

Die Amine kam dann in die Kinderldirtik und verblieb bier yore 10. XII. 16 bis 18. IV. 17. Beobachtungsdauer 130 Tage (zusammen mit den ersten Tagen der Laktation 147 Tage). Die 130¢Tage der Beobachtung in der Kinderldinik ergibt in 13 Perioden yon durchschnittlich 10 Tagen Dauer, folgende Zahlen.

Verzehr te Hn

p ro Tag cnsq

51 77 59 93 58 88 60 91 41 62 61 93 55 84 56 85 56 85 55 84 56 85 57 87 59 9O

Milch pro Tag

r u n d

7 ~ 1000 11~ 13~ 1350 1350 1400 1400 1400 1400 1450 1500 1500

i Zu- u n d I Zu

A b n a h m e I S i~

+ 5 0 : + 8 +180 +27 +200 +31 +200 -+.31 --250 ~ --38 +250 i +38 + 5 0 : + 8

+ 5 0 + 8

+ 2 5 + 4 +175 +27 +150 +23

Frauenmi l ch Si ~

Bedarf m onsq Ern~hrungs-

j _ fl~che

I0 7l 15 73 17 67 20 66 21 101 21 70 22 76 22 79 22 85 22 78 22 85 23 86 23 74

Die Amme verzehrte bei uns von Anfang an mehr N~hrwert.

Er s t i e g . v o n 77 cnsq bis auf r u n d 90 an.

01do6~ 1516. Novsrr~ L~eln~

cn~f t ~ |

~0-

30-

gO-

I I ~go# 55o9 1

Abb. 6. Franziska BShm, 24 Jhr., SitzhShe 87 cm.

Dabei n a h m sowohl das

K6rpergewicht als auch

die Milchsekretion zu, so

da6 wir sagen k6nnen,

da~ der N~hrwertbedaff

reichlich gedeckt war. Er

war auch noch reichlich

fiir die Zeit, in der die

t~gliche Milchsekretion bis

auf 1500 g pro Tag an-

gestiegen war, denn auch

da nahm das KSrper-

gewicht noch zu. N u r

in e i n e r P e r i o d e be i

g e r i n g e r N i ~ h r w e r t z u -

f u h r , 41 H n p r o T a g --

r u n d 2800 K a l o r i e n ,

n a h m die Amine in ca.

10 Tagen u m 3,5 kg a b ,

Page 28: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbedaff der stillenden Frau. 311

wobei die M i l e h s e k r e t i o n r u h i g i h r e n F o r t g a n g nahm. Zw e i f e l - los h a t d ie B r u s t d r i i s e d i e z u r L i e f e r u n g des S e k r e t e s n S t i g e n S t o f f e aus den R e s e r v e n b e z o g e n , d ie j a in v o r - l i e g e n d e m F a l l e s i c h t b a r a n g e l e g t w a r e n . Die Amme nahm w/~hrend der Stillzeit um rund 9 kg zu. Ich erinnere an die analogen Beobaehtungen beim Tier {Ke l lne r , loc. cit.).

Bei Lieferung von 1500 g Frauenmileh diirfte der Bedaff ungef/~hr mit 50--55 Hn pro Tag ~ 3500 Kalorien, zu berechnen sein.

Interessant ist auch hier die Selbst/£ndigkeit der Brustdriisen- Sekretion; wenigstens auf kiirzere Zeit ist die reduzierte N~hrwertzu- fuhr ohne merkbaren Einflul~ auf die gelieferte Menge; ich kann wohl dazu setzen, vorausgesetzt, dal3 die Mutter geniigend Reservevorr/~te besitzt, um voriibergehend mit diesen auszuhelfen. Die £~glichen Schwan- kungen sind auch in diesem Falle ohne Einflul3 geblieben.

In den bisherigen Beobachtungen ist noch hinzuzufiigen, dab in mehreren F/~llen, w/~hrend der Laktat ion die Menstruation eintrat, ohne irgendwelchen nachweisbaren EinfluI~ auf die Milchdriisensekretion. Aueh die Nahrungsaufnahme war nicht beeinfluBt. Wenn mehrere Ammen (zeitweise3) gleiehzeitig in der Klinik waren, gab es auch manch- real gewaltigen Streit, an solchen Tagen pflegten alle Ammen infolge Aufregung weniger.zu essen. Auch dies war ohne EinfluB auf die Milch- driisensekretion. Wie erw~hnt, verliefen auch kurzdauernde Erkran- kungen mit Fieber und Herabsetzung der N/ihrwertzufuhr ohne Folgen fiir die Milchsekretion. In einem Falle, in denen Mutter und Kind einen rubeolaren Aussehlag zeigten, wobei die Mutter wenig Nahrung zu sieh nahm, sank die sehon in Abnahme befindliche Sekretion vielleicht etwas rascher ab und auch die naeh der Erkrankung einsetzende reich- liehere ErnEhrung konnte das Versiegen der Sekretion nicht mehr auf- halten.

Trotzdem m6chte ich diese Auffassung nicht in dem Sinne gene- ralisieren, dab Erkrankungen keinen Eimqu8 auf die Milchdriisensekre- tion haben: denn in einem Falle konnte ich eine eigentiimliche griine Veff/~rbung der Muttermilch gelegentlieh einer fieberhaften Angina der Mutter beobachten. Leider war es nicht m6glich, die Genese der GriinfErbung zu studieren.

Der Fettgehalt der Muttermilch zeigte individuelle Schwankungen, die unabhi~ngig yon der N/~hrwertzufuhr waren. Ich schlieBe reich daher denjenigen Autoren an, die auch beziiglieh der Qualit~t der Muttermileh die Unabh/~ngigkeit in weiten Grenzen yon den qualitativen und quanti- tat iven Schwankungen des zugefiihrten N~hrwertes hervorheben. Dabei

Page 29: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

312 B. Schick:

setze ich abet hinzu, dab diese Auffassung nur berechtigt ist bei durch- schnittlieh geniigender oder etwas reichlicherer N/~hrwcrtzufuhr, der EinfluB von Unterern~hrung 1/~ngerer Dauer auf die Milchdriisenfunktion daft nicht bestri t ten werden.

In den vorangehenden Ausfiihrungen habe ich au[ die bei den Einzelf/~llcn beobachteten Tatsachen hingewiesen. Von Wichtigkeit erscheint mir nur die Frage, ob es n~cht mSglieh ist, aus dem Wirrsal der Einzelwerte gemeinsame Grundziige abzuleiten, die es erlauben sollen, exaktere Angaben iiber den Nahrungsbedaff der stillendcn Frau zu machen.

Bevor ich auf die Verh/iltnisse beim Menschen eingehe, halte ich es fiir zweekm~Big, die bei der Ern~hrung der Milchtiere geltenden Regeln vorauszusekieken." Ich beniitze wieder hierzu die ~kngaben von K e l l n e r .

Um seine Angaben zu verstehen, muB ieh den Begriff , , S t~ rke - w e r t " erklKren, der durch K e l l n e r in die Ern~hrungslehre der Tier- zucht eingefiihrt worden ist. K e l l n e r ,gibt zuerst das sogenannte Erhaltungsfutter oder Grundfutter und die nun zu gebenden Nahrungs- mitteln werden nach dem Produktionserfolg mit dem Erfolg von St~rke- mehlfiitterung verglichen. ~Tenn z. B. fiir cinen 01kuchen gefunden wurde, dab 100 kg desselben einen .amsatz von 19,0 kg KSrpeffett ein- schlicBlich bewirken, so ist der St~rkewert folgendermaBen zu berechnen. 1 kg S t a r k e m e h l vermag 0,248 kg oder fund 0,25 K S r p e r f e t t ( + Fleisch) zu liefern. 100 kg StKrkemehl liefern also 25 kg KSrpeffett -~ Fleisch. 100 kg 01kuchen nur 19 kg. Ich muB den Produktions- erfolg des 01kuchens = 19 kg nut mit 4 zu multiplizieren und ich erfahre, dab 100 kg 01kuchen einen St/£rke~ert von 76 kg besitzt. Umgekehrt 1/~Bt sich aus dem St~rkewert durch Division mit 4 der Ansatz als KSrpeffett ansgedrfickt linden. Naeh der Nemrechnung v. P i r q u e t s entspricht 1 g ausgeniitzte St~rke also 1 g StKrkewert -~ 6 ~Nem (4 Kalorien).

K e l l n e r konnte auf Grund mehrj~hriger Untersuchungen fiber den Stoff- und Energie-Umsatz der Milchkiihe zur Erzeugung der Milch- " bestandteile folgende ~Ylengen St~rkewert im Fut ter Ms erforderlich feststellen :

Auf 1 Tell Milchfett 3,89 Teile St/~rkewcrt ,, 1 ,, Milchzucker 1,05 . . . . ,, 1 ,, Stickstoffsubstanz 0,94 . . . .

Bei einem durchsch~fittiichen Gehaltc der Milch von 2,30/0 Fett, 4,60/0 Milchzucker und 3,3°/0 Sticl~toffsubstanz werden danach zur

Page 30: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbedarf der stillenden Frau. 313

Erzcugung yon l0 kg Milch rund 2 kg St~rkewert benStigt, was mit praktischen Erfahrungen in bester Ubereinstimmung steht. Konzen- triertere, namemtlich fettreichere Milch erfordert mehr. Ebenso wfirde ein hShcrer St~rkewert, ~uBerstenfalls bis zu 2,7 kg aufgewendet werden mfissen, wenn infolge giinstiger wirtschaftlicher Vcrwertung der Milch die Ertr~ge auf die grSBtmSgliche HShe gebracht werden sollen. Unter gewShnlichen Verh~ltnissen reichen aber 2 kg St~rkewert auf l0 kg voltkommen aus, wenn sic an verdaulichem EiweiB 0,55--0,65 kg ein- sch|iegen. Nach der Nemrechnung von P i r q u e t wiirden diese Angaben dahin lauten, dab zur Produktion yon 1000 g Milch 1200 nem n5tig sind. Der hSchste Bedarf 2,7 kg St~rkewert wurde ffir 1000 g Milch 1600 Nem betragen.

K e l l n e r betont, da~ das Nahrungsfctt, da es keine gfinstige Wirkung auf die Sekrction ausfbt, nicht vermehrt zu werdcn braucht, es sei kein Grund zur Anwendung besonders fettreicher Futtermit tel vor- handen. Zu dem Bedarf zur Milcherzeugung kommt sclbstverst~ndiich noch der

I

500 ~ ¢500 20~ c~ "~ Ig~lch

#

Abb. 7. T~,gliche N~hrwertzufuhr in Hektonem Bedarf ffir die Erhaltung gelieferte Milchmenge in cm 8.

Die Z i f f e r n i m F e l d e b e d e u t e n d ie N u m m e r des Fa l l e s . dcr Tiere dcr im Minimum 2 kg StRrkewcrt pro Tag und 500 kg Lebendge~vicht zu veranschlagen ist. In der HShe des Erhaltungsbedarfes kommt vor atlem die Indi- vidualit~t der Tiere besonders stark zum Ausdruck.

K e l l n e r betont, dab s e l b s t v e r s t ~ n d l i c h d ie N a h r u n g s w e r t - m e n g e s ich n a c h d e r G r 6 g e d e r M i l c h l i e f e r u n g r i c h t e n muB. Es wird doch niemand bezweffeln, dab eine Kuh, die t~glich 20 1 Milch gibt, eine gr6BereNahrungsmenge bedarf, wie eine Kuh, die nut 81 liefcrt. K e l l n e r fordert daher die Einteilung dcr Mi]chtiere in 5 Klassen, je nach ihrer Milchlieferung und dementsprechende Fiitterung.

Ich wiederhole, dab K e l l n e r Ms Zuschlag zum Grundfutter pro 1000 g Milch 1200---1600 Nem fordert. Wenn wir also zur Sicherheit eine h6here Durchschnittszahl als 1200 Nem nehmen wollen, so k6nnen ~ir sagen, dab z u r L i e f e r u n g y o n 1000 g = 1000 N e m K u h m i l c h 1500 N e m N a h r u n g s z u s c h l a g n 6 t i g s ind.

Page 31: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

3 1 4 B . S c h i c k :

Versuehen wir einmal einen L?berblick fiber die Verh~ltnisse beim Menschen zu gewinnen. Eine einfache Ubersicht der t/igtichen Nghr- wertzufuhr in Beziehung zur gelieferten Milchmenge ergi~t keine Richt- punkte zur Aufstellung eines Gesetzes (Abb. 7). Wit sehen bei gleicher N/~hrwertmenge Schwankungen yon Null bis 2200 g pro Tag. Diese Tabelle

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Abb. 8.

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l -20 - fO 0 * ~ , '30 ," ~ m g S i q u a

T~gliche N~hrwertmenge abziiglich gelieferter Milch. Zu- und Abnahme in Milligramm Siqua.

beweist die Richtigkeit der Angabe, da6 bei genfigender Ern~hrung die Milchdriise kraft ihrer individuellen Leistungsf~higkeit ihren ])ienst leistet. Diese Tabelle kann keine ~eiteren Gesiehtspunkte abgeben, da das VerhMten des K6rpergewichtes nieht zum Ausdruck kommt. Es wird daher der wirldiehe N/~hrwertbedarf verschleiert. Uberdies kann die ab- solute HShe des N/ihrwertes dutch die KSrpergrSSe und den dadurch wech- selnden Nahrungsgrundbedarf wesentliehen 8ehwankungen unterliegen.

Page 32: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der Nahrwertbedaff der stillenden Frau. 315

Ich habe daher versucht, dem N/ihrwert auf andere Weise zu eruieren. Es miiBte die Nahrungsmenge in ihrem Werte auf ein gemein- sames VergleichsmaB bezogen werden kOnnen, als welches ich die Er-

-n/ihrungsfl/iche yon P i r q u e t s w/ihlte ( = SitzhShequadrat). Weiters miiBte Zu- und Abnahme beriicksichtigt wecden. Auf diese Weise suchte ich den Grundbedarf der Mutter ohne Milchsekretion festzustellen, zog daher von der t/igliehen N/ihrwertmenge die Milchlieferung ab, bezog den erhaltenen Rest auf die Ern/ihrungsfl/iche P i r q u e t s mi t Beriicksichtigung der Zu- und Abnahmen. Auch hier sind die Resuttate nicht ganz eindeutig.

In der Abszisse sind Zu- tmd Abnahmen nach rechts und links pendelnd um den Nullpunkt eingetragen. In der Ordinate sind die Durchschnittszahlen der N~hrwerte in den einzelnen Perioden bezogen auf die SitzhShe - - Ern~hrungs- flache (= Siqua) eingetragen. Man sieht eine reichliche Anh~ufung voh Zahlen um die Nullinie bei den Werten zwischen 50--60 und Zu- und Abnahmen recht ahnlich verteilt. Unter 50 cnsq iiberwiegen die Abnahmen. l~ber 60 iiberwiegen die Zunahmen.

Doch ist auch hier ein groBer Spielraum fiir Schwankungen gegeben, ein Beweis fiir die Richtigkeit der vorhin wiederholt hervorgehobenen Beobachtung, daB auch reichliche Nahrung die Milchmenge nicht unter jeder Bedingung steigert und da{~ bei Ausbleiben gesteigerter Milch- sekretion nicht unbedingt das KSrpergewicht ansteigen mul~. Ich erinnere an die Amine Rosa Fanta (Fall 11), die trotz reichlicher N/ihr- wertzufuhr entweder gar nicht oder nicht wesentlich zunahm und trotz- dem fast keine Milch lieferte. Ich habe auf dieses nutzlose Vielfiittcrn hingewiesen und betont, dab diese iiberschiissig zugefiihrten N/ihrwert- mengen einfach verpuff t wurden.

Immerhin erlaubt doeh die Abb. 8 den aUgemeinen SchluB, dab man als Grundbedarf einer stillenden Frau nach Abzug dec gelieferten Milch mit rund 60 cnsq annehmen kann, vorausgesetzt, daB nicht wesent- liche k6rperliehe Leistungen beansprucht werden. Fiir eine Frau yon mittlerer Gr6Be (Sitzh6he = 82 cm) wiirde dies einen Grundbedarf von 40 Hn = 2670 Kalorien, eine etwas hohe Zahl, die sich noch erh6hen wiirde, wenn die Frau gr6Ber w/ire. Es wiirde sich also ergeben, dab der Grundbedaff der Frau nach Abzug der gelieferten Milch h6her als der Durchschnittwert zu bereehnen w/ire. Die Erkl/irung dieser Tatsache ist meines Erachtens aber nicht darin zu suchen, dab der Grundbedarf der stillenden Frau gr61~er w/ire, sondern sicherlich in dem Momcnte, dab es nicht ang/ingig ist, die gelieferte Milchmenge einfach von dem t/iglichen N/ihrwertzufuhr abzuziehen. Wir d'firfen nicht vergessen, dab 1000 g v o n d e r Milchdriise gelieferte Milch, die einen Nemwert yon

Page 33: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

316 B. Schick:

1000 Nem hat, nicht einfach aus 1000 Nero Nahrungswert entstehen, sondcrn dal l be i d e r U m w a n d l u n g y o n N ~ h r w e r t in d c r N a h r u n g in Mi lch d e r B r u s t d r i i s e N ~ h r w e r t v e r l o r e n g e h t . Erinnern wir uns an die Angabe K e l l n e r s , der nachwies, dab zur Licferung yon 1000 Nero Kuhmilch 1200--1600 Nem rund 1500 Ncm Nahrungs~crt

¢

fO 20 30 - - 0

Abb. 9. cn, sq" ¢0

Gelieferte Bedarfsmilchmenge in ensq.

n6tig sind. Wohl sehen wir aus diesen Zahlen, dab der Organismus des Ticres sparsam wirtschaftet, indcm im giinstigstcn Falle nut z/4 des iiberschiissig zugefiihrten N/~hrwertes bei dcr Milchproduk- tion verlorcn geht. V o l l s t ~ n - d ig u m s o n s t i s t a lso a u c h n i c h t d ie Mi lch zu h a b c n und ich habe crw/~hnt, dab man zur Sicherheit rechnen kann, dal~ im Drittel des iiber den Grund- bedarf zugefiihrten N~hrwertes verloren geht. Immerhin ist diesc Milchproduktion im allge- meinen noch billig genug, so daf~ sich die landwirtschaftliche Milch- produktion rentiert.

Um nun fiir den Menschen den Zusammenhang zwischen N/~hrwertzufuhr und Mflchpro- duktion zu einem Gesetz formu- licren zu k6nnen, habe ich eine dritte Tabelle zusammengestellt, die nach der Formel den yon P i r q u e t errechneten N/~hrwert- bedarf in Beziehung zur Milch-

produktion darstel!t. Beide Zahlen Bedarf und Milchproduktion sind auf die Ern/~hrungsfl/iche = Siqua bezogen. Die Beziehung der Milch- produktion auf die Ern~hrungsf|/~chc erscheint im erstcn Momente ~villkiirlich, doch ist es berechtigt die Gr61~e der Milchproduktioa auf eine F1/iche zu beziehen, da ja die Milchproduktion yon der Gr6Be dcr sezernierenden Fl/ichc abhgngig ist. Nur kann es sein, dab die Gr613e dcr sezernierenden Fl~che nicht~ immer parallel mit der k6rperlichen Ent- wickelung zu- und abnehmen muB, obwohl es wahrscheinlich ist, dal~

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Der N~hrwertbedarf der stillenden Frau. 317

die Mehrzahl der physiologischen Fi~lle nach diesem Gesetze sich ver- halten ~ird. Ich erinnere an die interessanVen Ausfiihrungen Hoe l} l ins , der betont, d~$ jeder Gef/~quersehnitt, jede innere und ~u6ere Ober- fi/~che, jede Respirations-, Resorptions- oder Sekretionsfl~che dieselbe Beziehung zur 2/3 Potenz des Gewichtes hat. Die Ern/~hrungsfl~che nach P i r q u e t (SitzhShe 2) ist eine 2/a Potenz des zehnfachen Vollge- wichtes. Ich kann also, geradeso wie ich die aufgenommenen Nahrung zm" Ern/ihrungsfl'~che in Beziehung bringe, dies auch mit der yon der

F1Kche der Milchdriise gelieferten .Milch tun. Die ~da r f swer t e sind nach der Formel

Zunahme I O0 ~- Si ~

Bedarf : Nem

100 × - - - - Si ~

auf deren Begriindung ich hier nicht eingehen will. Diese Formel ermbg- licht die Gewinnung einheitlicher Vergleichszahlen mit Beriicksichtigung der Zu- und Abnahmen.

Uberbtickt man das Zah]enfeld der Abb. 9, so erw/~hne ich vorher,

dal3 in der Abszisse der ~Vert., gelieferte Milehmenge an der Stelle einge- Si ~-

tragen wird, ~o in der Richtung der Ordinate der Bedarfswert zu notieren ist. Wenn ich das Feld einrahme, ergibt sich ein deutlicher Zug der Fiihrungslinien yon rechts oben nach links unten. D i e s e F t ~h ru n g s - l in i en ze igen , dal~ d e r B e d a r f be i s t e i g e n d e r M i l e h s e k r e t i o n a n s t e i g t oder umgekehrt bei sinkender Milchsekretion geringer ist. Sie zeigen welter an, da$ das Ansteigen des N/ihrwertbedarfes so erfolgt, dal3 bei A n s t i e g d e r M i l e h p r o d u k t i o n y o n 0 a u f 30 e n s q d e r N i ~ h r w e r t b e d a r f u m 40 e n s q a n s t e i g t , d. h. aus einem Zusehlag yon 40 cnsq zum Grundbedarf ohne Milchproduktion kann die Milch- driise 30 cnsq Milch bereiten. Be i d e r U m w a n d l u n g v o n N ~ h r w e r t de r N a h r u n g im M i l e h s e k r e t g e h t 1/4 v e r l o r e n . Aus 1200 Nem- N~hrwert kann die Milchdriise 900' Nem-Frauenmilch bereiten. Dan ist ein Weft, der dem yon K e l l n e r fiir die milchproduzierende Kuh angegebenen'Wert sehr /£hnlich ist. Analog dem S i c h e r h e i t s k o e f f i - z i e n t e n fiir die Milchproduktion beim Tiere wird es sicherer sein, da~ Gesetz nicht so knapp zu formulieren und mi t Riicksiellt auf den individuell etwas schwankenden Nem-Wert der Frauenmileh ein Plus an Nah ~n g zu verabreichen. Ieh formuliere daher das Gesetz folgendermaBen.

Page 35: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

318 B. Schick:

Z u r t a g l i e h e n E r z e u g u n g v o n je 1000 g F r a u e n m i l e h , i s t es n o t w e n d i g , z u m G r u n d b e d a r f d e r F r a u t i~gl ieh den W e f t v o n 1500 N e r o an N i ~ h r w e r t z u z u s c h t a g e n . SinngemKB ist bei niedrigerer Milchsekretion und insbesondere bei h6herer Milchsekretion der N~.hrwertzuschlag zu erniedrigen oder zu erhShen. Da es wiinschenswert ist, dab die t£glich zu liefernde Milchmenge 1000 g im Laufe der Laktat ion erreicht, wird es sich empfehlen, von Anfang der Laktat ion auf die Erzielung ~¢on 1000 g Frauenmilch hinzuarbeiten, so dab eine ErniediSgung des N~ihrwertzuschlages bei Produktion von kleineren Milchmengen als 1000 g nur im Stadium des Versiegens der Milchpro- duktion anzuraten ist, w~hrend ich vorli~ufig wohl auf Grund der tier- experimentellen Erfahrungen fiir die Zeit der Entwicklung der Lak- tat ion die reichliehe Ern~hrung im erwiihnten AusmaBe auch bei geringerer Gr6Be des thglich gelieferten Quantums empfehle.

Der Grundbedarf der stillenden Frau kann gleichgesteUt werden dem einer Frau mit gleicher Besch/iftigung; werm ich friiher erw~ihnt habe, dab der Grundbedarf h6her ist als zu erwarten, so war dafiir die Ursache, dab der N~hrwertverlust bei der Umwandlung der Nahrung in Milch im Grundbedarf bei Abb. 8 einbezogen war. Durch LoslSsung dieses Energieverlustes vom Grundbedarf ' kann ich diesen dem Grund- bedarf ohne Stillen gleichsetzen. I s t dieser Grundbedarf bei stehender Beseh/~ftigung mi t leichter k5rperlicher Arbeit bei der Frau mit 3000 Nem = 2000 Kalorien zu berechnen, so ist fiir die Lieferung yon 1000 g Frauenmilch = 1000 n ~ 667 Kalorien, eine Nahrwertzulage von 1500 n ---- 1000 Kalorien n6tig. Der Gesamtn/ihrwert der t~iglichen Nahrung wfi.re somit 4500 n = 3000 Kalorien.

Daraus kann man eine popul£re Regel fiir die Mutter ableiten, del~n Idee von einer unserer Stationsschwestern, Sch~vester Paula Panzer, s tammt. Da n/~mlich die N/ihrwertzulage von 1500 n gerade die H~lfte des gesamten sonstigen Tagesbedarfes ausmacht, so soU die Mutter yon j e d e r S p e i s e d i e s e l b e M e n g e gen i e l ] en wie in T a g e n d e s N i c h t s t i l l e n s , u n d a u B e r d e m n o c h y o n j e d e r S p e i s e ein P l u s in d e r H S h e d e r H ~ l f t e d e r s e l b e n . Die e ine P o r t i o n iBt d ie M u t t e r f i i r s i eh u n d d a s P l u s d e r H ~ l f t e f i i r d a s K i n d . Die Mutter soU also von jeder Speise sozusagen zuerst das in den Teller geben, was sie ffir sich sonst essen wiirde und dann sieh denken, das sei fiir sie selbst und dann noch die H£1fte dieser Menge dazu, diese fiir das Kind.

Will man zahlenm~tBig nach dem System von P i r q u e t den N£hr- wertbedarf im einzelnen bestimmen, so braueht man nUr den Grund-

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Der Ng~arwertbedaff der stillenden Frau. 319

bedarf nach der Sitzh6he zu berechnen und fiir je 100 n Milch 150 n Nahrung zuzuschlagen. Nehmen wit z. B. eine groBe ~rau mi t Sitzh6he ~5 cm, Ern£hrungsfl/~che 7225 qcm, Grundbedarf bei sitzender Besch/if- tigung 4 dnsq ----- 29 Hn, Grundbedaff bei stehender und leichter h£us- licher Arbeit 5 dnsq ---- 36 Hn. Nehmen wir an, die Frau habe nut ihr eigenes Kind zu stiUen, so braucht sie fiir 1000 g Milch ein Plus yon 1500 n, a]so bei sitzender Besch/~ftigung 44 Hn, bei stehender Besch£f- tigung 51 Hn pro Tag.

Wiirde die Frau Ammendienste in einem Spitale leisten und 2000 g Milch pro Tag tiefern, so x~£re der Milchproduktionszuschlag 3000 n ---- 2000 Kalorien. Dami t erhSht sich der N/~hrwertbedarf auf 59 }In bzw. 66 I-In. Wir sehen, dab letztere Zahl schon fast das Maximum der N£hrwertzufuhr erreicht. H a t die Amme mehr Arbeit zu" leisten, so kann das Maximum an N/ihrwertzufuhr bei reichlicher Milchproduk- tion sehr leicht notwendig werden. Es ist verst/~ndlich, dab die Ammen instinktiv mehr zue Bequemlichkeit meigen, da sie dadurch an N/i.hrwert- zufuhr sparen k6rmen. Die sprichw6rtliche Faulheit der Ammen ha t also insofern eine gewisse Existenzberechtigung, als schwere k6rper- liche Arbeit zu grof3e Anforderungen fiir die N£hrwertzufuhr bedeutet. Sie ist nicht so zu verstehen, dab die stillende Frau i iberhaupt keine Arbeit machen soll.

Fiir diejenigen ~irztc, die nach Kalorien rechnen wollen, ist racine Regel des N£hrwertbedarfes besonders einfach zu fassen.

Da 1 Kalorie ~ 1,5 Nem = a/2 Nem ist und ich fiir 1000 g Frauen- milch einen Zuschlag von 1500 Nem ben6tige, diese aber ---- 1000 Kalorien sind, so lautet die Regel fiir die Kalorienrechnung:

Will ich den NEhrwertbedarf einer stillenden Frau berechnen, so gebe ich zum Grundbedarf an Kalorien soviel Kalorien in der N%hrung als Plus, als ich Milchproduktion in Gramm anstrebe, also fiir 1000 g Milch ein Plus von 1000 Kalorien, fiir 2000 g Milch ein Plus von 2000 Kalorien.

Die Ammen meiner Beobachtung sind mi t einfachen :Nahrungs- mitteln ern/ihrt worden. Ein Teil des N/%hrwertbedarfes wurde mi t Milch zu gleichen Teilen mit 17°/0 Zuckerl6sung (Gleichnahmng) ge- deckt. Bei geringerer Milchproduktion erhielt die Amine gew6hnlich 500 g Milch, 500 g 17°/o Zuckerl6sung pro Tag in Form yon Kaffce oder sonst als Getr/ink. Ich bin iibeI~eugt, dab derselbe Erfolg auch mit anderen Nahrungsmitteln zu erzielen ist. GewiB ha t die Milch gcwisse Vorteile, als sie bei manchen Leuten auBer ihrcm effektiven N£hrwert suggestiv gfinstig einwirkt und den StiUwillen untersti i tzt

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320 B. Schick:

und das Durstgeffihl befriedigt. Manche Leute mit schleehtem Instinkt zur Nahrungszufuhr k6nnen daher statt'Wasser Milch trinken und nehmen dadurch ehcr N~hrwert zu sich. Uber den eigentliehen Wasserbedaff der stillenden l%au sind eigene Versuche noeh nftig. Es seheint, dab derselbe insoweit iibersch~tzt wird, als der stillenden Frau von vielen J~rzten viel zu viel Fliissigkeit in Form yon Suppen, Bier usw. auBer der Milch angeordnet wird. Wahrscheinlich wird sich bezfiglich des Wasser- bedarfes ein ~bnliches Verhi~ltnis herausstellen, wie ffir den N~hrwert- bedarf, d. h. dab rund 1500 g Flfissigkeit plus reichlich geniigen werden um Lieferung yon 1000 g Milch zu ermfglichen, wobei selbstverst~nd- lich nicht nur Wasser, Suppe usw. als Fliissigkeit zu rechnen ist, sondern das in den Nahrungsmitteln entha]tene Wasser und dann das bei der Oxydation im Organismus entstehendeWasser. Eigene Fliissigkditszufuhr wird dann vorwiegend n6tig sein, wenu die stillende Frau so wenig Appetit hat, dab sie den erhfhten N~hrwertbedarf mit konzentrierten Nahrungsmitteln (Fett, Butter, siiBe oder fette Mehlspeisen) deckt. Etwas /~hnliches gilt vonder Frage des EiweiBbedarfes. Da die zu liefernde Frauemnilch relativ eiweiBarm ist und der EiweiBbedarf der Nahrung im Sinne yon P i r q u e t nach dem EiweiBgehalte der Frauenmilch festgesetzt wurde, ist bei der Relation 1500 Nem N~hrwertzuschlag fiir 1000 Nem Milch pro Tag auch geniigend Vorsorge fiir den EiweiBbedarf getroffen. Die Gesamtnahrang des Tages soll im Sinne yon Pirq,uet mindestens 109/0 des Nem-Gehaltes in Form von ausgenfitztem EiweiB enthalten. Eigene Vorsehriften sind daher ffir die Deckung des EiweiBbedaffes iiberfliissig, sie decken sich mit den sonstigen Vorschriften fiber das EiweiBminimum.

Ffir die Zwecke des praktischen Arztes habe ich beiliegend den Woehenspeiseplan einer stillenden Frau bei einem Grundbedarf yon 3000 Nem -~ 2000 Kalorien und einem Stillzusehlag yon 1500 Nero 1000 Kalorien zusammengestellt. Es ist selbstverst/~ndlieh kein starrer Vorsehlag, sondern karm sinngemEB variiert werden.

SchluBsi~tze.

Vorliegende Untersuchungen befasscn sich mit dec Frage des N~hr- wertbedarfes der stillenden Frau. Nach Ubersicht fiber die Literatur, die fast keine quant'itativen, sondeia fast nur qualitative Angaben erhalten, werdeu die Verh~ltnisse bei milchgebenden Tieren erfrtert.

Die eigenen Untersuchungen betreffen 15 Amman, deren Gesamt- beobachtungsdauer rund 1850 Tage betr~gt. Die einzelnen Fhlle wurden beobachtet:

Page 38: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der Nahrwertbedarf der stillenden Frau. 321

Rosa GrSger . . . . . . 80 Augustine Kettig . . . . 61 R. H~usler . . . . . . . 42 Maria Lenz . . . . . . . 40 Kath. Weissenegger . . . 17 Anna Spi6ka . . . . . . 10 Rosa Fugert . . . . . . 190 ttedwig I-Ieider . . . . . 230 Anna Cermak . . . . . . 410 Rosa Fanta . . . . . . 193 Fanny Tischler . . . . 60 Elisab. Mayer . . . . . . 336 Anna IIalmerbauer . . . 44 Leopotdine Mayer I I . . 6 Franziska B6hm . . . . 130

Summe der Beobachtungstage 1849.

Tage

,, (in der SchwangerschMt 55 Tage) , , (in der Schwangerschaft 36 Tage)

Die N~hrung wurde a nf£nglich n ich t dos ier t , sondern es war den

A m m e n ges t a t t e t , nach A p p e t i t zu essen. A n e inze lnen Tagen e rga be n

sich sehwankende N~ihrwertzahlen. Von ca. 10 T a g e n wurde e in I )u reh-

schn i t t swer t genommen. Die Berechnung des N/ ihrwer tes u n d seine

Dars te l lung effolgte nach dem S y s t e m von P i r q u e t . Die t i igliche

Mi lchprodukt ion (abgespr i tz te Milch + vom K i n d ge t runkene Milchmenge)

wurde not ier t . J e d e n oder j e d e n zwei ten Tag wurde das K6rpe rgewieh t bes t immt . Zwei A m m e n konn t en schon in "der Sehwangersch 'af t be-

ziiglich Ni~hrwertzufuhr beobach te t werden. Die einsehli igigen R e s u l t a t e ,

sowie andere Beobach tungen des N/ ih rwer tbedar fes Schwangerer sol len in e iner eigenen Arbe i t ver6ffent l ieht werden. Bei den g e n a n n t e n zwei

A m m e n wurde aueh d e r Begi lm de r L a k t a t i o n und seine Beziehung

zum N/ ihrwer tbedar f beobachte t . Die Un te r suehungen e rga be n in Analogie zu den Ergebnissen der Tierphys io logie : 1. D a B b e i g e n i i g e n -

d e r o d e r e t w a s r e i c h l i e h e r e r E r n ~ h r u n g der Milehdri ise ent-

spreehend ihrer i n d i v i d u e l l e n F ~ h i g k e i t i n b e g r i ~ c h t l i e h e m

G r a d e u n b e e i n f l u B t v o n S e h w a n k u n g e n der t / igl ichen Ni ihrwer t - mengen Milch p roduz ie r t .

2. N u t inne rha lb d ieser ind iv idue l l en .F i ih igke i t de r Milehdri ise

1/igt sich die Mi lehdr i i senfunkt ion d u t c h en t sp rechende Ern~.hrung

erhal ten . I s t z. B. d ie Dr i i senfunk t ion in Ri iekgang, so 1/igt s ieh d ieser

du tch reiehliche Ern i ih rung h6ehstens ver langsamen, abe r n i ch t v611ig verhindern.

3. Bei ungeni igender Milehsekrebion k a n n u n t e r re ichl ieher E r -

n/ ihrung Zunahme der Sekre t ion effolgen, wenn d ie ind iv idue l le Alflage Zeit~hrift fitr Kinderheilkun4e. O, XXI. ~I

Page 39: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

322 B. Schick:

W o c h e n s p e i s e p l a n

T~gliche N~hrwer~zufuhr ----

ZusammengesteIlt yon M a r i e t ¢ a L e n dl,

1 . l ~ g 45 Ru. 1. F r f i h s t G c k

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1 6 s u n g . . . . M i l c h s p e i s e . . B r o t . . . . .

M i l c h m i t Z u c k e r . 1 8 s u n g . . . .

B r o t . . . . . M a r m e l a d e . . ,

B o h n e n s u p p e .

G e m i i s e : W e i S k r a u t . ,

B e i l a g e : N o c k c r ]

B r o t . . . . .

M i l c h m i t Z u c k e r * l S s u n g . . . .

B r o t . . . . .

C z i r o k

m i t Z w e t s c h e n

2. Yag 45 ]In. 1. F r i i h s t t i c k

V o r m i t t a g N a c h m i t t a g

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R e i s s u p p c . . . G e m i i s e :

K o c h s a l a t . .

B e i l a g e : K a r l b o f f . -

s c h m a r r n . . .

F l e i s c h ( z u b e r e i t .

m a g e r e s ) . . .

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Z w i e b e l n o c k e r l .

[ H u l M i l c h I F e t t ] E i e r I F l e i s c h i B o h n e n i E r b s e n l M e h l

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G e m i i s e : K o h l . B e i l a g e : H a f e r r e i s

M i l c h s p e i s e . . ,

B r o t . . . . .

P o w i d t t ~ s c h e r l ,

Page 40: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

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3 2 4 B . S c h i c k :

4. Tag 45 Hn.

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Abend 11 H n .

50 Tag 45 Hn. M i t t a g

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6 . T a g 4 5 H n .

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11 H n .

! H a f e r r e i s s u p p e .

G e m i i s e : K a r o t t .

B e i l a g e : C z i r o k .

F l e i s c h ( z u b e r e i t .

m a g e r e s ) . . .

B r o t . . . . .

I ~ i n d s g u l l a s c h m .

K a r t o f f e l . . .

R o l l g e r s t e n s u p p e

G e m f i s e : e i n g .

K a r t o f f e l . . .

B e i l a g e : H i r s e

K o m p o t t . . .

B r o t . . . . .

N o c k e r l m i t K:ax-

t o f f e t . . . .

I C a r t o f f e l s u p p e . G e m i i s e : E r b s e n -

p f i r e e . . . . B e i l a g e : B r S s e l -

n o c k e r l . . .

~ c h s p e i s e . . .

B r o t . . . . .

H a f e r r e i s m i t

P f l a u m e n . .

N u d e l s u p p e . .

G e m i i s e :

K o h l r f i b e n . ,

B e i l a g e :

B r S s e l k & r t o f f e l

F t e i s c h . . . .

B r o t . . . . .

R i t s c h e r . . . .

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326 B. Schick:

vorhanden ist. Ist diese ungenfigende Funkti,~ll durch ungiinstige individuelle Anlage bedingt, so niitzt die reichliche Ern~hrung nichts, sie fiihrt dann in einzelnen F~illen zu Fettansatz bzw. K6rpergewichts- zunahme. In anderen F~il[en verpuff?~ die Nahrung ohne nacnweisbaren Effekt (Luxuskonsum). Der bei gutem Ern~hrungszustand durch die reichliche Ern~hrung fiber den Bedarf hinaus h~ufig eintretende :Fett- ansatz ist nach Erfahrungcn bei Tieren dadurch yon ungiinstigem Ein- fluB auf die Milchsekretion. Kommt es nicht zu Fettansatz, so ist die zu reichliche Ern~hrung aus 6konomischen Griinden zu widerraten. bei andauernd ungiinstigen Milchproduktionsverh~]tnissen hat diese daher nur Sinn, wenn die Frau unterern~ihrt ist. In solchen F~tllen wird die reichliche ErnShrung den Allgemeinzustand des K6rpers verbessern.

4. Die ti~glioherl S c h w a n k u n g e n d e r N i ~ h r w e r t z u f u h r kommen in der Milchproduktion nicht zur Geltung. An einzelnen Tagen v e r z e h r t e n d ie A m m e n da, s M a x i m u m u n d s o g a r m e h r als da s M a x i m u m , atich diese e n o r m e n Q u a n t i t ~ t e n s ind o h n e E i n f l u B . Sie verpuffen ohne Wirkung, sind un6konomisch. G l e i c h - mi~Bige N ~ h r w e r t z u f u h r ist weitaus 6konomischer. Analoge Ver- h~iltnisse bestehen auch bei den Milchtieren.

5. K f i r z e r d a u e r n d e f i e b e r h a f t , e E r k r a n k u n g e n der Miitter mit zum Tell intensivem aber rasch vorfbergehendem Herabgehen der N~hrwertmengen haben k e i n e n E i n f l u B au f d ie M i l c h p r o d u k t i o n .

6. Der ~Viedereintritt der Menstruation hat keinen nachweisbaren EinfluB auf die Milchsekretion.

7. Die fiir die Milchproduktion n6tige X~hrwertmenge ist abhangig von der Gr6Be der Milchproduktion. Die ~'iihrwertmenge ist dem Grund- bedarf der Frau ohne Stillen als Zuschlag z~rzureehnen. Der Grundbe- darf der stillenden Frau ist g!eich dem der nicht, Stillenden. Die Milch- produktion verlangt einen etwas h6heren N~thrwertzuschlag als der N~hrwert. der gelieferten Milch betr~gt.. Die Milchproduktion geht mit Ver!ust an N~hrwert einher. Es bestehen ~hnliche Verh~]tnisse wie beim Tier, bei dem aus 1200 Nem N£hrwer~ (0,2 kg StSrkewert), 1000 g Milch bereitet werden kann. Die tabellarische ?Jbersicht ergibt, dab beim Menschen aus 1200 Nero N~hrwert 900 g Milch werden. Zur Sicherheit wird als Regel angegeben, dab zur Produktion yon 1000 g Frauenmilch ein Zuschlag yon 1500 Nem-N~hrwert Zum Grundbedarf der Frau gegeben werden mul~. Bei ,h6herer Mitchproduktion ist die Niihrwertmenge zu erh6hen. Dies wS.re auch in Anstalten zu beriick- sichtigen, wobei die vermehrte N~hrwertzufuhr als Pr~mie fiir die Mehr- lieferung yon Milch verwendet werden sollte. Ammen, die weniger als

Page 44: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

Der N~hrwertbedarf der stillenden Frau. 327

1000 g Milch liefern, sollen, solange Hoffnung auf Anstieg der Milch- driisenfunktion zu erwarten ist, so ern~hrt werden, dal3 ihre N/ihrwert- zufuhr fiir die Lieferung yon 1000 g Milch geniigt. Im absteigenden Anteil tier Laktation sou die Nahrung parallel mit dem Rfickgang der M_ilchmenge eingeschr/~nkt werden. Die quanti tat iven Angaben beziehen sich auf entsprechend erni~hrte Frauen. Bei unterern~hrten Frauen ist ein entsprcchend erh6hter Grundbedarf einzusetzen.

Als Durchschnittswert des Grundbedarfes einer stillenden Frau bei stehender Beschi~ftigung ohne k6rperlicher Arbeit kann 30 Hn = 2000 Kalorien angenommen werden. Zur Lieferung yon 1000 g Milch ben6t~igt man noch 15 Hn = 1000 Kalorien~ das ist die ]-I~lfte des t~glichen Grundbedarfes als Plus. Dies kann man popular so aus- driicken, dab man der Mutter sagt, sic m6ge so viel essen wie unter normalen Verh/iltnissen und yon jeder Speise noch die H~lfte der tib!ichen Menge dazu, diese letztere gehSrt zur Lieferung der Milch ftir das Kind. H~tt¢ die Mutter z. B. morgens 200 g Milch, 2 Wiirfelzucker und 90 g Brot gegessen, so mui~te zu dieser Menge noch 100 g Milch, l Wiirfel ZUcker und 45 g Brot als Plus kommen.

Fiir mit Kalorien rechnende -~rzte ist als eilffache Reget des Zu- schlages zu merken, dab die Frau zu ihrem Grundbedarf von Kalorien soviel Kalorien zugeschlagen werden miissen, als pro Tag Gramm Milch gehefert werden. Aus einer Kalorie der Nahrung wird ein Gramm Milch. H/itte eine Frau einen Grundbedarf yon 2000 Kalorien und liefert 1500 g Milch, so ben6tigt sic um 1500 Kalorien mehr also, 3500 Kalorien.

Bei reichlicher Milchpro~duktion kann es erforderlich sein, der Amme N~hrwerte zur Verfiigung zu stellen, die das Maximum fast oder ganz en'eichen.

Einc besondere Beriieksichtigung der EiweiBzufuhr erscheint mlr iibe, rfltissig. Bei Einhaltung der P i r q u e t s c h c n Vorschrift, mindestens 10°/0 des Nem)Gehaltes der t/iglichen 15Tahinng dutch Eiweiss zu decken, steigt der Eiweii3gehalt parallel der Zulage geniigend an; dies geniigt schon deswegen, weil auch hier t in Plus yon 1/a gegeben wird. Die ge- lieferte Frauenmilch ist iiberdies rela~iv eiweiSarm, die Vorschrift des EiweiSminimums dutch P i r que t entspricht eben diesem EiweiBgehalt.

Page 45: Der Nährwertbedarf der stillenden Frau

328 B. Schick: Der Nahrwertbedarf der stillenden Frau.

Literat urverzeichnis.

1. B a s e h , K., Die Physiologie der Milchabsonderung. Ergeb. der Phys. 1903. 2. B a u m und I l l n e r , Volkmann, Sammlung klinischer Vortr~tge. h'r. 105. 3. C z e r n y und K e l I e r , Des Kindes Ern~hrung etc. VcrlagDeuticke. 1, 429. 4. D e c a i s n e , Gazette m6dicale de Paris 1871. 5. E n g e I , Die weibliche Brust. t Iandbuch der Kinderheiltr. n,'. Pfaundler-

SchloBmarin. S. 173. 6. - - Sommeffelds Handbuch der Milchkunde. Wiesbaden 1909. 7. - - und P l a u t , Miin~h. reed. Wochenschr. 1906. 2~'r. 24. 8. - - Nahrungsfett und Milchfett. Arch. f. Kinderheilk. 48, 194. 9. F i n k e l s t e i n , Lehrbuch der Si~uglingskrankheiten. Fischer, Berlin. S. 34

und 37. 10. F S r s t e r , Artikel Kost des Menschen in Fehlings Handw6rferbuch der

Chemie. 3, 1126 und Handbuch der Hygiene, Pettenkofer u. Jenssen. 1, 1. Abtlg., 73.

11. g e i d e n h a i n , EinfluB einiger besonderer Bedingungen auf die Milchab- sonderung, tIermanns Handb. der Physiologie V, 1, 398.

12. J a s c h k e , Physiologie des Neugeborenen. Verlag Bergmann, Wiesbade 1915. 13. J o h a n n e s e n , Ant., Studien zur Sekretionsphysiologie in der Frauenmilch.

Jahrb. f. Kinderheilk. 39, 380. 14. K e l l e r , Zur Arbeit roll Schkarin: Uber den EinfluB usw. Monatschr. f.

Kinderheilk. I, 1910, S. 69. 15. K e l l n e r , Die Ern~hrung landwirtschaftlicher Nutzticrc. S. 510. Verlag

Parey, Berlin. 7. Aufl. 1915. 16. L a n g s t e i n und M e y e r , S~uglingsernahrung und Stoffwechsel. 2. u. 3.

Auflage. ~. F. Bergmann, Wiesbaden 19!4. S. 48. 17. M a l a g o d i , Der EinfluB des Nahrungsfettes auf den .Fettgehalt der Frauen-

milch. Rivista di clinic, ped. 1909. Xr. 10. 18. M a r f a n , Handbueh der S~uglingsernahrung (Ubersetzung yon Fisehl). 19. Mol l , Uber Fet tvermehrung der Frauenmilch durch Fettzufuhr. Arch f.

Kinderheilk. 48. 20. R e u B , Die Krankbeiten des Neugeborenen. Enzyklop/~lie der Inneren

Medizin und Kinderheilkunde. Verlag Springer, Berlin 1913. 21. S c h l o B m a n n , Zur Frage der nattirlichen Sauglingsernahrung. Arch. f.

Kinderheilk. 1900. 39. 22. - - Uber die Leistungsfahigkeit der weiblichen Milchdrtise etc. Monatsschr.

f. Geb. u. Gyn. 27. 23. T h i e m i c h , ~lber den Einflug der Em~hrung und Lebensweise auf die

Zusammensetzung der Frauenmilch. Monatsehr. f. Geburtshilfe'u. GynaL 9, 504.

24. - - Lehrbuch der Kin~lerheilkunde yon F e e l Yerlag t3. Fischer, Jena. 1919. 25. T u g e n d r e i c h , ~-ber die Beziehungen zwischen K6rpergewicht und Stillen

bei tier Arbeiterfrau. Arch. f. Kinderheilk. 50, 405. 26. Z a l e s k i , Berl. ldin. Woehenschr. 1888. 4 u. 5.