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Der Partner des Giganten

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Nr. 41Der Partner des GigantenEine Welt im Banne der Telepathen - und nur das Mutantenkorps kann dieGehirnkontrolle brechen!von Clark Darlton

Die Geschichte der Dritten Macht in Stichworten:1971 - Die Rakete STARDUST erreicht den Mond, und Perry Rhodan entdeckt den gestrandetenForschungskreuzer der Arkoniden.1972 - Aufbau der Dritten Macht gegen den vereinten Widerstand der irdischen Großmächte und Abwehraußerirdischer Invasionsversuche.1975 - Die Dritte Macht greift erstmals in das galaktische Geschehen ein. Perry Rhodan stößt im Wega-Sektorauf die Topsider und versucht das »galaktische Rätsel« zu lösen.1976 - Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST II den Planeten Wanderer und erlangt zusammen mit Bullydie relative Unsterblichkeit.1980 - Perry Rhodans Rückkehr zur Erde und Kampf um die Venus.1981 - Der OVERHEAD greift an.1982 - Die Springer kommen, um die Erde als potentielle Konkurrenz im galaktischen Handel auszuschalten.1984 - Perry Rhodans Vorstoß nach Arkon.Auch für die Arkoniden Crest und Thora, die 13 Jahre lang ohne Kontakt mit ihrer Heimat waren, bot Arkongroße Überraschungen - ganz zu schweigen von Perry Rhodan und seinen Raumfahrern von Terra!Trotzdem gelang es ihnen, das große Robotgehirn, das seit sechs Jahren als Regent des arkonidischenImperiums fungiert, zu überlisten und die TITAN, das gewaltigste Raumschiff des bekannten Universums, inihren Besitz zu bringen. Um aber als PARTNER DES GIGANTEN anerkannt zu werden, muß Perry Rhodaneine wichtige. Aufgabe erfüllen ...

Die Hautpersonen des Romans:Perry Rhodan - Er gewinnt die Anerkennung des Großen Koordinators.Reginald Bull - Er fällt auf ein Mädchen herein das gar keines ist.Demesor - Vize-Imperator von Arkon und Beherrscher des Voga-Systems.Rogal - Ein Attentäter.Zernif - Der ehemalige Befehlshaber der zalitischen Raumflotte und jetzige Führer des Widerstandes gegen den Zarlt.John Marshall - Der Chef des Mutantenkorps der Dritten Macht.Gucky, Wuriu Sengu und Kitai Ishibashi - Sie erweisen sich als Retter in allergrößter Not.

1.

Rogal blieb stehen und lauschte in das Dunkelhinein.

Es war still. Nichts rührte sich. Er mußte sichgetäuscht haben. Die Steinmauern strömten einenasse Kälte aus, die sich schwer auf seine Lungenlegte. Die Luft war schlecht und stickig. Irgendwofielen regelmäßig Wassertropfen und platschten ineine Pfütze.

Viele Wege führten in den Palast des Zarlt, desTyrannen von Zalit, dem vierten Planeten der rotenRiesensonne Voga, keine drei Lichtjahre von Arkonentfernt.

Auch dieser unterirdische Gang, der wenigenVertrauten des vor vielen Wochen ermordetenrechtmäßigen Herrschers von Zalit bekannt war.

Rogal überzeugte sich davon, daß seinEnergiestrahler fest im Gürtel saß und tastete sich

weiter. Er wagte es nicht, jetzt Licht zu machen,obwohl nicht damit zu rechnen war, daß diePalastwachen den Geheimgang kannten. Wenn derehemalige Leibwächter des toten Zarlt Elton nichtgelogen hatte, dann endete der Gang direkt imSchlafgemach Demesors, der sich vom Offizier derRaumflotte zum neuen Herrscher aufgeschwungenhatte.

Unwillkürlich ballten sich Rogals Fäuste, als er anDemesor dachte. Der Name des Despotenverkörperte doppelten Verrat. Zuerst hatte er denalten Zarlt ermorden lassen - und dann faßte er denPlan, sich gegen das Imperium der Arkonidenaufzulehnen, dessen Vize-Imperator er war. Sicher,nur dem Namen nach, aber die absolute Herrschaftdes gigantischen Robotgehirns konnte nur einvorübergehender Zustand sein und war auf keinenFall Grund genug, das Imperium zu verraten.

Auch Rogal war der Gedanke nicht angenehm, voneinem Roboter regiert zu werden, aber ein Roboter

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war mit einiger Sicherheit gerechter als ein Zarlt, dersich stolz Demesor nannte.

Und darum muß jetzt der Demesor sterben.Rogal schlich nach dieser kurzen Pause weiter. Ja,

dachte er erregt, sein Vorhaben war kein Verbrechen,sondern eine Tat der Gerechtigkeit mit der ein ganzerPlanet von der Diktatur eines herrschsüchtigenMannes befreit wurde.

Über ihm waren plötzlich dumpfe Schritte. Sieentfernten sich, hielten für einen Augenblick an - undkehrten zurück. Direkt über ihm verstummten sieerneut. Ihm war, als blicke jemand auf ihn herab. Einkalter Schauer rann seinen Rücken herab. DerSchreck war so groß, daß sich sein Herz schmerzhaftzusammenkrampfte, aber die Erlösung war um sobefreiender. Welche Streiche konnte einem dieEinbildung doch spielen! Der andere konnte ihnnatürlich nicht sehen. Es war purer Zufall, daß geradeüber dem Gang eine Wache patrouillierte. Rogalsetzte sich wieder in Bewegung und atmete auf, alsseine tastenden Hände gegen ein glattes Hindernisstießen. Die Tür ...?

Das Hindernis war aus Holz, wie es derausrangierte Leibwächter beschrieben hatte. RogalsFinger suchten solange, bis sie den kleinen Knopffanden, dann zögerte er.

Was lag hinter der Tür? Warteten dort die Häscherauf ihn, gewarnt durch den rätselhaften Instinkt, derdas Leben so vieler Tyrannen so oft verlängerte?Oder war da nur die Fortsetzung des Geheimgangesund die Wendeltreppe zwischen den Wänden, dienach oben führte?

Er drückte das Ohr gegen die Holzfläche undlauschte mit geschlossenen Augen. Nein, da warnichts zu hören.

Langsam drehte er den Knopf. Die Tür gab nach.Es blieb dunkel.

Er trat in den Gang und lehnte die Tür nur an. Erwußte, daß von dieser Seite aus keine Möglichkeitbestand, sie zu öffnen. Unter keinen Umständendurfte er sie schließen, wollte er sich nicht derRückzugsmöglichkeit berauben.

Vorsichtig tastete er sich weiter, bis seine Füßegegen die erste Stufe der Treppe stießen. Er atmeteauf. Der Leibwächter hatte also die Wahrheit gesagt.Nun waren es genau 368 Stufen bis zumSchlafgemach Demesors.

Bei Stufe zweihundert legte Rogal eineVerschnaufpause ein. Natürlich war es keineregelrechte Wendeltreppe, sondern mehr ein aufwärtsführender Zickzack-Gang mit Stufen. Der Palast desZarlt war wie alle Gebäude auf Zalit in Trichterformerrichtet. Der Stiel des Trichters war eine Kreisflächevon fünfzig Meter Durchmesser. Von hier aus stiegendie arenaförmigen Terrassen in einem Winkel vonetwa fünfundvierzig Grad schräg nach außen und

oben, bis sie in einer Höhe von einhundertfünfzigMeter endeten. Hier oben betrug der Durchmesserdes Kreises bereits zweihundertfünfzig Meter. Dieeinzelnen Ringetagen zeigten nach innenGlasfronten. Die Architektur auf Zalit stammte vonArkon, so wie die Zaliter nichts anderes alsAbkömmlinge der Arkoniden waren.

Zum erstenmal wagte es Rogal, für einenAugenblick seine Taschenlampe einzuschalten, umsich zu orientieren. Seine rotbraune Haut erinnerte andie eines irdischen Indianers. Kupferfarbenschimmerte das dichte Kopfhaar. In der rechten Handlag die seltsam geformte Waffe, die das Leben desZarlt beenden sollte. Die Treppe führte weiter nachoben.

Wieder waren irgendwo regelmäßige Schritte, diesich entfernten, näher kamen und dann wieder leiserwurden. Im Palast mußte es vor Wachen wimmeln.Demesor war mißtrauisch wie alle Diktatoren.

Rogal lächelte grimmig und löschte das Licht. DieDunkelheit schien doppelt intensiv zu sein. SeineHand suchte die Wand, dann setzte er seinen Wegfort.

Ihm war klar, daß er sein Leben aufs Spiel setzte,denn der Zarlt würde ihn nicht schonen, wenn er ihnfaßte. Aber bevor er starb, so wußte er auch, würdeman versuchen, alles aus ihm herauszubekommen.Man würde ahnen, daß er Freunde besaß, Freunde,die dem Staat gefährlich werden konnten.Insbesondere würde man daran interessiert sein, denChef der Untergrundbewegung kennenzulernen.

Rogal war entschlossen, sein eigenes Leben zubeenden, bevor man Gelegenheit erhielt, ihnauszufragen.

Er betrat die letzte Stufe. Sie endete vor einerglatten und kalten Mauer aus Stein. Noch einmalwagte es Rogal, die Lampe einzuschalten. Dieangekündigte Vertiefung war so winzig, daß er siedurch blindes Suchen niemals gefunden hätte. Dererste Druck würde einen feinen Sehschlitz freigeben,der zweite die Geheimtür öffnen, durch die er in dasSchlafgemach des Tyrannen gelangte.

Die Lampe erlosch. Rogal hatte genug gesehen.Er wartete, bis sich seine Augen wieder an die

Dunkelheit gewöhnt hatten, dann preßte er einenFinger in die Vertiefung. Ein kaum hörbares Surrenertönte. Ein schwacher Lichtschimmer traf seineAugen. Vorsichtig legte er das rechte Auge gegenden Schlitz.

Er sah in ein großes Zimmer, das durch gedämpfteLichtquellen in der Decke matt erleuchtet war. Genauihm gegenüber stand ein breites Bett, in dem einMann ruhte. Er lag unter den wärmenden Decken, dienur seinen Kopf freiließen. Deutlich waren dieKonturen seines Körpers zu erkennen. Der ZarltDemesor. Oft genug hatte Rogal sein Gesicht auf den

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Stereofilmen gesehen. Er kannte die harten und dannwieder so freundlichen Züge des Tyrannen nur zugut. Dort also lag der Mann, der Zalit und dasImperium verraten wollte, ahnungslos und schlafend.Fast kam sich Rogal in diesem Augenblick selbst wieein Verräter vor, aber er überwand seine moralischenBedenken.

War es wirklich Mord, wenn man eine ganze Weltvon einem Menschen befreite, der nur Unglück undKrieg über sie zu bringen drohte? War ein Toter nichtbesser als viele Millionen? Dem Diktator war mitMitteln des Rechts nicht beizukommen blieb daetwas anderes übrig, als Mittel der Gewalteinzusetzen, um dem Recht wieder Geltung zuverschaffen?

Rogal faßte die Waffe fester und drückte erneut.Geräuschlos glitt die Geheimtür in die hohle Wand

und gab den Eingang frei. Rogal wußte, daß eineingebauter Mechanismus sie nur zwei Minutengeöffnet ließ, dann würde sie sich wieder automatischschließen. Das war eine Vorsichtsmaßnahme, dieverhüten sollte, daß Unbefugte jemals von demGeheimgang erfuhren, durch den man den Palastunbemerkt verlassen konnte - und betreten.

Ohne jeden Schutz lag Demesor vor ihm, keinefünf Meter entfernt Noch zögerte Rogal. Er machtedrei, vier Schritte, hob die Waffe und richtete sie aufden Schlafenden.

Der schwache Schein der Lampen reichte aus, umdas Gesicht des Zarlt gut erkennen zu lassen. Wieruhig dieser Mann schlief, der den Tod desrechtmäßigen Herrschers auf dem Gewissen hatte.Fast konnte man meinen, er atme nicht. Eine Minutewar bereits um. Der Zeigefinger berührte den Abzugund zog ihn durch.

Ein feiner, grünlicher Energiestrahl schoß auf dasGesicht des Schlafenden zu und hüllte es in einenfeurigen Kranz aufzuckender Blitze. Rogal sah mitEntsetzen, wie das Gesicht zu schmelzen begann. Esfloß regelrecht auseinander und rann in glühendenBächen in die Kissen, fraß sich zischend durch dieDecken und tropfte schwer auf den Boden. Der Zarltschmolz ...!

Rogal starrte auf das Unbegreifliche. Seine Handbegann zu zittern, und der Energiestrahl wanderteungezielt und wahllos durch den Raum, setzte dieVorhänge an den Fenstern in Brand und erloschschließlich flackernd.

Seitlich wurde eine Tür aufgerissen. Drei, vierZaliter stürmten in das Schlafgemach und entrissenihm die Waffe. Rogal wehrte sich nicht. Immer nochfassungslos starrte er auf den von ihm getöteten Zarlt.Was mit ihm geschah, schien nun bedeutungslos,wenn er nur Zalit befreit hatte.

Aber der Zarlt war merkwürdig gestorben ...Rauhe Fäuste rissen ihm die Arme auf den

Rücken. Mit einem letzten Blick zur Wand sahRogal, wie sich die Geheimtür geräuschlos schloß.Wenigstens wußten die Wachen nun nicht, wie er indiesen Raum gelangt war. Sollten sie sich den Kopfzerbrechen.

Widerstandslos ließ er sich aus dem Schlafgemachführen. Er wunderte sich flüchtig darüber, daßniemand nach dem Toten schaute. War den Wachender Tod ihres Tyrannen so gleichgültig? Sie stießenihn in den Nachbarraum und dann hinaus auf denbreiten Ringkorridor.

Irgendwo surrte eine Alarmvorrichtung. Türenwurden aufgerissen, und neugierige Gesichterstarrten sekundenlang auf die vorbeieilende Gruppe.Dann schlossen sich die Türen wieder. Es warniemals gut, wenn man zuviel sah. Das Surrenerstarb. Die vier Bewacher Rogals machten vor einerTür halt. Einer klopfte an. Eine Stimme antwortetemürrisch, dann öffnete sich die Tür.

Ein Mann trat auf den Gang und blickte ausverschlafenen Augen auf die seltsame Gruppe undden Gefangenen.

Rogal spürte, wie eine eisige Hand nach seinemHerzen griff.

Er starrte in die plötzlich kalt und erbarmungsloswerdenden Augen von Zarlt Demesor.

*

»Er müßte längst zurück sein, wenn alles gutverlaufen wäre!«

Die Stimme klang zugleich besorgt und vollschwacher Hoffnung. Sie gehörte einem älterenMann, der in einem bequemen Sessel vor einemElektro-Feuer saß und sich die Füße wärmte. Außerihm waren noch fünf andere Zaliter anwesend, diealle einen übernächtigten und unausgeschlafenenEindruck machten.

»Er kann sich verspäten, Zernif«, tröstete einer vonihnen. »Vielleicht muß er warten, ehe er handelnkann. Es gibt so viele Möglichkeiten, die wir nichteinkalkulieren können ...«

»Und wenn die schlimmste von ihnen eingetroffenist? Wenn der Anschlag mißglückte und Rogal inGefangenschaft geriet? Was dann? Wenn er keineGelegenheit mehr findet, sich zu töten - wenn er unsverrät?«

Der Sprecher von eben schüttelte den Kopf.»Rogal ist einer unserer besten Männer. Er handelt

immer planmäßig und vorsichtig. Er würde sichniemals unnötig in Gefahr begeben.«

*

Der alte Zernif, ehemals Befehlshaber derRaumflotte von Zalit und Admiral des töten Zarlt,

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machte eine unbestimmte Handbewegung.»Die Frist ist verstrichen. Es ist längst nach

Mitternacht. Rogal kehrte nicht zurück. Diebesprochenen Vorsichtsmaßnahmen müssenanlaufen. Wenn man uns in unserem Versteck findet,ist Zalit verloren. Auch die Fremden können unsdann nicht mehr helfen.« Die Fremden ...

Für einen kurzen Augenblick erinnerten sich dieRebellen an jene Fremden, die mit einem gestohlenenSchlachtschiff der Arkoniden zu ihrer Weltgekommen waren. Sie hatten Verbindung mit demZarlt aufgenommen und schienen auf dessen Pläneeingegangen zu sein. In Wirklichkeit aber, so hatteinsbesondere Rogal behauptet, dachten sie nichtdaran, die verräterischen Absichten des Zarltgutzuheißen.

»Wir sollten losschlagen, ganz egal, ob RogalErfolg hatte oder nicht. Wenn Demesor dem Attentatentkam, steht uns Schlimmes bevor. Er kennt keineGnade und wird uns alle töten.«

»Wenn er uns findet!« Zernif nicktebedeutungsvoll. Er strich sich über denkupferfarbenen Bart, der ihm ein ehrwürdigesAussehen verlieh. »Wenn man Rogal zu einerAussage zwingt, kann das leicht geschehen.«

»Rogal stirbt eher!«»Und wenn man ihm keine Zeit zum Sterben

läßt?« Schweigen. Admiral Zernif seufzte. »Wirwarten noch eine halbe Stunde, dann verschwindenwir. Wenn Rogal noch kommt, so wird er uns zufinden wissen.«

Die angekündigte halbe Stunde verstrich, ohne,daß Rogal erschien.

Die Anführer der Widerstandsbewegung bereitetensich zum Aufbruch vor. Sie wußten, daß nun dergeheime Gang zum Palast nur noch wenig Wertbesaß. Hier mußten sie verschwinden, wenn sie nichtvon den Häschern de. Zarlt überrascht werdenwollten. Sie nahmen ihre Waffen, leichte undschwere Energiestrahler arkonidischer Machart, undschalteten die Zeitzünder der Sprengbomben ein, diedas alte und verlassene Gebäude in die Luft sprengensollten - und damit auch den Ausgangspunkt desGeheimganges.

Irgendwo in der Wand war plötzlich ein Geräusch.Jemand tappte unsicher über Geröll und klopfte ingewissen Abständen gegen die Mauern.

Zernif lauschte. Zuerst hatten seine weitgeöffnetenAugen Freude und Zuversicht verraten, aber nunverengten sie sich mißtrauisch.

»Das ist Rogal«, sagte jemand erfreut. »Er mußsich beeilen, die Bomben zünden in dreißigMinuten.«

»Vielleicht ist es Rogal«, murmelte Admiral Zernifund verbarg das Zittern in seiner Stimme. »Warumgibt er nicht das Erkennungssignal?« Niemand gab

Antwort. Wenn der Heranschleichende in der TatRogal war, dann mußte er das Erkennungssignalgeben - ein dreimaliges Klopfen an der Wand, ehe erdie Geheimtür öffnete. Öffnete sich die Tür ohnedieses Zeichen, dann konnte es nicht Rogal sein, dersich da ihrem Versteck näherte.

Die Männer sahen sich stumm an. Automatischfuhren ihre Hände zu den Waffen und zogen sie. Mitfliegenden Fingern wurden die Sicherungenausgerastet. Sechs Mündungen richteten sich auf dieStelle der Wand, wo die Tür verborgen war.

Ihren aufmerksam lauschenden Ohren entging dasGeräusch nicht. Es mußten mehrere Männer sein, diesich hinter der Steinmauer versammelten. DasFüßescharren verriet es. Nun war sicher, daß RogalsAnschlag mißglückt war. Mehr noch, die Schergendes Zarlt hatten den geheimen Gang entdeckt. Obdurch Rogals Schuld oder nicht, das blieb noch zuklären. Zernif flüsterte:

»Verbergt euch, daß sie uns nicht sofort sehen.Erst müssen wir wissen, wieviel es sind. Und erstdann, wenn sie alle den Gang verlassen haben,schießen wir auf sie. Verstanden?«

Die fünf Männer nickten. Sie huschten hinter leereKisten und verschimmelte Möbelstücke. DerElektroofen war bereits kalt geworden, aber nochschwebte ein Hauch der angenehmen Wärme imRaum. Trotzdem begannen die Verschwörer zufrieren.

Im Hintergrund tickten die Zeitzünder. Nochzwanzig Minuten, dann flog hier alles in die Luft.

Vorn in der Wand war ein Knacken, dann begannsich die Mauer zu teilen. Eine Partie schob sich nachrechts, die andere nach links. Eine Gestalt wurdesichtbar. Rogal!

Er blickte mit merkwürdig leeren undausdruckslosen Augen in den Raum und schiennichts zu sehen. Hinter ihm wurden Männer infarbigen Uniformen sichtbar, die schußbereiteStrahler in den Händen hielten. Sie stießen Rogal inden Raum hinein, und als nichts geschah, folgten sieihm.

Insgesamt waren es zwölf Palastwächter, darunterzwei Mitglieder der gefürchteten Geheimpolizei desZarlt.

Admiral Zernif erkannte sie sofort. Und ererkannte noch viel mehr.

Er richtete die Waffe auf die beiden Polizisten undrief dann laut: »Für Freiheit und das Imperium!« ...und schoß. Seine fünf Gefährten hatten nur auf dasKommando gewartet. Sie sprangen aus ihrerDeckung und feuerten ohne Anruf auf die zwölfSoldaten des Zarlt. Einer eilte trotz der bestehendenGefahr einige Schritte vor und riß Rogal aus derSchußlinie. Ohne jede Rücksicht gab er ihm einenkräftigen Stoß, der ihn zu Boden warf. Dann erst

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wandte er sich wieder dem Gegner zu.Sechzig Sekunden später war alles vorbei. Die

zwölf Palastwächter waren ausgeschaltet, zwei derRebellen gefallen. Zernif hatte einen leichtenStreifschuß am Arm abbekommen, was ihn aber nichtdaran hinderte, sehr zufrieden auszusehen. Dabei warkein Grund vorhanden, zufrieden zu sein.

Rogal lag immer noch an der gleichen Stelle. Ersah verständnislos um sich. Ein Blick in seinemerkwürdig starren und ausdruckslosen Augenüberzeugte Zernif davon, daß er sie nicht bewußtverraten hatte. Irgend etwas war mit ihm geschehen.Wenn sich seine Vermutung bestätigte, dann warRogal so gut wie tot - oder anders ausgedrückt: Erwäre besser tot. Jetzt blieb keine Zeit. In fünfzehnMinuten detonierten die Bomben und würden vondem alten Bau nichts übriglassen.

»Kümmert euch um Rogal, wir müssen ihnmitnehmen. Vielleicht erfahren wir einiges. Wirmüssen uns jetzt beeilen.«

Draußen war es dunkle Nacht. In der Fernestrahlten die Lichter von Tagnor, der 30 MillionenEinwohner zählenden Hauptstadt des Planeten ZalitNur wenige Schritte, dann kletterten sie in daszwischen Parkbüschen versteckte Fahrzeug. DerMotor begann zu summen. Ein paar Kurven, dannwurde die Ausfallstraße erreicht.

Das Tempo erhöhte sich. Plötzlich schoß eineriesige Stichflamme in den schwarzen Himmel, eineDruckwelle fegte über die Parklandschaft, und einohrenbetäubender Knall folgte.

Es gab keinen Geheimgang zum Palast des Zarltmehr.

2.

Der Raumflughafen von Tagnor hatte einenDurchmesser von mehr als zwanzig Kilometern. Daswar viel und zugleich wenig, wenn man denunvorstellbaren Verkehr in Betracht zog, der hierherrschte. Fast minütlich landeten und startetenFrachter, Passagier-Liner, Schlachtschiffe undKreuzer der Zaliter-Flotte.

Es ging zu wie in einem Taubenschlag.Wenigstens war das die Meinung von Reginald

Bull, von seinen Freunden meist nur Bully genannt.Seine massige Gestalt ruhte in einem zerbrechlichwirkenden Sessel vor den Kontrollanlagen derPanoramabildschirme, mit deren Hilfe er das Treibenauf dem Raumhafen beobachtete. Ab und zu huschteein befriedigtes Grinsen über sein breitflächigesGesicht, und seine glattliegenden Haarborstenverrieten deutlicher als alles andere, daß kein Grundzur Beunruhigung vorlag.

Er war nicht allein in der riesigen Zentrale derTITAN, wie sie das erbeutete Schlachtschiff getauft

hatten. Mit seinen anderthalb KilometernDurchmesser war es der größte bekannteKugelraumer des Universums, ein neues Erzeugnisder Arkonidentechnik.

Perry Rhodans hagere und fast schmächtigeGestalt lehnte gegen den Navigationstisch und schiensich in dieser Lage wohl zu fühlen. Das schmaleGesicht verriet Anspannung und Heiterkeit zugleich.Es war, als seien alle Sorgen von ihm abgefallen,oder als hätten ihn nie welche geplagt. Dabei gab esderen mehr als genug.

»Der reinste Flottenaufmarsch, wenn ich mir dieBemerkung gestatten darf«, sagte Bully träumerisch,als ginge ihn das alles nichts an. Das Bewußtseineigener Überlegenheit sprach aus seinen Worten.Rhodan nickte geistesabwesend.

»Du sagst es, Freund«, murmelte er. »Fragt sichnur, wer ihn befohlen hat - das Robotgehirn aufArkon oder der Zarlt.«

Bully verzichtete auf eine Antwort, weil er keinewußte. Er sah weiter auf die Bildschirme undwidmete sich der Aufgabe, die man ihm zugeteilthatte.

Die TITAN lag am Rand des Raumhafens, dichtneben Tagnors Ausfallstraßen. Die untere Hälfte dergewaltigen Kugel lagerte in einem ausgeräumtenHangar, der von dem Zarlt diensteifrig zur Verfügunggestellt worden war. Nicht ohne Hintergedanken,versteht sich. Er hoffte immer noch, Rhodan würdeihm verraten, wie er die Festungsringe des SystemsArkon überwunden hatte.

Er hoffte nun bereits seit einigen Wochenvergebens, und seine Geduld schien endgültigerschöpft zu sein. Rhodan wartete gelassen auf diesenZeitpunkt, zu dem der Zarlt die Maske fallen ließ.

Die Tür öffnete sich, und herein watschelte einemit rostbraunem Fell bedeckte Mickymaus. Sie warvielleicht einen Meter lang, hatte große Ohren, einespitze Schnauze und einen breitflächigenBiberschwanz.

»Hallo!« quietschte das merkwürdige Wesen inreinstem Interkosrno und machte es sich auf einemLiegebett bequem. Eine Weile betrachtete estiefsinnig den angestrengt auf den Bildschirmstarrenden Bully, dann seufzte es ergeben und wandtesich zur Fortsetzung seiner, begonnenen Ansprachean Rhodan: »Es sind neue Mooffs eingetroffen.«

Rhodans Aufmerksamkeit erwachte. »Wer bringtsie?«

»Schiffe der Zarlt-Flotte, aber ich fand heraus, daßnicht sie es sind, die für den eigentlichen Transportverantwortlich sind. Sie übernehmen die jeweiligeLadung am Rande des Systems von fremdenSchiffen.«

»Aha!« machte Rhodan und dachte nach. »Ichbefürchtete es. Die Unbekannten geben also nicht

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auf.«»Sollen Tama und ich weitermachen?«Rhodan nickte kurz. Seiner Ansicht nach war es

ein sinnloses Töten, wenn immer wieder neue Mooffszu dieser Welt gebracht wurden, aber auf der anderenSeite wurde die Lage gefährlich, wenn die Mooffsüberhandnahmen. Man mußte zumindest versuchen,die Zahl nicht größer werden zu lassen. Die Mooffs...!

Sie stellten das eigentliche Problem dar. Jemand,der klug im Hintergrund blieb, ließ die telepathischveranlagten Methanatmer nach Zalit bringen, gleichin entsprechende Druckbehälter aus Glas verpackt, indenen die anderthalb Meter hohen Quallenwesenhockten. Außer der Telepathie beherrschten sie auchnoch die Gabe der Suggestion, allerdings für irdischeBegriffe nur sehr mangelhaft. Trotzdem war es ihnengelungen, den Zarlt und damit die Führungsschichtvon Zalit unter ihren Einfluß zu bringen - wie ihrAuftrag es vorsah. Der Zarlt sollte für eineunbekannte Macht das Imperium der Arkonidenerobern - soviel hatte Rhodan bereits begriffen, abermehr auch nicht.

Immerhin genügte es, ihn vor eine schwereEntscheidung zu stellen.

Das gewaltige Sternenreich der Arkoniden wurdenicht von Menschen, sondern von dem größtenRobotgehirn des bekannten Universums regiert. Ganzabgesehen davon, daß man einer Maschine keineSympathie entgegenbringen konnte, hatte derRobotregent Rhodan nicht gerade gut behandelt. Erverfolgte ihn und betrachtete ihn als eine ArtStaatsfeind Nummer eins. Die Arkoniden selbst,dekadente Schöngeister und Genießer, kümmertensich wenig um die Geschehnisse innerhalb desImperiums. Sie überließen alles dem Robotgehirnund waren überzeugt, es regiere in ihrem Sinn.Eigentlich stimmte das auch, trotzdem konnteRhodan sich nicht mit dem Gedanken befreunden,daß Hunderte von intelligenten Arten von denlogischen Entschlüssen eines Roboters abhängigwaren.

Daher war ihm im ersten Augenblick dasBestreben des Zarlt von Zalit, das Gehirn zuvernichten und selbst die Herrschaft über dasImperium zu übernehmen, verständlich erschienen.Aber dann tauchten die Mooffs auf.

Sie waren die eigentlichen Drahtzieher desGeschehens - glaubte man zuerst. Sie beherrschtenden Verstand der Zaliter und stifteten sie zurRevolution gegen Arkon an.

Bis sich auch das als relativer Irrtum erwies. DieMooffs handelten auf Befehl oder unter Druck vonUnbekannten, die somit die Früchte der Revolte zuernten gedachten. Außerdem stellte sich heraus, daßder Zarlt ein Mörder und Tyrann war, der auch ohne

den suggestiven Einfluß der Mooffs zum Verbrechergeworden wäre.

Rhodan sah nun eine Möglichkeit, demRobotgehirn von Arkon zu beweisen, daß er auf derSeite des Imperiums stand und nicht beabsichtigte,ihm Schaden zuzufügen.

Er war bei diesem Punkt seiner Überlegungenangelangt, als Bully das Schweigen brach.

»Funkzentrale meldet sich, Perry. Siehst du nach?Oder soll ich gehen?«

»Danke, bleibe du an den Schirmen. Ich geheschon.«

Die Funkzentrale war gleich nebenan. »Was gibtes?«

Einer der Offiziere üb erreichte Rhodan einenZettel.

»Eine Funkmeldung von Major Deringhouse.Hyperfunknachricht.«

Major Deringhouse! dachte Rhodan und nahm dieMeldung entgegen, ohne sie sogleich zu lesen. Erkehrte in die Zentrale zurück, wo Bully ihm gespanntentgegensah. Deringhouse befehligte die Raumflotteder Erde und stand in Bereitschaft. Immerhin konntedas Robotgehirn von den Springern erfahren haben,von welchem Planeten Rhodan stammte. Und wenndem so war, bestand für die Erde größte Gefahr. Eineinziges Robotschiff konnte das Sonnensystem ineine radioaktive Wolke verwandeln, wenn es Arkon-und Gravitationsbomben einsetzte.

Immerhin war die Erde 32000 Lichtjahre entfernt.Wegen Anpeilungsgefahr hatte Deringhouse die

Hyperfunk-Meldung irgendwo von einem beliebigenPunkt der Milchstraße aus per Relais abgesandt.

Bully fragte: »Nun?«Rhodan sah auf den Zettel. Er las laut vor:An Perry Rhodan, Sektor Arkon! Betrifft Ihre

Anfrage Verrat Springer. Das Positronensystem aufVenus wurde mit allen verfügbaren Informationenversehen. Auswertung ergibt eine Sicherheit von99,08, daß die Springer die Position der Erde nicht anArkon verraten haben. - Viel Glück. Hier alles ruhigund in Ordnung gez. Deringhouse.

Bully atmete sichtlich erleichtert auf.»Die gute alte Erde existiert also noch. Manchmal

vergißt man, daß sie eine Ewigkeit entfernt ist. DasLicht benötigt zweiunddreißigtausend Jahre, um vonhier bis zu ihr zu gelangen ...«

»Keine Vorträge jetzt«, wurde er von Rhodanunterbrochen. »Die Meldung besagt noch lange nicht,daß die Gefahr vorbei ist. Im Gegenteil! DasRobotgehirn auf Arkon sucht uns. Wenn der Zarltunser Spiel leid ist, wird er unseren Standort verraten.Damit bewiese er dem Gehirn auch gleichzeitig seineLoyalität und kann es später um so leichterüberlisten.«

»Kommen wir ihm doch zuvor«, schlug Bully vor

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und grinste zuversichtlich. »Verpetzen wir den Zarlt,und das Robotgehirn ist unser Freund und schenktuns vielleicht sogar das gestohlene Schiff.«

»Nicht ganz so aber doch so ähnlich stelle ich esmir vor«, gab Rhodan zu. »Aber wir wollen nichtvergessen, daß hinter dem Zarlt die Mooffs steckenund hinter diesen wiederum Unbekannte. Die zufinden, ist unsere eigentliche Aufgabe.« Er machteeine kleine Pause, aber ehe Bully etwas erwidernkonnte, fuhr er fort: »Doch ich denke, wir solltenunsere Aufgabe Schritt für Schritt lösen. Und dererste Schritt heißt: Zarlt! Das Problem sollte voninnen her angepackt werden. John Marshall hatVerbindung mit dem Führer derUntergrundbewegung aufgenommen, einemehemaligen Admiral Zernif. Wir werden ihm beiseinem Vorhaben behilflich sein.«

»Was hat er denn vor?«»Den ermordeten Zarlt zu rächen und den

rechtmäßigen Nachfolger einzusetzen« Bully sah auf.»Und der neue Zarlt erkennt die Herrschaft des

Robotgehirns über das Imperium von Arkon an?«»Ja, weil es im Augenblick keine bessere Lösung

gibt. Die Arkoniden selbst können kein Reich mehrregieren, das einen Durchmesser von Hunderten vonLichtjahren besitzt.«

»Wir helfen also dem Robotregenten?«Rhodan starrte gegen die Wand. »Ja«, sagte er

leise und mit einem Unterton von Resignation.

*

Rein geistig gesehen war das Mutantenkorps PerryRhodans die größte Macht des bekanntenRandsektors der Milchstraße. Die ständigeVerseuchung der irdischen Atmosphäre in denvergangenen Jahrzehnten hatte bei einigenMenschen, die während dieser Zeit geboren wurden,merkliche Veränderungen der Gehirnstrukturhervorgerufen. Diese Veränderungen machten sie zuMutanten.

Nun lag es, im politischen Sinne, an dercharakterlichen Eigenschaft und Eignung dieserMenschen, ob man sie zu den positiven odernegativen Mutanten zählte. Die Mitglieder desMutantenkorps waren ausnahmslos positiveMutanten. Es gab Telepathen, Telekineten,Teleporter und Späher, Peiler, Hypnos undFrequenzseher. Es gab aber auch einen, der mit derKraft seines Geistes auf große Entfernungen hinAtomexplosionen auszulösen vermochte.

Der Telepath John Marshall war der offizielleLeiter des Mutantenkorps. Gebürtiger Australier undnun Angehöriger der Dritten Macht Perry Rhodans,war er stets für die Einigung der Erde eingetreten undbegleitete nun, da Terra dieses Ziel erreicht hatte,

Rhodan auf seinem Flug nach Arkon. Und mit ihmdas Mutantenkorps. Natürlich gehörte auch Gucky,der kleine Mausbiber, zu diesem Korps. Gucky warnicht nur Telepath, sondern auch Telekinet undTeleporter. Diese Vielfalt der parapsychischenEigenschaften stempelten Gucky automatisch zueinem Universalgenie, worauf er sich nicht wenigeinbildete. Trotzdem mochte jeder den kleinen Kerlgern, den Rhodan auf dem Planeten der sterbendenSonne gefunden hatte.

Zusammen mit Tama Yokida, dem japanischenTelekineten, befand sich Gucky im Einsatz. Es galt,die gefährlichen Mooffs auszuschalten, die mit ihrerSuggestionsgabe einen verderblichen Einfluß auf dieZaliter ausübten. Es genügte, wenn Tama und Guckyihre telekinetischen Begabungen vereinten und durchzweiseitigen Zug die Molekülstruktur derDruckbehälter veränderten. Es entstand ein Leck, ausdem die lebensnotwendige Methanatmosphäreentwich. Die Mooffs starben.

Die täglichen Alarmübungen waren beendetworden. Rhodan war nun sicher, daß jeder seinerLeute das Riesenschiff genügend kannte, ummöglichst schnell jede befohlene Station zu erreichen- immerhin keine Kleinigkeit, wenn man dasVolumen einer anderthalb Kilometer dickenHohlkugel berechnete.

Die beiden Arkoniden Thora und Crest weilten beiihm in der Zentrale. Die hochgewachsene Thora mitden weißen Haaren und den rötlichen Augen saß stillin ihrem Sessel und nahm den Blick nicht vonRhodan. Crest war stehengeblieben. Auch er waralbinotisch veranlagt, wie seine ganze Spezies, mitder ihn nun nichts mehr zu verbinden schien,nachdem seine Sippe nicht mehr der Regierungskasteangehörte. Seit sechs Jahren beherrschte dasRobotgehirn das Imperium - und Imperator OrcastXXI. war nichts als eine Marionette.

Thora und Crest waren es gewesen, die vordreizehn Jahren auf dem irdischen Mond notlandetenund Perry Rhodan die Macht in die Hände gaben,Terra zu einem kosmischen Machtfaktor zu machen.

»Der Zarlt hat die Maske fallenlassen«, begannRhodan ohne Umschweife die Unterredung. »Wiemir eben mitgeteilt wurde, hat er zwar demRobotgehirn nicht unsere direkte Position mitgeteilt,aber er hat in seiner Botschaft an Arkon durchblickenlassen, daß es seiner Raumflotte gelungen sei,unseren Standort festzustellen. Er hat umVerstärkung durch robotgesteuerte Kampfschiffegebeten. Außerdem erfolgte danach eine direkteFunkwarnung an unsere Adresse, die ein Startverbotbedeutet. Er will uns also hier festhalten.«

»Was ist der Sinn dieser Maßnahme?« fragte Crestverständnislos. »Warum sagt er dem Gehirn nicht,wo wir sind?«

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Rhodan lächelte. »Wenn Sie sich in die LageDemesors versetzen, wird Ihnen die Antwort nichtschwerfallen. Demesor will das Robotgehirnüberlisten, um selbst die Macht zu ergreifen. DieTITAN ist das mächtigste Schiff Arkons, aber esbefindet sich in unserem Besitz. Was nützt esDemesor, wenn das Robotgehirn sich die TITANholt? Also fordert er Verstärkung an, um uns selbstzu kapern. Dann wird er nach Arkon vordringenwollen, denn er nimmt ja an, nur mit Hilfe derTITAN hätten wir die Festungsringe durchbrochen.Woher soll er wissen, daß es nur mit Hilfe desFiktiv-Transmitters auf der GANYMED möglichwar?« Crest nickte langsam. »Fast hätte ich dieGANYMED vergessen, obwohl wir ja mit ihr unsereExpedition starteten und die TITAN erst hiereroberten. Ja, so könnte es sein, Perry. Nun, der Zarlthat sich verrechnet.« Immer noch lächelte Rhodan.»Ich möchte aber vorerst noch, daß er das nichtmerkt. Mir liegt viel mehr daran, das Gehirn aufArkon von unserer Loyalität zu überzeugen. HabenSie in dieser Hinsicht einen Vorschlag?«

Ehe Crest etwas sagen konnte, meinte Thora:»Warum nehmen wir keinen Kontakt mit ihm

auf?«Rhodan nickte ihr freundlich zu. »Wir haben es

bereits versucht, aber es reagiert nicht. Vielleicht istes nicht ständig auf Hyperfunk-Empfang. Dannmüßten wir näher ran.«

»Nach Arkon?«»Warum nicht?« Crest sagte:»Es wird weniger die räumliche Entfernung sein,

die das Gehirn am Empfang hindert. Ich nehmevielmehr an, daß die Zaliter eine magnetischeSperrglocke über ihren Planeten gelegt haben. Siewirkt polarisierend. Ankommende Sendungenpassieren ungehindert, aber abgehende werdenaufgehalten. Der Vorgang läßt sich auch umkehren.Nur so ist das Schweigen des Gehirns zu erklären.«

»Es würde also genügen«, stellte Rhodan fest,»wenn wir lediglich die Atmosphäre durchstießen,um Verbindung zu erhalten?«

»Theoretisch - ja!« nickte Crest überzeugt.Rhodan überlegte einen Augenblick.»Sie mögen recht haben. Aber wenn wir es schon

versuchen, sollten wir unsere Beweise nichtvergessen.«

Er drehte sich zur Kontrolltafel und drückte einenKnopf ein. Jemand meldete sich. »Schicken Sie mirJohn Marshall sofort in die Zentrale. Es eilt! AuchLeutnant Tifflor soll kommen.« Er schaltete wiederab und wandte sich erklärend an die beidenArkoniden: »Man kann auch von einem Robotgehirnnicht verlangen, daß es dem Ehrenwort FremderGlauben schenkt.«

»Sie haben einen Plan?« vergewisserte sich Thora.

Rhodan nickte ihr zu. Ohne es verhindern zukönnen, lag sein Blick länger auf ihrem strengen unddoch schönen Gesicht, als er eigentlich wollte.Welche Veränderung war doch mit ihr vorgegangen!Fast kam es Rhodan unwahrscheinlich vor, daß siedie Menschen vor dreizehn Jahren noch alsbarbarische, unzivilisierte Art angesehen hatte. IhrHochmut war grenzenlos und ihre Verachtung ohneBeispiel gewesen. Und heute, da sie erkennen mußte,wie tot das geistige Erbe der Arkoniden und wielebendig die junge Zivilisation der Terraner war, fandin ihrem Innern eine Wandlung statt, die sich nichtnur in einer Revision ihrer Weltanschauung äußerte,sondern insbesondere in ihrer persönlichenEinstellung zu Rhodan.

Früher hatte Rhodan es nur ahnen können, aberheute wußte er, daß er Thora insgeheim liebte. Aberdie Erfüllung dieser Liebe mußte unreal bleiben,denn zwischen ihm und ihr stand die Ewigkeit. Nichtmehr die Kluft zweier ungleichaltriger Kulturen,sondern die Ewigkeit. Denn Rhodan hatte von demUnsterblichen die lebensverlängernde Zellduscheerhalten, die Thora verweigert worden war. Rhodanalterte nicht, aber Thora ...

Er brach den Gedanken ab. Jetzt gab es keineLösung für das Problem und auch keine Antwort aufseine Fragen. Einmal jedoch, so wußte er, mußteauch hier eine Entscheidung fallen. Er sehnte siegenauso stark herbei, wie er sich vor ihr fürchtete.

»Ja, Thora, ich habe einen Plan. Wir werden demRobotgehirn mit der Gazelle einen Besuchabstatten.«

»Mit dem Fernaufklärer? Durch denFestungsring?«

Rhodan lächelte und schüttelte den Kopf.»Keinen direkten Besuch, Thora. Einige

Lichtstunden werden genügen, um der Funksperre zuentgehen. Dann nehmen wir Bildverbindung mit demGehirn auf. Der Zarlt soll ahnungslos bleiben, alsowerden wir uns von der GANYMED aus mit Hilfedes Fiktiv-Transmitters katapultieren lassen.« Crestnickte.

»Ein guter Gedanke, Perry. Ich stimme zu. Wasaber gedenken Sie dem Robotgehirn zu sagen?«

»Die Wahrheit. Auch werde ich es als Regentendes Imperiums voll anerkennen.« Thora sah nichtgerade glücklich aus.

»Wir sollen anerkennen, daß nicht die Arkoniden,sondern ein Robot das Imperium regiert?«

»Erstens haben wir keine andere Wahl, undzweitens halte ich die Herrschaft des Gehirns für dasImperium nicht für unvorteilhaft. Sehen Sie sich nurdiesen Orcast an, Thora. Glauben Sie ehrlich, daß erdas zerfallende Reich zusammenhalten kann?«

»Orcast sicherlich nicht«, gab Thora zu. In ihrenrotgoldenen Augen flammte es auf. »Aber die Sippe

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der Zoltral ist nicht so dekadent!«Thora und Crest gehörten dieser Sippe an.»Es wird ein Zeitpunkt kommen, da die Sippe der

Zoltral wieder regieren wird«, sagte Rhodan mitBetonung. »Dann können wir immer noch über dieAblösung des Robotgehirns verhandeln. In unsereraugenblicklichen Situation aber gilt es, das Vertrauendes Regenten zu erwerben.«

Thora sah Rhodan lange an, dann senkte sie denKopf.

»Ich fürchte, ich muß Ihnen recht geben, Perry.Wann also starten wir?«

Rhodan gab keine Antwort, denn in diesemAugenblick betraten John Marshall und LeutnantTifflor die Zentrale. Tiff, wie er allgemein genanntwurde, sah Rhodan sehr ähnlich, wenn er auch fastzwanzig Jahre jünger war. Er hatte sich in mehrerenSpezialeinsätzen sehr hervorgetan und genoß dasuneingeschränkte Vertrauen Rhodans. Die Tür schloßsich geräuschlos. Rhodan nickte den beiden zu undsagte knapp: »Tiff, Sie setzen sich mit Oberst Freytin Verbindung und veranlassen dieStartvorbereitungen für die Gazelle mit demFiktivtransmitter. Besatzung: Thora, Crest, Guckyund ich. John Marshall wird versuchen, AdmiralZernif herbeizuholen, wenn notwendig durch RasTschubai. Bully übernimmt während unsererAbwesenheit das Kommando über die TITAN. Daswäre alles. Wir treffen uns in zwei Stunden auf derGANYMED. Noch Fragen?«

»Ich bleibe zurück?« murmelte Bully enttäuscht.»Was soll ich hier, wo doch nichts passiert?«

»Woher willst du wissen, daß nichts passiert?«fragte ihn Rhodan ernst. »Ich muß einen verläßlichenKommandanten in der TITAN wissen, wenn ichabwesend bin. Ein Schiff wie die TITAN verspieltman nicht gern.«

Halb überzeugt gab Bully sich zufrieden.Immerhin hatte Rhodan ihm eine beachtlicheVerantwortung aufgebürdet.

*

In der Sicherheit des verborgenen Hauptquartiersfanden Zernif und seine Freunde endlichGelegenheit, sich um Rogal zu kümmern.

Der unter so geheimnisvollen Umständenzurückgekehrte Attentäter stand offensichtlich unterdem nachhaltig wirkenden Einfluß eines schwerenSchocks. Seine Augen blickten starr ins Leere, undseine zusammengepreßten Lippen blieben stumm. Erantwortete auf keine Frage.

Sie saßen alle um ihn herum und versuchten, ihmein Wort der Aufklärung zu entlocken. War dasAttentat völlig mißglückt? Hatte er keine Gelegenheitgehabt, auf den Despoten zu schießen? Hatten sie ihn

noch vorher abgefangen? War es Verrat gewesen?Mit offenen Augen starrte Rogal in das grelle

Licht. Admiral Zernif seufzte. »Es ist sinnlos.Vielleicht sollten wir ihm einige Tage Ruhe gönnen.Wir werden noch früh genug erfahren, ob der Zarltlebt, oder ob der Anschlag glückte. Vielleicht könnenuns die Fremden einen Rat geben. Dieser Rhodan hatmerkwürdige Wesen um sich. Einige von ihnenkennen wir.«

Sie fuhren plötzlich herum. Mitten im Zimmer warein Geräusch. Niemand konnte unbemerkt hierhergelangen, denn das Hauptquartier lag zehn Meterunter der Erde, ganz in der Nähe der Stadt. DieSicherheitsmaßnahmen hatten noch nie versagt.

Was sie erblickten, jagte ihnen kalte Schauer derFurcht über den Rücken.

Aus dem Nichts heraus materialisierten zweimenschliche Gestalten.

Die eine kannte Zernif. Es war der Mann, der sichJohn Marshall nannte. Er gehörte zu Rhodan, diesemgeheimnisvollen Fremden, der auf ihrer Seite zustehen schien, wenn er sich auch jeder Hilfeleistungenthalten hatte. Der zweite Mann war unbekanntSeine fast schwarze Hautfarbe war erschreckend undungewohnt. Gehörte er auch zu den Fremden?

Zernif faßte sich. Seine Hand, die auf dem Kolbender Waffe lag, kam leer wieder hoch.

»Sie? Wie sind Sie hierhergekommen?«»Durch die Hilfe meines Freundes Ras Tschubai,

den ich Ihnen hiermit vorstellen möchte. Er istTeleporter.« Zernif erhob sich. Für eine Weile vergaßer Rogal. Die anderen Rebellen ließen in ihrerWachsamkeit nicht nach, der sie bisher ihr Lebenverdankten. »Wie habt ihr uns gefunden?«

»Es war nicht schwer, Zernif. Wir kommen, umIhre Hilfe zu erbitten.«

»Meine Hilfe? Wie können wir euch helfen, die ihrmächtiger seid als selbst der Zarlt?«

»Ihr werdet es erfahren. - Ist das nicht Rogal? Wasist mit ihm geschehen? Es sieht so aus, als stünde erunter einem Hypnozwang.«

»Wir halten es für die Nachwirkungen einesseelischen Schocks. Wir müssen wissen, was mit ihmgeschehen ist.«

Marshall kniff die Augen zusammen. Sein ersterGedanke war, daß die Mooffs den natürlichenAbwehrblock Rogals durchbrochen haben könnten.

»Wo hat es ihn erwischt?« Zernif zögerte eineSekunde. Er ahnte nicht, daß Marshall bereits inseinen Gedanken las und wußte, was geschehen war.Dann entschloß er sich, dem Fremden reinen Weineinzuschenken. Schnell berichtete er von demgeplanten Attentat. Marshall nickte langsam. »Alsovergangene Nacht? Dann mißglückte der Anschlag,denn noch heute vormittag hat der Zarlt neue Befehleerlassen, die sich ganz offen gegen uns, seine Gäste,

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richten. Vielleicht macht er uns für das Vorkommnisverantwortlich. Und Rogal kehrte so zurück?« Er sahin Richtung des Rebellen, der seine Lage nichtverändert hatte. Immer noch starrte er in die grelleLichtquelle. »Darf ich ihn mir ansehen?«

Das war nur ein Vorwand, um in aller Ruhe in dieGedanken Rogals eindringen zu können. Marshallerschrak, als er auf den starken Abwehrblock stieß,der sich ihm entgegenstellte. Seine Fähigkeitenwaren nicht die eines Suggestors. Da konnte nurAndre Noir, der Hypno des Mutantenkorps helfen. Erwandte sich an Ras Tschubai: »Können Sie Zernifund mich zugleich mit Rogal zur TITANteleportieren?«

»Zu riskant. Ich schlage vor, ich bringe Sie einzelnins Schiff. Das dauert auch nicht viel länger.«

»Gut«, erwiderte Marshall und erklärte Zernif denZweck ihres Kommens eingehender. Dann setzte erhinzu: »Wir nehmen Rogal mit und werden sehen,was wir für ihn tun können. Hier habe ich ein kleinesFunkgerät mitgebracht, mit dem ihr jederzeitVerbindung mit Rhodan erhalten könnt. Bleibt aufEmpfang. Und nun zuerst Rogal.«

Die Zaliter sahen in scheuer Bewunderung zu, wieder Neger mit Rogal verschwand. Keine zehnSekunden später rematerialisierte er und holte Zernif.Dann kam Marshall an die Reihe.

In dumpfem Schweigen blieben sie zurück undstarrten abwartend auf den kleinen Kasten, der einleises Summen von sich gab. Er war ihre letzteVerbindung mit der Außenwelt.

*

Der Fiktivtransmitter vom Planeten Wanderer wareine großartige Sache.

Er konnte Materie jeder Art im Bruchteil einerSekunde durch die fünfte Dimension an jedenbeliebigen Ort teleportieren, ganz gleich, ob es sichum Atombomben oder Menschen handelte. Imganzen Universum hatte es noch nie einevollkommenere Waffe gegeben. Den größtenSchiffen halfen die stärksten Schutzschirme nichts,wenn entmaterialisierte Bomben in ihr Inneresteleportiert und dort zur Detonation gebracht wurden.

Aber heute benutzte Rhodan den Transmitter fürfriedliche Zwecke. Er sollte die Gazelle unbemerkt inden Raum bringen. Der Fernaufklärer war eine ArtFliegende Untertasse mit einem Durchmesser vonüber dreißig Metern. Von Pol zu Pol maß dieVertikalachse achtzehn Meter. Der Aktionsradiusbetrug 500 Lichtjahre. Die Bewaffnung bestand ausenergiereichen Impulsstrahlern arkonidischerHerkunft.

Tiff meldete die Gazelle startbereit.Thora, Crest, Marshall und Zernif waren schon an

Bord. Rhodan wartete noch auf Gucky, der jedenAugenblick auftauchen mußte. Er unterhielt sich mitOberst Freyt, dem Kommandanten der GANYMED.

»Sollte in der Zwischenzeit ein Angriff auf Sie unddie TITAN erfolgen, so wehren Sie sich. DieGANYMED geht in den Raum und wartet auf derbesprochenen Position auf weitere Befehle. Niemandwird Sie finden, denn kein Strukturtaster kann IhrenSprung orten. Bei der TITAN ist das anders, darumbleibt sie, wo sie ist.«

»Schon gut«, beruhigte Freyt. »Ich weiß michmeiner Haut zu wehren. Und was Bully angeht, sohabe ich ebenfalls keine Bedenken.«

Rhodan wollte antworten, da materialisierte derMausbiber.

»Da bin ich!« zwitscherte er völlig überflüssig.»War gerade dabei, mit Tama einen ganzen Transportvon Mooffs zu überfallen. Ich habe Tama mit Rasgleich wieder losgeschickt.«

»Wir warteten auf dich«, erwiderte Rhodan undverabschiedete sich von Freyt. »Bis später, Oberst.«

»Hals- und Beinbruch«, wünschte dieser. »Liebernicht!« meckerte Gucky und folgte Rhodan miteinem kleinen Sprung, da die Stufen des Einstiegesfür ihn zu hoch waren. Die Gazelle stand im Hangarder GANYMED. Der Transmitter würde sie dreiLichtmonate weit in den Raum schleudern. Keinmenschliches Auge und kein technisch noch sovollkommenes Instrument würde die Transitionregistrieren können.

Sie nahmen ihre Plätze ein. Die Luke schloß sich.Die Zeit begann zu laufen. Und dann erfolgte derStart gleichzeitig die Transition.

Als Rhodan die Augen nach einem Blinzelnwieder öffnete, sah er in ein Meer hellfunkelnderSonnen. Arkon stand inmitten des KugelsternhaufensM13, 32000 Lichtjahre von der Erde entfernt. DieSonnen standen dicht beisammen, und so kam es, daßder Weltraum hier von dem in der Nähe der Erdevöllig verschieden war. Es war kaum eine dunkleStelle zu finden, und die eigentliche Milchstraße warunsichtbar.

Rhodan sah auf die Skalen. Sie waren nun dreiLichtmonate von der roten Riesensonne Vogaentfernt. Der Zarlt mußte annehmen, daß sie noch inder TITAN weilten. Bei ihrer Rückkehr nach Zalitwar das etwas anderes. Mit Hilfe desFiktiv-Transmitters war die Landung nicht möglich.

Rhodan stellte mit wenigen Handgriffen dieHyperfunkanlage auf Empfang und wartete, bis sichdie Schirme erwärmten und aufglühten. ImLautsprecher war ein Knacken, als die Tonanlagehinzugeschaltet wurde. Die Hyperkomfrequenz desRobotgehirns war bekannt, aber wie es schien, fandim Augenblick keinerlei Funkverkehr statt.

»Wir müssen es anrufen«, schlug Thora vor, deren

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anfängliches Zögern in ungeahnte Tatkraft undEntschlußfreudigkeit umgeschlagen war. »Dannwerden wir ja sehen, wie es reagiert.«

Zernif, der ehemalige Admiral der Raumflotte vonZalit, machte ein bedenkliches Gesicht.

»Ich weiß nicht recht, was ich hier soll. Was habeich dem Regenten des Imperiums schon zu sagen?«

»Einiges«, sagte Rhodan, »das das Gehirn sehrinteressieren wird. Sie sind unser Kronzeuge, und ichbin überzeugt, das Gehirn vermag Wahrheit undLüge zu unterscheiden, wenn auch nicht durchTelepathie, so doch mit Hilfe seiner Logikschaltung.«

»Eigentlich ist es ein faszinierender Gedanke«,warf Crest in die Debatte, »ein gewaltigesSternenreich durch einen Robot regieren zu lassen.Wieviel hat sich doch in den vergangenen dreizehnJahren geändert, nachdem vorher zehn Jahrtausendelang nichts von Bedeutung geschah. Ich habe sogarmanchmal Zweifel daran, ob die neue Form derRegierung wirklich ein Nachteil für Arkon ist.«

Rhodan zog die Augenbrauen hoch und sah Crestfragend an.

»Wollen Sie damit sagen, daß Sie die Herrschaftdes Robotgehirns anerkennen, Sie als Angehörigerder abgesetzten Regierungssippe?« Crest wich aus.»Nicht direkt. Ich meine nur, daß mir das Gehirnimmerhin lieber ist als dieser Orcast XXI., der inmeinen Augen nichts als ein Träumer undgelangweilter Genießer ist.«

»So gesehen, mögen Sie recht haben«, gab Rhodanzu und beobachtete den großen Bildschirm, auf demfarbige und abstrakte Muster hin- und herliefen.Analog dazu kamen aus dem Lautsprecher sinnloseund abgehackte Geräusche. »Ich nehme an, wirempfangen bereits Sendungen des Gehirns. Sie sindverschlüsselt und nicht für uns bestimmt.«

»Es steht mit seinen Kommandostellen auf denHauptwelten des Imperiums in ständigerVerbindung«, nickte Crest. »Es vermag gleichzeitigTausende von Gesprächen zu führen.«

»Auf der gleichen Frequenz?« bezweifelte Rhodandiese Vermutung. Crest nickte.

Rhodan überlegte einige Sekunden, dann schalteteer kurz entschlossen den Sender ein. Er wartete, bisauch dieser betriebsfertig war, holte tief Luft undbegann zu sprechen:

»Hier Perry Rhodan von Terra. Ich rufe denRegenten des Imperiums von Arkon! Antworten Siebitte! Es ist dringend!«

Er wiederholte den Spruch dreimal und wandteseine Aufmerksamkeit wieder dem Empfänger unddem Bildschirm zu.

Thora und Crest starrten wie gebannt auf dasunverändert bleibende Farbmuster. Tiff, in derHauptsache mit der optischen Beobachtung des sieumgebenden Raumes beschäftigt, spürte die

knisternde Spannung, die in der Zentrale herrschte.Zernif wartete geduldig und ergeben auf das, wasgeschehen würde.

Lediglich Gucky schien das alles nur wenig zuinteressieren. Er hockte auf einer Couch und hielt dieAugen halb geschlossen. Man hätte fast meinenkönnen, er schliefe. Aber wer Gucky kannte, derwußte, daß der Mausbiber die personifizierteKonzentration war. Rhodan schüttelte den Kopf.»Das Gehirn muß uns hören«, sagte er. »Warumerhalten wir keine Antwort?« Er wiederholte seineAufforderung abermals und fügte hinzu: »Ich bitteSie, den Empfang zu bestätigen. Es geht um denBestand des Imperiums!«

Die Farbmuster begannen schneller zu laufen. DasPfeifen im Lautsprecher verstärkte sich. Das waralles.

»Immerhin eine Reaktion«, murmelte Rhodanunzufrieden. »Ich weiß nur nicht, was ich damitanfangen soll. Woher sollen wir den Schlüsselkennen, mit dem das Gehirn funkt?«

»Vielleicht erklären Sie«, schlug Thora vor, »daßuns der Schlüssel unbekannt ist. Verlangen SieSendung im Klartext.«

Ein guter Vorschlag, fand auch Rhodan. Erwiederholte also seinen Ruf und betonte, daßjeglicher Verschlüsselungskode unbekannt wäre.

Die Spannung in der Gazelle wuchs insUnermeßliche.

Die Farbmuster auf dem Bildschirm erstarrten. ImLautsprecher war ein deutliches Knacken, dann hörendie sinnlosen Töne auf. Kalt und unpersönlicherklang eine Stimme, die plötzlich die ganze Zentraledurchdrang.

Die Stimme sagte in der Sprache der Arkoniden:»Ich habe Ihren und meinen Sender mit einem

Sperrkanal verbunden, wir benötigen keinen Kode.Niemand kann diese Sendung verfolgen. IhrePosition ist bekannt. Sprechen Sie.«

»Können Sie mich sehen?« fragte Rhodan.Es entstand eine winzige Pause, dann

verschwanden die erstarrten Farbmuster vom Schirm.Sie kehrten wieder zurück, bewegten sich aber undbegännen ein plastisches Bild zu formen. Währenddieses Vorganges sagte die mechanische und kalteStimme: »Ich sehe Sie, so wie Sie auch mich gleichsehen können. Ihre Entfernung von meinem Standortbeträgt zweidreiviertel Lichtjahre Ihrer Rechnung.Ich habe Sie im Traktorstrahl. Wo ist das gestohleneSchiff?«

Das Bild vollendete sich. Rhodan sah in eineüberdimensionale Halle, die keine Rückschlüssedarauf ziehen ließ, wo sie war. Mitten in dieser Halleruhte eine riesige Halbkugel aus schimmerndemMetall auf ihrer Schnittfläche. Nichts sonst. Siemochte einen Durchmesser von fünfzig Metern haben

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und barg mit Sicherheit das Robotgehirn. Was unterder Halbkugel lag, war nicht zu erraten. Die Höhe derKonstruktion betrug fünfundzwanzig Meter, wieRhodan sich leicht ausrechnen konnte.

Seit dreizehn Jahren hatte er auf den Augenblickgewartet, dem Regenten des Arkonidenimperiumsgegenüberzustehen, aber in seinen kühnsten Träumenhatte er sich nicht ausgemalt, daß er so aussehenwürde - eine Halbkugel aus Metall.

Er entsann sich der Frage des Robotgehirns.»Das gestohlene Schiff wartet an einem sicheren

Ort auf mich, Regent. Sollte ich nicht zurückkehren,ist es für das Imperium verloren.«

»Es ist nicht meine Absicht, Sie festzuhalten«, gabdas Gehirn kühl zurück. »Wären Sie in demgestohlenen Schiff, wäre die Situation anders. Waswollen Sie?«

»Sie davon überzeugen, daß ich nicht Ihr Gegnerbin.«

»Das wird Ihnen nur schwer gelingen«, zweifeltedas metallene Monstrum. Abrupt wandte er sicheinem anderen Thema zu: »Ich sehe zwei Arkoniden.Sind es Thora und Crest, denen ich die Anerkennungteilweise zurückgab?«

»Sie sind es, Regent«, antwortete Rhodan. »Siegehörten einst zur regierenden Schicht von Arkon.«

»Die Sippe der Zoltral brachte Arkon keineVorteile«, schlug das Gehirn kalt zurück. »Seit ichvor sechs Jahren die Macht übernahm, geht esaufwärts.«

Rhodan wunderte sich insgeheim darüber, daß derRobot so etwas wie Stolz verspüren konnte. Wer aberStolz verspüren kann, der ist anderen Regungen auchnicht abhold. Vielleicht kannte das Robotgehirnsogar Gefühle ...?

»Niemand bezweifelt das«, gab Rhodan zu. »AberSie müssen zugeben, daß die Sippe der Zoltral immernoch tatkräftiger und positiver für das Imperiumarbeitet, als es die Sippe von Orcast jemals zu tunbefähigt ist.«

»Darum wurde Orcast von mir abgelöst«, gab dasGehirn prompt zurück. »Er hätte das Imperiumzerfallen lassen.«

»Eine letzte Frage, das Imperium betreffend,Regent: Warum erkennen Sie mich nicht als Freundan? Glauben Sie, daß ich dem Imperium schadenmöchte? Habe ich nicht Thora und Crestzurückgebracht?«

Die Antwort kam sofort: »Sie sind mein größterGegner, wenn ich vom persönlichenMachtstandpunkt aus urteile. Was das Imperiumangeht, sind Sie mein Verbündeter, soweit ich bishererkennen kann. Sie sehen, ich befinde mich in einemZwiespalt. Wundert es Sie, daß ich das zugebe?«

»Ja«, sagte Rhodan. »Das wundert mich.«»Ich gebe es nur deshalb zu, damit Sie meine

Handlungsweise verstehen. - Und nun: Warumnahmen Sie Verbindung mit mir auf?«

»Ich wollte Ihnen sagen, wo ich das gestohleneSchiff verborgen habe.« Die erste Pause trat ein.Diesmal benötigte das Positronengehirn sichtlichZeit, mit der Mitteilung fertig zu werden und sie mitallen ihren Möglichkeiten und eventuellenKonsequenzen zu verarbeiten. Dieser Prozeß, der beieinem Menschen Stunden gedauert hätte, benötigteganze zwei Sekunden. Dann erwiderte das Gehirn:»Warum?«

Es hatte also keine befriedigende und logischeAntwort gefunden.

Kein Wunder, dachte Rhodan. Niemand kann das.»Um Ihnen zu beweisen, daß ich Ihr Freund bin,

muß ich das. Ich nannte das Schiff TITAN, und ichbetrachtete es als geliehen. Sie erhalten es zurück,wenn Sie es wünschen. Das zur Information. DieTITAN liegt auf dem Raumhafen von Tagnor, derHauptstadt des Planeten Zalit im System Voga, dreiLichtmonate von meinem jetzigen Standort entfernt.«

»Unmöglich!« kam die prompte Antwort. »Ichwüßte es!«

Rhodan gestattete sich ein mildes Lächeln, das wieNachsicht aussah.

»Warum müßten Sie es wissen? Welcher Faktorgarantiert das? Vielleicht ein Faktor, der Zarltgenannt wird?«

»Ganz richtig! Der Zarlt von Zalit istVize-Imperator des Imperiums. Ein so großes Schiffwie die TITAN würde bemerkt werden, wenn es aufdem Raumhafen von Tagnor läge. Und der Zarltwürde es mir melden, denn ich gab Befehl, dasgestohlene Schiff zu jagen. Der logische Schluß ist:Sie lügen! Die TITAN ist woanders verborgen.«

»Fehlschluß!« entgegnete Rhodan und schien sichzu amüsieren. »Sie haben vergessen, daß auch einanderer lügen könnte. Zum Beispiel der Zarlt.«

»Zarlt Elton ist mir treu ergeben.«»Das ist möglich«, gab Rhodan ruhig zu. »Was

aber kann Ihnen das nützen, wenn Elton seit einigenWochen bereits tot ist?«

Wieder eine kurze Pause. Dann: »Warum erhieltich keine Nachricht von seinem Tod?«

»Weil seine Mörder das für undiplomatischhielten. Außerdem hätte es ihre Pläne behindert,wenn der Regent des Imperiums erfahren hätte, daßZalit beabsichtigt, die Herrschaft über das Reich derArkoniden anzutreten.«

»Mörder?«Mehr nicht. Das Robotgehirn war also auch des

Erstauntseins fähig.»Zarlt Elton wurde ermordet. Der neue Zarlt ist

Demesor, ein ehemaliger Offizier der Raumflotte. Erhat die Vernichtung des Robotgehirns von Arkongeplant.«

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»Das ist absurd!« kam es ohne Erregung zurück.»Niemand kann mich zerstören.«

»Doch!« widersprach Rhodan kalt. »Man kann!Nur Demesor kann es nicht. Aus diesem Grund hat ermich um meine Unterstützung gebeten. Erscheint esIhnen nun verständlich, daß er Ihnen nicht verriet, wosich die TITAN aufhält?«

»Unter diesen Aspekten wäre es logisch und daherverständlich. Meine Frage hingegen lautet: SprechenSie die Wahrheit? Wer kann sie mir beantworten?«

»Vielleicht Admiral Zernif«, sagte Rhodan undzeigte auf den Zaliter. »Er diente unter Zarlt Eltondem Imperium, fiel jedoch in Ungnade, als Demesoran die Macht kam. Nur ein Zufall rettete ein Leben.Mit anderen Zalitern, die dem Imperium treu ergebensind, gründete er die Widerstandsbewegung, derenZiel es ist, die Ordnung auf Zalit wiederherzustellen -eine Ordnung, die dem Imperium dient.«

Es entstand abermals eine Pause von mehrerenSekunden Dauer. Dann sagte das Robotgehirnunpersönlich:

»Ich habe die Informationen über Admiral Zernifgeprüft. Seine Person ist über jeden Zweifel erhaben.So war es bei Demesor auch.«

»Warum im Fall Demesor war?«»Weil ich gerade feststellte, daß Demesor statt

seines fähigeren Bruders auf die Raumakademiegeschickt wurde. Das war vor dreißig Zalit-Jahren.Die Wahrscheinlichkeit spricht heute dafür, daß erdamals seinem Bruder drohte. Außerdem besagen dieInformationen, daß Demesors Bruder später einemUnfall zum Opfer fiel. Es ist bekannt, daß er einzuverlässiger Anhänger des Imperiums war.«

Rhodan atmete auf. Das Robotgehirn arbeiteteschnell und eiskalt.

»Welche Schlüsse ziehen Sie, Regent?«»Daß Sie die Wahrheit sprechen. Was ist mit

Zernif?«Zernif trat vor und starrte auf die schimmernde

Metallkuppel.»Ich wollte Rhodans Aussagen bekräftigen und

betonen, daß unser Imperium in Gefahr ist. Demesorhat eine Militärdiktatur auf Zalit errichtet und eineNachrichtensperre verhängt. MeineUntergrundorganisation wird Demesor beseitigen undden rechtmäßigen Nachfolger des alten Zarlt in seinAmt einführen.«

»Danke«, sagte das Robotgehirn. »Ich glaubeIhnen, weil es keine andere Möglichkeit mehr gibt.Und was haben Sie damit zu tun, Rhodan?«

»Demesor bat mich um Hilfe, und ich habe ihnhingehalten. Er hat die TITAN und mich geschützt,weil er einen Bundesgenossen gegen Sie gefunden zuhaben glaubte. Demesor verlangte von mir zuerfahren, wie ich den Festungsring von Arkondurchbrochen habe.«

»Das«, sagte das Robotgehirn, »möchte ich auchwissen.«

Rhodan lächelte. »Sie werden es später erfahren,Regent. Aber es geschah mit Hilfe einer Waffe, dieauf Arkon unbekannt ist. Sie stammt vom Planetendes ewigen Lebens.«

»Dieser Planet ist nichts als eine vage Theorie.«»Er ist eine Tatsache!« widersprach Rhodan. »Ich

selbst war dort und erlangte die relativeUnsterblichkeit, die Thora und Crest verweigertwurde. Doch weiter, Regent: Demesor ist einVerräter und muß unschädlich gemacht werden.Doch er allein ist nicht schuld. Kennen Sie dieMooffs?«

»Ja, verhältnismäßig primitive und jedenfallsharmlose Wesen einer großen Methanwelt innerhalbdes Imperiums. Telepathen und schwacheSuggestoren. Was haben sie damit zu tun?«

»Sie weilen zu Tausenden auf Zalit und habengeistig die Herrschaft übernommen. Der verräterischeZarlt weiß es nicht, aber die Mooffs sind seine bestenBundesgenossen. Mit ihrer Hilfe soll er das Imperiumerobern.«

»Das ist absurd! Die Mooffs kämen niemals aufden Gedanken, Politik zu betreiben. Sie sind harmlosund ohne Ehrgeiz. Ich betonte bereits, daß sieTelepathen und Suggestoren sind, aber sie ...«

»Niemand hat behauptet, daß sie es sind, vondenen der Plan ausgeht; sie sind nichts als die Bauernin diesem galaktischen Schachspiel. Ein Größerersteckt dahinter. Er benutzt die Mooffs um Einflußüber die Zaliter zu erringen, mit deren Hilfe erwiederum das Imperium erobern will.«

»Und wer ist dieser Unbekannte?«»Das, Regent, weiß ich nicht« Rhodan zögerte.

»Niemand weiß genau, ob er überhaupt existiert.Aber Ihre Ausführungen über die Mooffs scheinen eswahrscheinlich zu machen. Meine Leute kämpfenseit Wochen gegen die Mooffs - und sie tun es für dieErhaltung des Imperiums.«

»Welches Interesse haben Sie am Imperium?«Thora, die bisher geschwiegen hatte, drängte sich

vor:»Die Terraner und wir sind Verbündete, Regent!

Wir haben ihnen geholfen, als dieIndividual-Verformer und später die Springer sieangriffen. Warum sollten sie nicht uns helfen, wennes notwendig erscheint?«

Rhodan wunderte sich insgeheim über Thora. Daswurde ja immer schöner mit der Arkonidin. Er hättesich keinen besseren Verteidiger wünschen können.

»Die Springer?« Das Robotgehirn legte erneut einePause ein. »Sie sind dem Imperium nicht gut gesinnt.Es ist theoretisch möglich, daß sie hinter den Mooffsund den Plänen des Zarlt stecken.«

Rhodan war, als fielen plötzlich die Schleier von

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seinen Augen.Die Springer! Die Galaktischen Händler! Es würde

zu ihrem Charakter passen, andere vorzuschickenund die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen.Aber auf der anderen Seite fehlte den Springern dasZusammengehörigkeitsgefühl, ohne das ein solchesUnternehmen zum Scheitern verurteilt war.

»Vielleicht sind es die Springer«, schränkteRhodan ein. »Wir werden es eines Tages erfahren.Ich habe Sie informiert, Regent, nun möchte ichIhnen einen fairen Vorschlag unterbreiten.«

»Ja, ich höre.«Rhodan holte tief Luft. Dann sagte er:»Sie überlassen mir die TITAN und stellen jede

Verfolgung ein. Ich verpflichte mich dafür, auf Zalitdie Ordnung wiederherzustellen und denrechtmäßigen Zarlt einzusetzen.«

»Lassen Sie mir Zeit«, bat der Regent.Das Bild auf dem Schirm blieb. Im Lautsprecher

war ein gleichmäßiges Summen, nicht mehr. In einerEntfernung von knapp drei Lichtjahren begannenpositronische Speicherbänke zu arbeiten.Informationen wurden weitergeleitet, neu gespeichertund die Ergebnisse gegeneinander abgewogen.

Das Robotgehirn fällte seine Entscheidung.Das Ergebnis kam fünfzehn Sekunden nach der

Bitte um Zeit.»Ich bin einverstanden, Perry Rhodan von Terra.

Die TITAN wird Ihnen solange leihweise überlassen,wie Sie für das Imperium tätig sind. Die Verfolgungwird ab sofort eingestellt, wenn ich Sie auch im Augebehalte. In dem Augenblick, da Demesor bestraft undder Hintermann der Mooffs entlarvt ist, gehört dieTITAN für immer Ihnen. Nehmen Sie an?«

»Ich nehme an, Regent. Werden Thora und Crestnach Arkon zurückkehren dürfen?«

»Nein, ich will nicht!« Das war die Arkonidin.Rhodan sah sie erstaunt an. Ehe er etwas sagenkonnte, unterbrach ihn das Robotgehirn:

»Thora und Crest können jederzeit nach Arkonzurückkehren, aber ich wünsche, daß sie auf derTITAN bleiben. Und zwar in leitender Position.«

»Angenommen«, bestätigte Rhodan kurz. Er warfThora einen schnellen Blick zu. »Noch Fragen?«

»Ja.«Rhodan wartete. Er ahnte nicht, was das Gehirn

noch von ihm wissen wollte. Und so war es keinWunder, daß er überrascht würde.

»Sind Sie ein Abkömmling der alten Arkoniden?«Für einen Augenblick war Rhodan verwirrt. Alles

hatte er erwartet, nur das nicht. Es war eine Frage,die sich das Gehirn viel besser beantworten konnteals er.

»Es ist uns unbekannt, ob die Terraner von denArkoniden abstammen«, entgegnete er. »Eigentlichmüßte derartiges in der Zentralkartei von Arkon

vermerkt sein.«»Ich weiß nicht, was Terra für eine Welt ist und

kenne die Position nicht.«Die wirst du auch nicht so schnell erfahren, dachte

Rhodan und ahnte plötzlich die Absicht desRegenten. Die Position der Erde wollte er erfahren...!

»Jedenfalls gehört Terra nicht zum Imperium,Regent. Ich weiß nicht, wie weit Ihre Siedlerschiffeeinst vordrangen, aber vielleicht wurde eines vonihnen auf unsere Welt verschlagen. Eines Tageswerden wir auch diese Frage beantworten.«

»Sie stammen jedenfalls von der gleichen Art wiedie Arkoniden ab. Eine Parallelentwicklungentspricht nicht der Wahrscheinlichkeit. Es wäre einzu großer Zufall, wenn sich unabhängig voneinanderidentische Intelligenzen entwickeln würden. Nun,lassen wir das.«

Rhodan betrachtete die schimmernde Halbkugelnachdenklich.

»Jedenfalls wissen Sie mehr, Regent, als Siezugeben wollen.«

»Wie meinen Sie das?«Rhodan lächelte und warf Thora einen

beruhigenden Blick zu.»Sie errechneten die Entfernung meines Standortes

mit 2,75% Lichtjahren meiner Rechnung. Woherkennen Sie die Dauer eines Jahres auf meinerHeimatwelt?«

Das Robotgehirn antwortete, ohne zu zögern:»Ich konnte Funkmeldungen auffangen und mir

Ihre Rechnungsmaßstäbe heraussuchen. Damit kenneich jedoch keineswegs die Position Ihrer Heimatwelt.Eines Tages werden Sie sie mir mitteilen.«

»Möglich«, gab Rhodan zu. »Eine letzte Frage: Ichkann jederzeit mit Ihnen in Verbindung treten, wennes mir notwendig erscheint?«

»Jederzeit auf dieser Frequenz. Ich danke Ihnen,Perry Rhodan.«

Der Bildschirm wurde von einer Sekunde zuranderen dunkel.

Rhodan schaltete die Geräte ab. Langsam setzte ersich in den nächsten Sessel. Eine steile Falte standauf seiner Stirn.

»Der Regent des Imperiums dankt mir«, murmelteer zweifelnd. »Ist das die Wahrheit, Crest? Thora?Können wir den Worten des Robotgehirns trauen?Meint der Regent es ehrlich mit uns? Steckt eineTeufelei dahinter?«

Thora trat vor und legte ihre Hand auf seineSchulter.

»Nein, Perry, das glaube ich nicht. EinRobotgehirn befaßt sich nicht mit Lüge undHinterlist. Es ist selbstbewußt und glaubt deshalb anseine Fähigkeiten, die durch Lüge und Hinterlist janur geschwächt würden. Ich glaube, der Regent des

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Imperiums hat Sie aufrichtig als einen Verbündetenanerkannt. Damit ist der erste Schritt getan, dasImperium zurückzuerobern« Rhodan sah sie an.

»Nicht gegen den Willen des Regenten! Wenn dasGehirn eines Tages erkennen sollte; daß Menschenoder Arkoniden wieder befähigt sind, die Herrschafterneut anzutreten, wird es sich nicht gegen dieseErkenntnis wehren. Es wird uns helfen.«

»Möge das Schicksal Ihnen recht geben, Perry«,sagte Crest ruhig. »Was nun? Kehren wir nach Zalitzurück?«

»Ja, natürlich. Man wartet dort auf uns. Wir kehrensofort zurück.«

»Hoffentlich«, quietschte Gucky aus seiner Ecke,»bereitet uns der Zarlt einen feierlichen Empfang.«

»Dazu wird er kaum Zeit haben«, erwiderteRhodan und tauschte einen wissenden Blick mit Tiff,der die Koordinaten für den Rücksprung einstellte.Wozu existiert auf Zalit eine Untergrundbewegung.Er sah auf seine Uhr. »In genau fünf Stunden ist aufdem vierten Planeten der Voga die Hölle los. DerZarlt wird seine ganzen Streitkräfte einsetzenmüssen, um die Leute zu fangen, die überall dieAnlagen der Armee und Raumflotte in die Luftsprengen. Und in diesem Wirrwarr werden wirungestört und unbemerkt am Rande des Raumfeldeslanden.«

Gucky hielt den Kopf schräg und blinzeltevertraulich.

»Und dann helfen wir den Rebellen? Vielleichteine Schlägerei mit den Geheimpolizisten ...?«

Rhodan schüttelte den Kopf und sagte bedauernd:»Tut mir leid, Gucky. Keine Schlägerei! Wir sind

die Gäste des Zarlt. Wir werden ihm notfalls sogarhelfen, den Aufstand niederzuschlagen.«

»Ha?« machte Gucky und schnappte nach Luft.Eiligst forschte er in den Gedanken Rhodans, stießaber auf dessen Abwehrblock. So mußte er fragen:»Freunde des Zarlt? Daraus werde ich nicht klug.«

»Hauptsache ist«, belehrte ihn Rhodan, »daß auchder Zarlt daraus nicht schlau wird. Darum nämlichgeht es mir. - Tiff, wie weit sind wir?«

»Transition in zwei Minuten. Wir kommen vierLichtstunden von Zalit entfernt aus dem Hyperraum.Mit Höchstgeschwindigkeit schaffen wir es,pünktlich zur verabredeten Zeit dort zu sein.«

Rhodan nickte und gab keine Antwort. Er hattegenug damit zu tun, sich über Guckys empörtesGesicht zu freuen.

Mausbiber sehen komisch aus, wenn sie empörtsind ...

3.

Andre Noir richtete sich erschöpft auf und wischtesich den Schweiß von der Stirn. Er sah in die

fragenden Augen John Marshalls. »Nun?«»Schwerer Hypnoblock. Bestimmt von den Mooffs

verpaßt. Kann aber auch durch rein technische Mittelerfolgt sein. Ich weiß nicht, wie weit die Zaliter indieser Beziehung sind. Jedenfalls ist es mir möglich,den Block zu neutralisieren. In zehn Minuten istRogal wieder normal.«

»Ausgezeichnet«, freute sich Marshall. »Dannkann ich inzwischen Rhodans Auftrag erledigen unddie Rebellen mobil machen. Sie müssen zu einembestimmten Zeitpunkt dem Zarlt einige Rätselaufgeben.«

Er verließ die von Dr. Haggard eingerichteteKrankenstation und ließ den Hypno Andre Noir mitseinem Patienten allein.

Als er nach zwei Stunden mit Ras Tschubaizurückkehrte, fand er Rogal bereits in der Messe vor.Der Zaliter hatte sich gut erholt und sah ihm mitklaren, offenen Augen entgegen.

»Sie sind der Telepath Marshall ja, ich erkenne Siewieder. Ich bin auf dem Schiff Rhodans, wie man mirmitteilte. Was ist mit meinen Freunden? Hat man sie...?«

»Nein, Rogal, es ist alles in Ordnung. Ihre zwölfBegleiter, Soldaten des Zarlt, wurden ausgeschaltet,als sie das Ende des geheimen Ganges erreichten.Und nun berichten Sie. Was geschah?«

Rogals Gesicht verdüsterte sich. »Ich habeversagt«, klagte er sich an. »Ich gelangte unbehelligtin das Schlafgemach des Zarlt und fand ihn in seinemBett liegend. Ich schoß auf ihn, und alles schien so,wie wir es uns ausgedacht hatten. Da erschienen dieLeibwächter und nahmen mich fest. Und keine zehnMinuten später - stand ich dem Zarlt gegenüber. Erlebte, obwohl ich gesehen hatte, wie er starb.«

Marshall warf Noir einen fragenden Blick zu, aberder Hypno lächelte nur resigniert und winkte ab.Rogal schüttelte den Kopf. »Nein, Marshall, ich binnicht verrückt. Genauso war es für mich. Ich hatteden Zarlt getötet, und nun lebte er wieder. Ich hattesein Gesicht schmelzen sehen, aber nun war eswieder heil und ohne Narben. Da ahnte ich dieWahrheit. Der Zarlt besaß einen Doppelgänger -einen Roboter, der ihm nachgebildet worden war. ImSchlafgemach des alten Zarlt ruhte der Roboter. Manmuß mit einem geheimen Gang gerechnet haben undwollte kein Risiko eingehen. Ich tötete den Roboter,was natürlich sofort den Alarm auslöste. Ich war indie Falle des Zarlt geraten. Es ging alles so schnell,daß ich keine Zeit mehr fand, mich zu töten, wie esmeine Pflicht gewesen wäre.«

»Wir sind sehr froh deshalb«, sagte Marshall undlächelte dem Zaliter beruhigend zu. »Ihr Opfer wärenutzlos gewesen. Sie haben nichts verraten. Undwenn, Ihre Freunde wären darauf vorbereitetgewesen. Jedenfalls wissen wir nun, daß der Zarlt

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gewarnt ist. Ein Roboter also ist sein Doppelgänger -oder war es. Ihr Einsatz lohnte sich allein schondieser Erkenntnis wegen. Glauben Sie mir, dieStunden des Diktators sind gezählt, denn wir wartennur noch darauf, daß er sich offen gegen uns stellt.Dann können auch wir handeln.«

»Und wann wird das sein?«»Spätestens morgen. Rhodan ist im Augenblick im

Raum zwischen hier und Arkon, um mit demRobotgehirn zu verhandeln. Wir hoffen, er bringtgünstige Ergebnisse mit.«

Rogal lächelte plötzlich. Wie eine schwere Lastmußte es von seinem Herzen gefallen sein.

»Kann ich zu meinen Freunden zurückkehren?«»Selbstverständlich, wir bringen Sie zu ihnen.

Noch eine Frage: Was tat der Zarlt mit Ihnen, als erSie gefangengenommen hatte?«

»Er ließ mich in einen Keller bringen, wo ichverhört werden sollte. Dann änderte er plötzlich seineAbsichten. Ich wurde in einen Raum gebracht, indem zwölf Behälter mit Mooffs standen. Von dieserSekunde an fehlt mir jede Erinnerung. Ich weiß nicht,was geschehen ist.«

»So, die Mooffs. Sagen Sie, Rogal, wissen Sieeigentlich, wer oder was die Mooffs sind?«

Rogal nickte.»Jedes Kind auf Zalit weiß es. Sie dienen der

herrschenden Schicht als lebende Lügendetektoren,weil sie Telepathen sind. Niemand kann nochdenken, ohne von den Mooff-Spionen belauscht zuwerden. Sie sind eine große Gefahr für die Freiheitdes Individuums.«

»Das haben Sie erkannt?« wunderte sich Marshallund wußte nun auch, daß die suggestiven Fähigkeitender Mooffs unbekannt geblieben waren. Die Zaliterahnten nicht, daß die Mooffs die eigentlichenInitiatoren der geplanten Erhebung gegen dasImperium waren. »Dann dürfte Ihnen Ihre ersteAufgabe nicht schwerfallen: Die Mooffs müssenvernichtet werden!«

»Sie haben bereits damit begonnen«, entsann sichRogal. »Ihre Mutanten töteten fast alle Mooffs, die esauf Zalit gab. Aber täglich treffen neue Transporteein.«

»Tötet die Mooffs!« wiederholte Marshall. »Siebedeuten den Untergang Zalits. Vielleicht sind sieohne Schuld, aber das können wir nicht feststellen,denn sie stehen selbst unter Zwang. Sie sagen nichtaus, selbst dann nicht, wenn man sie mit dem Todebedroht. Zerstört die Druckbehälter, und die Mooffssterben. Und nun bringen wir Sie zu Ihren Freunden.Hier, Ras Tschubai wird das besorgen. Er weiß, wodas jetzige Hauptquartier ist. Leben Sie wohl, Rogal.Wir werden uns bald wiedersehen.«

Der Afrikaner klopfte dem Zaliter freundschaftlichauf die Schulter und klärte ihn mit wenigen Worten

auf, wie der Transport vor sich gehen würde.Marshall lächelte den beiden noch einmal zu undverließ die Messe. Er ging zu Bully in die Zentrale.

Bully langweilte sich entsetzlich, denn nichts warihm mehr zuwider, als zu warten. Ein Teil derMutanten war unterwegs, um Kontakt mit denRebellen aufzunehmen und ihnen zu zeigen, wie mandie Mooffs unschädlich machte. Die bishereingegangenen Meldungen wiesen darauf hin, daßder Unterricht sehr erfolgreich verlaufen war.

Trotzdem arbeitete die Zeit gegen Rhodan undseine Freunde.

Der Zarlt war auch ohne suggestiven Einfluß derMooffs bereit, das Robotgehirn von Arkon zuvernichten, wenn sich die Gelegenheit dazu bot.Rhodan verriet ihm nicht freiwillig, wie er denFestungsring Arkons durchbrochen hatte. Aber esgab noch andere Wege, das zu erfahren.

Er ließ seine Vertrauten zu sich kommen. Dazugehörte an erster Stelle ein Offizier namens Hemor,der Rhodan persönlich bereits kannte. Dann Cenets,der Chef der Bewaffnung, ein herrschsüchtigerZaliter, der sich sogar eine geringe Chanceausrechnete, selbst einmal Zarlt zu werden, wennDemesor etwas Unvorhergesehenes zustieß.Schließlich wären noch Milfor und Orbson zunennen, ebenfalls Spießgesellen des selbsternanntenZarlt.

Die fünf Zaliter saßen in einem isolierten Raum imobersten Stockwerk des Palastes, von wo aus maneinen grandiosen Überblick auf das Gelände desRaumflughafens hatte. Es wimmelte dort regelrechtvon Schiffen aller Art, denn der Zarlt hatte dengrößten Teil der Flotte nach Tagnor befohlen. Aufkeinen Fall wollte er zulassen, daß Rhodan mit demriesigen Schiff entfloh, wenn er einmal Verdachtschöpfte.

Milfor sah Demesor mißtrauisch an.»Warum hast du uns gerufen? Kennen wir unsere

Aufgabe nicht?« Der Zarlt nickte. »Ich hoffe es,Milfor, aber ich habe mich entschlossen, die Taktikzu ändern. Wie lange warten wir nun darauf, daß sichdieser Rhodan entscheidet, uns seine Geheimnissemitzuteilen? Wochen schon warten wir, falls ihr dasvergessen haben solltet. Sollen wir noch weitereWochen untätig vergehen lassen? Nein, wir müssenhandeln!«

Milfor wollte etwas sagen, schwieg aber. Cenetsmeldete sich zu Wort:

»Handeln? Wie meinst du das? Sollen wir Arkonangreifen, ohne, daß wir wissen, wie stark das Gehirnist? Kennen wir die Dichte und Natur desFestungsringes? Kann er vielleicht durch einenSprung durch den Hyperraum überwunden werden?«

»Noch wissen wir es nicht«, gab der Zarlt zu.»Aber wir werden es sehr bald wissen. Rhodan wird

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es uns verraten.«»Ich fürchte«, sagte Hemor, »darauf werden wir

lange warten dürfen. Er hat bestimmt nicht diegeringste Absicht, uns seine Geheimnissepreiszugeben.«

»Sicher hat er nicht die Absicht«, sagte Demesor.»Aber wir können ihn dazu zwingen. Mit Gewalt.«

Milfor sah auf. In seinen Augen begann es zuflimmern. Gewalt! Das war die Sprache, die erverstand. Er lächelte kalt.

»So gefällst du mir schon besser, Demesor.Gewalt! Das ist die einzige Möglichkeit. Wie aberwillst du Rhodan in diese - unsere - Gewaltbekommen? Er ist klug und hat merkwürdigbefähigte Freunde, wie man hört. Selbst die Mooffskönnen seine Gedanken nicht lesen.«

»Wir laden ihn zu einer Besprechung ein«, schlugDemesor vor. »Roboter werden ihn überwältigen,wenn Zaliter es nicht können. In den Gewölben desPalastes wird er dann das Sprechen lernen. Dafürgarantieren meine Wissenschaftler.«

»Und wenn er nicht allein kommt?« fragte dervorsichtige Cenets. Der Zarlt lächelte geringschätzig.»Die Roboter werden auch mit zehn Rhodans fertig,Cenets. Mache dir nur keine Sorgen. Und dann, wennwir wissen, wie man ungehindert in das SystemArkon eindringen kann, handeln wir. Die Tage derRobot-Regierung sind gezählt - es lebe das ZalitischeImperium von Arkon!«

»Es lebe das Zalitische Imperium!« murmelten dievier anderen zustimmend die Losung des Zarlt.

Es klang wie eine Verschwörung und es war aucheine.

*

Die Freunde Admiral Zernifs schlugen genau zurfestgesetzten Minute los.

In und um Tagnor flogen wichtige Gebäude derRegierung und der alles beherrschenden Raumflottein die Luft. Sogar eines der größeren Schiffe auf demLandefeld explodierte. Zum Glück war dieMannschaft gerade mit Außenreparaturenbeschäftigt, so, daß nur zwei Mann getötet wurden.

Zur gleichen Zeit erfolgten offene Überfälle aufPolizeistreifen, bei denen eine erhebliche Anzahl derSchergen Demesors den Tod fanden. Die Zivilisten inder Stadt sahen dem Geschehen passiv zu unddachten nicht daran, den Polizisten zu helfen.

Auf dem Land flogen Fabriken in die Luft, ganzeRüstungszentren wurden zerstört Erst jetzt wurdeoffensichtlich, wie gut die Organisation der Rebellenwar. Niemals konnte ein derartiger Schlag in nurwenigen Stunden vorbereitet worden sein. Siemußten schon lange etwas Ähnliches geplant haben.Rhodans Initiative hatte nur den Gang der Ereignisse

beschleunigt. Der Zarlt gab Großalarm. KleinereEinheiten der Raumflotte wurden von Tagnorabgezogen, um zu ihren Einsatzhäfenzurückzukehren. Transporter brachten Truppen in dieabgelegenen Gebiete, um eine offene Rebellionsofort im Keim zu ersticken.

Aber wo man auch zufassen wollte, kam man zuspät. Die Saboteure waren wie vom Erdbodenverschwunden. Niemand wollte sie gesehen haben,niemand konnte den geringsten Hinweis geben.

Niemand achtete in diesem Chaos darauf, daß amRand des riesigen Raumlandefeldes ein kleines,diskusförmiges Schiff aus dem dämmerigen Himmelherabschoß und in der geöffneten Luke der überachthundert Meter hohen GANYMED verschwand.

Die Landung war unbemerkt geglückt. In dergleichen Sekunde hörten die Sabotageakte auf Zalitauf.

Es war plötzlich eine Ruhe, als hätte es niemalseine Widerstandsbewegung gegeben.

*

Die Nacht verging ohne Ereignisse. Gegen elf Uhrmorgens am anderen Tag näherte sich der TITAN einWagen. Er hielt dicht neben der unterenEinstiegsluke. Ein Offizier stieg aus und richteteseinen Blick nach oben, wohl in der Hoffnung, daßihn jemand bemerke. Zu seinem Glück war das derFall. Sergeant Harnahan schaltete durch einen reinenZufall den Bildspion der Luke ein und sah diefarbenprächtige Uniform des Zaliters. Im erstenAugenblick hielt er das farbige Objekt für einenRiesenpapagei, aber dann erkannte er seinen Irrtum.Die Offiziere auf Zalit sahen alle so aus, als kämensie von einem Maskenball.

Er zuckte die Achseln, von ihm aus konnten sichdie Zaliter von Kopf bis Fuß in Orden kleiden, seineSorge war das nicht.

Aber was hatte der Kerl hier zu suchen? EinenAugenblick überlegte er, ob irgendein Verbotbestand, die Luke zu öffnen. Er entsann sich keinessolchen Verbotes. Nun, der Einstieg lag ja auchimmerhin mehr als zehn Meter über der Betonflächedes Feldes. Wenn der Bursche da unten nicht geradeein Rekordspringer war, drohte kaum Gefahr.

Harnahan ließ die Schleuse zur Seite gleiten. Esentstand ein Spalt, breit genug, daß er den Kopfdurchschieben konnte.

»Betteln und Hausieren verboten!« brüllte er in dieTiefe.

Der Offizier des Zarlt zuckte erschrockenzusammen. Es war Hemor, der nicht mit diesemrespektlosen Empfang gerechnet hatte. Er wußte, daßRhodans Leute Interkosrno sprachen.

»Ich komme im Auftrag des Zarlt«, rief er zurück,

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ohne die ungehörige Warnung zu beachten. »Ich mußRhodan sprechen.«

»Sie meinen Mister Rhodan?« vergewisserte sichHarnahan, der plötzlich großen Wert auf guteErziehung zu legen schien. »Warten Sie, ich werdeihn fragen.«

Und ehe Hemor etwas sagen konnte, schloß sichdie Luke wieder. Der Zaliter kochte vor Zorn, aber erbeherrschte sich. Der Zarlt hatte Besonnenheitbefohlen. Besonnenheit und Geduld. Später war Zeitgenug, sich für den Hochmut Rhodans zu rächen.

Also blieb Hemor einsam und verlassen stehen undwartete. Harnahan ließ sich Zeit. Mit einer Anzahlvon Lifts erreichte er schließlich die Zentrale und riefvon hier aus Rhodan mit Hilfe des Interkoms.Rhodan weilte noch in seiner Kabine, nachdem er diehalbe Nacht mit den Mutanten den geplanten Einsatzbesprochen hatte.

»Wer will mich sprechen?« vergewisserte er sicherstaunt. »Ein Offizier?«

»Er behauptet, der Zarlt schicke ihn«, nickteHarnahan dem Gesicht auf dem Bildschirm zu. »Essei dringend.«

Rhodan sprang aus dem Bett. »Sagen Sie ihm, ersolle warten. Nicht ins Schiff lassen. Ich gehe zuihm.«

»Allein?«»Natürlich, oder glauben Sie, ich hätte vor einem

einzelnen Zaliter Angst? Sie können von der Lukeaus auf mich aufpassen.«

Harnahan schaltete den Interkom ab und kehrtezum Ausgangspunkt seines Abenteuers zurück. Derbunte Offizier wartete noch am gleichen Fleck undschien sich die Beine in den Bauch zu stehen.

»He, Sie da unten!« rief Harnahan ihn an undöffnete die Schleuse völlig, um sich auf die Schwellezu setzen. Seine Beine baumelten herab. »Sie sollenwarten. Rhodan kommt bald.«

Das war ein wenig übertrieben, denn Rhodan ließsich Zeit. Schließlich war er gerade erstaufgestanden. Er frühstückte gemütlich, nachdem ersich durch die Außenbordbeobachtung davonüberzeugt hatte, wer ihn da zu besuchenbeabsichtigte. Hemor kannte er. Das war der Offiziergewesen, der ihn am Rand des Systems entdeckt undnach Zalit geleitet hatte. Ein enger Vertrauter desZarlt. Ob es vielleicht besser war, wenn er Marshallmitnahm, der die Gedanken Hemors kontrollierenkonnte?

Aber dann verzichtete er darauf. Die Absichten desZarlt waren ihm ohnehin bekannt. Außerdembenötigte Marshall jetzt nach dem Einsatz seineRuhe.

Als er in die Schleuse kam und Harnahan vonhinten auf die Schulter klopfte, wäre der Sergeantfast vor Schreck in die Tiefe gefallen. Rhodan fing

ihn ab.»Sind Sie so schreckhaft?« wunderte er sich.

Harnahan faßte sich schnell. »Nein, aber der Anblickdes Papageis dort unten hat mich schläfrig gemacht.Er hat ein so langweiliges Gesicht« Rhodan lachte.»Fahren Sie die Rampe aus. Ich werde mir den Vogelmal ansehen.«

Hemor wartete geduldig. Endlich wurde seinWarten belohnt. Rhodan kam, um den ersten Schrittin die Falle zu tun, die man vorbereitet hatte.

Er ging dem Verhaßten entgegen, der alle Pläne zustören drohte.

»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«,begann er höflich und lächelte verbindlich. »Auchder Zarlt hat nicht immer Zeit für unangemeldeteBesucher.« Das war ein versteckter Hinweis undzugleich eine deutliche Drohung. »Er würde sichfreuen, Sie heute abend als seinen Gast begrüßen zukönnen. Nein, kein Fest. Eine wichtigeLagebesprechung« Rhodan tat erstaunt.

»Lagebesprechung? Was habe ich mit der Lage aufZalit zu tun?«

Hemor blinzelte in die Mittagssonne.»Sehr viel, nehme ich an. Da Sie dem Zarlt Ihr

Geheimnis nicht verraten wollen, werden wir dasRobotgehirn eben ohne Ihre Hilfe angreifen. DerZarlt möchte Sie über seine Absichten informierenund Sie dann bitten, Zalit zu verlassen. Aber erwollte Ihnen das selbst sagen, und ich darf ihm nichtzuvorkommen.«

Das war er aber schon. Und zwar mit vollerAbsicht. Rhodan sollte neugierig gemacht werden. Esschien auch zu gelingen.

»So, Sie wollen also Arkon endlich angreifen ...Und ich soll Zalit verlassen? Das Robotgehirn wirdmich jagen.«

»Es wird genug mit uns zu tun haben«, beteuerteHemor selbstsicher. »Wir sind der Ansicht, daß essich dann nicht mehr um Sie kümmern wird.«

Sprach Hemor die Wahrheit? Schon bereute esRhodan, ohne Marshall gekommen zu sein. DieEinladung des Zarlt konnte er auch nicht gutablehnen, das wäre verdächtig. Er mußte auchweiterhin so tun, als vertraue er ihm und hoffe aufPartnerschaft.

»Was geschah gestern? Wir beobachteten einigeExplosionen in der Stadt und eine rege Tätigkeit derRaumflotte. Gab es Ärger?«

»Einige Unglücksfälle, nichts weiter. Der Zarltwird Ihnen davon berichten. Darf ich ihm melden,daß Sie kommen werden?«

»Ich werde erscheinen und einige meiner Beratermitbringen.«

»Zwei Stunden vor Sonnenuntergang«, nickteHemor und ging zu dem wartenden Wagen. Ohnesich noch einmal umzublicken, stieg er ein und gab

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dem Fahrer einen Wink. Das Gefährt setzte sichsofort summend in Bewegung und glitt auf den Randdes Feldes zu, wo die Ausfallstraße von der Stadt herendete.

Der Rhodan ständig zur Verfügung stehendeWagen stand unverändert an seinem alten Platz. Erwürde sie heute abend zum Zarlt bringen.

Rhodan hatte plötzlich starke Zweifel, ob es auchbeabsichtigt war, daß er sie wieder zurück zurTITAN brachte ...

*

Der Tag verging ruhig. Ras Tschubai war mitTama Yokida unterwegs und schaltete Mooff aufMooff aus. John Marshall war mit Zernif und demTeleporter Tako Kakuta von Rebellenunterschlupf zuRebellenunterschlupf geeilt, um die endgültigeErhebung gegen den Zarlt vorzubereiten. Dieeinzelnen Kommandos lagen von nun an in ständigerBereitschaft. Eine kurze Botschaft würde sie handelnlassen. Jede Gruppe war mit einem Funkempfängerausgerüstet worden, der ihnen ein Zeichen zumLosschlagen übermitteln sollte.

Zernif kehrte mit Marshall in die TITAN zurück.Er würde die Aktion von hier aus leiten.

Drei Stunden vor Sonnenuntergang setzte Rhodaneine Besprechung in der Messe der Mutanten an.Außerdem waren die beiden Arkoniden, Bully undLeutnant Tifflor als Verbindungsmann zurGANYMED anwesend.

»Der Zarlt hat mich zu einer Unterredungeingeladen. Bully und John Marshall werden michbegleiten. Nadelstrahler sind unsere Bewaffnung. Ichwittere einen Verrat.

Daher steht das Mutantenkorps in erhöhterAlarmbereitschaft. Verbindungsperson mit JohnMarshall ist Betty Toufry. Hören Sie, Betty, Siemüssen ständig mit Marshall in telepathischemKontakt bleiben, verstanden?« Er wartete, bis dasnoch sehr junge Mädchen - Telepath und Telekinetzugleich - bestätigend genickt hatte, dann fuhr er fort:»Thora übernimmt das Kommando über die TITAN.Beim Zeichen eines ernsthaften Angriffes sofortstarten! Jawohl, Thora, ich sagte: starten! Und zwarTransition über zwei Lichtjahre zu einem Punkt,dessen Koordinaten der Bordcomputer kennt. OberstFreyt wird von Tiff unterrichtet. Die TITAN undGANYMED dürfen keiner Gefahr ausgesetzt werden,obwohl ich kaum annehme, daß man dieSchutzschirme durchbrochen kann. Vor allem abermöchte ich unnützes Blutvergießen vermeiden.«

Gucky, der zusammengerollt und scheinbarunbeteiligt in einem Sessel gelegen hatte, strecktesich und wurde über einen Meter lang. In seinenbraunen und klugen Augen lag heimlicher Vorwurf.

»Und wir?« fragte er. »Sollen wir mit der TITANverschwinden, während hier eine Show abrollt?«

Rhodan schüttelte lächelnd den Kopf.»Wer sagt das? Bevor die TITAN startet, bringen

die Teleporter alle Mitglieder des Mutantenkorps indie vorbereiteten Verstecke der Rebellen. AuchZernif geht dann mit. Die Operationen gegen denZarlt beginnen dann sofort. Es ist alles bereit. Nur derZeitpunkt muß noch bestimmt werden. Es ist derZarlt, der das tut« Gucky atmete auf. »Und ich dachteschon, wir sollten schlafen, während du die Sachehier auf Zalit allein machst.«

Rhodan lächelte plötzlich nicht mehr.»Ich habe so das Gefühl«, sagte er, »daß ich es

nicht allein schaffen würde, Gucky. Heute abendkönnte eine Entscheidung fallen ...«

*

Das Wesen war rund, hatte einen Durchmesser voneinem Meter und war genauso hoch. Es hockteunbeweglich in einem Druckbehälter aus Glas, dereine dichte Methanatmosphäre enthielt, denn ohnediese konnten die Mooffs nicht existieren.

Der Behälter stand in einem abgeschlossenenRaum des Palastes, nicht weit von dem kleinen Saalentfernt, in dem die heutige Besprechung mit Rhodanstattfinden sollte.

Vorsichtig sondierte der Mooff, wie regelmäßigjeden Tag, die Gedanken aller Zaliter, die sich imPalast aufhielten. Es war kein Verräter darunter, wieer schnell feststellte. Aber dann konzentrierte er sichauf den Zarlt und suggerierte ihm sein Gedankenbildein:

Zarlt Demesor, was sind deine Absichten heuteabend?

Demesor weilte in seinem Privatgemach undkleidete sich um, als er die Frage »sah«. Sie standwie etwas Körperliches vor seinem geistigen Auge.Er wußte, daß einer der Mooffs Verbindung mit ihmsuchte. Sie waren treue und zuverlässige Diener.

Ich habe Rhodan eingeladen. Du wirst seineGedanken überwachen und mir mitteilen, ob er einenVerrat plant.

Der Zarlt wußte, daß der Mooff ihn verstehenkonnte. Die Bestätigung erfolgte prompt.

Rhodan ist ein Feind Zalits. Er muß getötetwerden. Wir werden dir dabei helfen. Aber du mußtvorsichtig sein. Er besitzt Gefährten, die genausogute Telepathen sind wie wir. Sie können deineGedanken erraten. Ich werde somit dafür sorgen, daßdu und alle, die von dem Vorhaben wissen, einenAbwehrblock erhalten.

Demesor sah seine Ahnungen bestätigt. AuchRhodan besaß Telepathen. Gut, daß der Mooff ihngewarnt hatte.

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»Danke«, sagte er laut. »Ich hätte es vergessen.Rhodan wird also keine Ahnung haben, was ihmbevorsteht?«

Er wird ahnungslos bleiben, bis du handelst. Unddarin ist es für ihn zu spät. Wenn er gefangen ist,lasse ihn zu mir bringen. Wir werden kontrollieren,ob er die Wahrheit spricht.

»Ich muß ihn erst zum Sprechen bringen«,erinnerte Demesor.

Das dürfte nicht schwer sein, Zarlt. Bringe ihn zuuns. In den großen Saal der Telepathen. - Vergiß esnicht!

Für einen Augenblick glaubte Demesor, in derAufforderung eine Drohung zu spüren, aber dannverschwanden seine Bedenken, als seien sieweggeblasen. Natürlich hatte der Mooff recht, wenner sich das Verhör Rhodans vorbehielt. Konnte nichtgerade ein Telepath die geheimsten Geheimnisse desGefangenen zutage fördern?

Zarlt Demesor lächelte.Er begann, sich auf den vielversprechenden Abend

zu freuen ...

4.

Bully prüfte den korrekten Sitz seiner Uniform.»Ob heute auch Mädchen dabeisein werden?«

fragte er mit verhaltenem Interesse und versuchte,sein borstiges Haar dazu zu bewegen, sich glatt zuhalten. »Schließlich muß es doch auf Zalit auchMädchen geben.«

»Rothäutige Schönheiten mit Kupferhaar?«Rhodan schüttelte den Kopf und blinzelte Marshall

zu, der ungeduldig an der Tür wartete. »Ich fürchte,der Zarlt hat andere Sorgen als sich um unserediesbezüglichen Bedürfnisse zu kümmern. Du wirstalso auf Damengesellschaft verzichten müssen.«

»Dann eben nicht!« erwiderte Bully patzig undließ Haare Haare sein. Mochten sie stehen wie eineBürste. »Vielleicht haben sie keine hübschen.«

»Ziemlich schwacher Trost«, knurrte Marshall undtrat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Möchtewissen, ob Sie keine anderen Sorgen haben, Bully.«

»Nein, keine anderen«, eröffnete ihm Bullygrinsend.

Rhodan überprüfte die Ladung seines kleinenNadelstrahlers, bevor er die Waffe in eine derGesäßtaschen schob. Dann nickte er seinen beidenFreunden zu.

»Fertig? Gut, dann kann es losgehen.«Drei Minuten später schloß sich hinter ihnen mit

einem dumpfen Laut die Ausstiegsluke. Ohne sichumzusehen, kletterten sie in den wartenden Wagendes Zarlt, der sich sofort in Bewegung setzte und inschneller Fahrt über das Feld glitt, bis er die Straßeerreichte. Hier erhöhte er sein Tempo und raste auf

die Silhouetten der fernen Stadt zu. Die Umrisse dercharakteristischen Trichterbauten hoben sich klar unddeutlich gegen den hellen Himmel ab. In zweiStunden erst würde die Sonne untergehen.

Bald fuhren sie durch die Vororte mit ihrenzahlreichen Parks und Grünanlagen. Rhodan wußte,daß es hier unterirdische Gänge und Räume gab, indenen die Rebellen in Bereitschaft lagen. Marshallbrauchte nur das telepathische Kommando zu geben,Betty Toufry würde es auffangen und weiterleiten -die Revolution bräche aus ...

Aber soweit war es noch nicht. Niemand wußte,was der Zarlt plante.

Der Palast kam in Sicht. Mit seineneinhundertfünfzig Metern Höhe überragte er alleanderen Bauten. Rot schimmerten die nach außengeneigten Wände im Schein der schon tiefstehendenSonne Voga. Rhodan bemerkte, daß die üblichenWachen am Portal nicht verstärkt worden waren. Daserschien im Hinblick auf die Ereignisse des Vortagesfast verdächtig. Mit einem Seitenblick stellte erweiterhin fest, daß der Mooff inmitten der weitenRasenfläche wieder vorhanden war. Er mußte ersetztworden sein, denn der alte war einem Anschlag zumOpfer gefallen.

Schon spürte er die tastenden Gedanken undsuggestiven Versuche des Quallenwesens. Dieübliche Aufforderung, alle eventuell mitgeführtenWaffen den Posten abzuliefern. Die suggestive Kraft,die hinter dem Befehl steckte, war nur gering undohne Bedeutung. Rhodan ignorierte die Aufforderunggenauso wie Bully und Marshall. Der Wagen hielt.»Der Kerl könnte uns mindestens den Schlagöffnen«, meckerte Bully auf englisch, »wenn manuns schon nicht wie richtige Gäste in Empfangnimmt.«

»Ist hier nicht üblich«, klärte Rhodan ihn auf undstieg steifbeinig ins Freie. »Außerdem ist das heutekein Staatsempfang, sondern ein ganz gewöhnlicherBesuch.«

»Ob er so gewöhnlich ist, werden wir hinterherwissen«, entgegnete Bully voller Mißtrauen. »Ichhabe so das Gefühl ...«

Er kam nicht mehr dazu, seine Gefühle näher zuklassifizieren, denn nun traten aus dem inneren Portaldrei farbenprächtige Zaliter mit geschultertenStrahlgewehren. Die Waffen wirkten alles andere alsbeunruhigend. Kolben und Läufe waren reichlich mitsilbernem und goldenem Metall verziert, derTragriemen trug ornamentreiche Stickerei.

»Himmel!« stieß Bully erschrocken hervor. »Istdas eine Operette, in der wir Statisten zu mimenhaben?«

Marshall verbiß sich ein Grinsen. Er forschteschnell in den Gedanken der drei Posten und stieß aufrecht oberflächliche Eindrücke. Der eine dachte an

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alles andere, nur nicht an seine Aufgabe, die Gästedes Zarlt zu empfangen, die ihm völlig gleichgültigwaren. Der zweite überlegte gerade angestrengt, wieer dem Bruder seiner Frau eins auswischen konnte,weil er etwas von seiner Freundin erfahren hatte und...

Der dritte, stellte Marshall verblüfft fest, dachteüberhaupt nicht.

Es blieb ihm keine Zeit, weiter über daspsychologische Novum nachzudenken, denn die dreiPosten hielten vor ihnen an, präsentierten ihrePrachtgewehre und machten dann zackig kehrt.Langsam setzten sie sich in Marsch. Rhodan nickteBully und Marshall zu.

Gemessenen Schrittes folgten sie denVoranschreitenden.

Ein Lift brachte sie in ein höher gelegenesStockwerk. Hier wurden sie von drei anderenOperettensoldaten übernommen. Marshall blieb keineGelegenheit, sie zu überprüfen, denn er verspürteplötzlich starke Impulse, die aus verschiedenenRichtungen auf ihn eindrangen. Es waren keineSuggestionsbefehle, darum war er sicher, der einzigezu sein, der sie wahrnahm. Ehe er sich darüber klarwurde, was die Impulse zu bedeuten hatten, wurdensie schwacher und verschwanden. Das Zwischenspielhatte keine dreißig Sekunden gedauert.

Sie folgten den Offizieren durch einen langen undleicht gekrümmten Korridor, Marshall überlegtekrampfhaft, was die Impulse zu bedeuten hatten.Waren sie von Mooffs abgetastet worden? Wenn demso war, wußten die Mooffs bereits, wer ihre Gegnerwaren.

Aber hatten sie das nicht schon immer gewußt?Die drei Posten hielten an. Sie präsentierten

wieder. Eine Tür öffnete sich. Dahinter lag einkleiner Saal, in dessen Mitte ein flacher Tisch stand.Daran saßen fünf Personen. Im Hintergrund erhobsich ein flaches Podium, das von bunten Vorhängeneingerahmt war.

Vier Zaliter blieben sitzen. Der Zarlt erhob sichund ging seinen Gästen entgegen. Er streckte seineHand aus.

»Willkommen, Perry Rhodan. Sie sind pünktlich.«Rhodan nahm die Hand, gab aber den Druck nicht

zurück. Auch Bully und Marshall wurden auf gleicheWeise begrüßt. Ersterer verzog das Gesicht, als habeer etwas Unangenehmes angefaßt. Der Zarlt schien esnicht zu bemerken.

»Und nun darf ich Sie meinen Offizierenvorstellen. Einige kennen Sie ja bereits - Hemor undCenets. Dies ist Milfor. Orbson ist kommandierenderAdmiral der Patrouillen. Und nun nehmen Sie bittePlatz. Ich habe mir erlaubt, Ihnen zu Ehren einkleines Essen zu geben. Dabei läßt sich besserreden.«

Rhodan saß in der Mitte, rechts und links von ihmMarshall und Bully. Ihm genau gegenüber nahmDemesor Platz. Er saß zwischen Hemor und Milforauf der einen, Cenets und Orbson auf der anderenSeite.

Während noch belanglose Höflichkeitsfloskelngetauscht wurden, erlebte Marshall seine erste großeEnttäuschung. Er konzentrierte sich ganz auf seineAufgabe und wollte damit beginnen, die Gedankenim Unterbewußtsein der Zaliter zu erforschen.Naturgemäß begann er damit bei Zarlt Demesor.

Er stieß gegen den Abwehrblock eines Mooff.Etwas anderes konnte es nicht sein, denn kein

Nicht-Telepath konnte ohne jahrelanges Trainingeinen solchen Block selbständig errichten. Außerdemgehörte eine gewisse Suggestionsgabe dazu. Beidesbesaßen die Mooffs in ausreichendem Maße. Siehatten sich also bereits in das Gescheheneingeschaltet.

Er versuchte es bei den vier Offizieren und mußtefeststellen, daß es bei ihnen nicht anders war. Es warihm unmöglich, die Gedanken der fünf ihmgegenübersitzenden Zaliter zu lesen. Das war einHandikap, mit dem niemand gerechnet hatte.Marshall am allerwenigsten.

Er mußte Rhodan warnen, der selbst ein schwacherTelepath mit beschränkten Fähigkeiten war.

»Nein, es waren nur einige Unfälle«, sagte derZarlt gerade und beantwortete damit eine FrageRhodans, der sich nach der Ursache der gestrigenAufregung erkundigte. »Fahrlässigkeit. Das kommtschon vor. Die Schuldigen wurden bestraft.«

Rhodan lächelte freundlich. Er empfing imgleichen Augenblick Marshalls telepathischeBotschaft und Warnung. Nicht nur, daß dieGedanken des Zarlt und seiner Vasallen verborgenblieben, nun bestand auch die Gefahr, daß die Mooffsihre - Rhodans und seiner Freunde - Gedanken lasenund sich entsprechend einrichten konnten. EinAbwehrschirm war die einzige Möglichkeit, um daszu verhindern.

Ohne, daß Demesor und seine Offiziere esbemerkten, begann die Auseinandersetzung zwischenden Telepathen. Rhodan und Bully konntenallerdings nichts anderes tun, als ihre Gedankenabzuschirmen. Marshall hingegen versuchte, denBlock des Zarlt zu durchbrochen und bis zureigentlichen Ausstrahlungsquelle - dem Mooff -vorzudringen.

Diener brachten Schüsseln mit den Früchten Zalits,dazu Getränke in verschiedener Form. Rhodan zogObstsäfte vor, was Bully nicht daran hindern konnte,dem kräftigen Wein zuzusprechen. Mit Wohlgefallenbetrachtete er die hübschen Mädchen, die dannerschienen, um nachzuschenken.

Die Zaliterinnen waren in der Tat hübsch. Der

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Zarlt besaß einen guten Geschmack, das mußte selbstBully als Kenner zugeben. Die rotbraunen Schönenschritten graziös von einem zum anderen und sorgtendafür, daß die Becher niemals leer wurden. Bullytrank allein deswegen, um die herrlichenBewegungen zu bewundern, deren Gleichmaß ihn zufaszinieren begann.

»Gefallen sie Ihnen?« fragte der Zarlt lächelnd.Und als Bully gedankenverloren nickte, fügte erhinzu: »Sie können mehr als nur bei Tisch bedienen.«

Bully nickte, sah dann aber erschrocken hoch.»O nein ... so meine ich es nicht«, lächelte

Demesor belustigt. »Sie können auch tanzen - dasmeine ich.«

»Können Sie Gedanken lesen?« platzte Bullyheraus. Flüchtiges Rot der Verlegenheit huschte überseine Wangen. Rhodan half ihm aus der Klemme.

»Sie waren etwas zweideutig, Zarlt«, sagte er mitfreundschaftlichem Vorwurf, den niemand ernstnahm. »Aber gegen Tanzen wäre sicherlich nichtseinzuwenden.«

»Sprechen wir erst über die uns bewegendenAngelegenheiten der Strategie«, sah sich Demesor zueinem Vorstoß gezwungen. »Ich meine unseregemeinsame Aktion gegen Arkon.«

Rhodan zog die Augenbrauen hoch.»Gegen Arkon?« wunderte er sich offensichtlich.»Ich meine natürlich gegen das Robotgehirn«,

verbesserte sich der Zarlt. »Gerade weil wir dasImperium lieben, wollen wir ja die Herrschaft einesRobots beseitigen. Sie werden das verstehen, auchwenn Sie aus einem anderen System stammen - ja,sogar aus einem anderen Teil der Milchstraße, nehmeich an.«

»Sehr klug von dem Burschen«, dachte Rhodan.»Nun soll ich ohne jeden Argwohn an die Erdedenken und ihre Position verraten. Die Mooffswissen dann, woran sie sind. Und erst recht ihreAuftraggeber. Vielleicht weiß Demesor nicht einmal,warum er das sagte. Die Mooffs beherrschen ihn.«

»Ja, mein System gehört nicht zu Arkon, darumkönnte mir das Schicksal des Imperiums gleichgültigsein. Leider wurde ich jedoch in dieAuseinandersetzungen verwickelt, das Gehirnverfolgt mich, und ich benötige einen gewissenSchutz, den Sie mir freundlicherweise zuteil werdenließen. Ich habe Ihnen zu danken.«

Milfor beugte sich vor und sah Rhodan eisig an.»Dann wird es Zeit, daß Sie uns Ihre Dankbarkeit

beweisen!«Dem Zarlt war dieser direkte Vorstoß

unangenehm, das sah man ihm deutlich an. Erversuchte zu vermitteln.

»Milfor meint es nicht so, Rhodan. Natürlichrechne auch ich damit, daß Sie uns bei unseremVorhaben behilflich sind. Sie haben uns das ja

versprochen. Uns geht es in erster Linie, wie Siewissen, um den Festungsring von Arkon. Es scheintunmöglich, ihn zu durchdringen. Ihnen gelang es.«

Das war eine Frage, keine Feststellung.Bully leerte seinen Becher und winkte der Schönen

mit dem Kupferhaar. Er trank ihre graziösenBewegungen mit größerem Genuß als den Wein, densie ihm einschenkte. Er half dem Zufall ein wenignach und berührte die rotbraune Haut ihres Armesmit einer Hand. Sie war straff und glatt - und kalt.

Der Zarlt bemerkte es. Er rief dem Mädchen einscharfes Wort in einer unverständlichen Sprache zu.Sie verneigte sich demütig und entfernte sich sofort.Entschuldigend sagte Demesor zu Bully:

»Verzeihen Sie, wenn die Sklavin zudringlicherschien. Es war ein Versehen.«

»Oh«, machte Bully. »Ein sehr verzeihlichesVersehen. Tragen Sie es ihr nicht nach, bitte. Es sindwirklich sehr hübsche Mädchen.«

Der Zarlt grinste etwas verzerrt, und Bully begann,sich einige Gedanken zu machen. Er nicht allein ...»Glauben Sie, Zarlt«, fragte Rhodan sehr deutlich,»daß Ihre Herrschaft über das Imperium für diesesvorteilhafter als die des Robotgehirns wäre?«

Für einen Moment war Demesor über dieseverkleidete Absage verblüfft. Seine Vermutung, daßdieser Rhodan nicht daran dachte, ihm zu helfen,schien sich zu bestätigen. Vielleicht benötigte er nunseinen Schutz nicht mehr. Oder es gab andereGründe.

Er überwand sich zu einem sauren Lächeln.»Die Herrschaft einer Maschine über intelligente

Wesen ist immer nachteilig - und erniedrigend ist sieauf jeden Fall.«

»Aber eine Maschine fällt schnellere und meistbessere Entscheidungen, das müssen Sie dochzugeben. Sonst stünden keine Roboter in unserenDiensten.«

»Roboter?« fragte Demesor, und es war Rhodan,als zucke Erschrecken über sein Gesicht. Dannlächelte der Zarlt wieder, als sei nichts geschehen.»Wenn schon, Sie sagen Ja selbst, daß sie in unserenDiensten stehen. Das ist der ganze Unterschied. Wirwerden nicht von ihnen beherrscht, sondern siegehorchen uns.«

»Wenn sie fähiger sind als wir, wird sich auchdiese Lage um hundertachtzig Grad wenden«,prophezeite Rhodan gelassen. »Im Falle Arkon ist esso geschehen.«

Der Zarlt beugte sich vor. »Wollen Sie damitbehaupten, daß das Robotgehirn von Arkon richtiggehandelt hat, als es die Arkoniden ablöste?«

»Ja«, nickte Rhodan überzeugt, »das möchte ichallerdings behaupten.«

Wieder benötigte Demesor Sekunden, um dieMitteilung zu verdauen. »Die Arkoniden sind

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dekadent und waren nicht mehr in der Lage, dasImperium zu verwalten«, gab er schließlich zu undschien zu einem Kompromiß bereit. »Aber dasGehirn hätte sich nach besseren Regenten umsehensollen, ehe es so handelte« Rhodan lächelte wissend.»Vielleicht hat es das auch«, vermutete er. »Aber zuder damaligen Zeit war ja noch Elton Zarlt von Zalit.Vielleicht hielt es Elton auch nicht für geeignet.«

Das war zumindest diplomatisch. Der Zarlterkannte das an. Er klatschte in die Hände.

»Die Mädchen sollen uns ein wenig mit ihremTanz erfreuen«, sagte er gönnerhaft. »Aber ichmöchte doch eine ganz klare Antwort haben, Rhodan.Auf meine Frage nämlich, ob wir mit IhrerUnterstützung rechnen können. Wir werden Arkon ineiner Zarlitwoche angreifen.«

Sechs Mädchen formierten sich gehorsam undgingen zur Bühne. Irgendwo aus Lautsprechernerklang leise Musik. Sie war voller Harmonie undVerlockung.

»Endlich wird es interessant«, ignorierte Bully dieschweren Sorgen des Zarlt und setzte sich so, daß erbesser sehen konnte. Zu seinem Glück hatte der Zarltdafür gesorgt, daß seine Gäste frontal zur Bühnesaßen.

Rhodan hingegen beschloß, dem Herumgerede einEnde zu bereiten.

»Sie sollen eine klare Antwort erhalten, Zarlt: Wirwerden Ihnen nicht helfen - und zwar aus einemeinfachen Grund. Ich will ihn Ihnen auch verraten.Wenn Sie nicht fähig sind, den Sperrgürtel vonArkon zu überwinden, dann sind Sie auch nicht fähig,das Imperium zu regieren. Habe ich mich klar genugausgedrückt?«

Das war mehr als nur deutlich. Das war schon eineoffene Brüskierung. Der Zarlt schluckte sie.

Sein Lächeln verzerrte sich zwar ein wenig, aber erwarf seinen Offizieren warnende Blicke zu, nurnichts zu überstürzen.

»Das tut uns leid«, stieß er hervor. »Das tut unswirklich leid. Sie werden verstehen, daß wir Sie unterdiesen Umständen nicht mehr als unsere Gästebetrachten können. Sie werden noch heute nachtunsere Welt verlassen und in Richtung Galaxisrandtransistieren. Unsere Strukturtaster werden daskontrollieren.«

Rhodan nickte ruhig. »Wenn Sie wünschen,werden wir starten. Unter diesen Umständen ...«, under erhob sich, »... hat es ja wohl nur wenig Sinn,wenn wir länger in Ihrer Gesellschaft verweilen.«

Bully blieb sitzen. Er starrte wie gebannt zurBühne, wo die sechs Mädchen mit ihrem Tanz geradebegannen. Die einschmeichelnde Melodie schien diesechs ebenmäßigen Körper verschmelzen zu lassen,deren Bewegungen wie aus einem Guß waren.Überhaupt glichen sich die Mädchen derart, daß

Bully nicht mehr zu sagen vermocht hätte, welcheihm den Wein eingeschenkt hatte.

Rhodan seufzte und setzte sich wieder. Marshallerlaubte sich ein schwaches Grinsen. Die Mädcheninteressierten ihn ebenfalls. Vielleicht wußten sieetwas ...?

Und nun passierte ihm zum zweitenmal etwas sehrMerkwürdiges heute abend. Es war keinAbwehrblock, gegen den er stieß, sondern etwasanderes. Er wußte nicht, was es war, aber das gleichehatte er doch heute schon erlebt? Wo war das nurgewesen?

Er entsann sich. Draußen, als die drei Offiziere sieam Portal begrüßten. Einer dachte an seinenSchwager, der andere an Nebensächlichkeiten. Derdritte hatte an überhaupt nichts gedacht! Das war es!

Und diese sechs Tänzerinnen dachten ebenfalls annichts. Sie dachten überhaupt nicht! Er wurde inseinen Überlegungen abgelenkt. Die Musik hatte sichverändert. Sie war schneller geworden. Die Beine derMädchen flogen hoch und begannen, in immerrasenderem Rhythmus auf den Boden zu stampfen.Bully hockte vollkommen versunken da. Er ließkeinen Blick von den Tänzerinnen, die nun dasPodium verließen und mit schwebenden Schritten aufdie Gäste zueilten. Spielerisch umtanzten sie dieseund wichen geschickt zurück, wenn Bully nach ihnenzu greifen versuchte.

Marshall nahm seine Überlegungen wieder auf,aber als er drei Sekunden später die Lösung fand, wares bereits zu spät.

Die sechs Mädchen hatten sich so verteilt, daßjeweils zwei von ihnen hinter einem der Gästestanden. Ehe Rhodan überhaupt ahnte, was geschah,und ehe Marshalls telepathische Warnung durchkam,wurde er von Eisenklammern umfaßt, die seine Armedicht gegen den Körper preßten.

Marshall und Bully erging es nicht anders.Besonders für letzteren war es ein harter Schlag,

der alle seine Illusionen zerstörte, sozusagen miteiner Handbewegung. Er spürte die plötzliche Näheder Angebeteten, aber er wußte nichts mit ihranzufangen. Die Haut der beiden Mädchen, die ihnhielten, war glatt und kalt. Kalt wie Stahl! »Es sindRoboter«, sagte Marshall laut. »Eine hübsche Falle.«

Bullys rote Haarborsten stiegen senkrecht in dieHöhe und bildeten seine berüchtigte Bürste. SeineAugen waren weit aufgerissen, aber es war ihm nichtmöglich, den Kopf so zu drehen, daß er in dieGesichter seiner hübschen Wärterinnen sehen konnte.

Der Zarlt erhob sich. »Beenden wir die Komödie«,sagte er hart. »Wir haben uns lange genug IhreVersprechungen anhören müssen. Nun ist es damitvorbei. Wenn Sie weiterzuleben wünschen, werdenSie uns Ihre Geheimnisse verraten. Aber bevor Sie zusprechen beginnen, wechseln wir den Raum. Haben

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Sie Waffen bei sich?«»Vielleicht schauen Ihre Mädchen mal nach«, rief

Bully, der nun langsam zornig wurde. Zu sehr nochsaß ihm der Schreck in den Gliedern.

Es blieb ihnen nichts übrig, als sich entwaffnen zulassen. Die Stahlarme der verkleideten Roboterließen keinen Widerstand zu. Rhodan spürte keineBeunruhigung. Er wußte, daß Marshall seinen Alarmlängst an die TITAN weitergegeben hatte. DerKampf begann.

»Meine Großmutter hat schon immer gesagt«,stellte Bully wütend fest, »daß ich harmloser Menschmal auf ein nichtsnutziges Frauenzimmerhereinfallen würde. Aber, daß es eine Roboterdamesein würde, davon ahnte sie bestimmt nichts.«

»Früher oder später«, murmelte Marshall halbbelustigt, »hätten Sie den Irrtum sicherlich bemerkt.«

Der Zarlt und die Offiziere gaben den sechsRobotern einen Wink. Ein unverständlicher Befehl,dann wurden Rhodan, Bully und Marshall von denMädchen mühelos emporgehoben und aus dem Saalgetragen.

*

Die drei Teleporter Tako Kakuta, Ras Tschubaiund Gucky hatten alle Hände voll zu tun, dasMutantenkorps in die vorbereiteten Verstecke derRebellen zu bringen. In zehn Minuten jedoch waralles vorbei und die TITAN ohne Mutanten.

Thora und Crest waren zum erstenmal auf demgigantischen Schiff allein, abgesehen von derMannschaft, die keinen Einfluß auf ihre Maßnahmenausüben konnte.

Vor einem Jahr noch hätte Thora die Gelegenheitbenutzt, Rhodan das Schiff abzunehmen und nachArkon zu fliehen, wie sie es einmal versuchte. Heuteaber war alles ganz anders geworden.

Crest mochte ihre Gedanken erraten haben. Erlächelte weise.

»Rhodan gefällt dir, Thora? Du kannst es ruhigzugeben, wenn ich recht habe. Übrigens gefällt er mirauch.«

»Es wäre vielleicht nicht ganz so, wenn wir aufArkon die altgewohnten Verhältnisse angetroffenhätten«, gab sie Crests Vermutung indirekt zu. »Soaber ...«

»Wir können uns keinen besseren Freund undVerbündeten denken, Thora. Er ist mit demRobotgehirn besser fertiggeworden als alleArkoniden der vergangenen sechs Jahre zusammen.Würden wir Rhodan verlieren, verlören wir auchgleichzeitig unsere Zukunft. Er hat uns die TITANanvertraut. Weißt du welches Vertrauen er damit inuns setzt?«

»Ja«, nickte Thora einfach. »Ich weiß. Und ich

werde es rechtfertigen. Er und alle seine Freunde sindin der Stadt. Der verräterische Zarlt hat ihngefangengenommen, und ich darf ihm jetzt nichtzeigen, wie gern ich ihm helfen möchte. Undvielleicht muß ich mit der TITAN sogar fliehen, wieich es versprochen habe.

Es würde mir wie Verrat vorkommen.«»Verrat wäre es, handelten wir seinen

Anordnungen entgegen«, beruhigte sie Crest. Er sahprüfend auf die eingeschalteten Bildschirme, die denRaumhafen zeigten. »Willst du jetzt nicht ruhen,Thora? Ich übernehme die Wache und wecke dich,wenn etwas geschehen sollte.«

»Schlafen?« sann Thora vor sich hin. »Wie kannich schlafen, wenn er in Gefahr ist?«

Erstaunen zeichnete sich auf dem Gesicht desArkoniden ab.

»So besorgt bist du um ihn?«Sie nickte tapfer und ohne Scheu.Crest lächelte nachsichtig.»Trotzdem mußt du ruhen, damit du im

Augenblick der Entscheidung voll bei Kräften bist.Vielleicht läßt die Stunde der Bewährung nicht mehrlange auf sich warten. Ich möchte Rhodan beweisen,daß er sich auf uns verlassen kann - und, daß wirnotfalls auch noch zu kämpfen verstehen. Also bitte,lasse mich jetzt allein.«

Sie sah ihn einige Sekunden nachdenklich an, dannnickte sie gehorsam und verließ die Zentrale.

Crest wußte, daß er sie mit einem einzigenKnopfdruck erreichen konnte. In der TITAN gab esin dieser Hinsicht keine räumliche Trennung.

Er blieb allein zurück und bereitete sich auf einelange Nacht vor. Aber er irrte sich. Es wurde einesehr kurze Nacht Kitai Ishibashi war der zweiteHypno des Mutantenkorps. Er vermochte anderenIndividuen so nachhaltige seinen Willenaufzuzwingen, daß die davon Betroffenen fest davonüberzeugt waren, aus eigener Initiative zu handeln.Zusammen mit Gucky und dem Späher Wuriu Sengu,der durch feste Materie sehen konnte, weilte er ineinem unterirdisch angelegten Versteck der Rebellen.Es lag in den Außenbezirken der Stadt in einem Park.

Gucky bemühte sich, den Kontakt mit JohnMarshall nicht zu verlieren, was nicht sehr leicht war,da die Gedankenschwingungen des Telepathen vonimmer stärker werdenden Fremdimpulsen überlagertwurden. Die Vermutung lag nahe, daß die Impulsevon den Mooffs stammten.

Sie bringen uns in die Kellergewölbe des Palastes,informierte Marshall seine telepathischen Gefährten.Vorerst besteht keinerlei Gefahr, aber Rhodan ordnetan, daß Zernif nach Plan handeln soll. Ich kann keineNachrichten von euch mehr empfangen, die Näheeiner großen Anzahl Mooffs macht das unmöglich.Ich weiß auch nicht, ob ihr mich versteht. Für alle

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Fälle: Wir stecken etwa zehn Meter unter derOberfläche in einem großen und hellerleuchtetenGewölbe. Augenblick - weitere Meldung erfolgt. Jetztkann ich nicht ...

Gucky knurrte wütend:»Zum Donnerwetter - was immer auch ein

Donnerwetter ist! Was passiert nun schon wieder?Wuriu, kannst du denn nichts sehen?« Der Mutantschüttelte den Kopf. »Die Entfernung ist zu groß - ichbin kein Zauberkünstler. Können wir nicht näherheran an den Palast?«

Der Mausbiber wollte antworten, aber er bliebstumm.

Neue Impulse, stärker und intensiver, drangen insein Gehirn.

Es war nicht Marshall. Es war überhaupt niemand,den Gucky kannte.

Aber mitten hinein in seine Spekulationen kanndas Schrillen des Empfängers, der sie mit der TITANverband. Es war Crest.

»Achtung, an alle! Die TITAN wird mit starkenKräften angegriffen. Wir werden befehlsgemäßstarten und in der verabredeten Entfernung abwarten.Oberst Freyt wird die GANYMED in Sicherheitbringen. Viel Glück! Und holt Rhodan aus der Falle!Ihr seid es nun, von denen sein Leben und dieZukunft des Imperiums abhängen.«

Der Empfänger schwieg. Crest hatte abgeschaltet.Gucky ließ sich auf die Hinterpfoten zurücksinken

und stützte sich mit dem Schwanz ab, damit er nichtdas Gleichgewicht verlor. In seinen Augen war einestumme Frage, die er nicht auszusprechen wagte. Ernahm kurz Verbindung mit den anderen Telepathenauf, die bei den einzelnen Gruppen weilten undstellte fest, daß sie alle die Nachricht des Arkonidenvernommen hatten.

Damit stand fest: Der Zarlt nahm keine Rücksichtmehr. Er griff die TITAN und GANYMED offen an.Er hatte Rhodan gefangengenommen.

Gucky pfiff schrill und schrecklich mißtönend.Dann sagte er mit seiner unwahrscheinlich hellenStimme:

»Meine Herren Rebellen! Rogal! Nun könnt ihrzeigen, was ihr gelernt habt! Die Revolution hatbegonnen! Wir werden Demesor und seine Vasallenstürzen und Rhodan befreien na, worauf wartet ihrnoch?«

Rogal starrte voller Bewunderung auf denMausbiber, den er heute zum erstenmal sah. Erbegriff immer noch nicht, wieso ein Wesen wiedieses intelligenter als ein Zaliter sein konnte. Aberdann riß er sich von dem immer wiederfaszinierenden Anblick los, wandte sich an seineWaffengefährten und rief begeistert:

»Es lebe das Imperium! Es lebe Perry Rhodan!«Gucky hielt sich entsetzt die riesigen Ohren zu, als

die Antwort durch das Gewölbe hallte.Welcher Unsinn, als Telepath so große Ohren zu

haben ...!

5.

Bully schrie und tobte, als ihn die beiden Mädchenaus dem Saal trugen. Sein heimlich geplantesRendezvous hatte er sich ganz anders vorgestellt.Warum mußte er auch immer so voreilig sein ...?

Rhodan und Marshall erging es genauso, aber sieverhielten sich angesichts der aussichtslosen Lageruhig und besonnen. Mit körperlicher Kraft alleinkam man gegen einen Roboter nicht an, auch wenn erso mit Plastik verkleidet war, daß er wie ein hübschesMädchen aussah.

Ein Lift brachte sie in die Tiefe. Ein Stockwerkunter dem offiziellen Erdgeschoß hielt der Aufzugan. Demesor schritt voran und zeigte den Weg. Eswaren weitverzweigte Korridore, die zehn Meterunter der Erde ein eigenes Reich bildeten. Dasgedämpfte Licht drang aus der Decke und verbreiteteeinen gespenstischen Schein. Rhodan begann sich zuwundern, was man mit ihnen vor hatte.

Folter, um das Geheimnis aus ihnenherauszupressen?

Wenn schon, dann sicher keine Folter wie imirdischen Mittelalter, sondern eine technischausgeklügelte Gehirnbefragung, bei der es keineLügen und falschen Informationen mehr gab. Undschließlich waren da ja noch die Mooffs, denen dieÜberprüfung aller gemachten Aussagen möglich war... Die Mooffs!

Plötzlich fiel es Rhodan wie Schuppen von denAugen. Er spürte den immer stärker werdendenDruck im Gehirn und erste Kopfschmerzen. Bullyhatte aufgehört zu toben. Schlaff hing er in denArmen der verführerischen Mädchen, die inWirklichkeit nichts anderes als seelenlose Roboterwaren. Marshall verhielt sich passiv. Es sah so aus,als lauschte er.

Die Mooffs steckten hinter der plötzlichenAktivität des Zarlt. Das mußte es sein!

Rhodan fühlte eine Zunahme der tastendenImpulse. Sie kamen nun mehr aus der gleichenRichtung von vorn.

Man brachte sie zu den Mooffs ...? Trotz seinernicht gerade beneidenswerten Lage fand RhodanZeit, in aller Eile eine Theorie zu entwickeln. Eineinziger Mooff, so hatte die Erfahrung ergeben,besaß nicht genügend Kraft, um einem Menschenseinen Willen aufzuzwingen. Als Telepath war ergut, das stand fest. Aber als Suggestor eignete er sichkaum. Schon und gut. Was aber geschah, überlegteRhodan weiter, wenn sich vier oder fünf Mooffsgleichzeitig auf das Gehirn des gleichen Terraners

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konzentrierten? Genügte die fünffache Energie, umihn unter ihren Willen zu bringen?

Die Mooffs schienen identische Überlegungenangestellt zu haben und ein positives Ergebnis fürsicher zu halten, denn Rhodan wußte nun mit einigerGewißheit, daß nicht ein, sondern mindestens vieroder fünf Mooffs ihn abtasteten.

Das war eine Möglichkeit, mit der er nichtgerechnet hatte.

Und sie bedeutete eine ungeheure Gefahr.Er teilte Marshall seine Vermutung mit, der

plötzlich ein sehr besorgtes Gesicht machte. Aberdann blieb ihnen keine Zeit mehr, weitereBetrachtungen über ihre Lage anzustellen.

Der Zarlt hielt vor einer Tür an. Milfor begannausgesprochen sadistisch zu grinsen und versetzteBully einen Rippenstoß, den dieser mit einem lautenWutgebrüll beantwortete. Demesor öffnete die Türund schritt voran. Die vier Offiziere und die sechsRoboter mit ihren Gefangenen folgten.

Rhodans Befürchtung bestätigte sich. Es war eingroßes und hohes Gewölbe, das durch Deckensonnenhell erleuchtet wurde. In ihren druckfestenGlasbehältern standen in langer Reihe ein DutzendMooffs an der rückwärtigen Wand. SchimmerndeLeitungen verbanden die Druckkammern mit einemRegenerationsaggregat, das die Methanatmosphäreständig erneuerte. Unbeweglich hockten dieFremdwesen riesige Quallen von anderthalb MeterHöhe und mit einem Durchmesser von einem Meter -in ihren Behältern und glotzten den Eingetretenen ausstarren Knopfaugen entgegen.

Rhodan spürte, wie die Welle der suggestivenImpulse über ihn hinwegspülte. Mit allerKonzentration deren er noch fähig war, wehrte ersich gegen den Zwang, der ihm auferlegt werdensollte. Die vier Arme der Mädchen-Roboter hieltenihn so fest, daß er sich nicht zu rühren vermochte.Nein, mit physischer Kraft war hier nichtsauszurichten.

Die Stimme des Zarlt zerbrach die Konzentration:»Wie gelang es Ihnen, Rhodan, den äußeren

Festungsgürtel von Arkon zu überwinden? SprechenSie, oder ich lasse Sie zu meinen Wissenschaftlernbringen.«

Rhodan entsann sich, daß die Zaliter nichts vonden suggestiven Fähigkeiten der Mooffs ahnten. DerZarlt glaubte, mit Hilfe der Mooffs lediglich dieWahrheit von Rhodans Aussagen überprüfen zukönnen. Er ahnte nicht, daß er selbst unter demZwang der Quallenwesen stand, die ihn nach ihremGutdünken handeln ließen. Demesor und seine vierOffiziere waren genauso Gefangene der Mooffs wieRhodan, Marshall und Bully.

Aber auch ohne die Mooffs hätten sie ihreGrundeinstellung nicht geändert, und allein diese

Tatsache war es, die das Urteil über sie fällte, dasschon längst gesprochen war und nur darauf wartete,vollstreckt zu werden.

»Sie werden nichts von mir erfahren, Zarlt«, sagteRhodan.

Der etwas schwächer gewordene Stromsuggestiver Kraft setzte wieder ein. Rhodan bemerktenoch, daß Bully und Marshall nicht davon betroffenwurden, dann benötigte er seine ungeteilteKonzentration, um dem Angriff der Mooffs begegnenzu können.

Das Duell war stumm, aber nur für die anderen.Rhodan verstand die Frage deutlich, die plötzlich

in seinem Gehirn stand:Du weißt, wer wir sind? Warum wehrst du dich

gegen uns?Weil ich weiß, wer ihr seid!Rhodan dachte es einfach und wußte, daß alle

zwölf Mooffs ihn verstanden. Es war das erstemal,daß er direkten Kontakt mit seinem Gegner aufnahm.Die Gelegenheit zwang sich ihm förmlich auf.

Du wirst dem Zarlt sagen, wie Arkon angegriffenwerden kann!

Warum soll ich das? Ist ein Demesor vielleichtfähig, das Imperium zu regieren? Oder wollt ihr eswissen?

Ja, wir wollen es wissen!In wessen Auftrag?Für einige herrliche Sekunden verschwanden alle

Impulse, der Druck wich von seinem Gehirn. Es war,als zögen die Mooffs sich zu einer Art Beratungzurück. Rhodan nutzte die Gelegenheit, um Marshallschnell zuzudenken: Was ist mit den Mutanten?Greifen die Rebellen an? Weiß man, was mit unsgeschah? Schnell, antworten Sie laut und aufenglisch. Ich kann mich nicht genügendkonzentrieren, um Sie zu empfangen.

»Mutantenkorps im Einsatz! Rebellion beginnt!Angriff auf die TITAN hat begonnen. Noch einehalbe Stunde, meint Gucky ...«

Er kam nicht weiter. Milfor war hinzugetreten undhatte Marshall mit der geballten Faust gegen denMund geschlagen.

»Ihr sollt nicht sprechen!« befahl Demesorwütend. »Nur dann, wenn ihr gefragt werdet. Und ichhabe Sie etwas gefragt, Rhodan.«

»Dann warten Sie weiter«, rief Rhodan undrechnete sich aus, was in einer halben Stunde allesgeschehen konnte. Natürlich bestand noch dieMöglichkeit, dem Zarlt einfach die Wahrheit zusagen. Was konnte er schon damit anfangen, wenn erkeinen Fiktivtransmitter besaß? Außerdem dauerteseine Herrschaft, wenn alles gutging, nur nochdreißig Minuten. Dann aber gewann Rhodansunbeugsamer Siegeswille und Stolz die Oberhand.»Warten Sie, bis Sie schwarz werden!«

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Demesor war ein Mann der Beherrschung,vielleicht gaben ihm aber auch die Mooffs einenentsprechenden Befehl. Jedenfalls blieb er stummund sah zu, was weiter geschah.

Die Mooffs nahmen keine Rücksicht mehr.Konzentriert griffen sie nun Rhodan an. Es war wieeine reißende Flut schmerzender Impulse, die sich indas Gehirn des Menschen fraßen und es zu zerstörendrohten. Rhodans geistige Fähigkeiten waren dankder Hypnoschulung Crests stark erhöht worden. Erwar in der Lage, einen Gedankenschild aufzubauen,der die eindringenden Impulse der Mooffsabschwächte und sie nicht voll zur Geltung kommenließen. Trotzdem war es eine unmenschlicheKraftanstrengung, ihnen zu widerstehen.

Rhodan kämpfte den schwersten Kampf seinesLebens.

Unbeweglich verharrten seine Gegner in ihrenKästen, relativ harmlose und völlig wehrlose Gegner,wenn man die Hände frei hatte. Von Natur ausstumm und daher Telepathen, hatten sie auf ihrerHeimatwelt geistige Kräfte entwickelt, diekoordiniert eingesetzt - eine unvorstellbare Machtdarstellten.

Rhodan begann zu ahnen, daß man die Mooffsunterschätzt hatte - oder sie hatten erst in den letztenTagen gelernt, ihre Suggestivkräfte nach Planeinzusetzen.

Sein Gehirn war wie der Felsen in einerheranwogenden Brandung, die Stück für Stück ausdem aufragen den Hindernis riß. Immer höherwurden die Wellen und schlugen über dem Riffzusammen, aber die nachfolgenden Tälerruhiggrünen Wassers gaben dem Fels neueAtempausen. Doch die Flut stieg, die Wellen wurdenhöher, der Ansturm heftiger, ungestümer. Ließ manihr genug Zeit, würde die Brandung den Felszerstören. Zeit ...

Das war es, was Rhodan gewinnen mußte. Erspürte, wie seine Abwehrkräfte gegen dieSuggestions-Impulse schwächer wurden. Er benötigtejede Faser seines Daseins, die geistige Abwehraufrechtzuerhalten. Noch gelang es ihm. Wie langenoch ...?

Fast wäre er zusammengebrochen, als sich dieMooffs plötzlich zurückzogen. Wie ein Mann etwa,der sich mit aller Gewalt gegen eine Tür wirft, diesich unerwartet öffnet. Noch fünfundzwanzigMinuten ... Marshalls Augen wurden starr. Rhodanwußte, daß die Mooffs sich ein anderes Opferausgesucht hatten. Vielleicht würden sie es späternoch einmal mit ihm versuchen, aber jetzt schienihnen mehr daran gelegen, den schwächsten der dreiGefangenen herauszufinden.

Die Zaliter verhielten sich ruhig. Sie standen selbstwie unter einem Bann und schienen nicht zu wissen,

was geschah. Aber Rhodan fühlte kein Mitleid mitihnen. Er malte sich aus, was mit dem Imperiumgeschehen würde, kämen sie an die Macht undkönnten das Robotgehirn ausschalten. Ein Reich derMarionetten, gelenkt von den Mooffs, hinter denenein Mächtigerer und Klügerer stand. Nein!

Mitleid an der falschen Stelle konnte denUntergang eines Reiches bedeuten und Hunderte vonWelten in die Knechtschaft führen. Rhodan wandteseine Aufmerksamkeit besorgt Marshall zu, der alsTelepath genügend Erfahrung und Energie besaß, denAngriff der Mooffs abzuwehren.

Bereits nach vier Minuten gaben die Quallen esauf.

Noch bevor sie ihr drittes Opfer angriffen, dachteRhodan an Marshall:

Rufen Sie Gucky! Er soll sich beeilen! Nur Guckykann helfen!

Dann war Bully an der Reihe. Auch er war durchdie Hypnoschulung der Arkoniden gegangen, die seinWissen entsprechend vergrößerte. Aber die Kapazitätseiner geistigen Abwehrkraft genügte nicht, um denAngriff der Mooffs ganz abzuwehren.

Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Schweißtrat auf seine Stirn, als die schmerzenden Impulsesein Gehirn zu zerfressen drohten. Die Lippenbegannen hilflos zu stammeln, und seine Augensahen nicht mehr, wo der Körper sich befand.

Die Halle der Telepathen ... Sie hatte ihr Opfergewählt!

*

Die Antriebsaggregate der TITAN erwachten zujähem Leben. Thora löste den Generalalarm aus. Dieinzwischen gut eingedrillte Mannschaft versetzte dasRiesenschiff nach genau vier Minuten in denAbwehrzustand.

Aber ein Kampf, bei dem zum größten TeilUnschuldige getötet worden wären, sollte javermieden werden. Flucht war die einzigeMöglichkeit, um den Angriff der Zaliter-Flotte zuvereiteln.

Die GANYMED im Nachbarhangar erhob sichbereits auf wirksam werdenden Gravitationsfeldernund schoß dann mit unvorstellbarer Beschleunigungin den schon dunklen Himmel von Zalit Sekunden -dann war das achthundert Meter lange Schiffverschwunden.

Am Rand des Landefeldes blitzten Geschütze auf.Grelle Energiebündel jagten hinter den. Flüchtigenher, glitten jedoch an den Abwehrschirmenwirkungslos ab. Dann schwenkten die Batterienherum und nahmen die TITAN unter Beschuß.

Thora sah, wie die Energiestrahlen an denSchirmen zerplatzten und in alle Richtungen

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davonstoben. Weiter im Hintergrund starteten dieersten Zerstörer der Zaliter-Flotte und zogen hoch,um die TITAN von oben anzugreifen.

Sie schaltete den Interkom ein. »Achtung, an alle!Wir starten in zehn Sekunden! HöchsteBeschleunigung mit eingeschalteten Neutralisatoren.Transition in elf Minuten!«

Thora wußte nicht, wie viele der feindlichenSchiffe bereits über dem Feld schwebten und sich aufden Angriff vorbereiteten, sie wußte nur, daß sieRhodan auf dieser Welt zurückließ - und, daß sie estat, weil er es so wollte. Sie kam sich feige vor, abersie mußte das Schiff in Sicherheit bringen - und siemußte das Leben Unschuldiger schonen. Noch fünfSekunden. Sie befand sich in dem größten Zwiespaltder Gefühle, den sie je gekannt hatte. Langsamnäherte sich ihre Hand dem Fahrthebel. Sie würdeihn mit einem schnellen Ruck vorziehen. DieArkonidenreaktoren würden ihre Energien freigebenund das Riesenschiff würde mit unvorstellbarenKräften in den schwarzen Himmel geschleudertwerden, der in Wirklichkeit nicht schwarz, sondernein Gewimmel funkelnder Sterne war. Die letzteSekunde war die längste.

Aber auch sie verging, und dann war auf demLandefeld von Tagnor die Hölle los.

Die TITAN schoß in die Nacht hinauf unddurchbrach spielerisch die Staffeln der wartendenZerstörer. Die Schutzschirme der Zaliter erloschenunter der Einwirkung der Energieglocke, die um dasSchlachtschiff Rhodans lag. Haltlos, wie welkeBlätter, taumelten zehn, zwanzig Zerstörer in dieTiefe und schlugen in greller Stichflamme auf. Alleinder Sog der anderthalb Kilometer dicken Kugelzerstörte drei Strahlengeschützbatterien und dieunterirdischen Anlagen auf dem Landefeld.

Thora wußte nichts davon. Sie starrte auf dieBildschirme und beachtete auch Leutnant Tifflornicht, der stumm in etlichen Metern Entfernung imNavigationssessel hockte und die Arkonidin nicht ausden Augen ließ.

Tiff ahnte nicht die wahren Hintergründe fürThoras verhaltene Wut. Er nahm an, ihr Eifer bezögesich auf die Vernichtung des Gegners; mit keinemGedanken dachte er daran, Rhodan für denGefühlsausbruch Thoras verantwortlich zu machen.

Dann versank der Planet unter der TITAN in derTiefe des Alls. Die Lichtgeschwindigkeit wurdeerreicht, die Transition fand statt.

Als die TITAN aus dem Hyperraum in die vierteDimension zurückkehrte, stand die GANYMED inkaum 0,005 Lichtsekunden Entfernung. So genauwaren die Berechnungen, auch wenn beide Schiffeinzwischen exakt zwei Lichtjahre zurückgelegthatten.

*

Gucky materialisierte vor den staunenden Augender Rebellen und hatte zu seinem Bedauern keineZeit, sich in der fraglos vorhandenen Bewunderungzu sonnen. Zu sehr noch war ihm der verzweifelteHilferuf Rhodans in frischer Erinnerung.

»Admiral Zernif«, forderte der Mausbiber,»besitzen Sie einen genauen Plan des Zarlt-Palastes -insbesondere der unterirdischen Anlagen? Es eilt!«

Der Anführer der Rebellen winkte einen Mann zusich.

»Als ihr den geheimen Gang fandet, fertigtet ihr dakeinen Plan an?«

»Natürlich. Rogal hat ihn.«»Danke!« zwitscherte Gucky - und war

verschwunden.Zurück blieben Zernif und einige offene Münder.Rogal, so wußte Gucky, war seit einigen Minuten

in dem am weitesten vorgeschobenen Versteck. Ermußte sich keine hundert Meter vom Palasteingangentfernt befinden. Ein Gang führte dorthin.

Aber Gucky hatte keine Zeit zu laufen. Seinekurzen Beinchen waren dazu auch nicht geschaffen.Er konzentrierte sich also auf sein Ziel und sprang.

Er landete vorsichtshalber auf der Oberfläche, indiesem Fall in einem Park.

Es war still. Der rötliche Schimmer des nahenPalastes erweckte in Gucky die Versuchung, aufeigene Faust zu handeln und Rhodan zu befreien,aber dann siegte die Vernunft - und die Vorsicht.

Wer weiß, wo er landen würde, spränge er aufsGeratewohl.

Zwei weitere Versuchs-Teleportationen brachtenihn mitten in das Versteck, Rogal wäre fast von derKiste gefallen, auf die er sich gerade gesetzt hatte.Die anderen Zaliter starrten den Mausbiber an, alssähen sie ein Gespenst. Gucky grinste trotz derernsten Situation und zeigte, erfreut über dasAufsehen, seinen Nagezahn. Dann pfiff er schrill undfalsch, watschelte zu Rogal und zirpte:

»Ich brauche den Plan vom Palast insbesondere dieKeller interessieren mich, Rhodan ist in Gefahr.«

Rogal sprang auf. Er begann in seinen Taschen zusuchen und machte ein verblüfftes Gesicht.

»Ich habe ihn nicht. Vielleicht ist er im altenQuartier - weißt du, wo wir eben waren und ...« Ersprach in die leere Luft. Gucky war längst nicht mehranwesend. Noch während Rogal sprach, durchsuchteer bereits das erwähnte Quartier und fand die Karte ineiner Uniformjacke, die an einem Nagel hing. Miteinem kurzen Sprung eilte er zu Wuriu Sengu undKitai Ishibashi. Die beiden Mutanten waren sehrunglücklich darüber, untätig herumsitzen zu müssenund nicht helfen zu können.

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»Wo steckst du die ganze Zeit?« knurrte Sengu.»Was ist mit Rhodan?«

»Gefangen, das wißt ihr wohl?« gab Gucky patzigzurück und studierte die Karte. Nach einer Weileverriet der Nagezahn bessere Laune. »Wir müssenschnell helfen, ehe es zu spät ist. Die Mooffsüberlagern mit ihren Suggestiv-Strömen alletelepathischen Impulse Marshalls. Ich kann ihn nichtmehr anpeilen. Darum besorgte ich diesen Plan. Nachihm kann ich meinen Sprung in etwa berechnen. Ichgehe allein, um zu sondieren. Dann kehre ich zurückund hole Wuriu. Sobald wir dann endgültig wissen,wo sich die Gefangenen und die Mooffs aufhalten,hole ich Kitai - und wir greifen an. Habt ihrverstanden?« Die beiden Japaner schüttelten einwenig verwirrt den Kopf. Zwar kannten sie Guckynun schon lange genug, aber es war doch seltsam,wenn eine vergrößerte Mickymaus zwei erwachseneMänner fragte, ob sie etwas verstanden hätten.

Gucky faßte das Kopfschütteln verkehrt auf.»Ob ihr kapiert habt, will ich wissen ...!«Eifrig und verwirrt nickten sie diesmal, aber

Gucky war bereits verschwunden.Schließlich konnte er Gedanken lesen ...

6.

Sorgfältig betrachtete der Mausbiber dann denPlan.

Er hockte auf dem breiten Hinterteil und hielt dasStück Papier in den Vorderpfoten, die menschlichenHänden glichen, obwohl sie behaart und kleinerwaren. Wenn man den kleinen Kerl so sah, dannwürde man es nicht für möglich halten, daß er anFähigkeiten und Intelligenz die Menschen allgemeinübertraf. Es gab keinen Mutanten, der gleichzeitig dieTelepathie, Telekinese und Teleportation beherrschte- keinen, außer Gucky. Sein Intelligenzquotient kamdem Rhodans gleich, obwohl er niemals eine soausgiebige Hypnoschulung genossen hatte. Seinegrößte Stärke jedoch lag wohl in seinemunscheinbaren Äußeren.

Ein Wesen mit dem Aussehen eines Tieres - unddoch den Menschen überlegen ...! Guckys helleStimme sagte schrill:

»Es sind von hier aus bis zum Palasteingang exaktzweihundertachtundsechzig Meter. Meine letzteAnpeilung Marshalls kam aus zweihundertfünfzigMeter etwa. Das besagt einwandfrei, daß dasunterirdische Gewölbe sich in unserer Richtungbefindet. Die Richtung ist somit bekannt. Ich werdealso zum Palast springen, dabei zehn Meter unter dieOberfläche gehen und eine Entfernung vonzweihundertfünfzig Metern abschätzen. Dann mußich an einer Stelle materialisieren, an der Marshall -und somit auch Rhodan und Bully - noch vor

wenigen Minuten waren.« Wuriu hatte Bedenken.»Soli ich mitkommen? Immerhin kann ich durch dieWände sehen ...«

»Ich hole dich sofort« Gucky nickte ihmberuhigend zu und war verschwunden.

Als er wieder zu sehen vermochte, stand er mittenin einem Korridor, nicht weit von einem Liftausgangentfernt. Es war still und ruhig, kein Laut war zuhören.

Aber darauf war Gucky nicht angewiesen. Seinempfindliches Gehirn reagierte sofort. Aber Rhodansund Bullys Gedanken waren stark überlagert von denfremden Impulsen der Mooffs. Die Intensität verrieteine nur geringe Entfernung bis zur Quelle. Vielleichtwaren die Gefangenen schon hinter der nächsten Tür.

Gucky sprang zurück und holte zuerst Wuriu, dannKitai.

Die beiden Japaner hielten ihre kleinen, aberwirksamen Impulsstrahler schußbereit in denHänden. Gucky verzichtete auf jede Waffe. »Nun,Wuriu, siehst du etwas?« Marshalls Gedankenströme,stellte Gucky nun fest, waren völlig in dem Strudelder Mooff-Impulse untergegangen. Sogar Guckyspürte, wie stark der Versuch der Quallen-Telepathenwar, den Terraner unter ihren Willen zu zwingen.

Und dann war Marshall plötzlich wieder frei. Derdritte und diesmal entscheidende Angriff auf Bullybegann. Es bestand kein Zweifel, daß die Mooffs nunerfolgreich sein würden.

Marshall nahm sofort Verbindung mit Gucky auf,dessen Tastversuche er spürte.

Wo bist du, Gucky? Sie haben Bully. Er wird esnicht lange ausholten. Antworte ...

Der Mausbiber wartete auf die Antwort desSpähers. Wuriu nickte plötzlich, während er gegendie benachbarte Wand starrte.

»Ich sehe sie«, flüsterte er erregt. »Keine zehnMeter entfernt. Die Tür dort!« Er zeigte auf diezweite Tür. »Sie scheinen Bully gepackt zu haben.Was machen denn nur die Mädchen dabei?«

»Welche Mädchen?« wunderte sich Gucky, derMädchen in guter Erinnerung hatte. Sie kraulten ihmviel lieber das Fell als die langweiligen Männer.»Sind Mädchen dabei?«

»Sie sind es, die Rhodan, Bully und Marshallhalten«, berichtete Wuriu erstaunt. Er schien sichnicht beruhigen zu können. »Jetzt wehrt Bully sichnicht mehr.«

»Eine Säuberung seiner Gehirnwindungen tut ihmganz gut«, zwitscherte der Mausbiber schadenfroh. InWirklichkeit dachte er ganz anders. Die Mooffskonnten sich auf einiges gefaßt machen. Und danndachte er: Wir greifen in zehn Sekunden an,Marshall!

Vorsicht! kam es zurück. Der Zarlt und dieOffiziere haben unsere Waffen. Die Roboter, sechs an

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der Zahl, müssen unschädlich gemacht werden. DieMooffs ...

Roboter? Wuriu hat keine Roboter gesehen.Sie haben die Gestalt junger Mädchen. Wir haben

uns täuschen lassen.Gucky machte ein verblüfftes Gesicht, und es war

sehr schade, daß niemand davon Notiz nehmenkonnte. Dann nickte er grimmig.

»Wuriu! Kitai! Ihr kennt eure Aufgabe. Kitainimmt sich die Mooffs vor und sorgt dafür, daß ihreSuggestionssendung so lange unterbrochen wird, bisich mich um sie kümmern kann.

Wuriu, Sie übernehmen die Zaliter. Ich ...« undGucky grinste mit blitzendem Nagezahn und sah sehrzufrieden aus, »... ich übernehme dieTempelmädchen.«

»Wen ...?« riß Wuriu Mund und Augen auf. »DieMädchen?«

»Na und?« gab Gucky knurrend zurück und bliebvor der fraglichen Tür stehen. »Oder ist einer voneuch Zeuge, daß ich einmal nicht mit sechs von ihnenzugleich fertiggeworden wäre?«

Die Japaner schwiegen verdutzt. Das hatten sie inder Tat noch nicht erlebt.

*

Bully brach nicht nur geistig, sondern auchkörperlich fast zusammen. Er hielt sich nur deshalbaufrecht, weil die starken Arme der verführerischenRobotmädchen ihn hielten. Die fünf Zaliter standenabseits und warteten in stoischer Ruhe ab, wasgeschehen würde. Ein Mooff mußte genügen, um sieunter Kontrolle zu halten. Ihre Widerstandskraft warwesentlich geringer als die der Terraner.

Rhodan und Marshall waren völlig frei.Mindestens elf der Mooffs bearbeiteten Bully, derdiesem Ansturm unmöglich standhalten konnte.

»Wenn Gucky nicht bald erscheint«, murmelteRhodan, »dann weiß ich nicht, was passieren wird.«

»Sie sind bereits draußen auf dem Gang«, flüsterteMarshall zurück. »In wenigen Sekunden ...«

Kitai materialisierte mit Gucky, der aber gleichwieder verschwand. Eine Sekunde darauf kehrte ermit Wuriu zurück, dessen Impulsstrahler sofort inTätigkeit trat. Die Zaliter wußten nicht einmal, daßsie starben. Ehe sie eine Bewegung der Abwehrmachen konnten, waren sie tot.

Kitai war ein ziemlich fähiger Suggestor. Für dieBegriffe der Mooffs mußte er ein wahrer Gigant sein.Ehe die Quallenwesen die Veränderung registrierenkonnten und sich umstellten, wurden sie selbst von sostarken Impulsen angegriffen und erschüttert, daß sieunverzüglich von ihrem Opfer abließen. Bully wurdeschlaff in den Armen der beiden Mädchen. SeineAugen waren geschlossen, aber er lebte.

Guckys telekinetische Energieströmekonzentrierten sich zuerst auf die beiden Roboter, dieRhodan hielten. Er zwang ihre Arme auseinander,langsam, Zentimeter für Zentimeter, bis es Rhodangelang, sich von ihnen zu trennen. Steif undunbeweglich verharrten die beiden hübschen Wärterdann, unfähig, sich zu bewegen. Gucky hielt sie festaber er konnte sie nicht ewig festhalten. Es gab nochandere Dinge zu tun. Er winkte Wuriu zu, ohne ihnanzusehen.

»Zerstrahle die Roboter - und wenn sie noch soniedlich aussehen.«

Die beiden Tanzmädchen verwandelten sichSekunden später in unansehnliche Häufchengeschmolzenen Metalls und verglühendenPlastikmaterials. Gucky schüttelte sich. »Hätte niegedacht«, zirpte er vergnügt, »daß hübsche Mädchenvon innen so aussehen!«

Marshall wurde ebenfalls befreit und seineBewacher vernichtet.

Dann kam die Reihe an Bully. Hier mußte Guckydafür sorgen, daß sein Freund nicht wie ein Sack zuBoden plumpste, wenn die Roboter ihn freiließen.Aber sein Problem wurde auf die einfachste Artgelöst - Bully kam rechtzeitig wieder zu sich.

Er schlug die Augen auf, erfaßte die Situation miteinem Blick und - grinste verzerrt.

»Äh - Gucky, natürlich! Wenn Gucky was vonMädchen wittert, ist er nicht mehr zu halten.«

Der Mausbiber war für eine Sekunde über dieungeheuerliche Zumutung so verdutzt, daß er keinerRegung fähig war. Dann ließ er vergnügt seinenNagezahn sehen und winkte gönnerhaft ab.

»Ich mache sie dir nicht streitig, du Drahtbürste.Du kannst sie behalten. Verzichte dankend.« Sprachsund wandte sich an Rhodan: »Und nun schalten wirdie Mooffs aus, Herr und Meister.«

Es war Kitai inzwischen gelungen, die Mooffsvöllig unter seine Gewalt zu bekommen. Dieseltsamen Geschöpfe waren wie gelähmt und hocktenunbeweglich in ihren Behältern. Sie mochten ahnen,welches Schicksal ihnen bevorstand.

»Gucky!« brüllte Bully verzweifelt. »Befreie michvon diesen Biestern!« Der Mausbiber drehte sichgelassen um, betrachtete das Idyll mit blitzendemNagezahn und gesträubtem Fell. Er schien sichköstlich darüber zu amüsieren, Bully in derUmarmung zweier hübscher Frauen zu sehen.

»Bist du es leid?« erkundigte er sich schadenfroh.»Befreie mich - ich schenke sie dir. Vielleicht

kannst du ihnen das >Fellkraulen<einprogrammieren.«

Gucky kicherte. Es klang sehr albern.»Ich verzichte. Da kenn' ich jemand, der das viel

besser kann.«»Du meinst doch nicht etwa ...«, begann Bully

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eifersüchtig, aber Gucky unterbrach ihn:»Ich meine dich, alter Freund! Wenn ich dich

befreie, mußt du mir versprechen, mich mindestensfünf Stunden lang ...«

»Gut, ich verspreche es! Nun beeile dich!«Bully war kaum frei und konnte sich schwankend

auf den Beinen halten, da taumelte er zu Kitai, nahmihm den Impulsstrahler ab und ging zu den beidenRobotern zurück, die sich völlig passiv verhielten.Der Zarlt, dem sie gehorchten, war tot.

Bully hielt den »Tanzmädchen« die Waffe vor dieunechten Gesichter.

»Und jetzt werde ich euch umbringen, ihr ... ihr ...«Ihm fiel der passende Ausdruck gerade nicht ein. »Ihrwerdet keine anständigen Männer mehr auf dummeGedanken bringen, das verspreche ich euch! Los,dreht euch um! Na, wird's bald?« Die beidenHübschen reagierten nicht. Stumm verharrten sie anihren Plätzen. »Na, dann eben nicht! Lebt wohl undgrüßt die anderen im Roboterhimmel von mir!«

Als sich die graziösen Gestalten in rauchendesPlastik und zerschmelzendes Metall verwandelten,hielt sich Bully entsetzt die Nase zu und stöhnte, zuMarshall gewandt:

»... und wenn ich bedenke, daß ich beinahe ... nein!Es ist nicht auszudenken! Diese Blamage ...!«

Gucky hatte mit Interesse zugeschaut undwatschelte nun, der Tragödie überdrüssig, zu Kitai.

»Ich werde sie mit ihren Käfigen an die Deckeheben und dann einfach fallen lassen. DieMethanatmosphäre wird entweichen, und sie sterbeneines sanften Todes.«

Rhodan, der sich bisher jeder Äußerung enthaltenhatte, sagte:

»Wir werden sie nicht töten, Gucky. Es genügt,wenn Kitai ihnen nachhaltig einsuggeriert, daß sievon nun an einem neuen Herrn zu dienen haben. Siesollen sich passiv verhalten, bis wir sie abholen. Inder TITAN ist Raum genug für zwölf Mooffs.«

Bully riß die Augen gefährlich weit auf undstammelte:

»Du willst ... dir einen Zoo anlegen, Perry? Wassoll das?«

Rhodan schüttelte den Kopf. »Du bist manchmalsehr begriffsstutzig, mein Lieber. Du weißt, daß unsdie Mooffs weniger interessieren ...«

»Eben!«»... dafür jedoch um so mehr jene Unbekannten,

die sie auf Zalit ansetzten. Vielleicht werden dieMooffs mit der Zeit mitteilsamer. Darum lege ich mirden Zoo an. Begriffen?«

»Sehe ich so dumm aus?« erwiderte Bully patzig.Er schien sich wieder ganz gut erholt zu haben.Gucky kicherte:

»Und ich dachte schon einmal, ich litte anSehstörungen«, bemerkte er tiefsinnig. Bully sah ihn

verwundert an, war aber zu sehr mit seinen eigenenÜberlegungen beschäftigt, um die gegen ihngerichtete Spitze aufzuspüren.

Rhodan warf einen kurzen Blick in Richtung derWand, an der Zarlt Demesor und seine Offizieregestanden hatten.

»Draußen wird allerhand los sein. Ich halte es fürbesser, wenn wir Admiral Zernif vom Tod des Zarltunterrichten. Das kann vielen tausend Zalitern dasLeben retten. Wenn sie wissen, daß der Tyranngestürzt wurde, werden sie die Waffen strecken.Insofern hat Wuriu ein gutes Werk getan, wenn ichauch zuerst mit dieser Bestrafung der Schuldigennicht einverstanden war.«

Marshall hatte einige Sekunden in sichhineingelauscht. Jetzt hob er den Kopf.

»Die Rebellen stürmen den Palast. Sie überrennenalles, was sich ihnen in den Weg stellt -Palastwachen, Soldaten, Personal ...«

»Beeilen wir uns!« mahnte Rhodan zur Eile.»Verlieren wir keine Zeit, den Zalitern die Befreiungvon ihrem Joch zu verkünden. Und ich selbst habedas dringende Bedürfnis mal wieder mit unseremalten Freund zu reden ...«

»Mit wem?« erkundigte sich Bully und horchteauf. »Mit unserem alten Freund?«

»Ja«, nickte Rhodan. »Mit dem Robotgehirn vonArkon.«

*

Thora hatte gerade einige Stunden geschlafen, alsLeutnant Tifflor sie weckte.

»Verzeihen Sie, Madam, Crest fand keineGelegenheit, Sie per Interkom zu benachrichtigen.Sie möchten sofort zu ihm in die Zentrale kommen.«Thora richtete sich auf.

»Was ist geschehen, Tiff?«»Nichts, Madam. Noch nichts.« Thora fragte nicht

weiter. Sie wartete, bis Tiff die Kabinentürverschlossen hatte, dann stand sie auf und war zehnMinuten später bei Crest.

Der arkonidische Wissenschaftler wandte kaumden Kopf, als Thora eintrat. Tiff saß vor demNavigationsrechner und entnahm ihm gerade einigeInformationsfolien. Alle Bildschirme wareneingeschaltet und gaben den Raum vollständigwieder, der die TITAN umgab.

Thora erkannte die kleinen Robot-AufklärerArkons, dazwischen größere Kampfeinheiten undKreuzer. Weiter im Hintergrund lauerten gigantischeSchlachtschiffe vom Typ STARDUST, Raumkugelnmit einem Durchmesser von achthundert. Metern.

»Was soll das bedeuten?« fragte Thora und suchteunwillkürlich die GANYMED. Der riesige Torpedoschwebte scheinbar reglos in einigen Kilometern

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Entfernung. In Wirklichkeit bewegten sich beideSchiffe im freien Fall auf Voga zu. »Greift man unsan? Sind es die Schiffe des Zarlt?«

Crest nahm für einen Augenblick seinen Blick vonden Instrumenten.

»Bisher erfolgte kein Angriff, Thora. Es sindEinheiten des Imperiums. Alle robotgesteuert. Nochweiß ich nicht, was das bedeuten soll. Sollte dasRobotgehirn seine Abmachungen mit Rhodanvergessen haben?«

Thora gab keine Antwort. Sie studierte denFlottenaufmarsch in aller Ruhe. In ihren Augen warein kaltes Funkeln. Als sie endlich den Mund öffnete,klang ihre Stimme kalt und entschlossen. »ArkonsFlotte ...! Wenn sie uns angreift, Crest, werden wirihre eine Lehre erteilen, die weder Orcast noch dasGehirn vergessen werden. Wir besitzen dasmächtigste Schiff des Universums - und wir werdenes uns niemals wieder abnehmen lassen!«

Crest nahm sich die Zeit, erstaunt zu lächeln.Begütigend meinte er:

»Bis jetzt erfolgte kein Angriff. Ich versuche,Funkverbindung mit dem Kommandanten zu erhalten- wer oder was auch immer Kommandant der Flotteist. Vielleicht erreichte ihn nicht der neue Befehl desRobotgehirns. In dem augenblicklichenDurcheinander ist das durchaus möglich.«

»Aber wenn ein Angriff erfolgt ...«, begann Thora,doch Crest unterbrach sie:

»Dann wehren wir uns, selbstverständlich. Tiff,was ist?«

Der junge Leutnant schien auf die Frage gewartetzu haben.

»Sie passen sich unserer Bewegung an undverhalten sich passiv. Von einem Angriff kann keineRede sein. Es ist - ja, eine Überwachung. Was sollenwir davon halten?«

»Ich weiß es noch nicht«, antwortete Crest undstellte Bildverbindung mit Oberst Freyt auf derGANYMED her. »Höchste Alarmbereitschaft,Oberst. Beim geringsten Zeichen eines Angriffes,Feuer aus allen Geschützen. Schutzschirmeeingeschaltet lassen. Setzen Sie im Notfallrücksichtslos den Fiktivtransmitter ein.«

»Verstanden!« kam es entschlossen zurück.Zwei uneinnehmbare Festungen warteten darauf,

in Aktion treten zu können. Thora fragte plötzlich:»Wann kehren wir nach Zalit zurück? Wir könnenhier nicht einfach warten. Rhodan hat keineMöglichkeit, uns zu verständigen.«

»Er hat die Mutanten und die Widerstandsgruppenauf seiner Seite. Um ihn mache ich mir keine Sorgen.Aber ich vernichte ungern die Schiffe desRobotgehirns. Und es sieht ganz so aus ...«

»Warum fragen wir das Gehirn nicht?«Crest sah Thora erstaunt an. Dann nickte er

langsam.»Das wäre eine Möglichkeit. Natürlich - warum

bin ich nicht sofort auf den Gedanken gekommen?Tiff, stellen Sie mit dem Hypersender dieVerbindung her. Thora wird Ihnen dabei helfen.«

Diesmal dauerte es fast zwanzig Minuten, ehe aufdem großen Schirm der Hyperfunkanlage diestählerne Halbkugel erschien. Die mechanischeStimme war genauso kalt und unpersönlich wie beimersten Kontakt:

»Sie sind geortet. Melden Sie sich. Identifikation!«»Thora aus der Sippe der Zoltral«, antwortete

Thora ungehalten. »Warum halten Sie sich nicht andie Abmachungen, Regent? Haben Sie Rhodan nichtvolle Handlungsfreiheit zugebilligt?«

»Erklären Sie, um welche Beschwerde es sichhandelt!«

»Um welche Beschwerde?« fauchte Thora wütend.»Ihre Flotte hat uns eingeschlossen. Wollen Sieunbedingt unsere Waffen spüren?«

»Niemand greift Sie an. Sie werden lediglich imAuge behalten. Sie können jederzeit ungehindertIhren Standort wechseln - was ich Ihnen übrigensrate. Kehren Sie nach Zalit zurück. Rhodans Aufgabeist erledigt. Der Zarlt ist tot.«

Für einige Sekunden verschlug es Thora die Rede,dann atmete sie tief auf und sagte:

»Der Zarlt ist tot? Die Revolution ist gelungen?«»Die Verräter des Imperiums wurden bestraft. Der

neue Zarlt wird noch heute ernannt werden. AdmiralZernif, wenn meine Informationen richtig sind.Rhodan erwartet Sie zurück, Thora aus der Sippe derZoltral. Lassen Sie ihn nicht warten. Ich erwarteeinen ausführlichen Bericht Ende.« Der Bildschirmerlosch. Thora wartete einen Augenblick, ehe sie sichan Crest wandte:

»Rhodan hat gesiegt - wie froh ich bin ...!« Crestlächelte. »Hattest du etwas anderes erwartet? - Tiff,berechnen Sie die Koordinaten und Energieimpulsefür den Sprung nach Zalit. Die GANYMED folgtnach. Ich benachrichtige inzwischen Oberst Freyt.«Tiff machte sich an die Arbeit. Mit einem feinenLächeln streifte Crests Blick noch einmal dieüberglückliche Arkonidin, dann legte sich seine Handentschlossen auf die Kontrollen.

7

Die Rebellen hatten den Palast gestürmt und dieOffiziere der Wachen gefangengenommen. AdmiralZernif hatte befohlen, unnötige Opfer zu vermeiden.Er wußte von Rhodan, welche Rolle die Mooffsgespielt hatten und hoffte, die von dem suggestivenZwang befreiten Offiziere wieder loyal auf der Seitedes Imperiums zu sehen. Als die Nachricht vom Todedes Zarlt bekannt wurde, streckten die letzten

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Truppen die Waffen. Von überall her eilten dieEinheiten der Flotte, landeten und stellten sichbedingungslos unter das Kommando AdmiralZernifs, der von den Rebellen als neuer Zarltproklamiert worden war.

In wenigen Stunden war die Ordnung und Ruheauf Zalit wiederhergestellt. Zernif übernahmprovisorisch die Geschäfte des Herrschers, und eswar seine erste Amtshandlung, das Robotgehirn vonArkon von den Geschehnissen zu unterrichten. Ervergaß nicht, Rhodans entscheidende Rolle bei derBefreiung Zalits zu erwähnen.

Dann empfing er Rhodan und seine engstenFreunde.

Das Mutantenkorps wurde in einen Saal geleitet,wo eine reichlich gedeckte Tafel auf sie wartete. DieMehrzahl der Mutanten waren nicht zum Einsatzgelangt, was sie aber nicht daran hindern konnte, dendargebotenen Genüssen gebührend zuzusprechen.

Lediglich Rhodan, Bully, Marshall und Guckywurden zum Zarlt Zernif geführt.

Der alte Zaliter erhob sich, als die Freundeeintraten. Mit ausgestreckten Händen ging er ihnenentgegen.

»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen jemals danken soll,Perry Rhodan. Sie stammen aus einem unbekanntenTeil der Milchstraße, aber Sie haben das Imperiumvon Arkon gerettet. Wenn ich auch nicht so mächtigbin, Ihnen die Schuld jemals zurückzuzahlen, so wirddas Robotgehirn ganz bestimmt ...«

»Es hat im voraus gezahlt«, grinste Bully undzeigte aus dem Fenster, wo ein Teil des Landefeldeszu sehen war. Ein ungeheurer Schatten senkte sichgerade aus dem strahlenden Himmel herab und setztesanft wie eine Feder auf. »Die TITAN - sie ist dasGeschenk des Imperiums an Perry Rhodan. Einwahrhaft fürstliches Geschenk.«

Rhodan sah ebenfalls aus dem Fenster. Er batZernif:

»Schicken Sie eine beruhigende Nachricht zumSchiff. Vielleicht lassen Sie Crest und Thora abholenund hierherbringen.«

Zernif gab einen entsprechenden Befehl in dieVisiphonanlage.

»Aber noch sind nicht alle Probleme gelöst«,wandte er sich an seine Gäste. »Die eigentlicheUrsache der mißglückten Erhebung gegen Arkon sinddie Mooffs. Es sind noch genug von ihnen aufunserem Planeten, um neues Unheil anzurichten.«

»Ihr müßt nur dafür sorgen, daß sie das nicht mehrkönnen. Laßt in den Gewölben des Palastes einigestrahlenisolierte Räume einrichten und alle Mooffshineinbringen. Warum sollen wir sie töten? Sie sindrelativ harmlos. Ich werde mit dem Regentensprechen. Er wird sich um sie kümmern. Undschneidet jeden Nachschub ab, Zernif! Das ist

wichtig. Wenn ihr beide Ratschläge befolgt, kannZalit nicht noch einmal das Opfer der unheimlichenQuallen werden.«

»Ich werde noch heute entsprechendeAnordnungen erlassen«, versprach der neue Zarlt.»Die Vorkommnisse waren uns eine Warnung. Wirwissen nun, welche Gefahren uns drohen, wenn wirin der Wachsamkeit nachlassen. Selbst das größtePositronensystem des bekannten Universums istkeineswegs unfehlbar. Organische Intelligenz kannnicht vollkommen ersetzt werden.«

»Ich hoffe nur«, nickte Rhodan langsam, »auchdas Gehirn gelangt zu dieser Erkenntnis. Dannnämlich gibt es für Arkon noch eine Zukunft.«

Zarlt Zernif streifte Gucky mit einem flüchtigenBlick.

»Sie haben sehr fähige Mitarbeiter«, stellte erbewundernd fest.

Der Mausbiber hockte auf einem Stuhl und lehntesich dabei mit dem Rücken gegen die reichverzierteLehne. Seine Vorderpfoten lagen fein säuberlich aufdem Tisch. Der Nagezahn erstrahlte in voller Prachtund verriet die beste Laune seines Besitzers, der trotzseiner Possierlichkeit für jeden Feind eineunvorstellbare Gefahr bedeuten konnte.

»Wenn Sie unsere Hilfe mal wieder benötigensollten ...«, begann Gucky, aber Zernif winkte schnellab.

»Ich will es nicht hoffen, wirklich nicht. Es wareine furchtbare Zeit, unter der Diktatur Demesors undseiner Mooffs zu leben.«

»Wie einfach wäre alles«, bemerkte Rhodantrocken, »wenn es in der Tat seine Mooffs wären.Leider sind sie das nicht. Aber eines Tages wird sichauch dieses Geheimnis lüften.«

Gucky grinste noch immer. Er schien sich köstlichzu amüsieren. Zernif beugte sich zu ihm und strichihm über das rostbraune Fell.

»Du freust dich sicher, daß alles vorüber ist, was?«Guckys Augen strahlten voll innerer Wärme.»Das auch, aber ich habe noch andere Gründe,

mich zu freuen, lieber Zarlt. Mir steht ein großes Festbevor und ...«

Leider kam er nicht mehr dazu, den Charakterdieses Festes näher zu erläutern, denn in diesemAugenblick wurden Thora und Crest in den Raumgeführt. Ihre Augen schimmerten voller Glück undStolz. Hochaufgerichtet schritten sie bis vor denZarlt, verneigten sich leicht und begrüßten dannRhodan.

»Wir erfuhren bereits vom Robotgehirn, wasgeschehen ist«, sagte Crest, »und kehrten auf seinenRat hin nach Zalit zurück. Es bittet Sie, Perry, sofortVerbindung mit ihm aufzunehmen. Der Zarlt Zernifwurde in seinem Amt bestätigt.«

»Die TITAN ...?«

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»Alles in Ordnung. Die GANYMED mußebenfalls jeden Moment eintreffen.«

Rhodan erhob sich. »Verzeiht, Zarlt Zernif, wennich zuerst an meine Pflicht denke. Ich muß zurTITAN und mit dem Regenten des Imperiumssprechen. In einer halben Stunde bin ich zurück.Bully, du kümmerst dich um das Korps. Achtedarauf, daß nicht zuviel Wein getrunken wird« Bullymachte ein schiefes Gesicht. »Wird kaum der Fallsein. Ich habe erfahren, daß normale Roboterbedienen - keine Mädchen.«

Gucky kicherte vergnügt. Thora sah betroffen aus.Crest schaute verständnislos. Marshall grinstewissend.

»Mein Freund spricht aus bitterer Erfahrung«,klärte Rhodan den Zarlt auf und lächelte. »Bisspäter.«

Er ging aus dem Raum und schloß die Tür hintersich.

Gucky hörte auf zu kichern. Er rutschte vom Stuhlund watschelte ebenfalls zur Tür. Dort angekommen,drehte er sich um und betrachtete die Versammlungauffordernd.

»Nun?« machte er und stieß einen schrillen Pfiffder Erwartung aus. »Glaubt ihr, ich wolle verdursten?Worauf warten wir noch?«

Wie von unsichtbaren Händen geöffnet, ging dieTür auf.

Gravitätisch hoppelte Gucky über die Schwelleund verließ sich ganz auf seine feine Nase ...

... was hinsichtlich seiner anderen Fähigkeiteneinen krassen Rückfall in die Primitivität darstellte.

*

Langsam begann der Bildschirm zu glühen. Dieschimmernde Kuppel erschien, von innen herausstrahlend und wie Silber glänzend.

»Ich habe Ihren Anruf erwartet«, sagte dieunpersönliche Stimme statt jeder Begrüßungsformel.»Ihre Tätigkeit auf Zalit hat mich überzeugt, daß Sieim Sinne des Imperiums denken und handeln. DieTITAN bleibt weiterhin in Ihrem Besitz. OffizielleKommandanten sind Thora und Crest aus der Sippeder Zoltral. Ich habe eine neue Aufgabe für Sie.«

Rhodan benötigte einige Sekunden, um sich vonseinem Erstaunen zu erholen. Wie kam dasRobotgehirn dazu, ihm einen Auftrag zu erteilen?

»Es tut mir leid, Regent, aber der jetzige ist nochnicht beendet. Die Mooffs waren die indirektenAnstifter des geplanten Angriffes auf Arkon. Ich mußherausfinden, wer ihre Auftraggeber sind.«

»So lautet auch mein Auftrag«, erwiderte derRegent sachlich. »Unsere Absichten decken sich. Siebleiben noch eine Woche Ihrer Zeitrechnung aufZalit, um Zernif bei seinen Säuberungsaktionen

behilflich zu sein. Morgen erbitte ich einen neuenAnruf. Sorgen Sie dafür, daß die beiden Arkonidenzugegen sind. Sie erhalten dann alle näherenInformationen, soweit ich sie zu geben vermag.«

»Sie haben nicht den geringsten Hinweis«, fragteRhodan, »wer die Unbekannten sein könnten?«

»Bisher nicht«, gab das Robotgehirn zu. »Siefingen eine größere Anzahl dieser Mooffs lebendig,wie ich erfuhr. Nehmen Sie nicht das volle Dutzend,sondern nur drei davon mit auf Ihr Schiff. Vielleichterfahren Sie so etwas, das uns nützen kann.«

Rhodan vermerkte mit Interesse, daß dasRobotgehirn »uns« gesagt hatte. Diese geringfügigerscheinende Tatsache war von äußersterWichtigkeit. Der Regent identifizierte Perry Rhodanbereits mit dem arkonidischen Imperium.

»Dank für den Hinweis, Regent. Ich werde Siemorgen um die gleiche Zeit rufen.«

»Ich warte«, kam die Antwort, dann erlosch derSchirm.

Rhodan kehrte nicht sofort nach Tagnor zurück.Fast eine halbe Stunde noch blieb er allein in derZentrale und dachte ungestört nach. Das Gesamtbildbegann sich abzuzeichnen. Arkon wurde von einemRobot regiert, aber dieser Robot war klug genugeinzusehen, daß er ohne die Hilfe organischer Wesennicht auskam. Vielleicht aber hatte man ihn auch soprogrammiert - wer weiß ...? Jedenfalls arbeitete er,Rhodan, bereits ganz offiziell im Auftrag desRobotregenten. Wenn das kein Fortschritt war ... Mitdem Wagen kehrte er zum Fest zurück.

*

Am späten Abend des gleichen Tages suchte CrestRhodan in seiner privaten Kabine auf. Es war eingroßer und bequem eingerichteter Raum, dessenrunder Bildschirm je nach Anschluß einen Teil derUmgebung wiedergab. Jetzt diente er als gedämpfteLichtquelle. »Sie?« wunderte sich Rhodan. DerArkonide strich sich über das weiße Haar und suchtenach einem Sessel. Mit einem Seufzer ließ er sichnieder.

»Ich wollte noch mit Ihnen sprechen, Perry. Denganzen Tag über war keine Gelegenheit dazu.«

»Ziemlicher Trubel heute«, gab Rhodan lächelndzu. »Betrifft es das morgige Gespräch mit demRobot?«

»Nein, Perry, es betrifft Thora und mich.«»Sie spannen mich schön auf die Folter, Crest.«Dem Wissenschaftler schien es schwerzufallen,

sein Anliegen in die passenden Worte zu formen.»Das Robotgehirn hat Ihnen einen Auftrag erteilt -

das ist ein gutes Zeichen. Es erkennt Sie an, Perry.Und auch uns, ich weiß. Thora und ich sind offizielleKommandanten der TITAN. Aber Sie wissen

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genausogut wie ich, wer der wirkliche Kommandantist. Wozu diese Komödie? Warum kann der Regentnicht ganz offen sagen, daß Sie die TITAN führenund den Kurs bestimmen?«»Auch ein Roboter hat seine Traditionen«, lächelteRhodan und begriff die Nöte seines älteren Freundes.»Es geht nicht, daß es das beste und stärkste Schiffdes Imperiums einem Fremden in die Hand gibt,zumal dieser Fremde das Schiff gestohlen hat. Aufder anderen Seite hat es erkannt, daß ein Bündnis mitdiesem Fremden dem Imperium nur von Nutzen seinkann. Daher der Kompromiß. Und deshalb machenSie sich Sorgen und suchen mich mitten in der Nachtauf?«»Nein, eigentlich nicht, Perry. Ich hätte nur gern IhreAnsicht dazu gehört. Es ist auch erst Abend, nichtNacht. Thora machte sich ebenfalls Gedanken.Übrigens, Perry ... Sie sollten sich künftig mehr umThora kümmern. Ich glaube, mit ihr ist eineentscheidende Wandlung vor sich gegangen. Fastmöchte ich annehmen, sie würde meinen geheimenAbsichten zustimmen - Sie erinnern sich? Vordreizehn Jahren sprachen wir darüber.«»Vor dreizehn Jahren ...?« dehnte Rhodan, dann fieles ihm ein. »Sie meinen den Gedanken, dasImperium Arkon neu zu errichten? Ich bin nichtsicher, ob ihr Stolz und Traditionsbewußtsein eszulassen, daß ein Terraner eines Tages dasRobotgehirn ersetzt.«Crest lächelte sanft. In seinen Augen war einSchimmern.»Ihr Stolz und ihr Artbewußtsein vielleicht nicht,Perry, wohl aber ihre Liebe.«»Ihre Liebe ...?«»Ja, ihre Liebe zur Heimat - und zu Ihnen, Perry.Oder sind Sie blind?«Rhodan sah an Crest vorbei. »Nicht blind, Crest.Aber mir fehlte bisher die Zeit. Auch trennen Thoraund mich Welten, ja Ewigkeiten.«»Das kann man ändern, wenn man will. Eines Tageswerden Sie vielleicht sogar müssen, Perry.« Er standauf und schritt zur Tür. »Gute Nacht. Und denken Siedarüber nach. Jetzt haben Sie Zeit.«Rhodan starrte gegen die geschlossene Tür.Zwei Sekunden später war er bereits auf den Beinen,zog die Jacke an und stand draußen auf dem Flur.Crest verschwand um eine Biegung. Der Antigravliftbrachte Rhodan zum sogenannten Chefdeck imSchiffszentrum. Thora bewohnte ein Appartementdicht bei den Quartieren der Mutanten.

Auch Bully wohnte hier. Als er an seiner Türvorbeikam, öffnete sich diese gerade. Mit einemzufriedenen Grunzen watschelte Gucky auf denGang, schloß die Tür wieder und kichertestillvergnügt vor sich hin, während er weiterhoppelte.Plötzlich blieb er sitzen und drehte sich langsam um.»Du?« zwitscherte er erstaunt. »Was machst du dennhier?« In seinen braunen Augen blitzte es unverhofftschelmisch auf. Der Nagezahn schob sich zwischenden Lippen hervor. Gucky grinste, als habe er einganzes Feld voller Mohrrüben entdeckt. »Ah - ichverstehe! Zu spät, Rhodan, zu spät! Bin ich Telepathoder bin ich keiner? Na, dann viel Spaß. Ich binKavalier und schweige ...«Fröhlich kichernd und mehrmals vergnügt undgrauenhaft falsch pfeifend, watschelte er davon undverschwand in der Messe des Mutantenkorps.Für einen Augenblick ärgerte sich Rhodan, seineGedanken nicht im Zaume gehalten zu haben, dannregte sich seine Neugier. Was hatte Gucky noch sospät bei Bully zu suchen?Er ging zurück und steckte den Kopf in BullysKabine.Mit gesträubten Haaren stand Bully am Waschbeckenund ließ den kalten Strahl über sein Handgelenklaufen. Sein Gesicht sah aus, als habe man ihn zumTode verurteilt.»Was ist passiert?« fragte Rhodan besorgt.»Schlägerei mit deinem Freund gehabt?«»Mit Gucky?«Bully stöhnte und rieb sich das anscheinend steifeHandgelenk. »Schlägerei? Nein, im Gegenteil. Ichhabe doch Gucky etwas versprochen - erinnerst dudich? Fünf Stunden diesem Mausbiber das Fell zukraulen, ist keine Kleinigkeit. Und ich habe erst zweiStunden weg.«Rhodan grinste und begann, die Tür zu schließen.»Besorge dir Bandagen«, riet er freundschaftlich undnickte Bully schadenfroh zu. »Das nächste Mal wirstdu vorsichtiger sein mit deinen Versprechungen.Gute Nacht.« Er lächelte immer noch, als er anThoras Tür klopfte. Sie starrte ihn an wie einen Geist.»Sie ...?«Rhodan schloß die Tür, als er hinter ihr die Kabinebetrat.»Thora, ich habe mit Ihnen zu reden ...«

E N D E

Der positronische Regent von Arkon hat Perry Rhodan als Partner anerkannt - wenn auch unter Vorbehalt -und damit die Aneignung der TITAN legalisiert.

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Die gefährliche Mission aber, die Perry Rhodan und sein Mutantenkorps für den Regenten und das Imperiumübernommen haben, ist noch längst nicht beendet, wenngleich auf Zalit die alte Ordnung wiederhergestelltwerden konnte ...

RAUMSCHIFF TITAN FUNKT SOS

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